Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 08, 1900, Sonntags-Blatt, Image 15

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    . TNW
Dom Betrattieiu
—-.---—
Die Art und Weile« sich eine Frau zu
derlchessen, ist bei den Völkern der Erde
sehr verschieden. hie nnd da, so bei eini
-"«gen Jndianerstiimmen, sindet sich die An
schauung, daß das Weib ein Gegenstand
, sei, den der Stärkere dem Schwiicheren
« jederzeit nehmen dürfe- Diese Auffas
. sung leitet zn einem Erwerbe des Wei
bes durch Wettkampf. Bei den Hut-sons
batsDndianern z. B. war es Sitte. Um
den sitz eines Weibes zu rinaen. Bei
· den Chadantes lSitd-Anierila) führt
unter mehreren Beweebern derjenige die
Braut heim, welcher einen schweren Holz
lploct am weitesten tragen oder inr Laute
» mtfraffen und am weitesten erfen tnnn.
Bei mehreren Stämmen dergndids bra
,»-dds von Peru werden die Jungfrauen ;
FHeils Preis ausgesetzt und die jiinneren
Männer müssen untereinander auf Le
« ben und Tod stir sie tänipfen. Die alten
rieger sind dad:i dies Schiedgriclyten
» em entspricht es im thtertlkuni, wenn
, tlanta sich dem besten Läufer ergiebt,
oder in Neu-See«l.md. wenn zwei Wer
ber das Mädchen je an einem Arme fus
sen und derjenige es erwirbt, welch-er rI
s« zu sich l)inziel)t. Jm Aztetenreiche in
.Me:ito wurde, wenn mehre-re sich um ein
—------——.—-.-—
Mädchen bewarben, die Entscheidung
sdurch eine Art von Duell herbeigeführt
F Auf gewissen Eurwickeiungsstusm in
der Nan die regelmäßige Form, zu ei
nem Weibe zu gelangen; namentlich per
den die Frauen gern aus fremden Stäm
men entsiihri. Leytere Sitte herrschte
bei den ausgestorbenen Tasmaniern, so
wie bei den Popuancn Neu-Guineas und
aus den Fidschi-Jnselu. Noch heute muß
der Same-jede und der Lappe sich mit
» List oder Gewalt eines Mädchens aus
fremdem Stamm-« bemächtigen- Dem
fGebrauche destFrauenraubes begegnen
tvir auch in den Traditionen zahlreicher
Visiten z. B. iniener Erzählun» der Bi
« bel, wonach die Männer des Stammes
Vensamin die zum Tanz oersammelten
s Tische-r Such-s entführte-e sowie i» der
P« bekannten römischn Sage vom Raube
’ der Sabinerinnen, in welcher der in den
römischen Sitten als Ceremonie fortn
bende Frauenan in historische Form
gebracht war. Wie verbreitet diese Sitte
in alter Zeit irae, geht daraus hervor,
«—, das-. sie sich bei vielen Völtern, bei denen
« mildere Sitten die Oberhand gewannen
ais ceremcnieller Gebrauch erhielt. So
siibrten nach Lllutarchå Bericht bei den
) Spart:nein, obxvoizl ksti ihnen die Eisen
www
nnter Einioiltiauiig der betheiligten Fa
milien neichtossen wurden, Die Freunde
des Bräutigams- einer Ecene aus« rie
E eine gewaltsam Enifiihrunq der Braut
noch vor rrenigen Generationen in
Wales, wo die triegerisch auzgeriisteteu
«- Freunde des Bräutigams die Braut ent
siibrten. Jn thand wurden sogar
Speere gegen die- Angehörigen der Braut
geschleudert, allerdings aus einer Ent
fernung-» daß eine Verletzung ausneschlost
i sen war. Trotzdem ereianeten sich zu
weilen bei solchem Scheintainpie in Folge
F von Unvorsichtigteit Unsälte und ein so:
cher Unsall, der siir einrn gewissen Lord
hoath den Verlust eines Auges zur Folge
hatte, schcin dieser Sitte ein Ende ge
macht zu ha en. .
f erstellte. Derselbe Gebrauch herrschte - (
i
Eine andere Art des Erwerbes von "
; Frauen ist der Brauttaus. Als nackten
? rauttauf finden wär die Eli-e z. B. in
Afrika. Man einigt sich vielfach scha
chernd und feilsclkenv iiber den Fean der
. Braut, wie iiber ein anderes- Karrfabielt.
