IWM Jn gefährlicher Mission. » Erzählung von Henrs Berman und Klaas Vieh-ich. (5. Fortsetzung-) Es war mir bekannt, daß die Zim mer in den oberen Stockwerten des haufes fiir den bescheidenen Preis oon täglich einer Krone oder wöchentlich fünf Kronen vermiethet wurden, uno fo wandte ich mich denn nach dem Schenltifch, wo ein leckes junges Mäd chen, die Tochter des Wirth-T die Gäste bediente. Auf meine Frage, ob ich ein Himmel bekommen könnte, antwortete ie mit der Gegenfrage: Blos für diese Nacht, oder für eine Woche?" »Das weiß ich noch nicht,« antwor tete ich, »aber jedenfalls will ich das Zimmer, wenn es mir gefällt, auf eine Woche feft nehmen« »Schön, dann kommen Sie mit her auf. Große Wahl haben Sie nicht — es ist beinahe alles befetzt.« Sie führte mich nach- oben und drei Treppen hoch nach einem etwa zehn Schritt langen Seitencorridor, an def fen Ende sie eine Thür öffnete. Das Zimmer war hell genug, denn die Abendsonne strömte durch das kleine Fenster, welches nach Westen lag. Die vier Wände einfach weiß getüncht· Ein-. kleine. eiferne Bettftelle, die Betiwäfche grob aber rein, ein Wald-ständen zwei Stiihle Und ein kleiner Tisch —- nicht viel, aber es schien ganz sauber zu fein, obgleich die Gardinen und der kleine Teppich schon von ehrwürdigem Alter und mit zahlreichen Löchern behaftet waren. Jch trat wieder auf den Cor ridor hinaus und fah mich dort um. Feine andere Thiir jiihrte aiif benig Ucuo OlcscI Lccluk F’·)Illlll!cc WIL( UHU den Vertheil, daß man mich in dem selben nicht belauschen konnte, wenn gleich ich auch meinerseits in demselben nichts hören und beobachten würde, was in den anderen geschah Schadet nichts, sagte ich zu mir sel ber, es wird jeden Argwohn einschlä sern, wenn ich das mir zuerst gezeigte Zimmer ohne weiteres annehme. »Schön, mein liebes Kind,« sagte ich laut, »ich nehme das Zimmer.« Sie streckte ihre Hand aus mit der tur zen Forderung: - »Das Geld —- siins Kronen.« Lächelnd erfüllte ich diese vorsichtige Bedingung und wurde dadurch der Ei genthümer des Zimmer-s aus sieben Tege. »Also mein braver Freund, der Po lizeihauptmann ist auch schon hier,'« dachte ich bei mir selber. »Nun, wirj irerden ja sehen, wer von uns beidenl am weitesten tomrnt.« Jn beinahe allen Theilen der Weltl nnd allen größeren Städten besitze ich Bekannte und Corresponden, die sich nicht in amtlicher Eigenschaft befinden und mir deshalb ersorderlichenfalls für solche Zwecke, wie ich sie jetzt verfolgte, nüdlich werden konnten. An demselben Abend setzte ich mich daher an die Arbeit und schrieb Brief-. nach Paris, nach Berlin, nach Wien, nach London, München, Rom, Florenz, Neapel, Madrid, Oporto, New York, Algier, Constantinopel und noch so vielen anderen entfernten Orten als nur mglich, erössete eine turze Cor respondenz und ersuchte sie, mir schleu nigst eine Antwort unter meinem der zeitigen Namen Hans Hausen und an meine jetzige Adresse nach diesem tlei nen Wirthshaus zu senden. Meine Freunde nnd meine Correspondenten wußtenBescheid und würden unverzüg lich meiner Aufforderung entsprechen, ganz ebenso wie sie in gleichem Fall aus prompte Erfüllung solcher Bitte mei nerseits gerechnet hätten Jch blieb den Abend und die Nacht - » iiber auf meinem Zimmer, ohne mit irgend Jemand ein Wort zu wechseln. Am folgenden Morgen ließ ich mir mein Frähstiick und die Morgenzeitun gen gteichsalls nach oben bringen und verbrachte dann den ganzen Tag, mit Oriesschreiben beschäftigt, in meinem immer. Gegen 9 Uhr Abends gan erst aus, nachdem ich alle meine; Sachen in meiner Reisetasche verschlos- » sen batte, die mit einem diebessichern s Brabrnaschloß versehen war. Beim! Fortgehen verfolgte ich gleichfalls