Ein zarter Muth « . — i L , « Die oertvitttvete Frau Kreigphysilus . sZohle bewohnte mit ihrer Tochter eine J kleine Gartenwohnung an der westlichen . Peripherie von Berlin. Da die befcheis ; den-e Pension der Wittwe auch felbft fiir f die anfpruchslose Existenz der beiden! Frauen nicht ausreichte, so machte die ! Mutter mit ihren feinen, zarten händen i duftige Spihenarbeiten für eleaante Ge- i» scha« te, während Betfy das einst in« bessts " een agen abfolvirte Sprachlehrerinnen- I Examen fiir die Ertheilung »von Unterk richtsftunden zu verwerthen fuchit. Bei diesen Bemühungen war nun leider Bet fys übergroße Schiichternheitim Pertehr mit Fremden häufig genug ein nicht e ringes Hindernis in ihren Erfolgen. o ivar und blieb es ihr unter anderem stets peinlich, wenn ihr das doch so redlich ver diente Stundengeld einfach uneinge wickelt in die Hand gedriiclt wurde, an ftott zartfiihlend in ein Konvert einge hiillt überreicht zu werden. Sie wußt-« es war tböricht und kindisch und doch drang ihre Schüchternheit immer wiede: durch. . Heute kam Betih guter Laune nach ! haufe.« Sie hatte in der Pferdebahn eine Dame getroffen, die ihr von früher her noch flüchtig bekannt war und, nach oem diefe von iY erfahren, daß sie unter richtete. ihre ochter fiir französifche , Na hilfestunden bei ihr angemeldet hat- · te. rau Oagener ging recht elegani und geschmaclvoll gekleidet, so daß Betfh sich ordentlich schabig neben ihr vorlam. Brillanten schmückte-i ihre Gestalt, und ein loftbares, braunes Pelzcave umschloß « ihre Gestalt. Während desr langen Pferdebahntonr erzählte sie viel von ihren Reisen, ihren vornehmen Bekanntschaf ten und ihrer Sommervilla. Sie ließ durchbliclen, daß sie eine Loge im Thea ter hätten und daß ein berühmter Maler sie in Balltoilette portraitirt habe. Jn ihrer Liebenswiirdigleit forderks sieBetfh nach dem Verlassen der Bahn auf, mit ihr in eine naheliegende Konditorei zu kommen, wo sie für beide mit nobler Nachlässigkeit Eis bestellte. Leider hatte FranHagener schließlich nicht mehr genug Geld bei, sich, als es znm Zahlen trin, J und Betsh war sehr glücklich, ihr ausp- T helfen zu können, worauf man sich herz lich verabschiedete Die tleine Haaener lam nun täglich zu Betfh und war glücklicherweise im Lernen nicht dum mer unt fauler als ihre anderen großen und kleinen Zöglingr. Hagenerg waren Betshs Zartgefiihh was vie Bezahlung der Stunden anbeiraf, ooer vielmehr den Moan der Bezahlung bisher in fchonendfter Weise entgegengelon:inen, indem man nämlich trotzdsm fckson meh rere Monate verstrickcn waren, —- noch garnicht bezahlt hai:-! — Nun. das : konnte ji verlomincn, es war eben Ver geßlichlcit in Suiel. —- Dagegen hatte Beish eines Tages das Giiiri. von Ha geners zum ,,Soupe«." geladen zu wer den. Auf dem Wege dahin drückte sie hauptsächlich der Gedanke, ob sie mit ihrer einfachen seidenen Blouse auch wohl eletzant genug für diefe Glegenheit angezogen fei. ·— Qageners bewohnten eine große Wohnung im ersten Stock eines äußerlich etwas vernachlässigten Hauses-. Die Einrichtung ihrer Zim nrer mochte einem nicht fonderlich scharf sichtigen Beobachter auf den ersten Blick als elegant erscheinen, und »in einzelnen Theilen war sie es wohl auch. Andra feits machten sich in ihren Räumen merlsvürdige Kontraste bemerlbar, und :nan- hatte vielfach den Eindruck, ali wenn man an einer fonst elegant geklei deien Dame zerrissene Schuhe und Strümpfe bemerkt· Da waren Papier fäckker und Schirme an einem echten SicianJielinsl befestigt, papierne Ofen fchirme mit Papieroblaten beilebtx an einer mit Pliifch drapirten Spiegelsche svle hingen nebeneinander, tvieSchlacht t:ophäen, lauter Fiotillonenbleme und Lainentpendem und uder dem