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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 24, 1900)
Jitnner Dreizehn. fIkrireiinalstlionicin vonRethJ de Boot-Zeit i ..-.-....— GortsetungJ Die Thit: der Zelle wurde hinter ihr gfchlossein Sie war allein, allein im wie n Wenn sie nicht jetzt, von wahn sinnigem Schreck erfaßt, aufsprang und einen wilden Verzweiflungsfchrei aus stieß, so that sie es nur deshalb nicht; uin dass arme Kind, das sanft schlief, nicht aus«-zumuten Sie lag da rnit offenen Augen, die sich vergeblich bemühten, die Dunkelheit zu durchdringen, welche ihre aufgeregte Einhildungslraft mit tausend « phantaitifchen Erscheinungen bevölkerte. Es schien ihr, als dringe hie scharfe fra gende Stimme des Untersuchungsrichters an ihr Ohr, als sähe sie noch immer seine forschenden Augen auf sich ruhen, und die lutige Gestalt ihres ermordeten Vaters sachte auf, urn ihr zu fluchen. Die Tage ihrer Jugend kamen ihr wie der in die Erinnerung, und der fürchter liche Gegensatz mit ihrer gegenwärtigen Lage machte sie erfchauern. Wie sie in ihrer Kindheit hehiitet und verhätschelt wurde, wie ihr Herz die Liebe erkannt hatte dann Die Flucht aus dem väterii then He use ih re stille Wohnung in der Straße Utarlot, aus der sie geflüchtet, um Den Tod zu suchen, der geheimniß volle Mann, Der sie den Wellenentrissen nnd sie nun dem Elend preisgegeben — cille diese Bilder der jüngsten Vergangen heit zogen in ihr vorüber und erpreßten h. It- ,-..·-·.-.- :L..-- Of»-«--· — Sctkjc Epitheton this-u auskn I leer schließlich forderte die Natur ihre i Rechte, und sie schlief ein. Es war ein unruhiger Von schweren Träumen gestör ter Schlaf. So mochte sie wohl eine Stunde geruht haben, als sie durch einen schleichenoen ; Schritt und einen grellrothen Lichtschein aufgeweckt wurde. Sie sah ein großes 2 Auge auf sich gerichtet, das ihr einem ; überirdischen Wesen anzugehören schien » —- oas konnte nur der Racheengel fein. Angstooll streckte sie diesr Erscheinung die Hände abwehrend entgegen, dann fiel sie mit einein herzzerreifzenden Schrei auf das Lager zurück. Es war oie die Runde habende Wäch terin gewefen, die der Hausordnung ge mäß durch das Guckloch in die Zelle ge schaut hatte. Der Schrei war zwar von ihr gehört worden, aber da sofort Alles · H wieder still wurde, ging sie ruhig weiter. Die Gewohnheit ftumpft gegenGenriithS erregungen ab. Zwei Stunden später, bei Anbruch des Tages, erschien die Oberin in der Zelle, in welcher die ganze Nacht hin durch Ruhe geherrscht hatte. Welcher Anblick bot sich ihr da! Jn einem Win kel saß die Gefangene und hielt ihrKind in den Armen. Sie sang ihm eines je ner Lieder vor, mit welchem die Mütter Ihre Kinder einzuschläfern pflegen. Marguerite rührte sich nicht vom Flecke nnd sang ihre eintönige Melodie wei ter, ohne sich um die Eintretende zu türnmerm Die Oberin sprach sie an, das junge Weib rührte sich nicht. Es verblieb auch in seiner Stellung, als die Schwester näher trat und das Kind in ihren Arm nahm. Ein Schreckensschrei entfuhr denLip den der Ober-im Das Kind war kalt, war todt. Die Mutter hatte einer Lei che Schlummerlieder gesungen. Als sie nämlich in ihrem Entsetzen ohnmiichtig auf ihr Lager gesunken war, war sie auf das Kind gefallen und hatte es er drückt. Sie machte jetzt keine Miene, urn den kleinen Körper zurückzunehmen. Sie ließ ihre leeren Arme sinken und er hob die Augen. An dem stieren Blick er kannte die Oberin, daß ihre Gesangene den Verstand verloren. Als Herr von Fournel gegen 11 Uhr in seinem Bureau erschien und erfuhr, was geschehen, gab er höchst erschüttert denhAuftrag Fräulein ·Rumigny sofort — ll UUV Oliqsellchlufsfpuuå UIV chlllgcll Lazarng zu bringen und ihr die größt mögliche Sorgfalt angedeihen zu las sen. Fast um dieselbe Zeit war das Ar beitszirnmer des Herrn Meslin der Schauplatz einer merkwürdigen Scene. Picot hatte eben dem Kommissar über die Vorgänge der letzten Nacht Bericht erstattet und erwartete siir seine Um sicht von seinem Vorgesetzten gelobt zu werden, als diesem eine Visitentarte überreicht wurde, bei deren Anblick er erregt von seinem Stuhle aufsprang »Das ist zu start,« sagte Meslin zu dem Detettio. »Das ist er selbst.