see www · » , W ' Nie s. Foureien — Autorisirte Uebersehungdon U·Iriedheirn. I »Es-ist schon is, und der Vater«i«st noch nicht zurück«, sagte Frau hubard, zn ihrem Sohn gewendet, »er wird wie . der mit einem Rausch heimkommen Je den Sonntag wiederholt sich das, — ttilr lönnen warten, und das Essen wird l-; t.« Der Sohn, ein junger, 16jlihriger, blesser Mensch mit klugem Gesicht, schloß das Buch, in dem er gelesen atte. - h.,,Du weißt doch, dasz es stets so ist, warum redest Du noch darüber.« Ideen kleinen hinterzirnmer einer T» chlerwerlstvtt in der Rue de Verleg fzzhskeirns wurde dieses Gespräch ge n r. Oubard war als Tischler wolsl schon über 23 Jahre in der Stadt ansöfsig· Er war ein« braver Mann: Nur einen Feh ler hatte er: er sprach der Flasche gern zu, wenn auch nur einmal in der Woche, ern Sonntag. - Jn dem ganzen Stadtoiertel war Hu bard ale guter, zuverlässiger Arbeiter be kannt, und sein Haushalt galt als mu sterhaft und glücklich. Wenn der Tisch ler und seine Frau auch dann und wann meins waren, so«traf dies noch nie zu, » sobald es sich um ihren Sohn handelte, den sie zärtlich liebten,und fiir den ihnen tein Opfer zu schwer gewesen wäre Aner- verdiente diese Liebe aber ersch. Klug und fleißig, hatte er schon . als Knabe stets Lob und Anerlennung von seinen Lehrern geerntet, die sich für den begabten Schüler so interessirten, daß sie den Vater von seiner ursprüng- « lich-en Idee, den Knaben sein Handwerk zu lebten, abbrachten. Hubard hatte tein Vermögen, aber rnit eisernem Fleiß setzte er es durch, das notbige Schulaeld lir seinen Sohn zu verdienen. Und nun stand Andre-« vor dem Abiturienten Examen, und es war so gut wie sicher, » baß er gleich darauf ein Stipendian er- z holten würde, urn dann Mathematik zu ; strditen. " ( Freilich hatte der junge Mensch in all ten Jahren nichts weiter alle seine Bü- - cher gekannt, die waren ibrn das Liebste, dcsiir ließ er jede Zerstreuuna im Stirb- ; Ordentläch stolz tlang es, wenn der H Vater oder die Mutter sagten ,,unser ; Andre-M und manch ein Elternpaar aus » dem Stadtviertel, wo die Hitbardå be- i tannt waren, wünschte sich im Still-n s solchen Sohn· s l —--. U Die Uhr in der ileinen Stube schiug gerade die achte Stunde, als aus Iem Flur die Schritte des Iiichlers verneint dar wurden. Er war ein Mann von vielleicht 48 Jahren, groß und kräftig - schaun rnit breiten Schultern und leicht ergrautern Schlafennau Tie Läge waren etwas grob, aber in jun-gen Jah ren mußte Hubard ein schöner Maan gewesen fein. »Na, lorntnst Du endlich!« rief feine Frau ärgerlich, »eine Stunde warten » wir schon mit dem Essen auf Dicki.« »Das ist Deine certain warum eßt . Jhr nicht«, sagte der Tischler, der einen klein-en Spitz hatte, »wir oft half ich Dir schon gesagt, daß Jhr nicht auf mich warten iollti« Er zog seinen Rock aus«- und breitete ihn vorsichti über eine Stuhllelkne. »Wo bitt - denn so lange gewesen?« »Ja-der Kirch-ei . . . Bist Du nun zu frieden? —- Una«Du, Andcm was haft Du den ganzen Nachmittaa gemacht? Du halt sicher Dder iiber Deinen Bit chern gehe-cit? m Sonntag muß ein junger Mensch wie Du sich mit feines gleichen tumneeln!" V »Ich siehe aber kurz vor dem Examern ater.« »Ach was, daQim brauchst Du Dich nicht trank zu lernen. und wenn Du dir-S Stipendium wirklich nicht betnmrnit,« sind wir, Deine Eltern, doch auch noch . ,,Jhr habt ichan genug Opfer fiir mich gebrachi«. antwortete Andre-L Während dieser Reden letzten sie sich an den Tisch nnd die Mahlzeit dauerte länger als sonst. Vater Hubard war uter Laune und holte aus einer »be pnderen« Ecke, wie er sagte, eine Flasche Wein. Er tranl auf das glückliche Exa enen des Sohnes, und dann zog er seinen Rock wieder an. »Willst Du etwa wieder ausgehen? haft Du heute Nachmittag noch nicht ge nug ff rief Frau Hubard » ’ Dich nicht auf. Frau, um 31 Uhr bin ich wieder da. Tech habe mich mit Freunden verabredet. »Nein Freunde, die Du um solches-Zeit trissib Du weißt doch, daß Du Dich im mer befchtvaden läßt« Du tommst wie der erst urn 5 Uhr Morgens heim, und dann sannst aen andern Tag nicht arbeitern bist ranl —- und morgen bist Du gerade zu herrn Collin bestellt.