W beiiage des »aneiger mm INme J. P. Windolph,chtausgcbcr. Grund Island, Nebr» den Z. Ang. 1900. Jahrgang 20. No. 48. Knnft, Wissenschast und Gewerbe. WXIXXXJSW Ein neues Rettnngsboot. Von L. Ernst· Bei derfurchtbaren Catastrophe, bei der die »Bourgogne" und mit ihr viele Passagiere in’sMeer versanken, stiftete ein reicher Arnericaner, Namens Pot lat, einen Preis von hunderttausend Franken für die Erfindung eines dic Rettung von Personen sichernoen Ap parates, eventuell irgend eine Erfin dung, welche derartige gräßliche Un glücke zu verhindern im Stande sein würde. Ein intelligenter Schmeizey Herr Kaspar Fuchs in Brieni, unter nahm datan einen Versuch zur Anfer tigung eines Rettunasbootes, das nun im Modell vorliegt nnd in Paris zur Ausitellung gekannt ist. Wie aus der vorlieqerideii«21bbildiiiig des Wir-tells hervor-stehn haben wir ein Zwillinqsboot vor tin-» dnsz einem fla chen, nahezu Viereckisien Floß ähnelt; ein Sinken oder Kentern ist somit aus ( -Jig. l. Modell des Frtchs’fchcn Rettung-Z boots. s- gefchlossem Der gedeckte Jnnenraum der Boote soll zur Aufnahme von Pro viant, Trinlwasser, Decken (zum sSchutz von Frauen und Kindern) so- I «wie wenn möglich von Wärmeerzeu- I -gungsapparaten dienen. Viele Men schenleben gehen durch Kälte und . E:- . seyöpfung zu Grunde; deshalb ist ein so cher umfangreicher Vorrathsraum von großer Bedeutung. Eine bisher noch nicht überwundene «Schwierigleit bei jedem Rettungsboot bildet die Jngebrauchnahme no er folgter-n Un« tück; gewöhnlich bri t eine Panik aus« o daß die Boote überhaupt nicht zur Funktion kommen oder beim ungeordneten Einftürrnen der Passa iere Noth leiden. Dem Abhilfe zu chassen, scheint uns der Hauptvorzug des neuen Bootes zu fein. Das Boot wird nämlich leer ausgeseßt und die Passagiere gelangen mittels eines Netzes hinein, das im Nothfall als weniaer großer Eile als Strickleiter "Rutsch-, Sprung-, resp· Fangnetz, bei weniger großer Eile als Strickleiter s-. . j Zig. Z. Fuchs’sches Rettnn Zboot in nor male-r Stellun an S iffohord Das Nu chnetz fehlt. sunctionirt. Bei einein Brande können - die Boote aus esetzt und an Auszens bord, je nach ewegun der See, hoher oder tiefer in Bereit chast gehalten werden, bevor die assagiere vom Brande etwas wisxn Bei einem Zu sammenstoß, wie i der «Vourg ne« und ,.Clbe« kann das Aussehen e en salls im ersten Au endlick vomSchisss osfizier angeordn werden, ohne aus das Anstürmen der Personen zu war ten. rauen und Kinder können, nacky dem oder 4 Mann ins Fangnetz ge sprungen, um die Ordnung an Auszen bord zu handhaben, vorwegs ins Reh geworfen werden« denen die übrigen Personen dann folgen. Die Boote sol len 6 bis 7 Meter lang werden, so daß jedes Boot 30 Personen, das kpzlfcmgnetz noch 15 bis 20 au immiz s r einen Dampser mit 800 rsonen wären so mit 10 der neuen Rettun zboote er Esorderlielx Auch wenn schwerem A Sturm die Boote aus Schlagseite nicht regelrecht ausgesetzt werden können und herrenlos aus das Wasser gewor sen werden, so bieten sie immer noch ein Rettungsmittel für Personen, die sich anklammern. Selbst bei belasteten Booten bietet das Anklammern keine Gefahr siir die Jnsassen. Wir kommen nun zum Aussetzen des Bootes-: Dies würde allerdings