mei-» i ne bisherige Taktik. Jch ging durch? das Gastzimmer, ohne irgend Jemand auch nur einen Blick zu schenken« die « Krempe meines Hutes tief ins Gesicht » gezogen und meine Hände in den Ta- l n. Unterwegs fteckte ich eine große Men- · ge von Briefen in den Kasten, begeg-; nete dann meinm Faltotum, welches ohne ein Zeichen zu machen oder von ( mir zu erhalten an n.ir vorüber gingt machte dann zu meiner Erholung einen I längeren Spaziergang am Sande, die« Enge Linie auf- und abwandernd, bis 4 ich gegen elf Uhr wieder nach der ; Mir zurückkehrte wo ich mich un- ; verzeing in mein Zimmer begab und » die Thin hinter mir abfchloß. Diesel Taktik verfolgte ich wohl eine Woche » « lang nnd bemerkte, daß ich dadurch die I Iediaife Neugier wenigstens des Wir tses nnd feiner Tochter erregte. « Segen Ende der Woche begannen siter von Briefen aus allen Theilen J »We« fiik mich onst-langem nnd das · ists wurde die Neugierde, die man. itber meine Persönlichkeit empfand, of fenbar noch gesteigert. Jn demselben Stockwerk wie ich,aber I in einem anderen Corridor, der nach der Straßenseite führte —- ich wohnte nach dem Hof heraus —- hatte ich mehrmals zwei Männer bemerkt, gro ße, schlanke, junge Leute mit ziemlich langem Haar und offenbar den besseren Ständen angebörig. Jhre schwarzen Bärte waren wohl gepflegt und ihre neißen Hände und schön geformten Nägel zeugten von ihrer guten gesell schaftlichen Stellung. Jhr Anzug war jedoch ärmlich, beinahe zerlumpt, und in ihrem Gesichtsausdruck zeigte sich ein Anflug ängstlicher Unsicherheit, der mir deutlich verrieth. daß sie in bestän diger Sorge um ihre Sicherheit lebten. Dieser eigenthiimliche erschreckte Aus druck bei der ersten Begegnung mit ei nem anderen Menschen ist das untriig liche Kennzeichen eines modernen Ver schwörers. Er empfindet eine instink tive Angst vor Fremden und vermag dieselbe nicht völlig zu verbergen, so kaltbliitig und muthig er sonst auch sein mag. Einmal holte ich mir Wasser aus der Leitung aus dem Treppenflur und kam dabei an einem dieser jungen Herren vorüber-, der in seiner offenen Thür stand. Absichtlich begrüßte ich ihn stumm mit einem turzen Kopf nieken, wie einen Genossen oder Be kunnten. Der junge Mann blickte mich etwas erstaunt an, erwiderte meine-i Gruß gleichfalls durch ein kurzes Zu nicken, und ich ging weiter. Nicht ein einziges Wort wurde dabei zwischen uns gewechselt. Als am folgenden Morgen die kleine Judin mir meine Briefe. einen ganzen Haufen, vor mei nem« Frühstück brachte, fragte sie neu gierig: »Sie bekommen aber jeden Tag eine Masse Briefe, here hanfen?« »So?« erwiderte ich, ohne mich nach ihr umzuwenden. »Ja freilich und die Leute wundern sich schon, weshalb Sie eine solche Menge bekommen-« »So, man wundert sich,« wiederholte ich und öffnete einen Brief, ihr noch immer den Rücken zutehrend. Justini tiv fühlte ich. daß sie mir behutsam näher kam, um über meine Schulter ei nen Blick auf den offenen Brief zu werfen, den ich in der band hielt, und sr wandte ich mich kurz um und sagte so rauh und heftig, wie es mir nur ir gend möglich war: »Eins müssen Sie sich ein für alle mal merken, mein Kind. Sie würden tlug daran thun, sich nur um Jbre ei genen Angelegenheiten zu kümmern und nicht etwa Ihre Nase in die mei nen stecken zu wollen. Darüber müssen Sie sich ganz klar werden« Junge Mädchen follten nur für ihre Verehrer Augen und Ohren haben —- für Nie manden sonst. Guten Morgen.« Sie rief entrüstet: »Was wollen Sie eigentlich? Jch habe Ihnen doch nichts gethan!