Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, August 31, 1900, Sonntags-Blatt, Image 15

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    W
pie Its-er
Von F. M e I
.—-..
Pumpel, das heißt, Fritz Maier, mit
dem .ai«, hat Jhnen gesagt, Sie möch
ten sich von mir mein letztes Abenteuer
erzählen lassen? Pampel ist eine scha
densrohe Kreatur und —- Abenteuer er
lebte ich nicht. Ja, wenn Sie mich so
ansehen, Gnädigste alt-H wie Magi
eg ist durchaus nicht pitant, gänzlich
pointelos. ——— Sie meinen, das ,,drutn
und dran« sei gewisz amtisant, auch das
nicht einmal. Aber schön, nur bestellen
Sie nachher Pampel einen Gruß und er
möcht’ anen nächstens turzweligere Un
terhaltungen angeben. Sie wissen, dasz
besagter Freund, im Grund der Seele
ist er mein Feind und haßt mich glühend,
und ich diesen herbst das schöne Seebao
Ndrderneh unsicher gemacht. Wir schau
ten uns allerorten unter den Töchtern des
Landes oder vielmehr der Provinzen um,
die alljährlich in reichem Kranze die Ein
tönigteit der öden Sandfliiche unterbre
chen, um die schönste herauszusinden
Doch wie ost wir auch den Strand aus
und niederstiegen, mit welch’ rührender
Beharrlichteit wir auch in malerischer
Gruppe den Seesteg zierten, wie konse
quent wir auchjeden Mittag die »Gist
bude« besuchten oder wohlwollend den
Klängen der Sturme-sit lauschten —- die
Schönheit schien uns zu sliehen. Lauter
alltägige Gesichter, nichtssagende Phy
siognomien. Sie wersen mir lächelnd
ein, wir seien zu verwöhnt; schauen Sie,
bitte, mit eben diesem Lächeln dort in den
Spiegel und Sie werden das begreiflich
finden. Als wir am vierten Tag unse
res Ausenthaltes noch immer keinen Er
solg der Kur zu verzeichnen hatten, war
unsere Abreise beschlossene Sache. Wir
vertrösteten uns auf Ostende. wo wir
aus die Kosten zu kommen hofften. Je
doch Oftende ist theuer und Fritz Mater
und ich sind, leidet durch Verschen, nicht
in der Nothschild’schen Familie auf die
Welt gekommen. Wir stehen also am
Abend vor unserm Rückzug ein letztes
Mal an dem undanlbaren Strande und
chauen melancholisch in die trügerischcn
llen. Die sinkende Sonne, die einer
rothenRose glich, die amGiirtel der atla2
grünen See glänzt — lächeln Sie nicht
iiber die poetifche Staffage, sie gehört
dazu —- sendet uns einen mitsiihlenden
Scheidegruß. Da —- «Great events
rast there shadotvs before« —- sehc ich,
tvie Pampel ein elettrischer Schlag durch
zuckt. Sein Eroberungsglassfliegt uns
ter furchtbarer Anstrengung seinerseits
in’s Auge, sein Busen schwellt zusehen-de,
fo daß das bastseidene hemd und die lila
Schärpe recht vortheilhast zur Geltung
kommen und indem er den rechten Gelb
öeschuhten imposant oon sich streckt, mur
melt er ein begeistertes: »Einfach, ein
fach!« ein Ausdruck, der seine höchste
Bewunderun kund thut· Und diesmal
ist sein Ges mart, wie das leider sonst
häufiger vorkommt, nicht auf Abwege
Reathew Jin Gegentheii. Die schönste
ixe, allem Anschein nach soeben der
rosig-grünen Fluth entstiegen, steht var
uns. Das gefährliche goldene Nirw
haar um iebt das weiße Gesicht mit den
noch ge ährlicheren grünlich-blau schil
lernden abgrundtiefen Nixenaugen. Nur
ihr Kostiini ist wesentlich lomplizirter
als das der echten Nixen. Was mich
zunächst in’s rauhe Leben zurückverseyte
und an ihre Menschenabftarnmung glau
ben ließ, war eine lleine weiße Matte
senmiißr. die ihr ftatt des obligaten Was
serrosentranzeg auf den goldenen Locken
aß. Die Bekanntschaft des blendenden
eibes, wie Painpel sich ausdrückte, ma
chen und ein Konkurrenz - Hosschneiden
veranstalten, war das Wert weniger
Stunden. Stillschweigend wurden un
sere Koffer im »einfamen Fischerhau5«
wieder ausgeparlt, Oftende verblaßte,
eine ferne »Fata morgana«. Jeden
Morgen frische Rosen, von FritzeiIs
Seite mit»««tlnmerlungen, jeden Mittag
eine Yure uraueurooynem tyr mer-rings
toniett. Pampel ging heimlich, wenn er
mich während des Verdauungsstiindchens
