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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 8, 1900)
Frau Bankicr Hartwig. Ctiminal-Roman von Friedrich Thien1e. UIIII - - ------ (18. Fortienung.) Wir nahmen uns keine Zeit zu län geren Auseinandrrsetzungen. Jeden Augenblick konnten die Richter zurück kvmmen, und war das Urtheil einmal gegeben, so war es zu spät, uns blieb dann nur der langwierige Weg der Av pcllation mit seinen Schwierigkeiten, Berzögerungen und Ratte-Jungen Wie ein T:untener bewegte ich mich nach der Thür des Beratbungszimmer3, um den dort stehenden Gerichtsdiener mit meiner Botschaft ihineinzuschickenx ein Seitenblick aus Michaela zeigte mir sie in angelegentlicher Unterredung mit ihrem Anwalt begriffen; sein ironi schrs Lächeln war verschwunden, er biß zornig die Lippen aufeinander-. seine Hände vibrierten, seine Augen blitztem Wäre Doktor Böhrina an meiner Stelle gewesen, so hätte er mir wohl kaum einen ironifchen Blick erspart: ich hielt aus Rücksicht auf mich selbst, nicht auf ihn, meine Freude zurück und wandte mich ohne Verzug mit meinem Ansinnen an den Gerichtsdiener, der sofort eilte, meinen Auftrag auszurich ten. Der Vorsitzende trat sofort zu mir beraus; in fliegenden Worten setzte ich ihn von der eingetretenen Aenderung der Situation in Kenntniß. »Und Sie meinen, Doctor Kainz wisse wirklich Thatfachen zu berichten, welche die gesammtenFrststellungen des Processes iiber den Hauer werfen würden?« ,,3weifellos — nach einigen Andeu iungen, die er sallen lief-. —" »So muß die Verhandlung noch ein mal eröffnet werden« »Gewiß, es wird weiter nichts übrig bleiben.« Als ich mich umwandte, um meinen Platz wieder einzunehmen, war Mc chaela verschwunden. Die Unglückliche, die Märtyrerin hatte es vorgezogen, sich zu entfernen. Jhr Vertreter war allein zurückgeblieben, in heller Muth »wir es mir vorkam, die Fäuste insge -l:eim ballend und die Lippen zusam mcnbeißend. «Das Auditorium derbarrte in ge rauschvollem Flüstern: man ahnte, dass irgend ein unerwarteter Zwischenfall eingetreten sei, aberzerbrach sich ver geblich den Kon darüber, welcher Art er wohl sein könne. Michaelcks haskige Entfernung trug noch mehr dazu bei, sie Gemütder zu beunrubigen. Als im selben Augenblick die drei Richter in sichtbarer Hast zurückkehrtem erwartete man mit fieberhaftem Interesse die Aufklärung Ter Vortjtzende suchte mit seinem ersten Blick die Betlaate, seine Mienen rinnsölkten sich· als- er sie verschwun den sah. Er mochte darin eine schlechte Brsrbcdeutuna für eine Sache erblicken, in der er »Du ihren Gunsten Recht zei sprechen eben noch im Begriff gewesen-. Sofort nahm er zu seiner Erklärung das Wort: »Auf Antrag des Herrn Justizrnth Doctor Weber treten wir Rede-mais in dieVerbandlunq und zwar in die Beweigaufnatime ein. Haben Sie einen Geaenantraq zu stellen, Herr Rechtsanwalt?« Doktor Böhrina verneinte, er wußte, das; er damit doch nicht durchdringen würde. »Hat die Betlaate selbst etwas zu er widern?« fuhr der Director, sich ar« stellend, als habe er ihr Verschwinden nicht bemerkt. in geschäståmäszigern Ton fort. DoktorBöbrinq deutete achselzuckend aus Michaela’s leeren Stuhl. »Sollen wir einen Auaenblick war ten, bis die Dame zurückkehrt?