, Njkejifrånlein W Miendsroman vcn A r t h u r A ch l e i : n e t. ap GortfehungJ Jm Postlasten lag am anderen Mor n ein Brief an die Poftdireltion in Innsdrneh den die Expeditorin bebend ausholx Sie ahnte, daß das eine Ve xschwerde des Lehrers fein werde. Nur Er einen winzigen Augenblick entstand « r Gedanke diesen Brief nicht an seine Bestimmucm gesungen zu lassen, doch fogleiiy besann sich Lan eines Besseren und legte den Befchwerdebrief in das Fuslnufsiacix Mag kommen was will, ie Pflichmwßerfiint werden Sepp nahm die Jst-it mit hinunter zur Bahn, ein-: frinsstIskreiche Post, und holte den für See-does bestimmten Beutel wieder . herauf. E Ver-TUTT» aus dem Geleife geworfen« aufgerm chfzd Linn denKanzleidienft, und es war ihr nur erwünscht, daß der Parteienvertehr ein inmimaler war.l Gegen Mittag kam KastL lustig und ; glücklich, und bot der Braut herzlichen Gruß, den Linn mit webmüthigem Lä- « cheln erwidern. Kaftl bemerkte die ; Veränderung sofort und fragte nach der ; Juki-Achs- ; Zögernd erzählte Linn den Unglücks- z fall. Kasii versucht-— zu scherzen: »Na, das ischt nicht übel! · Da bringe ich, E scheint es, Unglück in die Kaiserlich Kö nigliche Post.« - »Ich fürchte, Kastl, der Fall kostet mich den Dienstl« »Na, das ischt an sich kein Unglück! Als Frau Doktor könntest Du ja decht nicht Postexpeditorin bleiben!« Kastl erbietet sich, die Unglücksbriese mit Kleesalz etwas zu bleichen, vielleicht schwindet die Schwärze soweit, daß die Schrift doch zu lesen ist. ts. »Ich dars die Briese nicht weggebent« s« « »Unsinn, Linat Jch will dir decht helfen! Außerdem bin ich dein Bräu tigam, gehöre also quasi halbwegs zur Post! Gieb her! Jch mache den Ber such im chemischern Wege! Etwas an deres lann die Direktion auch nicht Untat-" Jn ihrer Aufregung gibt Lan die Briese an Dottor Oberhumrner, der dienstwillig dieselben zu sich steckt und zsosort nach Hause eilt. ZU dem beabsichtigten Rettungsver such sollte es jedoch nichttomnien. Die Bäckermeisterin meldete dem heimge tehrten Arzt, daß der Einschichthauer Zeichtner um sosortigen Besuch bitten lasse, es sei ein schwerer-, dringlifr Fall. Kastl ließ augenblicklich satte n, verzichtete aus das Mittagsmahl und tritt eiligst davon. Nur eine Saumpsad führt in dieEin schickst enin schlichter, einiger Weg, ge fährlich siir Mensch un Vieh, besonders im Winter bei Eisbildung, daher die Einschichtleute entweder mit Steigeisen an den Schuhen oder mit silzutnwande nein Schuhzeug vorsichtigst den Stät weg zu passiren gezwungen sind. Jetzt besteht die Gefahr nur in dein Geröll des niemals ausgeputzten Pfades. Der Reitgaul des Doktors stolpert denn auch bald, so daß Kastl es vorsieht, zu , Fuß der Höhe zuzuschreiten und das oßam Zügel znjiihrem — · « UV UND zu cllklllcyl ccll iylllllpcllill S l Mund über solch ungeheuerliche Ver- I wahrloiung eines Weges, der die ein zige mögliche Verbindung mit der Au ßenweit bildet, also doch einigermaßen gepflegt werden sollte. Aber es ist ein Bauernprivatwea, und das tagt alles. Beicht Nos; Oder Rinv sich vie Füße, so ! wird wohl set-redlich aejammert und über die imichutdige Reaierung ge schienpr aber nicht ein Stein kommt vom Pfad weg nnd alles bleibt beim Al ten. Nur niclsti Neuegl Mit knaprcr Noth gelangt Kastl mit J seinem Roß tiinnuf ohne Unfall. Still, i wie ans-gestorben liegt der Einschichthos : auf einer breiten Rodung, wie angelehnt J an eine wucheige Felgmauer Der nahe Wald prangt in den Tinten des Herb stes, Uno mild scheint die Sonne an die sem klaren, ungemein sichtigen Tage. Warm, schier an den verflossenen Som mer gemahnend, ist es aus