Schuhr genug, Mister Edithor, se sin fort. Die letzte Minnit hot mich mei altes Kameel erscht gesagt, daß er gehn debi, bisohr das hot er nit das Herz gehabt ehbes zu sage; aioioer Sie hätte s emol sei Fehs sehn solle, wie ich gar nit e bische aktictt hen. Wei er war bassz Awwet wisse Se, sell hen ich mit die Missus Wedesweiler den Weg aus-gemacht gehabt. Er hot sich ade z sahst daß er mich hat surpreise gewollt, J awwer ich weiß es besser; so en alter , Schlohpoht dentt mehbie, er könnt mich fuhlex awiver ich sin nit so iesig. So bald wie se fort ware, do is der Karlie komme, mein verheirather Bub, juh noh, un mit den hen ich dann alles iw- - »wergetahtt. Wisse Se. er hot doch das » Bißnes ronne solle, solang ich un dies Wedesweilern sort ware. Er bot ge sagt: »Ma, das is grad die Tschehns wo ich drusf warte. Jch gleiche gern en Schapp zu duhn, wo nit so hart ig. Ich hätt schon längst das Biszneß im tvernemnie tönne, awwer Jhr seid ja so stinschie un könnt nit genug kriege. Bei Galle, wann ich emol so alt fin» wie Jhr un fin so gut abb, dann sags ich zu meine Kids, hier Kids, Jhr könnt das Bißnes hatvwe, mir hen ge nug, awwer Jht loßt eim warte, bis mer so alt is, daß mer an nickå mehr Freud het. Das fin so die Eidies von die alte Kontrir. wo all die Dotschniäns « ner her tomine.« Do hätte Se mich; , awwer emol höre solle! Du Lausbub, . z-- du verdollter, hen ich gesagt, sag nochJ f« einmal Dotschmänner, dann schlapp ich F dei Fehs for dich, daß du denkst, der k Mulin wär uff dicherunner gefalle. Wo wärst du dann, wann dein Pa un dei Mo nit aus die alte Kontrie komme wäre un verstanne hätte. wie mer das p- Geld beisamme hält; du könntst beut : nrch bei uns sein, awwer es war dich s nit mehr gut genug daheim, du holt ", dich verheiratlie müsse; jetzt hoste aw wef dei Glück gemacht, wie en Ochs der glitfchL Der Karlie sagt, Ma, du i mcchlt mich siclx du host dich doch viel srikber verheirath wie ich un dabei bist du« noch so dumm gewese, en Mann zu heirathe, wo gar nicks gehabt hot; mei Frau die hot sich wenigstens en Mann « kriegt, wo emol ebbes schönes von seine alte Leit zu ectspeclte hot, sieb? Weil ich hen mich nit mehr mit dem Laus bub seite gewollt un do hen ich gesagt .,Karlie, ich un die Missus Wedeswei ler, mir wer’n wenigstens acht Woche , irrt sein un in die ganze Zeit mußt - du de Salulin un auch das Hahlbiß neß ronne. Gurt aus, daß dich keiner tichiete dubt un laß knich die Tofss draus, sonst werd der ganze Platz ge speult un mer kriege dann kein diesente Mcnn mer in das Bißnes. Geh auch e it wenig tehrfull mit den Geld um, mach keine große Erlspenzes un am aller beste. dubst du mit dei Fämillie in un ser Haus muhie, bitalis es wär doch zu viel Butter, traun du jeden Dag so weit zu gehn hätt’it un bieteids das-» deine Frau tonn dick. dann auch besier e wenig helfe; es is immer besser, wann vier Auge gucke, als wie nor zwei« Das bot den Karlie auch ganz gut ein geleuckit un die Sach war also aeiettelL Die Missus Wedeswciler un ich mir lieu ietzt reiteweg gestart unsere Pries perehschens zu mactje un do ben mer alle beide ausgesunne, daß keins von Uns auch nur das allergeringite anzu ziehe gehabt hot. Mer kann doch in eme Rat-per nit nach die Worldsfehr gehn. So en Mann, der schluppt in - let Pehntieö, zieht sei West un sei Its-It an un setzte owwe druii en Hut un zeitig is er. Awwer e Lehdiet O mei, o sm so viele Ahrtilels, wo en Mann -« gar nit dran denke duht un auch nit e geringste Verftebltemich von hat« Jch will mich in diesen Brief nit weiter « tiwwer verbreite, was e Lehdie alles-; hcn muß« bilahs das is so kein inter-— ; - essente Letestofs, awwer mer lann doch net mirs-us dadu. Die