W sitt sein seit-. Alles geordnetl« rief Clavignae, in das Cach tretend, wo Iougeret in grö ßerer Gesellschaft seinerRiicklebr harrte. »Pistalen, zwanzig Schritte; Feuer wird fortgesetzt, bis ein Resultat er reicht is .« »Gut!« sagte Fougeret ruhig. »Und der Zusammentunftöort?« ,.lttennplatz Vecinei, 7 Uhr Bar insitaga Von dort nach Asniisrez. Wagen fiir 8 Uhr. Nicht zu vergessen cn die Doltoren. Die Pistolen bringe ich mit.« »Ich überlasse Alles Dir-" lind mit einem warmen Händedruck fiir Clavignac nickie Fougerei den ande ren Freunden ein hasiich Adieu zu und verliess das Cafs. »Ein liihler Kopf, dieser Fougerei««, bemerkte bewundernd der Sportredal teur eines Morgenblattes· »Nun, er ist lein Neuling in diesem Geschäfte«, sagte Clavignac. »Seine vierte Assaire. wenn ich recht zähle.« Jn vollster Seelenruhe hatte Fouge ret sich nach Hause begeben. »Endlich, Arniand!« ließ sich eine sanfte Stimme aus der Küche verneh men. »Warte im Speisezirnmer, das Diner ist sertig." Der Tisch war mit vier Gedecken be legt und sah so verführerisch und ein iadend aus, daß der junge Mann un willkürlich seufzte. Dann erschien ein zierliches, elegantes Frauchen, ein we nig bleich, mit blauen Augen und blon dem Haar, welches eine dampfende Ter rine brachte und von einem vierjährigen Fräulein gefolgt war. das höchst ernst haft den großen Subpenlöffel trug, und einem noch kleineren Wesen, seiner Jüngsten, die mühsam nebenher trip eite. p »Was hat dies Zu bedeuten?« fragte Armand. »Die Damen serviren per sönlich? Wo ist Rose?« »Ich habe sie weggeschickt.« »Weggeschickt?»11«nd waruInZJ »Die benannt Ith unannnnotg", er trsiderte Claudine. »Ich konnte sie nicht länger behalten. Jch bezahlte ihr den vierzehntägigen Lohn und entließ sie Du verdantst Dein Diner Georgettr und mir.« »Ja«, sagte Georgette gravitätisch, »der-te haben wir gekocht. Schmectt Dir die Sappe, Panos-« ,,Deliciiis!« erklärte Armand »Ihr seid famose Köchinnem Doch« —- er senkte ein wenig die Stimme — «woher nahmst Du das Geld, Claudine, um sie zu bezahlen?« »Ich habe ja noch mein Wochengeld. Und dann wuxze ich, daß Du Dein neues Buch beinahe ertig hast und morgen vom Vuchhöndler Vorschuß verlangen tannst.'« T Armand erbebte. ; »Siehst Du." suhr die kleine Frau? ort, »mtt zwei· bis dreihundert Franks rinnen wir ganz gut durchtommen. Jn drei Wochen wirft Du Dein Buch been det haben und dann werden wir wieder reich sein« «Drei Wochenl« wiederholte Arme-nd automatisch- und legte stumm Messer und Dabel bei Seite, während feine Frau sich mit den Kindern hinauäbegan um sie zu Bette zu bringen. Armand zog sich in das anstoßende » tleine Schreibzimmer uriick, um u ar- » beitern Er war ein geseierterSchriftstel- i ier und eine abfällige Kritik iiber sein letz tes Wert hatte ihm das Duell eingetra gen. Jetzt sand er es unmöglich, nur eine Zeile zu schreiben. Allerlei Gedan ten, die er nicht zu bannen vermochte, er füllten seinen Geif . Den Kopf in die band gegtüht starr e er in das Leere-. Ein eises stachen ertönte an der Thür. ,,Armand,« murmelte eine sanfte ( Stimme, »ich gehe zu Bett. Arbeite nicht zu lange. Du sollst Diaznicht aufreiben, mein Geliebter.« Die Worte riefen ihn zu tieb selbst zu rück. Er blickte aus das Papier. Es war leer. Mit iieberischer hast begann -er zu schreiben und füllte, ohne den Kopf zu erheben, fünf oder sechs Seiten. Er hatte soeben die Worte geschrieben, die -- -«l--.- k-;--- kkb---IÄ-- ;- h-- M---h s III slssslll sbllshs OVUSUIILSI III VIII »Da-II gele t: »So fei es denn. Wenn Sie »ein Duell suchen, io sollen Sie ein Duell haben!« »Ein Duell!« chrie er auf. »Mir selbst steht ja ein uell bevor!