per verriietite Horn It. Dumoreske von Freiherrn s v o n S ch l ich t. I Der Herr Major Osterberg gehörte . äu jenen wenigen glücklichen Menschen, i ie mit sich und ihrem Geschick vollstän dig zufrieden sind und die da nicht um himmel beten, daß es besser wird, Pon- i dern die da nur mit dem ganzen , Schmelz ihrer Stimme singen: »Ach, z wenn es doch immer so blie—be.« i Der Eine singt’s im Tenor, der An dere im Bariton —- die Stimmen sind , verschieden wie die Charaktere und die : Geschmäcker —- der Eine singt’s hoch, ! der Andere singt's tief. I Der Major sang es tief, denn er ver- s fügt-e über einen ganz gewaltigen zwei- i ten Baß. Die Einen sagten, der Ma- IT ior hätte eine tiefe Stimme vom vielen l Essen, die Anderen behaupteten: vom vielen Trinken. Daß der Major viel asi, konnte iein z Mensch leugnen, selbst der Herr Major l selbst nicht. Er behauptete, es seiner - Gesundheit schuldig zu sein. i Er trank schnittweise. Und zu je- s dem Schnitt gehörte ein Bomerlunder, I ein Lümmel ——- das hatte er sich ange-·z wöhnt, seitdem er aus dem warmen i Süden nach dem rauhen Norden ver- s setzt worden wur. Er war einer der nördlichsten Bataillonstommandeure und er begriff nicht, warum man ihn nicht mit seinem Bataillon absandte, um Andrcie zu suchen. Er kannte den schönen Vers: ,,Arbeit und Thätigteit, ist was das Herz erfreut«, aber er fand die Worte blödsinnig, nach feiner Mei nung war nur der glücklich, der noch weniger als gar nichts zu thun hatte Er selbst that absolut gar nichts. Bisse Zungen behaupteten, ertvisse Licht tunlich Wo sclllc stusccllc sci- But war nun entschieden lrasfe Verläum dung, aber allzu oft ließ er sich in dem Kasernernent allerdings auch nicht se hen. Es ging auch so ——- wozu hatte er denn einen tüchtigen Adjutanten und einen noch tüchtigeren Bataillonsschrei ber? Der Major that gar nichts, er fühlte sich sicher in seiner kleinen Garnison, in der er ein selbstständiges Bataillon führte. Die Garnison, in der die bei den anderen Bataillone seines Regi inents mit einem hoben Regimentsstab lagen, war weit entfernt und Gott sei Dank war die Eisenbahnverbindung derartig miserabel, daß kein Vorgesetz ter kam, wenn er nicht unbedingt kom men mußte. Die Vorgesetzten kamen auch nicht, denn unbegreiflicher Weise befand sich das Bataillon trotz seines Komman deurs in tadelloser Verfassung Da ran waren die Herren Hauptleute Schuld, die mehr als glücklich waren, einen Vorgesetzten zu haben, der sich um gar nichts tümmerte. Vergaßen es die Kerls aber einmal, wie gut sie es hatten und bummelten sie beim Cxerzieren, dann sagten die Hauptleutu »Jungs, seid nicht faul. Wenn Jhr bei der Besichtigung nichts leistet, bekommt Jhr einen anderen Major —- der ist nicht so gut, das kann ich Euch heute schon sagen. Zwar weiß ich nicht, wer der Nachfolger wird, aber das weiß ich, einen so gu ten Major, wie Jhr ihn jetzt habt, be kommt Jhr nie wieder. Merlt Euch daö!« II-L L!- O-..I- —--lL-- -2 R-! -.-L uIIU Ulk QLUDL lllbkslbll k- flu- Ill» warfen bei dem Exerzieren die krum men Knochen so hoch in die Lust, daß die Sonne sich schnell hinter einer Wol ke verbarg, weil sie fürchtete, daß ihr ein Kommißstiesel an die Nase fliegen werde —- jener FiommißstiefeL dessen Sohle, wie das Gesetz es befiehlt, sechs und dreißig Eisennägel zieren. Während die Leute auf dein Eur zierplatz ihre Knochen lahm und steif marschirten, lag der Herr Major zu Hause auf seiner Chaiselongue, rauchte und lag. Mit Vorliebe las er Zola und Casa nova, aber auch die Bücher Lonbroscks wies er nicht zurück, wenn sie in einem Postpaclet aus der Leibiblioihel der Residenz die