sHer zensirrern ..«-. .- --..-...— — Roman vonOrmcnos Sanoor. ».-... » (Fortsetzung.) Ueber Gottfrieds Geburtstagsplänen schien ein ungünstiger Stern zu walten, denn gerade an dem Tage kam aus dem zwei Stunden Bahnfahrt entfernten Städtchen R. der Onkel Senator sFriedlieb mit seinen beiden Söh nen auf Besuch. Die zwei jungen Leute wollten in ihres Vetters Gottfried Be gleitung sämmtliche Sehenswiirdigleiten und Biergärten der Stadt in Augen schein nehmen und besuchen. Von der Einsilbigteit und der Verstimmtheit ihres Gastfreundes nahmen sie keine No tiz, und obschon ihm der Boden unter den Füßen brannte, mußte er sich doch wohl oder übel den ganzen Taa über von Denkmal zu Denkmal und von einer Kneipe zur anderen schleppen lassen. Gegen neun Uhr Abends endlich fuhr Onkel Senats-r mit seinen Söhnen wie der ab Vom Bahnhof rannte Gottfried im Sturmichritt in die Rosengasse. Die Hausthür- bei Langermanns war nur angelehnt, und im Flur duftete es nach Las-endet und Rosen, denn die Küchen und Hofthiir stand weit offen, und der duftfchmiile Odem des Sommerabends wehte durch das Haus. Gottfried sah in’s Wohnzimmerz aber Niemand ließ sich blicken, noch hö ren; zögernd schritt er durch die Küche in den Garten. Es war schon so finster in dem düste durchwogten Biütbenwintel, gespenstisch leuchteten die weißen Lilien und einzelne Rosen ans den tiefen Schatten, die Das Gärtchen bedeckten; nur längs der von Jelöngerjelieber umkletterten Mauer zog sich ein silberner Mondlichtstreifen hin. Gottfried stand einen Augenblick rasch athmend still. Der väterliche Garten drüben lag ganz im Mondschein; bläu lich dunkel hoben die Baumkronen sich aus dem Licht heraus, und scharfumrif sen zeichnete derispitgiebelige Oberbau des großen alten Hauses mit seinen Er lern, Balkons und Thürmchen sich aus der Mondscheindiimmerung ab. »Ange lila!« rief er leise; ihm war seltsam be klommen um’s Herz. Jn der Laube regte sich etwas; ein helles Kleid wurde sichtbar. Mit ein paar Schritten war Gott fried zur Stelle. »Sind Sie allein, An gelika?« fragte er mit Herztlopfein Sie bejabte; der Vater hätte noch ei nen Geschäftsgang zu machen gehabt. »Wenn Sie wüßten, wieviel ich den ganzen Tag an Sie gedacht babe!" fuhr Gottfried mit verstärktem Herzklopfen fort. »Wie gern wäre ich hergekommen; ich ging die ganze Zeit wie auf Navelnl Aber, nicht wahr, ich komme nicht zu spät, um anen noch meine Glückwiin sche für das neue Lebensjahr zu sa en —« g Angelika stieß einen leisen Laut der Ueberraschung aus« »Woher wissen Sie denn. daß ich heute Geburtstag habe?« rief sie. »Ihr Vater erwähnte mir gegenüber das Datum Ihrer Geburt einmal ge fpröchsweife,« erwiderte er; »Da habe ich mir den Tag fein gemerkt. O, An gelikat Wenn ich anen nur sagen könnte, was ich Ihnen Alles wünschet Und ein ganz kleines Angebinde habe ich Ihnen ssch mitgebracht — Sie müssen es ase mer tragen, bis —- bis —" Ye- stockte, schiilje das Ringelchen aus III T.lc. UND U« M»Kl! c UliI flkclflc cis lcjk iiIer ren Ringsinger Der linken Hand »Bl: er —— aser s-— III bät ten Sie siirx Iltun Iijrfen!« frammelte Angelika; »was mir: Vater Dazu sagen!« Und sie lxuschte aus Dem Laubenduntel an die Mauer, um im Glanz des Monoiichtk ihre Hinz) zu Mächtigen »Wie schöns« sagte sie leise; »e; tiegt wie eine große Tbcäne auf Dem Gol d!« »Wie eine Freudenthräne, Anaelita!« entgegnete er; »Ihr-e Augen sollen nie durch andere Thränen verdunkelt wer den. Was in meiner Macht siebt, es zu verhindern, soll immerdar geschehen« »Sie find so gut, Herr Hanssen — Sie stockte. »Warum nennen Sie mich immer noch fo fteif: »Herr Hanfsen’?