Zeit is auch zui h kcrz gewese, daß mer noch alles hättet « , gemacht lönne kriege un do ben ich ei Weiße Eidte gehabt, wo uns aus alle . ;- rubel geholie hot. Mir tin hin gange I un tin in en Stohr, wo mer alles ret- : timebt tause kann. Ei tell fuh, do hen i ich mich e Subtche kriegt, sell ii e» » ietsch gewele un gefitt hot’s, wie e liper an die Wahl. Auch alle an . Im Stoss hen mer uns krtegt7· die «. Muße Starkth den ich mich getäckelt. W Se, von die sehnzte wenns. Jch Why wann der Phil die sieht, «- gmt geht er krehsig. Die Wedeiwets ern bot lich auch gehörig ins Blei ge ist«-i it- sisss sue-urte sI c cml . ’ U Dieb«-ist« w tle Se von dte artg stei lische mit e ganze Lohd Schissahn dran. Es hot en ganze Peil Geld gekost, aw wer was aeb ich drum. Wisse Se, die Wedesweilern hot noch besser geaslqld die is auch e gutes Diel jünger wie ich un do is es iesig schön zu gucke, Wie met uns so us gefickst gehabt hatte, do sagt die MissusWedesweiley mit sollte uns besser en Dickscheneetie kriege, vi tahs met delfte doch von die französi che Lengwit ch gar nicks unneestehn. ell is e gute Eidie, hen ich gesagt; un dann hen met uns so e Buch kriegt; ich hen emol eneigeguckt, awwet es is mich alles spanisch vorkomme. Es is enni hau e sonnige Lengwitsch Soviel hen ich schon ausgesunne, wann mer Bier hen will, muß mer Biere sage un wann mer Dorscht hot dann sagt mer soig awwer ich dente, sell is en Wißt-oh e soll schuhr san heiße. Well ich glaube, mir wer’n schon zurecht komme, mir sin jo nit von heit Un auch nit von gestern, sonst wäre mer morge drei Dag alt. Bieseids daß kenne mer doch deits·1) un die Missug Wedesweiler kann auch Plattdeitsch schnahle un wer plattdeitfch lcnn, der kommt durch die ganze Welt. Mer hen noch e wenig Ttubel gehabt mit unsere Ticketsz wisse Se, mer hen doch Niemand etwas von sage wolle, wo mer hin gehn un der Mann in oie Ticlet-Ofsis wollt uns dotchin un dkichaus keine Tickets gewwe, befohr dasi mer ihn sage dehte wohin mer wollte. Mer hen e ganze Weil ernm qeseit, awwer zuletzt hen mer doch bei acwwe un hen ihn unsere Destinehschen gesagt. Jch hen zu ihn gesproche, daß er unner leine Zirkumstenzes Jemand ebbes sage sollt, wohin mit gehn dehte. » Do hot der unverschämte Mensch ge- » sagt, do sollt ich mich nor nit drum » worein er hätt viel zu thun, wann er tson alle alte Weiwet Träct halte wollt. Ich denke, das is ziemlich grob gewese. aktiver, so en Feller tann mich gar nit« insolte, der is viel zu wenig sor mich. j Heit Obend gehn mer sort un ich will s alles versuche, das Sie meine Brief-: in ! Zeit kriege Wann emol einer angäll » bleiwe sollt, dann tahle Se nor an mein Aas-lieu der tann Jhne dann alles ; soge. Mit beste Riegahrds » Juhrs trulie Lizzie hansstengeL Thriinen. Von Gertrud TriepeL O zürne nicht den Thränem Sie slie en unbewußt-; Komm, asz mich stille weinen Und ruhn an deiner Brust. Verscheuch die Unmuthssalte, Die dir im Antlitz thront: Ich bin ja nur der Liebe etzt noch so ungewohnt; Und streichen deine Hände Mir leis das wirke Haar. Dann zieht’s durch meine Seele So heis. jo fouderbau alb Wonne ins und Freude, ie mich so weich gestimmt-, alb Ba en. daß der Janer in jähe-z 6nde nimmt· e’(et1 war vom Glück des Lebens Dis-der ja stets hervortrit Zab nie der Liebe Sorgen, hr zartes Thnn gekannt Dturn fließen mir die Thräncn Bei jedem warmen Wort ---— O lonnn und laß sie rinnen Und küsz sie leise fort. W Jhr Siebentes. Erzählung von El. Rast. Es war ein blasser Septembernach ! mittag hoch oben in Litauen, am » Strande der Ostsee. Aguze Szagun stand am Fenster der Fifclxrhiitte, umflossen von dem unge wissen Lichte dieses trüben Tages, nnd starrte über den