Schwelle seines —- pardon — jungfräulichen Hauses überschritten. Er las alles-, nur nicht die drei Bücher, die nur siir den Soldaten geschrieben sind: das Exerzierreglement, die Feld "dienfiordnung und die Schießvor schrist. hatte er enug gelesen und geraucht, so zog er sig die Decke über die Ohren und schlies, bis sein Bursche ihm das Mittagessen brachte. Er aß stets bei sich zu aus. Nach eendetern Dinet hielt der herr Major seinen «Verdauungsschlum mer«, defsen Quanti- und Qualität sich nach dem während der Mahlzeit genos senen Rothwein richtete. Mit dem Glockenschlag 6 ging es zu dem Nachmittagsschoppem der is um 8 Uhr dauerte und mit dem Glocken schlage 8 nahm der Abendschoppen sei nen Anfang. Mit dem Glockenschlag 11 erhob sich der herr Major — das war manchmal mit einigen Schwierigkeiten verbunden, denn von dem lang-n Sitzen wird man leicht steis. Ging es garnicht, dann halfen freundliche Hände. Zuweilen ge leitete sein Adjutant ihn auch nach Haus - - bis zur Haustlkiir ließ der hohe Herr sich dies auch immer ruhig gefallen, aber scdaio der Schiiissel im Schlüsselloch steckte, wurde er grob. »Sa;en Sie, bitte,« fuhr er dann seinen Begleiter an, »wer sind Sie ei gentlich2 Was wollen Sie denn hier? Wie lommen Sie dazu, mit mir zu ge hen, ohne daß ich Sie dazu aufgefordert habe? Was deuten Sie sich eigentlich dabei?« Der Adiutant kümmerte sich nicht im Geringsten um bas, was sein Herr sagte. Er schob ihn in das Haus hinein und ließ ten Burschen siir das Weitere sor gen. Der hatte vie Pflicht, seinen Herrn zu Bett zu bringen uno raraus zu ach ten, daß die Nachtruhe in leinsrr Weise gestört wurde. Zuweilen tam es vor. daß Nachts dienstliche Telegramme ein liefen, die den Vermert trugen ,,eilt«, aber die trotz alledem von einer geradezu · welterschiitternden Gleichgiltigteit wa ren. Jn rer ersten Zeit, als der Herr Ma "jvr sein Bataillon führte, war auch er auf das Wort »eilt« ost genug hineinge sallen, bis er sich eines Tages schwor: »Nie wieder« und darum hatte er seinem Burschen bei Androhung von sieben Ta gen strengem Arrest und sofortiger Ab lösung verboten, ihn jemals während oer Nacht aus irgend welchem Grunde zu wecken. « Wachte Ver Herr Major des Morgens aus, so tlingelte er nach dem Burschen und fragte: »Was giebt es Neues?« Die Antwort lautete stets: »Nichts, Herr Major, wenigstens weiß ich nichts." So vergingen Tage, Wochen, Mo -nate. »Was giebt es Neues?« fragte der Major da eines schön-en Morgens, als er nach langem, kräftigem und erqui ckendem Schlummer zu recht später Stunde erwachte. Aus die Antwort war er garnicht be gierig, die kannte er ja schon im voraus —- aber er irrte sich, dieses Mal gab es doch etwas Neues. »Der Hansm Herr Major, der Hor nist von der ersten Kompagnie ist heute Nacht plötzlich verrückt geworden, ganz plötzlich, gestern Abend war ich noch mit ihm zusammen und da war er noch ganz . vernünstig.« »Der Hansen ist verrückt geworden? Was fällt dem Lümmel denn ein? Was hat er denn gemacht?« fragte der Major. »Denten der Herr Major sich nur,« gab der Bursche zur Antwort, »der Hausen tJat sich heute Nacht auf die Straße gerade vor unser Haus gestellt und hat immer was geblasen und noch dazu etwas. was ich garnicht tannte.'« »Was-bat er denn- geblasen? Ein Lied?« »Nein, Herr Major, ein Lied war es nicht, es tlang beinahe wie ein Signal, es ging so —- na, wie war es doch noch — ja so richtig, so war es,« und voll ständig richtig sang der Bursche seinem Herrn die Melodie vor, die der Hornist geblasen hatte. Mit beiden Beinen gleichzeitig fuhr der Major aus dem Bett heraus: »Na-Etwas insamer — das war ja ein Signal, das war ja Alarm!