Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 21, 1900, Sonntags-Blatt, Image 9

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    Sonntags sYldrtt
beilage Cle- ,,Ilnzeiger uml herolck«.
J. P. Windolph, Herausgehen
Grund Island, Nebr» den 21. Dek. 1900.
Jahrgang 21.. No. 16
W ist Um!
Von Otto Ernst.
Qui ii und iilen und berste-we Nacht«
Tun cl und lammeii in reisender Jagd
—- Eiii Schrei durch die Braiidiiiigl
Und brennt der Dinkiiieb so sieht weiss
ii .
Ein Wtack auf dergSandbanki Noch wiegt
es die Fluch.
Gleich holt sich's der Abgrund.
W Natidetö lu t —- imd o ne it
Spricht ek: »Bei häiist iiskch efiis Mann
im aft;
Wir müssen ihn holen.«
Da faßt ihn die Mutter: »Du steigit mir
nicht eint . «
Dich will ich behaltilteiiy du bliebst mit
a e it
Jch will’ö. deine Mutteki
Dein Vater ging qntrx iiiid Mominc«
« · mein Foan
Drei Xahre vexfchollcii ist iiiuc schmi,
Mein Itime- iiiciii Uiuc I«
Nis tritt mif die Brücke-, die Mutter ihm
imm.
Da irciit cr auf-Z EIN-act lyiii iiiid spricht
« « iiisiiiiichz
»Und kuiie Mziiti:r-:«
Nun springt ct ins Vooi mid iiiit ihm
noch seck;s:
dhes,»bcii-tcsis Jrieseiigciviiclis;
wthan icinicxi dzc Ruder.
Ietzt olcti just unten, ciii Höliciith
uii miixz J zerfchiiicttci·n». Nein: es
, blieb gmi33...
Wie lang-« wie liiiichi
Mit seinigenPritsche-i hctzt das Meer
Die ziicniiiipiisrcjsciidsrii Nossc daher,
Sie Jus-much uiid schäumen.
Wie liickicliide fast sie zitfamiiiciizwinqtl
EiiiirzaiU dcii iicickcii des andern springt
Mit Iiaiiipsciidcn Hufciil
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die
« » Welti
Was da -——? EUBJPOOL das laiidwärtxj
ii t — —
Sie sind es! Sie comment
s
uno Auge unv Ohr ins Dunkel ge
· spannt —- —- —
Strll —- rust da nicht Einer? Er schreit-«
durch die Hand:
»Sag-« Mutter: ’s ist llwel«
’ Der falsche Vater.
Pariser Gaunerstiicklcin von E. Jsolcmi
Paul Lermina, einer jener Pariser
Glücksrittet, welche die schwere Kunst
verstehen, nichts zu säen und doch zu
ernten, schlenderte ziemlich verdrossen
iiber die Voxtlevards dahin.
Seine Ernte war einige Tage lang
recht miaer exieqesszllen Die Börse
und Irr Mai-en waren leer.
Eben sicnd er im Br.;riff, in die
Rue te Ldsiite einzubieziew um mit
den letzten Sen-J, kie er noch in einer
Ecke seiner Tasche fand, sich beim
,,N·tarcl)a:.d re dirs-« einen tröstend-en
Trcpsen zu tausen, ais- er einen alte-i
Kameraden Armut-tin Zyranroiö Mai
dis
Ganz geniiitblich sasz er in Torw
ni’5 Gärtchen der ,,tleinen Börse«, af;
sein Gesrorenes nnd spielte toleit mit
der über tem modernen Satnmetxjilet
herniederkängenrien goldenen Kette.
Paul Lerrnina stürzte sich mit freu
digem Erstaunen auf ihn.
»Francois,.Du hier?«
Der Angeredete sah befremdet aus.
»Was wollen Sie, mein Herr? Jch
- kenne Sie nicht!« erwiderte er.
»Ei, herstelle Dich nur nicht,
Freund! Du wirst doch Deinen alten
reund, wenn es Dir gut geht, nicht
vergessen. Jch habe Unglück!«
Nun war Franc-Dis Mark-is einer
seits viel zu gutmüthig, um seinem
alten Freunde Fegeniibey der-in gar
·i«imtnerlichem uszuge vor ihm stand,
seine Maske länger behalten zu wol
leu, andererseits aber hatten Beide
gemeinsam viel zu viel ausgefressen,
als daß es ihm gerathen schien, mit
Einem ehemaligen stumpan in offene
indschaft zu treten.
,,Armer Schlucler!« sagte er daher,
mit einem gewissen hochmüthigen Mil
leid auf ihn herniederblickend.
