Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 21, 1900, Sonntags-Blatt, Image 14

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zYngeniemc xszorstmamt
...Roman von...
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s. stets-strick
Es dauerte nicht lange, uso siatte sie
Crurmacher gesunken nter ihnen
deiand sich natürlich auch Bert. Aber
lange Zeit schien es ihm, als hätte e
sie-in altes Prestige verloren, als hätte
·e mit ihrem Mädchennamen auch ihre
Mädchensteunvschest zu ihm preisge
geben. Jn der ersten Zeit war sie
nussallend kühl gegen ihn, behandelt-: «
ihn von oben herab, schnitt jedes ernste
Wort mit einem geringschätzigen La
cheln ab. Wenn er mit ihr allein war
und anfing, sie in seiner harmlos
rechen Weise zu duzem unterbrach sie z
ihn: »Laß. Das paßt mir nicht!« j
Er sing an, sich ärgern, grämte sich
- ogar, wenn er I act-mittan in seinem
telier rauchend auf dem Bärenfell ;
lag. Manchmal kam ihm der ce- s
dgnku Wenn er's nun doch rigkirt s
te, sich mit ihr zusammen durch-»O
Eben zu schlagen. Schließlich trakt
et sich ebensoviel Talent zu wie seinen :
reunden, die mit ihrem Pinsel sich ;
Une ganz hübsche Jahres-kenn verdicni I
en. Dazu kamen seine gesellschastii
» Beziehungen Sein Name —- Z
—- Svhn des berühmten Malets. Von
Dem hätte sich schon mancher Indu
rielle aus dem Wupperthal gern in
l seyen lassen. Und die Hauptsache
eine Frau! Einen besseren Manager
"tte er sich nicht wünschen tdnnen. k
ie hätte unermüdlichRetlame für ihn .
tgemachi. Und schließlickx selbst, wenn
les mit dem Geld manchmal knapp ge- -
angen wäre, hätten sie ein ganz .
sustiges Leben geführt, wacker Senkt- »
wen gemacht und wären ein vergnügteJ «
rerliebtes Künstlerpaar qewardcn . I
Aber so .. .« Schulden machte er
NUO Iesy tmt vkuucme et mchk zu a:- ,
heilen, konnte statt dessen seinem Ver
niigen nachgehetn Aber manchmal
- tte et diesen ganz philiströsen
unsch, ein anständiger Kerl zu wer
« « den und etwas zu leisten.
Lange hielten diese Gedanken stei
Iieh nicht var, sein moralisches Feuer
erlosch so schnell, wie das Feuer seiner
Cigarette und verächtlich-, wie den
den übelriechenden Stummel, wars er
die abgeschmackten Grundsätze Hei
Seite. Arbeiten. etwas leisten, sich
abschinden, knapp leben. ein anständi
Zer Familienvater werden — mochte
ans-ach streben, wem’S Spaß machte.
Er war nicht dumm genua dazu.
Um Anna merken zu iassen, daß ihr
Benehmen ihn ärgerte, mied Bett sie
eine Zeit lang gänzlich und besuchte
. dafür desto öfter Frau Oswald. Dies
wirkte. Frau Horstmann schickte ihm
bin Billet und lud ihn ein. Als er
sam, war sie sehr liebenswürdig zu
Ihm. Nach kürzerer Zeit wurden die
gelgaetten Beziehungen wieder herge
rennt-. Selbst auf den Tuzton ging
e ein. Alles schien wie früher, wie
u der Zeit, als sie noch ein junges
Mädchen gewesen. Und doch wurde
er das Gefühl nicht los, daf, ihr Ber
Minisz gänzlich anders aeworden nar.
ß Horstmann zwischen ihnen stind
wollte er nicht glauben, es schien ihm
eher der Umstand, das; sie »ich: ei. sie
Teiche Frau war, im Besitz : sten Luqu
und daß sie ihn empfina als Den guten
Freund von früher, der eben ein cr
rner Teufel geblieben war. Aber eines
Tages zeigte es sich, dasi sie :,1eh: an
ihrem Mann han — over wenigstens
kfo that — als er aecilaulk hatte Er
war ein wenia zu kreist aerveiei nnd
hatte iiber Horitmann ironische Be
merkungen gewagt-. Anna machte
Plötzlich zorniqe Auam ,
»Was fällt Dir ein? Du vergißt
wohl, daß Gustav mein Mann ist?«t
»Na ja,« meinte er läche ind, »das-.
weiß ich leider nur zu gut Jch habe
Dir doch selbst dazu verhnlfen « -«
Sie leate die Sticlcrei aus der
Sand und ihn mit einem Blick mes
send, der bewies, das; sie ich ihm über- .