dieser, rings um von Felsen geschützten Einschicht· daher Doktor Oberhummer sein Roß leich im Freien beliißt und es mit der ets mitgesiihrten halster an der Alta ne, die ringsum das Gehöst umzieht, anbindet. Lang wird ja der ärztliche Besuch nicht währen, verkühlen tanu sich das Pferd nicht im warmen Son nenschein, nnd außerdem scheint Nie mand da zu sein, um das Roß in den Stall zu bringen. Lastl bindet die Taster so, daß das Pferd nicht zu den anien und Neltenstöeten gelangen kam-, welche in leuchtenden Farben die drang verwitterte dürre Altane schwit cketh Axtschliige tönen aus dem Wald; es sindalso die Hosteute mit der Holz arbeit beschäftigt Aus den Feldern Buckeln die Weiber den lachs und zer Men den Duns. N emand ist iui Hause. Doktor Obethummer muß W oder übel selbst nach dem Kranken — . JEAN-schoß befindeesichdek net nicht, daherKastnluö dietnars are-de alte Holztreppe hinauf in das erste Mit chreitet. Ein Hüsteln ver M ragt mach. Kastl Matt die tatst-sticht Esset hie-berste tiis Gott W · wahren Berg von schweren Deckennnd Federplunreaus zugedeckt Krampfarii tiger Husten läßt den Patienten nicht zum Reden kommen. »Hu, die Luft! Und zugedeckt ischt der Mann zum Verschwitenk rustKastl und will den Patienten zunächst don der übergroßen Deckenlaft befreien. Doch » der Feichtner hält mit seinen tniichrigen Händen die Decken trampfhast fest. »Na, dann verschwitz halt!« sagtKastl ärgerlich und steht davon ab. Die het tische Nöthe auf den Hohlwangen nnd der Halten sagen dem Arzt genug. « Da gibt es nur Linderung, teine Heilung mehr, und das Fieber wird das Ende nur beschleunigen. »Feichtner, du mußt von der warmen, guten Berglufr mehr hereinlassen, selle ischt lind von der Sonne und wird Dir gut thun!« sagt Kastl und tritt zur Thür, die auf die Altane führt. Jm selben Augenblick ertönt Lärm, das Pferd des Arztes schlägt wie rasend aus und schreit vor Schmerz auf. Der Krante ruft ächzend: »Die Bein!«' (die Bienen), und versucht sich aufzurichten Doktor Ober-dummer hat die Thür ausgerissen und schreitet auf die Altane hinaus-, die unter seinem Tritt erzittert, um nnd-zusehen was denGaul erschreckt. Plötzlich reißt das Pferd, von Harnis sen undBienen gepeinigt, mit allerKraft an der Halfter, irachend stürzt das Al tanengitter, und im ielben Augenblick bersten die msorschen Tramdalten,—die ganze Altane der Front prasselt hinun ter, mit ihr KastL Mit abgerissener Halfter rast das Pferd iider die Felder daher-.- Unter Trümmern begraben liegt der Arzt mit gebrochenem Genick, todt . . . . Vom Lärm des Einsturzes ausge schreckt, kommen die Einschichtleute her beigetaufen und betrachten jammernd das Unheil. Es dauert eine Weile, bis sie sich ausrafsen, den verunglücktenArzt hervorzuziehen, der wie ein Held im Kampf, mitten in Ausübung seines Be ruer, abderufen wurde ins Jenseits. Auf Anordnung des Odertnechtes ward eine Bahre aus Fichtenstiimmchen hergerichtet und die Leiche dar-ausgelegt Ein Linnen deckte dieselbe. Stumm trugen vier Knechte den Todten hinab den fteinigen Pfad und hinaus durch die lange Thalung nach Seedorf. Ein er schütternder Transport, der im Heißen- T hof tiefste Bestiirzung hervorrief und auch sonst das Dorf alarmirte. Da jammerte die alte Mutter iibet dieses so jäh hereingebrochene Unglück. und selbst der alte Oberhummer empfand. beim Anblick des todten Sohnes den tie fen Schmerz eines unersetzlichen Verlu stes, des Abschiedez für immer. Jm Dorf aber wurde wieder geta schelt, daß solches Ende zweifellos mit dem Abspringen vom geistlichen Stu dium zusammenhänge. Unvermittelt drang die Schreckens kunde in die Postkanzlei. wo Lina in wachsender Angst und Unruhe des Ver lobten harrte und auf die Niictgade der Briefe. Immer deutlicher ward sich das Postfkäulein bewußt, daß die Aus sclgung fremder Briefe ein Vergehen gegen die Dienstvorschristen sei, das bei allem sonstigen Unglückdie Lage nur verschiimmern muß. Und da prasselte die Bäckerin in die Kanzlei,«sjammernd über das Unglück, welches ihren Haus herrn betroffen; ---- s Ps- ,,-s III-s Elstern-em- kcquk cum aus. »Ori chen Hausherrn?