Ganzen lag ein undefinirbareki Parfum von Zusaninrengesuchtheit, für das sich Betsh ieine rechte Erklärung get-en tonnte. Eine ähnliche Empfindung beschlich sie bei dein Erscheinen der Gäste, deren Anzahl übrigens nur ganz tlein war. Wo anders wäre es ihr vielleicht gar-· nicht ausgefallen, daß die verheiratheten Männer ohne ihre Frauen, die Frauen ohne ihre Männer gekommen waren, daß tiefe jedoch nicht verwittwet zu sein schienen, nnd Gründe fiir die Abwesen heit oder auch nur Erwähnung der zu den Anwesenden gehörigen Ehegesvonse nicht gegeben wurden. —- Jm Eßzim mer an elanzt, erzählte dann Frau DI gener tagenden Irr-es eine umständ liche Geschicht-, aus der hervorgehen sollte, laß sie das Pech gehabt, diesmal an lauter unpiinliliche Lieferanten ge rathen- zu fein. Erstens hätte ihr der Delitztessenhändlex erst im letzten Mo ment gemeldet, daß ed heute teine Au stern gi«ide; zweitens habe sie die See zungen, die ihre Köchin gebracht, als zu klein zurückschicten müssen; und drittens sei die Pute infolge von Unachtsamteit derselbin Köchin ganz schwarz gebrannt. here Hagen-en ern unterfehter !lemcr Mann ntit lustig zwinlernden lluaen nnd einer Unzahl von funkelndrn Ringen an den Fingern, roar über diese Eröffnung ganz aufgebracht, und ging hinaus-, tun »den Leuten draußen« seine Meinung gründlich zu sagen; indessen nahm Frau Hanener die Gelegenheit wahr, und bat ihre Gäste, es ihr nicht übel zu nehmen, wenn es nun kalt gäbe! —- Nein, man nahm es nicht übel, man war inzwischen so hunin geworden, daß man kleine Steine gege en hätte. here Zagener kam wieder herein und fand im aufe des »Gewinn« Gelegenheit, jede einzelne der herumgeretchten alten Spei sen, vom eringgsalat bis zum hollän der Käse, als »großartig«'« laut jedem Einzelnen an üpreifen. Um doch aber einen Ersatz sitt sie den Gästen auf so schnöde Weise entgangenen anderen lecke ren Gerichte zu bieten, wetteiferten Herr und Frau hagener förmlich in der Schil derung von Soupers und Diners, die fie früher gegeben hatten und bei denen ein gütigeres tulinarisches Geschick gewaltet zu haben schien. Nach dem Essen drückte man sich noch ein wenig im Salon her um, und dann verabschiedete Vetsh sich bald, unter dem Vorwande, daß sie ihre Mutter nicht länger allein lassen mö te. Ferneren Einladungen zu »fide o’c ock teas »und einem »Gesindeball« von Sei ten der Frau Hagener wich Betsy ootr nun an aus, nahm aber zwei Theater dilletg sitt das Opernhaus auf Wunsch Ibre- Mutter an. Die Loge, von der Frau Hagener immer erzählt hatte, lüg diesen Billets nach zu schließe-m aller dings im dritten Rang und bestand aus zwei Plätzen in der zweiten Baltonreihe. Noch immer gab Betsy der kleine-n hage ner täglich Unterricht und wunderte sich nur, daß niemals in den mannigfachen Bestellungen, die Frau Hagener durch die Tochter machen ließ, von einer Bezah lung die Rede war. Indessen —- man tonnte doch eine Bekannte nicht mahnen. Jeht waren ja übrigens Sommerferien, und Familie Hagener war auf ihrer Villa. Wo die »Villa« laa, hatte szwar Niemand verrathen, auch die gefchwiitzige Kleine nicht. Betsy fuhr öfters mit ih rer Mutter hinaus in die Villeniolonieen der Vororte, und so passirten sie auch einmal auf einem ihrer Ausfliige das hübsch gelegene- Zehlendorf. Wie sv Oft fiihrte ihr Weg sie durch die Dorfstraße, die an der Straße nach Potsdam liegt. Malerisch reihen sich dke niedrigen, tlei nen Bauernhäusern aneinander, mit» üppigem aber etwas verfallenen Gärt chen. An einem Gartenzaun sahen sie von weitem eine weibliche, städtisch aus- c sehende Frauengestalt, deren Gesicht durch einen breitrandigen Gartenhut fast verdedt wurde. Bei ihrem Herannahen verschwand die Gestalt urplötzlich. Die « beiden Damen stiegen den Hügel beim Bahndamm hinauf und stießen dort oben auf eine kleine Schaar spielend-er Kinder, l i l i - don denen sich eins los-löste und aus sie s zusprang Es war Lilli Hagen-en Betshs J Echiilerin. »Also hier wohnt Ihr-, in · Zehlendorf, das wußte ich ia garnicht,« ; redete sie die Kleine an, »wo ist denn « Eure Villers-« »Da drüben,« zeigte Lilli mir dem Finger und wies aus eines der - Häuschen an denen die Beiden vorbei gegangen waren· »Daben Sie denn Mama nicht gesehen, sie stand doch bis i jetzt am Gartenzaun?