« und warf den Kopf entrüstet in den Nacken zurück und verließ das Zimmer, die Thiir laut hinter sich zu fchlagend Soweit bewährie sich mein Plan aufs beste. Offenbar hielt man mich . für einen maßgebenden Führer der Ni » hilisten in wichtiger geheimer Mission ’ Der Argwohn, raß ich hier Jemanoem ’ nachspionieren wollte, konnte ihnen tei « nen Augenblick kommen, da ich mich ia um Niemanden hetümmerte, nach Nie » manden fragte, Niemandem einen Blick fchenkte,- mit Riemandem sprach und auch auf nichts hinhötte, was die übri gen redeten. Ein Mann, der sich ängst lich den ganzen Tag in feinem Zimmer eingeschlossen hielt, noch dazu einem Zimmer, welches von den übrigen Räu men des Hauses völlig abgesondert lag, ein Mann, der nur am späten Abend ausging und dann mit Niemandem zu sprechen.Niemanden auszulachen schien, der dafür aber zahllose Briefe aus al lei: Theile der Welt erhielt, mußte so gar in dieFemSchlupswiniel lichtscheuer Berfchwörer als auffällige Merkwür digkeit erscheinen. An dem ersten Tage meiner zweiten Woche begegnete ich wieder einem der beiden jungen Leute, als ich mir Wasser holte. Jch bemerkte, daß er diesmal die Thüre seines Zimmers öffnete, so bald er meine Schritte hörte. Jm Vorbeigehen wars ich einen hastigen Blick in das Zimmer und sah seinen Gefährten an dem Tisch in der Mitte des Raumek mit noch Jemandern sitzen, der aus mich den Eindruck machte, als ob ich ihn schon früher gesehen hätte. Dieser dritte Mann war von kleinerer Gestalt als seine Freunde und sah weit mehr wie ein Däne als wie ein Russe oder Pole aus. Er war hellblond, mit einem starken Bart, und ähnelte irgend einer mir betanntenPersiinlichleit ganz auffällig Aber ich konnte mich nicht daraus besinnen, wem er ähnlich sei. Natürlich sah ich ihn nur sliichtig und ist-vollkommen und machte auch nicht eirmal den Versuch, einen zweiten Blick aus ihn zu werfen, sondern ging direct nach meiner Ecke, holte mir mein Wasser-. riißte ebenso wie bei der stü heren Oe enheit kurz durch ein Raps nicken und ging stumm nach meinem immer zurück. Dort angelangt, zer marterte ich mein Gehirn darüber, wer wohl diese dritte Person sein könnte. dessen Gesicht mir so bekannt vorkam, aber ich fand es durchaus unmöglich mich irgendwie zu erinnern. So lehrl ich mich auch bemühte, vermochte ich diese Aehnlichkeit nirgends unterzu bringen und gelangte schließlich zu der Ueberzeugun , dasz es wohl nur eine Cinbildung fein dürfte. So verging denn auch fast noch die weite Woche ohne weitere Ereignisse nzwischen hatte ich zweimal mein Faktotum zu Frau Mellard geschickt, um ihr mitzutheilen. daß meine Rach frsrschungen naturgemäß nur langsam fortschritten, und dann auf ihre drin gende Bitte um eine Unterredung, ihr i zu erwidern, daß ich sie aufsuchen oders ihr Nachricht senden würde, wo sie mich treffen sollte, sobald es mir zweck dienlich erschiene. Vorläufig erachtete ich jedoch solche Begegnnng als hinder lich, ja gefährlich für meine jetzigen Nachforschungen Allerdings beunruhigte mich der Ge danke, die Polizei könnte vielleicht doch gegen Frau Mellard sprechende oder io schwerwiegende Jndizien ermitteln, daß sie ohne weiteres gegen sie vorginge, be ruhigte mich aber immer wieder durch die Erwägung, daß sich das hauptsäch lichste Beweissiiick sicher in meinen-. Besitz befande. Da, eines Vormittags gegen Ende der zweiten Woche, fiel mir eine unge trölfnliche Lebhafiigteit im Hause auf. Selbst ohne meine Pimmerthiir zu öff nen, konnte ich schwere Fußtritte die Treppe herauftominen und nachher wieder heruntergehen hören. Ich schrieb schnell einen Brief und aina unter dem Verwande, ihn durch die kleine Jüdin icfort nach der Post bringen zu lassen. nach unten indas Schentzimmen Aber . dort sah ich nichts Außergewöhnliches, . nicht einmal der als Matrose verlleidete ; Polizist war anwesend ——— nur eine; Frau