« T Der Bursche stand wie vernichtet, - endlich sagte er: »Dann ist der Hausen i ja vielleicht garnicht verrückt?« »Du bist verrückt, « schrie ilkn sein Herr an, »warum hast Du Esel mich denn nicht geweckt?« - »Ich durfte doch nicht, " gab der Bur i s e zur Antwort. . Aber der Major achtete garnicht aus die Antwort. ,,Jn süns Minuten ist d les as Ps erv gesatteit, « befahl er, »marsch Galopp. das Weitere findet sich.« s Wenig später ritt der Major trotz des ! entsetzlichen Straßenpslasters im sausen I den Galopp zur Kaserne, um sich dort den wachtktabenden Unterofsizier zuz ,,taufen«. Wie tam der Mann dazu, ? ohne sein Wissen und ohne seine Er laubnis-, Alarm blasen zu lassen? Je » gend etwas mußte passirt sein . »Zum Donnerwetter, so antworten Sie roch, « fuhr er den llnteroffizier an, i »was bat s denn gegeoen-.’« x »Der Herr General ist heute Morgen ; um vier Uhr hier angekommen und hat i das Bataillon aiarmirt,« lautete die ; Antwort. »Der Herr General ist mit J dem Bataillvn zu einer Felddienstiibung i abgeriickt und noch nicht wieder zurück ; getommen." - Nicht nur der Major sondern auch ; dessen Pferd zitterte bei diesen Worten, « die Sache war genußreich, die konnte so bleiben; der General machte mit dem Bataillon eine Uebung, während der s Herr Major im Bette lag und schlief. H »Wohin ist die Truppe marschirt?« - wollte der Major den Untervffizier fra gen, aber er fragte ihn nicht denn in die ern Augenblick schlug der Klang der. großen romrnel an sein Ohr — mit . klingendem Spiel tam das Bataillon zu ? rück und an der Spise der Truppe ritt der herr General. i Der Major galoppikte ihm entgegen, i um sich zu entschuldigen, soweit dies i überhaupt möglich war; aber bevor er noch ein Wort sagen konnte, rief ihm der General schon von Weitem zu: »Schon i ausgestanden, herr Major? Das thut mir Jhtetwegen leid, denn jetzt brauche iich Sie nicht mehr. Reiten Sie nur ru ’ hig nach haus und legen Sie sich wieder schlafen. Gute Nacht « Da wandte der Herr Major sein Roß und ritt schweigend von dannen, er wußte: das Lied war aus Nun kam fiir ihn die lange Nacht als Cioilist, nun lonnte er ruhig schlafen bis an sein Le bensende. Nun machte lein Mensch mehr den Versuch, ihn zu werten —- nicht ein mal ein verriickt gewordener Hornist. —----.O. Unsinnige Redeweise. Lehrer (in einer Mädchenschule) : »Lauter, Fräulein Melante, was brum niren Sie schon wieder in den Bart hin e n!« i i ess Zer Finger Gotte-. Von Camille Lemonnier. Deutsch von Wilhelm Thal. 1 Die Landfchaft schläft im tiefen Schatten, in dem furchtbaren Schatten einer Dezembernacht, und nichts rührt sich im Hause des Bauern, weder sein - Weib, das ruhig schlafend im Bette liegt, noch in den Wiegen, in denen mit ruhi gem Athem die Kinder träumen, noch der in feiner Hütte fchlummernde Hund, noch i das Vieh, das in der dumpfen Stallluft - auf dem Boden liegt und fchnarcht. : Plötzlich aber ruft eine Stimme durch das tiefe Schweigen : ; »Bauer, steh’ auf und geh’ zur Stadt !« Gehorsam kleidet sich der Bauer an, und feine Hände machen die schwerfälli gen Bewegungen von Menfchen, die noch nicht ganz wach sind. Die Dunkelheit bildet eine feste Mauer um ihn her und trotzdem sieht er ; ein Licht strömt aus seinen Augen, dem weißlichen Scheine einer Fackel ähnlich. ,,Wo gehst Du hin ?« fragt fein Weil-. ,,Dorthin, wo man mich erwartet,« versetzte er. Verwundert richtet sie sich im Bette auf und fragt ihn, was ihn er warte. »Das weiß ich nicht,« entgegnet er und znctt die Achseln. « Nun schilt sie ihn zornig mit scharfen Worten. die zu andern Reiten wie Peit schenhiebe in seine Ohren fallen würden. »Der Hahn hat nur in Deinem Hirn gekräht. Mann, sicher hast Du Hexen gras gegessen. Lrg’ Dich nur wieder hin, bis es Tag wird.