»Was mußt Du aber fiir einen gu
ten Fang gemacht haben!«
»Nun nicht gerade das!«
»Aber Du gehst ja ganz stattlich
einher?« ·
Allerdings-, ich habe mich seit eini
ger Zeit zur Ruhe gesetzt.« sagte Fran
eois, der die vielen Hochftaplern ge
meinsame unvorsichtigetsigenheit hatte.
sich seinen Kameraden gegenüber seiner
Heidenthaten zu rühmen.
« Paul Lermina gaffte seinen glück
licher-en Freund mit rffenen, neidvollen
Augen an, während dieser sich in die
Brust wars und sa te: ,,JJ, wenn man
Verstand at, so Hat man auch Geld.
Aber komm, Du sollst Alles erfahren!
Selbstverständlich nicht hier« So tann
Plan sich·,..ja nicht mit Dir sehen las
en.«
Bald saßen die Freunde in einem
behaglichen Gemach Tortani’s bei
einer Flasche Wein, während k rancois
Mardts mit einem gewissen vselbstbe
trusztfein zu erzählen begann:
»Es mönen wohl zwei Monate her
sein, als ich mit einem Kameraden,
es war Paul Lacombe, Du kennst-ihn
sa, durch die Rue St. Louis in Ma
rais ging. Jch war ungefähr in Dei
ner Lage, das heißt« —— hierbei be
trachtete er seinen Freund mit gutmü
tbigem Spott — »ich hatte· rein gar
nichts. Jusällia ging- ich nun in einen
Spezereiiaden hinein, um meine Pfeife
eder in Brand zu stecken. Eine hüb
sche junge Frau saß im Eomvtoir und
vrobirte sich eben einen Schmuck an.
Ein mächtiger Schmuck, das Gald mit
Edelsteinen besetztl Du weißt, ich ver
stehe mich daraus. Donnerwetterl So
dachte ich bei mir, da giebt’s Geld, da
ließe sich vielleicht etwas machen. Ge
czcnubek wohnte ein Weinhändler; ich
·rete·sofort bei demselben ein nnd er
tnndige mich, mein Gläschen nehmend,
nach dem Laden da drüben. Der Wein
schanl war sehr aesprächig. Er er
zc.l,—lte mir, sein Gegenüber sei freilich
ein sehr reicher Mann. Das Haus ne
lsore ihm und er habe jährlich gewisi
seine 40,000 Francs Renten. Ich
horchte nicht schlecht aqu »Und all-S
so geerbt?« fragte ich. »Wie wank
nimmt,« antwortete der Wirth. »Was
solch’ ein Findeltind manchmal für
Glück hatt Sie müssen nämlich wis
sen, daß der jetzt so reiche Mann von
dem früheren Besitzer des Geschästs als
Lehrling aus dem Findelhause genom
nsen wurde. Der Junae war unges
mein »eschiclt; er wußte sich einzu
schmei ln, war erst Aus-laufen wurde
dann Kommis, verliebte sich in die ein
zige Tochter seines Prinzipals und
bekam sie und erbte dann sein ganzes
Vermögen.« Jch war in tiefes Nach
denken versunken bei dieser interessan
ten Erzählung des Weinhiindlers.
Schnell hatte ich meinen Plan gefaßt.
Die Konstellation war für mich die
b(ste. »Man weiß gar nichts über die
Eltern dieses Mannes?« so forschte ich
den Weinhiindler weiter aus« —- »Nicht
das Geringste!« —- »Jn welchem Alter
steht wohl der Kaufmann jetzt?« —
»Er mag wohl so 28—30 Jahre alt
scin.«—« Ich brauchte nun nichts mehr
zi: wissen und entfernte mich. Mein
Plan stand fest, nur über einzelneKlei
nigteiten war ich mir noch uneinig.
Acht Tage nachdem ich dies Alles von
jenem Weinschönl aehört hatte, aina
ein alter Mann in der Unisorm eines
Gardeossiziers durch die Rue St.
Louis. Ha, Du hättest mich sehen
sollen, wie ich mich aufaeputzt hatte!