eine andere Bauart des Schissbords erfor dern, ohne indessen mehr Platz zu be anspruchen als bisher. Das Auslad system isi aus Fia. 2 ersichtlich. Der Aushebearin (.J ist an dem kürze ren Pseiler in einein Erlenl beweglich. Beim Loslassen des Stablseils l) wird sich derselbe wegreckn binauslegen und hinten durch einen Zapsen lj gehalten werden; in dieser Laae wird das Ret tunasboot A unter die Gallerie J wa geracht außer Bord hängen. Jn den meisten Fallen können schon hier Per sei.en eingeladen werden. In Fällen der Noth beim Ausladen oder wenn die ast von 80 Personen beim Aus neh en des Bootes vom Wasser auf die Gallerie zu schwer ist, so wird das Kletternetz benutzt, das durch einen Cylinder über eine Walze gezogen unt ausgewunden wird, um so viele Perso nen aus Deck zu heben. bis das Booi genügend entlastet ist. Um den Ausbebearm aus seiner wagrechten Stelluna und das Boot selbst wieder in die schräge Lage zu bringen, ist an dem Stablseil ein Kno ten angebracht, damit das Stahlseil dieSchleuse amAuleebearm nicht mehr passiren kann. Dann wird das Boot wieder in die schritae Lage kommen und gehoben werden können. Nach diesem System dürfte in zwei bis süns Minu ten, je nach Bewegnnq der See« jedes Boot «zr»1·siillen sein. e «m - -.t-· Ulc TJULKUIlUcHUIUI lIcV FOUUXIV lUlUc te durch Ruder erfolgen. Jn dem vor liegenden Modell hat der Erfinder zwei Schrauben angebracht, die durch ein Hebelwerl, ähnlich einer Feuer pumpe in Bewegung gesetzt werden. Dies nimmt weniger Raum in An spruch und ift rascher funktionsfähig els Ruder, ferner könnte jede Person, selbst Frauen,,, Kur Bethätigung ver wendet werden. Dies hat nrch einen be sonderen Vertheil: durch die Bewe ’ gurg weran die Menschen vor dem Erstarren aeschiiszt. Die Lentunq kann durch ein Steuer oder durch Aussieben ekner Schrot-be erfolqm Trr Erfinder hält es nicht für ausgeschlossen, daß einstmals kleine Motoren an S elle der Menschenkraft treten können. ir ba den es hier mit einer bedeutungsvollen Erfindung zu thun. deren Erprodnnq im Großen wir eine gute Prognose stel len können. ----..—.-.-· Verbreitung der titebekranthein Unter den manninfachen Krankhei ten der Menschen zählt der Krebs Zu den arfiirchtetsten und verderblichsten. 073 is: daher von Interesse-, die Ver breitung dieser Geisel der Menschheit zu studiren. Während der andere große Volksschiidiaer, die Tubertnlose, eine Krantheit der ganzen Welt ist nnd sich iiber die ganze bewohnte Erde fin det, ist dies beim Careinom durchaus nicht der Fall. Allerdings sind viel zu nsenig Vorarbeiten vorhanden, um schen ein genaue-, Vilo derVerbr «tnn.g dei— Krebses geben zu können, i nier lin ist es möglich, dieselbe in Umris sen zu schildern. Wir wissen von einer ganzen Reihe trebgfreier Gegenden, nährend andererseits andere Gebiete der tsrde start betroffen werden. Ese trcchten wir zuerst Europa, so finden trir im größten Theil des mittleren und südlichen Europa den Krebs all gemein verbreitet; im nördlichsten Eu ropa ist er sehr selten anzutreffen, ebenso in Grönland; auch im Süden ttitr er nur selten auf; schon in Grie chenland fällt die geringere Frequenz des Krebses auf und in der Türkei ist dieselbe sehr gering. Jn Asien ist der Krebs