Wwwwsæwswwwnw « Jn’s Bodcnlofcs Erzählung von Y. von KAPE Essenthen WWMW v Erstez Kapitel. Das zierliche Segelboot kämpfte ge gen den heftigen Wind, der es immer und immer wieder aus dem Kurz brachte. Es trieb mit Macht gegen i flache Ufer, wo zwischen schlanten ln der Vorsthof lag. Man sah in dem ahrzeug einen jungen Mann mit äu erster Anstren gung beschäftigt, das Steuer zu füh ren, das Segel zu wenden. Sein daar flatterte, er hatte den Hut abge legt. Offenbar hatte er sich in den Kopf gesetzt, nicht an dem Horfthofe zu tandem und doch winkte man ihm gastfreundlich von dort. Da stand der Sohn des hauses, Ernst Hsrstmanm beobachtete mit Spannung das Ma növriren des Bootes und fchtoekte ein ladend den Hut. Nun gab der kühne Segler das Spiel auf. Nicht ohne Mühe landete er an den Pappeln. »Warum wollen Sie denn durchaus nicht hier anlegen, Herr von Zochen?« fragte Ernst Horstmann, seinen Nach bar: er war zugleich eine Art von vis-a-vis, denn seine Besitzung lag an der anderen Seite der weiten, seearti gen Buch-t. Ernst Horstmann war bedeutend iiinger als Herr von Zochen, der grö ßer, kräftiger, breiter in den Schul tern. gemessener und männlicher in der Haltung. Herr von Zochen schien eher klein« sehr beweglich, sehr elegant, mit schönen, dunklen Augen und gelocktem Haar. Er sprach sehr lebhaft, mit an genehmer, weicher Baritonftimme. . Die beiden jungen Männer hatten sich die Hände gereicht, doch ohne son derliche Herzlichleid Herr von Zochen war ganz ersuut oon seinem Sport. Er erklärte mit großer Lebendigkeit, warum er wegen des Verdammten Ostwindes nicht an feiner Villa landen konnte, und es hatte den Anschein, als zürne er dem Boote wie einem lebenden Wesen, daß es ihm nicht gehorcht hatte. Ernst Horstmann hörte nicht ohne ' Antheil zu. »Wie glücklich Sie sind, Herr von Zochen,« ries er jetzt, »Sie haben wei ter keine Sorge als Jhr Boot! Sehen Sie, ich muß mich um meinen Kohl kümmern, den fressen die Raupen an — aliicklich, glücklich sind Sie!« Nicht ohne Neid, nicht ohne Sehn sucht glitt sein Blick über das zierliche, hübsche Fahrzeug hin. , »Ist ja gar nicht Ihr Ernst, Herr Horstmann,« lachte Zochen bitter; »Sie wissen ganz genau, wie ich drin stecke!« «Gleichviel,« versetzte der andere be wegt. »Sie stehen dem Leben doch nur genießend gegenüber! Jch hin im mer mit Pflichten belastet, die sich end los wiederholen. J bin ein Philister —- Sie leben nach hrer Phantasie!" Er wies mit der Hand nach den Mauerzacken und dem Thürmchen ei nes gothischen Villenbaus, der drüben ans dem düstern Grün der Kiefern herausragtr. »Sie sind kein Philister, wenn Sie sich selbst als solcher bezeichnen," mein te Zeichen »und ich werde von den Ge bilden meiner Phantasie ziemlich rauh hinweggerissern Meine Gläubiger lassen mir keine Ruhe. Ich reise morgen, will sehen, mich in Wien einzurichten, tam über haupt nur, um den Pachtvertrag hier zu erneuern. Meine »Lady« nehme ich mit —- meinen Hühnerhund, Sie wissen —- rnein armes, schönes Boot freilich. das wird hier verfaulen.« Er betrachtete fast ärtlich das Schifschen, schien vergessen zu haben, dask es ihn vorhin geärgert hatte. Nun tiefer Jebhasp - s- - »Lv1"eu Die illa-, sJoqimunly lau fen Sie mir das Ding ab! Sie seh nen sich nach so was —- da wäre mein Boot in guten Händen.« Ernst lächelte wie zustimmend, meinte aber doch: »Sie vergessen, daß ich ja noch von meinen Eltern abhängi bin, nichije den Augenblick eine Po beträchtliche Luxusausgabe machen lannl« »Mein Gott, zahlen Sie, was Sie wollen!