« »Nein,« erklärt er. Der Riegel wird zurückgeschoben, und ruhig, wie ein Mensch, der irgend eine nächtliche Arbeit beginnt, tritt er hinaus-. Langsam, mit dem Schritt der Nacht wandler, wandelt er durch das tiese Dun kel, das auf den Feldern lagert. Woran denkt er aus seiner düstern Wanderung ? An den Acker, den er um psliigen muß, sobald er heimgekehrt, an den Zins, der in siins Tagen fällig ist, an die unerbittlichen Forderungen des Besitzers ; er denkt an sein verhängniß volles, hartes und eintöniges Leben, an das er gestern gedacht, und an das er alle · Tage denken wird, dieGott ihm schenkte; er denkt an nichts anderes-. Ein eisiger Wind macht ihn schaudern, ist das schon der nahende Tag, der über die Felder saust oder ist es noch der strenge Hauch der Nacht ? Er weiß es nicht und geht seines Weges weiter. Jenseits der Steinmauer liegt die Stadt in dem schweren Schlafe, den we der das Heulen des Sturmes, noch das dumpfe Hallen des Schrittes stört. Ohne einen Augenblick zu zögern, be tritt der Mann das Labyrinth der Stra ßen, mit einer Sicherheit, als wandere er im hellen Scheine der Mittagssonne da hin. Und dabei hat ihm Niemand den Weg gezeigt, den er wandern soll ; doch nichts hält ihn zurück, zur bestimmten Stunde am bestimmten Orte zu sein. Von Straße zu Straße lommt er end lich aus einen ossenen Platz, dessen im Kreis gebaute Häuser aus sein Kommen zu warten schienen. Vorn anderen Ende kommt ein Unbekannter aus ihn zu und sragt : »Bauer, wie spat ist es e DerBauer hebt denKopf zumThurme empor, den man nur infolge eines noch tieferen Dunkels unter den anderen Häusern erkennt, die in der schwarzen Nacht wie ertrunlen daliegen. Und iiber der dahinziehenden Schattenmasse bricht aus dem schwarzen Zifferblatt eine Flamme los, die aus seine Augen stärker wirkt, als der Schein eines Bra:·.des. »Es ist vier Uhr,« antwortet er. Er glaubt, diesen nächtlichen Wande rer, dessen Augen und Stirn er nicht zu erkennen vermag, schon irgendwo gese hen zu haben; doch so verschleiert seine Augen auch sind, sie bleiben in den Fibern seines Hirnes unvergeßlich ein gegraben, besser und schärfer, als wenn die Sonne sie mit ihrem scharfen Lichte bestrahlt hätte. Kaum hat derFremde sich entfernt, so nimmt der Bauer seine Wanderung wie der auf und wandelt mit demselben schweren Schritt durch das Labyrinth der Stadt, die stumm und diister da liegt, wie eine Netropolis. Um die Zeit am Zifferblatt der Thurmuhr zu lesen, hat er zwei Meilen Wegs zurückgelegt, unsd jetzt lehrt er unter dem Blöken der erwachten Kühe nach hause zuriick Nichts weiter hat er gesehen als diesen Mann, der sich fiir die Ewigkeit in sein Gedächtniß eingegraben hat. 11. Ein Jahr vergeht, end die Stimme läßt sich im Schweigen der Nacht von Neuem vernehmen : »Sieh- aus und geh zur Stadt !« Wie das erste Mal erhebt sich der Bauer, r ·iterwiirfige Sklave einer ge bieterisrltkes «iflicht, auch diesmal. »Wo gehst Du hin ?