egea fühlte, sagte sie: I
»Lieber Bert, daran wollen wir
Uns doch lieber nicht erinnern. Es ist
wir ja zum Glück aus-geschlagen, daß
Ich Qotstmann nahm Jsh fühle mich
vollkommen wohl mit ihm und wün
sche mir nichts Besseres. "
— »Das habe ich Dir ja prophezeit!«
ct M
l »Du hattest ganz andere Hoffnun
-M. män Lieber. Du dachtest, ich
Itzt-e Deine Geliebte werden. Mich
« Figura zu nehmen, dazu fehlte Die
Musik«
MMH einen Au endlich Aus
der Weit ihrer glaubte et
Ist-u M gegen ihn zu hören. Und
genng thmwäoch nochgolltq so mußte sie
MILM M wir glauben Anna . . .
ichvaesstwwth
angel anMnth.«ode1-n
»Es-CI ZEIT
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Zcui. St Wulst uzc Urwxzugxci
IIINTMIII
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Er fuhr heftig aus und sie sagte
einlentenin -
..Nun ja, ich glaube Dir, daß Du es
manchmal bereut hast in Stunden, wo
Du über Dich selbst im Untlaren
warst. Aber damals-, als Du so
selbstloå siir einen anderen sreiteft, da
hast Du Deine wahre Natur erkannt.
Du warst zu schwach und zu bange.
Wer wollte Dir daraus einen Bor
wurs machen? Du bist ein reizenderj
Mensch, Bert. freue mich immer,
Dich zu sehen. ir wollen brillante
Freunde werden. Aber halte Dich nur ;
nicht großer Gefühle siir fähig und!
sprich mir nicht von Liebe. Das
klingt komisch bei Dir. Ich will Dir
etwas anvertrauen, erzähle es aber
nicht Deinen Freunden, die wurdens
mich auslachen; ich liebe meinen
Manni«
Beet sah sie ungläubig an und
lächelte, als wenn er sagen wollte: wo
zu denn diese Komödie! Aber sie fuhr
eifrig fort:
»Wahrhastig! Jch liebe ihn! Ich
selbst wundere mich arn meisten dar
über. Er ist ein Barbar, sechsund
zwanzig Jahre älter als ich, ist häß
lich, hat Hände wie ein Fuhrmann
und nicht die geringsten Manieren.
Das alles sehe ich. Trotzdem liebe ich
ihn. Warum? Das weiß ich nicht!
Wir Frauen sind eben verrückt! Viel
leicht deshalb, weil er ein ganzer Kerl
ist. Nicht solch ein Schlapprer wie
Du!«
missi- t---n-;-5- IS
»... .......,,.. ,...,.
»Dann sehr! Wenigstens bist Du
offen
Sie zuckte die Achseln. Eine Weite
schwiegen beide. Aus Bettg Gesicht
war das itonische Lächeln verschwun
den, er konnte die etlittene Kränkung
nicht verbergen. Anna sah ihn ver
legen an; es schien ihr, als habe sie zu
viel gesagt.
»Du bist doch nicht böse?«
«Waru:n? Ich weiß selbst, daß ich
keinen Stiernacken habe, wie Dein
Mann. Er und ich, wir sind verschie
dene Rassen. . . Uebrigens irtst Du
Dich vielleisth doch ein bischen ijber
Deine Gefühle. Soll ich Die sagen,
warum Du ihn liebst?«'
»Nun?«
»Weil er Dir alles giebt, waJ Du
verlangst Und dann. . .«
»Und dann?«
.Weil et meistens fort ist und Dich
nicht stört. Wärst Du gezwungen,
täglich an seiner Seite zu leben, dann
würdest Du merken, daß zwischenEuch
eine Welt liegt. Jhe habt nicht das
Mindeste getnein miteinander, er ver
steht Deine Gedanken nicht« Du nicht
seine. Eines Tages wirft Du schon
Fabinter kommen, Zie Feind lek Euch
cis-J- -«. «
scIU. UUU lUclUl Qu- sU (L’lc chgulw
aen sür ihn hast — ich glaube nicht
recht daran. Jch glaube eher, das;
Du überhaupt nicht weißt, was ei
gentlich Liebe ist.«
»Ob« Horftnnnn und ich haben
mehr Interessen gemeinsam, ais Du
denkst! Und eines Tages wirst Du
und werdet Jhr seinen Jungen alle
schon dahinter kommen, wag in ihn-.
steckt!«
,.Nie, nie! Dein Mann kann zehn
Jahre hier leben und in der Gesell
schaft verkehren —- er wird immer so
fremd hier bleiben als er war. Er ist
von anderer Rasse, aus- einer anderen
Welt. Die Leute werd-en sich nie an
ihn aewöhnen.«
»Da-« werden wir schon schenk«
sagte Anna trotzig.