in Morpheus Armen sicher aufgehoben
wähnte, zum Schießstand, wo er sich im
Treffen übte. Er war nervös und litt
an Abnungen. Aber fürchten Sie nichts-,
Gnädigite, es wird nicht getnallt. Die
Sache oerlief harmlog in dem dort Alles
beherrschenden Sande. Lilli. unsere ge
meinsam Angel-etc war mit Mutter und
Seidenpinscher auf vier Wochen an die
See gekommen, ihre Nerven ein wenig
aufzufrischen. Sie war nicht nur sehr
hübsch, sondern auch liebenswürdig und
wohlerzogen, sprach von ihre-en iieben
Papa, ihrer lieben Manto und ihrem
siißen Betau, erzählte-allerliebft von ib
eer·,,geistreichen« Freundin Meta Schutz
und benahm sich durchaus iorrett. Den
einen Tag trug sie meine, den anderen
PampePs Rosen, naschte beide Konstit
diiten mit der nämlichen Geschwindigkeit
teer und schien uns beide mit derselben
Liebe zu lieben. Pampei, dem ehrgei
zigen Streber, genügte das nicht« Er
iieß sich den dritten weißen Anzug schicken
und kam aus der Unschuidssarbe gar
nicht mehr heraus. »Sie sehen aus, wie
ein Mai löschen,« scherzte Lilli. »Ganz
recht,« emertte ich, »weiß und grün,
doch mehr Gliiclchen als Mai.« Der
rundliche Pampel erröthete vor Aerger
und markirte mir gegenüber hochmütlzige
AugendeekeL Kurz darauf hatten wir
eine ernsthaftk Auseinanderfeßung die
damit endete, daß ich ein eigenes
Zimmer bezog- Sein Verbrauch an Par
iiim und haarwasier drohte meine Ge
ruchsnerven zu zerstören.
Sämmliche Schnurrbartbindesysteme
hatte er durchprobirt ohne es zu erreichen.
and der Optiker der Jnsel machte ein
W
glänändes Geschäft, indem er einen nas
os i ihm lagernden Posten Monote s
los wurde. Doch ich will mich nicht in
Details verlieren Und nur hinzufügen,
daß er feinen, ihm ärgerlicherweife an
haftenden Schnupfen nur noch in Seide
lultivirte und sich jeden Morgen die Nä
gel mit dem brennenden Rosenroth der
Liebe poliren ließ. Lilli gestand mir in
einem traulich zweisitzigen Strandkorb
plauderstündchen, daß sie meinen- Freund
recht ,,ullig« fände. PampePs Schutz
engel hielt ihn gerade auf dem entfernten
Schießstand zurück, fo daß dies grause
Wort seinem Ohr entging und ich, — ich
will nicht prahlen, aber ich bin ein edler
Mensch, der Niemandem, und sei er selbst
k sein Konkurrent, die Jllusionen raubt. —
T Doch die Zeit eilt, und auch die schön
« sten Tage werden zur Vergangenheit.
! An einem kühlen Morgen, eine fahle
Z Sonne lächelte uns mit eingelnifsenen
I Augen höhnisch an, stand Lilli Abschied
t nehmend auf Deck. Winken konnte sie
! nicht, in der einen Hand trug sie ein
Z Schiff aus feurigen Nelten mit der De
« vife : ,,Gliiclliche Fahrt«, in der andern
i einen Strauß La France ohne Nandbe
I merlung. Ein letztes schmachtendes e,Auf
« Wiedersehen t« ein letztes devotesMirszem
ziehen —- die Nixe nebst Zubehör tauchte
in ihr Element zurück. —- Pampel hatte
Magenbeschwerden, die Abschiedöbowle
. vom vorhergehenden Abend drückte ihn,
er heuchelte jedoch Weltschmerz und packte
unter philosophischen Lebensbetrachtun
gen seine, vom Zeitensturm ein wenig
mitgenommenen, drei weißen Anziige in
den Koffer.
Vor ein paar Wochen führt mich eine
, Gefchäftsangelegenheit nach L» Lilli’s
Aufenthaltsort. Mein erster Besuch gilt,
da mein sehr unzuverläfsiges Gedächtniß
ihre Adresse nicht festgehalten, derPortier
loae meines Hotels, wo das Adreßbucl),
ein trauter Wegweiser, mir winkt. S.
Sch. Schnitzler . . . . der Finger fährt
hinab und hinauf, nichts zu finden, lei
nen Menschen dieses Namens. Münd
liche Nachfrage —iauch vergeblich, sie
werden fortgezogen sein. —- Das Herz
bricht mir nicht gerade, aber ich ärgere
mich intensiv. Hatte ich mir doch schon
einen sinnreichen Ansichtslartenvers fiir
PPampel ausgedacht mit einer reizend ge
reimten Bosheit. Auch aus ein Wieder
sehen mit unserer schönen Nixe hatte ich
mich aufrichtig gefreut. Hierher zurück
gekehrt, erwähne ich meinem Busenfeinde
gegenüber so beiläufig, daß die Schnitz
ler’s von L. fortgezogen zu fein scheinen.