« ,,Bedaure, sie wird nicht «zuriickkorn men. Frau Hartwia sah sich insotqe plötzlichenlinwohlseins gezwungen, sich zurückzuziehen« ,,Vermuthlich ein Unwohlsein, das erst außerhalb Deutschland’s turirt werden iann,« sliisterte mir der neben mir stehende Doetor Kainz zu. Der Vorsitzende sprach weiter: »So verhandeln wir ohne die Bettagtr. Ein längst erwarteter Zeuge ist zurückge kehrt. Herr Schriftsteller Doctor Kainz — dars ich bitten, here DoctorF Doktor Kainz postirte sich vor dern Gerichtötisch »Nicht um tnich allein handelt es ; sichf sagte er bedeutsam, »sondern um j diese Dame — eine weitere Zeugin, die i ich aus Ausland mitgebracht und die Mittheiiunaen von großer Tragweite zu män veißf .Diese Dame —- teser ist sies« :Frau Sophia Wassiloss —« Bctsiiende schaute überrascht sus. et»Aust- jene Fremde aus Peters besrx die aus Betreiben Gembalsttfs im verhastet und ausgewiesen . trinkt« I Diese W ’ Mr ßnd bereit, die Anssagen der seiden sorgen are höre-if In diese-e Augenblick erhob sich. Ums- mtch veranlaßt, der Vertreter see Staatsanwaltsästt Und st Ite den W, die Beme Dort-r Ia Mk bei Frauil Sspbss Wassiloss sie-M Teil ten m titb gehen is. Atti-II is- wissest-tw alles das Gravirende, was der Doctori zu entdecken hohe, nicht in die großei Oeffentlichkeit drin e — sowohl um scinet- als um Mi ela’s willen, der er auch ietzt noch so viel Schonung, als nur immer in feiner Macht liege, ange deihen zu lassen wiinfchr. Das Publi kum, llagte er, sei durch den Proceß ohnehin in alle Geheimnisse seiner ; Häuslichteit eingeweiht worden; die » gegenwärtigen Enthüllungen ader seien von der Art, mit jener frevelhaftens Person auch zugleich seinen und der i Seinigen Namen mit Schmach zu be decken. »Was ich thun kann, um dieses Ergebniß abzuwenden," erklärte ich ihm, »wic! ich thun,« worauf ich mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft leise Rücksprache nahm« Das Resultat derselben bestand in seinem Antrag. Jchfchloß mich sofort demselben an. das Gleiche that Dator Böhring, der nun tein Interesse mehr an der öffent lichen Behandlung des Falles nahm, sondern im Gegentheil der Zuhiirev schaft das Fiasko feiner Clientin mög lichst zu verbergen strebte. Diesmal brachen geradezu Zorne-Z lundgetsungen im Auditorium aus — doch was half alles Muren und Pro testiren? Der Zuhörerraum mußte wie derum geräumt werden« AssesforHiirchs net erhielt darauf das Wort, um den Antrag zu begründen. »Wie mir der Herr Justizrath mit getheilt,u erwiderte er auf die Frage des Borsihendem »tragen die Aus tiinfte über jenen Gembalsly, welche wir aus dem Munde der plötzlich er schienenen Zeugen vernehmen werden, zum Theil einen politischen Character-, ioLs möchte daher den Gerichtshof bitten, dem anzuordnenden Ausschluß der Oeffentlichleit in diesem Fall die strengste mögliche Form zu verleihen.« So geschah es in der That, selbst die Berichterftattung mußte weichen. Doctor Kainz trat sodann von neuem vor. Nach Feststellung der Persönlichkeit und Abnahme des Zeugeneides fragte Director von Schreiber: »Sie waren in der Angelegenheit des Processes in Russland Herr Doctor?« »So ift es.« »Und sind ersi deute zurückgekehrt?« »Erst heute Mittag um I Uhr. Aus den unterwegs gelesenen Zeitungen kannte ich bereits den Verlauf desPsz eesses —- so fuhr ich vom Bahnhof ans mit meiner Begleiterin sofort zu meis nem Freund, um mit ihm Rückspra tx zu nehmen: er führte uns unverzüglich nach dem Gerichtsgedäude.