emporwirbelnden Dü nensand hinweg auf das Meer hineing· - Fünf Tage lang tobte nun schon das Unwetter und wie es schien, war seine Kraft nach lange nicht gebrochen. Agnze dachte daran, daß vor dieser Zeit zwölf « Boote zum Fischfang in See gegangen waren, an einem sonnenhellen, frischen Morgen, und daß von allsdiesen Boo-» ten nicht eins so wiedergetehrt war, wie « esI hinausgegangen Vom Sturme draußen überrascht, waren ihre festge fijgten Leiber zerschlagen, die Mast baume geknickt worden und trieben dnnn ftiictweise dein heimisch-en Strand zu. Und dieselben Woan trugen auch die Besayunq der Boote heran, die wet- ; I tetbarten Greise, die traftftrotzendan Männer nnd blühenden Jünglinge. Alle, alle kamen sie zurück, der Eine et was friiher als der Andere, aber Alle gleich starr, gleich kalt. Endril Szagun war unter den Er ften gewesen, die so landeten. Wie er· so vor Agnze aus dem feuchten Sande : gelegen hatte, in seiner ganzen Größe, . die Brauen zornig gerunzelt, die Lip pen in finstereni Trotz zornig aufeinan tsergepreßt, die Hände fest geballt, als ob er erst nach derzweifeltern Ringen in diesem ungleichen Kampfe unterlegen wäre, da fühlte sie, daß in ihrem Leben eine Lücke entstanden war, die durch nichts ausgefüllt werden konnte. Sie weinte und schrie nicht, wie die anderen Frauen, still lauerte sie neben dem Tod ten nieder, dessen blasses Gesicht sie an ihrer Brust barg-, nnd der kurze Blick, mit dern sie das heftig tobende Meer streifte, war haßerfiillt und schien zu grasen »Warum hast Du mir das ge rn « Am Tage verrichtete sie maschinen mäßig aber unermüdlich die ihr oblie ende Arbeit. Die Kinder durften nicht arbeit, war doch ein jedes von ihnen eine Liebe-gabe, ein Vermächtniß von ihm, den sie site immer verloren hatte.j Ab und zu zog sie das Eine oder An dere der Kleinen auf ihren Schorns ftceichelte liebtosend die hellen Härchen und berührte mit den trockenen Lippen die blühenden Wangen. So ging die Zeit dahin. O, über diese langsam vcrwiirtsschleichenden Tage und diese Fustere , winddurchsausten Nächte, die n end g lang und so grauenvoll ein sam waren! Der Sturm sauste. die schüumenden Wogen stürmten rauschend und brau send strandauf; Aguzes Blick irrte von ihren weißen Kämmen zu den lautlos nnd rasch dahinztehenden Wollen em tor, die in dem fahlen Lichte dieses traurigen Septembernachmittags et was Unheimliches hatten. Hinten, weit hinten aus dem Meere schienen sie arti zutauchcm diese Wollen, die«faltigen. zerfchlisfenen Leichentüchern glichen, von denen jeder Windstoß Fetzen riß und höhnisch pfeifend vor sich hertrieb. »Nun, bekomme ich noch immer keine Antwort?« sagte’plötzlich eine Stimme hinter Aguzeö Rücken. Sie fuhr herum. Ihre Gedanken waren bei Endrit ge wesen, wie sie so hinausgesehen hatte in das Unwetter, und darüber hatte sie ganz vergessen, daß der reiche Luties mit seiner Ehesrau vor ungefähr einer Viertelstunde von feinem Hofe, der eine lnavpe Meile landeinwärts lag, zu ihr heiübergelommen war und eine Frage an sie gerichtet hatte. — Eine Frage! Was hatte er doch nur gewollt von ihr? Sie let-te die Hand an die Stirn und dachte nach. Ach ja, nun fiel es ihr ein! Der Bauer hatte sich erboten, s ihr eins der Kinder abzunehmen, das er wie sein eigenes zu halten versprach, da er selbst keine Nachkommen besaß, und nun sollte sie sich entscheiden, wel ches der Kleinen sie hergeben wollte· Ja welches! Wenn sie das gewußt hätte! »Was ist denn da lange zu über legen?« meinte der Bauer und fuhr selbstgesällig mit der Hand über das Doppeilinn. »Man nennt mich nicht ohne Grund den reichen Luties.