« Die Beideni sahen hinüber. Also das war die viel gepriesene »Villa"! Das einsachste, kleinste Bauernhijuschen mit einem scheu nenartigen. kleinen Nebenbau! Darum entlies die Besitzerin der »Villa« auch so schleunigst und darum hatte man den Ort auch so verheimlicht. Mutter und Tochter setzten nachdenk lich ihren Weg fort. Die Vergrößerungs sucht diese-r Leute ging sie ja eigentlich · garnichts an, mochten sie doch vor ihren Berliner Bekannten das Prestige aus rechierhalten, wenn ihr Lebensglück nun einmal davon abhing; dann sollten sie doch aber zunächst ihren einsachsten Ber pslichtungen nacht-unmen! —- Ach, wenn ihr Geldangelegenheiten nur nicht so furchtbar peintich gewesen wären! Jn dessen versprach sie ihrer Mutter, die sie wegen ihrer übertriebenen Zimperlichteit schalt, irgend etwas in der Sache zu thun. Nach den Ferien lam Lilli wieder. i Betsh hatte sich vorgenommen, der Klei nen einen Brief an ihre Mutter mitzu geben und denselben schon am Tage vor her bereit gelegt. Aber es war merkwür dig; sie halte heute Mittag ein Gläschen von dem schweren Sherry getrunken, der eigentlich nur siir ihre Mutter war, und da lam ihr plötzlich eine andere Jbeei — ,,Lilli,« sagte sie, roie unter einer Einge bung, »ich werde Dir heute oine Anzahl deutscher Sähe diltiren, und die sollst Du zu Hause ins Französisch übersehen. Bitte Deine Mama, Dir dabei zu helfen, damit Du nicht zu viel Fehler machst!« Lilli schrieb gehorsam: »Wir leben, um zu arbeiten, und wir arbeiten, um zu leben.« »Jeder Arbeiter soll nach der Arbeit seinen Lohn erhal ten.« »Wir haben diesem Arbeiter noch nicht gegeben, was wir ihm schuldig sind.« »Warum habt Jhr nicht bezahlt Eure Schulden?« »Hast Du nicht eine sranzösische Lehrerin?« »Ja, mein Herr; ich habe eine iranzösische Lehrerin und eine sranzösische Gramniatit.« »Wie viele stanzösische Leltionen hast Du in der Wache?« »Jn der Woche- habe ich . sechs Aktionen-« »Wie viele Lettionen hast Du also im Monat?'« »Im Monat habe ich 24 Leltionen." Und in einer Zeit von füns Monaten?« »Ja dieser Zeit sind es 120 Lettionen.'· »So,« sagte Betsh zu ihrer sie fragend anblickenden Schülerim »das genügt.« Jn den nächsten Tagen kam Lilli Va gener überhaupt nicht wieder-, irgend ei nen Eindruck mußte Betshs zarter Wink also doch ohl hinterlassen haben. Es waren unge öhr acht Tage vergangen, da erhielt Betsh wirklich eine Postanwei sung mit dem schuldigen Betrag; wenig stens war es annähernd die betreffende Summe-. Aus der Rückseite standen auch ein paar Worte ohne Anrede. sie laute ten: Wabe mir erlaubt, von beiliegender Summe den mir noch schuldeten Be trag der zwei Billets ürs Opernhaus abzuziehen! Achtungsvom Eveline Ha gener!« — ——————-—--do.--———-— - Süderbrarup. Selbstmor verübte der Arbeiter Jürgenseru W net rnqiniincx · Eine Frühlingsgefchichte von A. G a b e r . s -»--...»-.. . »Ja die Tüte von Papiere s Sperrten sie die Krabbelthiere« —- « »Na, ja, das ist’s ja eben!" eiferte Afsefsor Lorentz an feinem Stammtifch. »Ja eine Papierdiitet Schrecklich! Da s sollen die armen Thiere am Leben blei- « ben? Die müssen ja ersticken —- und : olche Thierquiilerei ist gestattet, ja, die 4 hörden selbst leisten dem Vorschub und entbietens ihre heranwachsende Ju gend zum Raubzuge gegen solche un schuldigen, harmlosen Geschöpfe! Und dann sangen die bösen Buben die Mai täser und sperren sie in Tüten oder Schachteln oder Botanisirtrommeln.