im Norden ebenfalls unbekannt und im Süden sehr sporadisch; in China ist er jedenfalls seltener als in Europa· Jn Japan kommt Carcinom mehrfach vor. oen Afrita ist die 7 re auenz des Krebfses nur sehr gering in Aeghpten, Abes ynien. Tripolis, Tu nisz häufiger tritt er auf in Algiee und Madeira. Jn Senegambien ist er wenig bekannt nnd fehlt in West- und Antralafritm soweit die Angaben rei n, fast gan . Tät Australien soll Carcinom sle ··ufig sein;» 1896 nahm nach amtlicher Statistik das Caretnom m Neu-Süd-Wales neben Schwindsucht und Darmtrantbeiten die dritte Stelle unter den Todesursai chen ein. Wenden wir uns nach Ame rika, so vermissen wir den Krebs aber mals im hohen Norden; in gewissen Gegenden der Vereintgten Staaten, be sonders tn den Großstädten ist er da Iegen häufig; so ist in New York die Zareinornmortalität in den letzten Jahren gestte en. In den troptschen ind subtropi chen Gegenden Americas ffet·:kt er fast ganz, so is Wir-dien ( ! Sehr bemerkenswerth erscheint, daß er in den tiesen Gegenden Mexiko’s, in den Terms calienrcs, wenig bekannt ist, während er in den hohen Strichen, die tlimatisch den mittleren Breiten Europas entsprechen, fast ebenso häu fig roie in Europa zur Behandlung lrrnmt. Jn Brasclien, wie überhaupt in den südlichen Theilen ist er von außerordentlicher Seltenheit. Es ist wohl sicher anzunehmen, daf-; eine genauere medizinische Statistik der zurnTheil erst jungst der Kultur erschlossenen Länder oas entivorfeue Bild noch wesentlich ändern kann, allein es ist hiermit wenigstens der Anfang gemacht und mit einer genaue ren Statistik wird auch eine Berücksich tigung all der das Auftreten des Car cinrnr begleitenden Umstande Hand in Hand gehen und aus diese Weise das Dunkel der Krehsaetiologie allmählich erhellt werden. Serenisfmismus und der Friseur. Wahre Geschichte aus dem Bühnenlcben. An der Hosbiihne zu X. ist der ju gendliche Liebhaber tontraktbrürhig ge worden, weil —- weiLSeine Durch laucht zu gnädig zu ihm gewesen und das kam so. Serenissimus hat die löbliche Ge pflogenheit, zuweilen hinter den Cou lissen zu erscheinen.. um diesem oder ju.em Darsteller Elogen zu machen. Leider ist Durchlaucht sehr kurz ichtig Eines Abends —- es war Peru vrrstellung —— erblickt der gnädige Herr den Hoftåteaterfriseur in der ersten Eoulisse, einen hübschen, ele ganten junan Mann. Serenissilrnui itt mit den Mitgliedern seiner Ouync nich nicht recht bekannt geworden, Fa die Saison erst begonnen hat und halt den schueidigen Haarträusler sur den ersten jugendlichen Liebhaber der Ver sonals, der Tags zuvor mit großem Erfolge den Don Karls-s gespielt hatte. »Haben Ihre Sache gestern sehr qut gemacht!« redet er plötzlich den Friseur an. »O, bitte, bitte!« stottert dieser acan erschrocken über die unerwartete Ehre, sich tief zur Erde-neigend ,,es freui mich ausnehrnend, Euer Durchlarrcht zustiedengestellt zu haben!« . »Es-walten keine leichte Aufgabe gestern! Sehr anstrenaend in der That!« fuhr Serenissimus fort. »Gewiß, gewiß! ich mußte tächtiq heran! erwiderte der übergliictlrche Haartiinstler; »auch werden Durch taucht kaum glauben, daß ich bereits vor der Vorstellung zwanzig Priori personen srisirt hatte!