« »Nein, gewiß nicht,« begann die Bäuerin ihn zu unterstützen, die, um der armen Fischerswittwe ihren Reich thm so recht vor Augen zu führen, sechs ihrer besten weitsaltigen Röcke übereinander gezogen hatte, fo daß sie sich kaum zu bewegen vermochte. Aguze blickte bald auf den kleinen runden Bauern, der weiischweisig, mit einer gewissen Behaglichteit von seinen Korn- undGeldsäcken sprach, bald such ten ihre Augen das hagere, blasse Ge sicht der Bäuerin. welche nur hin und wieder ein Wort einfliefzen ließ, das aber jedesmal, scharf wie ein Pfeil, das Herz der Wittwe traf. . dessen Händchen so warm nnd ver ,,Du bist eine schlechte Mutter, dafe Dn keinem Deiner Kinder das Glück gönnsi, aus dem Elend herauszuwms men«, rief schließlich unmuthig die Frau, als Aguze, allen Vorstellungen zum Trotz, erklärte, alle Sieben bei sich behalten zn wollen. i Eine schlechte Mutter! Aguze fuhr auf. Wie konnte diese Frau, die nie Mutter gewesen war, es tragen, ihr eine so schwere, nnbegriindete Anklage in das Gesicht zu fchleudern! Und sie fing an, f.ch mit Eifer zu vertheidiaeii. Haitig, einander jagend nnd doch ohne rechten Zusammenhang kamen die Werte über ihre blaßgewordenen Lip pen. Sie sprach davon, daß sie arbei ten kiinne und wclle fiir sich und ihre Sieben. nnd daß sie sicherlich genug verdienen swiirde, um Alle fatt zu machen· »Und wenn Du Dich hinlegft und krank wirft?'· warf dieBäuerin beinahe höhnifch ein. - »Was soll ans den Kindern werden, nenn ich einmal nicht die Hände rüh ren kannt« ging es ihr durch den Kopf. Etwas Anderes vermochte sie nicht mehr zu denken. Böllig willenlos ließ sie sich von der Bäuerin in die angren zende Kammer hineinfchieben, wo die Kinder eng aneinander geschmiegt, in einem Winkel beisammen hocktein Der unerwartete Besuch hatte die Kleinen in Aufregung ver-setzt Aguze näherte sich mit kurzen unsicher-en Schritten dem lebenden häufehen in der Ecke und während ihre Bliete sich nicht loszu reifzen vermochten von den sieben blon den Köpfchen, iiberlegte sie, welches der selben iie an der Brust der blossen Frau betten sollte, die drinnen in der Stube in Ungeduld auf ihr Wiederers fcheinen wartete. Als sie nach mini:ten- » langem schwerem Kampfe einfah, das-, sie zu keinem Entfchlusse kommen kennte, ergriff sie die Hand des Jüng sten nnd gebot den Anderen ihr zu fots gen. So trat sie, umringt von ihren Sieben, dor die Bauersleute hin. i »Trefst selbft die Wahl,« war alles. trag- iie sagte. Sie hob nicht ·die Linsen ale die Bäuerin sich abmühte, den klei nen Mädchen, die sieh ängstlich in den Kleiderfatten der Mutter verbargen, prüfend in das Gesicht zn sehen und der Bauer sich mit den-Knaben zu schaf fen machte. Sie stand da leblos wie ein Bild aus Stein. Erssals wuehti gen Keulenfehlägen gleich die Worte ihr Ohr trafen: »Dieses hier nehmen wirt« tam Leben in ihre Gestalt. Sie begann heftig zu zittern und ihre Augen blies ben auf dem Blondköpichen haften, trauensvoll in ihrer Rechten lag, und auf welches die Bäuerin mit dem hage ren Finger wies. »Warum gerade dieer il« rang es sich mühsam über Aguzes Lippen. »Würdest Du uns denn ein anderes lieber geben?« fragte höhnisch lächelnd die Frau. Da war sie entwaffnet. Sie wandte xchweigend den Kon seitwärts und gab as Händchen frei. Wie aus weiter, weiter Ferne drang L noch eine geraume Weile der Klang fremder, hattet Stimmen an ihr Ohr, dann wurde es plötzlich still um sie her-,. beängstigend still. Mit einem Schrei, der nichts Menschlich-es hatte, fuhr sie aus ihrer Betäubung empor. Sie stürzte sich auf die Kinder, die eins dicht an das andere gedrängt, am Fenster sic-nden und hinausstarrtem und be gann sie zu zählen, einmal, zweimal, dreimal, und als sie endlich begriffen, daß sie sich nicht verzählt hatte, dasz von den sieben