l IWMIMR In gefährlicher Missiosi.ä Erzählung von Heut-s Hex-man und Klaus Dietrich. ..................... L W ErstesKapiteL Trosdem es noch im Anfang des Frühlings war, weilte ich bereits meh rere Wochen in der dänischen haupt fiadt. Se. Excellenz. mein Chef, hatte mir den verantwortungsvollen Auf trag ertheilt, die für den Herbst erfor derlichen Sicherheitsmaßregeln zum Schutz Sr. Majestät des Zaren vorzu bereiten und zu organisiren, sowie auch ’ verschiedenen Anschlägen derNihilisten, ; zu denen wir theils selbst theils durch Warnungen von der Londoner und Pariser Polizei die Fäden in die Hand bctommen hatten, weiter nachzuspüren Eine größere Zahl von Beamten hatte ich vorläufig noch nicht mitgenommen Nur mein altes Faltotum begleitete mich in der Rolle meines Dieners, und außerdem looperirte ich mit einer be sonders gewandten und tüchtigenDarne der vornehmen Gesellschaft, welche ebenso wie ich selber im Dienste der dritten Abtheilung stand. Für alle Fälle war mir jedoch die erforderliche Legitimation an den Chef der Mini schen Polizei geworden, so daß mir jederzeit ausreichende amtlicheHilfe zur Verfügung stand. Da ich alle europäischen Sprachen so ziemlich gleichmäßig beherrschte und es von Wichtigkeit war, daß ich bei den Nihilisten, die mich und meine amtliche Stellung bisher noch nicht kennten, unter keinen Umständen Ber bacht erweckte, hatte ich nur meinen Bernamen beibehalten und mich in Ko penhagen als reicher Engländer, Na mens Georg Wilton, niedergelassen. Zur Wahl der englischen Nationalität trurde ich wohl in erster Linie durch das Beispiel meiner Gehilfin veran laßt, welche unter dem Jnlognito einer reichen englischen Wittwe, Frau Mel lard, bereits das zweite Jahr hier weilte. Natürlich waren wir beide mit so vorzüglichen Empfehlungen ausge stattet, daß wir uns ungehindert so wohl in der Hosgesellschaft, als auch in ten reichen bürgerlichen Kreisen bewe gen konnten. Besonders intim war ich in dem Hause eines reichen Bankiers Namens Joban en geworden, der ein schönes Haus in einer der vornehmsten Stra ßen, der Frederitsgade, bewohnte. Er war ein Herr in mittleren Jahren, der sxcb fast ausschließlich seinem Geschäft und seinen Sammelliebhabereien wid mete, wahr-end seine wohl um 20 Jahre ZEIT-gete- schöne, lebenslustige Stief ester ganz in den Vergnügen der , efelligteit ausging und, wie böse « ungen behaupteten, die Huldigungen der Frrcnwelt mehr ermuthigte, als es si eigentlich für eine so junge Deine geziemte. Meiszes Erachtens war dies jedoch mehr Gerücht als Wirt lichteit, denn meine Gehilsin, Frau Mellard, war mit Fräulein Johannsen so« ziemlich nahe befreundet und hatte mrr gegenüber die völlige harmlosigieit der Kotetterieen ihrer Freundin stets auf’s eifrigsteverfochtenz Jn noch yvdetem Messe als oukcy me - gute Meinung meiner Gehilsin wurde mein Urtheil über Fräulein Johan sen durchden Umstand beeinflußt, das-, der erste Chef des gro en Banlhauses, Herr Matthias Peter en, der ältere Hersmpagnon des Herrn Johansen, ein Jrnggeselle in den fünfziger Jahren, von den strengsten sittlichen Anschau ungen und Prinzipien. nicht nur mit seinem Kompagnon, sondern auch mit derSchtvester desselben aus das freund schaftlichste verkehrte, was- bei seinem Charakter kaum denkbar gewesen wäre, trenn gege den guten Ruf der jungen Dame au nur das eringste wirkliche Bedenken vorgelegen »ötte. » Herr Mathias Petersen hatte zwar seinen eigenenHanshalt mit einer zahl reichen Dienerschast und einer würdi gen Haushälterim thatsiichlich lebte er jedoch mehr in dem Hause seines Kom pagnons, als