" Aber nicht bloß in Afrika, auch unter
« den Beduinen Süd-Arabiens ist das der
Fall. Jn Süd-Afrita wird der Rauf
preis gewöhnlich nach Ochsen aus-gedruckt
und dir- Mädchen erscheinen nicht billig
taxirt·, bei den Kaffern zahlt der Brau
I ttgam tvobl 6 bis 30 Ochsen fiir die
Braut. Für den Mann, der eine Anzahl
Töchter besitzt. ist also die Heirath oft ein
’ sehr profitableg Geschäft und tann lim
»««groszen Gegensatze zu unseren Verhält
nissen) zu einer Quelle des Reichthuins
z werden; denn indem er fie vertanft, be
kommt er vielfach herein, was ihm die
eigene Ebehälfte getostet. Von diesem
Standpunkte aus erscheint somit die
« rau als eine ganz gute Kapitalganlagc.
i Speiulative hauptlinge baben sogar aus
Edeln Umstande, da der Besiß der Toch
F ier unter Vaterre t zu einem Ausflusse
der väterlichen Macht geworden ist,
Nußen gezogen. Sie versuchten im Gro
Eem was die armen Aretunas nur gün
igenfallö im Kleinen thaten; sie eta
lirten ein Geschäft in Bräuten. So
« wußte der Basutohiiuptling Mosbeshlve,
le er 1815 zur Regierung gelangte, das
toli dadurch fiir sich zu gewinnen, dasz
r sein Viel-vermögen dazu verwendete,
,n armen Leuten, die aus Mangel an
Mitteln hatten » unggesellen bleiben
müsster zu dem er ehnten Weibe zu rei
len. Zugleich wußte er es so einzu
« .-ten, daß seine Vermittlng eine ganz
Kapitalsanlage wurde. « Jndem er
lich einem Unterthanen um ein paar
n ein Weib kaufte, bedang er sich
Extra als Kapitalsriickzabluna
. So fielen ihm also alle Töchter
: solchenEben anheim und da er diese
--n nach zwölf Jahren wieder vertau
» konnte, so floß ihm sein Anlagetapi
". bald und reichlich zurück. Kein Fi
ziiinftler aber bat noch die alten Fid
von Dahomey übertroffen, welche,
« ftc das Vaterrecht im Stamme auf
bezogen und beschränkten, als Väter
lbendie eschiitzteste aller Waaren,
sz rau, fttr ch im ganzen Staate mo
lisirt haben. Dort zog der König
Zolle Konsequenz aus der Königs
llun tote sie nach in Ost-Wen
« er trachtete sich als den großen
tltenvater Aller und sonach ftir den
—.,.-..—-. s-« —..-.-. —-«--·-.—-·-4-—-——4—- .-.-.—--.- --·--«. —- -.-...
-.-—-..-,«.— .
Deren und Mundinhaber aller Frauen
tnd verkaufte sie silr seine Rechnung den
Unterthanen zur Ehe.
Auch die altjiidischen Ehen sind echte
Kaufehen im ausgesprochensten Sinne.
Die Texte sprechen unbemiintelt vom
.Erlaufen zum Weibe«, vom »Kons
Ireise einer Jungfrau« als von dem Ge
oöhnlichen
Das Gleiche gilt von der altgriechi
schen Ebe. Der Preis der Braut wird
ganz, wie es heute in SüwAsrita üblich ?
ist, nach Rindern bestimmt; nur müs
sen letztere bedeutend werthvollet gewe
sen fein, als sie es heute in Afrila sind;
denn einmal fchätrt Homer sogar ein
tunstoerständiges Weib nur auf vier
Zeldochsm So galt es für ein Glück,
Töchter zu besitzen, denn sie sind »rinder
srnserbend«, sie bringen dem Vater Rin
Ier zum Austausche insYHaus
Daß auch die germanische Ehe ganz
ruf demselben Grunde ruhte, ist schon
viederholt aezeigt worden. Mochte auch
Tacitus nichts gesehen haben als Mit
zift und Morgengabe, so sprechen doch »
sie Voltsrechte ganz unzweideutig vom
,Pretium emtionis«, dem Kauspreise,
ind das sächsifche möchte wohl gar einen
Tarif ausstelle.n, indem es sagt: Wer ein
Weib heimführen will, der gebe den El
tern dreihundert Schillinge. Von den
Oithmarschen erzählt Neocorus, »daß sie
ihre- Töchter ohne Brautschatz oerloben
und verheirathen; es schenlet und be
iahlet der Bräutigam dem, in wessen Ge
valt die Braut ist, so viel, als unter ih
ren beroilligt und beliebt wurde«.
Eine weniger verbreitete Form des
Jrauentaufes ist der Tausch. Sie fcheint
ich«bei den Malaien und einigen abessi
iischen Völketfchaften zu finden. Wer
ich ein Weib verschaffen will, giebt da
7iir seine Schwester oder eine andere
Frau, die er etwa aus einem benachbar
en Stamme entführt hat. Auch in Au
tralien besteht eine derartige Tauschme
hode, indem der Bräutigam für das un
iefiihr zwölfjährige Mädchen, das er sich
)ermählt, seine eigene Schwester oder eine
ialIe Verwandte aus seiner oder seine-J
Vater-J Mundschaft dem fremden Stam
ne binaiebt.