Köpfchen wirklich eins fehlte da brach sie lautlos zusammen. Das Weinen und Jammer-n erweckte sie wieder zum Bewußtsein »Das Meer hat ihn mir genommen. die kalten feuchten Arme um ihn schla gend, hat es ihn zu Tode geküßt. Weh mir! Es war stärker als ich und meine Liebe Er ist dahin, verloren fiir im mer. Und auch Jons, meinen kleinen Jons werde ich niemals wiedersehen. « Sie erhob sich plötzlich, geisterbleih und am ganzen Leibe bebend. Uebers ihr Gesicht ging ein schattenhaftes Lä- « cheln und ihre Augen begannen lebhaft « zu funkeln »Weshalb soll ich ihn denn nicht mehr sehen,« sliisterte sie erregt vor sichhm »Er liegt ja nicht, wie sein Vate r, starr und kalt unter dem weißen Sande, er ist ja nur eine Stunde weit von mir entfernt; gesund und frisch schläft er in seinem Bettchen. Und ich sollte ihn niemals wiedersehen? Wer sagt das?« Sie blickte drohend im Kreise herum und warf den Kopf heftig in den Neuen. »Er schläft, der kleine Jons,« dachte sie weiter, »aber er ist gewiß nicht ohne Thränen eingeschlafen, und morgen früh. irenn er erwacht, wird er wieder weinen, weinen und nach seiner Mutter rufen, kläglich. o, so kläglich —- und ich werde nicht da sein, um ihn zu wa sch(n, anzukleiden und ihm die blonden Härchen zu qlätten. Das wird von jetztQkIåejne Andere thun. Eine Andere? Mit zwei, drei Sätzen war sie zur Thin hinaus. Draußen empfing sie der Sturm, aber sie wich nicht. Als Aguze das Gehöft des reichen Lulies erreicht hatte, war der Tag noch grrfn Ruhelos umstrich sie Haus und o . »Jons, mein kleiner Jons,« sprach sie vor sich hin, »Du letzte der Liebes gcben, die ich von Endrick empfanan habe, Fleisch von seinem Fleische, Blut von feinem Blute, Du lebst und ich soll Dich nicht n·iedersehen?« und wieder begann ne zu lachetm und dieses Mal verschwand das Lächeln nicht mehr von ihremAntlitz. Es spielte um ihre Lippen, als sie an dem, das Thor öffnenden Knechte vorüber gera deswegs in das Haus hineinschritt, und es ging in ein triumphirendes La chen über. als sie neben dem Bettchen stand, in welchem der kleine Jons fried lich schlummerte. »Was soll las heißen?« knurrte Lu iies und sein runder, iiirbisartiger Kopf fuhr hinter der Gardine des Himmelbettes hervor. »Bist Du ver riics geworden, Weib? Was hast Du hier zu suchen?« - Aauze lachte noch immer. » »Dieses hier,« sagte sie und deutete miå dem Finger auf den Knaben, dann begann sie das Blondtöpfchen mit Küs sen Heu-bedecken. . »Man-tat« lallte der Kleine und lä chelte noch halb träumend die Mutter an, die ihm hastig die ärmlichen Röck cben über-wars Nun tauchte auch der Kopf der Bäuerin im Himmelbett auf. Spitznastg, dürr wie eine Hoper stange und gelb wie eine Citrone saß sie da, die reiche Frau Luties und fing an, Aguze mit Schimähreden und Vor würfen zu iiherhäufen, wobei sie von ihrem Ehegatten auf das Eifrigste un terstützt wurde. —- Aguze erwiderte nichts-. Den kleinen Jons fest in den Armen haltend, sprang sie·zur Thiir hinaus. Als die Kinder am Moraen erwach ten, waren see nicht wenig erstaunt, wie der vollzählig beisammen zu sein« »Mutter! Mutter, weißt Du schon? So sieh doch nur, unser Briidereben ist ja wieder da«« riefen und schrieen sie durcheinander. Aguze niclte ihnen unter Thränen lächelnd zu. Dann driiclte sie die Stirn an die Fensterseheihen und faltete die Hände wie zum Gebet. ,,(Lndrik, mein lkndrih kannst Du mir vergeben?