« Durchlaucht sah ganz erstaunt drein. ,,»W——a-—-H.Z Zwanzig Personen fri sirtIL Das ist wohl nur ein Scherz.7« »Die strenge Wahrheit! eran«zig! Jch kann sie alle namhaft machen!«, tsetheuerte der Friseur. »Aber wie vereiniaen Sie denn diese » zum mindesten außergervdlmliche Thätigleit mit Ihrer Stellung an unserer Hofbiihne?« .l)c.lt! dachte der Berschönerunass rath, das ist eine Geleaetlheit, die Ge ljaltgsraae ;n betrat-ren- »’««ltotl7 lehrt beten!« sagte er achselznxkentt mit zoeh lnlijthiaein Lächeln »von dein, wag mir die Hoitheatertasse bezahlt, tann ich meine Faniilåe nicht erhalten nnd se mit darf ich keinen Verdienst Von ter Hand weisen!« »Es-nd Sie denn ein aelernter Fri seur?« fragte innner erstaunt-er der hebe Herr. »Ich habe in den ersten Salons «nritionirt, - — das amerikanische System der Vehandluna des Haupt haareLs ist meine Specialität.« Durchlaucht schlug ein helles Ge lächter anf. »Das ist oriqinell«, sagte er und empfahl sich. Abends war eine tleine Gesellschaft bei Hofe Serenissimus liess. es sich nicht nehmen, seinen Gästen die Mit theilung zu machen, daß der Don Kot-los der Bühne aelernter Friseur sei und, Um seine zahlreiche Familie zu erhalten, als Nebenverdienst Fri site-; nack- ameritanischem System be teei e. Was Wunder-, daß diese seltsame Mär bald die Runde durch die ganze Residenz machte. Don Kaelos —- mit Brennscheere und Haaebürstei Romeo —- rnit dem ofrisemskncmtelS Der jugendliche Lieb baber —- Vater von acht unerzogenen kleinen Kindern! — ia acht! so hieß es, denn Gerüchte übertreiben bekannt lich immer. Der arme Liebhaber traute taunr seinen Ohren, als et von dem Stadt aespräche Kunde erhielt. »Heiliger Himmel!« tief er verzweifelt aus, acht lebendiae Kinder! und ich bin an allen so unschuldig, wie ein neuaeborenegl Nach amerikanischem System! und ich habe nie eine Brennscheere in der Hand ehabtl Wer bat rnir nur die sen S reich gespielt und die vermale reiten Lügen erfunden? »Ja-— wer? wie entstehen Gerüchtes sein Leugnen — sein Eisern — sein Fluchen Halsen nichts! er blieb für das·aanze Stadt chen Friseur und Familienvater, Ia er ; erhielt jeden Tag mindestens drei bis a vier Zuschristen von Leuten (auch jungen Damen), welcte nach amerika nischem System von ihm frisirt sein wollten —- sein Name war fortan un ·i;eitrennlich von Vomade und Haaröll »Ich gebe jetzt das Engagencent al«s!«' ries endlich in sliellen Zorne-J slainnien unser Don Carlos und schrieb sofort an den Jntendanten, dasz ein fataleg Gerücht, welches uder seine Person in Umlauf aesetzt sei, ihm den ferneren Aufenthalt in X. unmöglich mache und daß er bei Sei ner Durchlaucht hiermit um die aus genijliclliche Entlassuna einkomme· Der Jntendant theilte Serenissi nsns das Entlassungsgesuch pflicht schuldiast mit. »Er ist wohl närrisch!« meinte Se renissimus, »wenn er an einem Abend zwanzig ersonen srisirt, wie er mir selbst ton identiell gestanden hat, so kann er doch erwarten, daß sich das endlich herumsprichtl Schreiben Sie ihm nur, er solle im Engagement blei bin und ruhig weiter srisiren. Wir hätten nichts dagegen, und wenn er — drei Barbierbeclen an feine Thüre hingel« Als dem vielgepriisten jugendlichen Liebhaber diese höchste Entscheidung lrörtlich und brieslich mitgetheilt wurde, ries et: »Ganz X. ist ein Toll hausl Eh’ ich aber nur einen srisire -—soll sie der Teufel alle beim Schopfe fassen!