mit einem Korbe und zwei un-! beriennbar dänische Matrosen saßen in ; der Schentstube. Aber als ich die » Treppe wieder hinauf ging, kamen ! zwei völlig Fremde dieielbe herunter, nnd ich mußte zur Seite treten, nm sie vorbeizulassem Als ich oben an der ( Stelle anlangte, wo die beiden Catri dore zusammentrafen, stand der eine der beiden jungen Herren· die ich schon mehrmals gesehen, mir ziemlich nahe, mehrere Schritte von der Thür seines Zimmers entfernt und an einer solchen Stelle, daß ich ihn unmöglich übersehen kennte Er blickte unverwandt nack« mir hin und führte dann seine Hand lengsam an seinen Bart mit einer Ge berde oder einem Zeichen, dessen Bedeu tuna mir leider unbekannt war. Ich antwortete darauf mit einem der mir bekannten nihilistiichen Zeichen, welches bedeutete, höchste Vorsicht ist geboten. Er mußte glauben, daß ich sein Zeichen ebensowohl verstanden hätte. wie er das meine verstand. Denn er blickte mich unverwandt an, grüßte mich stumm in derselben Weise wie bisher durch ein iurzes Nielen und wandte sich dann, als ich dies Nicken erwidert hatte, kurz in sein Zimmer zurück. Das Gehen und Kommen dauerte den ganzen Tag. Jch ließ die Thüre meines Zimmers etwas offen stehen, lauschte sorgfältigen als ich es bisher je gethan, und bemerkte, daß minde stens sechs Fremde in weniger als einer Stunde nach einander das Zimmer der beiden jungen Leute aufsuchten. Offen sbar mußte etwas wichtiges geschehen ein. Selbstverständlich war diese freiwil liae Gefangenschaft in der kleinen-kam mer dieses jämmerlichen Wirthshauses keine Erholung und ftellte meine Ge duld auf die bentbar schwerste Probe. Jch war an ein abwechselungsreiches Leben mit vieler Bewegung in frischer Luft gewöhnt, und hier saß ich in ei ner tleinenZelle eingesperrt, die schlim- ; mer war als die eines Untersuchungs- « aefangenen. Die Betöftigung war ge radezu scheußlich. meist taum genieß bar, und die verschiedenen übeln Düfte, ; die aus dem Tabats- undBranntwein- - dunft der Schentstube und dem ran.zi- Z gen Fett der Küche zu mir emporstie gen, machten mein Kämmerchen bei- s nahe unwohnbar. Ader so oft ich an ! die thriinenfeuchten, stehenden Augen von Frau Mellard dachte, fühlte ich mich fähig, auch die schwersten Strapa zen und Entbehrungen zu ertragen. Als ich nach neun Uhr Abends meine aewohnte Wanderung unternahm, cr hielt ich von meinem Faktoturn das für den Fall wichtiger Mittheilungen ber abredete Zeichen, und als ich mich dann mit ihm an dem vereinbartenOrte traf, übergab er m" ein an demselben Tage für mich ingelaufenes amtliches Schreiben, w rin mir mitgetheilt wur de, man hätte einen laiserlichen Diener verhaftet, welcher eine Dessertschale auf di Tafel des Zaren gese t hätte, in der sich, wie nachher entde t wurde, meh rere Schotoladenpralinees befanden, die thatfüehlich winzige, aber höchst wirksame Glaötorvedos enthielten. Die weitere Untersuchung wäre noch nicht abgeschlossen, bei dem augenfcheinlichen Zusammenhanq zwischen diesem Vor fall und der Mordthat in Kovenbaaen sollte ich mit bschfiet Energie die in meinem letzten Bericht angetündigten Nachfrrfchungen fortsehem aber die Berhaftunq so lange als möglich hin ausschieben, um thunlich viel über die Pläne und Mitschuldigen der Verbre cher zu ermitteln. «Schsn,« sa te ich zu mir, »meinem Ziel bin«ich fest schon bedeutend nä hrt. Aber dieses Gesindel wird mich ttber den sauer schießen oder vergif unwisan Nun, das schadet ni ts, und,« dabei fühlte ich nach meinem volver. .darauf verstehe ich rnich wie iraend einer von ihnen, und ge gen Gift werde ich sorgfältig aus meiner hut sein. Jedenfalls werde ich Olga von diesem schändlichem Verdacht reini en. Fetit faate