«—— J »Und binden ihnen einen Faden um s den Fuß.« —- i »Oder stecken sie dem alten, grämli- f - i ! chen Onkel ins Bett, und der bärbeißi- . gen Tante ins Brillenfutteral.« — »Um Gottestvillen, still! Thut mir den einzigen Gefallen! Jhr habt eben tein herz für Thiere!« So tvehrte Lo- , rentz dem Redeschtnall der Freunde. I »Na obt« Und was fiir eins! »Ein ganz großes! Besonders fürs Vieh- « zeug, ganz extra!« »Namentlich für die Käfer —« ,,Befonders für die zweibeinigen, , wenn sie schöne braune Zöpfe haben und « jung und hübsch sind!« Lorenstz erhob sich schweigend, zahlte s dem Kellner und griff nach Stock und z Chlinder. Das Recken der Freunde ; hatte ihm das Dableiben derleidet. Er s entschuldigte sich mit einem wichtigen Termin, den er nicht versäumen dürfe, grüßte kurz und ging rafch hinaus. Er wandte seine Schritte dem Thier garten zu, den er iiber alles liebte. Da kannte er jeden Baum und Strauch, an dem fein Weg dom» Centrum nach Mon bit vorbeifiihrte. Wie herrlich war’s, das junge, thaufrifche Grün, die schwei lenden Knospen der Kastanien der gan ze Hauch reiner, zarter Jungfräulich teit, der über die Natur gebreitet lag. Und über allem die warme, helle, la chende Maienfonne. Er war ganz allein. Bis er an eine Querallee lam- Da bog vor ihm eine junge Gestalt in seinen Weg ein —— ein frisches-, schlantes, niedlich-es Mädchen. Sie ging fo schnell, daß er sie nicht über holen konnte. So musterte er von rück wärts die zierliche Erscheinung, vom weißen, rothbebänsderten Strohhütchen bis hinab zu den zierlichen Absätzendn gelben Schuhe. Dabei fiel- ihm etwas Eigenthümli ches auf. Gerade aus dem Rücken, dicht an der linten Schulter der Fremden ——— ein dunkler Fleck, der sich grell von dem hellen- Tuchjaquet abhob. Er schärfte sein «Zlugenglas, indem er es doppelt spannte. - Himmel, da fass ja ein Maikäfer! Und was fiir ein fetter! Ein großes, wohlgenährtes Exemplar! Es war sonst nicht feine Art, Damen anzureden, am ; wenigsten auf der Straße. Aber in fol- « chem Falle — —— ! I Mit drei Sprüngen hatte er die Da me erreicht. Er redete sie auch jetzt nicht an. Schweigend nahm er den zappelnden Sechsfiißler zwischen die Finger der Rechten und hielt ihn der Fremden hin. Dann setzte er ihn behutsam auf die Erde. »Hul« sagte sie erschreckt. »Auf mei nem Rücken? Der hätte mir ja in den Hals trabbeln können?« Und fchon hob sie den Fuß, um den Käfer zu zertreten. Doch da wehrte er. »Bitte, nicht tödten!« Sie sah ihn erstaunt an. »Ach so! Freilich — der ist wohl zu schade dazu, den« miifzte man sich eigentlich aufheben, zum Andenken. Wollen Sie ihn?" Jetzt hielt sie ihm dass zappelnde Thierchen entgegen. Er wurde verlegen. Nehmen, ja — aber wohi ? Er konnte ihn doch nicht in der Hand gen! Brrr! Doch auch da wußte sie Rath. Sie griff nach der Morgenzeitung, die aus feiner Tasche hervorsah. . »O die legte Seite. die Anzeigen — die b chen Sie doch nicht? Jn die Diite von Papier ——« »Um Gotteswillen —- auch Sie, Fräulein?« »Na, warum denn nicht? Jch bin Max und Moritz in einer Person. Sie sollten mich nur kennen lernen! Den len Sie nur, ich weiß noch ganz genau — wie ich acht Jahre alt war, da kam immer eine alte Tante zu uns-. Sonst ganz nett, aber sie schnupfte. Und wenn eins von uns ihr für vierzig Pfennig Tabak holte, gab sie ihm fiinf Groschen, und man brauchte nichts wieder zu ge ben. Das war ganz fein. Einmal aber, ais ich zum Kaufmann mußte, hatten die Jungens gerade Maikäfer ge fangen. Und wie ich fo zugucte, hatte ich die Diite verkehrt und ——— mein gan zer Tal-at unten. O weht Fast war ich erschrocken-— dann kaufte ich mir für den übrig behaltenen GroschenMai -käfer, packte sie in die Düte und ging ganz ehrbar nach Hause. Ach, war die Tante entsetzt, als sie den Tobak in ihre Dose schütten wollte!