« er packte schleunigst seineReise lofser und verließ noch selbigen Tages die kleine Residenz. Erst nach Wochen klärte sich das Mißverständnisz in X. aus, sehr zufäl lig, als Serenissimus einstmals dcn Hostheatersriseur wieder hinter den Cculissen zu Gesicht beåain und in ihm den vermeintlichen ju, endlichen Lieb hcler wieder ertanntek Leider war der wirklich-.- damals ——— schon lange iilser alle Berges Ein hattnactiger Vater. Stubiosus Bummel ist abgebrannt. Was thun, denkt er. indem er mißmu thig im Zimmer aus und ab geht. Plötzlich setzt er sich an den Schreibtisch und schreibt foljendis Teleqkamm anf: ,,Schicke sofort Gely oder Revolrer.« Dein unqlijcklicixr Sohn. Tags darauf, früh nioraens, Bam n el wiegt sich nsch in Träumen, klopft eg« nnd herein tritt Ver Postbote mit ei nem Partit. Hastiq öffnet es Bummel nnd siehe, es war —— es ist rein zum Vclztveifeln — ein nagelneuer Revots ber. . . Kurz entschlossen sitzt sich Bummek « sogleich an den Schreibtisch und te!c gn phirt: ,,Sende sofort Patronen.« Wie Bummel Abends beimkommt, findet er wirtlife ein Packetchen vor, das scharfe Patronen enthält. Ein trehnsiitbiges Lächeln Umspielte seine Li; pen, was nützt-In ihm die Patronen, er hatte den Revolver schon — versetzt. ——.——-. Grase-person und Bauer-leist. Unter den inanniaiaitien Erinnerun gen an den Verstorbenen Großhean von Abendan die ietzt in den Vliii tern auftauchen verdienen die veer fentlichten Aufzeiilniunaen eines Ol denbnrqerg einen liesonderenPlan Tag aesannnte oldentuirnisme Volk , kannte seinen Großl)erzo.1, nnd auch er kannte Tausende aus ren! Volke. Wer :a meinte-, esdei ihm Unbill aeschel)en,wer in seinen erhiiltiiifsen nicht mehr nng und ein wußte, er qina zum Großher zog und tlagte ilnn sein Leid. Und fiir alle hatte er ein offenes Ohr und eine offenc Hand. Angenehm freilich ist der landegväterlische Beruf« so wie er ihn auffaßte, ihm nicht immer gewor den. Es war während der siebziqer Jahre im Schlosse zu Birkenfeld. Im großen Saale summte und surrte es von den Vielen, die sich zur Andiens1 angemeldet hatten. Die meisten waren oldenburgische und preußische Würden träger,die gekommen waren, demGroß herzog ihre Reverenz zu bezeigen Aber auch eine stattliche Schaar von Bauern hatte sich eingefunden. Der Mittel puntt der Bauern war ein Ackeree, der in höchster Aufte una darüber jam merte, daß man i m seinen dritten und letzten Sohn unter das Militär ge steckt habe. Nun solle der Großherzog helfen, denn er komme um unter all der Last und Arbeit. Und dabei blieb er, obgleich ihm einaeredet wurde, dasMi litär unterstehe nach« der Conveniion mit Preußen dem Großherzog nicht mehr, und also werde dieser ihm nicht helfen können Die Audienzen began nen, und es dauerte nicht lange, so rief der dienstthuende Flügeladjutant, uptmann v. Wedderlopp: »Ach-m » ecker ausHirstein!« Erhobenen Haup tes ging der Bauer dem vertchwiegenent Audienzzimmer entgegen. Doch nicht lange wahrte es, und man hörte seine lreischende Stimme laut Und deutlich. »Was-? Sie wollen Großherzog sein und können das nicht einmal?