« »Die Akbeit wird schon gemacht wer den. let am ruhtan Frau hudasrdg Einwendungen waren vergeblich; der Tischler lachte sie aus« nerän feinen dicken Knotenstock und ging fo — Ill. Andkö hatte dem Vorgang zwischen den Eltern weiter keine Aufmektsamkeit geschenkt; er war daran gewöhnt, das wiederholte sich jeden Sonntag. Während feine Mutter den Tisch abräumte, nahm et feine Bücher wieder dor. Es ist doch faktiskh unmöglich, Baker zu us zu halten« . rum thötest Du auch besser, ihn in Ruhe zu lassen, Vater arbeitet vie ganze Woche, da will am Sonntag eine Ab wechslung haben.·' »Ich verlange doch nicht viel; er mag ja sein Glas Bier trinken, aber wenn er H die Nacht über sortbleibt, dann tin stige ! ich mich . . . . Und dann habe ich die gnä- i lerei, wenn am Tage darauf die Kunden tommen und nach ihm fragen. Soll ich s ihnen etwa sagen: »Der Meister liegt in . der Stube und schläft seinen Rausch - aus?" . « Und dann kommen die Nach k barn und meinen spöttisch: »Herr Hu ? bard ist aber heute Morgen recht früh zu rückgekommen« Einmal hatte er so gar mit Anderen geraust und war ganz s blutig. Hörst Du, Andra-, trintcnm ein betrtrntener Mannsist schlimmer als ein Thier.« , Noch lange hätte sie so weiter gespro ’ chen wenn Anda- sich nicht in seine Ar ; beit vertiest hätte. Sie schwieg, um den ; Sohn nicht zu stören, holte einen Stoß ; zerrissener Striimpse, um sie zu stopfen, und so war denn nur das regelmäßige ’ Tut-Takt der Uhr in dem lleinen Zim I mer zu hören. I Die Zeit verging, es schlug 11 Uhr, . es wurde Mitternacht, Aner tlappte I seine Bücher zu und rieb sich die Augen, ! er war müde. I »Hör« doch endlich aufz- sagte die Mut s ter, »Du wirst Dir noch die Augen ver s derben. Und der Vater tommt wirklich s nicht, wo er nur sein mag? Sicher in ir gend einer Kneipe. wo er in schlechter Ge t sellschast sein Geld oertrintt. Wenn Du vielleicht ...." »Ich weiß schon, was Du willst,« un . terbrachsie Andr(2; ,,nein, ich hole ihn nicht« f »Ach, thu’ es doch! Sieh mal, Du s brauchst nur bis zum Casis Austerlitz zu s gehen. Jch würde es ja selbst thun, aber s wenn er getrunken hat, dann hört er nur ; noch aus Dich« E ,,’Friiher sa,« antwortete Andre-, »aber P jetzt, wo ich erwachsen bin, ist ihm das s unangenehm und mir auch.« I Die Mutter bat und bettelte, und s schließlich gab der Sohn nach. s »Heute will ich es noch einmal thun, ’ aber es ist das letzte Mal.« l Und berstimmt ging er fort 1V. Es war eine unsreundliche Nacht und empfindlich kalt. Andrss zog die Mütze tief über die Stirn und Ohren und Happ 1 te den Kragen seines Mantels ganz hoch, E während er die Enden des Halgttrches i ) i ) t i t l ) i i vor den Mund hielt. Als er durch eine kleine Seitengasse ging, um den Weg abzuliirzem hörte er an der Ecke der Hauptstraße lautes Lärknen nnd Strei ten, das aus einer Kneipe drang. Plötz lich wurde die Thiir der Kneipe ausgeris sen, und in dem hellen Lichtschein, der auf die Straße fiel, ertannte Andris sei nen Vater, der im Handgemenge mit an deren betruntenen Männern war. Nach verschiedenen Zaustschläaen war Hubard hinausgedrangt und die Thiir wurde wieder geschlossen Andrfs lief sofort seinem Vater nach, der hastig davonging »Hali’ doch! » .. Bleibv doch stehen!