« Und wie eine Vision zog es vor sei snetn geistigen Auge vorüber: Ein Mann, bleich und mit efchlossenen Augen, lag auf einer Sänf e und einer der Träger stand pochend an einer Thür —- feiner «Thiir, wie er sofort ertannte. Die Frau, welche dein traurigen Zuge ent , egenftiirzte und sich rnit einem entsetz ichen Schrei über ben Körper des Tob ten warf — er erkannte sie gleichfalls. Es war Claudinet Arrnand sprang auf und durchmaß auf eregt das Zimmer. Morgen also mu te er auf den Kampfe-lan. Morgen mußte er, die Pistole in der hand, fein eigenes Leben daransetzem um das eines Anderen u nehmen« Sein Zebenl Großer Gott! Gehörte es denn iban hatte er ein Recht, über dasselbe zu verfügen? Schulvete er das ielbe nicht Denjenigen, die oon ihm ab- ? hingeni Und wenn er fiele, wag würde ; an's Weib und Kindern? Kaum mehr I als hundert rancö waren im Haus« Sein einziger esitz war feine Feder, sein . Geist, sein Talent. Wo würden sie mor gen fein? » Und seine kleine Frau so schwach, so zart, was harrte ihrer? Das hospitaL Und feine Kinder, Georgette, so hübsch, so iicklich, io gefcheidtz fein kleiner g . ria —- toas würde mit ihm gesche n W Ja doch, er war verantwortlich stir Diejenigen, die er liebte. Sie lebten durch ihn und sie würden mit ihm ster ben. Die Kugel. die ihn tros, würde mehr als ein Leben vernichten. Es würde , noch drei andere Opfer geben — drei, de nen er Liebe, Glück und Brod schuldete. i Groszer Gott! Wie schrecklich das Alles war. I Aber ein Gedanke, gleich grausam, . marterte seine Seele — seine Ehre. Er tannte seine Kameraden und die » spottenden Müßigganger des Boule f vards. Was würden sie sagen? »Ein T k Feiglingl« Nein! Unmöglich! Einige « l seiner Kameraden würden ihn sicherlich i ; oertheidigen. Männer sind gutherzig Es I würde sich Jemand finden, der ihn ver . stand. s »Armand!« riet eine besorgte Stimme l aus dem Nebenraume, »sehlt Dir Etwas, mein Theaters Du hast mit Dir selbst I gesprochen, so laut. so fremd. länger als ; Z eine Stunde. Bist Du trank, mein Ge- I z liebter?« i « «Nein, nein, Kleine, antwortete er, zur z I Thtir gehend. »Nein. Sorge Dich nicht. i " Ich —- ich arbeite.« · »Theure, gute Seele«, murmelte Clau dine mit einem Lächeln. Dann als die sLidek s wes über vie schiaftxunienen I Augen fielen, sügte sie sanft, schon halb ; im Traume hinzu: ; s »Daran zu denken, Armand, was aus ; uns werden würde ...wenn Du . . . er- ! ; lranltest . . . die Kinder und ich . . . Gute « Nacht, Theaters« J Ein unaushaltsamer Thränenschwall entströmte Armand’s Augen. Er sprang ; «zu seinem Schreibtische, riß ein Blatt « Briespapier aus der Mai-de und warf in · - rasender Eile einige-Zeilen hin It Um halb 7 Uhr des nächsten Morgens stand ein tadellos in Schwarz gelieideter T Mann auf dem Felde don Beciner. Er hielt einen Brief in der Hand, dem er ei nem zweiten Manne hinreichte. »Ist es möglich?" rief der Erstere. »Ganz einsach unglaublich!« erwi derte der Zweite. »Er entrhrt nicht nur sich, sondern er —. wcu auch uns demanan »Was nicht geschehen wird!« riefen Beide in einem Athem. Und mit ernster Miene und mit gemes senen Schritten traten die beiden Män ner aus die ihnen gegenüberstehende . Gruppe zu. »Messieurö," sagte einer der Beiden, »wir bedauern, Jhnen antiindigen zu müssen, daß unser Klient und vormaliger Freund Armand Fougeret heute hier nicht H anwesend fein wird. Er verweigert es, sich zu schlagen. Ei ist unnöhig hinzu zufügen,« fuhr er, den Hut abnehmend, fort, »daß wir ganz zu Jhren Diensten i stehen —- an Herrn Fougeret’s Stelle.« -...- ..»..