« »Er selbst« war William Potter, dessen Verhastung der Kommissar dem izei-Agenten soeben aufgetragen tie, fiir den Fall, daß der Amerika uer sich anschickte, Paris zu verlassen. «Lasfen Sie den Herrn eintreten,« be '«fahl der Kommissar-. Der Amerikaner wurde sofort vorgelassen. Seine erste Sorge atn frühen Mor gen war gewesen, Marguerites und sei ne Sachen aus der betreffenden Wein ane holen zu lassen, und es braucht sieht hinzugefügt zu werden, daß er die Wirth-Amte in glänzendfter Weise ent gte Gegenwärtig war er mit seiner ge wohnten vornehmen Einfachheit geklei det III er den Detettio erblickte, guckte ein leichtes Lächeln um seine Mund MLOL Undnoch bevor rr Meslin sue-Brut an ihn richten nnte, sagte « lerhsfliehleit u ihm: entsteht be die Ab WMIMM Damit aber bekannt ist, welche Sorgfalt Sie meiner Person und meinen Wegen zu wenden, und da daraus vielleicht Kon flikte mit diesem braven Manne ent stehen tönnten, bitte ich Sie, diesen Bries zu lesen.« Herr Meslin schoß eineBlutwelle ins Gesicht. Er war überrascht von der Ruhe, mit welcher der Amerikaner aus trat und ärgerlich darüber, daß dieser hinter seine so sein ausgekiinstelte List gekommen war. Um seine Fassung wie derzugewinnen, entsaltete ee das Schreiben, das ihm Potter gegeben; aber kaum hatte er einen siiicbtigenBlict hineingeworfen, als er aussprang. Pi cot ein Zeichen gab, sich zu entfernen, und dem Fremden mit auggesuchterLie benswiirdigkeit einen Sitz anbot. «Tausend Dant«, erwiderte dieser-, »aber ich habe große Eile, da ich vor meiner Abreise noch einige wichtige Gänge zu machen habe.« »Vergeblich versuchte Herr Meglim seinen Gast zurückzuhalten, und als die ser sich empfahl, ließ er sich es nicht neh men, ihn über den Korridor hinaus zu geleiten. Dort tauschten beide einen Händedruck, und der Polizei-Kommis sar kehrte nachdentlich in sein But-can zurück. »Nun«, fragte ihn der Detektiv bei seiner Rückkehr. »Gebt es etwas Neues-, Herr Kommissar?« »Nein, Herr Picot: denn daß Sie ein ausgemachter Schafskopf sind, ist mir nichts Neues«, erwiderte ärgerlich der Kommissar. »Sei-en Sie an die Cen trale zurück. Jch bedars Jhrer nicht mehr." Und ohne sich weiter um den unglück seligen Polizei-Agenten zu kümmern, ließ ihn Herr Meslin im Vorzimmer stehen und schlug geräufchvoll die Thiir hinter sich in’s Schloß. i Kurze Zeit daraus wurde dem Un tersuchungs-richtet Herrn von Fournel eine Visitentarte überreicht, aus welcher « der Name: »William Potter« stand. So schlecht gelaunt der Untersuchungårichs » cer infolge der Vorgänge war, deren F Opfer Fräulein Rumigny geworden, so Ließ er dennoch sofort den Ameritaner . eintreten und bot ihm höflich einen Platz an. » »Herr Richter«, begann Porter, den l iragenden Blick Fournels beantwor- ; :end, »es wird Ihnen wohl nicht unbe- « Eannt sein, daß ohne mein Eingreifen Fräulein Marguerite Rumignh sich ; iicht in Jhren Händen befinden wür- J Ie-« « ? »Ich weiß dies in der That«, erwi per Beamte, »und es ist mir bekannt, in T oelcher muthvollen Weise Sie sich ins Iasser stürzten, um die Ertrintende zu retten. Das war eine That, für welche Ihnen die Gerichte dankbar sind.