Vollkommen ruhig bemerkt jener :
»Schnißler, wer ist Schnißler ?« Wor
auf ich ihm hohnlächelnd »na Lilli« in’s
Gesicht schmettere. Friß Maier ist von
der Natur schon mit erstaunten Augen
aus estattet, jetzt drückten sie diese Eigen
schast im Superlativ aus-. Nachdem er
fünf Minuten zum Begreisen gebraucht,
sieht er mich mit diesen unschuldsvollen
blauen Rundungen väterlich milde an
und knickt mein Selbstbewußtsein mit der
lakonifchen Bemertung : Lilli Schneider.
Das saß !
Bewies er mir doch dadurch, daß seine
Liebe die entschieden tiefere gewesen. Jch
suchte scherzend darüber hinweg zu gehen.
»Siehst Du, da habe ich das Handwerl
eben verwechselt, Schnißler, Schneider.
Das fängt doch Beides auch mit einem
Sch an.« Er konnte das nicht abstreiten
und wir ließen die Sache auf sich beru
hen. Pampeks Antlitz trug den Abglanz
eines stillen Triumphes. —- Nun siigte es
das Schicksal, in diesem Falle mein Chef
und Vater, daß ich vor etwa vierzehn Ta
gen nochmals die gute Stadt L. aufsu
chen muß. Keiner war vergnügter als
ich. Allerdings hatte ich vergessen, mir
von Pampel die Schneider’sche Adresse
geben zu lassen, aber jetzt war nichts leich
ter als das. Nun ist es aber, als habe der
liebe Gott seine ganze große milde band
voller Schneider gehabt und sie gerade
über die Stadt L. ausgestreut. Da gab
es Schneider jeglichen Gewerbes,
Schuster. Bäcker, Regierungsräthe, Of
fiziere, Postbeamte, Kaufleute und so
gat: eitien Leichenbeftatter. Den Lei
chenbeftatter ließ ich ohne Weiteres bei
Seite und traf eine lleine, aber ge
fchinackvolle Auswahl unter den Schnei
dern der Stadt. Unbetitelt mußte er
fein, denn sonst hätte sich die Nixenmut
ter wohl mit irgend einer —— Frau Rath
oder Doktor anreden lassen. Jch no
tirte mir alfo einen Fabrikanten, zwei
Kaufleute und einenRentier Ferdinand.
Fabrikanten pflegen zu tauchen und ich
ging dieser'Annahme gemäß in einen in
der Nähe dieses Schneiders gelegenen
Cigarrenladen. Der Herr Fabrikant
Schneider waren dort bekannt und be
liebt. Der Herr Schneider wählten
lonfervativ. tauchte nur fchwere Jmpor
ten und besaßens eine Nähmafchinenfa
bril und —- jawohl, auch eine Tochter,
ein reizendes Mädel. »Stimmtt« Lei
der hat die-Kleine augenblicklich die Ma
sern und fehlt in der Schule, die sie ge
meinsam mit der Cigarrenhiindlerstoch
ter besucht. »Stirnmt nicht« Jch be
zahle meine »Goldtipped« und wen-de
mit dem Stadtoiertel der Kaufleute zu.
Eingedenl dessen, daß junge Mädchen
gern Apfeltuchen mit Schlagfahne es
sen, manche ziehen Windbeutel dor, er
lundige ich mich nach besagten Kaufleu
ten in einer Konditorei. O, gewiß, wie
sollte man nicht herrn Max Schneider
kennen, wohnt er doch gerade gegen
über und hat kürzlich die reichfte Bä
ckerstoier der Stadt geheirathet« mit der
er foebens auf der h zeitsreife begrif
fen. Sein Bruder, d here Ludwig,
Lederwaaren engro3, gegen ift ein
eingefleifchter Junggeselle und Weiber
feind. — Nun ja, wie follte er auch
nicht, er ift eben ein zu lederner herr.
—- Jch quittire dankend mit zwei Schil
lerlockens und wandere weiter. Bleibt
mir also nur noch der Rentier Fett-i
nand. Dieser Ferdinand schien mir von
Anfang an verheißungsvolL Jch trete
in ein Blumengeschäft, und durch die
Blume finde ich endlich meine Nixe. —
,,Gewiß, die groß-e Blondine mit dem
Seidenpintscher, die immer La France
betotnmt."
m;,lStimmt. —- Endlich, endlich, end
i .«
,,Etfch, Pumpel, in spätestens einer
Stunde sitze ich in dem reich ausgestat
teten Salon des Herrn Rentier Ferm
nand Schneider an der Seite unserer
geliebten Nixe, schlürfe Chatteuse, es
darf auch Benediktiner sein, und athme
Wonne. Falle bitte nicht vor Neid
vom Drehstuhl. Dein glücklicher
Mucki.« —
Mit diesen reizenden Worten versehe
ich eine Ansichtslarte, die ich sofort an
den Bufenfeind absende. Inzwischen
hat die Ladenjungfrau, nein, immer
hübsch bei der Wahrheit bleiben, es war
eins Jüngling, mir einige ausgewählte
Exemplare der beliebten Nosensorte lose
zusammengewundens u. sie mit ein paar
liebenswürdigenBegleitzeilen von mir in
die weiße Papierhülle geschlagen und
fchon fliegt ein zweirädriger Dienst
mann mit ihnen dem Orte meiner Sehn
sucht entgegen Natürlich hatte ich
links unten tust-strich meine Adresse
angegeben. Jch uche also eilenden Fu
ßes mein Hotel auf und harre der
Schneider'fchen Einladung entgegen.