Ter Spezereihändler stand eben in ter
ossenen Tliiie seines Gesi.bijftes; ich
staate iEJn nach seinem Namen, uni
nncchbezn er mir tiefen aenannt, blickte
Hist- ilxn scharf an nnd fiel ihm weinend
um ten Hals-. »Mein Sol-U niciik
Solan« schlitchztc ists-«
Paul sprang bei diesen Worten sei
nes Freundes vom Stuhl ans nnd
weilte sich vor Lachen ankschiittem
»Du bist doch- ein ganzerdterh Fran
coiss!« so rief er ein iiber das anrese
Mal aus. Der Erzähler aber fuhr in
selbstgeiälligem Tone fort: »Mein
Etezereiliändler wnszte natiirlich Jn
Iii«st)st nicht, was das zu bedeuten linde;
ich aber liesz ihn gar nicht erst zu
Athem kommen und packte sogleich
meine Papiere Und Ijtittheilungen ans:
»Ja. komme eben erst aus Astita,« so
erzählte ich und tischte ihm eine wun
derbare Geschichte oon Kriegsgesangem
schast und allem Möglichen aus. »Mein
erster Gang nach meiner Rückkehr,
nein Sohn, war, Dich auszusuchen.
Ich lause seit vier Tagen herum, ohne
uich finden u können. A , ich
mußte Dich im indelyause zurücklas
sen,« so bedauerte ich jammernd.
»Deine arme Mutter! Sie durfte sich
dem Zorn ihres Vaters nicht aus
setzen. Sie ist gestorben, die ute An
tionette.«· Und so erzählte i weiter.
Ich machte meine Geschichte wahr
scheinlich nnd leaitimirte mich durch
allerlei Papierr. Doch mein Herr
Sehn war natürlich nicht so schnell
von meiner Vaterschast zu überzeugen
Er war immer noch uneinig mit sich,
und wer weiß, was er gethan hätte,
wenn nicht eine Menge Nachbarn für
mich Partei genrmmen und die ganze
Nue St. Louis, durch mein heftigeg
Schreien und Gestiluliren herbeige
lrckt, dem Kaufmann zuoerusen hätte,
nicht so lange den Hartberzigen zu
spielen. So na m er mich denn in
sein Haus aus un bald wußte ich mich
im ganzen Hause so beliebt zu machen
und einzuschmeicheln, daß man mir
alles glaubte, was ich nur immer er
zählte, und schließlich der dankbare
Sohn seinem Vater ein Jahresgehalt
von 6000 Fres. aussetzte. Das ist
meine ganze Geschichte! Sag’! bin
ich nicht ein tüchtiger Kerl, Paul?«
Die beiden Freunde tranken noch
Glas aus Glas. Francois Mardis
trank auf das Wohl seines Freundes
nnd wünschte ihm, daß es ihm auch
bald so glücken möge, dann trennten
sich die Beiden.
Am anderen Tage erhielt der Spe
zereitvaarenhiindler einen Brief folgeri
den Inhalts-: »Seht geehrter Herr!
Wenn Sie sich verbindlich machen wol
len« mir jährlich eine Rente von 2000
Franks auszuzahlen, so will ich Jhnen
ein Geheimnis-, mittheilen, wodurchSie
6000 Fraan ersparen können· Sie
brauchen keinen Betrug zu fürchten.
Jch erwarte Jhre neszilliae Antwort
unter-P. S. poste restante.«
Der Kaufmann ging zu seinem Ad
vrtaten, um sich mit diesem über den
empfangenen Brief zu beratljen Der
Advokat schrieb an den Unbekannten,
und das Resultat der brieflichen Ver
handlungen roar sodann, daß man
einen Vertrag unter der Bedingung
einging, daß dem Unbekannten die
ersten 8000 France nicht eher bezahlt
werden sollten, bis das Geheimnis
mitgetheilt sei und man sich davon
til-erzeugt habe, daß es sich um keinen
Betrug handle. Ein unparteiischer
Zeuge sollte darüber entscheiden, ol)
« die Entdeckung des Geheimnisss wirk
; lieh die versprochenc Ersparnisz herbei
: sulyre. Der Vorschlag wurde angenom
men.
Paul Lermina, denn das war der
unbekannte Correspondent, deckte den
Betrug seines Freundes Francois
Mardis auf nnd leistete sonnt in der
That, was er dem Kaufmann verspro
chen hatte. Obwohl dieser einsah, das;
er aus- der Hand des einen Gauner
in diejenige eines anderen gerathen
trat, mußte er wohl oder übel ie aus
bedungene Summe zahlen.
Einige Tage darauf gina Francois
Mardis, den natürlich sein Titular
sehn sofort nach diesem Vorfall zum
Hause hinausgejagt hatte, mit schwe
rem Herzen, aber leerer Börse über den
Boulevard des Italiens. Da saß sein
Freund Paul Lermina gemiithlich bei
Tortoni und aß sein Gefrorenes. Er
war elegant gekleidet und las mit oer
Behaglichteit eines Sorglosen im Cha
rcvar1.