« rief Sachen, nun wieder die sem neuen Einfall ganz hingegeben. »Ich will ja kein Geschäft macheni« «Warum wollen« Sie das Boot nun so leicht weggehen? Denn Sie werden doch wieder kommen?« »Ich brauche Geld, lieber Freund — isi das so schwer zu erraihens Trotz dem würde ich das Boot nur jemand geben, der sich daran zu freuen ver steht Sie sind jung, kräftig und — mir sympathisch!« Es lag etwas Ueberleaenes in sei nem Tone, obgleich er das Geld des andern brauchte Jn wenigen Minuten waren sie ei nig· denn Ernst war Sachlenner ge nug. um zu sehen, daß er sehr voriheih haft kaufte. - Mtzn kommen Sie hetein,« lud ihr stechen ern. Sie beschritten den etwas vernach lässigten Landnngzste und das ele aante Fahrzeug. Zo n begann mit großem Eifer zu erklären, wie das » Boot zu behandelne Ein ; »Hier ist es nur nderspiel, selbst z bei scharfen Böer aber dort drüben, wenn man in die große habel kommt da ist eine böse Ecke — da kriegt man immer Konttewind und tippt sehr leicht — ehe man sich s versieht. Zu , dem ist das Wasser dort tief, sehr tief, bis ans Ufer —- da kommt man gleich ! ins Bodenlose — ich haW erfahren. JDort kenterte ich einmal und mein ; Diener, der Christian, siel ins Wasser nnd war am Ertrinlen Jch habe ihn ; selbst herausgezogen Aber es war ein ; Wunder, daß wir nicht hin — ins « Bodenlose!« Er lachte. Dabei Zis « nete er einen iiefgelegten, außen von « dem Kielwasser umspiilten Kasten und untersuchte den Inhalt »Da richtig —- da liegt noch eine Flasche —- Ril desbeimer ist s — mein Christian ver gißt so etwas nicht. Doch gut, daß ich ihm das Leben gerettet habe —- was? Und nun trinken wir eins, Herr Vorst mann! Es sind freilich nur Jllumi gumbecher da, aber wir sind eben zur ee . Ernst ließ sich willig hinreißen von der heiteren Liebenswürdigteit Zo chens. Der Wein war köstlich; das Boot schauielte leise aus der leicht ge kräuselten Wassersläche und das halb geresfte Segel flatterte wie ein gefan --n-- --- kw »»,, . Ernst fühlte etwas wie eine neue, unbekannte Lebensfreude, eine heiße Sehnsucht nach Lebensgeniissen, nach Glück, nach Liebe. Der schwere, ihm una:tvobnte Wein, den er hastig trank, mochte schuld daran sein. Und als hätte Zochen in seiner-Seele gelesen, wars er jesh still vor sich nie derbückend hin: »Ich habe manche schöne Stunde verleht in diesem Boot, ich sage es Ihnen im Vertrauen. Es hat ein schönes-« ein wunderschönes Mädchen getragen. . . . Folgen Sie meinem Beispiel -— leben Sie —- liehen Sie! Ich glaube, Sie haben es nöthigt« »Da mögen Sie recht haben, Herr von Zochen,« seufzte Ernst. Und nun erinnerte er sich mit einem kleinen Schrecken, daß seine Mutter ihn zum Abendessen erwartete. Er war ein sehr » auter Sohn und verabschiedete sich rasch. »Mein-It wird ohnehin entsetzt sein über meinenZegelsport,« entschul digte er sich lächelnd. » »Natürlich, das-:- Wasser hat keine ; Ballen,« scherzte Zochen. »Aber Sie j schwimmen ja vorzüglich, wie ich giaui ; be —- und die Sirenen, die Nixen, so ; wie die richtigen hexem die schwimmen l auchj alle!