« Sie lacht so herzlich, daß er mitlachen muß. »Aber haben Jhre Eltern nicht ge scholten?« »Freilich — baue gab’s. Aber — hlihsch mass doch!« So gehen sie nebeneinander her, scher end und plaudernd An der Fahr trahe bleibt sie stehen. »Jeht gehe ich -—— J ——· s Hier links as. und Sie rechts-i Na, ! dann adieu!« Er zieht den Hut. Was für ein Tol patsch er doch ist. Nicht mal vorgestellt hat er sich! Schnell holt er das Ver söumte nach. »Und Sie, gnädiges Fräulein?" »Ich —- bin die Tochter von« Regie rungsrath May, Grete, die Jüngste. Also auch ein »Maikäser!« Damit eilt sie davon. Noch von sern hört er ihr silberhelles Lachen. Als er vom Termin nach Hause kommt, ist es Abend und fast dunkel. 1 Er entledigt sich der Stiefel, zieht den . Rock aus, steckt die Hände in die Tasche I —- da tnistert etwas Himmel, die Dü te! Das arme Thier! Es wird wohi! » erstickt sein! Behutsam öffnet er das Papier-. Prüsend blickt er hinein, da — « Srrrr —- —— —- — I Na ja! Jetzt ist der verfiixte Käfer » in der Stube! Wie sangen? Bums, i da fährt er auch schon gegen seinen Kopf. fUnd da soll er heute schlafen? Wenn er nun aus sein- Bett geflogen i kommt, wenn —- er schläft manchmal l mit geöffnetem Munde. Hut Was thun? Rathlos schaut er sich um. Er muß das Fenster aufmachen natürlich. Nun lehnt ev sich hinaus. l Drüben am Fenster vis-ü-vis taucht l der graue Kopf des alten Amtsgerichts raths a. D. auf. Eins grämlicher alter Hagestolz. Reulich hat er sich beim Wirth bitter beschwert über die Orgien, die der Herr Assessor ins seiner Bude veranstaltet habe und um deretwillen er um feinen Schlaf gekommen sei. Und man hatte doch nur die,,Lindenwirthin«« gesungen und dann die »Washington Post'« gemimtt Da fährt der alte Rath plötzlich mit einem lauten Fluch zurück: »Schwere noth! Die Viecher! Nicht mal hier hat man Ruhe davor. Ein Segen, daß sich der Staat in’s Mittel legt.« Und Win Lorentz lacht, so lustig und ausgelassen, als habe er seinen köst lichsten Spaß erlebt. Es steckt doch auch etwas vom schlimmen Buben noch in ihm, von der Species, die nie aus-stirbt und nie aus-sterben soll, weil mit ihr die Jugend sterben würde, die schöne, gol dene, tolle Jugend! Am anderen Tage trifft er Käthe May wieder zur selben Stunde unsd an oer nämlichen Stelle, ganz zufällig na tiirlich Er erzählte ihr das Schicksal seines Schutzbesohlenen, und wie der alte Rath wiithend das Fenster zugeschlagen habe. »Und derMaikäser war drin bei ihm? nachdem er »wei Menschen vor den Kopf gestoßen? Famost Den müßten Sie wieder fangen! Das ist ein Kuriosum, nicht? Ach, fangen Sie ihn doch wieder, bitte!« ,,Gerade den? Ja, das wird schwer halten, Fräulein. Aber — es kann ja auch eins anderer sein.« Wie eigen er Grete dabei ansieht! Jhr wird ganz seltsam zu Muthe. Nun gehen sie wieder ein Stückchen zusammen durch den Thiergarten im Lenzestleide; Sonnenschein ringsum, und Frühling im Herzen. Beim nächsten Montagstrunk bleibt Willy Lorentz’ Platz leer. Man weiß aber warum. Ein Zeitungsblatt geht von Hand zu Hand. ,,Jst’5 wirklich wahr? Verlobt???« »Lorentz hat einen Mailäfer gefan gen«, sagt einer von der Tafelrunde. »Der Thierschijtzler? Das nennt nun der Mensch Logit!« »Ich komme dem Brautpaar einen Ganzen aufs Spezielle!