Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 30, 1900, Sonntags-Blatt, Image 15

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    F—
Wiss-W
l O»ener Schreibebrief von
cizzie HanssiengeL
RI· CIO
W
Jch kann Ihn-. sage, mit die Kids
do bot mec sein Batter. Alle Augedlick
is edbes annerschter die Miitter un
mer kommt aus 'oie Angst un den Tru
bei un·Batter gar nit mehr eraus. Ich
will hier gar nicks sage von die EG
ses wo mer mit die Fellers bot,
s wero io doch nit anner chtet,
awtrer do sin noch so viel annere
Sache, wo mer sich driwwer ärgern
mag. Jetzt bei den kalte Wetter do
rnu mer acht gewwe wie alles, daß
keiner von se talt ketsche duht. hun
nertmol hen ich se schon gesagt, zie t
eier Unnewekir an. awtoer do kicke e
wie die Bittens Die Flennels sin e
u rautss un se könne das Jtsche nit
sende, aäe se. Hen ich dann schpn
emol so e des gehört! Ich duhn auch
ernnels wehre, um mei Körperche is
auch nit aus Schieteiren gemacht, aw
tver mich wer’n Se doch nie nit kom
plehne hor’n un Se sollte mich nor
emol sehn —- well. was is die Juhs,
daß ich tahle dnlinx die Kids kriege
alle Dag ihre Lickin un wann se e
Tschehns hen, dann losse se doch ihre
Unnerkleider aus. De annere Dag is
der Johnny heimkomme un hot kom
ple nt, daß ihn sein Hals so arig
we duhn dedi. Jch hen emol inwe
ltlikehtet un schubr aenug, bot er sein
nnerstofs nit anaehabt. Do hot er
in die erschte Lein e Dräschinq kriegt
daß mer iesia hätt zwei draus mache
könne un dann hen ich gesagt, jetzt
komm emol her, daß ich dich emol in
dein Hals gucke. For lauter Halle-n
hot er lein Minnit still halte könne,
awwer ich hen doch sehn könne, daß
Bin Hals inseit ganz sohr gewese is.
o sin ich doch so oerschrocke, daß ich
beinah aus lauter Anast dem Fohno
noch e Ohrfeia gewwe hätt. Sie , hen
ich gesagt, das kommt davon, wann
mer sei Mo nit meinde dulit, jetzt
müsse mer den Dackter Wort schicke,
daß er komme duht un dann hen mer
auch noch bieseids das die Eckspenses
dabei. Do hot der Joisnnn noch mehr
fettische un ich den mei Last gehabt,
hn doch gute Worte widder e wenig
besser fiehle zu mache. Wie der Pisi
li p heim is komme. do lsen mer von
des annerein qetalslt un ich hen ganz
an den Johnny vergesse. Wie mein al
ter Mann sei Sovper gehabt hot, do
Tot er gleich widder bei den Wedssswek
er qemußt un der Phil hot gardlie
die Dok,r zugemncht gehabt, do ot der
Johann gestart zu jammern. Ach,
mein Hals, ach wie weh duht’s mich,
so hot er in einem sort aemacht un ich
mus; sage, ich sin doch e wenig ver
kbmss Drob kwn vorl- Omnk Von Nsä
angeauctt un ben mein Meind aff
gemacht, daß do ebbes aedahn müßt
werde. Jch hen noch von früher e
Nessiet aehabt, wo kei solir Droht un
Kalt atig gut is; es bot mich’s emol
en Dackter, wo den Phil iotfei tappe
Iiae Nos getriet bot, aewwe un ich
hen’s seit die Zeit schon oft geiuhft
un hen manchen Dabler for den Dad
tee gespart. An das Nessieht hen ich
Heft gedenkt, un gleich sin ich an das
B ewh gange und hen for gehend « ch
n’s auch gefunne un ben den Wi i
u mit Zu den Droastohr geschickt. for
die Med esien teitewea zu leiegr. Well
es bot purtinier zwei Stunde genom
me, bis der Willibeu widder is tout
ene, ich hen schon fast nit mehr an ihn
edentt. Er hot gesaat, der Drohaisi
··tt nit ausmache qetönnt was das
essiebt laae debt un do hätt ee selbst
ebbes zurecht aemacht. das wär noch
viel besser. Well, ick ben’s nit gegliche,
awwek ich wat’n froh, daß ich knal
Pau ebbeö gehabt den« Den ohnny
ein Hals bot mich leindec onie ig sieh
le mache, bitahs wie ich noch emol ge
uckt heu, do is auch fein ganze m
eit Mund todt gewese. Well ich hen
eeiteweq gn Bub en Thiespuhn voll
von den toff aewnse un et hot e
Iagt, et deht den Tehst aleiche. ie
die anneren KidH das .1ct)ökt den« do
lsen le oft Stoka all von die sMeddei
en den fülle un tot ten Riesen hen
all lsmplehni. ibr Hals weit lobt.