in seiner eigenen Woh nung. Verwandte hatte er gar keine mehr, mit alleiniger Ausnahme eines Nessem den er jedoch niemals empfing, mit dem er überhaupt nichts mehr zu thun haben wollte, trotzdem derselbe allgemein als der künftige Erde seiner cnormen Reichthümer galt. Herr Mat thias Petersen war ein ungemein wohl krnservirter kräftiger Herr von bald sechzig Jahren, der jedoch so aussah, als ob er wenig über vierzig wäre, und wenngleich er wegen seiner unge rneinen herzensgilte trotz seiner stren qen Prinzipien ein ausgesprochener Liebling der Damen war, glaubte nie mand, daß er noch an’z ·rathen di:chte. Er selber beobachtete ·ber die sen Punkt zurückhaltendes Schweigen nnd antwortete auch nur mit einem freundlichen Lächeln, wenn man da raus htndentete, daß sein Derr Resse allgemein sitt seinen einstigen Erden gehalten würde. Derr ganz Pausen var zwar kaum dreißiå ahre It, ais Ihrr insolge seiner ais sangen M seines umn igen Lebens so ans, eis- « see-Tre- »He-er See-s W meet-kna- sei-s W . es - · VI- . MU.mu-Is sie-R stets-, Itzt CI , let nach dein Abbruch aller persönlichen Beziehungen ausgefeht hatte und« m mailichen Raten auszahlen ließ. reichte lauen aus, den dritten Theil sei-. net Bedürfnisse zu decken. Aber wenn der junge herr auch zuweilen . iiber seinen lnickerigen Geizhals von Onkel; schintpfte, war er doch von Natur ein ’ gutmuthiger Schwächling, von dem : man unmöglich glauben konnte, dafx er seinen Onkel ingrimmig haßte oder ihm nach dein Leben trachtete, wie spä ter behauptet wurde. Soweit ich die Verhältnisse überhaupt zu beurtheilen vermochte. konnte es wirklich niemand » geben. der gegen Herrn Matthias Pe ! tersen irgend welches Uebelwollen over « gar Feindschaft empfinden könnte, bis sein trauriges Ende mir den Beweis zu geben schien, daß er thatfächlich einen unversöhnlichen Todfeind gehabt heben müßte. Denselben zu entdecken war meine Pflicht, denn die einzige Spur seines Mörders deutete zugleich nach einer Richtung hin, die ich zur Vireitelung nihilisiischer Anschläge auf das Leben Sr. Majestät des Zaren ver fclgen mußte. Bei Herrn Johansen hatte eine kleine intime Abendgesellfchaft stattge funden. Der Hausherr, welcher sich nicht recht wohl fühlte, war schon früh zur Ruhe gegangen: sämmtliche Gäste, — so glaubte wenigstens die Diener schaft —- hatten das Haus verlassen, und Fräulein Johannsen weilte schon seit einiger Zeit in ihrem Bunde-in als pliplich lurz nach Mitternacht die Die nerschaft durch einen Knall gleich dem eines Pistolenschusseö und dann durch laute entsetzte Hilferuse aus dem Bon drsir der jungen Dame todtlich erschreckt wurden. Entsetzt stürzten sie die Treppe hinauf in’3 Zimmer und prallien ent fepi zuriicl, als sie dort aus dem Tep pich. mit dem Gesicht nach unten, die Gestalt eines Mannes, wie sich später herausstellte, die des Herrn Matthias Peterfen regungslos liegend und Fräu lein Johansen ohnmächtig auf dem Di van ausgestreckt sahen. Während die Kammerjungser und die hausmiidchen sich urn ihre Herrin bemühten und dieselbe wieder zum Be wußtsein zurückzurufen suchten. hoben die Diener Herrn Matthias Petersen vom Boden auf und sahen voller Grauen, daß der ganze obere Theil des Fiopses fortgerissen war. Die Wände, die Möbel, thatföchlich alle Punkte nnd Winkel des Zimmers waren mit grauenhaften Frogmenten feines Kot-fes, Knechensplitter, Fleisch- und Hautstiickchen, Blutstropfen und Ge hirnmafse bedeckt. Sonst hatte sich lein lebendes Wesen im Boudoir befunden, rnii Ausnahme eines Schoßhiindckan, welches soeben einige aus einer zierlichen von