« »Na, den jungen Dottor.« »Was ischt geschehen, um aller Hei ligen willen Z« »Wer einer Stand haben ihn vier Knechte von der Einschicht ’rnntergetra gen . . . . « ,,Todt? Kastl ischt todt?« schrie ent setzt Lina. »Maustodt! ’s Gnack hat er sich ’brochen!« Außer sich vor Schrecken stürzte das Postfräulein aus der Kanzlei und rann te durch die Dorfgasse hinauf zum Bä ckerhause, in der Meinung, dort den tod ten Verlobten vorzusinden. Die Lei che war jedoch ins Elternhaus gebracht worden, wohin sich Lina begab, kaum mehr bei Sinnen vor Entsetzen und Schmerz. Das Schreckliche ist wahr. Jm alten Stäbchen liegt der Todte, dort, wo er, von der Universität heimgetehrt, die trübe Zeit des Mariens aus die Praxis verlebte. Die alte Mutter erkannte in Linaö Augen« am Seelenschmerz des - Mädchens das Band, welches die Arme mit dem abberufenen Sohn verbunden, ! nnd das einfache Gebir lertveib nahm Lna bei der band nnd iihrte sie irrt Kämnmlein hinauf, stumm nnd doch so beredt. Und am Versen des alten Mütterchent weinte die Braut die ersten lindernden Tdriinen. Bertpeht dai junge, erste süße Men schengliickt Einen lekten Kuß drückte Lina auf die ertalteten Lippen des todten Bräu tigams, dann hastete He hinweg von der Stätte des Unglücks. Jäh erinnerte sich das oftfräulein, die Kanzlei und Dienstta e unverschlossen gelassen zu Iden, nnd zum derben Schmerz, den räntiäarn verloren zu haben, gesellte sich die Mik. der Schrecken über das be ga ene neue Dienstvergehen näelweit offen stand die Thür der Kunz .« doch auf der Schwelle lag als bitter der bisher mißachtete kleine Post pintscher. Das Thier hat instinktiv den W, als et die Nanilei nndkffmgtflmden Nun M arti indemerdenSprung indatla verniißte Lager nn Dienstbett des VI friiuleins wagt. Stillschweigend gewährt Lina diese Kühnheit des klugen Thieres. Dann wird haftig der Baarbestand in der of fenen Geldlassette nachgeziihlt; es fehlt gottldb nichts und auch der Amtstixch ist unberührt geblieben. Schon ho ft das Fräulein, daß die ftraffiilltge Ent fernung aus der underschloffenen Kanz Zlei vertuscht werden könne, da findet sich die alte Postbäuerin ein, unt Linn ’ den Standpunkt dahin tlar zu machen, « daß der Hund entschieden vernünftiger f sei, als die vereidete, nachläsfige Expedi « iorin. ; Mit gefenltem Haupt läßt Lina die « nicht unverdiente Nüge über sich erge hen « Am Tage des Begräb isses begannen sich die Befürchtungen zu erfüllen Auf ; neun Uhr Morgens war die Befiattung Kaftls angesetzt, doch konnte Linn der i selben nicht ausdehnen da sich um diese " Stunde der Poftlonimiffar in der Kanz « lei einfand zur dienstlichen Jnfpettivn » und Untersuchung Ein Protokoll wur- - de aufgenommen Lan gefiar d die Ber fehlungen willig ein, sie derzichtete aufo jede Entschuldigung nur verschwieg sie die Ursache des Unfnlls mit dern Tin- s tenfaß. Die Miene des Kommissars ward immer finfterer als die Expedi-s torin bekannte, zur Ermittelung der - Briefadrefsaten den Verschluß geöffnetz zuhaden. «« » ff wer Beamte roroerie oie wir-yama- : gung der übrigen beschädigten Briefe. Jetzt ftelzt das Poslstäulein in wahr hastiger Verzweiflung vor dein Korn missiir. Was soll Lina sagen? »Wi) sind die Briefes« »Ich habe — sie nicht mehr!" »Sie haben sie nicht mehr? Was soll das hißeifs Wem haben Sie dieselben übergeben ?