4·ell, ich hen gedentt, schade kann se
io die Meddesien ricls un imnet uns
stsagt ten ich snich auch en Thiespubn
voll netäelelt, bloes for augznfinnenoie
die M ddesien schmecke duht. Ich muß
sinc, i ben den Tebit nit editra ge
gliche, do bot mei alte Meddesien doch
aanz different aetebit· Mir sin bald
ins Bett annae un·ben auch bald ge
fchlrir. llwwet uif eemol nset'u ich
»san«-l- un do bot dee Iobnnn atia ak
amniertz er tust gesagt« ek likitthxelnns
In sein Stummen un ee lönnt’g bald
nit tuelir its-use Die annere Flids
len auch mit dicielwe Knmvlebnt ar
itaet un ich mufi iaae, ich ben auch so
e lonnigez Fiel-Kinn gehabt. Jch sue
c- ·
I aus den Bett un do is auch schon der
Johnntz aus den Bett aetschumpt un
ts autteit gelaufe. Es ig no kei
Minnit verqanqe, do hen auch die an
nere gefragt for autfeit zu gehn. Den
ke Se not entol, ich hen dasselbe jeh
ling auch bei mich aenolttistL chie
wiß, do toar’n ich awwer doch ge
schkehrt. Mei erster Gedanke war,
daß mir mehbie all gepeusent wäret
Von die Minnit wo der Johnny ge
art hat, do sin met for ebaut drei
iunde lang immer inseit und autseit
sange, immer eins nach das annere,
ei tell uh, es war e schreckliches Us
cina. ließlich ware mer a o
daunzeronnt un so schwach, daß mer
ins ett gefalle tin un eingefchlkse
ben. Am annere Morgen, do hen mer
all so leicht gefiehlt, daß es en wahrer
Staat war. Ich ftn awwer doch rei
tewea zu den Dtogist qange un en
den gefragt, wag er mich sor e Med e
sien geschickt hätt. Er bot aesaat, das
wär die beste Meddesien sor Kansti
pehschen wo es aewwe deht un er
könnt aarantie, daß se ihre Duttie
duhn del-L Das kann ich auch, ben
ich esagt un er bot noch gesagt, das
Resiget war so tohrn gewese, daß er
nit "tt ausmachc könne« was es wär.
Do m ich heimaanae un hen den
Johnny sein hats inwestiaehtet; alles
warwidder gut un ich hen dann auch
ausgefunne, tvas mit den Johnn die
Mätter war. Hot der Feller do in
die Botterie e Stana tothe Peppee ge
sunne un weil er aedenkt bot, es war
Kendie hat er e Stick von abgebisse.
Oss Kohrz is er do inseit qnm sofhr
geworde. Ich bieiwe dabei,die Kids in
e reaeller NuhseM Mit beste Rigards
Juhrs
Lizzie Hansstengei.
Das Auge des Todten.
Erzählung von C. Wesznec.
Vor mir aus dem Schreibtisch liegt,
während ich diese Geschichte nieder
schreibe, eine photographische Platte.
Dreimal im Leben habe ich das Bild
gese , das sie aus den Wandschirm
wir t, und jedesmal rann mir ein
eisiger Schauer durch die Adern.
Keine Spur von dem entsetzlichen
Bilde ist aus der Platte, während sie
hier liegt, onst würde ich sie nicht aus
meinem reibtische liegen lassen.
Wenn man daraus sieht, gewahrt man
nur einen kleinen dunllen Kreis. Bei
näherem Betrachten erweistt sich dieser
Kreis als von einem Schatten uns, e
ben, aber fo nebelhaft, daß man taum
eine Form feststellen kann. Dem An
schein nach ist das alles — und doch I
birgt diese Platte etwas, das man,
einmal gesehen, nie wieder vergessen
kann.