-—·-·«-———s «——— — zier Trauring. OW» Eine Badegeschichte von V. Wie s e n. Herr von Hegern war Regierungs- , assessor, wohlhabend und eine ausfal- j lend stattliche Erscheinung Daßeö dem ’ glücklichen Besitzer so liebenswürdiger - Eigenschaften nicht an der nöthigen Damenbelanntschaft fehlte, ist selbstver ständlich. Trotzdem war er mit 34 Jah ren, noch immer unverheirathetz denn es ist eine leider häufig wiederkehrende Beobachtung, daß man nur das schwer Crreichbare erstrebt, mühelos sich bie- , tendes Glück aber nicht zu schönen » weiß. Nun waren wieder einmal die Stra- . pazen der gesellschaftlichen Winter lampagne überstanden. —- Der Som mer war getommen und der Gesell schaftsmiide im Besitz eines vier wiichentlichen Urlaubs, der zu einer Er holungsreise ausgenuyt werden sollte. Lange war der Assessor über die Wahl seines Reisezieles unschliissig ge wesen; dann entschied er sich für ein lleineres Seebad, das ruhige Behag lichteit und eine malerifche Umgebung bot hoffentlich würde man dort nicht gleich wieder die »gute Partie« wittern. und ihn, der so gern wie das Veilchen - LI! st-— s-- Z— L—. IIU UTIUUIUIUIII VIII-III IUUUI(, III VIII T Kreis der Gesellschaft ziehen, ihn mit s belannt zuvortommender Dreinglichleit fiir diese oder jene Perle des weiblichen Geschlechts zu erwärmen versuchen. Der Tag der Abreise war da. Schon . war der Assefsor zur Thür hinausge- i schritten. als er, wie von einem plötz- g lichen Gedanken erfaßt, stehen blieb und ; ins Zimmer zurückkehrte. Er öffnete I seinen sorgsam verschlossenen Schreib- ; tifch und suchte in verschiedenen Fö- s chern emsig nach einem wahrscheinlich s lange nicht hervorgeholten Gegenstande. I Endlich hatte er ihn gefunden. Eine un scheinbare, lleine braune Holztruhe, die Hans von Hegerm in längst vergange nen Jugendtagen, den »Gesiihlstaften« zu nennen pflegte, denn sie barg aller lei Dinge, an die sich frohe oder weh miithige Erinnerungen lniipften. — Das obenaus liegende »Band der Char girten«, sowie andere Korpszeichen wurden schnell bei Seite gelegt, ebenso verschiedene bunte Kotillonschleisen — Andenlen an Backfische in weißen, mit Vergißmeinnicht oder 8eckenrosen gar nirten Mulllleidern. anz unten aber befand sich, wie ein Allerheiligstes, ein besonderes tleines Kästchen, welches weiter nichts enthielt, als ein Löckchen galten Haares und einen Trauring as Haar hatte seiner verstorbenen Mutter gehört, der Ring dem Vater. Der junge Mann nahm den goldenen Reisen heraus und streifte ihn prüfend auf den vierten inger der rechten hand. Er faßte. un. dann mochte er rnit aus Re sen gehen. Ei war eine . Ia ortginelle Idee. Daß viele Mänan ihren Trauring in die Westentasche stecken, während e auf Reisen gehen, ist eine allbekannte hatsache, dasz aber ein Unverheirathetersreiwillig das Zeichen des Ehejdchs trägt, dürfte ebenso neu wie überraschend sein. Am Abend langte der Re ierungs- » Asseffor in seinem neuen Aufenthalt-b ; rrte an. Das Kurhaus war noch nicht « überfällt, ein komfortables Zimmer zu . haben, die Aussicht von dem weit vor- ; springenden Balton geradezu wunder- » voll. Sehr befriedigt ließ sich Herrj von Hegern sein Abendesfen ferviren, - die Kurliste bringen —- in der er auch , nicht einen bekannten Namen fand —- s und begab sich zeitig zur Ruhe. f Die nächsten Tage wurden zu Spa- - ziergängen in die Umgegend und zur Besichtigung der verschiedenenAnsichtss puntte benutzt. Der Afsessor badete, las, schrieb und schlenderte umher, unbe lästigt von der übrigen Kurgesellschaft, die ihn hier weder kannte noch suchte. Es war ganz so,wie er es sich gewünscht » hatte. Diese Ruhe that ihm Anfangs ? wohl. —- Nach einiger Zeit aber fand er doch, daß die Tage sich gar zu eintönig an einander reihten. Auch an der ; schönsten Landschaft tann man sich j schließlich satt sehen. Die um zwei Uhr ; im Kurhause stattfindende table d’h6te brachte auch wenig Anregendes. « Aber an einem der nächsten Tage fand der Assessor, als die Hotelglocke zu I Tische rief, die Scenerie verändert. · Zwei Damen — augenscheinlich Mut- « ter und Tochter — waren