Fräu lein . ohanfen noch immer trampihaft festge ltenen Konfettfchachiel gefallene Schotoladenpralinees friedlich ver-, zihrte. Zweitessiapitei. Den ersten Bericht über diesen Vor fall erhielt ich am folgenden Morgen durch mein Faitotum. welches ebenso wie ich sofort die Vermuthuna äußerte daß es sich hier nur um einen Mord licndeln könnte, der irgendwie in Be ziehung zu unseren lieben Freunden, den Nihiliften, stehen müßte· Bald da nach meldete mir Jwan den Besuch meiner Gehilfin und Freundin, Frau Mellard, die ihm unmittelbar auf dem Fuße folgte und mir in höchster Erre gunse zutref: » kmmen Sie sofort mit zu Jrene" —- Jrene war Fräulein Johansen — ,.die Arme weint sich fast die Auan aus. Natürlich wissen Sie doch schon, was geschah? Meine arme Freundin hat die ganze Nacht in Weinträmpfen gelegen. Jst es nicht zu schrecklich — zu grausenhaft? Das ganze Haus- ist voll von Polizisten, aber die Leute sind so dumm, daß ich zum Trost meiner armen Freundin ihr den Vorschlag ge macht habe, ich wollte Sie holen —- na türlich ohne etwas von ihrem wirklichen Charaktei zu Verrathen —- aber sie bat großes Vertrauen zu Ihrer Klugheit und Welterfahrung —- und Sie werden doch sofort mitkommen, nicht wahr? Dieser arme Herr Peterfeni Jst es nicht ganz entstslichk Jch bat Tau Mellard Plaß zu neh men, und folgte auch meiner Ein ladunjn sprang aber sofort wieder aus und r es: »Ich kann nicht still sitzen, ichltin in einer zu heftigen Erregung. Es ist zu entsehlich. Der arme Herr Petersen —·— einer der liebenzwtirdzgsten Herren, die ich je gekannt —- 1a, ich darf ohne ; Uebertretbun sagen, der beste Freund, Fden ichje essen. Wissin auch erst seit wenig mehr als emem Jahre kannte —- und die arme Jrenel Wer kann nur diesen schändlicheNMord pe Mhabeni haben Sie gar lerne M Miit-sur atchfelärgend eteipb It Uns s I « US - " M Eier Wabe-, »vamc-H·F-qisgt«up ich fort, .ich werde jeht sosort mit tommen.« · Während der kurzen Fahrt lernte ich meine Gehilfin von einer ganz neuen Seite tennen. Bis dahin hatten wir zwar durchaus freundschaftlich mit einander verkehrt und gearbeitet, aber ein näheka kssutichee Verhau nifk hatte sich zwi chen uns nicht ent « "elt, inbesondere hatte ich irgend . che wärmere Zuneigung fiir sie nicht empfunden. Sie war war eine auffallend schöne, reizdo e Frau, schlank und blond, mit einem Paar seltsam glitzernden graublauen Au aen, und viele Männer fielen ihren Reizen zum Opfer —- nur hatte ich selbst nicht zu der Zahl derselben ge- » hört. Vielleicht trug auch der Ums I stand dazu bei, daß rnir ihre Beziehun- E aen zu einem sehr beliebten und den Damen unaeniein gefährlichen Künst ler, herrn Marftrand, belannt waren. Herr Bernhard Marstrand. gleich be rühmt als Bildhauer wie als Maler, hatte die Gewohrheit, feine Netze nach jeder schönen Frau wie nach jedem schönen Mädchen auszuwerfen. Ernste Absichten hatte er dabei wohl kaum — ihm war es vor allem um dieBefriedi gunq seiner persönlichen Eitelkeit zu thun — falls es ihm nicht etwa ge länge, eine außergewöhnlich reiche Er bin, toie Fräulein Johansen, in seine Netze zu ziehen. Jn leßter Zeit hatte er in besonders auffallender Weise Fräulein Johanien und Frau Mellard den Hof gemacht, aber ich glaubte An laß zu der Bermuthung zu haben, daß Frau Mellard ein tieferes Empfinien iiir ihn hegte, daß er ihrem Herzen ge fährlich geworden wäre. Wie meine Gefährtin mich so aus ihren araublauen Augen hilfefuchend anbliclte, tonnte ich mich dem Eindruck nicht verschließen, daß sie doch eigent lich aanz reizend wäre. Das arme Dina hatte schon friih die