« tief er Hubard in seinem Rausch, glaubte sich von einem feiner Kneipgenossen verfolgt. »Was? Du w—illst mir zuL—eibe,« rief er mit heiserer Stimme. »Ich will . . . .« Weiter lam Aner in seinem Zuruf nicht« denn der Tischler hatte sich fählingg umgewendet und, ohne seinen Gegner im Dunkel zu erkennen, mit voller Wucht ei nen Stockschlag auf den Kopf des ver meintlichen Verfolgers geführt. Der stürzte denn auch wie eine schwere Masse aus dao Trottoir, und Hubard,« plötzlich erniichtert, machte sich rasch davon. Einen Augenblick lief er aufs Gerathe wohl vorwärts; als er außer Athem war, hielt er an und suchte sich zu orien tiren. Er mußte durch verschiedene tleine Querftraßen gelaufen sein, denn er be fand sich in der Ceresstraße, einer der Hauptstraßem Sein Rentontre hatte ihn etwas etniichtert: er war mit sich unzu frieden und sprach zu sich: »Ich habe vielleicht ein bischen start zugeschlagen, aber warum wollte er mich festhalten? . . . Jch mußte mich doch weh ren . .. Schad’t nichts, ich habe doch zu start geschlagen . . . Ach wagt Der Kopf wird ihm ein bischen brummen, weiter nichts . . . Rasch nach Haus, Mutter wird schon böse sein." Frau Hubard lag schon zu Bett und machte ihm bittere Vorwürfe. »Wo lannst Du Dich nur um solche Zeit noch herumtreiben?« sagte sie «,Wenn Du danach gefragt wirst, so sag’ nur« Du weißt es nicht,'· antwortete der Tischler. »Jmmer muß man Dich erst holen. Wo ist denn Andri'-?« »Ist er nicht schlafen gegangen?« »Ich habe ihn nach dem Cafs-« Auster-l li geschickt.« v«Wie oft habe ich Dir schon gesagt, daß ich nicht geholt sein will! . . . Jch bin doch tein Kind« zum Donnerwettert Wenn Du das noch mal thust, tomm’ ich überhaupt nicht wieder nach haufe!« Der Tischler fing an, sich auszuziehem behielt aber die Betnlleidek noch an; all mälig wurde er nüchtern. »Wir nur Aner bleibt?« sagte die Mutter-, »wenn ihm etwas passirt wäre?·' »Was soll ihm denn passiren,« ant wortete der Tischler und guckte die Ach klw .Jht Frauen habt doch immer ngstl« — V. . hubard hatte sich eine Pfeife ange I zltndet, um den Sohn zu erwarten. Die Uhr schlu i. Nun wurde er un . ruhig. JlMch klopfte es an der La ; denthiir. - s hubard lief rasch hin, weil er glau«bte, ) Aner sei est - f »Wer ist dei« fragte er. » »Ich, der Polizeiwachtmeister, machen " Sie aus." ’ Der Pötizeiwachtmeisters Hubard , dachte an sein- Abenteuer in der Rue Pa tlyelinx Der dumme Schlag! Wahr scheinlich wollte man ihn verhörenk viel leicht gar sestnebmem Für einen ehrsa men handwerker und Familienvater wahrhaftig nicht sehr ehrenvoll, sich mit « Strolchen auf der Straße zu priigeln .. So sah er denn ziemlich betreten aus, als er dem Beamten die Thür, die auf den Gang führte, öffnete- j »Herr Hubard«, sagte der Wachtmei- s ster, der den Tischler kannte, mit ge- ? dämpfter Stimme, »ich möchte Sie gern s « allein sprechen. Kann Jhre Frau uns J non hier aus hören?« »Nein, sie liegt im Bett . . .. ich weiß « schon .. .. Sie kommen wegen . . . .« - » ubard,'« meinte der Beamte und ergr nach des Mannes Hand, ,,seien "Sie«.. al recht muthig, ich bringe Jhnen eine chlechte Nachricht. ’ Der Tischler wurde. vor Schreck j ; blaß. » J »Ich bin absichtlich als- Erster gelom- » ! men, um Sie vorzubereiten,« fing der » T Beamte wieder an; »es ist . . . nämlich Y— Ihrem Sohn ist was zugestoßen.« : - »Meinem Sehnt« rief der Tischler, ’ I»Herr Gott .!« ; » Frau Hubard hatte den Ruf gehört, ; « nothdiirstig bekleidet, kam sie herbeige- s stürzt. ! »Unserm Andre-· . . . . ist ein Unglück I passirt,« jammerte sie. i Der Tischler streifte zornbebend, wie zum Kampf die Hemdärmel in die Höhe. ,,Stern und Hagel!" rief er und schlug mit der Faust auf eine Hobelbant j ,,Uebersallen —- den schwächlichen Juni f gen! Das muß ja ein Thier, aber kein l Mensch sein! Wie kann man so ein « Kind angreifen!