Weshalb ich eigentlich nicht ohne Weite
res meinen Besuch im Nixenhain ge
macht, ist mir nie recht klar geworden.
Sei es, daß meine allzu große Höflich
keit sich erst ins der Uebersendung der
Blumen bethätigen wollte, sei es, daß
eine Ahnung kommenden Unheils mich
davon zurückhielt. Jch werfe mich in
meinen besten Staat, mache mich zum
unwiderstehlichsten Mann des Jahr
hunderts- und warte. —- Doch ich will
Ske durchaus nicht mir mir warten rai
sens, meine Gnädige. Kurz und gut,
es kam überhaupt keine Einladung.
Hatte sich der Rentier inzwischen tele
phonifch bei einem Ankunstsbureau
iiber mich erkundigt und einen
schlimmen Bescheid erhalten, hatte sich
ein Unglücksfall in der Familie ereignet,
waren die Rosen vielleicht doch noch in
die Hände eines unberufenen Fräulein
Schneider gelangt —- ich habe es damals
nicht in Erfahrung- bringen können. Wie
ein Löwe vor der Fütterungsstunde in
seinem Käfig, fo rannte ich in meinem
Hotelzimmer hin und her. Was galt
mir die Nixe mit ihrem ganzen Anhang,
ich war blamirt, fiir alle Zeiten bla
mirt. Was sollte ich Pampel sagen.
Hätt’ ich doch nur diese elende Ausschw
katte nicht geschrieben. Es ist über
haupt eine ganz alberne Mode mit diesen
läppifchen Karten, überall werden sie
Einem vor die Nase gestellt, sogar in
einem Blumen-laden, nun bitt’ ich einen,
was haben denn Blumen mit Ansichten
zu thun-. Es kam aber nur dgher, daß
dieser ungeschickte Mensch so lange zum
Zufammenbinden der paar Rosen ge
brauchte, und ich habe doch inzwischen
ein liebenswürdiges Billet und eine scha
denfrohe Karte geschrieben und war noch
früher fertig als er. Jn einem Blu
mengefchäft sollte man überhaupt nur
junge Mädchen beschäftigen und keine
Männer. Natürlich wird Fritz Maier,
dieser unangenehme Menfch, nichts sa
gen, o behüte, er wird mich nur an
sehen.s« Aber in diesem Blick wird eben
die Bosheit und Schadensreude einer
ganzen Generation liegen. Diese
Maier’s-« sind Alle versteckt, boshaft, das
Schlimmste ist, daß sie es fo geschickt zu
verbergen wissen, daß Jedermann sie
für gutmüthig hält. Jch habe es mir
schon längst vorgenommen, bei nächster
Gelegenheit mit ihm zu brechen, die Ge
legenheit ift da, —- er wird mir nicht
mehr vor die Augen kommen. — So und
ähnlich waren zu iener Reit meine Ge
danken-. —- Jn furchtbarer Stimmung
verließ ich die »Wiege meiner Leiden«,
dieses unerfreuliche Krähwinkeh in dem
es sich kaum lohnt, sich begraben zu las
sen. Nebenbei hatte ich auch geschäftlich
keine großen Erfolge zu verzeichnen.
Hier am Bahnhof erwartet michs in
der Maske kindlicher Harmlosigkeit
Fritz Maier, ein Lächeln unter dem
Schnurrbart und ein Vergißmeinnicht
im Knopfloch Der Mensch hat eine
eminente Geschicklichkeit in der Wahl
naiver Blumen. Jn seiner bekannten
Berstecktheit fragte er natürlich mit kei
ner Silbe nach« Lilli, sondern erkundigt
sich eingehend nach meinen geschäftlichen
Angelegenheiten Wenn er etwa an
nahm, daß ich ihm entgegenkommen
würde, so hatte er sich eben getäuscht.
Jch gab ihm also nur die gewünschte
Auskunft, und fügte· eine umfassende
Personal- und Lebensbeschreibung mei
ner sämmtlichen L.’er Kunden hinzu.