Bei zablreichen Völkerschaften findet
man endlich die Sitte, daß die Braut
durch Dienst bei den Schwiegereltern er
worben wird. Das ist der Wall bei man
chen nordamerilaniscken Jndianerstäm:
men, bei den brasilianischen Jndianern,
bei den Battat aus Sumatra, de:: Tagn
len auf den Philippinen; ebenso der
diente nach dem Berichte der Bibel Ja-:
lob feine Frau;
Nur aanz vereinzelt lomtnt es dor,
daß die Weiber sich die Männer wählen;
bei den Visirern z. B. soll der Mann
die Frau, welche ihn wählt, heirathen
müssen, falls er dem Vater ihren Preis
bezablen kann, und Von einian Ort
schaften in Nicaraaua wird berichtet, das;
die Mädchen sich aus den bei Festniablen
dersarnmelten Junggesellen ihr-: Männer
wählen.
Haben wir im Voranstehenden die
verschiedenen Arten, wie sich die Voller
Frauen erwerben, tennen aelernt, fo soll
im Folgenden noch einiger seltsamer
Hochzeitsgebräuche gedacht werden.
Sehr verbreitet ist z. B. die Sitte,
den Ehebund durch gemeinsames Genie
fzen von derselben Speise und demselben
Traute abzuschließen. Hält dabei die
Sitte an einer bestimmten alterthüm
lichen Speise fest, wie z. B. an gerösteten
Getreidetörnern, so entstehen Formen
wie die der römichen Konfarreation
Von einer Speise e en und einemTraJte
trinken gilt überhaupt als Ausdruck en
ger Verbrüderung und tünstlicber Bluts
befreundung. Darum ift noA heute das
gemeinsame Mahl auch bei der deutschen
Hochzeit keineswegs das Leßte und
Kleinste- und es hat sich außerdem die
Sitte erhalten, daß der Braut und dem
Bräutigam vorab gewisse Speisen und
Getränke zum gemeinsamen Genusse ge
reicht werden« Auch wird bei der Mahl
zeit selbst ern auf die veralteter Gerichte
der Bote-ihren zurückgeariffem So
kommt in Böhmen bei hochzeiten re l
mäszig die sonst ziemlich derdriinatehirse
wieder zu Ehren und anderswo greift
man selbst aus die gerösteten Sveltlörner
wieder zurück. Brasilianikche Jndianer
thun gemeinschaftlich einer- Trunl
Branntwein —- und die Ehe ist ask-blos
sen. Die serbischen Brautleute trinten
dreimal aus demselben Glase rothen
Wein. Auch die chinesilelsp Ave-seit wird
durch gemeinsames Essen und Trinken
der Eheleute eingeleitet. Doch trinten
diese nicht aus einem einziaen «Glase,
sondern sie wechseln zwei Gläser, welche
durch einen »rothen« Faden verbunden
sind. Das »3usammenessen« alö Zei
chen des Ebeabschlusses lennen außerdem
sowohl die Jndianer von Süd-Amerika,
als auch die Lappen in Standinadien.
Bei den Mandat-as auf den Philippinen
wird diese Sitte folgendermaßen gehand
habt: Die Brautleute essen zusammen
aus einer Schüssel in Wasser gelochten
Reis, wobei sie sich ge onseitia die Bis
sen zusteckem Darauf laut jedes eine
Bettelportion; die ausgelaute (die »Sa
pa«) wird dann ausgetaulcht und wei
ter getaut. Diese letzte-re etelbaste Sitte
iit auch bei Verliebten der übrigen
Malaienstämrne des ostindischen Archi
pels im Gebrauche.
Recht wunderliche Hochzeitsgebröuchej
sind ferner folgende:
Die Ehefchließung der Wutka in Neu
Guinea geschieht dadurch, daß sich die
Verlobten gegenseiti eine Wunde an der
Stirn beibringen, fo daß Blut fließt.
Auf den Neuhebriden ist es Sitte, den
sich verheirathmvm Frauen zwei Bor
derzähne der oberen Zahnreihe einzu
schlagen und dazu noch in sehr derber
Weise; es wird nämlich ein Stock gegen
dieselben Zieht und mit einem Stein ein
kräftiger chlag geführt. Jn Australien
werden derj jungen Frau von einem alten
Weibe zwei Glieder des kleinen ingers
der linken Hand abgebissenz tdann
wir-d sie der Ausnahme unter die verhei
ratheienz skrauen würdig erkannt. Aus
Banabe, e ner der mikronesischen Inseln-,
wird die Braut mit gewissen Zeichen tä
towirt. Nach Landsdell na m in Si
birien in alten Zeiten der räutigarn
eine Peitsche mit in die Kirche und be
rührte hei einer Stelle der heiligen
Handlung mit derselben leicht den Rücken
der Braut, zum Zeichen, daß sie ihm un
terwiirsig sei Bei den Timanis in
Nordwest-Afriias seilt « der Schmied der
Braut die Zähne und schmiedet Mann
und Frau mit einem eisernen Ringe am
Handgelenle zusammen. Beispiele da
für, daß der Schmied bei Verheirathun
gen mitwirit finden sich aucb im Kau
kasus. Bei den tunesischen Juden isi
das Mädchen bereits eine Woche vor der
Hochzeit das Opfer angesianimter Ge
bräuche. Die Hauptperson der Hochzeits
feierlichleiien selber ist aber Niemand ge
ringerer als der — Barbier; er leitet
die Festlichkeiten und giebt dem Paare
gute Lehren.