Schwere des Lebens erfahren —- mit sechzehn Jah ren die Gattin eines reichen, vorneh men alten Ungeheuers und schon mit siebzehn seine Wittwe geworden, hatte sie sich dann infolge besonderer Um stände keineswegs als reiche Wittwe,· sondern in recht bedrängten Verhält nissen befunden, so daß es ihr schließ lich nicht zu verdenlen war, dafz sie sich durch eine der für uns thätigen vor nehmen Damen überreden ließ« gleich falls in den Dienst der dritten Abwei luna zu treten. Jetzt saß sie ganz dicht an mich gedrän t; ob in nerböser Erregung und unabichtlich, das der mochteich nicht zu beurtheilen; dann und wann zeigte sich ein seltsamerAus druck fassungslosenEntsetzens in ihren Augen. begleitet bon einem taum wahrnehmbarenErfchauern ihres gan zen Körpers. Aber dies schien immer nur wie eine lurze vorübergehende Wolle iiber sie hinzuhufchen und war eigentlich in Anbetracht des schreckli chen Ereignisses welches ihre Freun din betroffen, ganz erklärlich und na türlich· Wenig-: Seluuden, ehe wir nach Frederilsgcde kamen, ergriff sie meine-Zaud, druckte dieselbe fest, blickte rnir flehend in die Augen und sagte: »Sie werden doch Jhr Möglichftes thun —was nur irgend in Jhreu Kräften steht — nicht wahr? Um meinet ——«« hier hielt sie inne und ver besserte sich dann: »Ich meine um Jrenes willen. Die Folgen dieses schrecklichen Ereignisses treffen sie jetzt schon aufs schwerste. Meine -arme - Freundin, was soll sie nur Guns« Nochmals drückte sie meine Hand fest und sah mir lange Underroandt leiden schaftlich in die Augen. Das war mir denn doch etwas ganz neues· Frau Mellard suchte sogar mich zu bezau bern, mich, der ich doch von allen männlichen Wesen dem Zauber weibli cher Reize am nnzugiinglichsten bin, nnd der ich die gute Dame bisher doch nur als- meine Gehilfin, der unsere Beziehungen vollkommen klar wären, betrachtet hatte. Aber vielleicht waren die besonderen Umstände des heutigen Taaez eine ausreichende Erklärung dieses seltsamen Verhaltens. Jch de aniizite mich deshalb, ihr nur mit ei nem leichten Handedruck und einem melancholischen Lächeln zu antworten, aber letter verstehe ich mich schlecht auf melancholischeö Lächeln, so daß sie meinen unwillkürlichen Spott doch wohl heraueiiihlte, denn sie entzog mir heftig ihre Hand und warf mir einen zornigen Blick stolzer Entriistung zu. An Unserem Ziel angelangt, fand ich das ganze Haus ooll Polizisten und hätte keinen Einlaß gefunden, wenn nicht Herr Polizeihauptmann Jürgensem der mich persönlich in mei ner amtlichen Eigenschaft »amte« zur Stelle gewesen wäre. Nachdem ich ei-. niae Worte mit ihm gewechselt, ging ich zuerst in den Garten nnd fand dort mehrere Beamte, welche nach Instit-u » ten suchten, nnd einen Photographen, : der die Fenster des Bondoirs von Fräulein Johansen aufnahm —- es wurde also offenbar nichts versäumt. Dann ging ich in das Haus und wur de sosort nach dern Schlafzimmer des qniidigea Fräuleins geführt —- fie er «dend. mich im Salon zu empfangen. Ich fand das arme Fräulein noch tin Morgenrots und in einer ganz schreck lichen Gemüthsoersafsung. Ihre Au aen waren roth und vorn Weinen ge schwollen. Jbt Gesicht war leis-m blasi und ihre Lippen ganz farblos. M hätte nie fiir lich ehalten, date eis- eiusior Nacht »W ltena des ganzen Aus s seistan Mut-. Ihre ganze re seither-fris-4 wartete mich bereits, war aber zu lei- ? leit war verschwunden, und regungs ,los. sast wie gelähmt saß sie aus dem Sol-ha. Als ich einirai, vers e sie sich zu erheben, sank aber schlu send, als ob ihr das Herz brechen wollte, wieder zurück. IF nahm aus