Es kommt noch immer keine Frage, aber
plötzlich trifft mich sein Blick, gerade un
ter der großen elektrischen Ampel vor
dem »Kronprinzen«. Dieser zugleich
lauernde und hämische Blick voll stillen
Triumphes. Warte, mein Engel, ich
habe gerade Lust und Zeit, mich von
Dir ansehen zu lassen. Auf Wiederse
hen, ich muß dem Alten« Bericht erstat
ten. Er fvird mich nicht wiedersehen.
—- Noch einen Augenblick, schönste
Freundin, ich bin gleich am Schluß. —
Borigen Dienstag erhalte ich eine Karte
aus Berlin mit folgendem Inhalt :
Sehr geehrter herr!
Für die meiner Braut LilliSchnei
der kürzlich erwiesene Aufmerksamkeit
sage ich meinen besten Dank; verbitte
zuir aber in Zukunft jede weitere An
näher g, da mit allem Früherm
vollko men gebrochen ist.
Ergebenst
Carl Hellmann,
Berlin, Jerusalemstraszse.
That’s all. Auf Wiedersehen, schön
ste Frau, und Verzeihung für den schnel
len Aufbruch, aber Freund Pampel er
wartet mich.
—-.—.
Hur vikr Unge.
Weihnachisabend 1899. Jn einem
kleinen Palais am Kronprinzenufer in
der Hauptstadt — Speisesaal im Re
naissance-Styl. Eben werden die Flü
geltbiiren zu nem nebenliegenden Salon
geöffnet; das Diner ist zu Ende und die
drei Theilnehmer desselben: Giinther,
Hildegsard und Gräsin Rosine N., Hil
deaard’s Mutter, stehen vom Tische aus.
Giinther reicht seiner Schwiegermutter
den Arm.
Gräfin Rosme (vierzig Jahre, vor
nehme Erscheinung, granatsammtene
Schlepprobe): Mein Lieber, es ist schon
spät, ich muß gleich nach Hause; es
giebt noch allerlei Vorbereitungen zu
machen.
Giintber: Nur noch den schwarzen
Kassee, Mama!
Gräsin Rosine: Nun, meinethalben.
( Sie nimmt seinen Arm. Zum Diener):
Der Wagen bereit?
Diener: Zu Befehl, Frau Gtäfin
Die Drei begeben sich in den Salon
und lassen sich in bequemen Fauteuils
neben dem Kamine nieder Der Diener
bringt ein Tischchen herbei, worauf er
das Silberplateau mit drei vollgegosse
nen Kasseeiassen nebst Liqueur- Flagon
und Gläschen stellt. Günther holt einige
Kissen herbei und schiebt sie unter Hilde
gard’s Füße.
Gräfin Rosine: Recht so, mein
imm» n-« mir
Schmimprfnim —- mir
deiner Frau. Jhr wollt also wirklich
nicht den Abend bei uns zubringen? Wie
schade —- es wird sehr lustig werden: ein
himmelhoher Christbaum und herum ein
halb Dutzend Kinder . . . Nur das älteste
wird fehlen. Seit achtzehn Jahren wird
dies der erste Weihnachtsabend in mei
nem Hause sein, der ohne Hilda gefeiert
wird. Kannst du dich· wirklich nicht ent
schließen?
Hildegard (Blondine mit auf-nehmend
fein geschnittenen Zügen, durchsichtigem
Teint und schlankem Bau): Nein wirk
lich, Mania, mir ist so eigen ich
fürchte falt- daß ich —- —
Gräfin Rosine: Ach, warum nicht
gar! Vor Neujahr erwarte ich mir meine
Großmutterwiirde nicht. Jhr wollt nur
auch Euren heiligen Abend im tote-d
teTte zubringen, das sehe ich schon. DaE
ist ja auch ganz begreiflich. Es ist aber
höchste Zeit, dasz ich gehe (aufstehend),
bleib’ sitzen, Hilda, Günther wird mich
hinausbegleiten Adieu. Müßt few
Hildegardt Gute Nacht, Mama -——
bestelle viele, viele Grüße an Papa unt
die Geschwister . . . es thut mir wirkliclj
leid, nicht kommen zu können —- Adieu
Mamai
Gräfiu Rosine (im Vorzimmer, zi
Günther, der ihr beim Pelzumhängen be
hilflich ist): Schicke nur gleich um mich
wenn Hilda wirklich . . .
Günther: Gewiß Jch wäre seh1
froh, wenn mir der Himmel dieses herr
lichste aller Geschenke zum heutigen Fest
bescheeren wollte. (Er küßt der Gräfir
die Hand und geht in den Salon zurück)
Nun, Hilda — ich bin eigentlich recht
froh, daß du zu Hause bleiben wolltest
wir we den einen sehr gemiithlichen
Abend feiern. Sollen wir die Lichtcher
schon anstecken?
Hilda: Nein! — warten wir noch eir
wenig ; —- komm’ her zu mir und lass
uns plaudern.
Giinther: Ja, mein Schatz. Jci
wette, daß ich’s errathe, wovon du plau
dern willst.