Bei vielen Völkern wird indeß die
Ehe durch keinerlei hochzeitsseierlichlei
ten eingeleitet. Die Mandinao in West
Afriia z B, versichert Caillie veran
stalten teine Ceremonie bei Vereinigung
eines Paarrs. Dasselbe berichtet Hut
ton von den Aschantis. Lavaillant wie
der behauptei, daß auch manchen Hatten
totten Hochzeitsgebräuche fremd seien,
und nach Wood sind die Bufchmänner
nicht im Stande, einen Unterschied zwi
schen einem verheiratheten und einem
ledigen Frauenzimmer in ihrer Sprache
auszudrücken Wie Oberst Dalton mit
theilt, haben auch die Keriahs in Mittel
indien in ihrer Muttersprache iein Wort
fiir Hochzeit. Dasselbe trifft serner nack
Angabe spanischer Missionäre bei den
Jndianern Calisornieins tu. Aus den
angeführten Thatsachen solat übrigens
keineswegs, daß allen jenen Völkern,
welche die Ehe in so formloser Weise ab
schließen, dieselbe auch als etwas seist
Gleichgiltiges gelte. G--—el.
«0.-—-— —
Frau Grnliosz Inn-.
Novellette don T he r e se Nu k.
Ungeduldig trippelte teFrau Grulicb in
der breiten, schönen Schellinastrasze der
baherischen Hauptstadt am Gitter des
Schulgartens entlang, der hier um die
Ecke herum in die Türkenstrasze einbiegt,
hin und her.
,,Ach«, seufzte sie fast hörbar, »wäre
ich doch lieber selbst in die Apotheke ge
gangen. Die Luise hält sicherlich wieder
einen endlose-n Plausch mit einer Be
kannten, und Nelly, das arme, süße Ge
schöpf, kann unterdessen hülfloe ver
schmachten.«
Es war kein freundlicher Tag. Di
grauo Färbung eines nebeligen, feucht
talten, schneekosen Winterabends lag
drückend auf Gassen und Straßen, und
nur wenige Fußgänger belebt-en den
Platz. Eine kle«ine, frostbebende Kinder
gestalt trat dicht an Frau Grulich heran
und unterbrach mit tiagender Stimme
den Gedankengang der ungeduldigcn
Dame.
»Ach, Frau Grulich, schenken Sie mir
bitte ein Fünfpfennigstiick.«
»Pfui, Kleiner, schäme dich ! So ein
Knirps, und verlegst dich schon aufs
Betteln. Und wie bestimmt: Gerade
ein Fünfpfennigstück willst du haben ?«
»Ja, ich sollte für mein Schwesterchen
Seinmeln taufen,« erzählte der Knabe
weinend. »Ach. . .. und da glitten mir
die fünf Pfennig zwischen den Fingern
hindurch auf das Pflaster... und ich
kann stenicht mehr finden. Und jetzt
bekommt die Grete keine Semmeln, und
wenn ich heim komme, so schlägt mich die
Tante... Oh, oh, das wollte ich gern
ertragen, aber die arme, kranle Grete
freute sich schon so darauf.«
»Das ist freilich eine missliche Ge
schichte, und du steckst recht in der Pat
sche... aber sage mir, Kleiner, woher
weißt du denn meinen Namen ? Jch
kann mich nicht erinnern, dich jemals ge
sehen zu haben.'«
»O, Frau Grulich, Sie kenne ich gut,
wir wohnen ja auch in der Nordend
strasze, gerade Jhrem hause gegenüber in
der Mansardr. Von unserem Stäbchen
sehen wir gerade auf Jhre großen Fen
ster mit den blanten Scheiben hinab.
Und die Grete spricht alle Taae von Ih
nen, so sehr hat ihr der schöne Christ
baum gefallen, der am heiligen Abend bei
Jhnen gebrannt hat. Und sie sagt im
mer, Jhre Kinder müßten doch viel, viel
braver sein, als wir, weil das Chritttind
uns nur ein paar Rerzkein unsd mitein
ander einv verziertes Lebkuchenherz be
schenkte.«
Die Dunkelheit der vorgerückten
Abendftunde verbarg Frau Grulichs er
glühende Waegen, und der tleine- schwatz
hafte Junge war viel zu sehr mit feinen
Angelegenheiten beschäftigt, um das
plötzliche Verftummen und die Verlegen
heit der feinen Dame zu bemerken. Eif
rig fuhr er fort :
»Sie ift auch fehr traurig geworden
deshalb, aber nachher sind wir nieder
getniet und habe-n zum Chrifttindchen
gebetet, es folle uns doch im nächsten
Jahre auch so einen schönen Chriftbauin
bringen mit vilen Lichtern daran; wir
wollten gewiß recht brav fein, daß die
Tante nicht immerfort mit uns zanken
muß.« -
»Habt ihr denn keine Eltern mehr ?« "
fragte Frau Grulich jetzt in gepreßtem ’
Tone- l
T c
» »Nein, Vater und Mutter sind schon
! lange todt, und wir haben Niemand aus l
» der Welt, als die Tante Thremols. Sie
tst aber alt und tann nicht mehr recht
gehen, nnd wir sind ihr eine harte Last.