« verkündet der Senior des Stamintisches. Und schwei gend folgen alle seinem Beispiel. ----—» , Ver Baue fix der Frau Yofriithiin Humoreske von Earola Bel monte. » . - Sie hatten ein volles Vierteljahrhuns dert hindurch in schönster Eintracht mit einander verlebt und kein Mißton hatte die Ehe gestört — jetzt aber sollte dies mit einem Male anders werden. Die Hofräthin hatte einen Jour fix — und das ist nichts Ungeheures in ei ner Zeit, wo jede reiche Dame ebenso ihren bestimmten »Jour« hatiwie die Frau des kleinen Beamten. Jm Grunde hatte der Hofrath gegen den ,,Jour« seiner Gemahlin nichts einzu wenden —— mochte sie Gäste empfangen, sich mit ihnen vergnügen, oder auch langweilen -— doch er mußte nicht dabei sein! Diese Weigerung aber des sonst so fügsamen Gatten war es, die den ersten Zwist und infolge desselben auch unzählige Schmoll- und Trotzscenen herbeiführte. Die gekränkte Hofräthin hätte gar zu gern ihren,Gästen nebst den erlesenen Genüssen der Küche und,des Kellers auch den Gatten vor-geführt und vor Al lem sein dichterisches Talent anstaunen lassen. Aber all ihr Bitten halb nichts, der Gotte statte stets nur dieselbe Antwort: daß ihn derartige Abende aufs Höchste langweilten. So schniollte die Hofrä thin weiter. Der Sonntag war gekommen. der Tag des »Jour six«. Jm Hause des hosrathes prangten die Räume bereits im- festlichen Glanze, vergoldete Kron leuchter erhellten die Salons und mach ten die schönen Bilder in kostbaren Rah men und das reiche Silbergeschirr auf den appetittlich hergerichteten Biiffets hell erglänzen. Die Frau des Hauses in einer höchst geschmackvollen Toilette durchschritt noch einmal die Räume, um mit prü w ! fendetn Blick die Anordnung des Gan zen zu übersehen; sie war zufrieden, die Dienerschaft hatte alles aufs Schönste besorgt, trotzdem aber wbllte der Schat ten des Unmuthes von ihrem Gesicht nicht weichen, und sie fand lein Lächeln. Lässig ließ sie sich auf einer Causeuse nieder und blickte gedankenvoll vor sich hin. Plößlich hörte sie Schritte, die sich näherten-, und in den Spiegel bli ckend, der an der gegenüber-liegenden Wand hing, gewahrte sie darin einen Herrn in tadellosem Gesellschaftseian ge auf sich zukommen-. Hastig erhob sie sich, um den angekommenen Gast zu be grüßen — aber aufs Höchste überrascht hielt sie inne ——— das war ja ihr Gatte, der Hofrath der da auf sie zuschritt, und in seinen Zügen zeigte sich ein kleines moquantes Lächeln, als er die über raschte Miene seiner Gattin bemerkte. »Du gehst in Gesellschaft?« fragte sie gereizt· »Ich bleibe«, erwiderte der Hofrath, »Du hast ja heute Deinen Jour fix . . .« »Und Du, Du willst beim Jour fix bleiben?« sagte gedehnt die Gattin, »und hast es mir dochbisher stets ver weigert, wenn ich darum ersuchte, zu bleiben.« »Ja, siehst Du, liebes Kind,« entgeg nete der Hosrath, »ich habe mir die Sa che nun dennoch überlegt.« Und dann fügte er hinzu: »Ich habe auch nachge rade Deine verdrießlichen Laune-n und Deinen Troß schon satt, und so will ich denn, um endlich Ruhe zu haben, Dir Deinen Willen thun und zum armen Opfer der Jour werden« Seine Gattin wollte etwas entgeg nen, doch da wurden die erstens Besucher gemeldet, und die Hausfrau hieß sie mit freudigem Lächeln willkommen. Es war gerade nach dem Souper, man hatte den vorzüglichen Speisen und den guten Weinen tapfer zugesprochen, und die Gesellschaft erhob sich von der Tafel, die Einen, um sich zu gemiithli cher Tarolpartie zusammengeseßen, die Anderen wieder, um im Musitsalon bei Gesang und Spiel den Abend heiter zu beschließen —- als eine Handbewegung des Hausherrn die Gäste neuerdings zum Sitzen einlud. « « - -« - »Meine Damen und Herren!" sagte der Hosrath, indem er sich erhob. »Ge statten Sie, daß ich Sie noch eine Wei le hier zurückhalte! Jch bin, wie Sie vielleicht wissen werden, in meinen freien Stunden—lyrischer Dichter; da habe ich nun gerade Einiges fertig, über das ich nur das Urtheil meiner geschätz ten Gäste einholen möchte, und darum bitte ich um die Erlaubniß, Jhnen diese Gedichte vorlesen zu vürfen.