« »Ich bin Jhnen für Ihre Anerken cung sehr verbunden, aber ich habe mich cuf das Ereigniß der Nacht nicht beru en, um gelobt zu werden. Jch glaube, daß an meiner Stelle jeder Mann, der in Herz im Leibe hat und schwimmen ann, dasselbe gethan hätte. Jch wollte Durch meine Bemerkung nur mein Jn- - eresse entschuldigen, das ich an dieser ungen Dame nehme.« Der Richter verbeugte sich zustim nend, als fände er dieses Gefühl ganz ratürlich. William Potter fuhr fort: »Geftatten Sie mir also, ohne Um chweife zu sprechen.« »Bitte, mein Herr.« »Fräulein Rumigny ist im anuisi enspitaL Halten Sie sie für mitschul )ig an der Ermordung ihres Vaters-? Entschuldigen Sie meine Jndiötw ton.'« »Ich will Jhnen mit derselben Of renheit antworten. Ja, ich halte das unge Weib für mitschuldig an demVer )rechen, das Balterini begangen hat. Diese Thatsache steht fiir mich mit ma hematischet Sicherheit fest. Jch habe diesen Eindruck aus der beschlagnahni two on---tvgshsn1 schonten-s- tets-I I chließlich spricht der Selbftmordders " uch auch für ihre Schuld.« ! »Sie können die Angelegenheit nicht , n Schwebe lassen ?'« , »Ich würde mich auf’5 empfindlichste · zegen meine beschworene Pflicht ver-’ "ündigen.« « »Das thut mir sehr leid. Hätte ich einige Wochen Zeit, so würde ich viel Zeicht Beweismaterial in genügendem - Maße in Händen haben, um die Un- I schuld der jungen Dame unzweifelhaft l iestzustellen." »Ich begreife vollständig Jhre Ge- » fühle, aber ich bedauere ganz anderer ; Ansicht zu sein. Wir Gerichtåbeamte ; sind keine Jdealisten und Schwärmen 4 wir dürfen es nicht einmal sein. Für « uns gilt das Gesetz und nur das Ge setz, wir folgen nicht unseren Empfin dungen, sondern Unserem Gewissen.« Diese Worte wurden kurz und hart gesprochen,- kein Zweifel, der Richter wollte die Unterhaltung beenden. Potter fühlte dies, auch begriff er, daß er diesem oerinöcherten Attenmens schen nicht mit Sentimentalitäten korn men dürfte. Er sagte daher, fich erhe bend: »Mein Herr, mich führt auch noch ein anderer Grund zu Ihnen. Jch muß dringend nach New York zurückreifen und ich wollte es nicht unterlassen, Sie hiervon in Kenntniß zu seyen. Es dürf te mir wohl, so leid es mir thut, nicht möglich sein, zur Zeit, da der Prozeß gut gerichtlichen Verhandlung gelangen ürfte, wieder in Paris zu weilen.« »Ich nehme diese Mittheilung zur Kenntnis-, Ihre zu Protokoll gegebenen Ausfagen vor dem Untersuchunger ter werden in der Haupturhandlung zur setlesung kommen-« Mit höflichem Gruße schieden die beiden Männer. Noch am selben Abend verließ Wil liam Potter, nachdem er tagsiiber noch mehrere Briefe nach Amerika geschrie ben, mit der Westbahn Paris. Herr Picot folgte ihm diesmal nicht. —- — XIVJDapiteL WilliamPotter’sheimath. Wir mitssen ans Vorgänge zurück l greifen, die einige Zeit vor denen liegen, ; die wir bereits erzählten, und sich in janderen Weltgegenden abspielten, als « in denen die helden unserer Geschichte » sich befinden. Manches Geheimnißvolle im Wesen des Ameritaners wird uns ; erklärlich werden, denn in Potter's hei H math wollen wir uns aus kurze Zeit be p geben. I Es war im Dezember des Jahres, J das der Ermordung Rumigny’s in Pa i ris, die betanntlich im März stattfand, . vorausging. s Jn einer Straße in Philadelphia, in » welcher die Bureaux der Versicherungs ’ gesellschaft »Das Banner« waren, hat ; te sich eine große Menschenmenge ange sammelt, die tros der Kälte nicht von der Stelle wich und vor dem mit über ladener Pracht auggesiatteten Ansialtss gebiiude wie angewurzelt stand. Die Nacht war bereits angebrvchen, feucht und dunkel, aber die Massen verliesen sich nicht, sondern erhielten noch immer Zuflusz. Man begnügte sich auch nicht . mehr mit drohenden, zornfuntelnden » Blicken, die gegen das Prachtgebiiude J gerichtet waren, seit einer Stunde wur- j oen Drohungen gegen vie Weuichasr 1 ausgestoßen, und da waren es beson- ( vers die zahlreichen Frauen in