« »Sie kamen im letzten Moment — eine halbe Stunde später wäre alles l entschieden." ! .Besser im letzten Augenblick als gar i Nichka .. - . . « I ,.AULIDUICS — ADLI WITUM DIE-IN Sie tein Lebenszeichen von sich ges-»e- ; ben? Kenttten Sie nicht wenigsten-z Von irgend einer Station aus bunt-pi ren?« Der Doctor legte seine Stirn in be dcrtlliche Falten. »Ich konnte nicht nur, ich that es auch. Jch gab in War-schau ein Tele gxamm aus, worin ich meine bevorste hende Rückkunft Und die net-erbrin gung hat«-wichtiger Neuigkeiten mel dete. Schon vom Commisstcnsrttn Hcrtwig habe ich zu meinem Erstaunen erfahren, daß mein Telegramm nicht angelangt ist« ,,Allerdings nicht —— war vielleicht der Bote unzuverlaßig?« »Ich habe es selbst attsaegeben.« »Das ist sonderbar ——« »Ich kann nur annehmen, daß der betreffende Telegraphenbeamte an dem einigermaßen geheimnißvollen analt Anstoß genommen und dieBesörderung des Telegramms unterlassen hat.« ,.Wohl möglich — nun, die Haupt sache ist« daß Sie trotz alledem noch rechtzeitig vor uns stehen —- bitte, wol len Sie uns Jhren Bericht erstatten?« Dortor Kainz, dessen blasse, einge sallene Wangen die hinter ihm liegen den Strapazen verriethen, begann ohne weitere Einleitung seinen Bericht: »Ich trat,« erzählte er, »an! Z. Oc tober meine Reise an. Ich glaubte Zeit zu haben und reiste Mich, um un terwegs etwas Nu iseh zu lernen —, am s. October betrat ich den Boden der hauptstadt des ungeheuren Reußens landes. Während der Fahrt hatte ich Tag und Nacht russische Volabeln ein s gepautt, so daß ich mich zu meinem ei i genen Erstaunen in der schweren s Sprache nach ettoa einer Woche wenig ! stenz etwas verständlich machen konnte, wenn ei natürlich auch entt der Aus sprache und der Construction bedenklich haperte. Mein erster Besuch galt Deren Kot-selten dem langjährigen Geschästsi sreund arttvig’s. Der here empfing mich Ein erst zuvortommend, er hatte aus den Zeitungen bereits don dem Proeeß Kenntniß und gestand mir un umwunden, daß er sich seinerzeit über den raschen Entschluß des Commis siensraths nicht genug habe· wundern können. Die junge Deine, sagte er hin ste, Hand ten Glut-, wie tch mich später five-incre- uiae im W nur-seen Rat nieste ihr gerade nichts Unechtes - nachzujagen aber sie hatte- doch leinen allzu guten Eindruck hinterlassen. »Wie ist-sie denn eigentlich in dem ; Club gekommen? Und wie-ist jenerBas T I rcn Wardofs htneingelangth » Kawelin guckte die Achseln-. - · »Wie das immer zu sein pflegt, Frisllte egeåinåerher ßståxmaud gewese: ern. asmu r . rr u Empfe langen gehabt hag. her kreiß, vielleicht ift eiMichaela selbst ge wesen, die, nachdem sie durch irgend ei nen Verehrer eingeführt war, den Ba ron mitgebracht han« « Auf meine Frage, ob er mir bei mei nen Recherchen behilflich sein wolle, fchiittelte der Rasse dedenllich den Krpf. »Wenn ich Jhnen sonst —- soweit es Ihren privaten Aufenthalt in Pe tersburg anbetrifft — mit Rath und That an die band gehen tann . . ..