« »Ruhig, Hubard, —- sre bringen ihn schon.« »Herr Wachtmeister, sagen- Sie die , Wahrheit,« jammerte die Mutter, ,,ist ! es sehr schlimm?« Der Mann zog Hubard bei Seite. ,,F»)nbard, Sie sind doch ein Mann! l Beweisen Sie eg jetzt; es ist sehr, sehr l schlimm, aber ich verspreche Ihnen, daf; l wir den Täter schon finden werden« »Ja! Der Elende muß gesunden werden« Herr Wactktmeister.« i »Weil soll der feige Mörder nicht ; lommen!« i »M51"Ier?« schrie der Tischler. »m—:.n i» l i bat mein Kind — ermordeM Heiliger Gott!« - Er rang nach Lust, während seine » Frau in die Knie gesunken war und das-K Gesicht schluchzend in den Händen arg. ,,Fre1:nd, Freund, geben Sie si so der Verzweiflung hin,« suchte amte zu trösten. »Es ist ein fii chech Unglück . . . . Er bis allemAnschein l ( l «i’ tauchte in ihm aus. ngstvoll stotterte er: »Sie glau . .. let . . . ben, daß er knit einem St.... Ot....ock....« »Ja, sagte der Wachtmeister, Jeden satt-z mit einem Stockschlag. Wir ha ben den Knaben besinnungglos aus der Straße gesunden. Jch habe ihn dor siehtig aufgerichtet; er hat die Augen aufgeschlagen und aus meine Frage: »Wer hat Sie geschlagen?« hat er wie erschrocken gesltistert: »Ich weiß nicht««, und dann ist er ohnrnächtig geworden und . . . .« »Und?« sagte die Mutter. »Und gleich daran war er todt! Aber wir werden den Verbrecher finden; er soll seiner Strafe nicht entgehen! Das Verbrechen ist in der Rue Pathelin ge scheben.« Der Tischler schien wie vom Schlag gerührt; kalter Schweiß bedeckte sein Gesicht, die Augen quollen ihm sast zu den Höhlen her-aus« er stotterte einige unzusammenhöngende Worte und wäre haltlos vorübergestiirzt, wenn der Be amte ihn nicht ausgesangen hätte. Vl. Jm selben Augenblick erschienen Leu te, die auf einer Tragbahre den tobten Knaben brachten. Die Mutter stürzte sich auf den Todten, und mit gellenbem Schrei sah fie die llaffende Schädelwnnde. Wäh rend man Das arme Weib von dem ent setzlichen Anblick fortzuführen suchte, hatte sich der Tischler hinter einen Hau fen Bretter geflüchtet; bis zur Unkennt liehleit verändert, rief er mit jammern der Stimme unausgesetzt : »Ich l)ab’s ja nicht gewollt! Jch heil-F- ja nicht gewollt!« Mit Mühe nur konnte ""man ihn aus seinem Versteck hervorholem Er war tobsiichtig Kaum Einer aus dem ganzen Stadtviertel fehlte bei dem Be gräbniß Anders-T Sein Sarg war mit Blumen wahrhaft überschüttet. Die ganzePolizeimacht war aufgeba ten, um den Berbrecher zu entdecken, die genauesten Nachforschungen wurden an gestellt, . . . . alles blieb vergeblich! hubarbss Wahnsinn war unheilbar, und nie ift das Gebeimniß dieses bluti M Familiendranms aufgeklärt wor . Braue-zwei Wegen Von hanö Lindau. ——-.—— » mmanuel Kant, dessen Name in der Ge chichte des menschlichen Geistes nie erlöschen wird, hatte auch einmal ein vor übergehendes Erlebnis zarter und ge süblooller Natur zu erfahren Der Ver fasser dieser Geschichte ist sich bewußt, wahrheitsgetreu zu berichten, aber er fürchtet doch, daß man ihm keinen Glau ben schenken werde; denn, so wird man fragen, wie kommt er zu dieser Kennt niß? Daran könnte der Angegrisfene erwidern, was der Wahrheit entspräche, und was weitläufig auseinandergesctzt werden müßte; aber er verzichtet lieber darauf von vornherein. Möge ihm glauben, wer ein freundliches Herz hat. Es war im letzten Viertel des acht zehnten Jahrhunderts in einer deutschen Universitätsstaot, wo man sich bereits für alles interessirte und über alles Er denkliche Vorträge hielt, hörte und schrieb Der Held dieser Geschichte