ich schon »Olga« statt »Frau Mellard«. , ten· wenn es auch nur das serinse — NeuntesCapiteL Am nächsten Morgen begegnete ich wieder dem jungen Herrn aus dem Wege zur Wasserleitung. Er blickte mich unverwandi gespannt forschend und fragend an. aber ich beachtete diese stumme Frage nicht im geringsten sondern aing wortlos wie immer ais ibm vorüber. Nachdem ich meine Waf sertanne gefüllt, ging ich zurück, ohne mich umzusehen oder auch nur in sein Zimmer zu blicken, dessen Thür weit offen stand, und war schon an ihm vorüber. als er leise auf Russisch sagte; »Haben Sie es geistier Fch blieb stehen, wandte mich aber nicht um, sondern antwortete ebenso leise wie er selbe: auf Russische »Fch habe es gehört. « Daraus fraaie er in gleicher Weif:e ) »Was nun?« » Fch erwiderte sehr kurz aus Ruf siMkch l »Nichts. Erfüllen Sie den Ihnen er tbeilten Auftrag und lassen Sie mich meine Aibeit thun. Wir haben jeder unser besonderes Wert gemäß den uns aewordenen Befehlen,« und ohne mich umzuwende oder zittiictzublicken, gina ich in mein Zimmer. Danach überlegte ich bei mir selber, tann er unmöglich argwöhnen, das; ich irgend etwas von ihm oder seinen An gelegenheiien in Erfahrung zu brin aen wünsche. Er tann iiber mich nicht —: KI--- t--— ----- «·-·-I-.1- --AL Illp Essai-I LUllllllcU IUIU III-Aufsc- IIIIUIFE elen. wer ich bin. Daß ich zu ihnen ge höre und in irgend einer geheimen Mission hier weile, davon ist er be reits sest überzeugt. Daß ich ein Spton sein könnte, st ibm noch nicht einmal in den Sinn gekommen. Spione find bemüht, die Bekanntschaft der von ih nen Versoigten zu machen, und ich habe ihn wiederholt mit scharfer Kürze zurückgcwiesm Jeyt wird die Sache sich schon weiter entwickeln. Ich mußte. daß, wenn die Zeit des Handelns siir mich kommen würde, nicht geringe Gefahren mir drohten, und begann deshalb mich umzusehen, wie ich wohl meine Flucht beweristelli gen könnte, wenn mir die Treppe ge sperrt würde Mein kleines Fenster ging aus ein schräges Dach hinai:s, von dem man mit einem Sprung von höchstens sechs bis sieben Fuß sich auf das Dach des niedrigen Nachbarhauses berunterlassen konnte. Das Dach oes Nebenhauses war slach und von iizm konnte man mittelst einer nicht fünf zehn Fuß langen Regentrause aus den großen, offenen Balion gelangen, wel cher zu einer Tischlerweristatt im drit ten Hause gehörte, vielfach von den Ar beitern mit benutzt wurde und mir sicherlich ein leichtes Entkommen durch das Haus ans die Strasxe ermöglichen würde. Zu meiner weiterenSicherung kaufte ich noch einen eisernen Riegel, den ich an meiner Thiir anschraubte. Dann überlegte ich, ob es sich nicht empfehlen würde. die Karte des großen Voniak zu benutzen, aber nach reifli cher Erwägung entschied ich mich dage gen. Benutzte ich die Karte, so würden die Leute sosort an Voniak um nähere Auskunft über mich schreiben, und dann war mein Spiel in wenigen Ta gen verloren, während ich mich so bei ruhigem Abwarten des endlichen Er solaes sast sicher siiblte. Wenige Abende danach als ich, von meinem gewöhnlichen Spaziergang zu rücktehrend, nach meinem Zimmer hin aufstieg, begegnete ich aut der Treppe dem blonden iunaen Mann, den ich damals in dem Zimmer der beiden jun aen Leute gesehen hatte. Er trat bei seite, um mich vorbeizulassen, und bei dem Licht der Kerze, die er trug, und der. mit der ich mir herausleuchtete, konnte ich sehen, das-, sein Gesicht blaß und abgemagert aussah. Damals, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte er aber entschieden wohl, ja so aar etwas start im Gesicht ausgeschm Jetzt war er beinahe hohltoangig, und die Augen hatten einen ängstlichen, iurchtsamen Ausdruck. Als ich an ihm vorüber war, hörte ich, wie er in ein Zimmer des zweiten Stockwerles ging und sich dort einschloß. .Der Mann sah ja aus, als ob er in der Zwischenzeit Schreckliches er lebt hätte. halt, ich hab’s. Er hat die Glaslcpseln nach Peiereburg gebracht und ist nur mit Mühe und Noth der Verhaftuna entgangen. Nun ist er zu rückgekommen, um sich mit seinen Freunden weiter zu berathen und ver steckt zu halten. Da muß ich meine Au aen weit offen halten. Wenn ich mich nur daraus besinnen könnte, an wen dieser Mensch mich erinnert!