« F i se i . Er muß heirathen! Der Junge muß : mir eine Frau ins Haus bringen« Seufzend und stöhnend setzte sich die f alte Frau nieder. I Ja, die Wirthschasi wurde ihr zu viel. Da mußte eine junge Frau ins Hauz. Frau horstrnann war sünsundsechs zig« hatte im vorigen Winter eine schwere Jschias durchgemacht Ihr Mann hatte längst «Reißen« —- sie mußte ihn hegen und pflegen. Und wenn solche heiße Zeit kam, wie jetzt, das Einmachen der Früchte, der Gur ken· und des Sauerto B —- die Fut ternotb und damit S wierigteiten im Kuh- und Gesliigelstalle —- daneben auch noch eine neue Kuhmagd — da brach die alte Dame zusammen. Es wurde ihr schwer, zuzugestehen, daß sie nicht weiter konnte. Denn zeitlebens war sie sehr thätig gewesen« immer auf dein Posten. FahrauT jahrein, an eisiaen, stockfin eren Dezembermorgen, wie an dustig frischen Maitagen um fünf Uhr ausgestanden und in den Kuhstall. Ja, es litt sie nicht im Bette. Erst im vorigen Winter-, wäh rend der Jschias, hatte die Dore ange -:—f —-, fangen, die trante rau zu vertreten. Aber so tüchtige Madchen behält man nicht. Der Förfter hatte ihr die Date weggeheirathet. Und nun stand Frau Horstmann wieder um fünf Uhr auf, um im Kuhsiall nach dem Rechten zu sehen. Tagküber war sie müde und schläfrig. Erst heute beim Hebeln des Kohls hatte es sie übertommen —- sie war eingenickt. Und ihre Beine zitter ten, als sie noch in die Käsekamkner wollte. Sie kam nicht über die Kel lertreppe, mußte sich von der neuen hübschen, aber unzuverliissigen Magd in die Wohnstube führen lassen. Unr da faßte sie all ihren Kummer in dic Worte zusammen: »Der Junge muß heirathen!« Sie war heute sehr melancholisch Jhr Mann saß am Fenster, las di· .,Vossische« und tauchte. Er hatte sui längst zur Ruhe gefest. Der «Junge« machte jetzt alles, machte es großartig Dazu hatte man ihn auch nach Hohen heim geschickt. Der alte Horstmam war eine leichtkebige, gefügige Nxtur Er hatte sein Gut durch unausgesetzti Arbeit emporgebracht. Erst als Bier siger war er dazu gekommen, steh zu verheirathen, da seiner strengen, aber tüchtigen Mutter teine recht gewesen. So hatte er nach ihrem Tode seine Ju gendliebe geheirathet, ein blutarmes, sleißiges Mädchen, das damals stei lich schon über dreißig Jahre alt war. Dafür hatte sie sich dann aber auch ebenso gerackert, wie seine Mutter. Sie lebten in glücklicher Ehe, in vollkommener Eintracht, ihre Hofs nung setzten sie aus den einzigen Sohn Ernst, den sie sorgfältig und mit Liebe erzogen hatten. Er war auch fleißig und solid —- dagegen ließ sich gar nichts sagen —- nur heirathen mußte der Junge jetzt. Darüber sprachen nun die beiden Alten« Frau Horstmann nahm zur Stärkung einen selbst .angeseßten« Nußlilör. Er trant zur Gesellschaft auch ein Gläschen. Sie warteten aus Ernst, der heute länger blieb als sonst. Er war in den oberen Forst gegangen, den er nach ganz neuen Grundiaßen bewirthschaf tete· wollte auch nach der Fischzucht sehen. Und Papa ließ ihn schalten, sogar gerne! Mochte er doch. Das war die neue Generation. Sie betirthen jeßt miteinander-. Ja, woher nimmt man nur gleich eine Frau sür den Junarnl Ernst war hübsch, interessant, hatte etwas ge lernt, war alleiniger Erbe eines zwar nicht großartigen abxr schuldenfreien und trefflich bewirthschasteten Anwe srns. Man sollte meinen, er hätte ei gentlich freie Wahl. Aber der Junge war etwas »Vesonderes«. Schon ver schiedene, nette, gut situirte Müller-, Brauer-, ja, Rittergutsbesißertächter batte erzuriickgewiesem Und die zärt liche Mutter sagte sich: er will etwas Besonderes! Darin hatte er ja recht —- wie immer! Er war ja selbst so viel mehr als viele andere. »Mariechen« —- die war das Beson dere. Hiibsch, gebildet, sein. Und zum so und so vielten Male waren die Al ten darüber einig: Jhr Junge wurde, müsse Mariechen heirathen. Da trat Ernst ein. Er sah nicht wie der Sohn, sondern wie