« fragte U; »ich sage auch Angelika; wollen Sie nicht einmal versuchen, mich Gottfried zu nennens« Sie standen dicht nebeneinander irn Schatten des Birnbaums und der Ro fenftriiucherz die Mondftraße floß an beiden vorüber, ohne sie zu streifen. Zu beiden Seiten drängten die weißenL i lien sich wie silbergetpandige Nachtgeii ster an das jugendliche Menfchenpaar heran, und die Luft starrte von flißen Düften. Gottfried hatte das Madchens Hand, an der fein Ring funkelte, in die sei nige genommen, und von den weichen Fingern fchien ein geheimnisvolles Flu diurn auszugehen; alles Blut ftrömte ihm plrlsltch zum hetzen und feine Pulse flogen wie irn Fieber-. »Siiße, einzige Angelika!« fliifterte er, »haft Du gar keinen anderen Namen für mich, als die häßliche, förmliche Anrede?« Sie hol- dai Köpfchen zu ihm empor; in der traumhaften Dammerung der Sommer-nacht sah das weiße, liebliche Gesicht noch zarter, elfenhafter aus ais wie am Tage »Gottfried!« sagte fie mit seltsam weisser Betonung. litt hielt et die ste. W Gestal umschlungen nnd einersetunde Dauer Messe-es- """· « j Eben war Eusebius Langermann zu rückgekehrt. Von der Küche aus rief er Angelika zu, hinein zu kommen, es werde tiihl. Eilig folgten Beide dem Rufe. »Siehe da, Herr Hanfsenl Noch so spät ?" sagte Langermann erstaunt, nicht , ohne einige Unruhe im Ton und Blick. »Ich wollte Angelika nur noch rasch gratukiren; am Tage kam ich nicht dazu, Y wir hatten Besuch,« verfehte Gottfried « verlegen. . 3 »Und sieh nur, was Herr Hanssen - mir mitgebracht hai!« Angelika zün I dete mit behenden Händen die funkelnd i blantgeputzte Messinglampe an; »ich i war ganz bestürzt; darf ich es denn auch ; wohl annehmen?« Jhre Stimme tlang ; fragend und flehend zugleich, wahrend sie dem Vater die Hand mit dem Ringe ! hinhielt. l Des Alten Augen ruhten einen Mo 1 ment auf dem Schmuckstück. »Geh ! mit der Lampe in die Stube, Kind, « I sagte er; »wir kommen gleich nachl« ! Und während Angelika mit der Lam i pe verschwand, legte Langermann die Hand auf Gottfried Theodor s Schul Eier »Keinem anderen würde ich es ; gestatten, meine Tochter mit derleiTand kzu beschenken, « sprach er tiefernst. »Ich ; wurde ihn im Gegentheilerfuchen, mein Haus fortan zu meiden und mein Kind in Ruhe zu lassen. Sie, mein junger Freund-, mag ich nicht mit der Bitte, j Jhre gutgemeinte Gabe zurückzugeh « men, verletzen; ich kenne Jhre reineGe sinnung; ich weiß auch, daß Sie die Gastfreundfchaft des einfachen alten »Mannes, dem sein Kind seine ganze l Welt ist, zu ehren und zu würdigen wis sen. Damit genug! Jch danke Ih Hsss III-s Eis- ysucmsoskDthZO msä st »so-·- sso Isa Ringelchen wird Angelika ein liebes Andenken sein und bleiben. Und nun kommen Sie! Wir wollen gewohnter Weise noch ein Weilchen plaudern!« Sommer und Herbst vergingen. Ob gleich Gottfried nach wie vor täglich in dem Langermann schen Hause ein und aus ging, gelang es ihm vorläufig nicht mehr, Angelika allein zu sprechen und » eine Wiederholung jenes seligen Aus . genblickei im Nosenwintel herbeizufüh- I ten. ; Eusebius Langermann iiderwachte sorgsiiltig den Verkehr der Beiden; we- ; der im hause noch auf den gelegentli- » chen Spaziergängen, die sie zu Dreien machten, liesz er sie auch nur eine Minu- - te allein. ’ Auch Angelika erschien seit jener Abendstunde scheuer, schüchterner, be fangener als früher gegen ihren jungen Haus-freund; sie wich ihm sichtlich aus und Gottfried mußte sich mit der Erin nerung an das süße Intermezzo jener seligen Stunde sich von jetzt an begnü- ’ gen. Die Erinnerung aber bewahrte er wie einen Schatz, an dem sich in stil Z len Stunden seinePhantasie berauscht-. J Jm folgenden Winter nahmen den ; Gymnasiasten die Vorbereitungen für das Abiturienten- Examen viel in An l spruch, und er mußte deshalb seine Be suche in der Rosengasse etwas be i schränken. s Das Resultat der Prüfung, die um E die Osterzeit stattfand, entsprach Gott Ifried’-Z Fleiß; mit einem glänzenden I Abgangszeugniß in der Tasche verließ i er das Gymnasiumz wenige Wochen später sollte er nach der Universität i übersiedelm l Ostern fiel in jenem Jahre spät in den April; der Frühling hatte sich be ; reits mit einer Reihe warmer Tage ein geführt, so daß die Vegetation viel wei « s ----- scAviHsn du«-· ais Ins-II o m fu« » -»·H-«---.