hatte soeben ein Kolleg über das Volk der Niederländer gehalten. Er war we der Geograph noch Historiker von Fach, aber er liebte alles Wissenswerthe und beschäftigte sich damit in größtem Stile. Wo er nicht viel Einzelnes wußte, da hatte er große Gesichtspunkte leicht bei der Hand, und weil ihm ein guter Theil der Welt durch Fleiß und Eifer bekannt geworden war, so war auch das zeitwei lig Unbekannte ihm gleichsam vertraut. Er fühlte sich in der kleinen Welt mensch lich-en Wissens überall behaglich zu Hause. War er auch kein flotter Unter balter, so lag doch ein künstlerischer Zug in seinem Vortrage, dei- unter der trocke nen Hülle die Kenner doppelt werthvoll empfanden. Er saß ietzt in seinem stillen Stäb chen und vor ihm lagen kleine beschrie bene Zettel, in denen er mit den mageren Händen behutsam herumlramte. Die Sonne ging eben unter und oergoldete im Scheiben die alte deutsche Stadt und die weite Landschaft ringsum, so weit die Augen der Bürger reichten. Einige bewunderten die ,,Tinten« des Abend himmels, einige fühlten sich zur Andacht gestimmt, was wir hier unerwähnt las sen lönnten wäre es nicht von Wirkung auf unsere Gelehrten gewesen. Nicht überall und immer gehen from me Gefühle ohne Eindruck auf die um gebende Welt vorüber. Der Mensch als ein mittheilsanies Erdenwesen befleißiat sich, wag ihn im Inneren bewegt, auch äußerlich kräftig und angemessen zu verkünden, und nicht ungehorsam erweisen sich dem jetzigen Herrn der Erde seine angeftammten Werk: ieuge Aus dem benachbarten Haufe drang ein oielstimmiaer Finabenaesang fest nnd vertr.uenszooll in den Abend heraus um herüber auch in das: Denker gemach so daß der Raum si«t:, fin den Jniassen ftüreno benierltich mit rksntts mischen Schwingungen gleichmäng füllte Dieser war kein Freund Der Musih besonders ihrer auroringlichen Allgegenwart wegen· Er lehnte sich triibselig in den Stuhl zuriick nnd streckte die Arme gegen den rlrbeitztisch daß er ein wenig rückte. Dann stand er auf, durchmaß das kleine Zimmer mit be dächtigen Schritten, setzte sich nieder, und feine ruhigen blauen Augen ließ-In ten siegreich-en Herrn der Situation er kennen. Er sah nach der Uhr; aber dies dauerte sehr lange, weiß Gott, was ihm dabei eingefallen sein mochte. Er lächelte ganz heiter vor sich bin. Dann aber nahmen feine Züge einen ernsten und alten Ausdruck an, und während die Lichtstrahlen den ungeheueren, mit fei nen blauen Aederchen an den Schläer durchzogenen Schädel zum letzten Male umspielten, machte er sich, so gut es ging, trotz des Choralg an seine Arbeit. Da öffnete sich facht die Thür, nnd in sanfter Weise trat mit einer kleinen Oellampe in der Hand ein Diener her ein, setzte die Lampe auf den Tisch neben seinen Herrn, bückte sich, schraubte noch ein wenig und ging hinaus, wie er ge kommen. Nach einer kleinen Weile er schien er noch einmal und wars einen prüfenden Blick auf die Lampe, woraus er befriedigt und geräuschlog verschwand, während noch immer, laut und glau- » bengfroh der fromme Gesang die Nach barschaft durchtönte. Da geschah, gelinde gesagt, etwas Ungewöhnliches. Es klin gelte, zu dieser Stunde, an der Woh nungsthiirt Der Klingelton durchdrang vernehmlich die voll q"uellende«9lbend hhmne und lenkte den einsamen Arbeiter von seiner Beschäftigung wiederum ab. Er hörte feinen Diener draußen mit ei nem weiblichen Wesen Worte wechselt-» i und da es ihm nicht behagte, die Außen- » stehenden zu belauschen, das Gespräch i ihn aber doch fesselte, so stand er auf und ging selbst hinaus. »Ist der Herr Professor noch zu Hauer« hatte sie, und»Natiirlich!