Hilda: Das ist wohl nicht schwer
natürlich von unserem kleinen Giinthei
oder unserer kleinen Hilda . .. Du wirs
doch auch unbänsdia stol«i·t·ein auf deini
junge Baterwiirdei
Günther: Und wie! Als ich dich nact
langer dreijähriger Liebe heimgesiihr
hatte, dachte ich, daß mein Glück keine1
Steigerung fähig sei, und siehe da: di
Antunft diese-s kleinen, lebendiger
Wunders wird mich doch noch um einer
Grad glücklicher machen, als ich’s schor
bin.
Hilda: Unsere größten Freuden wer
den wir jetzt erst kennen lernen. Jck
wollte, es wäre ein Sohn-, das würd(
mich stolzer machen.
Giinther: Ein Mädchen wird mi1
ebenso lieb sein. Jch brauche mir nu1
vorzustellen, daß es seiner Mutter glei
chen wird. Jetzt ist’s aber Zeit, das
Bäumchen anzuziindens und deine Be
scheerung auszubauen.
« Hilda: Bescheerungli Du willst mi1
wieder etwas schenken? Etwa diesesl
(Sie zieht ein aus Günther’s Tasch(
schauendes Schmuck- Etui hervor )
Günther: Halt! das gehört unte1
den Christbaum (will ihr’s wegnehmen
aber sie hat es schon ausgetlappt.)
Hildm O, wie schön! Türtisen mi
Diamanten — meine Lieblingssteine.
Güntlsert Jch denke, es wird zi
deiner blonden Schönheit passen. Dr
sollst mir künftigen Fasching die Köni
gin aller Hosseste sein.
Hilda (tiißt- ihn«): Du Guter, Lie
. (Stößt einen plötzlichen Schre
aus.)
Günther (springt auf): Was ist dir
Schatz-sie
Hildm O web .es ist — Gän
ther —- o -- meine Stunde.
Herren-schreibzimmer. 11 Uhr Nachts
Günther gebt in höchster Erregunsg au«
—
— J —
und nieder —- er wischt sich die Stirn;
er athmet goch aus, vergräbt sein« Gesicht
in beide Hände; öfters bleibt er ste
hen und rcht gegen die Thiir hin. End
lich wirf er sich in den Fauteuil am
Schreibtisch und öffnet sein Tagebuch.
Er taucht die Feder ein und schreibt:
Weihnachtsabend 1899. Jeder Strich
ist eine Schlangenlinie; manche Buch
staben sind mit einem Ruck drei Zeilen
hoch gefahren, während andere sich fast
unsichtbar in ihre Vorgänger verlieren:
Aber das ist schon recht so. Es war ja
seine Absicht, indem er zu schreiben be
gann, die namenlose Erregtheit dieser
Stunde zu photographiren, um einst,
wenn er wieder ruhig sein werde, eine
Erinnerung an das jetzt durchgemachte
Bangen zu besitzen.
»Ich höre sie schreien — es ist gräß
lich, gräßlich, gräßlich Jch hätte
bei ihr bleiben, ihre Hand in der mei
nen halten« sollen — vielleicht hätte sie
da weniger gelitten oder doch« gefühlt,
wie ich mit ihr leide .. « Aber Mutter,«
Arzt, Wärterin, Alle waren sie einig,
daß ich fort müsse. Der Arzt befahl
und ich gehorchte, denn er hat ein
Wort gebraucht, gegen das es keinen
Widerspruch giebt: ,,Gefahr!« —- Jetzt
fasse ich den Sinn, es heißt: Todes
gefahr Unbegreiflich; die ganzen Mo
nate der frohen Hoffnung ist mir der
schwarze Gedanke gekommen, aber jetzt
habe ich's verstanden: Hilda ist in To
desgesahr · .. ·O, das Wort könnte mich
zum Schreien bringen, lauter noch,
als drüben meine Schmerzgequälte
schreit » .. wieder drang so ein gräß
licher Laut herüber . . . . meine Kleine,
meine Zarte, o du süßes, liebes, armes,
armes Weibchen! Ach-, welch’ ein- Ju
bel wird mir das Herz anschwellen,
wenn die Gefahr vorüber ist —- Was
war das?. «
Er wirft die Feder weg, das war ein
anderer, neuer Laut, der sein Ohr ge
troffen: ein Wimrnern . . . . ja, jetzt ganz
deutlich: ein. Kinderwimmern. Er
stürzt zur Thür. Gräfin Rosine tritt
em.
»Das Christkind hat’s bescheert«,
spricht sie; ,,es ist ein« Knabe!«
Günther fällt ihr um den Hals und
bricht in lautes Weinen a«us.
25. Dezember. Hilda’s Schlafzim
mer. Großes Baldachinbett.