Während der letzten vier Jahre
wohne ich in einem te! westlichen Vor
orte und obgleich Ich noch jung bin, ist
meine örztliche Praris doch eine recht
ausgedehnte. Eines Vormittags ge
gen 10 Uhr stand ich in meinem
Sprechzinimer, mit dem Rücken ge«en
den Kamin qelehnt. und sann u er
eine Entdeckung nach, die ich gemacht,
während ich· Versuche mit meinem
neuen Elettrographen angestellt. Jch
hatte mich bemüht, cin Verfahren zu
eislnnen. vermöge dessen man das
menschliche Gehirn vhotogravhiren
könne. Ich stand lsor meinem photo
graphischen Apparat. meine Stirn auf
die Linse gerichtet —- rvie ich dachte.
Als ich die Platte l;erausnahm, be
merlte ich jedoch, daß ich die Canrera
zu tief gestellt hatte; es zeigte sich
nämlich nur ein kleiner Kreis ans der
selben, der, mit Anwendung des Elek
trographen vergrößert aus den Wand- .
schirm geworfen, mein eigenes Auge
darstelltez . Jn» perMittc des ·A·ug
·-·wollen doch nicht sagen, daß er todt
CpIetH zelglen lqu Die um«-Je einiger
allerdings sehr versch.oomrnener Ge
sichter, so vermischt und undeutlich
daß ich keines derselben erkennen
konnte. Die einzige Erklärung dieses
Phänomens erschien mir die, daf:v ich,
während ich vor der Camera stand. an
verschiedene Personen gedacht b·ben
müßte, deren Gesichter sich in meinem
Auge auspräatem
Tief in Gedanken versunken, über
dieses Problem nachgriibenld, stand
ich da, als es plii lich llinaelte. Vor
mir stand em änchgewachsener Herr
von un« efähr 50 Jahren Ein fluch
tiger litt in sein Angesicht lebrie
mich, daß ich einen Mann von hoher
Intelligenz und scharf ausgeprägtem »
Geiste vor mir hatte. ««
,,.habe ich die Ehre, herrn Doktor
Kettcnberg zu s rechen?« fragte er, in
ruhigem, glei mäßigem Tone spre- »
chend, während ich doch fühlte, daß er
mich wii rend dieser Zeit sozusagen z
mit den ugen secirte.
»Mein Name iit Ronnebeck.« Er
nahm seine Visitentartentasche beraus
und überreichte mir eine Karte.
»Ach, Herr Nonnebeck. Sie kommen
von der Kriminalvolizei!« ries ich er
itaunt. »Darf ich fragen, was Sie zu
mit sühnt«
»Ich möchte Sie um Beantwortung
einiger Fragen ersuchen, die sich aus
den verstorbenen Herrn Victor Kayser
beziehen —- Mitinbaber des bekannten
Banthauses Kayser und Sprenger.
Sie waren doch mit ihm bekanntli«
»Was? Des verstorbenen Viktor
Kayser2« · wiederholte ich erstaunt.
»Aber. mein, herr, Sie scheinen sich in
einem großen strrtbum zu befinden.
Jch hat« ihn mit-m Abend han- zehn
Uhr nech est-rochen und bis an vie
Ecke der artstrasze begleitet. Sie
ist7«
»Victorkknt)ser wurde gestern Abend
zwischen neun und zelm Uhr, an der
Ecke der Part- und Schloßstrasze er
mordet ausaesunden. Nach eingezoge
nen Erwndiqungen habe ich seit-se
stellt, daß Sie, Herr Doktor, zuletzt
mit ihm gesehen worden sind. Ver
stehen Sie nun, weshalb ich hier lin?«
Mir war, als gerinne das Blut in
meinen Adern zu Cis-. Ich —- ich war
zuletzt mit ihm aesetien worden!
»Wollen Sie damit sagen, Herr
Nonnebeck,« stnmmelte ich fassun s
los, »daß Sie mich im Verdacht a
ben, meinen Freund —«
Aber er unterbrach mich schnell.
«Entschnldigen Sie, Herr Doktor,«
so te er in vollendet höflichem Ton,
is sagte Ihnen bereits. sich sei ge
ommen um Sie um Beantwortung
einiger Fragen zu bitten. Es sollte
mir leid thun. wenn Sie mich miß
verstanden hötten.«
T Jmmer derselbe ruhige, gleichgiltige
en.
»So sagen Sie mir nur vor Allem,
aus welche Weise wurde Kayser er
mordet?«
»Er chossen! Man fand ihn mit
zwei ugeln in der Brust, die beide
in die Lunge gedrungen waren, unter
dein hellen Schein einer Straßenla
terne. Weder seine goldene Uhr, noch
Eine Kette, noch das Geld fehlen.
in Naubmord ist also von vornherein
ausgeschlossen Der-Beweggrund zu der
That ist uns bis jetzt ein Geheininiß.«
»Entsetzlich!« murmelte ich vor mich
Pin. ,,Darf ich mir die Leiche an
eben?«
»Gewiß. Kommen Sie mit mir.