der Menge, die sich am wüthendsten geber deten. Die Policemen hatten die Leute die ! ganze Zeit ungestört schreien und schim- ! pfen lassen, jetzt schien aber die Situa tion sich gefährlicher zu gestalten. Born ! jenseitigen Ufer des Delaware, aus den . Fabriten von Burlington und Camden ! brachten die Dampsboote nach dem Fei- ! erabend die vielen Arbeiter, und es war I zu befürchten, daß man es nunmehr nicht bei bloßen drohenden Worten und Geberden lassen, sondern zu Thaten schreiten werde. Und wirklich! Plötzlich i wurde aus der Menge ein Schuß abge- ! geben, und im selben Augenblick, als; hätte man auf dieses Zeichen gewartet , begann ein Steinbombardement egen : das Palais des »Bauners«. Die eute riefen: «Down with the Managerl Water him! Water him!« (·Nieder mit dem Direktor! Werft ihn ins Wasser!) So tönte es wirr und grell durcheinan der. Die Fensterscheiben sprangen klir rend auseinander, die Arabesken der Facade und des in Marmor gehauenen Bannes fielen polternd zu Boden, wäh rend sich einige kräftige, mit Eisenstan gen und Stöcken bewaffnete Männer einiihten, das fest verschlossene Haupt thor des Palais zu sprengen und die Eisengitter der Parterrefenfter auszu heben. Der höllenlärm wurde noch ; durch die schrillen Dampfpseifen der aus » dem Delaware vertehrenden Dampf boote vermehrt. und die ganze Umge bung widerhalte von Schreien und Pol tern. Inzwischen hatten sich mit jener aal glatten Geschmeidigteit und affenarti gen Geschwindigkeit, welche dem ameri tanischen Policeman eigen ist, über hundert Schutzleute längs der Mauern der revoltirten Straße hingeschliingelt und allmählich das Trottoir vor dem »Bauner« von den Angreisern ziemlich gesäubert, so daß letztere aus dem Fahr weg Aufstellung nehmen mußten. Eine dreifache lebende Mauer hatte sich ohne eigentlichen Kampf zwischen das Ver sicherungspalais und das erzürnteBoll eingeschoben. Die Leute überlegten ei nen Augenplici. Sie wurden von der uuv Ucll Okllcllgssscll zllslkslllcllocll Menge immer wieder gegen den Poli zeicordon gedrückt, durch den Wurd schrei der Weiber stets oon neuem auf gestachelt, und schließlich tann man bei : jedem Zusammenlaus die Beobachtung machen, daß die Menge mit einer ge wissen Hartnäckigteit und einem tamps frohen Eigenfmn der Polizei Wider stand leisten will. So schien es hier ei nen Augenblick, als ob die ausgeregte Menge einen Sturm auf die Policemen und das von ihnen beschützte Gebäude wagen wolle. Da veränderte sich plötzlich die Si tuation. Aus dem Baleon des »Bau ner«-Palais erschienen etwa zwei Du tzend junge Beamte, deren entschlossene Mienen zeigten, dasz diese Belagerung ihre Gduld bereits erschöpft habe. Der Wortsiihter schrie denn auch laut in die Menge, daß die Beamten entschlossen seien, falls nicht innerhalb einer halben Stunde die Straße frei wäre, von den Fenstern und dem Baleone aus ein re gelrechtes Revolverfeuer aus die Bela gerer zu eröffnen. Massen und Munii tion seien genügend vorhanden. Um dies zu beweisen, schossen die aus dem Balken befindlichen Beamten aus das . Kommando des Sprecherö leichzeitig in die Lust — diese vielfache Zeuersalve ! ver-fehlte ihre Wirkung nicht. Die ben noch so iarnpslustige Menge schimpste » zwar noch einige Minuten aus Leibes l trösten, aber man sah, wie sie sich all mählich in die Seitengassen zurückzog. Ein Detachernent berittener Polizei, das zur selben Zeit anrückte, beschleu nigte die Räumung der Straße, die noch vor Ablauf einer halben Stunde menschenleer war. Nur die Polizisten waren site alle Fälle zurückgeblieben « Bat war die Ursache dieses elemen taren Ausdruck-s des Voltsunroillensft Die Bersicherungggesellschast »Das Banner« hatte es abgelehnt, der von Jack Sunner hinterlasse en Waise die I Versicherungssumme