der Enkel dies-Z alt-n Nympr mtä Qtvti Ge nerationen schienen hier übersprungen Er war modern gekleidet, wenn auch ganz einfach. Aber Hut, Stiefel, Klei derschnitt, Cigarrenspitze zeigten, daß er mit der großen Welt in Berührung war. Dabei erschien er »ernst« wie sein Name. Nur ganz Gentleman. Dieser moderne, vornehm sich hal tende, junge Mann sah seltsam genug aus in der altsriintischen Stube mit der niederen Decke und den oorzeitli chen Möbeln. Er begrüßte die Eltern herzlich, aber zerstreut. Den Respekt weigerte er ihnen nicht, gewiß nicht, nur war seine Seele so anders. Er warf sich in den Großvaterstuhl am Fenster, den sein Vater eben verlassen. »Ich habe mich etwas verspätet,« sagte er, »ier mit Herrn von Zochen zusammen —- hab ihm sein Segeiboot adaeiaust." Die erschreckten Eltern fanden nicht gleich eine Antwort. Sie mußten ihre Eintoände erst sammeln. Einwande hatten sie immer-, wenn auch nur zärt liche. Und Mama begann: . »Aber Kind, Junge — du weißt, das-, ich mich ängstige wegen des Was serlsahrens . . . und nun gar mit Se ae n. . . .« - »Liebe Mutter, ich habe dir diesen Jrrthum schon so ost widerlegt. Das Segeln ist nicht gefährlicher als irgend etwas anderes, als Rudern und Schwimmen und Reiten. Verstehen muß man’s eben! Jch bin auch vor sichtig, bin mir der Verantwortung euch gegenüber durchaus bewußtl« Inzwischen tte sich derVater seine Feinung gebil et; und er fuhr zornig os »Warum kaufst du dem Lump, dem Rachen, etwas ab? Der weiß sich wie der einmal nicht zu helfen und da hängt er dir das alte Segelboot auf.« »Vater,« versetzte Ernst gelassen, »ich lasse mich nicht übervortheilen, bin auch vollkommen orientirt, habe in Stettin einen förmlichen Segelkurs genommen Auch in Berlin hatte ich wiederholt Gelegenheit, mich zu erpro ben — weißt du, Vater, draußen aus der «lrummen Laute« —- —-— da pfeift ez manchmal anz gehörig. Du kannst mir glauben, Pch bin ein ganz tüchtigee Sealer. kenne die Boote und ihre Preise und habe mir längst gewünscht, nicht immer auf die Bahn warten oder anspannen zu müssen, wenn ich einmal binaus will. . . So ein Segelboot· Vater· das braucht nichts weiter alt Wind,« scherzte er. »Ja, Wind,« knurrte der Alte; abei er wie seine Frau war schon halb bei . fis-es ------ »Mir Zochens Boot hätte es dort nicht gerade sein müssen,« meinte de1 Alte. »Du solltest doch wissen, wi der Zochen ost mit zweideutiget Da menaesellsthast hier herumgesegäjlt ist der ganzen Nachbarschaft zum erger Und just dies Boot tausst du, dies be rüchtigte Boot!« Jetzt vibtirte schon einige Ungedult in Etnstö Stimme: «Abet Papa, das sind vielleicht nu· Klatschetecen. Und wenn nicht, so sinl leichtsertige Grundsätze ja teine Bazil len, die an todten Gegenständen has ten, Und wenn selbst das, so bin id dieser Anstecknng nicht zugänglich — ganz nnd gar nicht! — Bitte, Mutte —- qiebt es nicht bald Abendbrot?«' »Ja, mein lieber Junge! Jch dent doch. die Mithe —- ach Gott, wenn man nicht selber hinter allem her istl Aber ich tann nicht mehr wie früher, und schon vom Stehen, ja, vom Sisen wer den mir die Beine steif. Wenn ich im Gange bin, spüre ich’s weniger.«.« Sie erhob sich und sah nach dem Tische, der itn Nebenzimmer gedeckt wurde. Es gab ein einfaches Essen. Statt geräucherte, fette, schwere Wurst eigener Erzeugung; diinnez Bier aus dem Brauhause des nahen Werder, schweren. fetten, eigen gemachten Käse » und schließlich den beruhmten, landes üblichen «Kiimmel". Die alten Leute. vertragen dies kaum verdauliche, seit je her gewohnte Essen. « Und während man zu Tisch ging, brummte der Alte weiter: »Mit dem Zochen solltest du lieber gar nicht umgehe-M .Das ist unmöglich, Vater, bei der Nachbarschaft Uebrigens ist Herr von Zochen nur da, um mit seinem Pächter von neuem abzuschließen. Jch glaube, er reist noch morgen fort.'