Sie.brachen das Gespräch ab und
kamen auch später-nicht wieder daraus
zurück. Jn der Folgezeit war Anna
besonders ausmertsa gegen ihren
Mann Wenn sie- annte bei sich
hatte und er war Zu Hause, so suchte
sie ihn mit seinem Takt in den Mi-t
telpunkt zu stellen.
nen Ansichten zu,
1
!
Sie stimmte sei-«
auch wenn sie sie
nicbt theilte, und seine ost so schrossen ;
Aeußerunaen versuchte sie zu mildern, «
daß schließlich ganz annehmbare Ge
meinvläße daraus wurden. Auch ver- «
anlaßte sie ihre Freunde öster, rnit ihr
nach Luringen zu fahren, uin sich von
den Fortschritten der Brit-te zu über
zeugen. Es war seltsam maäemeg diese
eleganten Leute in dem lden Berg
thal zwischen den Arbeitern herum
laufen und über schwindeltge Gerüste
Jagd senkrechte Lettern klettern zu
e M
C.
Ehe im listing-r Grund die große
Eisenba M gebaut wurde, war es
dort sti, menschenkeee und todt gewe
sen. wie verg eustentm Erd-entrin
teL Zu S ten Wut-per
Kiese- sshctsgs knabbewaehsm Berge
deran s empor, standen
;lem·gwälzeder ßsetnehellen lu
E then durch tiefe Weidetnsantkett, di
die Industrie-Anlagen
W
EWWMÆLIP
- I ——----x—— —
fermlible hatte im Grund das melan
cholifche Klapprrn ihrer Räder erlö
nen lassen. Aber seit Jahren stand
die Mühle still, und auf den halb ver
faulten Speichen wuchs griineg Moos.
Als Junge war Horflmann an
manchem Sonntagnwr en auf steilen,
berseblungenen Wegen n Bergtiicken
hinabgeklettert und bat-te in der Wap
nersarfifchi. Hier konnte er am beften
feinen Gedanken nachbiingen. Jn
weiter Runde war nichts weiter zu
hören als das Rauschen des Wassers
und der Bäume. such das Dorf Lu
rinaen selbst lag ganz verlassen auf
I der weiten Hochrbenr. Doch vorn
j Kirchthurrn aus« der die Baurngipfel
) überraate, sah man ringsum ain Ho
! rizont auf beiden Seiten des Flusses
E ferne Städte, Dögey Kirchthürme
und einen ganzen ald von Fabrik
schleim, die dunkelrothe Fenergarben
ausspieen oder ihren Qualm gleich
langen« feierlichen Trauerfahnen din
aussnndien
Zwei Städte, sckyon im Mittelalier
durch ihre Siahlindustrie berühmt, die
in den letzten Jahrzehnten einen to
losfalen Aufschwung genommen darle·
lagen einander hüben und drüben vorn
Fluß gegenüber-. Der Luftlinie nach
betruq die Entfernung nur wenige
Meilen, doch wegen des tiefen Thal
einschnittss der. Wnpper war die Kam
munilation zwifchen beiden unmöglich.
Ueberhaupt lagen die Verkehr-Ineinan
nisse ungiinsiig, und nnr auf großen
Umwerfen konnten sie ihre Waaren zu
den Siavelplätzen bringen. Um die
sem Uebelftand abzuhelfen, sollte eine
neue Babnlinie gebaut werden, die die .
Wut-ver überauerte. Jahrelang war
das Projekt für nothwendig befunden
worden. immer von neuem wurde es ;
erwogen, immer von neuem verworfen i
— weaen der Schwierigkeit des Thal- H
überganas. Da reichte Horflmann j
seinen Plan ein. Mit einem einzigen s
Bogen, der sich aus dem Thalgrnnd
bis zur Höhe der Betgtücken erhob, F
wollte er die Wupper überspannen.z
Dieser Bogen mußte an höhe undJ
Spannen-eile alles übertreffen, was
man bis jetzt in Stein oder Eisen zu T
bauen gewagt hatte. Was aber das j
Kühnste war: et wollte diesen Bogen »
ohne jedes Getüst frei aus sich selbst
heranwachsen lassen. Von beiden H
Ufern aus sollten auf,sieineknen Un
ter-buntem die zwanzig Meter tief in
die Erde hinabkeichten, um das tolos- »
fale Gewicht des Eisens tragen zu
sönnen mit dem Gerichten der Hörner
begonnen werden. Von starken, in
der Erde verantetien Drahefeilen ge
halten, steck-ten sie eingndet zu, bis sie .