vo 2000 Dollars auszuzahlen, und hatte ihre ablehnende haltung damit begründet, daß der dringende Verdacht bestehe, Frau Gun ner habe ihren Mann ver istet, ukn in den Besis des auf seinen åodessall zu ihren Gunsten oersicherten Betrages zu gelangen. Jn dein Versicherungsvertra- . i ge sei jedoch eine Vereinbarung enthal I ten, nach welcher die Auizahlung an Z den Ueberlebenden in dern Fall unter I bleibe, wenn er den Tod des Versicher s ten herbeigeführt und etwas unterlas I sen habe, wodurch dessen Leben durch s seine mögliche Hilseleistung hätte geret tet und verlängert werden können. » f Thatsache war nun, dass Frau Suni ; ner allerdings unter dem Verdachte, ih- » ’ sen Mann vergiftet zu haben, in haft « genommen worden war. Sie war jes doch noch während der Untersuchung gestorben, und zu einer gerichtlichen Verhandlung war es gar nicht gekom men. Rechtlich war sie also, da sie der Schuld nicht überführt und auch nicht verurtheilt war, unschuldig, und die Bevölkerung war nun der Ansicht. daß es derVersicherungSgesellschaft nicht zu stehe, der siehenjährigen elternlosen Waise, der Erhin ihrer Eltern. die 2000 Dollars vorzuenthalten. Es wa ren zwar die ordentlichen Gerichte ange rufen worden, aber derProzeßgang war dem Volke zu langwierig und die Men schenrnassen wollten einmal auch in Versicherungsfragen den Richter Lnnch ; spielen. Das Einschreiten der Polizei hatte die Ausübung derVoltsjustiz ver hindert, und grollend zogen sich die Be siegten unter den Rufen: .Nieder mit der Direktion! Weist sie alle in's Was ser!« zurück. s Während diese Lärmscene sich aus der Walnut Straße abspielte, bot sich " dem Zuschauer in der Chestnut Straße, . die kaum 100 Meter von dem Sise des ? »Von-ter« sern liegt. ein anderes Bild. Jn einem Hause der letzteren Straße wohnte Dr. Stefan MaxwelL Er war trotz seiner Jugend einer der gesuchte sten und beliebtesten Aerzte Philadel phia«s. Als Sohn eines der reichsten Indu striellen geboren, der ihm ein sehr gro ßes Vermögen hinterlassen, hatte Ste san seine medizinischen Studien in Paris vollendet. Mit dem Doltorhut geschmückt, iehrte er in seine Heimath zurück, die ihn bald mit vielen Ehren auszeichnen. Er war ihrer auch witt dig. Seine Kunst stellte er in den Dienst der Armen und Elenden und sein per sönlicher Muth ließ ihn bei einer Moh therie-Epidemie, die ausgebrochen war. allen Gefahren nahen. Die Mütter, deren Kinder er vorn Tode gerettet, priesen ihn als den Schuhengel ihres Hauses, aus dem er nicht nur den Tod, sondern auch die Noth vertrieben hatte. Mit dreißig Jahren bekleidete Max well eine Professur an der Universität zu Philadelphia, war Chesarzt des Kin derspitals und erster Gerichtöarzt bei dem Staatsgerichtshose in Pennsylva nien——mit wahrer Selbstausopserung widmete er sich allen diesen Ausgaben, und es blieb ihm immer noch Zeit, seine Armenpraxis auszuüben Stesan Max-well war Junggeselle. Die Sorge um seine Wirthschast hatte er einem alten Haussattotum seiner Fa milie, Miß Winzer, übergeben, die auch mütterlich siir ihn sorgte. Nebst dieser Musterwirthschasterin gehörte auch noch Maxwells Assisienzarzt Dr. Simson zum hausarzte, und selbst wenn der Professor Gäste bei sich sah« brauchte er sich um nichts zu kümmern. Frau Win zer besorgte alles und that alles. Maxwell konnte demnach ruhig sei nen Forschungen obliegen. Mit beson derem Eifer wendete er sich der gerichtli chen Medizin zu, und wiederholt hatte es zwischen ihm und den Gerichtssunl tioniiren lebhaste Debatten gegeben. Maxwell behauptete, die Polizei wäre, wenn ihr ein aeosrer Berbrecher er wischt, geradefo zu entfchuldigen wie die Richter-, die auf Grund eines ibrer An sicht nach genügenden Beweismaterials einen Unschuldigen verurtlxeilen »Das kommt davon«, pflegte