« Still und stumm wurde es in dem Vorzim mer; alles lauschte gespannt. Und dann hörte man weiter: »Sie sind dazu da, daß uns die Preußen nicht völlig die Haut vom Leibe 7iel2cn.« Kurz darauf öffneten sich wieder die Flügelthiiren. ,,-Ob’s was geholfen hat,« meinte das teuchende Bauerlein zu seinen Freunden, »weiß ich nicht; aber geååigt hab’ ich’s ihm gehörig.« Einige ochen später meldeten die Lo calblätter, der dritte Sohn des Acke rers Becker in Hirstein sei bonI Ell-Städt entlassen worden. «—.——-——— Gegner der Buchdritckerkunst. Erbitterte Gegner der Buchdrucker kunst sind geraume Zeit die Schreiber gewesen. Die Befürchtung, daß ihnen die neue Kunst ihr Brot nehme, ließ sie mit allen Mitteln gegen das Buchdru cken ankämpfen. Aber ihr Widerstand niitzte nichts, denn die Vortheile des Druckens waren zu einleuchtend. Aber trotzdem ging das Schreiben nicht zu Grunde. Jm Gegentheil, es entwickelte sich in bester Weise, weil sich bei der durch die Vuchdruckerkunst bewirkten Zunahme des geistigen Lebens, dem Wachsen der a gemeinen Bildung, der Ausbreitung von Handel und Verkehr der Nutzen einer guten Handschrift im mer mehr als eine Nothwendigkeit her-« ausstelltr. Das Schreiben begann po Pulär zu werden und der HerrSchreib meister eine hervorragende Rolle zu spielen. Die ehrsamen Meister des Gänsekiels und der Krähenseder waren auch von ihrer Bedeutung derart über zeugt« daß sie Schreibbiicher in stattli cherAnzahl heraus-gaben. Es gibt deut sche, italienische, niederländische, engli sche, französische, spanische Schreibbii eher aus der Jst des 16. Jahrhunderts ist ziemlirher enge. Dutzende verschie dener Maniren sind in ihnen angege ben. Die Schreibmeister suchten ihre Kunst darin, jeder Nation und jedem Stande eine besondere Art des Schrei bens zuzuweisen Zwei Hauptaattun Sen fin den Beruf ma n sieh besan-v -erå bemerkbar: die S rift für die Krnzel und die siir den Kaufmann. Man schrieb im 16. Jahrhundert vor trefflich, besonders in Italien, wo na mentlich die Cursivschrift prächtig ent rdirkelt wurde Mit ter Zeit machte sich eine Verflachung geltend, die im 18. Jahrhundert ihren Höhepunct erreichte, wie denn auch damals dieKalliaraphen in gewissen Wunderlichkeiten ihr Kön nen zu betreffen suchten. Einer dieser Herren leistete sich sogar das Vergnü qen, das Portrait Friedrichs des Gro ßen in Schnörkeln zu kalliaraphiren, ein anderer das Bildnis-, des- Großen Königs in einer einzigen, von der Na senspitze beginnenden, bald einschmei lenden, bald abnehmenden Spirale wiederzugeben I--«——.———— Der gefiel-leere Hansrncchh Eine eraötzltche Scene spielte sich kürzlich in Paris auf der Straße ab. Einer jener Menschen, die aern ein-J den Taschen Anderer jeden, schlenderte in der Rue Droont uiniier und beobach tete einen aroszenHandtoaaetn der schon ieit einerViertellstundc vor einem mehr stiictiqen Hause )ielt. Das Gefährt tvar niit einer starken Leinwand bedeckt, und das geräumige Innere ließ auf reichlichen Inhalt schließen. Da er Nie-: inanden erspähen konnte, der Interesse an dein verlassenen Wagen zeigte, « spannte er sich schnell davor und lief, « so rasch er konnte, mit seiner Beute da vr-n. tfr hatte es so eilig, daß er an der Ecke des