einem Stuhl neben ihr las und versuchte sie zu beruhigen. »Aber bedenken Sie doch nur,« rief das arme lleine Fräulein voller Ber zweislunz »bedenlen Sie doch nur! Die schreckliche Polizei hat mich inVers dacht, und selbsi mein Bruder dars das Saus nicht verlassen. Bedenlen Sie doch nur —- mich hat man inBers hestia, daß sie tro ihre ’che aus ihrn Spiel gehabii »Wer allen Dingen miissen Sie sich sassen und beruhigen, mein liebes Fräulein Johansen,« sagte ich zu ihr, » »sonst lann ich Ihnen nichts niiperr. s Zu vördersi müssen Sie mir erzählen, F wie es alles geschah, und mir zeigen, ; wo sich das Schreckliche zutrug.« Sie machte einen Schritt nach der Thür des Nebenzimmers hin, wich dann aber voller Entsetzen wieder zu rück und ries: »Nein, ich bin ause stant-e, wieder hineinzugehen. ch iann das entsetzliche Zimmer nicht wie dersehen.« »Nun wohl, dann schieben wir das noch etwas hinaus. Sagen Sie mir nur, wie es geschah.« — Sie setzte sich wieder auss Sovha und trrcknete sich die Augen. Frau Mellard hatte die ganze Zeit über stumm dagestanden, anscheinend lalt und unbewegt wie eine Statue, aber jetzt nahm sie neben ihrer reundin Platz,umarmte sie zärtlich,liiß e .sie aus die Wange und flüsterte ihr zu: »Fasse Muth, Jrene; fasse Muth, meine liebe Freundin. Sage es alles Herrn Wilion, und er wird »aus ge wiß hclsen, der Sache aus den Grund zu lommen. Er ist llug und weltersah ren und wird das Geheimniß sicherer ,erariinden, als die alberne Polizei.' »Ich sprach also mit Herrn Peter sen,« berichtete das lleine Fräulein, »und saß auf dem Sopha meines Bau doirs aanz ebenso, wie ich hier sitze, und er saß aus dem Lehnstuhl mir ge aeniiber.- Meine Schachtel mit Pra linees bielt ich in der Hand und aß da von und bot ihm auch eins an, und er nahm es, und wie dann das Schreck liche geschah, weiß nur der Himmel, aber in demselben Augenblick, als er das Pralinee durchbiß, hörte ich einen lauten Knall und sah eine rotheWolle vor den Auqu und seinen Kopf der schwinden und fiihlte dann eine schreck liche Art von Feuchtigleit oder Regen silber mich fallen und dann sah ich dacht!« Und ihre Cniriistung war so » sprang. »Wie nnen die e Leute es ; nur wagen. zu argwöhnen, ich hiitte H meine Band bei dieser Greuelthai mit s Herrn Petersen aus der Erde liegen « und dann wurde ich ohnrniichtig und weis-, von nichts mehr.« »Es war also keine Masse im Zim mer, es siel lein Schiisz?« »Nein,« murmelte sie halb erschreckt, »nur ein Anall.« »War denn ausxer Ihnen und Herrn Petersen niemand im Zimmer?« »Nein, lein lebende-s Wesen außer meinem Schvizhiindchen.« . 22215 norre ney Ia ganz wunderoar an, aber bei meiner Erfahrung in der Kampfes-weise unserer lieben Freunde, der Nihilisten, sand ich sofort die Lö sung, aus welche Weise dieser Mord geschehen war. Der Kopf des armen Mannes war durch einein dem Scho toladenpralinee verborgenen Explosio tapsel zersprengt worden. Aber wie war diese zwerghaste Höllenmaschine in die Konsettschachtel hineingekom men? »Wo hatten Sie die Praiinees ge tauft?« fragte ich daher. »Bei Porta am Fiongens Nntorv, w i sie immer tause,« erwiderte sie sosor . »Hatten Sie denn das Kästchen schon vorgestern Abend geöffnet?" »Nein, ich öffnete es erst nach dem Sonnen-« «War die Schachtel vorher aus Ihrem Gewahrsarn oder überhaupt aus Ihren banden getommens Hat denn überhaupt irgend jemand sonst die Schachtel berührt?« Sie überlegte einige Setrinden und antwortete dann: »Beriibrt haben sie mehrere, wenn Sie das meinen.« «Wer?« . »Ich lebe nicht recht, welchen Zweck die Frage hat, aber —« »Wer berührte die KonseltschachteL wenn ich bitten dars?