« Und er zog aus der Brusitasche seines Frackes ein ziemlich um fangreiches Manuskript hervor. Die Gäste nahmen nun wieder ihre früheren Plätze ein und mochte es auch Manchem um das liebe gemüthliche Spielchen recht leid sein, und wiederum Mancher den Vortrag eines Schubert Liedes oder eines flotien Walzers dem Anhören von lnrischen Dichtungen vor ziehen —- einer solchen Einladung mußte man Folge leisten und bleiben. Der Hofrath hatte seine Vorlesung beendet, es war etwas spät geworden. Einige Besucher verabschiedeten sich, während die Zurückgebliebenen sieh noch ein Stündchen amüsirten. Die Hausfrau war zufrieden; war auch heute- die Unterhaltung keine so ver- ; gnügte wie sonst gewesen, so hatte sief doch hingegen die Genugthuung empfun- t den, ihren Mann auch als Dichter be- t wundert zu sehen; und so sah sie denn ( vergnügt dem nächsten Sonntag entge- i gen. — — Wieder war Alles auf’5 Schönste und Festlichste angeordnet und zum Empfang der Gäste bereitet, die sich denn auch bald einfanden. Wohl sandten Einige Ab sagen, der Abend verlief aber trotzdem recht angenehm, bis — in einer Ruhe pause zwischen dem Souper und dem schwarzen Kaffee —- sirb der Hofrath abermals von seinem Platze erhob und die- Gäste einlud, die Vorlesung seiner Dichtungen anzuhören. Wohl zogen sich einige Gesichter bedeutend in die Länge, Andere wieder unterdrücktesn ein leichtes Gähnen; umsonst! Der Hofrath ließ sich nicht abhalten; er begann und nichts hemmte seiner Rede Fluß, mit dem er diesmal einige Kapitel eines historischen Romanes vorlas, den er gerade unter der Feder hatte. Der Vorleser war gerade bei einem siir den Gang der Handlung höchst wichtigen Punkte angelangt, als ihn ein sonderbares Geräusch störte. Anfangs wollte er es nicht beachten und las eifrig und mit erhöhtem Tonfall wei ter; er war nicht weit gekommen, da machte sich jenes verdächtige Geräusch immer mehr bemerkbar. So hielt er denn inne und blickte iiber sein umfang reiches Manuskript hinweg auf die Ta felrunde; aber welch ein Anblick bot sich seinen überraschten Blicken —- ringsum war Alles mäuschenstill geworden und nur ab und zu ertönte jenes eigenthiim liche Geräusch, das ihn aufblicken ließ, und wofür er die höchst possirliche Er klärung fand: das Geräusch bedeutete —- sanftes, melodisches Schnarchen, ei nige Gäste waren eingeschlafen! — — Resignirt faltete der Dichter sein Wert zusammen. Jetzt aber waren die so sanft Schlummernden erwacht und halb erschreckt, halb verlegen stotterten sie allerhand Entschuldigunaen. «Aber ich bitte Sie,« sagte lachend der Hosrath »sich durchaus nicht zu ent schuldigen, gewiß haben die Herrschaften die vergangene Nacht wenig geschlafen-— und überdies,« sehte er hinzu, »das ist etwas sehr Menschliches und kann Jedem leicht passiren — gar im Fasching!« Und dann, als die Gäste gingen, ge M leitete er alle hinaus in den Vorraum, und hier —- seine Gattin hatte sich, et was ermüdet, schon im Salon verabschie det s—- sprach er noch recht eindringlich mit jedem Einzelnen und nahm Allen das Versprechen ab, seinem Haufe am nächsten Sonntage Lieder die Ehre ihres Besuchs zu schenke .