Dies-mal wäre nun die Reihe an
Francois gewesen, nach der plötzlichen
Gljiclsveränderung seines Freundes zu
fragen. Aber er mußte wohl schon
rsrsn derselben Wind bekommen haben.
denn als er den Freund sah, wendete
er sich mürrisch von ihm ab und
brummte in seinen Bart hinein: »O,
sen Esel! Warum konnte Ich nicht
schweigen!«
--——.-——
Nur niclit schüchtern
Der schiicljaerne Gast ist keine Sel
teitheit in den Wirihglsäuserm bevor er
eintritt, späht er zuerst Von der Gasse
can in das Letle, ob auch ein Tisch
l stei sei. Sobald er einen freien Tisch
» lscnttertt lat, steuert er hlindlinas ans
s denselben los Und ist sprachlos Vor
i Stint-ten wenn der tielEner sagt: »Ich
l l-:tte, dieserTisch ist besetzt, nehmen Sie
s nesiilligst hier Platz.« Fast unterwin
l
l Hunioristische Skizze von Ed. PötzL
sia Fehorsht er dieser Weisung lind
lässt sieh, Hut Und Stock in der . and,
rasch auf den bezeichneten Platz niesen
Der erste, der den fixhiiclyteiaenBast
anscs Korn nimmt, ist der stellneri
jnnae. Vor einer Viertelstunde erst hat
ihm des« Zahllellners schwere Hand
ans dem Haupt geleacnx nun richtet er
ep« stolz empor und will sich ein wenig
an der Menschheit rächen.
»Mein oder Bier gefallqu fragt er
in eisigem Tone. Dabei heftet er Die
Augen unverwandt aus den unglückli
chen Gast, weil er merkt, daß es diesem
unangenehm ist. Der Schüchterne ent
schließt sich für Wein, weil es nobler
ist, Wein zu trinken. Er hegt indes
die zarte Hoffnung, der Kellnerjunge
trerde ihn fragen, ob mit Selterwasser
oder nicht. Doch dies fällt dem kleinen
Bosnickeh der sich an der Menschheit
rächen will, gar nicht ein.
»Bitte, hier ist die Weinlarte,« sagt
er mit kühler Höflichkeit.
Die Hoffnung des Schüchternen ist
vernichtet. Er schämt sich sogar, den
billigsten Flaschenwein auszusuchen,
sondern wählt eine halbe Flasche vom
mittleren. Der Kellnerjunae oll nicht
I glatiklzem das-· es Yzmdarguspnkommi.
—-«
»unt- urucc kyrltsuyee fragt ver
Junge, keineswegs über die Wahl eines
so theuren Weines erstaunt.
,,Natürlich,« antwortet der Gast un
sicher-. —le Ende ist es nicht nobel
genug. blos eine kleine Flasche zu trin
ken, iiberlegt der Gast bei sich. Aber
er kann bei dem besten Willen eine
große nicht bewältigen. So muß er es
denn riskirem welche Meinung sich der
Kellnerjunge iiber ihn bilden wird.
Nun kommt der Speisenträger, ein
junger Mensch von guten Manier-en,
der wieder durch diese dem schüchternen
Gaste schrecklich imponirt.
,,Eine Vorspeise gefällig?«
Der Gast ist wahrhaftig nicht bei
Bcsrspeise ausgewachsen, er pflegt ge- »
wöhnlich nur eine Schüssel zum Na
nkahl zu nehmen. Aber wenn Einem l
so ein eleganter Jün ling eine Vor- -
speise anträgt, so mu es wohl in die
sem Gastbause üblich sein, sie zu neh
men. Also ja!
,.Vielleicht eine Mahonaise vorn
Fisch. . .« Der Gast nickt. Er hätte
auch zu marinirtevn Maikäfern Ja ge
sagt, nur um den Absichten des Speise
kcllners gerecht zu werden. Hieraus
stopft er noch aus Antrag des Letzte
ten ein Boeus mit Beilagen in sich hin-·
ein, obgleich er sich schon an der Vor
speise gesättigt hat. Auch den Käse
t
!
l
(
schenkt ihm der Speiscträger nicht, so -
das-, dass arme Opfer sich unter’rn Tisch I
das Beintleid lockern muß, zitternd,
bei dieser vlebejischen Handlung er
tappt zu werden.