« »Seht verbundenf ich werde nith verfehlen« So etwa verlief und endete meine Unterredung mit dem jedenfalls mit Fug äußerst dorsichtigen Kaufmann, der mich trohdern bereitwilligst am ans tsern Tag aus dern Gang zur Mutter Michaela’s begleitete. Mein Freund hatte mir die Adresse gegeben, die sie ihm als die ihrer Mut tcr mitgetheilt. Jn der That wohnte lsier und zwar in recht ärmlichen Ver lrikltniffrn eine alte Frau Namens Ro wrnsta. deren Züge, so sehr auch Kum mer und Sorgen darin gehausi, die Verwandtschaft mit Frau Harttrii nicht verleugneten. Ich dachte mir gleich, die Frau sehe fiir die Mutter ei ner fo reichen und, wie ich gehört. splendiden Tochter nicht gut aus, und la sie mir den Eindruck einer anständi gkn Person hervorbrachte. ging ich ohne weiteres auf mein Ziel los unt ertlärte ihr durch den Mund meines Begleiter-T ich sei ein Belannter des Mannes ihrer Tochter und getommen, mich einmal Von ihrem Wohldefinden zu überzeugen. «Meiner Tochter?« fragte sie mit ei nem erstaunten und, wie mir vorkam rtwas mißtrauifchem Blick. »Jawohl, Madame.« »Von welcher meinerTöchter sprechen Sie? Jch habe deren zwei« »Von Michaela Hartwig in Berlin.« Die Frau lachte bitter auf. ,.Von Michaela? Erinnert sie tät-) wirklich einmal ihrer Mutter?« Dieser Ausruf ließ mich die Wahr heit ahnen. .Wie.'« rief ich, «hat sie Ihnen nicht zahlreiche Beweise ihrer Liede gesandt? Sie ist doch in Berlin gut verheirathet· ist eine reiche Dame geworden —« »Ich habe davon sprechen hören,« sagte die Frau melancholisch »Und sie hat Ihnen nichts geschickt? Rein Geld —- teine Anweisungen?« Die alte Frau ftuhtr. Wieder streifte mick ein mißtrauifckvrr Blick. Sie schien zu denken, daf; sie mir, dem Fremden arge-ruhen die nöthige Vorsicht ver- l säumt. - . »Kann sein," antwortete sie lata-» nisch, und eine andere Erwidert-Izu s brachte ich nicht mehr aus ihr heraus. Glrmm vielleicht doch in ihrem Innern noch ein Rest von Liebe siir das verlo rene Kind, und fürchtete sie, demselben zu schaden«-Z Jch dachte fo. Eir.iehend, das. ich hier nichts weiter erfahren wiiide, wollte ich eben fortgehen. als ein junger Mensch, wie ich an derAehn lief-lett erkannte, der Sohn der Frau, r-er Bruder Michaela’s, in die Stube trat. Ter zunae Mann war eintaax fast ichiibia gekleidet, ich iarirte ihn fijr eine Llrt Cammis oder Schreiber, wie ich nachher erfuhr, war er das letztere. »Was wallen Sie?" nahm er niich ziemlich mürrisch an. Ich qab ihm dieselbe Auskunft wie seiner Mutter. »Sie wollen doch nicht saqu « brummte er, »Michaela habe Sie zu ’ uns qeschictt?« Ich hielt es für angemessen. die » Frage nicht direct zu bejahen· »Nicht eigentlich, Herr. Jch bin nur ein Freund ihres Mannes, und da ich zufällig in Geschäften hier bin, so — Sie verstehen mich —« Er nickte finster und bemerkte mit niiirrischer Stimme: »Ich zweifle sehr. ob sie Jhiien für l den Besuch hier dantbar ist-" ,,O, sie hat ihrem Mann viel von ib rer Mutter gesprochen —- auch hat sie Ihnen doch zahlreiche Beweise ihrer Liebe gesandt —« »Was hat sie gesandt?« »Nun, Geld und Geldeswerth —- ihr Gatte ——'« »Den Teufel hat sie gesandt!