— Das versprachen denn auch die Meisten und man trennte sich mit allerlei liebenswürdigen Redens arten. — Es war Sonntag. Die hosräthin hatte sich schon vor einer Stunde in die Empfangsriiume begeben, um die erwar teten Gäste zu begrüßen; die Besuchs stunde war angebrochen, merkwürdigeri weise kam aber noch Niemand; in der Küche schmorte und brodelte es und auf den Büffets erglänzten die Flaschenbat terien. Ab und zu ertönte die Glocke, aber — es waren Absagen und Entschul digungen, die gesandt wurden. Die Aufregung der Dame des Hauses wuchs von Minute zu Minute :- es wurde spät —- der Abend tam und ging und auch nicht ein Gast überfchritt die Schwelle der hofräthlichen Wohnung. Was war das nur? Was hatte dies zu bedeuten? Sie hatte doch ihren Gä sten gegenüber keine Taktlosigkeit began gen —- was also war es, und weshalb waren ihre Salons heute öde und leer? Der Hofrath aber, wieder in tadello sem Gesellschaftsanzuge, lehnte am Fen ster und verbiß mit Mühe ein Lachen, das jeden Augenblick loszubrechen drohte. — Sol Jetzt hatte sie ihren Triumph! Warum mußte sie ihn auch quälen, an ihren Empfangsabenden theilzunehmen, die ihn so sehr langweilten. Jent würde sie ihn wohl recht gern der lästigen Pflicht entheben — wenn aber doch nur die Gäste kommen wollten! Die aber kamen nicht — und sie hatten guten Grund dafür, und der war: Beim letz ten Jour fix hatt-e der Hosrath jedem einzelnen seiner Gäste vertraut, daß er am nächsten Sonntag der Gesellschaft sein neuestes Werk vorlesen wolle, und das neue Opus sei ein -— sünsaktiges, in Jamben geschriebenes Drama aus der byzantinischen Geschichte, und er bitte, ja nur echt zeitig zu erscheinen, da die Vor lesung des in Jamben geschriebenen by zantinischen Trauerspiels in fünf Akten wohl lange, ja gewiß den ganzen Abend dauern würde. Das aber hatte sich die Gesellschst gemerkt, und darum waren die Salons der Hosräthin heute mrödet geblieben. Der Hosrath freute sich der gelunge « nen List, mit der er sich einer lästigen Pflicht entzogen; die Frau Hofräthin aber — so erzählt der Gewährsmann dieses wahren Geschichtchens —- hat in Zukunft aus die Anwesenheit des Gatten beim Jour six vollständig verzichtet. ·- -—» ---—-...--.- -.—.»-...—. Moderne Kinder-. ,,Möchtest Du wohl das kleine Kousin chen sehen, das die Enkel gestern der Tante Grete gebracht haben?« »Nein, Mama, — — aber die Engel Jnöchf ich seh’n —- ———!« D ie P a r z e n . Befucher der Kunstausstellung (den Katalog lesend): »Die Warsen.« »Das wird ein Druckfehler sein.« Nachbar: »Warum? chtzutaae ist Alles möglich Ein guter Mann-, Sie: »Warum willst Du denn abso lut hinüber auf das andere Trdttoir?" Er: »Dort unten kommt ein Hinge fchäft, und ich möchte Dir jede Auste gung ersparen!« R e n o m m a g e. Kollekteun ,,Wollen der Herr Leut nant mir nicht ein Loos abtausen?« Leutnant: ,,Nee, danke —- bab’ zuviel Glück in der Liebe.« Der Mittelweg. ,,Nanu, Sie hier? Jch dachte, Sie wären auf Jhrer Geschäftsreise nach dem Norden?« »Ja, sehen Sie, mein Arzt hatte mir gleichzeitig eine Reise nach dem Süden verordnet, da habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und bin in Ber lin geblieben.« « S ch a d e. Herr (der im dunklen ausslur einen ihm begegnenden Vacksis geküßt hat): »Bitte tausend Mal um Entschuldi gung, ich habe mich in der Person ge irrt!« Backfisch (bedauernd): »Ach, wie schade!« O r d n u n g. Professor: »Ich kann meinen Hut wieder nicht finden, es wäre wünschens werth, daß derselbe seinen bestimmten Platz hättet« Dienstmädchen: »Entschuldigen Sie, Herr Professor, er ist in den Kohlen eimer gesallen.« Professor: »Gut — wenn ich nur sicher bin, daß ich ihn immer da iinde." G u te r G r u n d. »Ja, sagen Sie, Herr Protzenseld weshalb haben Sie uns denn mit der Miethe gesteigert?« »Weshalb? Erstens zieht täglich die Wachtparade von nun ab vorüber, und zweitens ist das Haus vis-Li-vis frisch angestrichen worden« Richtig bezeichnet A.: »So, die vier Herren sind jeden Abend die lehten Gäste im Lokal?« B.: »Ja, ein richtiges vierbliitteriges Klee—beblatti« ,