« fragt ihn sein Weib mit schlastrunkenem Gähnen. ,,Dorthin, wo man mich erwartet«, erwidert er. Nun setzt zäe sich im Bette auf und fragt ihn, wer ihn erwartet, denn wie je des Weib quält auch sie ver Durst einiger Neugier. Er zuckt die Achseln und antwortet »Ich weiß nicht« ,,Alter Narr«, ruft sie zornig, »Dein hirn ist sicherlich die Beute eines bösen Fiebers, daß Du das heulen des Windes im Schornstein fiir das Krähen des Hahnes hälst Lege Dich wieder zu Bett und warte, bis es Tag wird. « Die Wiegen zittern unter den Stößen der weinenden Kinder und in seiner Hütte heult der Hund mit heiserem Bel len, während der Regen in Strömen auf das Dach peitscht, dessen Balken wie die Knochen eines Ringkämpfers krachen, der im Begriff ist« im Kampfe zu unterlie gen. Der Bauer stößt die Thüre seines Hauses auf und wandert in dem eisigen Regen, gegen den Sturm antämpfend dahin Die Schlossen peitschen sein-. Knochen, der Sturm schüttelt ihn wie einen schwachen Ast, und er denkt an seine klapprige Hütte, und an sein Weib, das in dieser Stunde, vom Reißen ge quält, im Bette stöhnt ; das würde ge nügen, um jeden andern zur Rückkehr zu bewegen. Trotzdem geht er mit festem, abgemessenem Schritte weiter, wie ein Mann, der genau weiß, daß er zur be stimmten Stunde ankommt. Die Bäume, die Zäune, die Hütten verschwinden nach und nach hinter ihm ; er durchschreitet das Stadtthor, und wie in jener andern Nacht bewegt er sich rn hig durch die dunkeln Straßen. Kein Licht slänzt in dieser dichten Finstern1ß, aber seine Füße tragen ihn sicherer-, als wenn ihm Jemand mit einer Fackel aus dem Wege vorangingr. Endlich erhebt sich Vor ihm ein großes Gebäude, einer riesenhafien, versteinerten Nacht ver gleichbar, und die Lampen, die hier und da die hohen Fenster beleuchten, lassen die dunkle Mauerwand noch schwärzer erscheinen. Gähnend öffnet sich ein Thdr vor dem Bauern, der den Rathschluß des Schicksals erfüllen soll. und langsam. wie unter einer unsichtbaren Hand, die ihn leitet, sich duckend, steidt er die Stu fen ein« crtmnittrenm emnnr auf der sechs Gendarmen, die Musketen in der Faust, ihre starren, oersteinerten Figuren zeigen. Stumm und ruhig geht der Land mann durch die Gruppe, ohne daß ihn Jemand aufhalt, und er befindet fiel; plötzlich in einem Saal, wo schwarz ge kleidete Richter unter den ausgebreiteten Armen eines großen Christus sitzen; Auf die hohen Arkaden der Wölbung fallen die schwankenden Reflexe der Laternen in zitterndem Licht aus die Menge, die Richter, den öffentlichen Antläger, und dort hinten in dem sinsteren Halbduntel in welchem schon jetzt — wie eine pro phetische Warnung —- das endlose Dun kel der Gefängnisse zu gähnen scheint — aus das blasse Gesicht des Mannes, den man verurtheilen will. » Das Schweigen des- Grabes senlt sick hernieder aus die unbeweolisbe Versamm ; lung ; doch plötzlich spricht der Präsi J dent und seine Worte tönen hohl unt J dumpf wie ein Stein, der in einen Ab l grund rollt : ; »Angellagter, Gott ist Auge, nur ein : Alibi kann Sie retten. Wo waren Sie ; zur Stunde, als dieses entsetzliche Ver s brechen begangen ward ?« Der Angeklagte erhebt sich von seine1 Bank und erwidert : »Ich war auf dem Marltplatze ; eir Bauer ging vorüber; ich fragte ihn wie spät es ist, er antwortete mir : «Vie1 Uhr P« »Wie ist sein Name ?« »Das weiß ich nicht !« ,,Wo wohnt er Z« »Das weiß ich nicht !« l »Angeklaa,ter, wären Sie im Stande diesen Mann wieder zu erkennen ?« I Jn den Qualen derTodeSangst wandte der Ungliickliche langsam den Kopf der » im Dunkel gehiillten Menge zu, die da irr Gerichtssaale versammelt war. Schor . war alles aus, und das Urtheil sollte ge fällt werden« als er mit der Verzweif ; lung des Schiffbrüchiaen der eine Ret: ; tungsplanke auf demWasser schwimmer steht, die beiden Hände augstreckte unt mit gellender Stimme schrie : »Da ist er !« Und wie Donner und Trompeten er tönte der Schrei des Unschuldigen durck den Saal, während der Mörder, den di s innere Stimme hergetrieben, wie von . Blitz zerschmettert zu Boden stürzte. «I.-——- — Groszmnmng Einfall. ———.