« «Nun,« suhr sie sort, anscheinend bemüht, sich jede Einzelheit ins Ge . dächtnisz zurückzurufen, »ich biete mei nen Freunden immer von meinem « Konselt an und gestern — ja, da gab ich doch zuerst dir etwas, liebe Freun din,·« wandte sie sich zu Frau Mellard. Frau Mellard lächelte gezwungen : und rief dann mit einem leisen etwas : aedriickten Lachen: Allerdings —- ! gewiß. Kann man daraus etwa Vers s dachtgriinde gegen mich herleiten?« »Und dann meinem Bruder,« suhr Fräulein Johansen sort, »und dann nahm auch noch der jung-e Herr Peter sen eine Pralinee.« ·Niernand sonst-F seagte ich. »Ja, dann auch noch here Mar ikrand. Er nahm auch ein Pralinee, und auch Herr Dr. hausen —- Imser hause-est —« .Und dabei gaben Sie das Kästchen überhaupt nicht aus der Mk « MW MI- Meist-IMM W 7oweit ich mich erinnern tann,« erwi derte das kleine Fräulein. »Es ist aanz schrecklich — ein unlösbares Rätbsel.« Ich mußte rnir selber estehen, daß ich gleichsallb noch teine bnnng hatte, wie das Mordinsxrument unter die Pralinees von Fräulein Johansen ge rathen sein könnte, und versank in tie fes Nachdenken Unterdessen wander ten rneine Blicke balb mechanisch im Zimmer rnnber und blieben aus einem Damentleide hassen welches wenige Schritte von mir liber einem Stuhl I laa. Es war ein dunkles, in seltsamer ; Weise mit graurotben Flecken liber iiites Atlaslleid Unwikltiirlich erhob ich mich, nahm das Kleid in die band nnd fragte .Trugen Sie gestern Abend dies Kleid?« Ihr ganzer Kbrper erbebte in einem heftigen Schatte-, sie wandte ihren Kot-s ab und sliisterie dann: »Ja, bas Kleid trug ich gestern Abend. Lassen Sie es herausbringen Lassen Sie mich das schreckliche Kleid nicht wiedersehen. Aber aus mich übte dies schreckliche Kleid eine Art anwidersteblicher An ziebanqslrast aus. Diese unheimli chen Flecken hielten meine Augen wie gefangen. Das Lebensblut eines ge stern noch kräftigen und gesunden Manne-s bedeckt-: das ganze Kleid. Und während ich es so in der Hand bin- und berwandte, bemerkte ich vorn an der Brust in dem Spitzenausputz sorgfältig sestgesteckt ein Zedernbiatt mit verweltten und zerbriictten Pjirs sichbliitlxen.« . · »Pfirsichblütl;e und Zedernblatt,« dachte ich bei mir selber. Gerad-e da- » mais war in der besseren Gesellschaft s Kopenhagens besonders unter Den H Damen, die Thorheit einer neu erfun- I denen Blumensprache, deren Wärm buch ich zusiilli erst am vorhergehen den Taae durckgyblättert hatte, sehr in der Mode, und seltsamer Weise basie ten gerade diese beiden Zeichen sest in meinem Gebächtniß — Zedernblatt: ich liebe dich —- Psirsichbliithe: ich bin die deine und folge dir bis an das Ende der Welt. Sollte etwa Fräulein Jahansen diese tleine Sträuszchen in irgendwelcher besonderen Absicht ange legt dabeni Dem mußte ich doch wohl weiter nachsorschen, wenn ich der Hauptsache, dem Gebeimnisz dieser Mordthat, aus den Grund tommen wollte. , » . Allerdings war ich von ver oouigen Unschuld des Fräulein Johansen an dem Morde selbst durchaus überzeugt und sah außerdem, daß ich bei ihrem derzeitigen Zustande lrampshaster Ueberreizunq durch zu weit gehendes dringliche-i Fragen und Forschen ihre Gesundheit ernstlich gesä »in lönnte. Aber andererseits empfand ich auch nicht den cringsten Zweisel, daß sie am derle cnen Abend wieder einmal in einer ihrer beliebten lleinen Initi auen Unterhaltung gesucht haben mußte. Denn wie iviire sonst dieses-— seltsame Stridißchen an ihre Brust ge tommeni Psirsichbliithen und Jedem bliitter taust man doch nicht im Blu menladen, entnimmt man doch auch nicht dem eigenenGewäctzshause, wenn man dabei keinen besonderen Zweck versolai. Jch mußte also in unant siilliger Weise zu entdecken suchen, mit wem sie diese tleine Jnirigue gespielt, und ob der Ermordete daran theil ge habt hätte. Dirette Fragen waren unthunlich. Ich mußte mich ebensosehr, wenn nicht noch mehr, ans meine Augen als meine Ohren verlassen. »Wenn Sie gestatten, werde ich jetzt nach dem Zimme: gehen, Fräulein Jo hanlem Sie brauchen mich nicht zu bealeiten.