seine Tisch nachbarn. Die Mutter rund, gutmüthig, phlegcnatifch die Tochter sehr jung, leb haft, mit entzückend rosigem Teint und lustigen Schelmenaugen. Asseffor von i Hegern stellte sich den Damen vor und setzte sich — feines Trauringes einge denk —- im Gefühl völliger Sicherheit-— neben die Tochter. Jm Laufe der Un terhaltung erfuhr er, daß die ältere; Dame Frau Rittergutsbefitzer vonMer- · tens, eines schlimmen Rheumatismus wegen, warme Seebäder gebrauchen . müsse, während Hilda nur zur Gesell- i fest-H his- cmnmn mitnvnnmmon Mord-n . i sei. i »Es ist zu dumm«, erzählte das junge Mädchen lebhaft, »daß Papa, wegen der großen Wirthschast, nicht auch herkom men konnte. Er ist solch guter Spazier- E Sänger, und hier giebt es so viel zu stei gen und zu klettern. Aber was nützt I das. Muttchen wird immer gleich , müde, und da sitzen wir denn den gan- ; gen Tag im langweiligen Kurgarten « und sehen nichts von der schönen Umge- T gend.« ! Falls Sie mit meiner Gesellschaft I verlieh nehmen wollen, mein gnädiges i Fräulein«, entgegnete der Assessor keck, und langte recht sichtbar mit der bering ten Rechten nach seinem Weinglase, »so würde ich mich Jhnen mit Vergnügen als Beschützer und Wegweiser zur Ber fiigung stellen." »Ach, wie nett!« ries die Kleine, ver stummte aber schnell vor einem strafen den Blick der Mutter. Diese ließ das « Thema fallen. Sie war zwar, als echte E Landfrau, in Sachen der äußeren Form ; nicht scrupulöö, doch schien ihr der neue Tischnachbar noch zu fremd, um Ber abredungen mit ihm zu tressen. Da sie « den goldenen Reisen an seiner Rechten bemerkt hatte, lenkte sie nun das Ge spräch nach dieser Richtung. »Sie sind verheirathet, wie ich sehe, 2 Herr von Hegern, aber ebenfalls allein ! hier« ohne Jhre Frau Getnahlin?« »Ja wohl, meine Gnädigste«, beeilte i sich der Assessor zu versicheru. —- Er war wirklich roth geworden, obgleich er nie geglaubt hätte, daß ihm dergleichen noch passiren könne »Wie drollig«, rief Hilda dazwischen, »Mama ist ohne ihren Mann, Sie ohne hre Frau hier; da müssen Sie wirk lich einer den Andern trösten.« Man lachte, die Unterhaltung wurde lebhaft, und schließlich wurde nun doch ein Spaziergang zu Dreien, nach der För sterei, für den nächsten Tag verabredet. Wie anders erschien dem Assessor jeßt der gewohnte Waldweg, als er ihn ne ben der lustig umhergautelnden Mäd chengestalt dahinschritt, dem anmuthi gen Geplauder des frischen Kinder cnundes zuhörte. und die Sonnenstrah len beobachtete, die, durch grüne Tan nenzweige sich Bahn brechend, aus Hil das blonde Flechten goldene Lichter streuten. Mama Mertens lehnte es mit dem Bemerken: ,,beim Bergsteigen gehe man bequemer allein«, ab, den Arm des Asseffors zu nehmen, und pustete, auf den Stock ihres Sonnenschirms ge stützt, bedächti hinterher, während die beiden Schnellfiißigen immer ein Stück voraus waren. Hilda hatte fortwäh rend etwas zu erzählen oder zu fragen, wobei es Hegern auffiel, wie eigenartig frisch und unbefangen ihr ganzes Wesen war. Weder übertrieben schüchtern, noch affettirt burschilos, sondern treuherzig und offen blickten ihn die großen, brau nen Kinderaugen an, und ihm, dem sonst Wortlargen, machte es Vergnü gen, dem kleinen Landmädchen, welches nie das väterliche Gut verlassen hatte, von den Herrlichkeiten der Großstadt zu erzählen. Jn der Förfterei angelangt, tranl man gemeinschaftlich Kasfee, und Hegern erbat sich die Erlaubniß, auch an den folgenden Tagen die Damen be gleiten zu dürfen. Daß in ahnungsloser Freundlichleit Frau von Mertens das Gespräch häu sig auf feine ,,liebe rau« brachte, war dem Assessor zwar höchst fatal, doch als etvandter Weltmann fand er sich chließlich in die Situation, und log uleht ganz herzhast, die bewußte Dame fände sich zumBesuch