« .«Dem Herrn Doktor Oberhummer hier!« ftarnknelte Linn ,,Wie können Sie fremde Briefe ei nem Fremden aushändigen? Zu wel chem Zweck geschah dies?'· »Der Herr Doktor wollte die Tinte . auf chemischern Wege beseitigen, um viel leicht die Adressen doch noch entziffern zu tönnenX »Sei-toten Sie sofort zu dem Herkul« »Das kann ich nicht!« rief schlach zend die Expeditorin. »Warum nicht?« «Dottor Oberhumrner tvird eben jeht —- beerdigt !«' .Sorgen Sie dafür, daß die Briese aus dem Nachlaß fofort herausgegeben werden« Dann noch etwas! Nach Mit theilung der Postin berin haben Sie gestern die unverschlo ene Kanzlei ver lassen. Das ist unerhört! Jch suspen dire Sie daher vorn Dienst· Heute Nach mittag wird Jhre Nachfolgerin eintref fen und das Amt übernehmen. Jm Auf trag der Poftdireition habe ich Ihnen die Versetzung nach Flirfch am Arl derg anzuiiindigen, wohin Sie sich nach Dienstiibergabe sofort zu begeben haben. Ueber Jhre neuerlichen dienstlichen Ver ebungen wird die Direttion noch be finden und betreffende Strafe ausspre chen. Jch kann nicht verhehlen. daß Jdre dienstliche Veränderung nach bisher ta » delloser Führung mir geradezu unver I ständlich ist. Wie wollen Sie diesen Um » schlag erslären?« cum ins-sieg »Jk;re Hartnäckigieit iann Ihnen Ar « reststrafe ,und Dienstentlassung eintra L gen! Jch warne Sie nochmals aus das Eindringlichste!« i Da erwiderte Lina: »so-inne es wie E es wolle, ich kann darüber nicht sprechen! ’ Absichtlich that ich nichts Unrechtes, es geschah in der Verwirrung, das Letzte in einer Angst und Bedrängniß, über welche ich Aufschluß nicht geben kann! Ich bitte um Erlaß aller weiteren Erklä- ! rungen.·' Scharf sagte der Kommissän »Wie Sie wollen! Rechnen Sie ab, richten Sie alles zur Aintsiibergake an die Nach folgerin im Dienst. Die Postinbaberin wird Ihnen Jbr Geld bis zum heutigen Tag ausbändigem Inzwischen beschaf sen Sie die Briefe! Bringen Sie selbe nicht ein, so haben Sie sich die Fol gen selbst zuzuschreiben! Adieu!« Als der Kommissar die Kanzlei ver lassen, brach Lan zusammen; nur mit äußerster Willensirast vermochte sie die Amtsgeschäste zur Uebergabe zu erledi gen. Zu dieser Arbeit klangen die Glo cken zum Zeichen, daß ein Todter der Mutter Erde übergeben worden ist zur Ruhe siir immer. Schluchzend kniete Li na in der stillen Kanzlei nnd betete ........ Jn der Mittagspause wankte das Poststäulein in die Wohnung l’s und bat die Bäckerin unt Ausse gung der tintengeschwötzten Briefe. Der Bäckertneister mischte sich darin mit der Behauptung daß der Nachlaß des Ver ungliickten unberührt bleiben müsse, So eilte Linn sur Heißenböuerin, ihr die verzweifelte Lage erllärend. Weinend begaben sich beide zuriick in die verlas sene Wohnung. Der Mutter des Todten steht das Recht des Eintrittes zu. Schluchzend durchsn te das Mutterchen Kastki Schreibtisch. nge Viertelstun den berrannen. Nichts von den Briesen ist zu finden. Man muß unverrichteter . Dinge die Wohnung verlassen. Plsßlich schrie Lina aus; ein schreckli-· cher Gedanke ist in ihr wachgerufen. Be bend sen sie die Fegynmuttm « n welchen steil-ern i Misll beerd gt werdet-P Wie et beruntergebeacht worden MO- MAan die its M eingegraben Wi« - W Vergeblich suchte das Mütter-eben Linn zu trösten. Was liege an Bbiei sen, tvenn der unerbittliche Tod das Tbenerfte raube ........ Am Nachmittag tatn der Kommissar abermals in die Posttanzlei unt-Ger langte die Briefe. Nun mußte Lina ein gestehen. daß diese mit Doktor Ober hurnmer begraben seien. Der Beamte prallte zurück und brauchte eine Weile, feiner Beftiirznung Herr zu werden. Dann aber verbörte er das Postfräulein nochmals, nicht ach tend der namenloer sichbaren Qual der Aernrstem und insbesondere wollte der Kommissar wiss»en, in welchem Verhält nisse Lina zu jenem Doitor stand, da sie diesem die Briefe einhändigte. Auf die letzte Frage schwieg Lina. Al les Eindringen und Reden blieb er folglos. « So lam die Dienstablissnngf das neue Postlräulein übernahm das Amt· Lina packte ihrejabseligleitem die der Post sepp morgen aus einem Handtarren hin ab zur Bahn bringen sollte, und begab sich, losgefchält von Amt und Leben, auf . den Friedhof. um am frischen Grabe ’ Kastks ein ftilles Gebet zu verrichten. Der Bergwind strich seufzend herein und umwehte die Grablreuze klagend Webrniitbig verließ Lina dann das Dorf, das ibr zur Stätte höchsten Er- - dengliicls hätte werden sollen» Und auf der Wanderung den Weg hinab- auf dem sie einst Kastl zum er stenmal getroffen beim Einzug, da weinte Lina herzzerbrechend um ihr ver lorenes Glück t 4 i i I i ( ( Sechzehntes Kapitel. Immer winterlicher und verschneiter wird die hochgediegslandfchafi, je höher der Zug den Arlberg hinanieucht. War es bei beginnender Dämmerung im Becken von Landeck noch lind, so pfiff schon auf der nächsten. um hundert Me ter höher gelegenen Station Pians ein eisialter Wind, der durch die Thür- und Fensterritzen in die Coupes teied. Jn einer Steigung von 1:40 klimmt der Zug aufwärts. einer rothiiugigen Schlange gleich, deren Ei senschuppenringe sich tlirrend ineinan derschieben. Schmal ist der für die Schienen geschaffene Raum, mühsam dein lebendigen Berg abgerungen und durch tolossale Stützmauern einigerma ßen gesichert vor Erdmuhren und La winen. Tief verschneit sind alle Hänge, die gewaltigen Berge, welche hier im Stanzerthal so eng zusammenrüclen. daß knapp fiir die milchige Sanna und die Straße Raum bleibt. Schwacher Lichtschimmer des letzten Monddiertelö erhellt das winterliche HochthaL ein gei sterhaft Flimmer-n und Glinerm in das sich zeitweilig Nebelballen mischen in » seltsamen Formen. Früh ist es Nacht geworden. Jn der Station Strengen am Stetlhang hält der schwarze, schwach erleuchtete Personenzug um die Kreu zung mit einem vom Arlberg herunter fälligen Güterzug abzuwarten. An ei nem Abtheil dritter Klasse guckt durch das herabgelassene Fenster Linn neugie rig in die nächtliche, mondbeschienene Landschaft. Die Neugierde verwandelt den Flugschnee « sich jäh in Beiwfsmheit beim Anblick s Schneewjistr. Das ist doch dieser l mehr, als selbst ein Kind des Alpenlan- l des Tirvl erwartet haben mochte; eine s Wucht, welche die Tochter les Unterlan des schier erdrückt. Lina seufzt. Jn solcher Bergwildniß hausen zu müssen l mitten im Winter, das wird schwer und hart werden. « Knatternd und rasselnd fährt der er- T wartete Güterzug ein, und gleich dararf verläßt der Personenzug pustend und qualmend die Station Strengen. Bis Flirsch ist eine Höhe von 246Me tern auf dem Schienenwege zu erklim men, daher hat die wuchtige Bergwa motive böte Arbeit zu «bewättigen· Endilch ein dumpser, langer Pfiss, der Zug hat 1157 Meter Seehiihe er reicht und fährt langsam in die Station Flirsch ein. »Flirsch, eine Minut’!" rufen die Schafsner. Das Coupe, worin Lan beklommen saß, ward ausgerissen, und der Schaff ner ries: »Flirsch! Aussteigem Fräu . lein!" ; Lina risste das Handgepäck zusam ) men und kletterte das vereiste Trittbrett hinunter. Nur ein schmaler Streifen am Vahnsteig ist ausgeschaufeli für das Pudliium,sonst