« Damit erber ich mich und össnete die Tbür des Baudoirs. Aus einein niedrigen Tabnret, ganz nahe der Thür, so dicht, daß er jedes Wort gehört haben mußte, welches ge sprochen worden war, san der Herr ; Polizeihanptmann Jürgensen. Jch ? lächelte, als ich ihn sah, und er lächelte gleichfalls· Eigentlich hätte ich daraus aesoht sein sollen, aber dies ileine Ma növer zeigte so viel mehr diplomatische Schlauheit, als ich einem bloßen Po lizeibeamten Fugetraut hätte, daß·der Herr Hauptmann bedesilend in meiner Achtung stieg. , »Sti- hielt es file kweckbienlich dies Zimmer noch einma in aller Stille aeiindltch zu durchsorschen,« bemerkte er leichthine «Dabei findet sich mögli cherweise doch noch eine besondere Spur- , - ,,Ja,« erwiderte ich, ,,tveniasten55 ist es immerhin möglich, deshalb wollte ich mir das Zimmer auch einmal an sehen. Wir müssen in dieser Siche unsere Augen weit offen hatten-—oder ich müßte mich sehr irren." Auf der Erde mitten im Zimmer, mit einer dunklebraunen Neisedecte kerlsiillh lag dir Leiche ins Ermorde en. »Da-es ich einen Blick auf ihn wer sen, here Hauptmanni'« fragte ich. »Ja, aber seien Sie vorsichtig. Die Leiche ist allerdings bereits photogra phiet, aber vorläufig wenigstens darf in ihrer Lage nichts verrückt werden« Fehl-ob die Deck- Inf, aber dieLeiche war bereits in der Nacht von den Dienstboten in ihrem Schrecken aus der ersten Lage sebracht worden, in der sie gefallen war. Diese ängstliche Vorsicht be- ceeen cauptmann war also san übersiiissig. Es war ein scheitert r sitt-lieh —- Von dein Ge W ficht und der vorderen Hälfte delschb del-? war nichts weiter brig edliedery als der Unterkiefer und der and der linlen Seite. Das übrige war eine dunkelrothe, sorinlose, grauenerregen de Masse. Die » eine lagen freis gesj »« streckt fest an den Seiten des Irr-ers « « Dls Fin er waren lrampihast ausein-; : CUVU as Meist- und aus dem einenJ Aermel des hellgeanen Sommeriibers « l ziehet-Z zeigte sig ein großer brauner 2» Fleck, von.der teile, wo der Manns VII in sein eigean Blut gesallen war. « Hieraus war nichts weiter zu ersehen und deshalb legte ich die Decke wieder über die Leiche , Dann sah ich mich im immer um. ’ Etwas rechts von dem csonnt-, auf welchem Fräulein Johansen gesessen hatte· und vor dem der Ermordete zu , - « Boden gestürzt war, befand sich Mäg Kamin von weißem Marmor, dessen». ( Sinis mit bellblauem Seidenplüsch " s ; und Goldbrotat drapirt war. Auf F « demselben standen eine kostbare Por zellanuhr nebst Kandelabern und noch andere Porzellansiguren und Vase —- alles befleckt, als- ob ein Blnirege darüber hinaespritzt wäre. Eine v zierlichen kleinen Parzellangruppe i ein Meisiner Schöserpaar, war in die Itaminöiinung hinuntergefallen nnd dort zerbrochen. Sonst zeigte sich tei nerlei Unordnnna. Die Fiel-le auf der Wand und auf dem Spiegel zeigten, das-. die Erplosion sich nur in einer schräge-n Linie nach rechts nnd gerade auz aerirhtet hatte. Daher war es nn denlbar, daß irgend ein Schuß oder » Annriif von hinten her, trenn auch noch so unbemerkt und schlau, ersulg lein konnte. Langsam ging ich im Zimmer umher und durchrorschte jeden Winkel, sämmtliche Thüren und Fen ster, während der Hauptmann mir lächelnd mit seinen Augen folgte und schließlich bemerkte: »Das alles habe ich schon längst er ledigt, das heißt, soweit es möglich war, ohne iraend etwas von der Stelle zu rücken. Denn das Zimmer ist noch nicht photographirt worden. Wenn ;«..