« Als mir am folgenden Morgen die Wirtbstochter mein Frühstück brachte, - seaate sie: - »Die herren aus Nummer els lassen frage-, ob Sie ihnen vielleicht Jhr Zimmer abtreten wolltetti« Das waren die beiden jungen Leute« .So?« erwiderte ich. «Weshalb wünlchen sie denn mein Zimmer?« »Sie mächten es site den anderen Verrenkt-er gestern antam und der so trank ist« Habt Ihr denn sein anderes Zim merk «setvth mehrere Zimmer-. Aber fie möchten dies Zimmer hier haben, weil es nach dem hofe geht und Sonne bat und still und ruhig ist. und da sagten tie mir: Gehen Sie zu dem Herrn nnd fragen Sie ihn, ob er es uns nicht überlassen möchte, nnd Sie können ilzm dafiir das Vorderzimmer neben unse rem. Nummer ebn, geben, und ich habe Batern ge ragt, und Vater faste. ihm wäre es recht. Sie können das Borderzimmer natürlich fiir denselben Preis belommen, fiir fiinf Kronen die Woche. Vater ift immer gern gefällig, besonders weil die Herren fchon alte Kunden von ihm sind.« »Aber ich fithe mich hier ganz wohl und behaglich,« erwiderte ich· »Ich habe keine Lust. umzuziehen und sehe auch leinen ausreichenden Anlaß dazu. Wa rum nimmt der Fremde denn nicht das Vorderzimmer?« »Sie möchten aber dies Zimmer ha ben.« lautete die Antwort, »weil es sonniq und still ist, und der andere Herr, wissen Sie ja, ist so traut, daß er es aekn ftill haben möchte.« Nach reiflicher Ueberlegung sagte ich mir, daß sie dies Zimmer nur aus zwei Giiinden wünschen könnten, einmal, weil es so abgelegen war, daß Nie mand beobachten konnte, was darin vorgenommen wurde, und dann, weil bei einem etwaigen Ueberfall seiten-S der Polizei die Flucht iiber die Dächer verhältnißmiißia leicht war. »Ich werde mir dieSache überlegen,« faale ich daher zu dem Mädchen, »und Jksnen heute Abend Bescheid aeisien Auf einen oder zwei Taae wird es wol-J nicht ankommen. Heute ziehe icv lei ten-falls aus.« Ich tonnte mir nicht verhehlen, daß ich. wenn ich das Zimmer neben den beiden jungen Leuten nahm« dadurch die Gefahr fiir mich persönlich und die Schwierigkeit meines Enitommens er lieblich ftetaerte. Andererseits war der Vertheil, der mir daraus erwachs, daß sie dies Zimmer zweifellos fiir geheime Arbeiten benutzen und dann auch wohl irgend welche Papiere und Cortespon denzen hier aufbewahren würden, so bedeutend, daß ich mich dahin entshied, die größere Gefahr zu laufen. An demselben Abend begab ich mich cuf meinem Spaziergang zu einem gu verläfsigen Schlosser, der in unseren Diensten ftand, und brachte ihm den ziemlich kunstvollen, offenbar noch im vorigen Jahrhundert mit der Hand ge tchmiebeten Schlüssel meines Zimmers. Er nat-m einen sorgfältigen Wachs abdruet davon und versprach mir ein genaues Tuplitat zum folgenden Abend fertig zu stellen. Als mir am folgenden Morgen das junge Mädchen das Frühstück brachte, sagte ich: »Sie können den Herren sa gen, das-, ich eigentlich dies Zimmer file mich selber brauche, daß ich es ihnen aber überlassen will, wenn sie mir ge niågende Gründe dafür angeben tön neu-« »Na nu.