sich traer und so den Bogen bildejexx
der sich durch sein eigenes Gewicht »
· i. Sechs Messen drei auf jedes
eite, erhaben sich an den steiLen »
Ufern-Enden nnd halfen die Brücke
tragen. Jn zwei Jahren wollte HAE- ;
mann dies Wert aussijknen. tas. vesb J
lendei. die kübnsie nnd höchste Bogen- «
btücke der Welt fein wiede.
Bei den Behörden fand der Plan
zuerst wenig Beifall. es erschien ais
der Plan eines geistreichen Phanta- »
sten, einen Bogen von solchen Dienen
sivnen frei montiten zu weilen D n
tam der Name des Jngenieues.
galt als ein kühner-, genialet Unter
nel,met. der manches Wagens zu
Stande gebracht hatte, var been andere
zutückgescheecke waren, aber anz keins
nnd was-Uns men- biss »wenn-»
ebenso wenig« wie das der Zweifelhaf
ten Speiulaticnsqefellfchthen, in de
ren Dienst er bisher gewesen. Schließ
li(., war es wieder die Verlegenheit,
die Einsicht, daß jeder andere Plan
einen unmöglichen Kostenaufwand be
anspruchte, weswegen man auf feinen
Vorschlag eingina und ihm sowohl
den Bau der Brüde, wie der Bahn
ftrecke übertrug.
Mit einem Mal wurde es in dern
stillen Gebirgsthal jetzt lebendig. Auf
der Hochebene nahe bei Luringen er
hoben sich Schmiede-, Schlosser-,
Zimmermannswertitätten, eine Ma
icbinenftation, ein Märkten-et Wohn
stätten für Beamte und Arbeiter —
eine smnze Stadt wuchs hervor. Eine
Drnbtseilbnhn zum Hernnfchaffen der
Baumaterialien führte insThal hinab
nnd auf einer Nothbriicke über den
Fluß. Tief in der Erde, unter der
Stromfoble, irn Innern- der lfen,
hoch oben auf den riinen hüge n wa
ren Hunderte von enfchen am Wert.
Vom ersten Morgengrauen bis zum
abendlichen Dunkel drang das dumpfe
Dröhnen der Dampfrannnen, kra
chend fielen in dichten Reihen die Bäu
me zu Thal, und weithin bis zu den
am horizont kaum noch sichtbaren
Dörfern klang das Berften der mit
Dynamit auseinandergef rengten
Felfen, fo daß die Bauern zu minnen
iiefen« in der Furcht, es gäbe ein Erd
beben.
Seitdem die Arbeit einmal begon
nen hatte, war für Horftmann das
Erlebnis-. feiner Ehe in den hinter
grund gerückt. Er war wieder ganz
der Alte. Seine Unterbeamten, die
geglaubt hatten, e würden diesmal
felbftftändiger han eln können, waren
bitter enttäufcht; nicht nur, daß er die
Oberleitung über das Ganze führte,
sondern er mischte sich auch in alle
Detaill- Seine Kriifte schienen IBch
verdoppelt zu haben, er war der t
ßigtte von all’ feinen Arbeitern, ein
Meutrer rnit den Maurern, sit
schmted mit den Schmieden, einstm
rnetneann mit den irrer-erkennt Und
et. det flicht die wettet wie M
sur- ais-w Cim- M
-
W
I hau, verkehrte jest beinahe freund
lchaftlich mit i nen, wie mit Gesin
nungsgenossen, ie von derselben Idee
begeistert stud. Seine ftete Mahnung
war· alles nur aufs befte zu machen,
nirgendwo zu fkarein Er wollte nichts
verdienen bei d efem Wert, es tarn
ihm selbst nicht darauf an. zuzufesem
wenn nur ieder Stein wie kiir die
Ewiateit auf den anderen da te, und
alles wie aus einein Au geformt
war, daß sich nach der llendung
nicht ein Millimeter Montagefehler
zeigte. Und mit diefern hauch der
Be eisterung. der ihn selbst befeelte,
wu te er auch alle seine Leute zu ent
flammen. Der lleinfte Schlvfferjun
ar, der doch in der Luft hängend seine
Schrauben eindrehte, hatte das Ge
fühl« daf; er bit einem großen Werk
beiheiliqt sei.