liegt derSchnee manni hoch rin sum, so hoch, daß die Zäune oerdeckt ind. Schiene der Mond nicht, es wäre beim matten Licht zweier Oellaternen kaum möglich gewesen« sich zurecht zu finden. Ausgang hieri« schreit der Sta tionsdienen Lina ist der einzige Passagier, der mit dem vorlesten Zug in der einsamen Bergstation angekommen ist. Daher tripelt der Stationivorstond, welcher heute den Adferiigungidienst versieht, neugierig heran. Eine ein eine Dame in städtischer Kleidung mu in lirsch die Neugierde erregen, nament ich in der Dunkelheit und ganz besonders bei dem wißhegierigen Vorstand, den ein Hädtischer Frauentrock stets in eine ge lende Aufregung versetzt. Weibertittei waren Ia indirekt bisher die Ursache, warum Herr Letchenthaler bereits zum eiftennmle die Station im Bereiche der Staatsbahnen wechseln mußte, und zum elstenmal wurde er nach Flirsch oersest uns «Adgewizhnen· seiner Liai net, « arn ra e vers « das istetn kchicksaisschlagp dein nur a held ertragen konn. Und Ler Ier cis , In sei ern-. usp We- W W seinen Weg durchtr t. säuerliche Gewandung läßt tbn t bl, und die Pil sener Nationaltracht der Weiber ist ihm ganz speziell verhaßt. Diese Antipa thie überträgt Lerchenthaler aus seine Gattin, oder richtiger gesagt ist letztere . die Ursache, warum der Stationsvop i stand böbmische Landweiber und deren « »Tracht nicht leiden mag. ’ Die Gattin stammt aus der Pilsener Gegend und war Köchin bei einem Ge neraldirettionsrath. Lerchenthaler : war jung und hübsch und strebte. Ein . kluger Kopf, erfaßte er sofort die Chan cen zu Wien, als er merkte, baß der ’ Rath für die Köchin einen Mann suchte, und bereitwilligst übernahm er die lästig . gewordene Person zur Gattin. Der I Lohn blieb nicht aus,Lerche-ntlsaler liber- j sprang einige Dutzan Vormönner und ; ward über Nacht Stationsoorstand,« freilich mit der Versetzung, und bald, daraus Vater. Das Kind starb aber » kurz nach der Geburt, und damit erlosch i auch die Protettion. E.fmal ist dcr’I Schmetterling schon versetzt worden, u. ; seit etwa Jahresfrist vegekirt der Voll- j blutwiener in dein Nest F irsch, das die ; in Oesterreich höchstgelegene Industrie, eine Lodensabrit, im Bereiche hat. Kein ; Wein r, daß der Schmetterling zu ! slatter begann trotz Schnee und Kälte, als er der Dame ansichtig ward, dies fremd und unsicher dem Statibnsgebäw de zustapste und dem Diener ihre Fahr- z tarte übergab. Eben fragt Lina, wies sie am raschesten zur Post gelange, da ist z« auch schon der Vorstand herangetreten, H und Lerchenthaler grüßt mit weltmiinzs nischem Anstand: «Erlauben, Gnöois . ge, mein Name ist Lerchentlsaler, Sta- ! tionsoodsiand, womit tann ich Gnädi aer dienen« Lina wiederholt die Frage. l »Aber, gut-« Frau, bei dein Schnee können S’ unmöglich und- noch dazu in der Nacht den weiten Weg machen!« I «Jscht das Dorf denn so weit ent- g fernt?« »Gut zehn Minuten!« »Das geht noch an! Jch danke pielg malg!·' Wenn gnä ’·.Frau. rJch bin Fräulein, das neue Post fräulein!«« Lerchenthaler pfiff leise durch die Zähne. Dann befahl er demStations dienen dein Fräulein das Handgepäck ins Dorf zu tragen und die Dame sicher zur «Post« zu geleieten. Galaut fügte der Vorstand hinzu: «Gerne würde ich selbst den Citerone ina chen, aber ich bin an den Dienst gebun den und tann heute die Station nicht verlassen. Wenn Sie gestatten, sehe ich aber morgen nach, ob Fräulein ordent- ; lichuntergebracht sind!" Z Lina dankt für die Zuweisung des Dieners, lehnt aber den Besuch höflich i ab und wandert dann in das neue Do niizib Aergerlich begiebt sich Lerchen thaler in die Kanzlei. wo er auf und ab