«sagte das Mädchen erstaunt und ging beraus. Einige Minuten später tam sie mit einem Blatt zuriich aus dem mit Bleistiit einige russische Werte geschrieben waren, die gleichfalls ein mir bekanntes Stichwort der Nil-i listen deanbalts enthielten: Zu dring lichen« geheim su baltenden Arbeiten nothwendig. »Schon gut,« antwortete ich dem Mädchen. »sagen Sie dem herrn. er möchte in zwanzigMinuten herauskom men, und dann würde ich selber ihm das Zimmer übergeben." , Jch suchte meine wenigen Verhung ieiten zusammen und verschloß sie in meiner Neisetasche. Nach Ablauf von zwanzig Minuten tlovfte es an die Thür, und auf mein »Herein" trat der blonde junge Mann in das Zimmer. Es war etwas so unverkennbar Dö nisches in seinem ganzen Aussehen, in siiner Gestalt wie in seinen Gesichtsw aen, die mich so wunderbar an eine mir ketcnnte Persönlichkeit erinnerten, auf die ich mich jedoch nicht besinnen konnte. daß ich beschloß, ibn auf Dänifch anzu reden. »Es freut mich, Ihnen aefälli sein zu können. Allerdings brauchte i dies Zimmer selber. aber da Sie es für ei nen augenscheinlich noch dringenderen Zweck benötliigen, überlasse ich es Ih nen.« Er blickte mich einige Secunden lang forschend an und antwortete dann im reinsten Dänisch, fo daß mir über seine Nationalität kein Zweifel mehr blieb: »Ich bin Ihnen lehr oerbunden.« erhob mich mit den Worten: »Hier ist der Schlüssel. Einen Riegel habe ich auch angebracht. Sie werben ihn nützlich fiiiden." Er nie-te mit einem turzenDant und » nalyin ben Schlussel. Jch ergriff meine Reiletalche und gin auf die Thiir zu. Aber dann, fest ent chlofien, einen iiilincn Sprung ins Duntle zu wagen, wandte ich mich turz um und sagte wie beiläufig: «Eigei.tlich war es dkch recht thiiricht und unbedacht von Ihnen. Sie hätten diese Kapseln Niemanbein anvertrauen dürfen, der nicht zu uns gehörte-« Er blickte mich änaftlich an und ant wortete dann mir beileiern Flüstern: . «Wenn sie auch nicht Zu uns gehörte, fkand sie mir doch so nahe. daß ich ihr unbedingt vertrauen zu können glaubte.« «Sie hätten iie ater Niemandem an vertrauen Mitten-« izcht ich fort, unge mein befriedigt- dafz ich tie rechte S ur gefunden hatte. »an alleiwenig ten aber einem weiblichen Wesen.« «Sie baben»recht.« antwortete er, »ich bätte sie ier nicht anvertrauen dürfen.« »Sie hatten doch willen miifsen daß Sie dadurch dai»Leben Ihrer Geno en » und, was noch wichtiger ift. das Oe n en nnIeres Unternehmens aqu Spiel estem ’ .Ach,' seuszte er. .ds·aran« hatteich nicht gedacht. Run. es wird nicht wieder ovetornnten.« » »Rosen Sie das nachite Mal weiser und vorsichtiger iein,« entgegnete ebenso leise wie er und verkreß das Zimmer. « « »Dis« ist also der Kerl. der dte pai lenmatchinen machtes( sagte ich zu mir selber, »und er aab sie einer Dame, aber welcher von beiden —- Frau Mel laro ooer Fel. Johanieni« Die Spur wurde iest immer klarer. Das Netz des Geheimnisses war sehr fein gewoben, aber die Faden, welche nach oem Centrum fuhrten, waren jetzt in meiner Hanf-, » Mein neues Zimmer war großer und bequemer eingerichtet alb« das von mir vertassenr. Es ging auf-die Straße hinaus und bot daher wenigstens et was Abwechseluna, aber anders alt uber die Treppe tvnnte ch bei drohender Gefahr aus diesem Zimmer nacht ent iommen. Schon nach kurzer Zeit überzeugte ich Irr-eh daß man alles hören konnte, was im Nebenzitnmer vorging, und daß meine Nachbarn auch in lemer Weise darauf bedacht waren, irgend et was von mir geheim zu halten. Davon rannte ich also über eugt sein, daß ir gend etwas des Au spürens Werthei im Neben immer nicht vor sich gehen würde, ra ich vielmehr meine ganze Aufmerksamkeit aus das bisher von mir knabberte Zimmer zu richten hätte Darin wurde ich noch durch den Umstand bestärkt, daß sie während des ganzen Tages Geaenstände aus den Bordcrzimmer nach dem kleinen Hin