l Jch sehe das gut ein, und wentt die trante
Grete nicht wäre, würde ich schon längst
davongelausen sein und wüßte recht gut,
wie ich mich fortbringen wollte. «
; Während der Knabe nochiprach lant :
, Fthetntlos die säumige Luise herangelau
est
,·,,Ach gnädige Frau, entschuldian Sie
mein langes Ausbleiben, aber während
der Apotheter die Arznei herstellte, bin ich
schnell noch einmal in die Beteriniir
straße hinübergelausen zum Arzt. Wir
hatten bei seinem Besuche doch ganz ver
gessen zu fragen, was zu thun sei, wenn
Nellh wieder den argen Schüttelsrost be
i täme.«
s »Ach, Frau Grulich, ist Jhr Kindlein
auch trank?« fragte jetzt der gespannt
) aufhorchende Knabe in bedauerndem
Tone. »Da müssen Sie ihm nur Hafer
igrütze und gute Milch tausen, dann
kommt es zu Kräften. Wenn die Grete
das immer bekäme, wäre sie schon lange
nicht mehr trank. «
s »Was plaudert denn der kecke Junge
da sür Zeug her!« ries Luise entrüstet
, aus« ,,Geich packst du dich von der Stelle!
Was hast du dich herzudrängen, du
I schamloser Fratz und in die Gespräch-e
) fremder Leute zu mischen?«
) »Nicht doch, Luise, schilt den Knaben
nicht," sagte beschwi chtigend Frau Gru
lich, die sichtlich ihre Fassung noch immer
s nicht gewonnen hatte. »Hier, Kleiner,
! hast du ein Martstück, tause sür deine
I Schwester zum Weißbrod noch Hafer
f grüne und Mi lch, aber dann spute dich
eilends nach Haus« -
» »O gnädige Frau!« meinte jetzt Luise,
- ,,entschul digen Sie meine Einrede, aber
dem Gassenlungerer da gleich eine Mark
- nachzuwersen, ist denn doch ein b:schen
d: el Weiß Gott, was Jhnen der
Schlinael für ein Märchen vor-erzählt
hat; derlel Volk wird ja abgerichtet dazu
und lactt sich voll Freude ins Fäustchen
über einen gelungenen Streich Gnädi ge
Frau geben ja alljährlich so viel sür
Vereine u: d Sammlungen aus, das solt
te Jhre n gütigen Herzen doch vollauf ge
nügen. Wozu sich mit diesem Pack noch
die Hat1 se beschmutzen?«
Herrin und Magd hatten m: ttlerweile
d:e kurze Strecke bis zur Nordenstrasze
zurückgelegt Zie stiegen di e breite, hell
erleucht e: e Treppe des Hauses hinan und
fanden —- nicht etwa ein trankes, sich
bange nach der Mutter sehnend-es Kind,
sondern einen aus seidenen stissen veren
deten Huan
Tie zweite Dienerin Frau Grulichcs
stürzte den Antommenden händeringend
entgegen und betheuerte ein um das an
dere Mal, daß sie in der Wartung des
J anvertrauten Patienten gewiß nichts ver
; säumt habe, aber aus einmal seien so böse
i stuckungen und Kramnse gekommen, noch
ein- , zweimal habe sich das arme Hünd
) chen gestreckt, dann sei es damit aus ge
: wesen
s ,Ja, Crescenz, ich glaube dir schon,«
s versetzte die Gebieterin ganz aussallend
I ruhig. »Tragt das Thier e: nstwetlen in
die Badestube hinunter und sorgt dafür,
daß es der Hausdiener morgen in einem
I Winkel des Gartens derscharre.«
I Flüsternd und staunend steckten die
! Mägde in der Küche draußen ihre Köpfe
i zusammen. War es doch etwas Uner
ihörtes daß die Gnädige teine Wein
s trämpse betam über den Tod der reizen;
I den Nelly, des verhätschelten Windspiels,
J das doch weit über allen sonstigen Lieb
; habereien der reichen Dame gestanden
und dessen Wohlbefinden ihr eigentlich
« oftmals mehr als das eigene am Herzen
gelegen hatte Dann war doch immer ge
! plant gewesen, salls dem Liebling ein
Unglück zustoßen sollte würde er vor der
neu angelegten Rosengruppe begraben
und die Stätte durch eine Trauerweide
sinnig bezeichnet werden. lind jetzt statt
. allein Pruntes dieser turze Befehl: das
lThier solle tn einem Winkel des Gartens
eingescharrt werden.