« brau ste der Jünglin ruckhaltslos auf. Einmal meiner utter zwanzig Ru bel mit der Gotteiwillenbitte, ja nich-s über ihre gespannte Stellung zu uns verlauten u lassen. Da oben —- er deutete aux einen Sims iiber der Thiir — liegen ie noch. Wir brauchen nicht von ihr, rühren auch nichts an von dein — Sündengeld,« sehte er leiser hinein »denn viel besser wire-I d wohl n cht fein. ««tte auch nichts ge agt, wenn Sie ni gerade da wären —- zitme fel, Mutter,« antwortete er aus die be schwörenden Blicke der alten Frau, «waeuin »oll ich schwei en, wenn mir der Gro das Herz absrißti Sagen Sie ihr —- srs an mich wendend — einen schönen ruß und wir möchten nichti mit ihr zu thun haben, und wenn sie den Großsultan geheirathet hätte. Wir sind arme Leute, aber wir sind ehrlich. Guten Tagdtx Da war ich nun wie r abgebli i, und äumte auch nicht, mir die unga - liche o nnng von draußen anzusehen. Jn der achbarschaft zogen wir wei tere Gesundheian ein nnd ers-ihren folgendes: Frau awinsla war in der W i That dieWittwe eines ehemals ohls ! habenden Kauf-naan der dem eben aus Anla seines Bauterotti freiwil lig Valet agte, seine amilieirn größ» ten Elend zuriicktafsen . Michaela war die älteste, hei Eintritt der Katasiroptje . fast schon erwachsene Tochter, hatte ; eine vor "gliche Erzie ung erhalten« i zeigte-a er schon sriih eigung u Ex tradaqkaersizert u d Renommi ereien. Nach Vateri Tod trat sie in ein Geschäft als Bertäuserin ein, wurde indessen welgen ihres anmaßenden Be tragens ha d entlaYen Zuseiten tan: ein sörmlicher Gr sienwahn über sie, sie fabelte den Kunden und ihren Rot teginneu die seltsamsten Geschick-text vor; so einmal, sie sei die natürliche Tochter eines Fürsten, und ein ander mal, ihre Mutter hesiße große Ritter giiter inSiidrufiland — manche glaub ten ihrem zur-ersichtlichen o Wesen, manche lachten sie aus, sie selbst schritt auf ihrem verde«hlichen Weg immer weiter fort. Ihre Liebhaber waren niemals einfache Männer ihres Stan ke-:, sondern stets wirkliche oder an gebliche Varone,Grafen oder gar Prin zeu, ein förmliches Netz von Betrug undRomantii umgab zuletzt das schöne ji nge MädOm dessen irregeteitete Phantasie sich fiir alles Anfängen-ohn liche und Sonderbare seltsam em rfängiich zeigte. Jhr Lebenswandel entfremdete sie zuletzt den ihrigen mehr und mehr, sie besuchte fast nie mehr die dürftige Wohnung ihrer Mutter; »die Prinzessin«,tvie die Nachbarn sie spott nseise nannten, dünlte sich zu vornehm für die armseligen Räume. Zuletzt verschwand sie auf ein paarJahre san-, wie die Sage ging, zog sie rnit einem »Prosessor der-Magie« in der Welt herum und feierte als »sprechender Fiops« und »mouche d’or« fgoldesne Fiiege) im Ausland zweifelhafte Tri umphe. Sie hatte ebensowenig jemals m Zitrich studirt als ihreFanrilie durch ihrer Hände Arbeit erhalten, ihr Bru der und ihre ganz anders geartete fün gere Schwester unterstünten dieMutter, ais sie kaum das verdienstsiihige Alter erreicht hatten Das war alles, was ich erfuhr —- ich hielt es nicht für ar.aemessen, dieses wenige hierher mitzutheilem ich wollte erst noch mehr erfahren. Daher be aniigte ich mich mit der kurzen Nat-— richt an meinen Freund, es sei mir dis he: nicht gelungen, die Spur der ge-· suchten Zeugin aufzufinden Die Hoffnng dazu schien mir übrigens nur gering. Polizeiliche hilfe durfte ich nicht nachsuchen —- wo und wie sollte ich also in dem ungeheurenLande rine einzelne Person ermitteln? Jn arhemtofer Erwartung harrten wir alle der Fortsetzung des mit dra matischer Ledhaitigteit vorgetrageneu » Berichts. Dottor Kainz fuhr nach tur- i zer Pause fort: -tt