Nachts schlief Horstrnann in der
Mühle, unter deren verfalleneni Dach
er sieh ein paar Raume wobnlich hatte
berrichten lassen. Eine Wirtdichäftes
rin sorgte fiir seine Bedäirfnisse.
Wenn nach Feierabend die Arbeiter
H das steile Ufer zu ihren hiitten bin
uufcellonmen waren, wurde es wie
? der nanz still in dem tiefenThalgrund.
Nur das einthiae Rauschen des Flus
ses llana durch die Nacht. Ehe sich
der Jngenieur zur Ruhe legte, feßte er
lich in einen alten, zerrifsenen Lehn
ftudl ans Fenster und ließ die Gedan
ken, die im Lärm und Drang der Ar
beit geschwiegen hatten, durch seinen
Kopf geben. Oft überlom ihn dann
das Gefühl des Glücks so fiarl, daß es
ihm fast die Brust auseinander
sprengte.
Oben auf der Höhle lag das ärm
liche Dorf, wo er gebeten war. Manch
mal glaubte er den Schein desSchmie
deieuers leuchten zu leben durch die
Nebel der Nacht Ein Fremder häm
merke auf dem Amboß, vor dein er so
oft gestanden hatte. Aber iin Dorfe
hatten ihn einige wiederetkanni, Leu
ie. die damals Burschen wie er gewe
sen und die nun arme, gebeugte
Bauern qewotden waren. Ihre Söhne
bnkie er bei seinem Werk angeflelli, sie
dankten es ihm wie eine Gnade, daß
sie für ihn Erde karten konnten und
ein war Groschen verdienten. Er
dachte zurück an die alten Zeiten, an
die Abende, wo er bei seiner Mutter
aeiessen und durch die blinden, kleinen
Fenstrscheiben hinnusgesiarti hatte,
vor Sehnsucht nach der unbekannten,
weiten Ferne lich verzehrend. Und
kann die folgenden zwanng Jahre, die
ihm in die Siirn die-tiefen Runzeln
qeqrizhen nnd feinen Nkseken gebeugt
Einklan Aber et this sich doch empor
gencnxseni Und iexm wo er wieder
Zurückgekehrt itat in die Heimats,
stand er te als ein here iibethrznderie
Den Leuten, geschick, geehrt und bald
berühmt als der Erbauer eines Wer
iez. das den nichtsbedeukenden Namen
Lxxeinsren bekannt machen sollte bis in
’ die-»ich Weisen, bis in die fernsten
Zu dein Schatten der Nechi sah er
sie grüne nippe-steigen Wenn der
Hirn-set m Wollen verdunkelt war
eminie er die hör-m des Mittele
nur nndesilich sieh wölben sehen.
ichwörzer als das Wasser, in drohen
der Mkqu einander zugekehrix fo
glichen sie den pnnialiischen Armen
eines Riesen. der feil-ji im Ilußbeti
verborgen la Wenn aber der Mond
fein Licht l leu lieh. waren die ei
sernen See-jenen nnd Siähe vsllig
meine-löst in ein«si«lbernet, parlßfichiis
Cis WIVIR, silllllcll UND gilscklcll
wie das Netz einer Spinne in der
Sonne: nur unten auf dern schim
mernden Flußspiegel zeichnete-i sich
schwarze durchbrechene Muster ab.
Der Wind, der dieBanmwipsel durch
schauerte, bewegte auch diese schweren
» Massen, die sich hin und her neigten
an den stät-lernen Seiten, daß das Ei
sen zu tönen anfing und fein helles
metallisches Klingen in das dumpfe
Gemurmel der Wellen mischte.
Zum ersten Mal in feinem Leben
hatte Horstmann das Gefühl, etwas
Vollkommenes zu schaffen. Ein from
mer Baumeisrer deSMittelalters hätte
das Wachsen seines Domrs nicht rnit
heiligerer Andacht überwachen können,
als- er das Wachsen dieser Gifenlons
struttionen überwachte.
Es war ihm, als ob er einen Süh
neternpel schüfe, der ihn von allern,
was er früher gefehlt hatte, reinigen
sollte. Moehte da in der Jene vieles
auf Sand und Sumpf ge ut, mochte
vieles morsch und hohl sein, dies Bau
werk würde bleiben und fiir ihn zeu
qen, ein Dentrnal aus Stein und Ei
sen, das so leicht nicht zerbrach . . .
An der einen Wand des niedrigen
Zimmers hin in schwerem Goldrahs
men Annae ortriit. Niemals legte
bersten-Inn sich zur Ruhe, ohne es vor
her anzuschauen Er stand davor mit
dem gläubigem inbrünstigen Blick ei
nes Bauern. der zu seiner heiligen be
tei.