— Von Victor Lenz. »Es wird beim besten Willen nicht gehen, lieber Hans —- sieh, ich bin schon ganz hint« Sie sah ihn so hilflos an bei dieser Worten und schien wirklich so ermüdet daß der Kommerzienrath allen Ernstes daras dachte, den Arzt kommen zu las sen. Davon wollte nun freilich die Mithin nichts wissen:was würden denn die Gäste denken? Nein, gar so schlimm sei es nicht — ein Stündchen Ruhe wiri ihr die nöthige Spannkraft wiederge ben, und dann wird sie am Ende dock noch an dem Festmahl theilnehmen kön nen. Eine Geburtstaggseier ohne Ge burtstagskind — wie trürde denn das aussehen? Gut also —- sie solle nur immer eir Weilchen ausspannen, da könne sie sicl auch noch irgend einen recht großer Wunsch ausdenken, den er ihr erfüller wolle. Er dachte dabei an eine präch tige chinesische Vase, die ihr jüngst ir der Leipziger Straße aiitznehmend gut gefallen. Er ließ sich von ihr einen Kuß aut die Wange drücken und küßte selbst daz seine weiße Patschhändchen, das sie ihn reichte. Und als sie dann langsam da vonrauschte in dem kostbaren schwarzer Seidenileid, blickte er ihr lange, lang nach, mit einem Ausdruck von Rührung und Mitleid, der seinen troh des hoher L -f Alters noch recht energischen Zügen et was Sympathisches verlieh. Sein liebes gutes Altcheni Es war ja auch kein Wunder, daß sie sich müde g fiihlte nach diesem strapaziösen Mor gen. Jst der Mensch erst achtzig Jahre alt, dann wird ihm selbst die Freude zur Last. Schon beim ersten Hahnen schrei hatte der Rummel begonnen: zu erst das Ständchen, das derSängerchor der Fabrikleute dem hochverehrten Ge burtstagstinde brachte, dann die Hun derte von Glückwunschschreiben, dieBlu menfpenden, Geschenke, Deputationen i und einzelnen Gratulanten — es war J ja alles sehr» schön, gewiß, aber auch s sehr anstrengend. Allein die nächste Verwandtschaft, Kinder und Schwie gerkinder, Enkel und Urentel, Neffen und Nichten, zählten gegen dreißig Köpfe — und jedes wollte die gute Großmama doch wenigstens zwei, drei Minuten lang für sich haben! Er fand es sogar recht erstaunlich, daß sie das alles noch so glatt überstanden hatte. Sie war ja eine wahre Riesin im Ver gleich mit ihm und welch ein Humor, was fiir lustige Einfälle! Lachen mußte er, wenn er nur daran dachte. Kaum zineki Jahre älter war er als sie, aber w n er sich so ansah, mit den gelähm ten Gliedern, fast immer im Kranken stuhl sitzend — war er nicht neben ihr ein richtiger Krüppel? Das heißt, sein Geist war immer noch frisch und stark. wie bei einem der Jüngsten. Mit seinen zweiundachtzig war und blieb er immer noch das maß gebende-Oberhaupt seiner weitverzweig . ten Familie und der eigentliche Chef der altrenommirten Firma Hellmann Fe Co.. Metallwaarenfabrit, derenLeitung er nur zu seiner geschäftlichenspEnk lastung an die beiden altenen Sohne abgegeben hatte. Er hätte denjenigen sehen mögen, der es gewagt haben wür de, in irgend einer wichtigen Angelegen heit sich ihm zu widersetzent Einfach zermalmt hätte er ihn in seinem Zorn. Nur zu gut kannte ihn die Räthin von dieser Seite. Und darum hatte sie nicht erst den Versuch gemacht, ihm von jener —- jener »Geschichte« zu fett-eben Sah er etwa nicht, dasz eigentlich nur die Erinnerung daran es war, was sie heute so bedrückte ? Aber er hatte es einmal geschworen, daß eine Unwiirdige seine Schwelle nicht mehr überschreiten durfte. Hart mußte er bleiben, hart um jeden Preis. Die arme Räthin mußte es überwinden... Franz !« Der alte Diener des Hauses, der zur Feier des Tages die blaue Galalivrese trug, erschien in der Thüröfsnung. Fahre mich in den Salon zurück — zu den Gästen !