bei Verwandten, W weit hinten in Masuren. Aber allmählig hatte ihn hildas Zauber gefangen. Er tonnte sich gar nicht denken, daß einst eine Zeit kom men würde, wo ihre lustigen, braunen Augen ihn nicht mehr anblickten, ihre helle Stimme nicht mehr sein Ohr träfe. So waren vie letzten Tage seines Ur laubs herangekommen. Hegern gestand sich, daß es ihm unsiiglich schwer werden würde, den stillen Badeort zu verlassen, ohne Gewißheit zu haben, ob Hilda ihn liebe, wie er sie. Aber wie sollte er das erfahren? —- Wäre nur die dumme Ge schichte mit dem Trauring nicht gewe sen, dann war die Sache ganz einfach. Aber so! —- — Hilda und deren Mut ter hielten ihn ja siir verheirathet. Der Assessor stampste wüthend mit dem Fuße aus und schleuderte einen recht wüthenden Fluch gegen seine improvi sirte Gattin im fernen Masuren. Es war am vorletzten Tage seines Ausenthaltes in R. Jm Kurgarten spielte die kleine Badetapelle ihre häu sig disharmonischen Weisen. Frau von Mertens und Hilda saßen, mit Handar beittn beschäftigt, aus dem gewohnten Eckplahe in der grünumrantten Kolon nade; der Assessor neben ihnen, einsii -biger als sonst. Vergebens hatte er den ganzen Morgen nachgesonnen, wie sich die Sache am geschicktesten austliiren ließe, es war ihm nicht die leiseste Jdee gekommen. Sein Blick schweiste ziellos über die vor ihm liegenden Gartenanla gen. Da sah er einen Herrn, quer über den Kiesplatz, gerade aus sich zukom men. »Wahrhaftig, Hegern, da sind Sie ja! Vor einer Stunde bin ich hier ange kommen, las Jhren Namen is- der Kur liste und suchte Sie scho.. Jhrem Hotel.« Dann, aus die Damen deu tend: ,,Wollen Sei mich, bitte, vorstel len.« ,,Regierungsrath Warbrecht —- Frau Rittergutsbesitzer von Mertens, Fräu lein Tochter —« Man ver-beugte sich gegenseitig. Frau von Mertens forderte den Rath auf, Platz zu nehmen. »Bielen Dant, meine Gnädige.« Er setzte sich. »Ich komme nämlich nicht als Kurgast, sondern nur vorübergehend her, da ich in der Umgegend dienstlich zu thun habe Wie ich aber den Namen meines Kollegen Hegern in der Bade liste entdeckte, wollte ich ihm doch guten Tag sagen und sehen, wie er sich die Zeit vertreibt.« »Nun, ich denke, recht lustig«, nickte Hilda unbefangen zu hegern hinüber, der wie aus Kohlen saß. »Ja«, sagte Frau von Mertens freundlich, »wir haben mit einander viele vergnügte Stunden verlebt und bedauern es sehr, daß der Herr Assefsor uns morgen verläßt, aber er selbst wird sich wohl schon nach seiner Häuslichteit sehnen.« »Nun, da kennen Sie ihn aber doch schlecht, gnädigste Frau«, lachte War brecht, während es dem Assessor zu Muthe war, als schwebe eine Lawine drohend und unaufhaltsam über seinem Haupte, ,,solch hartgesottener Jungge selle, wie der da-, weiß häusliches Beha gen gar nicht einmal zu schätzen.« Jetzt war es heraus! —- Jetzt hatte das Verhängniß ihn ereilt! —- Der er tappte Sünder wagte kaum sich zu rüh ren. Nur ein scheuer Blick streifte Hilda. Sie sah mit großen, erschrocke nen Augen zu ihm auf, als könne sie das alles nicht begreifen. Frau von Mer- « tens aber hatte sich terzengerade im Stuhle aufgerichtet, ihr Gesicht war feuerroth geworden und um den sonst so wohlwollenden Mund lag ein Zug cbweisender Schärfe. Eine geraume Weile stockte das Ge spräch. Dann versuchte Regierungsrath Warbrecht, der —- ohne sich das Warum tlar machen zu können —- merkte, seine scherzhafte Aeußerung habe Anstoß er regt, es wieder in Gang zu bringen. Doch schien dies ein undankbares Un ternehmen. Hegern war erregt, fast ver stört, die Damen ganz einsilbig. Bald auch entfernten sie sich, indem Frau von Mertens bemerkte, daß sie vom Bade er mattet und die Musik ihr zu rauschend fei. Man trennte sich eisig höflich. »Na, um Gotteswillen, nun sagen Sie mir,.Hegern, was ist denn plötzlich los?