---» ----- -.- l--.-- -.--- -. T s se Jahreszeit Die Hanssen’sche Familie nebst einer T Anzahl von Gästen waren zur Feier von Gottfried’5 Eranien im Veranda zimmer versammeln Die Tbiiren zum Garten standen weit offen unt-lie ßen die laue Nachtlust hereinströmen Die Gesellschaft saß nm den großen runden Sophatisch; aus mächtigen gru nen Römern wurde Maiboivle getrun ken. Karen ging hin und wieder mit einer Platte Sahnewafseln und Pfann tuchen, die sie den Gästen prasentirtr. · Es war sehr heiß im Zimmer, trotz der offenen Thür. Gottfried verspürte von den Aufre gungen des Tages etwas Kopfschmerz. Da außerdem Niemand sich sonderlich um ihn bekümmerte, verließ er auf Au genblicke die Gesellschaft und trat in’s Freie, in den von abendlichem Dunkel umhüllten Garten. Die Luft war woltig, belegt, dieBos letts und Strauchpartien standen wie stumpfschwarze Dickichte in den Ecken, und ebenso finster und geheimnißvoll öffneten sich rechts und links die düste ren Koulissen der Taxujhecken Nur die zarten Blüthenschleier der Bäume winkten hell und freundlich von ihrer lustigen hohe hernieder. Gottfried schritt ein paar Mal längs der Mauer, hinter der Langermann’s Gärtchen lag. Eine eigene, ahnungs volle Unruhe und Ungeduld gährte in ihm; plötzlich faßte er sich ein Herz. «Angelita!« rief er hakblaut, und der Athem stockte ihm vor Entzücken, als jenseits der Mauer ihre weiche, melodi sche Stimme antwortete: »Hier bin ich! Was ist's?« · »Ich möchte Dir etwas sagen, Ange lital« fuhr er fort; »bist Du allein?« zDer Vater ist brinnen,« gab sie zu rück, und nach kurzem Zögern: «Wart, ich komme!« Er hörte, wie sie auf die Bank sprang nnd dann Zweig um weig zu ihrem Lieblin solche in der irnbaumkrone M M. iWatschrsnmwmmw J I in das lnorrige Gezweig des Pfirsichs spaltet-i; in demselben Moment, da Angelika oben anlangte, saß er in ihrer unmittelbaren Nähe auf der Mauer. »Ich habe mein Examen bestanden!« waren Gottfried’s erste Worte an sie. Sie nicktr. »Da gratulire ich,« sag te sie, »aber eigentlich war das doch selbstverständlich; dennoch freue ich mich, daß Sie es überstanden haben.« ! Du mir böse, Angelika?« . »Sie —- Sie?« wiederholte er; abist »Das schickt sich doch nichts- stqpp s melte sie dann verlegen Gottfried lachte; eine übermiithige2 - Stimmung überlam ihn. Du dum- 2 L mes Kind!« schalt er sie. »Da bist doch : meine Geliebte, meine BrantS-—Schau, . i — nächste Woche schon ziehe ich auf dies E Universität. Jch will mich fleißig pla- » » gen Und sputen, und sobald ich meinen .Doltor habe, heirathen wir! - Oder« willst Du mich nicht? —— hast Du mich gar nicht ein wenig lieb?« Sie schwieg wieder eine Weile, bevor L ? sie beinahe hart sprach: »Das sind alles , , Jllusionen! —- Sie können mich gar« f nicht heirathen! — Ihre Eltern würden sehr stolz sein!« »Du bist ein thörichtes, kleines Mäd- « chen, Angelilai« unterbrach er sie; « »meine Mutter ist gar nicht stolz, nur streng und rechtschafer ist sie, und wer sollte Dich sehen und nicht lieben? Und außerdem wirst Du von mir geheirathet und nicht von meinen Eltern, und wenn sich uns Jemand entgegenstellen wollte, wäre ich Mann genug, mir meinen Schatz zu eriämpfen, ja, zu erringen, wenn es sein müßte!« es nicht zugeben! —- Jhre Mutter soll I i i s »Ist das wirklich wahr-« Es klang wie verhaltener Jubel durch ihre Stimme. »So wahr, wie ich lebe!