« hatte l der Diener gesagt. Darauf hatte sie ge meint, daß dies eigentlich aar nicht so ( natürlich wäre, denn Professors seien nach dem Kolleg nicht nach Haufe, son dern mit ihren Frauen zum Schützen liof gegangen, wo doch auch ihre Herr schaft, der Herr und die Frau Retto:, sei, mit denen sich der Herr Professor verabredet habe, und natürlich sei es überhaupt nicht« daß . . . Hier war der Diener einen Schritt zurückgetretem und sie hatte ein Taschen tuch vorgezogen, mit dem sie sich den rast losew Mund bedeckte; denn der Professor toar in der Thür zum Gange erschienen. Die Lampe, ihm im Rücken, beleuchtete eine zierliche, mittelgroße Gestalt Er and etwas vorgebeugt »und zupfte mit einer Hand ans seinem länglichen Ar W be,itsrocke, daß auch der« kleine Zopf im Halse hinten davon erschüttert war. »Ich hörteSie sprechen! Da ist mir-ruf gesallen, daßSie einen Jrvthum begangen haben, wenn Sie meinten, daß ich mich mit dem Herrn Rettor verabredet abe. Es kommt leidet oft vor, daß ich Kleinig leiten vergesse, aber eine Verabredung würde ich nie vergessen, so lange ich über meine Gedanken verfügen kann. Nun, 7 es hat ja nichts zu sagen,« fügte er mit F sehr gütigem Lächeln hinzu, als das i Mädchen leicht erröthete. Er fah auf ; seinen Diener und sagte: »Es muß hier " eine Verwechselung vorliegen, oder viel . leicht ist der Ausdruck falsch gewählt T worden, und der HerrsRettor hat mich . aussordern wollen, zum Schützenhof zu j kommen, ist aber dann daran verhindert s gewesen, das kann ja wohl möglich sein.« I »Natürlich!« sagte der Diener, und z als fühle er, daß das keine hübsche Ant E wori auf den freundlichenxsttedeflufz sei - nes Herrn und Meisters« gewesen, setzte » er berichtigend hinzu: ,,Natiirlicher j Weise!« Worauf dieser wieder still lä " chelte. · I »Jtem, hier liegt ein Jrrthum vor,« i erklärte er endlich. i Die Denstboten verhielten sich noch ! immer ruhig, und da der Abendgesang J fein Ende erreicht hate, wurde die Stille um so fühlbarer. . »Um der Angelegenheit auf den Grund J zu gehen, werde ich mich doch wohl zum Schützenhofe begeben miisfen,« sagte der Professor endlich, und da ihm nun das Mädchen erklärte, um den Herrn Profes sor dazu aufzufordern, sei sie ja eigens gekommen, und mit einem höflichen Gru ße sich flink davonmachte, so blieb dem in « seiner Arbeit gestörten Herrn nichts an deres übrig, als sich zum Abmarsch zu » rüsten und, gefolgt von seinem ; Diener, welcher einen Regenschirm trug, was mehr der Gewohnheit als der ; augenblicklichen Nothwendigkeit entsprach, » sein Heim zu verlassen. ,,Gustav!« sagte der Voranschreitende » an der Straßen-ekle und wandte sich um. i »Herr Professor?« i »Ich wollte Dir nur sagen, daß Du l mit der Antwort ,,natiirlicher Weise nicht ; viel Neues sagst, denn alles, was uns bekannt ist und bekannt werden kann, ge schieht ,,natiirlicherweise«. ic- e- a Der Herr Professor war an diesem Abend noch in eine heitere Gesellschaft ge rathen, und die umgebende frohe Laune hatte, auch ihn ungewöhnlich gesprächig gemacht-. Er hat-te mit leuchtenden Au gen politische Dinge besprochen, und er hatte sein ruhiges vierzigjähriges Herz vor den Blicken eines schönen Fräuleins-, der Tochter eines Rittergutsbesitzers in » der Umgegend, nicht zu sichern verstan I den. So kam es, daß er die muntere : Gesellschaft in seltsamer Aufregung end lich verließ und während des Heimweges Gedanken nachhing, die sich sonst nicht bei ihm einstellten. Es war ihm so wunderbar weich zu Muthe geivoren wie noch nie zuvor in seinem stillen und lühlen Gelehrtenleben Die gewöhnliche Härte seiner Demge wohnheiten machte einem milden Ge fühlgaufdämmern Plan das ihn inner lich wärmend überzog wie eine wohl thuende Umhijllung Dabei mochte er sich oon seinem glücklichen Zustande zu s nächst gar