So wie diese gemalte elegante
Frauenqestalt rnit den rosigen Schul
tern.. mit dem Perlentollier mn den
Fals« rnit dem leichifinnsigen Lächeln
net Weltdarne, in einem merkwürdi
gen Ge ensah zu dem elenden Raume
stand, n dem sie hing, den gelaltten
Wänden, den braunen Jutegnrdinen,
dern Tisch von Fichtenhol ; in eben
solehenr Gegensatz stand nner zu dem
Man-. dein sie angehörte. Aber er
serkte nichts von diesem ensas
und ahnte nicht, wie fremd sie i rn im
Grunde war.
waochesberseeuteeestq
W
auf die Sonnabende, wo er nechhnuse
reiste. War das Wetter gut, soäotte
Anna ihn von der Bahn ab. onst
erwartete sie ihn tm Satan. Ihm zu
Liebe hatte sie anf den Locken etn
Spitenhiiubchem das ihr etwas
Daninriitterlichee verlieh. Wenn er
kam. überraschte sie i immer mit
neuen Zärtlichkeiten. inmi, all er
sur Thüre eintrat, fand er e in etn
Buch vertiefe, das von technt chen Er
tindunqen handelte. Sie war se hin
aenvmrnern daß sie sein Schelle-I ganz
til-erhärte, erft als er re bein- Namen
nannte, sprang sie an . Ein anderes
Mal hatte sie sich versteckt, nnd als sie
ihn mit fschmerzlich enttiinschtent Ge
sicht das cheinbar leere Zimmer durch
mritern sah, tauchte sie mit dein rei
zendsten Lächeln hinter dem Ofen
schirrn hervor.
Die Sonnabende hielt sie immer
frei. Jeder Besuch wurde gnadentodz
abgewiesen. Nur Frau Regieungs
ratb nahm am Abenbessen theil. Nach
her verbrachte dann das Paar eine
charmante Piandetstnndr. Anna er
zählte, wie sie die Woche verbracht
hatte, berichtete von ihren Freundin
nen und Freunden, denen sie stets et
was Boshastes nnd Losnisches anzu
hängen wußte, so d.:ß Horstmann
wirtlich glaubte, sie hielte alle diese
Leute sin eine etwas untergeordnete,
nicht ernst zu nehmende Gesellschaft
Auch zählte sie anf, was sie alles mit
«aemacht hatte, und dann nahm sie im
mer eine etwas leidend-e Miene an.
, Gott« waren sie im Grunde langwei
I lia, all diese Völle, Diners nnd Sou
) vers! Aber, was ließ sich thun? Tag
E Leben stellte diese Ansprüche an eine
s Fran, die sich zur Gesellschaft rechnet.«
Wie-In ki- ifem hin-n ein« Masse sites-II
voigeschwaht hatte, nicht das, was
wirtich passirt war, sondern das, wo
von sie glaubte, es würde ihm gesal
ten. sengtr.sie ibn aus«-. Und sie wußte
ihm durch aeschickte Frauen bie Werte
so zu entloctem baß er förmlich unse
iiq wurde.
Was machte die Brücke? War er
mit den Fortschritten zufrieden? Wie
viel Meter fehlten noch an demH«nupt
bogen? Wie ging's dem Arbeiter, der
vorige Woche das Bein gebrochen hat
tet Sie hatte ihm nach Elberfeld ins
i Mantenbauö einige Fleisch-en Wein
E geschickt. Das war ihm doch recht?
Hatte er denn heute die Zeichnun
gen mitgebracht, ans venen er ihr noch
verschiedene Detaits ertlären wolltet
Wenn er sie vergessen hatte, sing sie an
zu schmollen, im Innern aber dachte
sie: Gott sei Dant! Dann tnnn man
- dieses tangweitige Thema abtiirzen....
E hatte er aber wirklich etwas zu erklä
ren. so hörte sie mit getpannter Auf
merksamkeit zu und wußte ihre Ver
ständniszlosigteit so gut zu verbergen,
daß er strahlend vor Glück behauptete,
er könne sie nächstens als hilssingh
nieur engagiren
Sonntaq Abends kamen meist
Gäste, dann trat Horftniann unwill
kürlich in den htntergrnnd. Ohne
Neid sah er zu. wie Anna steh mit
ihren Bekannten über Dinge unter
hielt, die er nicht verstand, die ihn
nicht interessirten. Manchmal mußte
er auch einer rau zu Liebe eine grö
ßere ellscha t mitniachen oder selbst
eine geben« Aber er war ein gefürch
teter Tischeachban Einsilbig saß er
nn der geschmückten Tusci, und weder
das Lachen um ihn herum, no der
Glanz bet Lichter, noch der ein
konnte den verdrossenen Trots out set
nen Zügen entfernen. Ohne, daß er
es wollte, machte er den·6indruck, als
wenn er vie ganze Geselllschaft verach
tete und haßte. Die Leute vergalten
ihm diese Unhiiflicheit, indem sie ihn
für einen unangenehmen Menschen er
klärten. Einen einzigen Gegenstand
aab es, der ihn zum Reden brachte,
und das war feine Brücke. Wenn er
davon anfing, hörte er sobald nicht
wieder auf.