« Sie kutschte einen Zweig in feine Nähe, nnd wie damals in jener unver ßlichen Sommernachtsftunde zog er ihr Köpfchen an sich und küßte ste. Durch einen schmalen Waltenspalt lugte ein Mondsirahl und zitterte auf dem weichen Haar, dessen duftige Wel ten Gottfrird’s Wange berührten, u d während er mit dern einen Arrn Ange i ta umschlang, zog er mit der freien Hand spielend eine Nabel nach der an deren aus dem am Hintertnopf befe stigten Knoten, so daß das lange sil berblonde Paar wie eine gtiinzende Fluth ihren schmöchtiaen Obertöer überrriefettr. »Jetzt bist Du dieFrüb lingsfee!« sagte er strahlend. »Ich werde Dich ewig lieben!« sagte Angelika feierlich, »aber jetzt gib mich frei! —- Wenn uns —« Sie stockte, denn unten auf den Kiegwegen des jenseiti gen Gartens wurden Schritte und das Rauschen eines- seidenen Frauengewan des hörbar »Gottfried!« rief eine tlare, ruhige Stimme; es war die Mithin. Gottfried hatte in der Bestiirzung über diese Störung Angelika unvermit telt losgelassen. . Lautlos glitt ihre graziöse, feder ; leichte Gestalt zurück in das dichte Ge wirr der blühenden Zweige. ; Mit einem Sprung war Gottfried ; unten neben der Mutter. »Sie trinten ’ drinnen auf Dene Gesundheit,« sagte die Mithin; »tomm mit! —- Es wird tiibl, und wir wollen die Thüre schlie ßen!« Weitere Bemerkungen machte Isie nicht; aber im Stillen dachte fie: ! ,,,Gut daß er bald forttarnrnt; die Ge i schichte muß ein Ende nehmen!« s Gottfried sehn-einend in nehkiicktps : net Tiliuiter iie abschiedglog und flucht arrig verlassen hatte? Er konnte den « Gedanken nicht loswerden nnd schloß in der ganzen Nacht tein Auge. ; gleich nach dem ersten Frühstück zuLan i er hereintrat; sie hatte eben das Wohn - I l Ffchlichten Baumwolltleidchens waren i l tweißem schöngeformien Arme sehen;L k sie anmuthig aus. Sie war auffallend Stimmung neben der Mutter deini Hause zu; er hatte das Gefühl, sich in E Ylnaelitckå Auan tnabenhaft benomJ men zu haben . Was mußte sie oonj ihm denten, das-, er auf den Anruf sei- s Am nächsten Morgen aina Gottfried germann5. Angelika stand auf dem Flur, alg zimmer gesäuhert; die Aermel ihres hochaufgeitreift und ließen die schnee selbst in dem einfachsten Zähnchen sah blaß, und ihre Augen trugen die Spu ren vergofsener Thriinen Mit einem sonderbar fremden, beinahe feindseli gen Blick blitzten sie Gottfried an. .Guten Morgen, Angelika!« sagte er beklommen. »Herrgott, Angelika! — Du bist doch nicht krant?« »Und wenn ich es wäre? —- Was kümmert das Stei« stieß sie zornig aus; »ich will mit Jhnen nichts mehr zu schaffen haben!« »Aber, Angelika! — wegen estern Abend?« fragte Gottfried verzweifelnd. »War ej denn so schlimm? —- Es ist wahr, ich habe mich unmönnlich be nommen und bereue es, aber — Du lieber himmel! —- ich war so be stürz; —« « ie ein Feigling sind Sie ausge rissen, als Ihre Mutter tam«« unter brach Angelika ihn zornig, »und ich hasse, ich verachte alles Feiget« Sie wandte sich kurz von ihm ab und ver schwand in der Küche, deren Thiir hin ter ihr zuschlug. Gottfried stand einen Augenblick wie versteinertz jeder Blutstropfen schien aus seinem Gesicht gewichen. Nach kurzem Anklopsen trat er in die Stube, in der Eufebiuö Langermaun vor sei nem Waisen Itisch saß und den mat ten Gruß des intretenden mit gewohn ter Hrenndli keit erwiderte. ·Wd eit- icch cui im we I — .—--—.x—... » .- — - irn Lehnstuhl und rang nach Athem. »Herr Langerrnann,« sagte er endlich keuchend, »ich muß Jhnen Alles geste hen! Die Angelika und ich — es ist zwischen uns etwas vo:gesallen, —- sie ist sher böse aus mich, —-—- ich will Ihnen Alles erzählen!