nicht Rechenschaft ablegen, aus Scheu, die seltene Stimmung zu zerstö ren. Er ging in sanftem Sinnen und Träumen durch die laue Sommernacht. Und immer kehrten seine Gedanken zu riick zu Allem, was sie gesagt hatte, und was er gesagt hatte, alg habe das eine Bedeutung, die ihn ties erfreuen könnte. —- Die Wohnung war schneller erreicht, als ihm lieb war, denn er war rüstig zu geschritten· Nun zögerte er einen Au genblick, ob er nicht noch länger dieNacht lnft genießen wollte; aber er betrat dann doch die steile Treppe. Es- widerstrebte ihm, sich gehen zu lassen, wie es sein Herz verlangen mochte. Es zog ihn hin aus in die schöne Mondnacht, die über der giebelreichen Stadt ausgebreitet lag; aber stärker als der Zug des Geniüthes war in seiner Brust die ungebrochene Herrsch sucht eines klaren und tiefen Willens nach Würde. Er ging, geführt von sei nem Diener Gustav, der eine Laterne angezündet hatte, die Stufen hinauf, und die schmalen Lippen seines feinen Mun des lagen fest auf einander. Als wenn Gustav auch etwas Herzliches auf dem Gewissen hätte, seufzte dieser leise und zahlte damit der Natur ihren Zoll für sich und seinen stillen Gebieter. Oben angekommen, versah Gustav noch die üblichen Obliegenheiten seines Dienstes und zog sich dann zurück. »Gute Nacht, Herr Professor! sagte er sanft. »Gnte Nacht! antwortete Jener leise. Er blieb vor seinem Schreibtisch sitzen. Die freundliche Heiterkeit war von ihm gewichen. Als wenn die Entscheidung fiir das Nachhause statt längerem Spa zierengehen seinen goldigen Gedankean gen den Faden abgeschnitten hätte, und nun kein Raum der süßen Träumerei mehr gegönnt werden durfte, war schwere Niedergeschlagenheit plötzlich in ihm ein gezogen. Er war wieder unerbittlich scharf nnd streng mit sich selber. Jn die ser Temperatur konnte das junge Pflänz lein freilich nicht gedeihen; aber noch war er es ja selbst, der litt, noch war er nicht der Meister, sondern der von Leidenschaft besessene Mann; dennoch wußte er schon, wie es enden, und daß er Meister werden würde. War es denn wirklich unmöglich? Er nahm einen Bleichstist und schrieb auf einen kleinen Zettel eine Reihe von Fra gen, die er sorgfältig nummerirte, und bei deren Beantwortung er so gewissen I» . «. haft versteht, dirs die That-ruht disk « te Morgenstnnde dertlindete, als eIÆ ·« lehte Zeile niedergeschrieben-Zotte. JU- ss , war alles reiflich erwogen; , IM . eine Meinqu n W,MT zige, den er mit trenger , — « » « vorzuziehen hatte soor allen Sei II chen. Jch bin zu arm, sagte er « M eine Familie angemessen zu beständercsss fund noch habe ich mich nicht in EIN-- « f« len berzärtelt. Jch habe nichts g agt,. woraus die junge Dame auf mei nen gehegten Wunsch,- unsere Be kanntschaft fortzusetzen, schließen kann. Jch habe nichts gut zumachem ich habe die Pflicht, nuir zu schweigen. So soll es sein! -Und er entkleidet sich endlich und legte sich nie-der; aber seine Augen schlossen sich nicht,sondern blieben in tieferTrauer auf die Zimmerdecke geheftet, als wollten sie dieselbe durchbohren und seinen Blick in des Himmels unendliche Weiten drin- s gen lassen. Am nächste-n Morgen ging er ruhig cn seine Arbeit, ruhig, obwohl mit wei chem, schmerzempfindlichem Inneren. Er schrieb einige miloe Betrachtungen nnd bemühte sich usm die abstrsaktesten Dinge, wie es sein-innerer Ver-us erfor derte. Ein Student, der den Famulus dkenst der geographischen Borlesungår versah, hatte den Herrn Professor, mit dem er einige Worte vor dem Kolleg wechseln durfte, den-n der Professor pflegte eine halbe Stunde vorher zu kommen, auf eine hübsche Rezension til-er die damals viel genannte Allge meine Theorie der schönen Künste von Johann Georg Sulzer aufmerksam ge macht. Sie stand in den Frsanlfurter gelehrten Anzeigen und endigt mit den Worten: »Kenner des menschlichen Herzens mögen entscheiden, ob eine Lei tung und Verfeinerung des Gefühles durch Blumenpfade einer lachen-den Landschaft nicht geschwinder zum Ziele führe als die kürzeste mathematisch-e Linie des moralischen Räson«nesments.