·Anstatt nach der üppigen Mahlzeit
srohlicher Verdauung zu pflegen, macht
t
I
srch der Schüchterne schwere Sorgen in
« Betreff der Trinkgelder, die man hier
- geben miisse, um nicht als ein schäbiger
» Gast zu gelten. Endlich mit sich hier
« iiber im Reinen, verlangt er die Rech
nung. Ein vornehmer Herr erscheint,
der alle jene Trinkgeld-Berechnungen
durch die von ihm ausstrahlendeWürde
nnd Hoheit umstößt. Dies versetzt den
schüchternen Gast in helle Verzweif
lr·ng, und, wie es bei schwachen Cha
rakteren in der Regel zu geschehen
pflegt: er explodirt an unrechter Stelle.
Als der Zahlkellner am Schlusse seiner
Rechnung einen Augenblick zögert, um
dem Gaste noch Zeit zur Angabe eines
vertgessenen Postens zu lassen, fährt cr
aus:
»Ja, auf was warten S’ denn noch?
Glauben S’ vielleicht, ich hab’ mir noch
eine kalte Abreibung geb’n lassen?«'
Schlveigend vollendet der Zahlkellner
die Rechnung. Der Gast hat sich selbst
gerichtet Er könnte ein« Vermögen an
Trinkgeldern spenden —- die Meinun«
der Kellsner über ihn würde sich nicl
ändern. Als ob er durch eine Gasse
von Spießruthen zu gehen hätte, so
drückt er sich durch der Kellner kalt
prüßende Schaar in seiner, nach dem
Exzesse um so schamvolleren Schach
tcrnheit ganz andere Kellner mit
Tinkgeldern bedenkend, als die, von
welchen er bedient worden . .
Thcurerirfchem
Als Graf Boni de Castellane für die
ersten Kirschen auj dem Pariser Markt
in diesem Jahre vier Dollars proStiick
bezahlte, stellte er auf diesem Gebiete
einen R,cord aus, der nicht so bald ge
brochen werden wird» obgleich die
neueste Mode der. Wintersaison bei
»smarten« Diners darin besteht, zum
Dessert Zwerglirschbäume mit reifen
Früchten auf der Tafel zu haben. Die
ersten Obsthändler im West-End Lon
dons haben denn auch im Sommer
Vorbereitungen getroffen, um die
Brunttafeln in diesem Winter mit
kleinen Obftdänmern die Scnnnerg
oder friilJe Herbstiriithe tragen, reifs
hen zu können Titse Weit-hangen
gexlanisse zeigen in der Flieget phantaiti.
sehe Formen; sie ditnen gleichzeitig ais-H
reizen-er Tafelsclnn:.ck und als Tessert.
Die äljtode stammt aus Paris, wo diese -
besetzdere Obstbanm s- Industrie sityttn ;
einen bedeutenden Umfang angenxxn
men hat. Der Bedarf iiir London wird -
theilsv in den eigenen Treåthiinsern der
Odjrhänrler gedeckt, theils importirt.
Kirschbäume sind am beliebtesten
Wenn sie auf die Tafel kommen, sind
sie Vier bis fünf Jahre alt, nicht über «·
drei Fusz hoch, haben dichter-, zu seltsa- 1
l
i
inen Farmen zurecht gestutzteg Laub
und glänzen von großen rothen Stir- «
schen, die sehr gnt schmecken. Diese
Bäumchen werden in große Töpfe ge
than Und in Warmhäusern getrieben.
Wenn die Blüthen abfallen, werden die
Fruchtknoten sorgfältig gezählt und
der größere Theil wird abgeschnitten,
sodaß sich nicht mehr als 100 Kirschen
entwickeln dürfen. Dadurch erzielt man
sehr große wohlschmeckende Früchte.
Die Gärtner richten sich so ein, daß zu
Weihnachten gleichzeitig blühende und
auch mit Früchten beladene Bäume
vorhanden sind. Ein solcher, in schön
ster Bcithe prangender Kirschbaum
wird zu einer Zeit, wo die Erde mit
Schnee bedeckt ist, als liebliches Früh
lingsbild einen prächtigen Anblick ge
währen. Kirschen sind zwar am belieb
testen, aber se ist auch Nachfrage nach
rothen Aepfeln, Birnen und Pfirsichen
porha-nde«n.«Diese-Bäume werden eben
so oeynnoelr, o. y. es Werden nur we
nige Früchte zur Reife gebracht, wo
durch man besonders große, schön ge
färbte und schmackhafte Früchte erzielt.
Die Preise ind natürlich sehr hoch; iin
Frühlan tostetiifParis ein Pfirsirh
lx Dollars, ein Apfel Zk Dollar und
ein Pfund Trauben 2 Dollars.