« Der Alte legte die winzige Zange aus der Hand, mit der er eben an einem Taschenuhrwerrt herumhantirte; ein sonderbare, halb toehrniithiges, halb befriedigtes Lächeln glitt über seine Züge. .So ist’ö recht!" sagte er. «Os senheit vor allem! Das hatte ich schon von Ihnen erwartet, junger Freund! Aber ein Sanges und Breites ist nicht nöthig; Angelika hat mir bereits alles gesagt. Jch habe es halb und halb lxrs ankommen sehe-", suhr er nach einer kurzen Pause fort, »Und ej war un recht von mir, die Geschichte gewisser maßen zu billige-, indem ich Sie täg lich hirherkommen ließ und, anstatt Sie zurückzuhalten Sie eher beranzog nnd Sie zu Jhren Besuchen bei uns ani mirte. Aber way will das sagen? Jn jedem Menschen steckt ein gut Theil Selbstsucht Der Verkehr mit Jhnen that mir so wohl; ich habe Sie so lieb gewonnen, als wären Sie mein eige nes Kind. Es hatte etwas so unendlich Reizvolles fiir mich, Ihnen zuzuhören, mich an dem Quell Ihrer unverdorbe nen Jugend zu erfkischen und in Ih rem von tiefer Jnnerlichkeit und dabei gediegenen Gesinnungen zeugenden Denten das Spiegelbild meiner eigenen geistigen Vergangenheit mit ihren gol denen Träumen und Jllusionen zu er blicken. Jhre Besuche waren Lichtblicke meines armen Lebens, das keinen anhe ten Inhalt mehr hat« als die Liebe zu meinem Kinde und das bischen Philo sophiren. Und um meiner selbstsüchti gen Freude an Jhrer Gegenwart willen vergaß ich, dasz der tägliche Umgang zweier junger Menschenkinder verschie denen Geschlechts unter hundert Fällen neunzigrnal zu demselben Resultat führt« vergaß ich meine höchsten, heilig flen Pflichten, denen ich alles andere, alle eigenen Wünsche hätte opfern müs sen!« .O, nein, Herr Langermannl Stel len Sie es nicht in diesem Lichte hin!". sagte Gottfried flehend. »Ich meine es so ehrlich mit Angelital Ich liebe sie über Alles! — Sobald ich mit meinem Studium fertig bin, heirathen-wir uns — natürlich mit Jheer Einwilligung, und ich hoffe, Sie werden mich für würdig halten« Jhr Kleinod zu behü lenl Wenn ich nur jetzt Angelika wieder versöhnt hätte! Jch will ja Alles thun, —— ich will heute noch meinen Eltern Alles offenbaren! — O, ich bin nicht so feige, wie sie dentt!« Eulebius machte eine abwehrende Handbeweguna. .Angelila’s Zorn ist lindisch,« sagte er. »und beweist mich zu meiner Erleichterung, wie kindisch un reif noch ihre Ansichten und ihr We sen sind· Gott sei gedanlt dafür; sa wird iie es leichter überwinden!« »Sie wollen mir Angelila nicht ge ben?« flatterte Gottfried; »trauen Sie mir zu, ich tönnte ehrlos, wortdrüchig werden?« Der alte Uhr-machen schüttelte den Kopf. »Nein, nein, an der Lauterleit Ihrer Absichten und Jhres Charakters zweifele ich nie, mein junger Freund. Aber nicht nur um Angelila’s, sondern edensoviel vielleicht mehr noch um Ih retwegen muß es- zwischen Euch Beiden t: -k- l«....—« — II-A-..(. ..-I ,U I.-5IU’- Islnlltlcsi- Cclkskbsltusbss OIL mich nicht; ich weiß es besser, — ich spreche ans Erfahrungs« Er fnbr sich init der Hand über die Augen und sprach nacii einer kleinen Weile weiter: »Ich selbst habe mich einst so jung gebunden. Es that nicht gut! Das soll nicht etwa heißen, daß ich etwas bereue. O nein! Das hieße meiner geliebten Helene ini Grade Un recht thun. Wir waren im Gegentbeil glücklich, aber der Druck der beschränk ten Verhältnisse lastete oft schwer auf uns, und ich habe trotz inneren Prote steg nicht die Sehnsucht nach einem bef seren Loose bannen tönnen. Sie zie hen jetzt hinaus in die Welt; da brau chen Sie einen leichten Sinn, tlare Au gen und ein freies Herz. Sie werden dort Anderes feben und hören als hier, ander-« nflüsse werden auf Sie ein wirterfu d, ob Sie wollen oder nicht« es wird eine Zeit tonnnen, in der Sie das unsichtbare Band, das Sie hier fes felt, unangenehm empfinden, in der es Jhre freie Bewegung hemmen, in der Sie den lebhaften, wenn