· »Um wieder wo anders sein Geld anzubringen, nichts zu thun,« schmälte der Vater. Ernst zuate die Achseln. Die Mut ter aber ärgerte sich eben, daß man Kochbutter aus den Tisch brachte, weil die Tafelbutter ausgegangen wäre; und sie begann heftig zu schelten. Wie der endete sie mit dem Stoßseufzer: »Du mußt heirathen, Ernst, es geht so nicht weiter!« «Vorliiufig ist alles noch ganz gut so, wie du es machst, Mutter,« ant wortete Ernst geduldig. So wurde ja täglich über seinSchick sal gesprochen —- als reine Wirth schastsfrage — wegen der Butter, we gen Käse und Schmalz. Aber die Mut ter war heute hartnäckiger als sonst. »Du mußt Maricchen heirathen! Siehst du, die ist hübsch, sein, gebildet! Und für die Wirthschaft werde ich mir sie schon heranziehen. Das ist ein gu tes Kind und hat auch zu Hause schon etwas durcheemacht.« »Du meinst Mary Wirth, Mama?« »Ja, ja —- ich lann mir das nur nicht recht merken, das »Marie«.« »Jbut nichts, Mutter-, ich verstehe dich schon Aber das ist ein Stadt lind —- die wird nicht wollen« Und Ernst glaubte datnit das Ge spräch abgeschlossen zu haben. Son derbar. die Mutter war heute daraus bersessen nnd sie breitete sich darüber auf-. er rniisse Marie heirathen. Das stimmte alles· Daran glaubte er doch selbst nicht, daszJie sich ernstlich wei aern würde, aufs Land zu aehent Die zuletzt. Auch hätte sie etwas Vermö aen. Und dann die lange Geschäfts verbinduna der Väter! rr Wirth, ein Maurermeister und Bauunternebmen bezog seit Jahren seinen Kalt aus den Horstrnann’schen Brüchern oberhalb des Waldes. Er war schon mit seäner Tochter hierher zu Besuch gekommen, als Ernst tamn sechzehn Jahre alt war. Und später, während Ernst in Berlin die Real schule besuchte, ging er ein und aus im Wirtb’schen Hause, hatte auch mit Marn zusammen die Tanzstunde be sucht. Und damals war er ihr Tän zer nnd Cournracher. Dazwischen aber laa die Studienzeit in Hobenheim und Eberswaldr. Und heute war es nnr noch eine Vernunft- nnd Interessen beiratd, die man dem jungen Manne so angelegentlich .unterbreitete. Man tbat es freilich nicht zum ersten Male· »Ich werde mir’s überlegen.« Das hatte er schon ost esagt, urn die Alten los zu werden. Find sie wie derholten sichs erfreut: »Er übernng und einmal wird’s!« Sonntag mußte Ernst nach Berlin weaen der neuen Kaltlieserunep Viel leicht larn die Sache gar zum Klappen. Mit zuckender Lippe sagte Ernst zu, während er sich eine Ci arre einsteckte, eine feine Hat-aner. Die en Luxus ver aönnte er sich regelmäßi nach Tische. Die Eltern hatten freilich teine Ahnung von dem Preise seiner »Da-ach sonst wären die Vorwürfe trat aller Zärtlichleit nicht ausgeblieben. Denn was die braven alten Leute ungeachtet « ihrer guten Lebensstellung nicht be griffen, war das Anrecht aus Lebens genuss. Der einzige Genuß, den sie tannten, war zu sparen, noch ein siche res Papier zuL tausen. Aber eine O——-ss---t chulc UIHUIIK DUTI bat clll Ocskbssss, das war sür sie etwas Unsaßbares. Die Eltern Hatten sich zu Bett bege ben und Ernst ging noch mit dem Rest seiner duftigen Cigarte hinaus in die nahe Kiefernschonung, die das aus von dem havelarme