—l
Am nachsten Vormittag erfchien Vet
ter Richard. Er wohnte in dem Haufe
nebenan, hatte bereits von dem Trauer
sall Kunde erhalten und tam jetzt, um
als der allezeit aufniertsame Vetter die
Cousine zu trösten. Aber auch er war
betroffen iiber ihre Ruhe; sie war wohl
etwas ernst gestimmt, bewegte sich aber
sonst vollständig in den Grenzen des Ge
wöhnlichen
Nichtsdestoweniger glaubte er aber
doch den zierlich ausgedachten Beileid3
fpruch hersagen zu müssen, sich zugleich
erbittend, die Coufine, sobald sie es
wünschte, zu dem neuen Oundehändler an
der Sonnenstraße zu führen. Erst ge
stern habe er gesehen, erzählte er, daß de:
selbe ein ganzes Neft allerliebster junger
Schäferhunde besitze. Die Cousine sei
doch fo an die Gegenwart eneo Vertreters
deser unvergleichlichen Thiergattung ge
wöhnt, daß sie sich in türzefter Zeit wie
der solch ein nettes Hündchen anschaffen
müsse.
Frau Grulich sah den Vetter mit ei
nem seltsamen Blicke an und entgegnete
eifrig: »Ich danke dir, Richard, für
dein freundliches Anerbieten und nehme
dich schon heute Nachmittag beim.Wort,
indem ich mir deine Begleitung erbitte.
Du hast recht, ich muß an Ersatz den
ten, aber weißt du, lieber Vetter, der
Gang in die Sonnenstraße ist mir etwas
zu weit, und ich denke, daß ich oiel näher
das Richtige finde.«
Der behäbige Vetter war etwas er
staunt iiber den Weg, den seine Cousine
einschlug, und erllomrn nicht ohne Be
schwerde die fteilen Treppen, welche in
das Dachstiibchen des gegenüberliegenden
Laufes führten. wo Frau Thremols mit
— . .- —..-·.«..»... -,..-.-—--.—— —-».-- —
zwei vverlassenen Waisen lebte.
st- II II,
Und der Erfolg dieses Ganges?
Als Frau Grulich zur schönen Jah
reszeit in ihrer gewohnten Sommerfri
sche am Starnbergerseesweilte, war sie
von dem herzigsten flachsliipfigen Mäd
chen begleitet, das man sich denken sonn
te, und ein nettesr, anstelliger Junge er
wies ihr allerlei kleine Pagendienste.
Und in jenen Tagen, wo des Christtind
leins geheimnißvolles Walten alle Kin
derherzen in Spannung erhält-, fand das
Gebet der kleinen Grete «Erhörung, denn
es war ihr und dem Bruder ein seenhaf
ter Lichterbaumbescheert worden, wie sie
selbst in ihren allerkühnsten Träumen
noch keinen geschaut. ’ -
Und Frau Grulich lockte - dabei das
Entzücken der Kinder die hellen Thriinen
in die Augen. Voll Scham und Reue
gedachte sie jetzt des letzten Weihnachts
abends, an dem sie die schmucke Tanne
mit saftigen Würstchen, belegten Schin
kenbriitchen und Zuckerplätzchen behangen
hatte und sich halb krank lachte über die
possirlichen Sprünge, die Nelly nach den
verlockenden Schätzen des Baumes voll
führte, während drüben in der Dach
iammer unterdessen das tranke, hun
gernde Kind kniete und bittend seine
Händchen dem Christtind entgegen
streckte, daß es ihm doch auch solche
Pracht gewähren möge, wie sie dem un
vernünftigen Thiere aufgebaut hattet
Aber die Begegnung mit dem kleinen
Berlustträger an jenem nebelialten De-v
zemberabend war ihr tief zu Herzen ge
drungen, und was bis dahin weder ern
ste Vorstellungen, noch beißende Spott
reden vermocht hatten, war der schlich
ten Erzählung des Knaben gelungen.
Jn einer schlaflosen Nacht hatte die
Frau nicht nur das Lächerliche, sondern
auch das schreiende Unrecht ihrer über
triebenen Vorliebe für alle Nellh, Karo,
Ami und deren Genossen eingesehen.
War es den-: möglich: sie liebkoste und
hätschelte diese Thiere, vergeudete damit
viele Stunden, verfchaffte ihnen die sel
tensten Leckerbissen, scheute für ihr
Wohlbesinden weder Mühe noch Kosten,
und wenige Schritte von ihr gab es
Menschen, die nach Brot und Liebe
schmachtetenZ
,·,Eine neue Laune der tapriziösen
Dame, die bald wieder vergehen wird,«
sagten die Bekannten Frau Grulich’s,
als sie statt wie bisher Hunden und Ka
tzen zwei elternlosen Waisen ihre innige
Sorgfalt l;;uir)endete.
Diese ,,Laune« aber ging nicht vor
über, weil es eben diesmal keine war,
sondern eine ernst aufgefaszte Lebensans
gabe Jst aber ein guter Mensch erst
einmal aanz und doll von einer solchen
durchdrungen, dann läßt sie ihn auch
nicht mehr los.