Giinther sitzt am Kopfende. Auf der
anderen Seite steht der Arzt. Eine
Wärterin geht leisenSchrittes durch das
Zimmer und legt Holz in das Kaminfeuer
nach
Die Kranke liegt regungslos mit ge
schlossenen Augen da. Sie steht bezau
bernd schön aus, da ihr ein hohes Fieber
die Wangen und die halbgeöffneten Lip
pen glühend röthet. Aus dem Häubchen
hat sich eine schwere goldene Flechte los
gemacht und fällt über das Spitzenkiffen
bis über- den Bettrand hinab. Der Dok
tor zieht das Thermometer, das unter
Hildcks Achfel gelegen, hervor.
Günther: Nun ?
Doktor (leise) : Immer noch vierzig.
Günther : Das ist schrecklich —- läßt
denn dieses Fieber nicht nach ?
Doktor : Ich fürchte, es wird noch zu
nehmen«
Günther : Schläfst du« Hilda ?
Hilda (schlägt die Augen auf) : Wo
ist die Liste der Verwundeten —- ach er
steht nicht darauf . . . . aber diese Seiden
decke —- voll Türtifen . ..
Günther : Sie delirirt . « Doktor, ist
das nicht gefährlich ? Seit gestern ist mir
der Sinn dieses Wortes aufgegangen.
Doch im Augenblick, da mir die Schwie
germutter die Nachricht gebracht, daß ich
einen Sohn habe, glaubte ich, alle Gefahr
sei vorüber — und nun soll ich wieder
fürchten ?
Doktor : Hoffen Sie« Herr Graf, daß
aber Gefahr vorhanden, will ich Jhnen
nicht verhehlen.
Giimher (treidebleich) : Um Himmels
willen, dann rufen Sie doch noch ein paar
Kollegen.
Doktor: Das wollte ich eben vor
schlagen. « «
26. Dezember. Nach einer Konsulta
tion : Ausgegeben. «
Jn der Nacht vom 27. zum 28. Die
Uhr zeigt halb Z. Giinther sitzt aus dem
Bette, den Arm urn Hilda’s Schulter ge
schlungen ; ihr Kopf ruht an seiner
Brust. Gräfin Rosine liegt aus dein Di
van, eingeschlummert.
Giinther sieht wie ein Gespenst aus.
Verzweiflung und Hoffnung —- Hoff
nung und Verzweiflung in jäher Folge.
Hilda hatte fünf Stunden lang ge
schlafen. Der Arzt war nach Hause ge
gangen, oersprechend, am frühen Morgen
wieder zu kommen. Günther’s Hoffnun
gen flogen wieder himmelhoch Jetzt war
sie erwacht, bei Bewußtsein erwacht. Sie
hatte Günther herbeigerufen und sich an
seine Brust gebettet.
Günthers: Kennst du mich, mein Lieb
ling ? (Hilda nickt.) Wie ist dir ?
Hilda : Schlecht . .. .
Günther (will aufspringen) : Soll ich
Hilfe rufen —- brauchst du etwas ?
Hilda (hlt ihn zurück) : Nein, ich bitte
dich, bleibe — nur . . . dich brauche ich —
deine Nähe . . . . Wo ist —- wo ist —- un
ser Kleines ?
Günther: Unser Sohn, Hilda? Er
schläft.... willst du« daß ich ihn dir
bringe ?
Hilda : Nein — später. Jch will jetzt
nur .dich. . .. ich muß dir so Vieles sa
gen .....
Günther : Was denn, Scha ?
Hildcn Daß ich dich lieb Bube . . .
Küsse mir die Stirn — so . .-i danke —
jetzt die Augen — so . . . O Günther-—
scheiden thut weht
Glinther: Was sprichst du Am
Scheiden? Du wirst ja bald wieder ge
sund werden! ·
Hildm Ach, ich sterbe»ja schon Zeit
zwei Tagen. Jch habe Alles geh· rt.
was die Aerzte sagten —- und habe dich
und Mama weinen sehen; zwar war ich
im Fieberdelirium — mischte tausend
Phantasien unter einander. Das Eine
sah ich aber immer deutlich: die sterben
de Wöchnerin — nur wußte ich nicht,
daß ich das war . . . jetzt weiß ich’5.
Günther: Du sprichst zu viel und
regst dich auf — schlaf’, mein Schatz.
Hildm Jch werde lang —- lang genug
—- ewig —- schlasen . .. Lass’ mir die
ses letzte Wachen an Deiner Brust —
es ist so süß da . . . Jch war zu glitcklich
— ach, wenn man mich doch noch retten
iönniei
Günther: Du bist gerettet.
Hilda: O, lass’ mich nicht sterben,
Giinther — halte mich fest — ich fühle
— weh’ die Füße, die Hände — so kalt
— (sie ringt nach Atl)em.)
Güther stößt einen Schrei aus.
Gräfin Rosine (erwacht und eilt an
das Bett heran): Was ist geschehen?
Hilda: Marna, nicht wahr —- du —
du nimmst den Kleinen? . . .