sin »Unte« Wes-, gau (- uuuy. them Freund hatte mir die Lage der Hasel-: schenke aenau beschrieben, in welcher er dereinst mit Michaela zusainmengetrot fen war. Von dort aus hatten beide ihre Flucht bewertstelligt —- das Bes nehrnen der Dame ließ vermuthen, das; sie rnit dem Lokal oder den Wirthslen ten näher betannt sei oder die letzteren doch in ihr Geheimnisz gezogen hahe -— dort konnte ich vielleicht Näheres iiher sie sowohl alr- jene tsrernde erfahren. Die Schente vefano sich am Quai des Kalaschniloivhasen5; diesen sano ich ohne Mühe, dar- Lotal dagegen ver ursachte Schwierigkeiten denn es gab deren mehrere, die einander glichen wi ein Ei dein andern. Die Nacht siirht alle Katzen grau, der Schmutz macht alle Raume einander verwandt, und von Schmutz starrten diese Mann-sen kneipen förmlich. Jch besuchte sie alle I der Reihe nach und stellte in jeder die Frage nach Michaela Rawinsicn Das mochte nicht sehr dipirmatisch sein,aber welchen Weg sollte ich sonst einschla cne g Möglich allerdings, daß die Besitzer inzwischen gewechselt hatten, mög ich aher auch, die Schente befand sich noch in derselben Hand. Möglich ferner, daß der Wirth nicht ganz in gutem Glau ben war und ineine Fragen absichtlich salsch erledigen i würde, möglich aber auch, daß er, ohne Arg, mir nach he stetn Wissen Auskunst gab. Jn beiden Fällen dünlte ich rnich Psycholog ge nug, aus seinem Mienenspiel das Rich tige zu errathen. So war ich wohl in der vierten Aneipe a elangt, als der erstaunte Blick dernszchniierigen Wirthin —- der Mann Einen nicht zu hauäe zu sein — meine utrnerksainieit se eite. Der Name Michaela Rawinsta klang essen bar ihrern Ohr nicht srenid. Ihre Erwiderung, nein, sie kenne keine Person dieses Namens, kannte diese sosort in mir edsestlgte Ueberzeus gung nicht rnehr serft ren. Um sie noch mehr um Sprechen zu bei-getheer ich net als einenFreund der ame vor und ließ durchhlieken, ich komme in ihrent eigenen und zwar ei nein ganz besonderen Austrag. Die Alte spannte zwar, schüttelte älter nett erheacheltern Gleichennth den pp . szch verstehe nicht — Jch ver uehte mehrmals. ihr meine Worte ver ändlich sv machen. Lan-e lin hatte ich diesmal ahjchtli nicht rntt Inir genommen, wei. ich s rchtete, die Gegenwart eines Zeu en mischte Mi trauen erwecken· tt mir je d die ilse des O erlellneri und meines a e möglichen Gespräche vor sehenden «heredten Rassen« vie noth diTen Redensarten so gut einstudirt un obendrein · so sorgfältig ans e sgriebem daß ich in dieser ni t let Anstand zu haben daeh e, uno war auch an den vorigen Orten recht I hübsch ffpktgsezqukns eiskgssin "· die in Betraclj kommenden Personen zum Theil Diaiett sprachen Nach-Dem ici : sogar den »beredten Rufst-N requiriet « und ihr die Ausdrücke tie ich meinte, te sied ni t me r die Aus-rede des Nichts-er ehens au recht erhalten, sie mit dem Fin er bezeichnet dritte-. Unn ertliirte indessen; keine Michaela Na -winsta ge kenn e « ameÆka mir aber doch Ihr Lokal get-arbe- prism Sie nicht mehr, deeseMz vor etwa elf Mona ten mit er standen im hinterm mer eine matten t ttet Bette keiften dann irtminfcha tli ab." .Thut mir leid, bei uns verkehren so viele Personen, da ich mir die einzel nen Gesichter oder men —- tvenn ich dieselben überhaupt gehört —- beim be sten Willen nicht alle merken tann.