Wir können unterwegs über die Ange
legenheit sprechen.«
»Wenn Sie mich einige Minuten
entschuldigen wollen, mache ich inich
k-k-«-A cum-« «
sitt-so s- ssssss
,,Bitte sehr.«
Jch wandte mich um und verließ
das Zimmer.
Durch den Corridor gehend, begab
ich mich in mein Arbeitszimmer, wo
ich meine chemischen Experimente an
zustellen pflegte. Als ich die Thur
ofnnete, drang mir ein heller Licht
schimmer entgegen. Jchstu te. Ah,
wahrscheinlich hatte ich verge en, mei
nen neuen Elektrographen abzustellenl
Auf dem Wandschirm zeigte sich noch
immer das Bild meines Auges-. Die
Wirkun» beim Anblick desselben war
eine sell ame. Das Auge schien jede
meiner Bewegungen zu verfolgen.
Als ich das Gas abstellte und die
Jalousien in die Höhe zog, zuckte plötz
lich ein Gedanke durch mein Hirn.
trat an meinen Schrank, nahm eine
kleine viereckige Camera heraus-, die
ich nebst drei photographischen Blat
ten in einen Holzkasten legte. Jn ei
nen anderen Kasten packte ich eine
kleine elektrische Batterie und einen
starken, luftdicht verschlossenen Glas
,cylinder, an dessen beiden Enden
Drähte-eingeschaltet waren. Nach
dem ich alle zur Aufnahme einer Pho
tographie erforderlichen Gegenstände
cingepackt, trat ich wieder in mein
Sprechzimmer, in den Händen die
zwei Holzkästen und einen photogra
phischen Ständer haltend.
Herr Rounebeck blickte von der Zei
tung auf, in der er gelesen· Kein Zug
veränderte sich in seinem Gesicht.
»Glauben Sie, daß ich eine Auf
l nahme des Todten machen darfs«
I fragte ich·
) ,«Gewisz, wenn Sie es wünschen -——'«
I »Ich habe eine Idee, Jhnen von
Nutzen sein zu iönnen.«
Es mag Einbildunq von mir neide
sen sein« aber ich alaubte wahrzu
nehmen, daß Ronnebecks Brauen sich
ein wenig in die Höhe zogen. Er er
widerte ruhig: .
»Wenn Sie fertig. sind, Herr Det
tor, können wir gehen. Gestatten Sie,
daß ich Ihnen einen Theil Ihrer Last
tragen helfe.«' Dabei nahm er mir
den einen der beiden Holzlast-en aus
« P--—L
ULe qui-Ue
Wir mußten über eine Viertelstunde
gehen, bevor wir eine Vrofchle fanden;
nach einer Fahrt von weiteren fünf
zehn Minuten hielte-i wir vor einem
Haufe, dessen Adresse mein Beqleiier
dim Kutscher aenannt. Ich folqte dem
Geheimpolizisten durch einen langen
lFlur über einen Hof, an dessen Ende
fkch eine kleine steinerne Haue sey-ie.
E: öffnete die Thür; wir traten ein
-- und standen vor einein arcßen
Tisch, aiif dem der Ermordete lag.
Nach flüchtiger Untersuchung der
Liichi traf ich meine Vorbereitungen
zur Aufnahme eines Bildes, wol-ei
HerrRonnebeck mir liiilfreich zur Hand
aing. Die starren Augen des Todten
anden weit offen. Ich stellte iiieincn
Apparat ungefähr sechs Zoll von fei
nem Gesicht entfernt auf, fo daß das
eine Auge dirett von der Linse ge
troffen werden mußte. Ueber die
Kammer stellte ich den Glascyliiider
uiid brachte die Drähte desselben mit
der elektrischen Batterie in Verbin
dunq. Alsdann begann der Cylin
der in einem bleichenLichte zu erglühen.
Nun nahm ich die Kappe von derLinfe
und wir warteten etwas sieben Minu
ten.
Nach Verlauf dieser Zeit steckte ich
die Kappe wieder über die Linse,
trennte die Drähte von der Batterie
und packte mitRonnebecl’s Hülfe meine
Utensilien wieder zufammen. Er ver
sprach niir, mich am nächsten Vormit
tag zu besuchen und ich begab mich
nach Hause.