« fliisterte sie und blickte auf das Meer hinaus. Da tauchte aus dem zerflatternden Gewölk die Sonne empor; feurig untv groß stand sie in ihrer ganzen majestii » tiseben Schönheit über deti bewegten » Wesfern und ihre Strahlen erfüllten « dass kleine Gemach mit einem Meer von Licht. Die Erzählung der Kauunerjiingfcr. Aus dein Reiche des Uebersinnlichcn. Wiewohl alle Namen und Daten der nachstehenden Erzählung genau ange geben werden könnten, so scheint es doch der noch lebenden Persönlichkeiten we gen geeigneter, nur die Anfangsbuch staben von Ort, Zeit und den Bethei ligten selbst zu gebrauchen. Jm Jahre 1860 kamen in einer lauen Funinacht Fürst Und Fürstin M» Rus en, vdn London in Paris an, und in ihrem Gefolge befand sich eine deutsche, wiirttembergische Kammerjungfer. Man stieg im Fiel B» fast im Mittel punkte der btadt, gegen elf Uhr Abends ab, In Paris strömten damals die Fremden zu ammen, und - sogar diese srussi chen tammgäste des Hotels B. sahen ich genöthigt, mit einem Zim mer im zweiten Stock vorlieb zu neh -k — rrcn. Der Courier suchte in einem anderen Gast- oder Privathause für die erste Nacht Unterkunft zu erhalten, und nur für die Kammerjungfer ver sprach man, auf den Wunsch der Für stin, noch im Hotel selbst Platz schaffen zu wollen. Mittlerweile packte Dieselbe Koffer und Reifetas n aus und ver ließ ihre Herrin er gegen ein Uhr, ncchdem diese zu Bett gegangen war. Ein Kellner empfing sie hierauf mit der Nachricht, es sei noch eine Unter kunft für sie gefunden worden, und zu ihrem Erstaunen führte er sie in ein prächtiges, zweifenstriges Zimmer, das auf den V.-Plaß hinausging. Alsbald spricht ihm die reisekundige Kammer jungfer ihre Verwunderung darüber aus, warum dies schöne Gemach nicht der Fürstin statt ihr selbst gegeben worden sei; der Kellner erwidert, daß erst seit einer Stunde das Zimmer leer » geworden, nachdem der Fürst und die Fürstin bereits installirt gewesen seien, und er fügte lächelnd hinzu: »Made moiselle kann, denke ich, auch Von dieser guten Gelegenheit eines freigewordenen Zimmers profitiren.« Unsere deutsche Klara findet, daß der Kellner nicht Un recht hat und eilt, die ersehnte Nacht rube im großen, eleganten Himmelbette . aufzusuchen. Sie schließt von innen die « Thüre mit den Schlüsseln zu, betet« geht zu Bett nnd löscht das Licht aus. ? » Von nun ans werde icb sie selbst iu « der erstenPerson weiter redend fortfah ren lassen. Es ist noch nicht lange l;er, daß ich diese Erzählung aus dem Munde der jetzt zweiundsechzigjährigen Frau vernahm und sie hat sie bereits so oft Engländern, Franzosen und Rus fen vortragen müssen, daß ich nur treu. ihre Worte wiederzugeben brauche, um einen großenEindruck hervorzubringen. Sie sprach: . »Ich weiß nicht, war ich eingeschla fen, träumte ich, oder sah ich mit den Augen meines Leibes und wachend: icb glaubte und glaube Letzteres. Doch da rauf kommt es nicht an. Plötzlich wurde die Thür, welche vom Korridor aus in mcin Zimmer führte, geöffnet und ein Herr trat mit einem Lichte in der Hand herein. Es war ein französischer Ma rineoifizier in dunkelblauer Uniform, mit Blouse, großem, eckigen Kragen etc. Die Thin schien sich hinter ihm wie von selbst zu schließen. Schon von diesem Augenblicke an war ich starr vo: Schrecken, keiner Bewegung, keine-J Leutes mehr fähig; mein ganzes Sein crucentrirte sich in Gesicht und Gehör; ich befand mich offenbar in einem völ lig avnormen Zustande. Der Herr stellte das Licht auf ein kleines Tisch chen an meinem Bette. Auf dem Fau teuil am Fuße desselben lagen meine Kleider. Ohne daß ich sehen konnte,« ·wo dieselben hingefallen waren, sties3 er den Lehnsessel fort, fast mitten in’3 Zimmer hinein. Nun ging er aufge regt hin und her, seine Gestikulationen waren heftig, ich konnte kein Auge von ihm abwenden. Es war ein schlanker, jtsngerMann von braunerGesichtsfarbe, mit kleinen, wenig markirten Zügen, jedoch glänzende, lebhafte Augen und ein reich-es schwarzes Haar machten seine Erscheinung