»Pu« chec« Insekten-packten
« Das gesarnrnte in Europa ver
drauchte Jnsectenpulver, mag es als
»Zacherlin« oder unter anderer Ve
seichnung in den Handel kommen,
stammt nicht aus Persien, sondern aus
Dalmatien nnd Montenegro, wo die
dazu verwendete Pflanze, eine Chry
sgnthemumnrt (l)yrctlmim einem
i-acf(-)lium) von jeher in gewissen Ge
birgsstrichen wild wächst. Die wilde
Pflanze allein wiirde jedoch denBedars
weitaus nicht decken können und da
sind denn seit einer qetaurnen Zeit, be
spnders in Dalmatien an der Küste
drin Spalato bis Budna und ans eini
gen Inseln Anpslanzungen angelegt
werden, die demLande jährlich mehrere
5Millionen Gulden eindringen.
Der Centner der aetrorkneten Blu
men wechselt von 120 bis 270 Gulden
lker höchste 1878 in Triest gezahlte
Preis). Selbst wenn er aber nur 80
Gulden betragen wiirde, wäre der
Chrysanthemumbau noch immer ren
tabler als die Weincultur, trotz der in
Dalmatien so hoch stehenden Wein
preise. Nur kann die Pflanze dort ab
solut nicht gedeihen, wo die Tempera
tut in Winter unter 5 Gr. C. sinkt.
Sie scheint sich übrigens nur in der
Nähe der Hochebenen und Küstenstre
elen, wo man sie wild antrifft, derCul
tur anzubequemen, oder von ihrer in
sectentödtenden Kraft etwas einzu
büßen.
Auch in Amerika hatte man den
Versuch der Einführung gemacht. Die
Pflanze gedieh prächtig und Amerika
kaufte in Triest kein dalrnatinisches
Erzeugnis-, mehr. Aber der hintende
Bote kam nach: die gezogenen Pflan
zen hatten die insectentödiende Eigen
schaft eingebüßt und seitdem sind die
Adrialiinder ohne besondere Comm
renz geblieben.
Und wem verdankt Dalmatien unt-)
Montenegro diese EinnahmsguelleZ
Einer Deutschen! Jn den vierziger
Jahren lebte in Ragusa eine arme
Frau, die mit den Erträgnissen eines
kleinen Gartens, den sie selbst bebaute,
kümmerlich ihr Dasein fristete. Jhr
Name Anna Rosauer, als der einer
großen Wohlthäterin Dalmatiens und
in gewisser Beziehung auch als Wohl
tlsäterin der von Insecten geplagten
und Reinlichteit liebenden Menschheit
Verdient der Vergessenheit entrissen zu
werden. Sie hatte eines Tages in ih
rem Garten wild wachsende Chrysan- J
themumbligthen gepflückt und das un- ;
nütze Sträuszchen dann in einen Win- .
kellgeworfem Zufällig gewahrte sie
einige Wochen darauf das welke.
Sträußchen auf der Erde und es fiel
ihr auf, daß um dasselbe ein ganzes
Lilmeisenvolk neben anderen «- nsecten
todt lag» Das intelligente Weib hatte
.den richtigen Blut, nur die Pflanzen
konnten die Thiere getödtet haben Als
Frau Rosauer erfuhr, daß die dalma
tinischen Bauern die Pflanze Buhatfcb, »
d h ,,Läusetödter« nennen, war ihr ’
Man gefaßt Sie baute und kaufte
die wilden Blumen und wurde die er
ste Fabrikantin von Jnsectenpulver
allerdings in bescheidenein Umfange
und ohne Reclame Nach ihrem To e
bei-sandte der Ragusnuer Apotlieker
Drrbaz, der in das lsjeheimnifz einge
treihi worden mar, das Pulver auch in
dir Ferne, und als es sich wirksamer
erwies« als das aus« dem siazikasus .
und Perfien siainmende wurde es im
nier mehr ausgebaut und bildet heute »
einen nicht zu unterschiitzenden Hans I
lxcls««irtik-:l.
—».-.--...—.