Oft genug teilte er seinen Zuhörer
in eine Ecke feft unt- redete ihm stun
denlang die Ohren voll. Aber auch
hierin war er nicht geschickt. Jn die
fer naiven Bewunderun der eigenen
Schöpfung lobte er sich elbft über die
Maßen. Er er ählte, basz die beiden
höchsten Segels iffe der Welt itn vol
len Schmuck der Segel unter dem
hauptbogen würden durchfahren tön
nen. Was waren dagegen die Tri
umpbbogen des Constantin auf dem
römischen Forum, an denen laufende
von Menschen Jahrzehnte lang gear
beitet hatten! Er mit seinen dreihun
dert Arbeitern, mit seinen erbärmli
chen vier Millionen würde einen höhe
ren Bogen schaffen von derselben
Dauerhaftigleitt Und mit diesen Re
nommifteeeien verband er Schmähw
aen gegen die staatlichen Baumeistee
und Ingenieure, die für ihn m Haufe
eingebildeter, nichtslönnender Pedan
ten waren. . . Dur seine« Reden
machte er sich ebeno unbeliebt als
txqu fein Schwe« en. Aber et merkte
ais-U davon. it dem Morgen
arauen fuhr er nach Luringen zurück
und hatte über der Arbeit bald die
ganze Gesellschaft vergessen.
El gab nur wenige ganz leichte
Schatten in dem hellen Biid seiner
Ehe die ihren Glanz aber nicht zu
trüben vermochten. Horftmann stand
nicht gut mit feinem Schweigen Deb
witz, der öfters in Geldnoth faß- hatte
xch herabgelassen, von ihm grdszere
ummen zu bargen. Von Zeit ,u
Zeit mahnte ber Jngenteur t n. De i
weis nahm dann immer den V «nd se r
b ; in nächster Zeit wliete er f« r
W
fein Geschäft größere Abfchkiisse ma,
den« dann wiirbe alles bis auf Heller
unb Pfennig beginnen liebe-gen
frien solche Dattel-ten mischen Ber
ivanbien boch etwas ganz anoeres als
Schulter-i unb Schrie-verschulden bei
ren Rückzahlung brannte. Horilinann
ärgerte fich aber Tagen auf eblafenen
f abi en Ton; ber or- Annae
irn ch lief; er oie Sache ruhen. Um
feinem Sich-owed sibebilfllch s zu fein,
mochte er ihrn sogar ben-« Vor ,
ibn bei feinem Were onmeftellenk Aber
ber dauptmernn wies bat Anerbieten
ftolz zurück. Ein Untergebener feines
Schwogers Izu :verben. bat bilite ihr-r
gerade noch gefehlt.
Auch bit Zion Neaieeungizrnth
wurde horfimann auf bie Dauer un
stimmt-tin
Ueber ihre Schulden halte er leider
noch nichts erfahren. da Anna von ib
rem But-get einen Lbeil an Seljibel
äuriickbezobli hatte. Aber Frau Düzs
ach, bie zuerst von ihrerWiitwenpens
fon gelebt hatte, Paar ihrer Quinte
tionswuth wieder verfallen nnd saß in
neuen Schulden. Schließlirtr mitth
fcheftete sie ganz auf Duft-Oriaan
Kosten. Lr bezahlte i·ie Miethe, das
Dienstmädchen die Tolletlem einfach
alles fiir fie. Als er Anna einmal
fragte, was ihre Mutter denn eigent
lich mit ihrer Pension mache, erwiderte
biefe in ihrer nonchatanten Ari: »Das
bißchen Pension! Vielleicht taqu sie
sich Zahnpuloer basiir.«« .