bemerkenswerth Noch sehe ich, wie seine Hand in die Lecken fuhr, so dasz die Haare auf sei ner Stirn sich zu sträuben schienen. Er sprach auch einiges Unznsammenl)"cir: glnde, schnell und dumpf; die Worte: veux plus vibre, peur plus bivre kann, will nicht mehr leben) wurden mir da raus verständlich. Auf einmal wars er sich auf den Lehnsessel, zog- eine Pi stole aus seiner Brust und spannte den Hahn. Uebernatiirlich scharf schienen in diesem angstvollen Moment meine A17aen, denn ich bemerkte sogar etwas aufsällig Geboaenes und Gefärbtes an dem Hahn der Pistole. Nach sehr kur zem Besinnen schoß er sich in den Mund; ich hörte den schrillen Knall und ein Getöse im Zimmer, es war, als sage mir Jemand leise in’s Ohr: »Di tes un ave pour moi!« —- ,,Beten Sie ein Ave für mich!« . .. Dann war es finster im Zimmer und nur eine La terne des Platzer V. verbreitete ein un sickeres, schwaches Licht durch die zu gezogenen Gardinen. Die Zeit hatte fiir mich aufgehört, zu sein; mich dünkt, es war oder wurde auch alsbald Tag und ich hörte an mei ner Stubenthiir porhen und mehrere Männerstimmen im Korridor. Unver mögend, mich zu bewegen oder zu ant worten, hörte ich den Sprechenden zu. Bald vernahm ich der Fürstin Stimme. »Ist dies gewiß das Zimmer, welche-: Sie·gestern meiner Jungfer angewiesen haben?« fragte sie erregt. ,,Gewif;!« »Nun, so öffnenSie esimit Gewalt!« Nachschlüssel waren nutzlos gewesen, da innen der Schlüssel steckte; der Schlosser ris; daher das ganze Schloß heraus, und herein stürzten der Fürst rind die Fürstin, der Hatishosmeister, die Kellner und Handwerker. Die Für stin läuft an mein Bett und sieht mich mit starren, ossenen Augen todtenähn lieb darin liegen. Indem sie meine Hände und mein Gesicht berührt, ruft sie: ,,Klaral was ist? Klara, sind Sie trcnk?« « Die deutsche Sprache, die warme Hand, das bekannte Gesicht, ihre Angst lösen meinen Starrlrampf; ich laun sprechen. ,,Lassen Sie nur erst den Todten wegnehmen,« rufe ich schaudernd, »sonst kann ich nicht aufstehen.« ·,,Um Gottes willen,« bricht die Für stm tyssisch»aus, »sie ist wahnsinnig!« Meine Zuge, sagte sie später-, seien bis zurUnkenntlichteit entstellt gewesen. ; »Ruhe!« rief sie; »einen Arzt!« Zwei Mediziner kamen nach wenigen Minuten; ich befand mich in einem Zustande, welcher die Aerzte in Erstau nen setzte, und erst nach manchen Bit ten und beruhigenden Worten von ihrer Seite gewann ich es über mich, ihnen vprstehende Geschichte mit allen Details zu erzählen, doch durchaus nicht als einen beängstigenden Traum, sondern als Etwas, das sich ohne allen Zweifel in der vergangenen Nacht vor meinen iljlut en in dem Zimmer zugetragen a e. Die Aerzte waren vorsichtig genug. mir nicht zu widersprechen, besonders da mein Puls einen unnatürlich gereiz ten Zustand anzeigte. Ja, einer der Aerzte, durch die Bestimmtheit und die Details meiner Erzählung betrossen-, glaubte, man habe mir vielleicht wirt lich in der Nacht einen Streich gespielt, um mich zu erschrecken, und wünschte den Hotelbesitzer zu sprechen. Dieser kam, und nach einigen leise gewechselt-In Worten verließ der Fürst, die beiden Aerzte und der Wirth das Zimmer. Jch ließ indeß der Fürstin Hand und Kleid nicht los und es bedurfte ihres betuhigenden Zuredens, bis ich es wag te, mich im Zimmer umzusehenz kein Erschossener lag darin. »So muß man ihn heute früh hinaus gitragen haben, als man die Thitr auf spiengte,« sagte ich: denn es war mir unmöglich, an eine Vision zu glauben. Der Hotelbesitier aber antwortete auf die Mittheilung der Aerzte blaß und verstört: »Hier ragt das Geisterreich wie mit Händen greifbar in die Alltagswelt hinein. Jn der vorletzten Nacht, wohl zu derselben Stunde, als