« -— Der Professor las diese Zeilen eines noch unbekannt-en jungen Skribenten, und er lächelte freundlich, sagte dann ckser doch: »Es liegt jetzt nicht auf mei nen Wegen, mein Guterl Aber es ist ar tig gesagt, was er sagt, der Kritilus. Sulzer ist eins wenig moros gegen Wie land, und obwohl Wieland ein Epim räer ist, so sieht der Wahrheitsfreund es dcch gen-, wenn man den ehrlichen Mann vertheidigt, der doch Wieslansp ist. Ich bin allerdings kein Evituräer.« Dies waren seine Worte, und er ging, nicht ohne weltmännische Geschmeid-ig leit in der Haltung, nun zum Lehrstuhl, wo er der Jugend und einigen älteren Gästen vom Volk der Niederlander be rkcktete An diesem Tage war sein Bor trag besonders anziehend, den-n er sprach rnit ungemein· theilnehmendem Herzen rrn der derben Tüchtigkeit dem Muth und der Arbeitskraft des kleinen Volkes, und in feinem kurzen ireschichtlichen Ad rif, Lexrchtete eine Schönheit wie sie ähnlich Die Erinllersche Schilderung bis-»st, die er freiiich noch nicht gelesen isten konnte. Sie III Ik Bene qui latuit kense vixit. Gut hat gelebt, wer, ohne Aufhebens zu machen, sein Schicksal getragen hat. Der große Man-n war nach dieser Episode in seinem stillen Gelehrtenleben kaum anders ge worden. Er hatte sein Exempel mit eins gelöst, und das Resultat konnte, wie er wrsßte, durch längeres« Rechnen nicht rxchtiger werden, auch hatte er keine Zeit zu unniitzem Rechnen. Er ging vorwärts auf seiner Straße, Verwärts mit mächtigen Geistes-schritten cie ist unmöglich, ohne Rührung an seine Fortschritte zu denken, die nur so, ut ter Vöuigem Verzicht aus alles unlau tere Beiwerk im Gedenken möglich wur den. Es ist eine Hoheit und Reinheit in sein-en Schriften, die nicht leicht wird übertroffen werden können. Das Glück, nach dem er keinen Finger austtreckte, ging ihm nicht toerlorem Das strenge Antlitz wurde mit den Jah ren immer friedlicher und ehrwsijrdig schöner. Sein Blick war von großer Zanstheit und Güte. Die vielen kleinen Runzeln und Fältchen in seinem hage ren Gesicht erzählten von einer Verfei nerung und Bildung des Menschen, nicht minder erfreulich für denNaturfreunsdals dic»BlumenPsade der lachenden Land scl,ast, von denen der junge Goethe ge schrieben hatte. Noch immer Pflegten die nsageren Hände an seinem Schreibtische unter kleinen Zsetteslchen mit Notizen behutsam zu wählen und zui graben. Es war an einem Sommerabend wie demalg, da spielte der Zufall ihm die Notizem die er in jener Nacht geschrie ben hatte, vor die Augen, und als er sie rxxhig durchgelesen hatte, zerriß er das Blättchen. Er sah dabei ernst und gü tig aug. Er hatte nichts zu bereuen und nichts zu beklagen. Er warf einen lan gen Blick hinaus über die Giebel der al ten Stadt Königgberg in weite blaue Reinen Dann riickte er energisch den Stuhl zurecht und machte sich an seine Lizbeit - -— ...-.·.—-.·,- v . ...·-- -.- ..« —- Dreieckige Nägel kommen unter den Bauschreinern des Ostens ir Gebrauch. Sie sollen sich vorzüglich be während. Viereckige Nägel zersplitierr gar zu leicht das Holz, in das sie getrie ben werden, uno runde Nägel haltet schlecht. Die neuen dreieckigen Näge beschädigen das Holz angeblich nicht um sitzen fest. An Australien braucht mai übrigens schon seit Jahren dreieckig Nägel zum Vernageln der Kisten, it welchen Frucht über das Meer versand wird. l l i l « X H l