trennte. « ach dentlich schritt er über den moosigen Grund. Ja, warum sträubte er sich eigent lich. Mary Wirth zu heirathen? Wa rum hielt er die Sache immer hin? Doch nicht etwa in der Hoffnung, daß ihm ein anderer zuvorkotnmen möchte? Mary war wirlli ein hübsches, ge bildetes, angenehme Mädchen, das sich wahrscheinlich ganz gut in die landwitthfchaftlichen Haus siichten, II die Schrullen der alten eute sügen und ihm dabei eine passende Frau ab geben würde. Außerdem war er sast sicher, das-, er ihr eitel. Er hatte ihr schon vor fast ze n Jahren gefallen· nnd später-, alk- sie zu erblühen anfing, konnte sie das bei aller Züchtigteit nie ganz verbergen. Warum also nichti Ach. was sich in ihm sträubte, war der Gedanke, sein Schicksal abgeschlos sen zu sehen —- für ins-meet Solch ein im vornherein bestimmtes Schicksal wie das feine! Von tlein auf wußt W « er. daß der horsthos sein Beruf, seine Zukunft, sein Ge chick sein würde. Die alten Eltern, die sich nur seinetwe en quälten. dachten natürlich nichts an e rei. Sie fanden auch keine ausgespro chene Neigung. kein besonderes Talent in ihm, das widerstrebte. Er war Landwirth geworden, beneidet von manchem, der sich seinen Beruf erst er tiimpsen mußte. Aber ihm barg die Zukunft nichts Neues mehr. Der große Vorhang hob sich nicht mehr siir s ihn. Auch seine Verheirathung war ; seit Jahren vorausbestimmt Und in ihm. der begünstigt war, in » eigener Schalle zu wurzeln, in ihm lebte eine dunkle Sehnsucht nach der Ferne« der Durst nach etwas Neuem, Unbekanntemt Aber immer wieder diese drei Pap velns denen er jetzt zuschritt, die das haveluser bezeichneten? Ewig nur diese drei Pappeln — immer und im mer wieder! Ja dem bleichen Glanz der Mond sichel schaukelte sich hier das Boot. Und erst jetzt sah Ernst nach dem Namen, der vorn unter dem Bua in leuchtend weißer Farbe stand: »Marie« —- das war wohl der Name jenes schönen Mädchens-? Und der Gedanke schoß ihm durch den Kopf, daß Herr von Zochen wohl auch die ih m bestimmte Mary kennen mochte. Denn die Wirthz waren sehr häufig hier gewesen« auch während sei ner. Ernsts, Studienzeii. Damals z verlebte Herr von Zochen noch jeden ; Sommer auf seinem Gute. Und wenn s Ernst nicht sehr irrte. so hatte Herr s Wirth sür den Baron die barorke Van J dort drüben gebaut. . . Aber wie . närrisch! Mary war nicht weniger als eine verführerische Schönheit und sicher war sie niemals mit Herrn von Zochen hinausgesegelt. Es gab ja auch unzählige Frauen und Mädchen, die Marie hießen! Frau Wirth hatte auch so geheißen, ebenso eine Nichte von ihr, die irgendwo Musik studirte. Wenn er sich recht besann, auch ein sehr schönes Mädchen. Unv auch in Hohenhcim und Berlin hatte er schon diese oder jene schöne Marie lennen gelernt. . . Königin Marie, die Vierte, dick-sites Tannen-« fing eine feine-le qStrophe von Heine an. Herr von Zochen mochte wohl ein ähnliches Lied anstimmen können. ZweiteZKapiteL »Es muss ein Ende nehmen,« sagte sich Ernst, und er fuhr wirklich am nächsten Sonntag zu Wirths, um »ab zurechnen«. Bei dieser Geiegenbeit wollte er sich mit Mary einmal inniger aussprechen und sich ihr erklären — oder mit ihr brechen, soweit das bei der engen Geschäftsverbindung mit ihrem Vater uliissig war. , Sie war i m immer als ein lie benswürdige-'s und begehrenswerthes Mädchen erschienen, aber ihre Seelen ivaren sich nicht näher gerückt. Man war über gewähniiches Gepiauder bei den üblichen Besuchen ans prattischem Anlaß nicht hinaus-gekommen