gehend monologisirt. «Ob sie hübsch ists Bei der miserablen Beleuchtung waren die Gesichtsziige nicht zu sehen. Poftfröuleint Der Fall ist soweit giins stig, als die Posttanzlei täglich acht Stunden offen ist. Das Fräulein isi nach Flirsch verseht Das riecht nach Strafversetzung Natürlich« wer wird in eine solche Station diriairt, wenn nicht etwas vorgefallen ist! Was könnte bei einem Postfriiulein vorgekommen sein? Der Fall ist interessant, einer Nach forschung werth. Und hat man die Ur sache berausgeschniifselt, dann könnte weiter operirt werden« Gott sei Dank, endlich ein Wesen, das Abwechslung in das dienstliche Einerlei des Mittagsk bens in dein verdammten Nest bringt« Lerchenthaler läßt sich vorn zurückge tehrten Stationsdiener die Fahrtarte des Fräuleins geben, um den Lösungss ) ort zu ermittleii· »Jnnöbruck——Flirsch« ! steht darauf. Da ist nun weiter nichts zu vermuthen, als daß die Dame in Jan-Z i bruck gewesen ist, wahrscheinlich zur Vorstellung in der Postdirettion. Der Vorstand fragt ob die Dame nicht ge- H fagt habe von welchem Orte sie nach Flirsch versth worden seit Der Die- I net erklärt, daß »die Statut« über haupt nichts gesprochen und ihni nur Fig Lohn zwanzis Kreuzer gegeben - Jm Ton dieser Auskunft lag eine nicht zu verkennende Geringschöyung s ob solch tleinen Trintgelde2, und dieser i Ton teizie den auf seine Beomterwäts « de ungemein stolzen Vorstand zu einer ; derben Abiertigung. «Jch habe Ihnen I befohlen, das Gepäck zu tragen, alsos haben Sie aus ein Trinkgeld überhaupt 4 teinen Anspruch, beritandent« l Mattle, der Stationsdieney aber J erwiderte: »Mit Verlaub, herz- Vor-I stand, das war nicht im Dienst der Staatsbath »Was? Sie erstechen sich. mir zu wi dersprechen? Wenn ich besehi:,. sind Sie immer im Dienst!« »Unser lb des Bahnbofes, meine ich, nichts it Verlaub, der Herr Bor stand besehlen überhaupt zu dielt Das Garteln im Sommer, Stiefelputzen und Hausmagdmachen gehört auch nicht zum Babndienst!« Wüttpend schrie Lerchenthaier, der Diener solle das Maul halten. Mattle, ein tnorriget Paznauney ließ sich aber nicht einschüchtern, und verse te dem Vor esehten einen gutsitzenden ieb mit den orien: »Gem, Herr Vorstand, ich sa ' kein Wötit mehr, aber vorher sein See so gut und zahlen mir mein Geld zurück! Es sind bis jest fünfzehn Gul den, die ich allweil noch gut bab’t·« Lerchentbaler knurrte: .Sie werden die sapatelte schon kriegen, am nächsten Ersten. Und fest scheeren Sie sich bin - aust« s W höhnisch lächelnd verließ Mattle dIi Kanzlei. Der Vorstand hätte fest Gelegenheit gebabl, libet unverschömte Untergebene einen Monolog zu halten, doch zog et es vor, sich eine Zigatette zu been-se and « smffte dann den vZnnch in die Ebeclnsät Stube. Ein schändlich langweiligesdets warten bis zum lenken Nachtzuge Jn. wenn man ein hübsches Weibetl zuwa se hätte, könnte man manches Halt stiindchen oben losend vekbtin en. Aber so! Bret! Lerchenthalee war den Zi carettenslnmtnel wen nnd lnukrie on ei: »Schmeclt wie Powidl (3wetse1,gen nms)! Und alles ist Powidl böhmischeg um mich! Herrgott, war ich ein In kssner bierl damals! lilfmal versetzt nnd da WU Zehnthl strafweisei Psulsch diesem mnlige Proteltion nnd den höhnischen Draus-m auf dem Hals! Ich bin de: ge schlonszndsle Mensch nnd so dumm daß ich Anspruch auf das größte Give ha ben sollte! Der Dilmmste hat das größ te Glis-! Wenn-Z nur wahr würde!