CI
Em andllntnsumy liolb
Der kürzlich von einer dreijährigen
abenteuerreichen Reise durch Rußland,
Sibirien, stleinasiein die Kirgisem
steppen, Syrien u. s. w. nach Brüssel
zurückgelehrte belgische Völkerforscher
Alphonse Mallot widmet in seinem
höchst interessanten Reisewerle dem
Volke der T u r l m e n e n, deren Gast
freundschaft er längereZeit genossen hat
und deren viele gute Eigenschaften ihn
förmlich begeistert haben, ein langes
Kapitel. Er bezeichnet die Turtmenen
als das interessanteste und sympathi
schefte von den 44 unter dem Scepter
des »weißen Zur-« lebenden Völkern
und beklagt es, daß dasselbe, zur Zeit
kaum mehr eine Million Köpfe zählend,
im raschen und unaufhaltsamen Aus
sterben begriffen fei. Noch in 1862 ver
anschlagte der französische Reisende
Henri Tissier die Seelenzahl der Türk
menen auf über anderthalb Millionen
und in den Reifebeschreibungen des
Marschalls Herzog von Ragusa in 1837
und des Freiherrn von Hallberg-Broich
in 1838 finden wir übereinstimmend je
nes triegerische Voll mit über zwei
Millionen Köpfen verzeichnet und als
in der Zunahme befindlich angegeben.
Die in die 8 Stämme der Teke, Er
sari, Toinuten, Tschaudor, Alieli,
Saryk, Solor und Göllen getheilten
Turkmenen sind allzumal durch Au
stammung, Religion, Gebräuche und
Anschauungen unter einander eng ver
wandt. Gleich ihren nördlichen Nach
barn, den Kirgisen, theilen sie sich in
Geschlechter oder Stämme, diese letzte
ren in Unterabtheilungen oder Horden
und diese wieder in Untergeschlechter
oder Clan5. Alle leben in ganz gleicher
Weise; sie erkennen keinerlei Obrigkeit·
an, jeder Turkmene ist sein eigener Herr
und vollkommen unabhängig. DasEins
zige, wag sie hochachten, ist die Stärke
und das Herkommen, das »Adat«; al
lein obgleich sie sich streng an das Her
gebrachte halten, handeln sie doch stets
und überall nur im eigenen und nicht in
gemeinsamem oder gesellschaftlichem
Interesse. Deshalb leben von je her alle
turimenischen Stämme in offener
Feindschaft mit einander, ja oft herrscht
nicht einmal zwischen den einzelnen
Zweigen der jeweiligen Stämme ein
gutes Einvernehmen, Und diese Zwie
tracht war vordem als ein wahresGliicl
zu preisen, weil sonst die Bezwingung
dieses einst berüchtigten Räubervolles
noch weit schwieriger gewesen wäre, als
sie es schon ohnehin war. . :
Wasdie Turkmenen besonders kenn- ;
zeichnet, ist beispiellose Ergebenheit in s
ihr Geschick. Leiden und Unglücksfälle i
ertragen sie, ohne sich zu beklagen. Fa
talisten bis» zum Excesz, dem ,,Kismet«
unterliegend, sind sie von unerfchütter- I
licher Tapferkeit, ja Tollkiihnheit, und i
durchweg hochgewachfen und geschmi
! dig, sind sie in ihrer inaleeischen Tracht
; und mit ihrer vollen» ten Bewaffnizng
! furchtbare Gegner im elde. « « «
Das »Adlat« selbst hat nur die Ge
setze fiir die Beziehungen der Eltern zu
den Kindern festgestellt, und ebenso next-,
für solche Fälle, wo das persönliche oder
Familien-Interesse mit in’s Spät-;
kommt, wie fiir Hoch-seiten, Begräb
nisse, Kriegsbeute und dergleichen. Blut
das allgemeine Wohl it keinerlei Rüst
sicht genommen, mit usnahme et:oel
cher Feststellungen, welche die Jnftand«
haltung oder Ausbefferung der Kaniike
und die Benutzung desWaffers betref
fenj Allerdings während die Turm-re
nen aus ihrer Mitte Hiiuptlinge, die
,,Aifatale« (d. h·. Weißbäkte) oder
Chans, welche bei den chiwnnischen unt
an der persischen Grenze wohnenden
Stämmen, ,,.5tiatchnde« getrennt wer
den, jedoch haben diese Häuptlinge in
Wirklichkeit keinerlei Gewalt, wenn
auch mitunter einer oder der andere
derselben bedeutenden Persönlichen Ein
fluß besitzen mag, sodaß es ihm gelingt.
irgend ein Unternehmen in"g Werk zu
setzen oder aber zu verhindern.