« Darauf verließ see kurz abgebrochen das Zimmer. Wieder befand ich mich am Ende meiner Weisheit! Jch hätte geschworen auf die Richtigkeit meiner Vermuthung — was half mir alles? Schon über legte ich mir, ob ich mich nicht doch noch ur Requisition der Polizei entschlie Zzen solle, als plöhlich die Alte wieder in die Stube trat, sich mir unter dem Vorwand, mein geleertes Glas wieder füllen zu wollen, näherte und mir die inhaltschweren Worte zuraunte: Kommen Sie heute Abend Liviedez Fremden wenn mein Mann zu spre en ist." Jch hatte erst nur »heute Abend·' und mein Mann« verstanden, bis sie mir die Worte mit eriiiuternden Gesten wiederholte. «Kennt er die Dame?« fragte ich ebenso leise zurück. Sie blictte seitwärts auf die übrigen Gäste und erwiderte austoeichend: «Vielleieht." Nach einer Weile setzte sie lauernd hinzu: »Wenn es Jhnen aui ein paar Nabel nicht ankommt, giebt er Jhnen jede Auskunft, die Sie wün chen.« Jch niette, trant aus und zahlte mei ne che. « ann ist er zu Hause?" Kommen Sie um acht, nicht srüs her.« Einigermaßen getriiitet entfernte ich mich· Endlich eine Aussicht auf Er folg! Pünttlich um die bezeichnete Stunde stand ich vor dem düsteren Ge bäude, wo mich die Wirthin bereits are der Thür erwartete. Sie hieß mich ei nen Augenblick der iehen und holt: ohne fögern ihren ann« einen auf gedun enen, blossen, grämlich ausse henden Greis, der sich mir mit zutrau lich sein sollender Miene näherte. »Wir sind hier nicht ungestört ge nug, die Stube ist doll,« flüfteete er mir mit bezeichnender Handbewegung zu. »Wenn es Ihnen recht ist, gehen wir hinauf in unser Wohn,zimmer.'· Ich nickte und folgte ihm ohne Zö gern eine vom Hausilur abgehende schmale Treppe hinauf; der Wirth trug » eine Lampe vor mir her, um den Wen zu erleuchten. Sie werden mögliche.s weise denten, meine Herren, daß es unvorsichtig von mir war, dem stein ; den Menschen so viel Vertrauen zu « schenken, später habe ich mir dasselbe gesagt, in jenem Augenblick aber rief alles einen natürlichen und toeniq ab schrertenden Eindruck hervor, daß ich gar nicht an eine Gefahr dachte. Jst-H I denn so etwas Großes, mit dem Inha ber einer vollbesehten Schente eine Treppe hinaufzufteigenZ Und Geld und Geldeswerth trug ich nicht mehr bei mir, als ich meinem Führer ohne diejs zugedacht. Der Mann stieg übrigens so ruhig i und sicher dor mir aus, ich tonnte gar tein rg haben. Trotzdem hielt ich ais ver ihnvigek Mann skigfäitige 1 Umschau, vor mir lag ein ichntaler« Korridor, von dem zwei oder drei Thü- ( ren ausmündeten, und welchen die . ; Lampe meines Begleiters bis an sein i ; Ente völlig erleuchtete. Auf der denl - Thüren entgegengesetzten Seite stand I etwa in der Mitte des Ganqu ein gros ßer Schranl. Immer ging der Wirth » voran, ich folgte ihm. Eben war ich ; im Begriffe, an dem Schrank vorüber- J zujchreitem als mich plötzlich schwarze ; Finsternis umgab —— der Schurke hats I te das Licht aus eblasen. Jrn gleichen Moment, und e ich mir die Situa tion auch nur klar zu machen ver mochte, traf mich ein wuchtiger Schlaa auf den Kopf — besinnungslos brach ich zusammen! Ali ich wieder zu mir kam, besand ich mich in einem finstern-« niederen Reumr. Ich war an Händen und Fli ßen mit Stricken gebunden, mein Kopf schmrzie