« It- ItI Its ,,Zu Bett wollen Sie mich bringen? Nicht doch — legen Sie mir nur ein Kis sen dort in jenen Sessel! Und wenn eine junge Dame mit einem Kinde kommt -—— sie heißt Frau Güssow und wird die Hintertreppe benutzen —- dann führen Sie sie sogleich zu mir, hier in dieses Zimmer I« — Die Kammerjungfer war noch nicht lange im Haufe — sie wußte nichts von jener »Geschichte«. Das ganze Haus-per sonal hatte der Rath damals vor drei Jahren entlassen — bis auf Franz, des sen er nicht entrathen konnte, der ihm aber dafür mit einem heiligen Eide Schweigen zuschwören mußte. Wenn sie es so bedachte, hatte ihr alter Hans sich in dieser Angelegenheit eigent lich etwas lächerlich benommen. Sie wußte ja nur zu gut, wie er sich selbst nach seinem »Fritzchen« sehnte. War es k--- ..:.1.4 t«;» ' ' « Guid-n- »Im-Ton dass uuui neu-» fu« -«.--...»».n 5-.-.,.», .,. verwaiste, kleine Ding, das nach dem frü hen Tode der Eltern im großviiterlichen Haufe als ein hübscher, munterer Wild sang ausgewachsen war? Er hatte ja die kleine Fritzt so gern, oiel lieber, als all die andern Enkel und Enkelinnen, die so wohlerzogen und korrekt waren. Aber der Popanz von Autorität hatte es ihm angethan und ließ ihn nicht abgehen von der einmal getroffenen Entscheidung »Nicht über die Schwelle darf sie mir kommen« — dabei blieb er nun einmal. Was hatte sie denn so Schlimmes ver brochen, die arme, kleine Fritzi ? Jn den hübschen Bildhauer Güssow hatte sie sich verguckt, der im Atelier der Firma ar beitete. Das war alles. Und als Groß papa Hellmann seine Einwilligung zu einerHeirath mit diesem,,Angestellten des Geschäfts« verweigerte, na —- da war sie eben in Gesellschaft ihres Erwählten auf und davon gegangen. hatte sich irgendwo im Ausland mit ihm trauen lassen und war nicht mehr zu ihnen zurückgekehrt Hübsch war das ja nicht und korrekt ganz gewiß nicht, — aber, du lieber Himmel, das menschliche Herz . . .. Und da, an Großmamas achtzigstem Geburtstag, war das erste Lebenszeichen von dem Flüchtling gekommen. Vor vierundzwanzig Stunden hatte der Post bote der Räthin einen Brief von Fritzi gebracht : ob es wohl gerathen sei, fragte sie, daß sie mit ihrem kleinen Töchterchen unter den Feiernden erscheine ? Sonst gehe es ihr gut, sie habe einen lieben und sleifzigen Mann, der noch einmal sehr be rühmt werden würde —- und mehr könne doch schließlich auch die Enkelin eine-J Kommerzienrathes nicht verlanaen ! Das waren Nachrichten, die die gute Großmama in nicht geringe Aufregung ver-setzten. Natürlich sollte ihr Fritz chen«.·' kommen, nichts Schöneres konnte sie sich zum Geburtstag wünschen. Wie aber sollte sie dem trotzköpsigen Alten die Sache beibringen, wie einen Erlat ver meiden ? Stundenlang sann sie und sann sie — da kam ihr endlich der erlösende s danie. »So wird's gehen«, sagte sie, still m sich« hinlächelnd. »So behält er feinen Willen —- und ich setz’ den meinigen durch. Freuen wird’s ihn nicht weniger als mich selbst. « Aus ein Uhr Mittags hatte sie »Es-riß chen« bestellt —- jeden Augenblick konnte sie eintreten Mit einem Baka würde sie kommen — »Fritzchen« mit einem Babht Jetzt. klopfte es nicht ? Richtig. I Die Räthin richtete sich in ihrem Ses sel auf und rief ,,Herein l« Die Kammerzose öffnete die Thiir L Eine schlanke, junge Dame, mit eineni kleinen, blonden Mädchen an der Hand,l trat ins Zimmer. »Großmama l« ,,’Fritzche che.n l« - Einen köstlich dustenden Rosenstrauß im Händchen stand die Kleine da und betrachtete mit verwunderten Augen die Gruppe der beiden Frauen, die sich unter lautem Schluchzen herzten und küßten. Und dann kam an Hansi selbst —- so hieß die Kleine nach dem Großpapa — die Reihe des- Gekiißtwerdens.... si- -s- « Eine Stunde wohl mochten sie in trau lichem Kosen und Plaudern verbracht haben — da schien es der Räthin, als ob ein unbeholfener, nur mit Mühe ge dämpfter Schritt sich der Thiir ihres Zimmers nahe. »Jetzt kommt der here Rath — nun rasch dort hinein, meine Liebe !