Erst spät am Nachmittag konnte
ich an dieEntwickelung des Bildes
gehen. Jch ging mit der größten Bor
icht zu Werte. Gegen fünf Uhr war
Alles fertig. Jch drehte das shall
gas auf und ließ es auf den Cylinder
fallen. Einige Augenblicke wartete ich,
bis das Licht llar und ruhig leuchtete.
Dann schob ich die· Platte hinein.
»Crft nachdem ich ein ganz klares
Bild vor mir hatte, begriff ich die
entsetzliche Bedeutung des Refultate3,
ias ich erzielt. Auf dem Schirm hob
fich ein Auqe ah— ein furchtbar star
rendes Aqu —- das Auge eines Tod
ten. Und es übte eine so überwallt
gende, unheimliche Wirkung auf mich
aus, daß ich Anfangs die wunderbar
getreue Wiedergabe des Bildes gar
nicht bemerkte.
Jn der Mitte des Auges befand sich
ein Gesicht. Ich trat dicht heran, um
mich zu überzeugen, daß ich mich nicht
täuschte. Aber es war kein Zweifel —
das Gesicht war da. Während ich es
näher betrachtete, glaubte ich zu träu
wen. Ich fürchtete, den Verstand ber
loren zu haben, denn ich erkannte diese
Gesichtszüge ganz deutlich. Uns-pell
kürlich tan: mir der Name über vie
Lippen.
»Sprenger!« murmelte ich entsetzt.
Mein Hirn glühte, aber meine
hönde waren eiskalt und starr. Die
Fäuste gegen die Schläfen gepreßt,
taumelte ich nach der Thür. Dort hielt
ich inne und fah noch einmal auf das
Bild zurück. Das Auge fchien sich zu
bewegen. Jch glaubte, es träte aus
dem Schirm heraus und käsme auf
midze Tu. Schnell das Licht aus
dre n , stürzte ich aus dem Zimmer,
die Thür hinter mir zufchlagend und
verfchließend. Zum ersten Male in mei
nem Leben fühlte ich namenlofe
Fuxchjk »
« VIII-.- k—k- LI- ;
cyll Null-Lucis spuue Iup sug- -u -
einer Droschle und fuhr in die Stadt.
Es schlug gerade 6, als ich das Privat
Comptoir des Banlhauses Kayser Fe
Sprenger betrat. Herr Sprenger, der
jüngere Mitinhaber der Fima, ehob
sich hasti von seinem Sessel.
»Ah, Zolto Kettenberg!'« sagte »er.
,,Freut mich, Sie zu sehen. Sie haben
jedenfalls von dem furchtbaren Unglück
schon gehört, das unsere Firma betref
en hat? Bitte, nehmen-Sie Plank«
Jch setzte mich und sah ihm sor
schsend in’s Gesicht. »Er Nr nervös
und unruhig.
,.Ja,« erwiderte ich, »ich habe vsn
Ihrem schweren Verlust gehiirt. Alser
ich bin nicht gekommen, um darüber
mit Jhnen zu sprechen, sondern um
Sie zu bitten, mich in meine Wohnung
zu begleiten. Jch mirs-· Ihnen ein-. Ent
deckung zeigen -— eine photographische
oder vielmehr elektrographtsche Ent
deckung — die ich gemacht have. Nein,
nein, teine abschlägige Antwort. Ich
retstchere Sie, die Sache wird Sie isn
höchsten Grade interessiren!«
»Eine !.1.ertwiirdige, werfpshzkinsp
eine sehr mertwriidiae Weltt« versetzte
er lächelnd. »Jeder aeht nur in seinen
eigneen Interessen, sen-ein eigenen Ich
aqu Jch sitze hier mitten :rn tiefsten
Jammer. Da lommen Sie, nehmen
nicht die geringste Rücksicht auf mein
Unglück und denken an nichts Anderes-,
als an eine wichtige Entdeckung, tie .
Sie berühmt machen wird! Ader ich
will Jshnen den Gefallen thun und Sie
begleiten, Dotiorl«
»So kommen Sie gleich Init, Hm
Sprenger, wenn es Jhnen ;«saßt."
Er legte einige Briefe und VII-her
beiseite, schloß den Schreibtist nnd
den Geldschrank zu, zog den Pult-tot ;
an und setzte den Hut auf.
Wir verließen das Haus, ich winkte
eine Droschie heran. Während der
Fahrt redete Sprenger nur oon seinem
vestorbenen Socius.