terzimmer trugen und iedesmat, so oik sie hinausgisaem die Tbiir sorgfältig verschlossen. So verging der Tag. Ge aen 9 Uhr Abends verließ ich aus nur wenige Minuten das haus, um mit meinen Nachschliiisel zu holen, verzieh lklc Okck auf Mclltcil gkwscllhcll Spa ziergang, damit mir nichts von Wich tigkeit entainge. Etwas vor zehn Uh lehrte ich zurück und bemerkte, daß sie mit ihren Arbeiten fertig zu sein schie nen. Weniattens hörte ich, wie sie sick die hände wuschen und beha lich mit einander plauderten, als ob te sich vor einer schwierigen Arbeit erholten. Da bei fiel mit auf, daß der dritte. der blonde junge Mann, sich nur mühsam und fehlerhaft aut Nussisch verständi gen tonnte. Jm Laute derUnterhaltune hörte ich auch mit großer Befriedixxaung die Bemerkung des einen iungen us sen: »Wir sind hier vor Beobachtung ganz sicher. Wegenunseres Nach-Hart tauchen wir uns nicht im Geringften zu sorgen. Er ist augenscheinlich is wichtiger, geheimer Mission hier, unt wenn mich nicht alles täuscht, gehört et einem der höheren Grade an.« »Ja· von ihm brauchen wir teine Störungz besorgen. Er wünscht le tiigli in uhe gelassen zu werden Und onst wohnt Niemand in dieser Einge. Auf den Wirth können wir unt unbedingt verlassen.« Bald darauf verliehen tie das Zim mer und gingen nach unten jetzt ohnt die Thiir des Zimmerit hinter sich zu verschließen Sie hatten also alles her aus evracht, was iraendwie von Jn tere e fein konnte. Ich wartete weis zehnMinuten lang, ehe ich irgend etwas unternahm, dann öffnete ich meine Thiir und blickte hinaus. Die eine Treppe stieg ich vorsichtig hinunter« ohne jedoch irgend Jemand zu gehen ode: zu hören. Unten im Schon zim mer war aber solch ein Lärm wie im mer, urv so kehrte ich denn behutsam nach meinem Zimmer zurück. »Jc Icpcc Ulc," Isglc las ZU Mit Isl der. » s hat gar teinen Zweck, noch mehe Tage oder Wochen zudergeudein » eyt ist die Getegenbeit so aunitig, wie ie vielleicht nie wieder kommt. Alle Drei gleigzeitiq fort, und alle ihre wichtigen achen in dem einen Zimmer zusammen-« . zog- irieinen Ueberrock an, feste den Iut aus und untersuchte meinen Revoider. Meine Reiietaiche enthielt nichts außer ein-as Wäsche und Bruch stücken bedeutungsiaier Briefe. Die lieI ich ruhig zurück. Dann naan ich inei nen Nachschiiiss heraus« schlich aus dis Treppe und la chte gespannt Nir gends ein Laut außer dein Lärm der Schaulstube vernehnibar. Jch ichlics aiio nach der Thiir meines früheren statuiert-, klopfte leile an. dann aili eine Erwideruna von innen erfolgte. noch einmal lauter und schloß dann di Thiir auf. Ich trat in das Zimmer, verschloß die Tbür wieder von innen und choblleur Frößeren Sicherheit auch noch den iege vor. Freilich, wenn man mich überraschte, nützte mir Lag nicht viel, denn einige iciiitiae Fiißiritte eniigten, die Thiir einzubreiten Dann Falte ich meine kleine Blendlaterne her vor und leuchtete sorgsam im Zimmer umher. Aqu einem Tit befand sich ein chemischer Apparat im leinen, ein Di minutiv-holztohlenoien. Listrobre und alles, was für die Glaxbläierei irgend nothwendig war. Jetzt war mir alles tlar. Hier wurden aiio die höllischen Kapieln iabriciri. Da iaii ich auch ans dem Tisch mehrere iarie Glas-tödten, dünner als das ieinite Seidenpavier, aus denen sie dieie Mordinsiiuniente herstellten. JawolzL auch von diesen lag nsohl ein halbes Dutzend auf dein Tisch· Eine nahm ich auf: die dünne Scheide wand war bereits-s Engel-leiten aber die Enden noch-nicht zuqeichinoizen »Nun die Papierr. Ich habe teineZeit zu verlieren,« sagte ich in mir leider. Garlsehung soigU Es iii erstaunl· , d· so vielen Menschen die Miit-Inn citstziiyinpatliisels sind. da viele doch triecheru