Günther (hat seine Frau ganz in den
Arm geschlossen; er reibt ihr die Füße,
die Hände; er wischt ihr den kalten
Schweiß von der Stirn und die Theil
nen aus den Augen; e- paßt sie mit Jn
brunst, als wollte er ihr sein eigenes
Leben einhauchen; dazwischen schluchzi
er laut): Mein Weib, mein Alles-, ver
lass’ mich nicht . . . du mußt, du mußt
leben . . .
Gräfin Rosine (läust zur Thüre):
Schnell . . . zu Hülfe . . . zum Arzt!
Hilda: Günther — danie, o danke
für alle Liebe, alles Glück . .. leb’ wohl..
mein . . .
Sie kann nicht weiterreden. Die
Hände werden steif. Noch einen Blick
sw» .’
Voll Abschiedsweh und —- — vorbei!
Il- dk II
28. Dezember. Das Palais C. steht
offen. Gräfin Hilda liegt auf dem Pa
radebett. «Die Leiche ist in das Braut
kleid von weißem Atlas gehüllt, das vor
kaum zehn Monaten in der Aussicllung
des Trousseau so viele neidifche Mäd
chenblicke auf sich gezogen; ein weißes
Atlaskissen ist unter das Haupt gelegt.
Wie klein und fein diese Züge erschei
nen, aber schaurig starr. Ganz wie El
fenbein Das»blonde Haar bildet eine
Glorie um das weiße, kleine Gesicht.
Zwei auf der Brust gesaltete elfenbei
nerne Händchen — auch unter Lebens
größe — halten lose ein Kruzifix. Der
Wachskerzenduft und die Emanationen
einer Schüssel Karbolsäure vermischen
sich mit dem Geruch der Tannenreiser,
die in die Kränze geflochten sind, denn
die Winterblumen —- meist Kamelien-—
duften nicht; sie sehen so wächsern und
unnatürlich aus wie Diejenige, zu de
ren Schmuck sie gebrochen worden.
Andacht, Trauer und Mysierium
durchschweben den Raum. Alle, die ihn
betreten, sind vor Ehrfurcht beklommen.
Es wird kein lrutes Wort gewechselt;
tiefgeriihrte Blicke hängen an dem blei
chen Bilde. Der Begriff »ewig« steigt
in den Seelen auf. Ein Mitleid, ein
schmerzlich leises, erfaßt sie Alle —- Ver
wandte, Freunde und Fremde —«wenn
sie an die Verzweiflung d-; Gatten, die
Trauer der Mutter denken (die Beiden
knieen am Fußende des Bettes und
schluchszen hörbar) —- aber ein größeres
Mitleid noch mit der Dahingestreckten
selber, an der jeder Fallenwnrf des Klei
des, jeder starre Zug, jede steife, blasse
Fingerspitze die über dem Kruzifix
schwebt, zu sagen scheint:
Jch bin todt — todt — todt!
Jl- -k s
80. Dezember. Auf der Straiie vor
dem Palais eine endlose Reihe Wagen,
darunter mehrere Hof-Equipagen. Gen
darrnerie zu Pferd. Vor dem weit offe
nen Thore der achtspännige Leichenwa
gen.
Der Stiegenteppich ist mit schwarzem
Tuch überspannt. Sämmtliche Diener
in Trauer-Livr6e bilden Spalier. Jn
den von Menschen dicht gefüllten Salons
sind alle Spiegel und Bilder mit Flor
verhängt.
Nur die nächsten Verwandten um
stehsen den Sarg, vor welchem der Geist
liche jetzt seine Rede hält. Die Gestalt
der Todten ist ganz von Blumen ver
steckt; nur das noch elfenbeinartiger, jetzt
schon ganz gelb und noch kleiner gewor
dene Gesichtchen steht aus der Blumen
umrahmung hervor. Günther steht hart
am Sarge und fixirt diese Züge. Er er
kennt noch die Lippen, welche ihm so
viele Liebesküsse gegeben, so viele traute
-Worte gesagt . . . Bon der Rede des Pa
stors hört er die Laute —- aber der Sinn
entgeht ihm; es klingt ihm nur wie ein
Feierhymnus —- der Hymnus des höch
sten Schmerzes· Plötzlich aber wendet
sich die Rede direkt an ihn ,,....Die
jenigen, die hier ihr Theuersteg verloren
haben, besonders du, armer Witt
wer . . .«
Da bricht Günther zusammen. —- —
Ja, er ist verwittwet —- ja, er ist arm
. . . Ein herzzerreißendeg Stöhnen dringt
aus seiner Brust und alle Anwesenden
fangen zu weinen an.
Der Redner muß sich unterbrechen.
Alles, was er bisher gesagt: von Him
mel und Hölle-. von Sündenfall und Er
lösung, hat die Versammlung ruhig e
lassen; aber das einzige, menschlich
wahre Wort, das einfache, so traurige
»besonders du, armer Wittwer«, das hat
alle Herzen erschüttert
Nicht ein Auge bleibt trocken, nicht ein
Gesicht bleibt gleichgültig —- ausgenom
men das kamelienumrahmte kleine,
bleiche . . .
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