Nicht einmal die Geistlichen oderMos
lachs, deren es übrigens sehr wenige
giebt, genießen bei den Turtmenen ei
nes besonderen Ansehens-. Jst aber der
Mollah ausnahmsweise ein kluger
Mann und versteht er gut zu reden, so
gewinnt auch er zuweilen großen Ein
fluß und erhält den Titel eines
,,Jschan«, d. h. eines von Gott erwähl
ten und bei Gott beliebten Mannes«
welchem Alles gelingt. Jedoch erstreckt
sich auch sein Einfluß durchaus nicht
auf Alles und feine Stellung ist häufig
eine prekäre.
Bei ihren früheren Raubzügen sam
melten sich die Turtmenen um einen
oder zwei Führer, die ,,Serdare«, wel
chen sie während der ganzen Expeditiou
gehorchten und auch einen besonderen
Theil von der Beute zukommen ließen.
Mit Beendigung des Abenteuers jedoch
hörte auch alle Bedeutung der »Sei
dare« wieder auf, wenn dieselben nicht
etwa zur Zahl der erwählien Eben-Z
der ,,Atfakale« gehörten. Jn den letzten
Jahrzehnten freilich sind die Raubziige
nicht mehr vorgekommen
Gleichwie aber in neuerer Zeit die
Turlmenen schon ein festeg Familien
leben haben und in ihren Dörfern, wo
Acker- und Gartenbau betrieben mer
den, sich immer mehr zierliche Wohn
sitze aus Lehm und stellenweiS auch
Steinen mit Grundbesitz —-— welcher sich
wenigstens auf die felbstangelegten
Gärten erstreckt -— finden, so zeigen sich
doch auch schon die Anfänge von Obrig
keit in den bis jetzt noch machtloer
,,Atfatalen« und Chans, und es unter
liegt keinem Zweifel, daß deren Gewalt
stetig wachsen wird, da die Nachbar
Regierungen, welche mit den Turlmes
nen Beziehungen angeknüpft haben, sie
nach und nach dazu zwingen, Vertrau
ensmänner und Repräsentanten zu
wählen, die immer mehr Macht gewin
nen und diese dann ihren Sehnen über
liefern, so dasz allerwegen bereits eine
Art von erblichen Chcnis mit Herrscher
gewalten existirt. ·
I Obgleich bei den Turkmenen, die oh
l ne Ausnahme Elltohamedaner sind, die
I Vielweiberei start verbreitet ist, behält
) dennoch die in Ermangelung von
, Harems alle Freiheiten genießendeFrau
" ein gewisses Ansehen, und es giebt so
gar einige Frauen, welche auf die öf
fentlichenAngelegenheitcn Einfluß aus
I üben. Die Frauen befinden sich in der
Minderzahl; es heißt, daß sie kaum den
dritten Theil der Seelenzahl ausma
chen. Gleich den Männern, sind sie eben
k falls schlank und geschmeidig, meist auch
i schön und sie präserviren sich bis in’s
s Alter. Sie sind arbeitsam, anstellig,
I keusch und gute Mütter. Der Bräuti
gam muß die Frau von ihrem Vater
I kaufen und der ,,Kalim« (Kauspreis)
schwankt zwischen 200 und 500 Rubel
(85175 bis S425) oder entsprechendem
Vieh, Produkten u. s. w. Die Frau
bringt als Mitgift eine gewisse Anzahl
selbstangefertigter Decken und Filze,
darunter eine sehr feine Decke für das
Pferd des Gatten. Die beiderseitigen
Hochzeitsgeschenke bestehen in Münzen,
Platten, Glöckchen, Armbändern und
Sattelzeug.
Gastfreundlich bis zur Selbstentäui
ßerung, ist dem ankmenen der ärmste
Gast heilig und wird mit dem Besten
bewirthet; nur reich beschenkt darf er
von dannen ziehen. Jeder Verfolgte, er
» sei auch wer er mag, findet Obdach und
; Schutz.
i Die von den Mollahs gehaltenen
Schulen der Turkmenen sind äußerst
primitiv; iiber Lesen, Schreiben und
Rechnen hinaus geht die Bildung nicht.
Bücher existiren in ihrer kaum 14,()00
Wörter zählenden Sprache (eineni
Jdiom des Türkischem nur sehr weni
ge· Dennoch besitzen sie ihre Dichter,
welche Krieg und Liebe besingen, und es
giebt sogar eine, allerdings- äußerst
naive Schauspielkunst. Der Tanz ist
sehr entwickelt, präziös und bilderreich;
die Musik aber ist grell, barbarisch,
schrill; wahrhaft »steinerweichend.«
Tamburim Schellchen und Panflöten
sind außer Flachtrvmmeln die einzigen
Instrumente Die Turkmenen erfreuen
sich außerordentlicher Langlebigteii; in
1898 zählte man bei einer Gesammtbe
völtcrung von kaum einer Million 22
Männer und 9 Frauen im Alter von
über 100 Jahren, 80 Hundertjähtige,
nahezu 100 von 90 und iiber 700 von
80 Jahan Trotzdem ist, wie gesagt,
das der Kultur so gut wie unzuängs
liche Kriegervolt auf dem AussJerbes
Etat, und das ist vielleicht Tat nicht zu
»H. M.
b:klagen