er zu schließen, weil die Gauner immer pfiffiger sind, als die Polizisten und schlauer als die Richter. Man müßte eigentlich ihren Reihen die Richter und Polieemen ent nehmen« Auch mit dein Fall Sunner hatte Max-well von Amtswegen zu thun ge habt. Er nahm die Sache nicht fo leicht wie der amerikanifche Nichter, fondern war feit dem Momente, da diese Affaire ihn zu befchiifiigen hatte, nachdenklich. Offenbar ging ikfrn ein Plan, den er reiflich erwägen wollte, durch dsn Kopf. Es war bei ihm zu einer fixen Jdee ge worden, daß ein Gerichisarzi, der fei ner Aufgabe gewacher fein wolle, sich auch praktifch auf dem Gebiete polizei iirztlicher Forschungen erproben müffe —- kurz, daß eigentlich ein tüchtiger Ge richtsarzt, auf deffenAusfpruch bin zu meifi die Anklage in Kriminalfiillen er hoben wird, sich auch auf allen krimina- » liftifchen Seitenwegen auskenne müsse. Eines Abends kam Professor Max » well, ein kleines Mädchen an der Hand führend, nach Haufe. Es war gera de an dem Abende, wo vor dem Gebäude das ,.«Banner der Auflan stattfand l »Liebe helene", fagte Maxwell zu fei ner Wirtbfchafterin, »ich bringe Jhnen hier eine arme Waife, die weder Vater noch Mutter bat. Jch übergehe sie be rubgt Ihrer Sorgfalt Bringen Sie leine zu Bett und kommen Sie fo , W dann zu mir, ich habe wichtige Dinge mit anen zu besprechen.« Nach einigen Minuten lehrte Frau I Winzer, höchst gespannt auf die Mit « theilungen ihres Herrn, zurück. Dieser war inzwischen mit langen Schritten im Zimmer aus und ab geschritten und ries aus .Jawobl, ich werde das thun. ch bin dies- meiner wissenschaftlichen Ehre ichukdig·« Frau Winzer erschien im Zimmer; Max-well unterbrach seinen Monolog. .Meine liebe Frau Winzer,' begann er, .ich werde Pbiladelpbia ebestens ver lassen. Sie werden noch bei Zeiten er fahren, wohin ich begebe. Ich will aber das Mädchen, das ich soeben ge bracht, mitnehmen. und da wende ich mich an Sie mit der Frage. ob Sie uns begleiten wollen« .Bis an das Ende der Welt,« ant worte die Wirthschasierin ruhig. .So weit gebt- eg wobl nicht«, erwi derte Max-well lächelnd, »aber ich danke anen für Jbre Bereitwilligkeit.« Tags daraus haite Maxwell mit sei nem Assistenzarzt eine längere Unter-re dung, in welcher alle aus seine Praxis bezüglichen Frage-n erledigt wurden; am Abend verließ Prof. Maxweil zum großen Bedauern und Erstaunen von ganz Philadelphia die pennsylvanisckie hauptstadt Niemand lannie sein Reise-Ziel. Mark wußte nur, daß ee mit Mistreß Winzer und einem in Trauer gekleidete-i Mädchen in den New Yorler Zug gestiegen sei Ob er sich in New York niederlassen und sich dort ein-· schifer werde, wußte man ebensowenig, , aus wie irr-rege W samer var-ern dürfte. Das wußte iterng Dr. Stefan Maxwell selbst nicht. erst finden wir ihn in Paris als Willicjm Potter. Wir wollen ihn auch weiter, so lange die Gründe herrschen, die ihn zur An nahme eines anderen Namens veranäaßi ten. bei diesem Namen nennen. 1Y.Kapitel. Ein Karl-. Lehren wir nach dieser nathwendigen Abschweifung zu unseren Bekannten zurück. Wie wir wissen, hatte sich Herr Ru niiguy vom Geschäfte zurückgezogem Er hatte jährlich 25,000 bis 30,000 Francs Zinsen zu verzehren und hatte, seitdem vor zwölf Jahren seine Frau gestorben, nur zwei Leidenschaften: Die Liebe zu seiner Tochter und zur — Musii. Diese Tochter, die wir ja kennen, war zur Zeit, da wir sie bei ihrem Vater sehen, ein entzückendes junges Mädchen von achtzehn Jahren. blond und schlank, mit einem träumerischen Gesichtqu druek und von schwäunerischeni Natu rell. Sie kannte die Sorge nicht. Der leiseste Wunsch, den sie aussprach ward erfüllt» und Jeder, der sie kannte, stellte ihr eine glückliche Zukunft in Aus sicht. Jhr Vater sprach von ihr nur in den zärtlichsten