Endlich langten wir in meinetWol)
nung an. Ich führte ihn sofort in mein
C"xperimentirzimmer. Dasselbe lag
völlig im Finstern. Als ich das Gas
angeziindet, verschloß ich die Thür.
Sprenger hate sich in einen Armstuhl
fallen lassen und ich nahm ihm direlt
gegenüber Platz.
«Vielleicht, Herr Sprenger,« begann
ich langsam, »sollte ich Ihnen die Ent
deckung, die ich aemacht, erst etwas
näher erklären. Sie steht nämlich mit
dein« gestern Abend begangenen Morde
M Oeromounm »
Es kam mir vor, als ob er zusam
inenzucke.
Aber kein Wort tam über seine
Lippen. Jch trat an meine neue La
teine heran, die mit der einaeschooenen »
Platte noch da stand, wie ich sie
am Nachmittqu verlassen. Dann
zündete ich das Knallgas an und
drehte das Leuchtaas aus. Und dann,
als das Bild allmählich auf dem
Schirm erschien, beobachtete ich mei
nen Besucher auf das Schärfste. Das
aus der Rückseite der Laterne stro
tnende Licht fiel voll aus sein Gesicht,
und als dasBild immer deutlicher und
klarer sich abh)b, sah ich, daß seine
Lüge aschsahl und verzerrt wurden.
Jetzt starrte das schreckliche Auge deut
lich aus dem Schirm heraus -«—
Sprenger schlug die Hände vyks »das .
Gesicht, um es nicht sehen zu müssen.
»Was ist das?« stammtlte er mit s
heiserer Stimme. s
,,Eine Eiek«:ographie!« gab ich zu- s
rück. - l
»Aber warum starrt es einen so
fürchterlich an?« fuhr er fort, wieder
aus das Bild sehend.
»Weil es von einem Todten aufge
nommen wurde.«
Er erhob sich von seinem Stuhle,
icin Gesicht war bleiqrau. er zitterte
am anzen Leibe.
» Gott! O Ott!« ächzte er. »Es
ist sein Auge! Und dort —- dort —
was ist das? Das ist ja mein Gesicht!
Barmherziaer Gott! Nehmen Sie es
weg —- nehmen Sie es wea,« schrie er
mit qellender Stimme.
Ich stellte das Licht der Laterne ab
und zündete das Gaö wieder an.
Sprenaer war in den Stuhl zu
rückgesunlen. Anfangs hielt ich ihn
ür ohnm-ächtia, aber er begann zu
prechen.
»Und so, Doktor, haben Sie den
Mörder entdeckt,« murmelte er tonlos.
»Das Bild lüat nicht!«
»Nein,« flüsterte er. »es ist nur zu
wahr.«
»Und warum haben Sie es ge
than?« -
,,Jch will es Jhnen sagen,« antwor
tee er, den kalten Schweiß trocknend,
der in großen Tropfen auf der Stirn
Land »Ich habe mit dem Geld der
irma speculirt ——- und habe verloren!
Siebenhunderttausend Mart aus einen
Schlag Verloren! Ende dieser Woche
haben wir Wechsel im Betrage von
dreihunderttausend Mer einzulösen.
Und wir haben keine zehntausend
Markt Jch allein — nur ich weiß,
tvie unsere Lage ist. Er wußte nich-g
von meinen Speculationen. Es blieb
mir nur ein Ausweg. Wir hatten
unser Leben genseitig jeder für
·’nshunderttau end Mark versichert.
ieses Geld mußte einem von uns
beim Tode des Anederen sofort aus
bezahlt werden — verstehen Sie mich?
Was? wollen Sie nun mit mir ma
n «
»Ich glaube, ich muß Sie dem Ge
richte übergeben.«
»Nein, ich bitte, ich beschwöre Sie,
ersparen Sie mir das. Leben um Le
ben —- so heißt es — so soll es sein!
Lassen Sie mich nur fort von hier —
in einer Stunde soll das Gesetz befrie
digt sein. Wenn der Mond durch das
Fenster meines Arbeitszimmers schaut,
skvird er eian Tod»te»n»bescheinen.«
- .- s- h-- »U
Ullllcl ALUUUU FOR-( Is- Iu »U« uns
stand, ein Mann in der Bollkrast des
Lebens und doch mit dem fest zusam
megepreßten Mund, dem man den
Entschluß ans ah, in einer Stunde mit
dem Leben abgeschlossen zu haben —
da stig es feucht in miene Augen und
ein tiefes Mitleid erfüllte meine Brust.
,,WolIen Sie mir schwören, daß Sie
thun, was Sie soeben gesagt?« fragte
i
ch- .