« Das Knattern des Mode-Apparates tief den Verstand zum Dienst, die Sta tson Petlneu meldete: »Zug 104 .:h'«; Lerchentlzaler blickte auf die Hängeuhr. Der Aug ist sabtplanmäßig abgelassen worden und wird in fünfzehn Minuten in Fljxtch einlaufem Wieder lnattekt der Apparat nnd untvitlig dreht der Borsten-s die Kne bel, um len schmalenPapierfitcifen lau fen Fn lassen. Letchenthalet will die Zeichen ablesen, stößt et auf Schwierigkeiten, - « der Pettneuertp legten-bitt in eiMseemden Sprache. Der Vor-standest gezwungen, Buch stabe für Vuchslabe zusammenzustellen und flucht dabei über den hsrnlosen Ein sall des Kollegen, stemdspkachtg zu de reschitetn · E Das Menntelegramm lautet: »Pa zorl Ujec boupä zpet!'« , ,,Verslu:hl! Das ist böhmischi Was das wohl heißen soll? Ja, ja, der alte Taasle selig bat halt doch recht gehabt! Man tonnnt nicht durch in Oesterkeich, wenn man nicht ein bißel Bdhtnisch lannl Aber halt! Zuxwas hab' ich den böhmischen Drachen zum Ebeweib!« ties Lerchenthaler und sprang in die Dienst wohnung hinauf mit dein abgerisseneu Streifen in der Hand. Rücksichtle schreckte er die Gattin aus dem Schlaf und fragte, was das »Pozor, Ujec houpä spei« aus deutsch beiße? Zunächst schimpste die Pilsnerin in heimatblichen Klängen iiber die brutale Art, einen Christenmenschen aus dem besten Schlaf zu reißen; dann aber lachte sie, das; ihr die Thriinen iiber die dicken Backen liesen. »Jse seht schenn, was telegraphirt Pane Moucka von Peltneu!« »Rasch, rasch! Der Zug ist fällig, tch muß hinunter in den Dienst! Also, was beißt das Zeug?« drängelte der Vor stand. . Lachend übersetzte die Gattin im Bett: »Achtung! Der Onkel schaulelt zurückl« »Der Betriebsinspeitori Kreuzen ment, der hat mir gerade noch gesehlti Fahrt der gar mit dem 104er in der Nachtl« Lerchentbaler springt die Treppe bin unter trotz der Finsterniß und eilt hin aus aus den Bahnsieig wo er dem Sta tionsdiener fragend zuruft, ob die Wech sel richtig gestellt sind. Und da tauchen auch schon die gro ßen rathen Lichter an der Stirnsrant der Lolomotire aus, der 104et söbrt in Station Flitsckzeia « L , M...fl.«k Blcllckllv aucer slw oc- tout-stum dem Abtheil erster Klasse, in welchem ee den gefürchteten Betriebsinspettor von Jnnsbruck vermuthet, und ftellt sich, stramm salutirend, vor dem Coupö aus. Schellendes Gelächter ertönt. Aus einem Abtheil dritter Klasse ist der Arzt von Pettneu ausgestiegen, der ob der dem leeren Coupe erster Klasse erwiese nen Reverenz des Vorstandes lacht, daß er sich die Seiten halten muß. Und die Schaffner lachen aus vollem Halse mit. Jetzt mertt auch der Vorstand, daß irgend ein Ult inscenirt worden sein muß, und zwar auf seine Kosten. Der Arzt tritt lachend heran und sagt: »Lerchenthaler, ich glaub’, der Witz ist gemungen!" »Wieso? Was für ein Wint« »Haben Sie sich das Telegramm des Pettneuer Vorstandes von Jhter Frau til-erlesen lassen?« «Natiirlichi Jch kann doch nicht czei and-» , » · »Gelungen, der Spaß rscht tostlicht Was hat denn Jhre Frau gesagtt« f »Geschirnpft hat sie wie ein Rohe pa t« »Das glaud' ich! Und den «Onlel« daben Sie richtig mit Betriebsinspeitpr überschw« »Natürlich! Er ist so unter diese-n - Spisnamen bei uns Eisenbahnern be tannt!'· « »Als-) hat Moucka richtig gerathen. Ich gratulire zu Jhrern Reinfallt Re vean vor dem Coupe tschi ausgezeich ; net! Ja, Höflichkeit ischt eine schitru « Sache! Servussst Lachend verliess der Arzt den Bahnhvs. Ungeonidi sragte derZugsiihrer zum zweiten Ma e: »Kann ich a ahreni Bitte, teine Verspätung zu In l« Je t fühlte der Vorstand sich wieder in a er Würde; grol- schnauzie er den Zugsührer an: »Herr über den ug bin ich, verstandent Jch gebiete die b sahttl'« »Bitte, wenn Sie unnsthige Vers « tuan machen. wollen Sie die zwei ist« nuten im Stundenpaß verz nent i den Stunde-paßt« esch o a Wie-us- isw . » ;