Ausdrücken und schlug ihr nie einen von jenen Wünschen ab, die ein junges Mädchen schicklich he gen tannt Ein Kleid, Schmuck, einen Ball oder eine Bergniigungsreisr. Aber trohdeni verschwand die stille, nachdenk liche Traurigkeit nicht von den Zügen des jungen Mädchens, und diejenigen, die da sahen, wie ihr Vater sie ver wöhnte, standen vor einein Räthsel. Sie wußten ja nicht« daß gerade diese Zärt lichkeit die Quelle der Nachdentlichteit und Trauer bei Marguerite war. Wer genauer den Charakter des Hm Rumigny ftudirte, konnte allerdings leicht den Zustand des jungen Mädchens begreifen. Herr Rumignh war sicherlich kein elender Mensch. im GegentheiL er war vielleicht von Grund aus t. Aber die großen geschäftlichen Erfo , die er er zielte, die Bewunderung die rnan seinem kaufmännischen Genie stets gezollt, und die Ergebung seiner Frau, die stets zu allem Ja und Amen gesagt und in ihrem Nimm eins Art höheres Wesen vereint L dies alles hatte Herrn Rumigny, der an und siir sich eitel und selbstgesällig war, zu einem ungeberdigen Tyrannen ge macht, der stets seinen Willen durch sctzen wollte. Seinem Eigensinn verlieh ex einen Zug altväterischer Gutmüthig teit, wodurch die Fernstehenden sich leicht täuschen ließen. Es genügte, zu den Hausgenossen Nunrignys zu zählen. um sein Opfer zu sein« Innerhalb seiner vier Wände war er unbeschränkt-r und unsehlbarer herrschet, dessen Wille maßgebend war und der absolut keinen Widerspruch dal dete. Er unterdrückte gewaltsam jede selbstständige Meinung, er hätte am liebsten in seinem hause das Denten verboten. · « Dieser herrische und selbstsuchtige Charakter tvcrr natürlich mcht dazu an han, viele Freunde um sich zu sehen. Z war ziemlich leer in Numtgnys hause, und nur die ausdauerndsten Musikfreunde und Musitliebhuber san den sich bei ihm ein. Denn merkwürdi gerweise, dieser harttöpsige Mann war ein leidenschaftlicher Musitnarr und de ttieb mit dem Eigensinn seines Charak ters diese Liebhaberei. Aus einem Di lettanten war er allmählich ein Kenner, besonders altitaslienischer Musik, ge worden und theilte seine Zeit ischen Palestrinm Pergelose, Cimero a und « seiner Tochter. - here Rumigny liebte wirklich seine . Tochter. Ader er liebte ste, tvie er al : les Andere liebte, nrit jener selbstsüchti gen Liebe, die nur un sich denkt und sich erfreuen trill; er war eisersitchtig aus je der ver-müss- das sie old-e ihn Wh. — und mißgönnte ihr jede Freude, die sie außerhalb des Hauses und olne seine Gegenwart fand. Er war eisersiichtb ger, als es der leidenschaftlichstc Gotte sein kann. nrgnerite muer in seinem Hause glücklich fein, sie mußte genug ha ben an seiner Liebe und feiner Zärtlich keit. Der Vater Iollte ihr die ganze Welt er ehern Und wenn Freunde oder Berwan te ihn aufmerksam machten. daß das Mädchen doch schon achtzehn Jhare alt sei, und er doch daran denken mässe, sie zu verheirathen. da konnte der Alte recht roiId werden und schrie die nngebetenen Warner an: «Deirathe!1 was wollt ihr immer vom heirathen! Meine Tochter liebt nn: mich, wir blei ben usannnen. M fehlt ihr denn im Hause? Sie hat alles, was sie will. Nicht wahr, Margnerite, Du denkst nicht ans Heirathen?« Was sollte das arme Mädchen sagen. Sie schwieg oder warf sich ihrem Vater um den Hals, und dieser nahm das alles gerührt, als Zustimmung an. Was aber das Tieftvanrige an dieser Sache war: Der gute Mann war über zeugt, daß er das Glück seiner Tochter begründe, und daß er ganz richtig por Lehr. Marguerite verheirathen. Zu Gun sten eines Anderen auf ihre Gegenwart iire Sorglichleit und ihre Zärtlichkeit verzichten! Sie nicht mehr sehen, nicht mehr um sich haben-, ihre Stimme nicht mehr hören, mit ihr nicht mehr Musik treiben können! Wenn er sich daran erinnerte.welche bewundernden Blicke ihr folgten, wenn sie an seinem Arm ging oder wenn sie zusammen keiften! Das alles sollte nun ein Ende haben, nnd er a.:.. s-i...