«: das erst geschehen ist, werde ich ex gründlich durchsuchen. Der Kerl, de » Photograph, müßte übrigens draußen schon längst sertig sein. Wenn Sie einen Augenblick aus mich warten wol len, möchte ich mich einmal nach dem Menschen umsehen und ihn herholen, damit wir hier weiterlommen.« «»r Damit verließ er das Zimmer-. Jch jg setzte mich auf das Sopha und siii te « den Flapf in die Hände. Jn di et A Siena-m gab ich onst-sichtliche Sol-da einen leichten Ruck nach hinten . gegen die Wand zu und begegnete das bei einem unerwarteten Widerstand-« » Ueberrascht wandte ich mich um und z blickte nach unten hinter das SIde » — welches etwas von der Wand abstand. · Wahrlich dort lag ein dunkler Gegen-i stand auf der Erte. Ich erhob mich. und durch teine solche Bedenten, wie »L-« der Herr Polizeihauptnranm behin dert. schob ist«- rsas Sopha etwas zur Seite, tun zu setzen, was sich dahinter befande, und entdeckte eine ziemlich« große lederne Neiletaiche, wie Damen s« sie zu benutzen pflegen. ·.Seltfa2n,« sagte ich zu mir selber, und zog die Reisetaichr ans ihrem Versteck. Es war eines jener schönen tosibaren Stücke, welche sämmtliche Bequemlichkeiten des Toilettentifches mit der Geräu rniateit eines tleinen Koffers verbin den. Ein leichter Druck gegen das sil berne Schloß und die Tasche flog auf, . z sie war so voll wie nur möglich gepackt, ( mit allen erdentlichen Gegenständen s - der Damentoiletle und sogar ein paar rosa Pantoffeln zeigten fich in der ei nen Ecke. «Siimmtliche tleine Fläsch chen und die anderen Gegenstände tru aen das Monogramm J. J. »Als Fräulein Jrene Johaner hatte alles zu einer Reise fertig gepackt.« mur melte ich vor mich hin. «Der Polizei hauvtmann darf dies nicht sinden.« Ich schloß vie Tasche, ftieti das Sopha wieder in seine triibere Stellung zu- . « rück, klopfte an die Thöre des Schlaf zirnmers und trat mit den Worten ·,Diete Neisetafche fand ich im Bon doir hinter den-. Sovha. Es dürfte besser fein, wenn sie nicht dort bleibt.«' j s. Das tleine Fräulein wurde ganr d1.nletrotl), trotz ihrer bisherigen lei chenhaiten Blasie, und blickte auf mieli -·-« und- dann von mir auf Frau Mellard -; in fprachloser Angft und Aufregung-. « Selten habe ich jemanden so erschreckt aeseben, wie Fräulein Johanlen in ienemAugendlirt sich zeigte, aber schon nach wenigen Sekunden gelang eåilzrz ihre Fassung wieder zu gewinnen. »Wie thöricht von Rosa. meine Kendtafche dort zu lassen. Jch pflege si: stets fertia gepackt bereit zu halten. s falls ich sie einmal brauchen lollte, wis s sen Sie. Das nachliisstae Mädchen-— » nun. dafür werde ich lie ordentlich aus i lchelten.'« . I Frau Mellard biß sich auf die Lip pen und verharrie in tiefem Schweigen So, wie ich sie kannte, war sie zu der aleichen Schlußfolgerung wie ich ier gelangt Dann lehrte ich nach d .« ( Baudoit zurück und warieie auf dm ’ Pokptmanm der auch bald wieder ein ta . »Das Kästchen Pralinees haben Sie doch wohl, Herr Hauptmann?« fragte ich ihn. »Naiiirlich,· antwortete er. Könnte ich die Pralmees einmal schmi« »Seit-er nein. Bis auf drei bat der nichtswürdige Schatzhunv sie sämmtlic qus Messe-h und vie drei sind bereits im atralbureau.« czorisegung folgt)