auch unausge sprochenen Wunsch hegen werden, diese Fessel abstreien zu tdrineni " Reden Sie mir nicht drein, —- ich weiß es, und Sie brauchen sich dessen nicht zu schämen, denn es wäre unna türlich, wenn es anders käme. Jch weiß auch, daß Sie mit aller Kraft Jhres ehrlichen Willens gegen solche Regun gen antiintpfen würden, und daß Sie nach Beendigung Jbres Studiums un ter allen Umständen vor meine Tochter bintreten und Jbr gegebenes Wort ein löfen würden. Aber ob Sie dann auch noch im Stande wären, Angelika das zu bieten, was sie verlangen kann, was allein sie zu beglücken vermag, das scheint rnir denn doch unwahrscheinlich und jedenfalls nicht eniigend verbürgt, als daß ich daraus in Ja und Amen zu den in jugendlicher Unbesonnenheit angetniipften Beziehungen sagen könn te. Sie müssen frei bleiben, Sie müs sen Jbrer geliebten Wissenschaft ein ganzes herz, Jbre ungetheilte Neigung entgegenbrirägen Sie dürfen Jhre Jnter en cht zerstückelm zertheilen, wenn ie wirkliche Befriedigung und wabre Freude in und an dem Studium haben wollen« l i Und Angelika? Sie werden es mir nicht gedenken, wenn ich sie vor Enttäu fchnngen und herben Erfahrungen be ; wahren, wenn ich ihre Jugend unge trübt nnd underbittert erhalten möchte Nsch wird sich das alles fo leicht schlich Sten. Jn Ersten Jahren vergißt und ....--·—-« überwindet sich eine Enttiiufchung, ein kleines Leid über Nacht; fpiiter verblu tet sann daran, oder vergiftet fein Leben mit Selbstantlagen nnd Vorn-tiefen gegen sich felbit und gegen den anderen heil. Geben Sie inir die hands un get Freund, —- fo, —- nnd nun ver pre chen Sie mir, daß Sie mir folgen wer den, — unt Euer Beider willen, —- ich s habe Euch ja Beide fo lieb, Kinders« Des Alten Stimme sank zum Flüstern herab. Gottfried sollte etwas erwidern, ein wenden. aber et brachte kein Wort her- ; I ans; eg würgte ihm etwas itn Halse, was er vergebens hinnnterzukiinipfen T suchte. So drückte er nur trampfhaft J die dargereichte Hand des Greises. Jn f der nächsten Minute ftand er draußen ; . in der Rosenaasse nnd rannte mit unbe« « decktem Kopf, den hut in der Hand, halb bewußtlos vor innerem Schmerz gefübl, in den bellen Frühlingsmorgen « , hinein, durch Gassen undStraßen, über 3 » Wege und Waldpfade, nnd weiter nnd · weiter über die einsamen Fluren der ; Umgegend. Jn dem fchattigen Winkel ; j einer stillen Waldweiefe fernt et endlich L nieder nnd wühlte dss heiße Gesicht in « das weiche, noch thaufeuchte Gras. Und ; dort weinte er so leidenschaftlich fo Royalty-sinnst mi- nen- hisksnevnd Wir-In « » kann, wenn das Schicksal ihm die ist- " I füllung eines Lieblingswnnfches ber 1 weigert. Er fchluchzte das schneidende Weh feines Herzens laut in den Wal- : desfrieben hinaus, und es war itnn zu T Muthe, als habe fein Leben jedenWerli und allen Inhalt berloren,. als weiche mit Angelitcks Liebe und der Hoff nung, sie zu befihem alles helle, alles Glück, alles Hoffenjwerthe von ihm- — anf Nimmerwiederiehrl Gottfried Theodor fragte sich später oft mit beimlicher Befchiiinung.. wte es nur möglich gewesen fei, dassv sich des alten Eufebiuä Langermann’s Peos l phezeiung fo bald bestätigen konnte-, er I hatte sich treulos. charakterloä geschul ten gegen sich selber peoteftirt.. aber es hatte Alles nichts geholfen. Als nach etwa zwei Jahren feine Mutter ihretwe gelita Langerniann S Vermahlung mit dem Voltsfchullehrer häusling mitge- . theilt, hatte er wohl einen kleinen frbmerzhaften Stich, eine leise Regung von Eifersucht gegen den Glis-lieben empfunden, aber er hatte bald fein seeli fches Gleichgewicht wiedergefunden Viel mehr erfchittterte ihn die Nach- « richt von dem Tode feines alten Freun- ! des Eufebius die er etwa ein halbes « Jahr später erhielt. Er schielte einen i