Mademoiselle zu Bette ging, hat sich der Murme Offizier M. R. in jenem Zimmer er schossen. Sein Leichnam liegt in der Morgue Sie können sich denken, wie unangenehrn solche Ereignisse Hotel besitzern sind; vor Tagesanbruch schon hatte ich den Körper entfernen lassen, denn der Knall der Pistole war von emem Kellner gehört worden. Nur we ; nige meiner Leute wußten von dem Vorgang, und diesen hatte ich natürlich Schweigen empfohlen. Nach sorgfälti ger Reinigung des Zimmers hieß ich dasselbe gestern Abend der Jungfer der Fürstin anweisen, da Letztere ihre Die nerliln gern imHotel untergebracht sehen wo tc.« Die vier Herren fuhren nach der Morgue. Dort hing die von mir be schriebene Uniform; die Pistole hatte eine von der gewöhnlichen Konstruktion abweichende Form, das Gesicht des Selbstmörders war fast unkenntlich, doch das reiche schwarze Haupthaar vollkommen meiner Beschreibung ent sprechend. M. R» dessen Familie zur Zeit in der Bretagne wohnt, war ein Cuole von Geburt. Seit dieser Zeit hat die Gesichtsbildung der Creolcn ein-as Geisterhaftes für mich, besonders deren glänzende Augen. M. R. hatte sich, wie man später erfuhr, wegen einer weiblichen Betanntschaft in Paris er schcssen. Jch wurde an demselben Tage ncch in ein stilleres Haus, Rue du R., gebracht, wo die Fürstin sich eine Woh nung miethete. Wochenlang durfte ich auf Befehl der Aerzte weder Tag noch Nacht eine Minute allein gelassen wer den. Mein Nervensystem hatte einen fürchterlichen Ston erhalten. Es gab Stunden, besonders des Nachts, in welchen ich nur bei der äußersten Zu scxmmenraffung meiner Willenskräste, manchmal weinend und betend, bei Verstand bleiben konnte; hätte ich- mich gehen lassen, ich würde leicht die Herr schaft über meine wiiden, wirren Ge danken verloren haben und wäre wahn sinnig geworden. Jch bat die barm herzige Schwester, mir in jenen Stun den des Schwankens zwischen Ber nunft undWahnwitz zuzurufen: »Den-' ten Sie an Jhre Mutter, die Sie durch Jhre Arbeit unterstützen miissen.« Diese Mahnung half und der Ge danke an all die Noth und Sorge, die hereinbrechen würden, falls ich geistes krank bliebe, gab mir nach und nach Kraft, meine Fassung wieder zu ge winnen. Dem damaligen Marineminifter und seiner kleinen, blonden Frau mußte ich in jener Zeit in ihrem Hotel am«Con cordiaplatze auch die Geschichte der Schreckensnacht erzählen. Allen bei diesem Ereignisse näher oder ferner Be theiligten, besonders aber mir selbst, iss davon eine nnauslöschlich nachhal tigeWirkung auf das geistige und geist lkche Leben geblieben, und es regt mich heute noch peinlich und tief aus, mir jene Nacht im Hotel B. in Paris durch eine abermalige Erzählung wieder leb hc.fier zurückzurufen. Sehen Sie da her diese Mittheilung als ein freund schaftlich-es Opfer von meiner Seite an.« , Der Staat Kansas war noch vor etwa 15 Jahren das Nothland der Ver Staaten. Dürre, Heuschrecken und an dere Plagen machten ihn zum Gegen stand allgemeinerMildthätigteit. Heute ist das anders. Große Mengen Lebens mittel werden von dort an das hun gernde Indien geschickt. Als ein ande rer origineller Beweis des Wohlstandes wird mitgetheilt, daß Wichita County das einzige County im Staate Kansas, vielleicht im ganzen Lande sei, welches kein Armenhaus hat, infolge dessen keine Armen zu unterstützen braucht. Es gibt im ganzen County nur einen Mann, der gelegentlich Unterstühung bedarf. Die County-Beamten sind nnn auf eine originelle Jdee verfallen, sie haben diesen Mann zum Aufseher über das Armenwesen im County mit einem Jahresgehalt von 8104 ernannt. Er hat nichts weiter zu thun, als fiir sich selbst zu· sorgen und kann vom Counth keine weitere Unterstützung erlangen.