,,Ja,« erwiderte erhastig, »ich
schwöre es Ihnen bei der Liebe zu mei
ner armen Frau und meinen unschul
digen Kindern — binnen einer Stunde
werde ich mir das Leben genommen
haben.«
»So mögen Sie gehen,« sagte ich
erschüttert.
»Ich —- ich danke Ihnen ——«
schluchzte er. »Leben Sie wohll«
Ich begleitete ikm bis an die Haus
thiir und sah ihn die Straße hinunter
gehen. Als ich mich umwandte, mußte
ich mir die Augen trocknen.
Diese Nacht fand ich wenig »Schlaf.
Schon sriih Morgens erhob ich mich.
Ungeduldig wartete ich auf das Er
scheinen der Zeitung. Als sie endlich
kam, überslog ichTie mit brennenden
Augen.
Ja, da stand es —- Sprenger hatte
sein Wort gehalten.
Dann wartete ich in aröfster Unge
duld aus Ronnebect. Endlich kam er.
Sein Gesicht war undurchdringlich
wie immer, und zeigte keine Spur von
Errettung oder Verwunderung.
Als er mein Zimmer betrat, begann
er in seinem ruhigen, abgemessenen
Ton: ,,Guten Morgen, Herr Doktor.
Jch sehe, Sie wissen Alles, ich brauche
Jhnen also nichts Neues zu erzählen«
»Ich glaube, eher lann ich Ihnen
etwas erzählen, wenn Sie Platz neh
men und zuhören wollen.«
Dann gab ich ihm eine ausfiihrliche
Beschreibung der Vorfalle dec; Vergan
gcnen Tages-, die er aufmerksam an
hörte, ohne mit der Wimer zu zudem
Als ich meinen Bsricbt schloss» sakite er:
»Die Kosten des Gerichtsoerfalzrens
lieben Sie dem Staate aesoart, nker
fiir die Dienste der Polizei würden
Sie sich freilich nicht eiaiien.«
»Wal)rscl)einlich nicht,« versetzte ich
»Wenn Sie mir foiaen wollen« Herr
Ronnebeck, so isoebie ich Ihnen die
gestern mit Jhrersjiilie ausgenomniene
Photographie zeigen.'·
Die Jalousien in meinem Experi
nsentirzimmer waren noch herabgelas
ie:1, so daß das Zimmer völlig im
ein«-hin l-» OMR »Und-» ti- Unter-no
an. Langsam trat das Todtenauge
auf den Wandschirsn, bis es tsar und
deutlich mit seinem harten, kalten, rn
heimlicben Ausdruck vor uns stand.
Der furchtbare Eindruck, den dieses
Auge auf den Zuschauer machte, spot
tet jeder Beschreibung. Das Aller
fchrecklichste an diesem entsetzlichen
Bilde war, laß oas Auge direkt auf
einen zuzuiommen schien. .
Selbst bon Rennebeck’s Lippen
brach ein Schrei. »Herr Doktor, ich
würde Jhnen das nie und nimmer ge
glaubt haben, wenn ich es nicht mit
eigenen Augen gesehen hätte. Ich
habe schon manchen schrecklichen An
blick gehabt, aber ich kann mich nicht
entsinnen, mich jemals vor irgend et
was gefürchtet zu haben. Aber in
diesem Zimmer mischte ich nicht zehn
Minuten allein bleiben — mit diesem
Bilde nicht um alles in der Welt.«
Ich stellte das Licht ab und Non
nebeck verabschiedete sich.
Jch kehrte in mein Zimmer zurück
und nahm die Platte aus der Laterne.
Und seit jenem Tage liegt sie nun
stets auf meinem Schreibtifch.
Professor Pritchett vom Technoslogi
schen Institut von Massachusetts pro
phezeit, daß am Schluß des 21. Jahr
hundert die Ver. Staaten iibervöltert
sein werden. Bis zum Jahre 1910
werde die Bevdlkcrung auf 94,673,000
oestiegen sein, bis zur Mitte des Jahr
himderts auf 199,740,000, im Jahre
2000 auf 885,860,000, bis zum
Jahre 2900 aber auf 40,852,278,
000, wo dann auf die Quadratmeile
11,000 Personen kommen würden.
Der Professor wird es nicht erleben,
wir auch nicht. Aber es wird wohl
dann auch noch heißen: Raum tiir
Alle hat die Erde.
Unter dem Titel »American Rike
Growers Distributing Companh« hat
sich ein Reistrust mit einem Actienea
pital von fünfzehn Millionen gebildet.