prächtigen Kranz fiirdie letzte Ruhe ftätte des alten Philosophen und rich- I tete einen längeren Beileidobrief anAn- I gelita. Crft reichlich ein Jahr nach des alten I - Langeeniann g Tode fah er bei einem i » Befuche in der Heimath Angelita wies · »der. Die Begegnung fand auf dem Wege statt, der ootn Friedhof in die Stadt führt. Gottfried hatte das Grab E feines greifen Freundes besucht. undf Angelika wollte eben dahin· Sie war ; noch in tiefer Trauer; ooe sich her fchob ; sie einen kleinen grünen Korbwagen mit aufgefchlagenetn Verdeck nnd grü l nen Vor-bangem Gottfried drückte nnd blieb stehen« I »Frau Häuslingsö sagte er, »wir haben j uns lange nicht gesehen.« , Sie legte ihre Hand in seine darge reichte. »Ja, es ist lange her," entgeg- — nete sie; »Sie haben Jhr Eramen ge- f macht und den Dotiortitel erhalten, wie j ich höre; dazu gratulire ich ———'« Sie j stockte mitten im Satz. I Gottfried betrachtete sie sinnend; ihr ( Gesicht schien ihm weißer, schmäler, : zarter als je. Die braunen Augen wa ren wie immer klar und lichterfiillt, aber es wollte ihm scheinen, als sei das ? Licht darin anders als früher, sanfter, ; müder, wie Septembersonne oder schei dender Abendstrahl. Aus seine Fragen erzählte sie von den letzten Tagen des Vaters. Er war gar nicht trank gewesen; eines Abends hatte er iiher ein wenig Kopfschmerz getlagt; am andern Morgen danach fanden sie ihn todt, augenscheinlich sanft entschlasen, in seinem Bette· »So still, wie er lebte, ist er auch hinüber-· gegangen!« schloß Angelita ihre Mit theilungen, und ihre Augen standen voll Thriinen. »Ein schöne-: Todt« sagte Gottfried ernst. »Und Sie, Angeliia,—wie geht es Jhneni« Sie schob den Vorhang des Wägel- . ns zurück und zeigte auf das rosige, ; lachelnde Kind in den weißen Kissen« »Ich hin glücklich!« sagte sie. j Mit kurzem Händedruck hatten sie sich dann getrennt. Gottfried schloß sich dann einer Ex pedition an, die u wissenschaftlichen Zwecken das s übliche Asien bereiste. Zu rückgekehrt, gab er ein botanischesWeri heraus, das in wissenschaftlichen Krei sen Aufsehen erregte und das ihm neben dem Professortitel den ehrenvollen DE an eine derangesehensten Universitä eintrug. s Beinahe zehn Jahre verbrachte er inv diesem Wiriungstreisez dann gab er den Bitten seiner Mutter nach und lehrte in seine heimath zurück, um hier fortan als Privatgelehrter zu leben. Der Vater war schon seit Jahren todt, die Mutter fühlte sich einsam in dem gro« sen cause, und er hing rnii so rühren- l x L s der Liebe an ihr, an feiner Geburtsstadt nnd an dem fcksönen alten Vaterlaus daß ihm Ver Entschluß leicht genug würd-. Angelika war ein lalbeä Jahr voräek gestorben; sie war fchwinvfüchtig gewe sen. Bald war il;r auch ihr Mann ge folgt, den ein wechser Fieber dahinge rafft hatte. Der Professor war anvermählt ge blieben und dachte nicht daran, sich zu binden; feine Mutter verfuchte ein paarmal Heiratljsgedatten in ihm zu erwecken, aber er wies alle diefe Verfa che zurück. Sein Studieren, die Natur, war feine einHLge Geliebte; er empfand tein Bedürfniß, ihr untreu zu wernem um fo weniger-, als nach dein Tode per Mutter die getreue Karen in vorzügltchs" fter Weise für sein häusliches Behagen sorgte. Hier angelangt, wandte der Getan tengang des Professors sich wieder der Gegenwart zu. Wie wunderlich, sachte er, daß es gerate Angelika Langers niann’s Tochter war, die iltm von Ka ren als- Wirthfchafterin vorgeschlagen worden war. Angelika-? Tochter — Eufebiuö Langermann’s Enteltind!· — Himmel, war das Alles denn wirtlich schon fo furchtbar lange her? —- Er griibelte noch eine Weile vor sich hin; dann blinzelte er zu dem Birnbaum hin über, der noch ebenso wie vor vierunok zwanzig Jahren feine dliithenbefetztä Krone über dir Mauer neigte. Wahr haftig, der Birnbaum grünte und i I-I-«1!