«· fragte Warbrecht verblüfft. Mit des Assejsors Fassung war es zu Ende» « ,.:ryun Sie mir oen einzigen Gefal len, lieber Rath, und fragen Sie mich jetzt nichts. Ein ander Mal, —- bitte, heute entschuldigen Sie mich —- mor gen —", damit drückte er dem älteren Kollegen übermäßig die Hand und war im nächsten Augenblick fortgestiirmt. Morgen!——Dieser eine Gedanke ver folgte den Armen, als er ziellos durch die entlegensten Parlwege streifte. Mor gen mußte er sich mit lthildegard aus fprechen, eher konnte er aus- keinen Fall abreisen, denn schriftlich ließ sich so et was ja gar nicht erklären. Hegern hatte eine entsetzlich schlechte Nacht Endlich war es wirklich Morgen ge worden. Der Assessor erhob sich müde und zerschlagen. Er hatte beschlossen, nicht mehr auf ein zufälliges Zusam mentreffen zu warten, sondern sich ge raden Wegs bei den Damen melden zu lassen. Kaum konnte er die Zeit bis zur üblichen Besuchsstunde erwarten, dann harrte er, klopfenden Herzens, vor der Zimmerthiir, während der Kellner die Karte hineintrag. »Gnädigste« Frau bedauern, keinen Besuch empfangen zu können. Gnädige Frau ist nicht wohl, und das Fräulein ausgegangen.« Also auch das vergebens! Was nun? —- Und nur noch fünf Stunden bis ur Abreise —- es war zum Verzweifeltd s-SL! ! Es LY n Hegern eilte hinaus. Die belebte Pro menade vermeidend, schlug er einenSei tenweg ein. Er wußte selbst nicht, wo hin er wollte. Gleichviel, nur allein sein —- teinem Menschen begegnen. Am Ausgang des Partes, wo, unter dichtem Gebüsch versteckt, die alte Steinbank steht, hatte er noch vor wenig Tagen mit Hilda gesessen, ihrem herzigen Plaudern zugehört und in die lieben, braunen Augen geblickt, die so vertrau ensvoll zu ihm aufschauten. — Vorbei! Aber was schimmerte denn da durch das Buschweri hervor? — Sein Schritt stockte — das dunkelblaue Kleid kannte er doch — das lleine Matrosenhiitchen —- die blonden Flechten —. - ,,Hilda!« Das Mädchen schrak empor. —- Sie hatte geweint, die Augen waren noch stark geröthet,aber jetzt sprühten sie zor- i nig: ’ »Was wollen Sie von mir? geht ,i I Sie doch!« — ’ ! »Mit Jhnen einen Augenblick unge stört sprechen, das will ich und das wer den Sie mir gestatten; nicht wahr, Fräulein Hilda2 Wir waren doch bis her so gute Freunde.« »Nein, nein«, trotzte das Mädchen, . ,,gehen Sie fort; es ist ja alles Lug 7 und Trug, was Sie sagen.« l Heftig wandte sie ihm den Rücken, damit er die neu hervorbrechenden Thränen nicht bemerke. Hegern aber rührte sich nicht vom Platze. Mit leisen und doch beredten Worten begann er zu schildern, wie der i übermüthige, in einem unbedachten Au- ( genblick ersonnene Scherz für ihn selbst i die schlimmsten Folgen gehabt. Wie er I l ihn tausendmal bereut und doch nicht habe eingestehen wollen, aus Furcht, Hildas und ihrer Mutter Vertrauen zu l verlieren. »So mußte ich die Pein der Lüge tragen«, fuhr er fort, denn ich konnte Jhre Freundschaft, die schönen « Stunden des Beisammenseins mit E Jhnen, Hin-a. nicht mehr entbehren-« l »Ach ja«, schluchzie Hilda, »wir wa ren so froh zusammen, und auch Mama hatte Sie so gern. Jetzt ist sie aber furchtbar erzürnt, weil Sie uns solche I Schnurren aufgebunden haven,und wru Sie gar nicht mehr sehen. —· Ach Gott, wie schrecklich ist es doch, daß Sie keine Frau haben!« Da flog zum ersten Male wieder ein Lächeln über Hegerns Gesicht, und ein Blitz früheren Selbstvertrauens leuch tete in seinen Augen. Er setzte sich dicht neben das weinende Mädchen und mit fanfter Gewalt ihre Hände an sich zie hend, sagte er innig: »Ja, sehen Sie, hilda, das finde ich selbs ; und weil es so schrecklich ist, daß ich leine Frau habe, so möchte ich Sie fragen, ob Sie es nicht werden wollen — wenn Sie mir nämlich nur halb so gut sind, wie ich Jhneni!