Boulevard Montinartre und der Nue de Richelien mit einer ihm entaegentoinmenden Droschke zusam menprallte. Erfchreckt iiber seine Unge schicktheit, blickte er vrüfend auf das entführte Gefährt, ob es auch nicht Schaden gelitten hätte. Da glaubt er plötzlich eine Bision zu haben, und vor Entsetzen bleibt er wie an ewurzelt steigen. Die Leinwanddecke t eilte sich, un heraus steigt E ein kräftiger Bur sche, der, nachdem er die letzten Waaren abgeliefert und sein ihn begleitender Gefährte in einer Weinkneipe Station gemacht hatte, unter dein schützenden ach seines Wagenkastens eine tleine Siesta halten wollte. Aus süßem Schlummer wurde er nun durch die Collision geweckt. Ehe der Strolch zur Besinnung kam und seine Rettung in schleuniger Flucht suchen konnte, hatte ihn schon der sich schneller von seiner Ueberraschung erholende Hausinecht beim Kragen gepackt und einem Polizi sten übergeben. Fürsten als Ansstellungsgäste'. Zu den augenblicklichen Marotten der Franzosen, zu ihren Schwächen, Jon denen auch die Regierung nicht frei it, gehört das Verlangen, recht viele ssiirsten als Ansstellungsaäste beher )e··r«gen zu dürfen, aber echte, ordentliche T Fürsten, mindestens Könige und. auch teine gar zu exotischen. So haben die Franzosen es beispielsweise sehr iibel genommen, daß irgend ein deutches Wiszblatt vor einiger Zeit die ,, el dung« gebracht hat, die Reihe der fürst lichen Absagen auf die französischen Aussiellungs - Einladungen sei un längst zur großen Freude der» Pariser durch eine fröhliche Zusage Konig Pir lcins unterbrochen worden, nur hatte König Milan gleichzeitig um einen kleinen Reisevorschuß gebeten. Wie man sich aber die Aussicllung nicht gut denken mag ohne Kaiser und Könige, so vermag man sich auch die Kaiser und Könige nicht anders zu denken als vor Sehnsucht nach der großen Vogelwiese ar-. der Seine vergehend. Namentlich steht bei jedem Franzosen, insonderheit bei jedem so recht von Herzen deutschen fiesserischen Nationalisten unwiderleg lich fest, daß der deutsche Kaiser sich vor Sehnsucht nach der Rue de Paris und nach der Rue des Nations gerade zu verzehre. Dieser gallische Aber glcube ist nun einem harmlosen deut schen Spaziergänger in der Ausstel lung recht peinlich fühlbar geworden. Bcsagter Deutscher soll in seinem Aru sxern eine gewisse Aehnlichkeit mit Kai ser Wilhelm gehabt haben; vermuthlich beschränkt sich, nach dem, was inzwi schen über die Angelegenheit verlautet, diese Aehnlichkeit daraus, daß er einen Schnurrbart und zwar einen Schnurr bart a la Kaiser Wilhelm trug und überhaupt militärisch aussah. Das giniigte ober, um zunächst den Reporter eincs Boxerblattes auf ihn aufmerksam zu machen. Der Reporter folgte ihm, rief ein paar Bekannte heran, denen er »den deutschen Kaiser« zeigte, als Jn cognitoausstellungsbesucher— NB. der deutsche Kaiser war seit Eröffnung der Ausstellung schon ein paar Mal incog nito hier; das läßt sich kein echter und kein guter französischer Boxer nehmen. Das Anfangs kleine Häuflein derer,die »dem deutschen Kaiser« folgte, wurde immer größer. Als dann der ,,deutsche Kaiser« sich in ein Münchener Bierhaus fliichtete, wird dies förmlich gefiiirmt ton lauter Leuten, die sonst nie bayeri sches