- --..- st. ö- ch» ():-«.- m· UUIHI txt-hu est-»- ktw « »nu- »u einem fremden Manne theilen? Bei diesen Gedanken rnioörte sich Herrn Ruminnns Innerste2; er nannte diese Gesetze, denen wir doch alle unter worfen sind, unsinnig und unmoralisch und nahm sich vor, vcn seiner Liede zu seiner Tochter zu lassen. ja sogar sie zu hassen. als ihm plötzlich derGedanic auf stieg, dasz er eines Tages doch gezwun gen sein werde. seine Tochter trotz al lem zu verheirathen O, wie haßt-r diesen fremden,ihm noch ganz unbetann ten Zchrviegersohn, für den er sein Kind erzogen, genährt unsv orthätschelt hatte, diesen Mann, der von heute aus mor een das Recht, erwarb, ihr die zärtlich ten Kosenamen zu gehen, sie wegzu sühren von ihm und dem sie mehr Ge horsam und Liebe entgegenbringen würde, als ihrem eigenen Vater. ,,Wohlan«, sagte der alte Mann, um sieh zu trösten uno den Schmerz, den ihm dieser Ausblick in die Zukunft bereitete, zu vermindern. »Gut, ich werde ihr ei nen Mann finden, wenn es denn sein muß. Aber ich will ihn selbst aussuchenz ich werde ihr einen ernsten und verstän digen Mann geben ans der Zahl meiner Freunde, der see iicklich machen wirs. Aus diese Weise wird mir die Trennun weniger peinlich sein, ja, ich werde mich von ihr vielleicht garnicht trennen mit s sen. S- ein junger Funt mit schrna tenden Blicken und lie « renden Re densarten, in wriche si die jungen Mädchen so rasch verlieben nnd der sie dann hetriigt und zu Garn-de richtet — das wäre mir der Rechte, lieber würde ich sie todt vor meinen Aus-In sehen.« Jn diesem Sirt-ne pflegte sich Mar gueritens Vater auch ihr egeniiher aus zudrücken. Nach solchen enen eilte sie dann aus ihr sinnt-h verschloß die Thiir hinter sich und weinte hitterlich. Sie wußte nicht warum; sie hatte bis seht noch zu niemand irgend eine Rei gtms gefaßt Eber set Here sagte ihr, daß aus diese Weise vie keuschen Liebes triiume ihrer mäcchenhasten Jugend nicht in Erfüllung gehen werden. Wie glücklich waren doch ihre Freundinnen! Sie verzweifelte an ihrer Zukunft, und Thränen rollten aus ihren Augen. Aber vor ihrem Vater verbarg sie diesen Zu stend Wenn sie wieder m dein gemein samen Zimmer erschien, lagerte ein ruhi· ges Lächeln aus ihrem Angesicht und des alte Herr sagte gganz glitt-Flieh zu W k stst k-L-- LI- --- — IIKUII, ICIIW OWIGS IUUIIIWI Hub UIIYI zu heirathen-, sie wolle ihn garnicht ver lassen und wäre zu hause ganz zufrie den. Dann zog et sie auf seinen Schopf; bedeckte sie mit Küssen, nannte sie seen liebes Greihchen und fragte sie, was et ihr Schönes taufen könne. Für ihn war Margueriie imscner noch das fünfzehn jährige Mädchen, deren größter Schmerz durch ein neues Kleid oder einen Schmuckgegenfiand gelindert werdey konnte. Aber hetrn von Rumignys Tochter war inzwischen eine junge Dame von neunzehn Jahren geworden, und was alle Welt fab. daß sie schön und begeh renpwetth sei. schien fltt Vater nicht zu bemerken. Cigenstlich ihui er nut so, als ob er ausschließlich nur der Musik seine Aufnrertsarnleii Inn-enden würde, denn seine Selbstsucht sträudie sich dagegen· zu sehen,wte · wteMarguetite herangereifi war. Aber endlich sagte er eines Morgens bei-m Ftiihsiiick: »Liebe- Kind ich habe für Dich eine große Neuistein « »Was sitt eit- denn, lieber Pape-f ftagsije Magnet-sie ityte schönen Augen neugierig aus ilnr richtend »Man bat um Mine hand- bei rnir angehalten« »So. wer denn?« Das junge Mädchen richtete diese Frage fo gleichgilii an kbren Vater der nicht ohne lenintung dieses Thema betiilnsi hatte, daß dieser voll ständig beruhigi und freudig erwiderte «Dem Musen welk « Gern-me few »F '· --h