-4- --«I-s MIs- k-«-h--l.-- Ihr-k- -- I« »das-u- sed-W· Un IUIIULtUuiH san I· lo lange gar keine Augen dasiir gehabt hatte! Und plötzlich tam eine turiose Ungeduld über ihn, das Psirsichspalier zu ertlettern und einen Blick, nur einen kurzen Blick in das tleine Eldorado sei ner Jugendliebe zu wersen. Natürlich blieb es bei dem Verlan gen. Mit derlei Knabenpossen war Gottfried Theodor sertig, aber sich die Friederike häusling ansehen wollte er doch, denn nachdem Karen Ursache ge sunden hatte, sie ihm so warm zu em pfehle-. steckten sicher ungewöhnlicheEi Herrschaften in dem Mädchen. Ganz erregt wurde er bei seinemBor habet-, denn abgesehen von der Haupt sacht. daß er in Angelita’s Tochter, wie er sich ausmalte, das Abbild der Tod ten selber in verjüngter Gestalt wie-« dersehen sollte. bot dieser Schritt ihm doch außerdem die Gelegenheit dar, das. alte Häuschen wieder betreten zu kön nen, in dem er den sonniaen Traum seiner Jugend« den einzigen Traum sei nes Lebens geträumt hatte. Li Kaum eine Viertelstunde, nachdem er seinen Entschluß gefaßt hatte, stand Professor hanssen vor dem tleinen Hause in der Rosengaise, das sich mit seinem schmucken Anstrich und den wei szen Gardinen hinter den niedrigen, spiegelhellen Fenstern noch ebenso vor theilhast von den Nachbarhausern un terschied wie vor den vielen Jahren zu Eusebiug Langertriann’s Zeiten. Auch die Hausthürglocte hatte jenen selben hellen, freundlichen Mang, der den Professor an seinen ersten, denlwiirdi gen Besuch bei Langermanrso erinner te. Im Hausslur dustete es aber nicht mehr wieehetnals nach Ladendel und - Lamms-; statt dessen quoll ein aus dringlicher Geruch von Seifenwasser und Sodalauge mt einer Wolke weißen Dampfe-J durch die angelehnte Kuchen-« thür. Der Professor entsann sich, daß die »Mu me Pauscher«, die jetzt das Zepter hier wang, eine Spitzen- und Gardi nenwäscherei betrieb. Staren hatte auch bei ihr waschen lassen und dadurch wahrscheinlich Friederite Häusling’3 Betanntschast gemacht. Jn der Küchenthiir erschien die kor pulente Gestalt der alten Pauscher. »Herrjese5, der Herr Professor!« ries sie knicksend. »Bitte treten Sie nähert Womit tann ich dienen?«« Sie riß die Thür weitaus und ließ den angesehenen Nachbar an sich vorbei in die Stube tre ten. us«t s-.- ...-:k--.t1.·»«l, 's« - · Jus Ucr. isukjszweurucu chlclc lllg der Reflex des Sonnenlichte5. und eine Straße glitzernder Stäubchen durch schnitt in fettriiger Länge das schmale Stäbchen. Der Professor schloß eine Setunde lang die Augen, dofz Licht blendete ihn, und dann — -- ein ganz eis genes Gefühl lebendigen Erinn iiberfluthete ibn. Das- ctiibchen . He jetzt anders eingerichtet als ehemals. An den Wänden ringsum ftanden nüch terne, neumodische Möbel mit verbli chenen Damastbeziigenx nur die beiden mächtigen Lehnftiihle an den Fenstern und die Kuckuetsuisr hatten den Wandel der Zeiten überstanden. Muhme Pauscher räusperte fich. «Sind doch wunderliche Menschen« die Gelehrten«. dachte sie. Da safz nämlich der here Professor im Lehnstuhl, den Schlapphut wischen den Knieen, und sprach tein ort und ließ den Kon hängen, als ob er nicht bis fünf zählen tönnte. « F Die gute Frau konnte freilich nicht ahnen, welche Verwandlung plilhlichs" uit ihrem vornehmen Gaste vorgegan- « gen war. Der da saß, war nicht der f Professor Hanssen, das war der sieb- « zehnjährige Primaner Gottfried Theo dor Hanfsem der mit tlopfendem her zen auf das Erscheinen feiner Sonnen fee wartete und zwischendurch den wei sen Reden seines greifen Freundes aniik I handwerlertifche lauschte. Gortfekung folgt.) .Dem Kratzler ist fein Stück also doch zur Ausführung angenommen worden I« skla —- der Kerl hat Enqgk g- -.