Vorstean haiie sich v.-r feiner Ber
heircrthunq als obersten Grundsatz hin
gestellt, in Gelt-fachen nur nicht schä
big zu fein. Deshalb handelte er fei
nem Gefühl entgegen uno bezahltenlle
möglichen Dinge, ohne ihnen nahte
oui ben Grund zu kleben Aber trotz
jgeiner Freiagjateit ertliirten seine
ertvandteni file einen Knau er·
Anna vertheidiate ihren Mann.
auf die Dauer bewies sich das alte
Lend, dat- sie an ihre Familie lniipftr«
ftärter als das neue. Das lag an den
Verhältnissen selbst. Jhre Schwester, «
ihre Martter fah re jeden Tag. ihren
Mann aber nur ntnal in der Woche.
Immerhin waren dieie Dinge, wenn
in ihnen auch der Keim zu zutrinitigen
Zeriviirinissen laa, allein nicht start
enug· um das Glück der Ehe zu triis
en. Anderthalb Jahre war das Ehe
paar verheirathet, ohne daß es einen
ernstlichen Zwist ataelsen hatte.
Da wurde iin Herbst das neue Haus
in der Hofaartenitraße bezogen. Fiir
die damalige Zeit, wo Düfteldori noch
eine stille, beicheidene Malersiadt war,
erschien das Haus außerordentlich
prächtig. Mit feinen aelben Sandsteins
hundertt, dein hethen ichmiedreifernen
That an der Seite, lag en fast drohen
hait neben dem viel bescheideneren
Hause des Bierdrauers Ostvald
Von nun ad führte-Frau Haritmann
ein Leben wirklich vornehmen Stils.
Sie hielt sich Pferde nnd Wagen, Die
nerichait. einen Gärtner. Und da sie
der Ansicht war. das-. das neue Hans
auch neue Verpflichtunan auferlege,
vergrößerte sie ihren Betanntentreis
qleick um das Doppelte. Ueberall
war sie Karten ab, ließ sich einluden,
lud ein, als wenn sie die halbe Stadt
durch ihre Raume schleppen wollte. Ja
kurzer Zeit gehörte sie zu den gefeiert
sten Frauen-. Sie hatte einen großen
Stab von Courmachern. Bei allen grö
ßeren Festen spielte sie die hauptrolle.
Die Künstler drängten sich in ihr Hans
und ihr Bild war schon von drei der
besten Porträtiiten bei Schulte ausge
stellt worden. Die Ossiziere ihn-ärm
ten fiir sie, und wenn aeaen ittag tie
Soldaten mit lltnaendem Spiel von
der Golzheiiner beide suritcktehrtrm so
war es Sitte, daß tnrz vor ihrem
harrte die Mnsit neu einsetzte, und alle,
der Oberst, die Maiore. die Lientes
. --..«- hzis »- h-- sind-ps- Ohne-knieen
aus«-, »Is- kpa »so -----» ---
gen von Nelruten machten Augen
recht-", wo hinter den grünen Blatt
spstanzen des Winteraartens die roth
lichen Locken und das lächelnde Gesicht
der schönen Frau sichtbar wurden
Jn dieser Zeit überstrahlte ihr An
sehen entfchieven das der Frau Os
wald. Diese bewahrte zwar noch nn
mer ihre straffe, töntgliche Haltung
und den unnachahmlich hochmuthigen
Ausdruck im Gesicht, aber ,er t,atte
entschieden verloren«. wie die Leute
sagten. Ganz plötzlich war diese Re
densart aufgewacht und wie man» sie
jahrelang die schöne Frau von dreißig
genannt hatte, nahmjetzt alle Welt ir
nen ewiifen mitleidiaen Ton an,
wenn as Gespräch auf sie lam. Da
bei war seit dein Taae, wo ihre Racky
darin das neue Haus bezoqen hatte,
durchaus teine besondere Veränderun
vorgRangen mit ihr, sie hatte ni
eine unsel, nicht ein weißes Haar.
nicht einen falschen Zahn mehr betone
inen. und doch hieß es allgemein, sie
fei passen Man wandte sich von i r
ab, wie man sich von einer Mode a «
wendet, ganz Möhlin-. indem der Ge
. Pfinan aufs gerade Geaentheil ver
allt nnd das, woran er so lange
within war, abscheulichi findet. Us
Frau Osmald litt. kann nur eine eitle
raii nachfuhlen, aber sie ließ sich
nichts merken. . . .
Gortsesiing felgy
Wir geben keine Hoffnung anf, be
vor wir nicht eine neue haben.
O O II
Wer sich durch fremde Talente einen
Namen macht, wählt nie ein Pseudo
unm.
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Jn Vir inien ist ein Mädchen tni
Regen 5 eilen weit esangen uin
si? u verheirathen. s ist the u
w n chen, daß sie nicht aus de
sen die teaiife lam. -