Viel leicht aber steckte in dem stillen, anmu thiaen Wesen Marns doch etwas, das ihn begliicten konnte, den Traum sei ner Seele erfiillen —- denn eine echte Seelenliebe träumte er! Andernfalls wollte er abschließen mit diesem hei rathsptojeit, das ihm täglich dieSuppe dersalzte. Mit einem der Mittagäziige langte er in Berlin an und begab sich zu Fuße nach dem Siidwesten, wo an den zahl losen Viadulten der Potsdamer und Anhaltischen Bahn Herr Wirth in ei nem eigenen Hause wohnte. Er wohn te immer so, denn seine häuser wa ren seine handels egenstiindr. Aber die Fami ieWirth war vor drei Tagen ausgezogen, wieder nach einein eigenen hause. Ernst wanderte weiter, nach dem sernenWesten, wo die neuen, halb ausgebauten Straßenziige sich immer weiter hinausreckten, der untergehenden Sonne nach. Das war so eine kahle, kaum gepflastert: Straße mit halbleeren Neubauten und einigen spärlichen Laden — der unvermeidli chen Destille, dem armseligen Grün iram —- dazwischen abgezäunte Bau dlätze und wüstes Feld. Ganz am Ende, oder, wenn man will, am An fang, standen drei Neubauten, von de nen zwei noch knapp unter Dach, der dritte eben ferti? geworden schien. Hier wohnten jeßtW rihsz außer ihnen nur ein Mitchhändlet, der einen der elegan ten Läden inne hatte und im dritten Stock des Unterhaner ein Schaffmr der Straßenbahn. Das ist fo eine Art Pionieriebenö, wie es die Entwick luna der Weltstadt mit sich brachte· here Wirth hauste in einer »Herr schaftswohnnng«, fünf immer, mit »allem Komfort der euzeit«, mit Gas· und Wasserieitung und mit zwei »aroßen Balkons, von enen der eine auf die öde Straße, der andere auf das wüste Feld blickte, das sich schein bar endlos gegen den Grunewatd zu dehnte. · Mai-d tam ihm entgegen, ganz häuslich gekleidet, ein weißes Schürz ehen um, heiter nnd freundlich. wie im mer. Sie hatte ein hübsches, feines Gesichtehern mit graublauenAugen uni sei-lichtem aber reichem blonden Haar Eine Erscheinung, die man leicht Uebr iieht nnd die doch fesselt, wenn du iick einmai ans ihr ruht. »O. Sie Armer!'3 rief sie. »Sie ha ben uns wieder einmal suchen müssen Papa bat versäumt, Ihnen unsere ver änderte Adresse anznaebcm Aber id has-r ihn darein erinnert —- ich ver« sichere Sie. . . Nun segeln Sie X . und wenn Sie ausgeruht ben, - « , ich Jhnen wieder einmal unsere neue — Wohnung zeigen.« K Jhm wurde wohl ums heez bei 's ihrer heiteren Natürlichteit. Jn, et sagte sich, ihm sei immek wohi bei ith gewesen. « . · Was wollte er eigentlich? Vielleicht f war er ein Thor, daß er dies liebens- F würdiae Mädchen verschmähte, dem ’ die Freude über fein Kommen aus den Augen leuchtete. here Wirth piatzie dazwischen, etn kräftiger Fünfziger, der nichts ins - Sinne hatte, ais seine Bauten. Er spetuiirte leidenschaftlich, hatte imnier schon ein neues Grundstück im Au e, wenn aus dem alten eben die Grnn « mauern aus dem Baden wuchsen. Ernst hatte seine Geschäfte mit tzm rn .-— » II’ -"ws- sw- » P- —’ '«"’— rasch erledigt, Dann zeigte man t F · die fahlen Balions, die srisch taple «— ten Zimmer. Welch ein Kontrast mit « feiner stabilen Existenz war dieser ’ fortwährende Wechsel, dies Schweben zwischen Ruin und Neichthum. »Und es sieht auch nur wie Abwechs- l luna aus,« sagte Mart-. »Unsere Herr schastswohnungen smd alle glei . Da diauszen bei Jhnen ist viel, die mehr Abwechslung, denn da keimt, grünt, blüht, reist und weitt es.