Bekämpfung der Malerei-i.
i
. Den ersten öffentlichen Vortrag iiber z
die Ergebnisse seiner Südsee- Expedi- i
iion zur Erforschung der Malaria hielt ;
der Geheime Medicinalrath Prof. Dr. :
lirch am 15. November in der Deut
schen Colonialgesellschaft, Abtheilung
Lserlini Charlottenburg Zwei Jahre »
hatte er unuterbrochen in den schlimm
sien JJZalariabezirken in Italien, iu l
capam in Neuguinea der Erforschung
les Keim-s, der Uebertragung und der
Bekämpfung dieser gefährlichen Krank
heit gewidmet. Mit bewundern-Zwer
them Muthe hat er in dieser ganzen
Zeit fein Leben auf das Spiel gesetzt
Aber nicht vergeblich Seine Unter
suchungen haben volle Aufklärung über
Wesen und Bekämpfung der Malaria
erbracht, und bereits ist es ihm beschie
ien gewesen, in methodischer mehrma
natlicher praktischer Durchführung zu
Stephansort auf Neuguinea die Rich
ticleit seiner Forschungen und seiner
Bekämpfung-Hehre zu beweisen. Die
rationelle Bekämpfung wird dadurch
wesentlich erleichtert haf- her imnn
ausgebildete Arzt das Vorhandensein
der Malariabacillen verhältnißmiißig
rast und zuverlässig durch mikrosko
pische Untersuchung des Blutes festzu
stcllen vermag. Es kommt also darauf
an, rechtzeitig die Kranken aufzusuchen
und zu ermitteln, ebenso wie man die
Cholera- und Pestlranken ermitteln
muß. Die ermittelte Krankheit ist so
dann mit dem Ziele zu behandeln, daß
dieBacillen zum Absterben gebracht
werden. Dafür ist das Chinin das
vortrefflich-sie Heilmittel. Es unter
liegt heute keinem Zweifel mehr, daß
die Malariabacillen in bestimmten
Mückenarten zur Entwicklung gelangen
und aus der Giftdrüse dieser Mücken
aus den Menschen übertragen werden,
und zwar durchweg nur zu bestimmten
Zeiten, in Jtalien beispielsweise fast
ausschließlich in den vier Sommer
mcsnaten Juni bis September. Ebenso
ist festgestellt, daß diese Malariabacii
len nur auf den Menschen übertragen
werden, nicht auf Thiere. Das wich
tigste ist, alle diese auf den Menschen
übertragenen Bacillen dort rechtzeitig
durch richtige Chininbehaudlung Zum
Absterben zu bringen, damit sie nicht
weiter vom erkrankten Menschen durch
LU-«iiclen entnommen und von diesen
neu entwickelt und übertragen werden
kdnnen Es kruan deshalb auch vor
allem auf einc Aussncbung und Be
handlung der latenten Fälle an, wäh
rend eine prophylaktische Chininbe
handlung, die Schafsnng einer vorbeu
genden Immunität, nicht in Frage
steht. Am meisten sind der Uebertret
«- gungausgesetzt die Kinder, vor allem
« die Iungsten bis zu den zweijährigen.
! Jn manchen Malariaseuchen waren
s hundert Prozent dieserKinder der Ma
larta verfallen. Geheimrath Koch hat
bei ihrer systemati chen Behandlung
k« die allerbesten Er ol e erzielt. Er kam
zu dem Schlusse, a wenn dieses ste
matische Behandlung durch Aus en
dung richti Vschulter Aerzte und
durch reichlicge ereitstellung von Chi
run an den wichtigsten Malariaorten,
insbesondere in Neuguinea und Süd
westafrika von der Regierun in die
; and genommen werde, die b te Aus
. icht vorhanden sei, diese die weitere
Entwicklung der aussichtsreichsten
Schutzgebiete am meisten esährdende
Krankheit im weitesten Um an e, wenn
auch naiirlich nur nach und na zurück
zudämmen. Er verwies in dieser Hin
sicht insbesondere auf die vorzüglichen
Erfahrungen, die man in Deutschland
mir der Bekämpfung der Malaria ge
macht habe. Noch vor 80 Jahren sei
die Malaria sowohl in den fruchtbaren
Marschländern, wie in Sumpfgebieten,
stark verbreitet gewesen. Je mehr die
Chininbehandlung zugenommen habe
und je billiger das Chinin geworden
und somit auch den ärmsten Kranken
zugänglich geworden sei, um so mehr
sei die Krankheit zurückgedrängt wor
ien. Er fiihrte dafiir besonders schla
gende Zahlen aus der Statistik der
Krankcnpflege des Heere-Z an. Heute
sei es ihm unmöglich, in Norddeutsch
land auch nur nach einen einzigen nen
nenswerthen Malariaberd zu ermit
teln, um dort seine Beobachtungen fort
zusetzen. Geheimrath Koch sprach die
Erwartung aus, daß gleiche Erfahrun
gen bei richtiger praktischerAnwendung
der erkannten Mittel auch bei den tro
pischen Schutzgebieten nicht ausbleiben
würden.
.-.