« »Fritzchen« verschwand im Neben zimmer, während die kleine Hansi bei der Großmama blieb. Die öffnete jetzt die Thür, und herein trat, von Franz ge führt, der Kommerzienrath Der Die ner ließ ihn sacht in einen Sessel gleiten und entfernte sich. ..... -. -« « »Ma, yuosch ausgeruht k-- nagt Rath Hellmann jooial. ,,Danke, einigermaßen.« »Und was . . . . wer ist das da ?« Sein Blick ruhte fragend auf der Klei nen, die mit ihren hellen blauen Aeuglein schweigend zu ihm aufschaute. »Eine kleine Gratulantin ist’s — rath’ einmal, wem sie gehört!« Einen Augenblick starrte der Rath seine greife Gattin an —- dann stieg helle Zornesröthe in sein Gesicht. »Es ist ihr Kind! Sie ist zurück gekommen?« klang es stahlhart von sei nen Lippen. »Ja — sie ist . . . . hier.« »Was?« Sie hat es gewagt, meine Schwelle zu überschreiten?« »Sie hat sie nicht überschritten ——«· dort ist »Deine Schwelle«!« Sie wies lächelnd nach einem dicken, breiten Brett, das an das Kamin ge lehnt war. »Was . . .. was soll das? Willst Du Dich über mich lustig machen, meine Liebe?« , »Ich habe die Schwelle vom Tischler fortnehmen lassen —- loie konnte sie sie da überschreiten? So hast Du doch, Deinen Willen, Alterchen, und mir . . .« mir erfüllst Du einen großen Herzens wunsch —- den größten, kann ich wohl· sagen. So, Hans, und nun . . .. nun verstell Dich nicht weiter . . .. sag’ Ja und Amen ....« , Er hielt es nicht länger aus. Thrii nen —- heiße, befreiende Thränen ent quollen seinen alten Augen. Und wäh rend er sich vorbeugte und den herzigen kleinen Blondkops auf seinen Schoß emporzog, stürzte aus dem Nebenzim mer eine schlanke Frauengestalt aus ihn zu und sank an seinem Sessel in die Knie. »Verzeih, Großpapa« —- — Er hatte längst verziehen. -,—-.---.— ,.... ..-.—. Gelee Von rothen Tumu te n. Tadellose, gut durchgereifte, aber zugleich auch fleckenlose Tomaten werden einen Augenblick in kochendes Wasser getaucht, damit sich die zähe Haut leichter abziehen läßt. Nachdem dies geschehen, giebt man sie in einen Porzellandurchschlag, zerdrückt und zerrührt sie daselbst mit einer kleinen Holzkeule. An die durchgetriebene kernlose Masse giebt man etwas Vanil le und Zucker. Man läßt sie einige Mi nuten stehen, damit sie geleeartige Ve schassenheit annimmt, giebt sie dann sofort zu Tisch und reicht Schlagsahne dazu. Aprikosen -Kaltfchale. — Man schält etwa zwölf Stück schöne, weiche Apriiosen, von denen man vier Stück in mehrere Theile zerschneidet und nebst den abgeschälten, zerschnitie nen Kernen sowie den Schalen der Früchte und z Pfund Zucker eine Stunde lang tüchtig kochen läßt. Dann gießt man dies durch ein Sieb heiß aus die übrigen, in Hälften getheilten Früchte, läßt das Ganze erkalten nnd fügt noch einige Gläser Weißwcin hin zu. Entenbraten mit S a l at und Psirsichkompott. Enten« müssen zwei Tage Vorher geschlachtet werden, nur achte man darauf, daß sie gut ausbluten, hierauf werden sie ge rupft, gesengt, ausgenommen Und an einem lustigen Orte ausgehiingi. Sollen sie gebraten werden« so schneidet man Hals, Flügel und Fiisje ab, wiifsert sie kurze Zeit, reibt sie gut mit Salz ein und dressitt sie, füllt sie entioeder gar nicht oder mit einer Fülle von geriebenei Semmel, dem gehaclten Magen, Herzen, Lunge und Leber, Butter, zwei Eiern und Salz, oder mit Rastaniem Aepfeln und brät sie in der Pfanne mit Butter, wozu man heißes Wasser angießt, U bis 2 Stunden. -