Bier trinken; der Wirth macht eine Viertel Stunde lang ein glänzen des Geschäft, aber dein armen von den fürftentollen Parisern improvisirten deutschen Kaiser bleibt nichts übrig, als sich aus der Ausftellung auf die Straße, auf der Straße in eine Drosch ke und aus der Droschke zu einem Fri seur zu flüchten, mit der Bitte an die sen, ihm seinen Schnurrbart, damit er Ruhe Vor den französischen Boxern ha be, nach Art der chinesischen Boxer, an siatt nach aufwärts nach abwärts zu brennen. Nase als Characterschcüssel. Ein Londoner Blatt schreibt: Pho siognomiker behaupten, daß die Nase der Schlüssel zum Charakter des Men schen« der ,,Jndex« zu seinem Gehirn ist. Es giebt aber, wie man so sagt, Nasen und Nasen, sogar unter den u ten Cxemplaren. Da ist die »Künst er Nase« —- Schriststeller und Maler ha ben sie oder sollten sie wenigstens ha ben —, die »Constructions« - Nase die Architecten und Jngenieuren eigen ist, und nicht die unwichtigste ist die von den Physiognomikern als ,,kamps lustig und organisatorisch« bezeichnete. Man könnte die letztere auch die ,,mili tärische« oder »Kämpfer-Nase« nennen Sie gehört großen Befehlghabern zu Wasser und zu Lande, und sie ist so hervorragned, daß man sie nicht vers kennen kann. Wellington besaß sie in abnormem Maße, in dieser Beziehung ist ihm wie in vielen anderen niemals ein anderer Soldat gleichgetommen. Sie war gleich von der Wurzel anstatt Jedoan und tourde erst zur Spitze hin qeka0c· Mculllgloll glauolc Ullcy all Nasen; und ebenso bewunderte IIer seyn eine guis Nase. Er selbst Max in dieser Hinsicht gui ausgestattet, seine Nase hatte ähnliche-, aber schärfer ges zeichnete Formen Beide sollen siir wichtige Stellungen die Leute tiach der Größe und Form ihrer Nasen gewählt haben. So Verwendeten sie also die Physiognomie siir ihre beruflichen Zwele wag ihnen zu Zeiten der Köni gin Glisabeth als ein Verbrechen ange rechnet worden wäre; denn damals setzten sich ,,alle Personen, die vorga ben, Kenntniß von der Physiognomie oder ähnlichen phantastischen Einbil dungen zu haben«, allen möglichen Ge fahren nus. Auch im jetzigen Kriege in Südasrata sind ,,Kämpser-Nasen« vertreten. Das schönste Exemplar die ser Gattung gehört dem GeneralKellh Kennh. Sie ist ganz ähnlich gestaltet wie die von Wellington. Mit solcher Nase müßte General Kellh-Kennh ei gentlich weit kommen. Aus der Nase des Generals French, die ganz gerade ist und eineSpitze hat, würden diePhh siognomiler auf Entschlossenheit und Beharrlichleit schließen. Sir Redvers Bullers Nase —- sie sieht sehr eigen thümlich aus, hat unter der Mitte ei nen kleinen Knick und die Spitze ist eckig —- toiirde wahrscheinlich als einem ,,Biifsler« gehörig angesehen werden, während Lord Kitkhener mit einer et vas ausgestiilpten Nase ,,empsindungs los-« ist. Von den Besehlshabern der Buren hat nur Lonis BotlJa eine mitt iärische Nase. Und Lord Roberts’ Nase? Sie trögt gar nicht den »Nim )ser« - Stempel. Sie ist ziemlich klein, srst gerade und hat eine gleichmäßig runde Spitze. Der »Gesichtsleser« wür )e sagen, daß ihr Besitzer großen künst erischen Jnstintt haben muß · Art-eh an sehr« guten Tafeln ist häu Ig einer der Gange ganz ungenießbar: er Gang der Unterhaltung. »