Aus-Cl
,-,Vcrfchszrung gcgcn Walderfec«.
Ueber eine furchtbare »Verfeh«wi»5
rrng gegm Waldersee« berichtet die m
New Orleaniz erfcheinende Zeitung
,,Times--Democrat« wie folgt: »Mein
Gott! Mein Gott! Das ist wirklich
entfetzlichl« so rief ein wohlbeleibter
Herr aus, indem er auf einem Trol
ley-Wagen an der Prhtania - Straße
von einer Zeitung aufblickte. »Ich
spreche vom Feldinarschall Grafen von
Walderfee,« erklärte er einem neben
ihm fitzenden Bekannten. »Der Graf
verlebt tolle Taqe im Orient! Seit
drei Wochen futtert er sich nun schon,
langsam, aber sicher, nach Peking
durch, und erst gestern erhielt er, als
der Weg schon klar schien, einenSchlag
in den Magen durch ein weiteres Ban
tett in Shanghai. Graf Waldersee ist
einer der qrohten Gottrmets im ento
pijisehen militiirisehen Dienst,« fuhr
der Wohlbeletdte, sieh schüttelnd fort,
»aber jede menschliche Natur hat ihre
Grenze, nnd ich habe meine Zweifel,
ob er das- anehclten kann. Wie fein
ganzer Wen ltlociirt ist, das- sieht rein
wie ein offenkundiger Full Von Ber
sxhioijrnnq der Mächte ein-J. Sie konn
ten seiner Ernennuna nicht wohl op
pr-nii«en, sie mochten ihn aber auch
nicht gern ai: Lirt nnd Stelle haben,
nnd so steckten sie die Kopfe zusammen
nnd stellten den maechiadellisiischsen
»Joh« auf, welcher eine Schande für
die europäifche Diolemcitie bedeutet.«
,,Welehen Job meinen Sie?« unter- «
brach der Bekannte den Wohlbeleibten
mit dem Ausdruck des Erstaunens.
»Nun, sie blockiren seinen Weg mit
ZöGänquinsch und locken ihn mit
Lnncheons in den Hinterhalt nnd
flunkiren ihn mit Champagner-Früh
ftikcken Von dem Augenblicke an, da
er mit seinem kleinen neunzimmetigen
transportablen Hause und feiner Eis
mafchine und anderem Gepäel eines
einfachen alten Soldaten los-gezogen
ist, hat er sich enormen Blocknden vrn
Cffabilien gegenüber gesehen. Sobald
er eine Angriffslinie von Banietts ge
nerer hatte, fand er sich den Vor
poften einer anderen gegenüber. Seit
Wochen enthalten die Zeitungen unter
den Kabeldepefchen eine stehende Mel-«
duna ungefähr deg Inhalts: »Feld
marschallGraf von Walderfee ist heute
Morgen auf feinem Wege nach Pekins
hier eingetroffen Er wurde mit ein
drucksvollen Ueremonien empfanget
isnh this-h Inn-im Ost-»H- f..—.-.t-.u:..t s«....
den.« Alles was nen aedruckt werdet
mußte, war Datum nnd Ort. Micl
wundert nur, daß der Graf es sc- lan
ge hat aushalten können. denn es han
delt sich dabei sicherlich um ein tief
angelegtes Complott, und alauben Si »
mir, die Franzosen sind die Urhebe:
sie sind eine Nation Von Köchen nn«
die getchworenen Feinde Deutschlands
Da sich der arme Mann nunmehr der
Sschauplatz der Action nähert, so ver
doppeln sie natürlich ihre Anstrengun
gen, und selbst wenn er das Banket
in Shanahai überlebt, wird er sicher
lich cm weiteres in Amon und eit
Kette von Kollationen den ganze
Wea bis zu den Takufortkz entlun
dorfinden. Wie das enden wird, wei
nur Gott allein, und ich freuemiihut
beindig als Ameritaner, daß nns
Land nichts damit zu ttmn hat«
»Weder wissen Sie denn, daß w
nichts damit zu thun liaben?« frag
der Bekannte den klsoblbeleibten
»Weil wir ihn mit nie aefiitie
liätten,« antwortete der Wohlbeleib
»und dann wäre er nicht weiter a
bis »un! Suezlanal aekommen!«
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Wie ein lfdieaaeer Blatt meldet,
dort rion ein paar Wohltliätern k
Menschheit ein Eier ..(sorner« it
Wert aeseht worden. Erst ietet? Ell
welchen Mitteln sind denn bisher i
Gier auf 26 bis 98 Cents ver Dutze
gestiegen?