William K. Vanderbilt ist Präsident
desselben s
L. ----s--—-!
humoristischkä
Yakh.
Dandle nach Deinen Grundsasek
aber lasse damit nicht handelnl
Yaugekprärtn
Herr: »Franlein, ist anen any
schn; einmal der Pelz gewaschen wos
den « .
GaktvolL
Junge Frau: «Nun,« Mann
läßt iickkver Hahn esseni«·—"-E r: .B
jept hat er noch nichts gesagt !«
Xatales Ist-. , -
Kompon ist: »Wie gefiel Jhnes
meine neue Symphonie« Verr Profe
sok?« —- K r i t i ke r: »Groszartig-i
glaubte Beethoven zu hören.«
Yorlustliste aus einem Zu
kaufte-kriege
Gefallen sind in deni Gesechte vom
H. September: 1 Ofsizier, 8 Mann.
13 Reporter, 15 Photogiavhem
Gedeutfame Bitt-.
J n n g e F r a n (nach der Verrunfts
heirath): »Nicht wahr, Otto, Dn bist
nicht böse, wenn ich in der Zerstreutheii
manchmal ,liebek Paul’ zu Dir sage?«
Wieder-A
A.: »Haben Sie es schon gehört, der
Assessor, dieser eingefleischte Jung
geselle, bat sich in den Alpen verlobt?«
—Junggeselle: »Als-) wieder ein
Opfer der Berge l«
Mein gübrtjcw
J E «-«:ZI
Jn seiner hölzernen Cauipag’
Mein Bübchen sitzt alleine-.
Das hat er selbst vor mir voraus,
Denn ich—ich habe keinet
such ein Mohitljäten
»Du, Karl, ein Bettler steht draußen
vor der Thüre !——Soll ich ihm etwas
geben«t«——,,Gib ihm doch die Bade-s
iarten, die uns übrig geblieben sindl
Heuer ist«-»- ohnehin schon viel zu talt
zum Baden l"
Die kleine Diplmnatkin
Häuschen: ,,Mi·)chtest Du mil
nicht wag von Deine-r Chotolade geben?«
—L i e S che n: »Gem——aber da machst
Du Tit wieder Deinen neuen Kittel
schmutzig, dann haut Tich Papa uns
das thäte mir doch zu leid !«
gln der Inatomih
Student lzu einem Her,rn, der im
Sezirsnal photographische Ausnahmen
mocht): »Sie sind wohl lzicr im Auf
trage einer medizinischen Zeitschrift?«
—.Der r: »Oh nein, ich photographiri
nur zu meinem Vergnügen l«
Hm Eifer.
Bein e r b e r (der die Hand der Tvchi
ter zugesagt bekommen hat): »Als-) wir
sind einig, da will ich nicht länger
stören!«—V ater der Bra ntt
»Aber, lieber Herr,« wollen Sie sicl
denn nicht wenigstens meine Tochter
einmal ansehen?«
Ewig zerstreut
Fräulein Jda: ,,Na,HerrProi
sessori Gestern Abend sprachen Cinma
nnd ich so viel von Ihnen-haben
Ihnen nicht die Ohren geilungen«t«-q
P r o s e s s o r : »Nein-ich war gestern
Abend gar nicht zu Hause l«
Gemiithlich.
Ein Tourist wird von Strvlchety
die im Chausseegraben liegen und Kaki
ten spielen, angehalten und ausgebliins «
deri. Nachdem die Räuber ihre Beute
getheilt, beginnen sie ihr Spiel von
Neuem, Während der Ausgepliinderte
ihnen melancholisch eine Weile zusieht.
»Schade, daß Sie tein Geld mehr
haben,« bemerkt einer der Strolche, als
sich der Beraubte entfernen will, »sonsi
hätten Sie mitspielen können t«
Verbiiimh
.-W'- ins-«- mel
z-«·«- HA- » Er
»Aber, Ftiye, warum ißt’ Du denn
Dein Fleisch IIi(h?«-—,.Ja, Meestetin,
dct is noch zu l)ceß!«——.,Nu, warum
bläfi Du es denn nicht?«——,,Ja. ich
fürchte nor, da fliegt’S weg !«
Gerechte Gntrü sinng.
Wirth (in der Sustentenkneipe
zum Fremden, der sich un den Stamm
tisch gefeyt l;at): »Sie, wie tötmen Sie
sich unterstehen, unter den Ikich zu
winken-da wollen sich doch nachhe
Leizte hinlegen !«
»L« « —..»