« Dabei hatte er schnell den Trauring abgestreift und an ihren zitternden Faiger gesteckt. ,,Sehen Sie doch nur, wie hübsch der böse Reif, der so viel Unheil verur sacht hat, an dieser lleinen Hand aus sieht! —- Hilda — liebe, süße Hilda — sage doch: Ja! Jch kann ja nicht mehr leben ohne Dich! —« Ob sie das Wort wirklich ausgespro chen, läßt sich nicht feststellen, denn sie weinte nur noch heftiger als zuvor. Hans von Hegern mußte aber auch dies für ein günstiges Zeichen halten. Stür mifch umschlang er die Geliebte und preßte ihr thränenüberströmtes Gesicht chen an seine Brust. Bin Sargr. Von Alexander Ghita. Aus dem Rumänischen von E r n ft W i l t e. Als ich mein Werk über die Pflanzen welt Rumäniens schrieb, bat ich Michael Nistowitsch, einen unserer trefflichsten Botaniter, schriftlich um seine Unterstütz ung. Er antwortete mir in liebenswür digster Weise, und unser Briefwechfel schloß endlich damit, daß er mich einlud, ihn zu besuchen und in Gemeinschaft mit ihm botanische Streifzüge in der Umge gend von Schopditer — so nannte sich sein Wohnort — zu machen. Ich nahm die Einladung an und war erstaunt, in diesem bescheidenen Gelehr ten einen unserer vornehmsten Bojaren, ernen Schloßherrn und reichen Grundbe sitzer, kennen zu lernen. Sein Glück mußte um so größer sein, als er trotz seiner fünfzig Jahre eine liebreizende junge Frau sein eigen nannte. Als wir eines Abends bei einem Glase - Punsch saßen, erzählte er mir, wie er zu seinem Glücke gelangt war, und die Ge schichte ist sonderbar genug, um auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden. ,,Damals«, begann er, ,,es mögen nun zwölf Jahre her sein, war ich ein armer i Privatgelehrter und, um mein Einkom- T men zu mehren, nahm ich die mir ange botene Stellung als Hauslehrer bei Jes rem Calvari auf Schloß Schopditer für feine lsjährige Tochter an, um so lieber, als die pflanzenreiche Umgebung meine botanischen Studien aufs beste fördern mußte. Eines Tages passirte mir ein Unglück. In der Mitte eines Teich-es bemerkte ich eine seltsame Wasserpslanze. Rasch ent schlossen entkleidete ich mich, schritt in den verhältnißmäßig flachen Teich und be mächtigte mich der Pflanze. Bei oer Rückkehr gerieth ich plötzlich in eine sum pfige Stelle, in bie ich bis an die Schul tern versank. Alle Versuche, mich zu be- . freien, mißlungen. Alle Hilferufe ver- « hallten an dem einsamen Orte ungehört. s Zwei Stunden mußte ich in dem ziemlich » kalten Wasser zubringen, bis ein vorüber ziehender Hirte mir endlich in einem Na s chen zu ilse kam. - Ein s es Fieber befiel W, uns « als der Schloßherr daran dachte, die seh-I weit entfernte ärztliche hilse kommen zu lassen, war es schon zu spiit — ich starb in der Nacht. Sie lachen, mein lieber Freundl Aber es war doch so. Jch entnahm den Reden des Schloßherrn, der Haushalterin Ma rianka und des Zigeuners Wanja, daß ich wirklich todt sei, und ich lag mit steifen Gliedern da, konnte mich weder regen noch einen Laut von mir geben, noch et was sehen, denn sie hatten smir in pietät voller Weise die Augen zugedriickt, und es war mir nicht möglich-, die Lider wieder zu heben. Nur hören konnte ich, was ge sprochen wurde, und zwar recht deutlich. Wanja, der die Tischlerei besorgte, hatte all seine Kunst aufgewendet, um mir einen schönen Sarg zurecht zu zitte mern, das mußte ich zugeben. Jn diesem Sarge lag ich, um meinem Begräbniß entgegen zu sehen, und Sie können sich denken, daß ich mich nicht besonders dar auf freute. Draußen fiel ein anhaltender Re en, der die Temperatur erheblich abkii lte. Jch lag ziemlich leicht gekleidet im Sarge, und ich freute mich daher —- soweit man sich in diesem Zustande überhaupt freuen konnte —- als ich merkte, daß im Kamin Feuer gemacht wurde. »Die Blätter kann man wohl verbren nen?