« Herr Wirth lächeite: »Das ist bei mir geradeso der Fall." Schon vorhin bei der Ahrechnung hatte er merken lassen, daß es ihm jetzt gut ging. Gewiss» Ernst hätte zugut fen sollen! THE-richt, is nicht zu thun. Was suchte er in einer unbestimmten Zukunft, in einer Region der Ideale. die ihm selbst nicht einmal klar? Mary erzählte, wie sie binnen drei . Taan alles eingerichtet habe, denn sie war daraus geübt. Die Tante, die das mutterlose Mädchen »beschiiyte", reiste zu den Umziigen immer fort. Papa aber war so sehr beschäftigt, er sah-ab und zu nur einmal nach den s Möbeltutschern. Und von neuern wiederyolte Maro: »Ach, wie glücklich sind Sie, Herr sorstmann, dort draußen im Grünen! Wie schön muß solch ein Leben seini« Mary führte ein düsteres Dasein, obgleich in Berlin und aus wohlhaben dem Hause. Sie hatte noch drei jün gere Geschwister-, nicht mehr jung ge nug, um ihr nicht schon allerlei Ver druß und Plage zu bereiten, und doch auch nicht reif siir ihren Umgang. Der Vater war immer unterwegs. er war eigentlich nur Gast in seiner häuslich teit. Blieb noch die indisferente Tan te. Alles zusammengenommen, Last nnd Mitbe, Veteinsamung, isolirtes Hausen in entlegenen, noch nach Miit tel dustenden Baulichleiten. Wie dank bar würde sie sein file ein ruhiges heim, siir die neuen Lebensreise, die I ihr das Land erschloß! Und Ernst sagte sich: »Noch heute will ich mich erklären ; Sie ist ein liebes lljlzidchenP Dn erklang ani- einern anstoßenden ; Zimmer eine hell-, iochlgeschulte So ! vranstimrne: --— »Im denr Garten. durch die Lüfte, Odr· ich Warrderoögel ziehen. . .'· Aus voller Luft schmetterte eine Frauentehle Las jubelnde Frühlings lied von Schumann »So wohnt doch noch jemand hie: im hause?« fragte Ernst. »Nein, oder ja — es i t meine Cou sine, die singt —- es ist aria." »Wer ist Marias« »Sie entsinnen sich nicht? Ach, rich tia, mir fällt ein, als wir alle oor zwei Jahren draußen auf dem Hpksthpk Es waren. da befanden Sie sich, wenn ich nicht irre, auf einer Ferienreise. Da mals war Maria mit.« Ernst besann sich jetzt, dasz man in seinem Elternbause bisweilen von die ser Maria gesprochen hatte —- abfällig sogar, obne daß er wußte, warum. Er batte nicht danach gefragt. Seine Mutter hatte immer «Mariechen« be aliickwiinscht, daß sie diese unpassende Gesellschaft los geworden. Jauchzen möcht ich. möchte weinenl Jst- nur doch, als tollste nicht scint" Ernst lauschte. Selbst musilalisch· entzückte ihn dieser Gesang. Er ap plaudirte trästia zum Schluß. hastig wurde die Thiir ausgerissen und lachend erschien ein großes, schlantez, blendend schönes Mädchen »Ach, ich dachte, der Ontel applaus dirt aar,« rief sie; dann nahm sie ein wenig hoch-nöthig die Vorstellung ent Aktien. —— H «Achja, Harstmann,« wiederholte sie, und ein schelmischer Blick ieas Marn. »Aber nun Rassen liebe Marn!« Und Maria sei-te sich mii etwas freier Bewegungd an den Tisg und sah zu, wie Marn en Kaiser se viele. »Das sieht ihr gut, nicht wahr? Jclz finde, sie isi das gebotene Haus-Mitter ebens· Wie eine leise Anspielung schien es ausdas erhossie Verlöbnis;. Er st versäebie sich. Er lam siåd lächee ch vor mit dieser, von der F« milie so breitspurig geplanten Verlo buna. Mgn sprach jetzt von Maria. die sich siir die Oper aufs-bildete. Sie war zwei Jahre in Dresden acwesen, hatte durchaus nicht in Berlin sindiren wol len. Und ier Onkel und Vormund sie war näm» II Irrwaisl »s- baste il)r nachsehen müssen. »Mit Nr ist nicht-I an-:«i·n»7-Sn.'« " meinte Herr Wirilz lächelnd »di: Herrs; man anglo-bin lassen.« CForisetzung seith