« fragte die Magd. »Ja, das wird wohl das beste sein,« erwiderte Marianka, ,,vielleicht kann man ihn dadurch vor der Hölle retten. J glaub’ immer, daß er die schwarze Kun verstanden hat, und die kuriosen Zeichen, die er auf die Blätter,malte, haben sicher lich nichts mit unserer heiligen Schrift zu thun.« »Ja, und die Kräuter, die er suchte, haben vielleicht unser Vieh verhext.« Dabei hörte ich das Rascheln der Blätter — großer Gott! meine botani schen Aufzeichnungen, die Arbeit eines halben Lebens-. Fast wahnsinnig vor Angst machte ich schreckliche Anstrengungen, mich aufzu richten. Zunächst gelang es mir, das rechte Auge ein bischen zu öffnen, so daß ich bemerken konnte, wie die Magd Vor dein Kamin kauerte, bemüht das Feuer anzufachen, einen Theil meiner Aufzeich nungen in der Hand. Eine zweite Anstrengung — und ich konnte einenigurgelnden Ton von mir geben. Mit einem Schrei des Entsetzens sprang die Magd auf, und auch Ma rianka starrte, vor Schreck gelähmt, nach mir hin. Dann ließ die erstere die Blät ter fallen, und beide stürzten. wie von Furien gepeitscht, aus dem Zimmer. Eine Viertelstunde später trat Wanja mit einigen anderen Zigeunern in das Zimmer. Einer hatte einen zugespitzten Pfahl, ein anderer ein Beil in der Hand. »Es ist richtig,« sagte Wanja, mich scharf anblickend, »er sieht saus, wie ein Lebender. Und wenn ein Todter wie ein Lebender aussieht, so wißt Ihr, was das zu bedeuten hat." »Ein Damper Ein richtiger Bam pyr!« murmelten die anderen. »Er sieht aber doch ganz blaß aus wie ein Todter.« Freilich, wenn ich es nicht war, so mußte ich wohl blaß genug geworden sein. Kennen Sie den Vampyi-Aberglauben unseres Lan-dvolkes, lieber Freunds Ein Vainpyr ist ein Gestorbener, der aus dem Grabe wiederkehrt, um einem Verwand ten oder in Ermangelung desselben einem Bekannten das Blut aus usaugen. Man macht einen Baniphr un chädlich, indem man ihm einen zugespitzten Pfahl durch das Herz treibt. Ein Bamphr ist übri gens daran zu erkennen, daß er trotz sei nes Todes alle Zeichen blühenden Lebens an sich trägt. Nun ahnen Sie Vielleicht, wie mir zu Muthe war. Alle Anstrengungen, ein Glied zu bewegen oder einen Laut aus zustoßen, waren vergeblich. Wanja setzte die Spitze des Pfahles 2asizf mein Herz, seäi Gehilfe hob das il — Jn diesem Augenblick trat Jla, die sechzehnjährige Tochter Caloaris, ein. Jch hörte sie ausschreien —- und dann ver gingen mir die Sinne. Als ich wieder zu mir kam. unterschied ich zwei Stimmen, die Jlas und die Ma riankas. »Es ist ganz gewiß ein Vampyr,« ei ferte die letztere, »und Sie hätten es nicht hindern sollen, gnädiges Fräulein-« »Lieber hätte ich mich selbst tödten lass-n « bist-to irb hit- siißk Stimme des schönenMädchens, das sogleich in ein hef tiges Schluchzen ausbrach. »Aber weshalb? — Der fremde Mensch ——« »Der fremde Mensch? Jch habe ihn lieb gehabt, verstehst Du, ich habe ihn sehr lieb gehabt.« Nun müssen Sie wissen, lieber Freund, daß ich längst eine hoffnungslose Liebe zu Jla im Herzen trug, hoffnungs los, denn sie war so viel jünger und rei cher als ich. Stets hatte ich Worte und Blicke im Zaume gehalten, um mich nicht zu verrathen, und ich glaubte in der That, Niemand ahnie im geringsten, wie sehr ich sie liebte. Das Glück, von ihren Lip pen das Gesiänbniß der Gegenliebe zu hören, gab mir das Leben wieder. Als Marianla hinausgegangen war, versuchte ich, die weinende Jla leise beim Namen zu rufen, und es gelang mir. Zuerst ihr Schreck und dann ihTe Freude waren groß. Sie benachrichiigie zuerst den Vater von meinem Wiederer wachen zum Leben und — was soll ich Ihnen länger erzählen, lieber Freund — ich erholte mich vorzüglich, und den Aug gang der darauffolgenden Liebesgeschichi te kennen Sie.«