von dem erhaltenen Schlage, n.eine Glieder waren- wie gelähmt. Noch halb betäubt starrte ich um mich Waz hatte man mit mir vor? Wollte man mich berauben oder ein Lösegeld von mir erbresseni Oder gedachte man, mich gar völlig verschwinden zu las sen? Blizrrtig ging mir die Erkennt ni? der ahrheit auf. Das Attentat ge chah im Auftra e jenes Gembalstv, wenn er nicht gar elbst den Streich geführt. Der Schurke hatte von mei ner Reise Kenntniß erhalten und war rnik nachgefolgt, unt mich unschädlich zu machen. Ja diesem Falle — ich ver behlte es mir nicht —- wiirde ich das Licht der Freiheit wohl kaum wieder erblicken! Da laa ich nun, ein Gesanaener in der Hand aewissenloser Schatten, fern der heimath und fern aller menschli chen hillr. Niemand wußte, wohin ich geaangem die Elenden tonnten mich umbringen, ohne lich der Gefahr der Entdeckung auszuseßem Seltsamer weise beiiimmerte mich nicht so sehr der Gedanke, sterben zu mästen, als derje nige, das ich alter Fuchs in eine so L: — tlumoe « --:lle gea. .nnrn war Aus-Ter dem fes-am « te es m: cb meine Million . reimt tu tr- re kü. re n zu tot-nen. Ver ne Elich san-e -.l) J.;e es t-;" ker gewor ges-, yu er ::hen, ixes ich rniit eizentlich Leu-· Der rtrit siailen Brit-n aud c. irrte Boden U-. d rie gra ten fchspslk neu Winde teuteten eilte-Iris It UT MI laft an, e Este Ver-nagt :-na, dre sich »Li ter als rtqttig heraus mitte. Stundean g laa ich ohne dasz zit nnnd naro mir sraotr. Wollte m n nich verlut .ern tat-en? Fas. schien ez so. Saon Lsfnete ich ten Mund, um nach Hitfe Ja schreien doch uberleite ich mir keck-: eitia, tie Spltzbulicn witrs ten m ch, wenn sich rat-en irgend ein Effekt für mich etwa rten liehe, gekne belt lca ben, und schwieg still DCS Zwielicht in dem Rtum unterlag Os fenbar dem Einflun ter connr nicht genug. um mit ihrem LJIirtltklgM U re intensiveres« Helle Maß zU MA chen: dagegen mußte es sich jedenfalls mit ihrem Verschwind-en von der Dun telbeit abliifen lassen. Ich lonnte die Zeit daher nur nach Gutdtinlen ab fckiitzem und mußte es meiner Schin ung nach etwa um die Mittagsstunde sein, als ich plötzlich den Schlüssel in dem Schlosse der Thur rasseln und an der Illinle arbeiten hörte. Ich hatte trotz der herrschenden Stille keine Schritte vernommen, der Ankömmling hatte also bereits an der Tbiir instan den und mich wahrscheinlich beobachtet Ich bemühte strich. den Eintretenden Zu sehen — eine hobe. dunlle Gestalt tauchte in meinem Gesichtskreis auf -— ich erkannte den Mann sofort: es trar Doktor Genrbalsly. " Sein erster Blick verkündete mir den. Trdfeind. Entschlossenheit, Haft, wil te Freude, Das-m all diese Eigenschaf ten nnd Empfindungen sprachen zu gleich aus seinen Augen. Aeunerlich zwang er sich indessen zur ballt-unme nen Ruhe, ja er verleugnete sogar die Fremen der gesellschaftlichen Höflich leit nicht, als er mich in allerdings irrnischem Tone in deutscher Sprache anredete. »Freue mich, Sie wieder wohl zu sehen Herr Doetor, ich habe doch das Vergnügen mit Doktor Kains, nicht trat-ri« Ich würdigte den Elende-r keiner Antwort »Ich bedaure unendlich," sprach er weiter, »durch die Beharrlichleit. mit der Sie sich an meine harmlosen Fer sen beften, genöthigt zu sein, Ihnen einiae Unannehmlichleiten zu berei ten-" »Was haben Sie mit mir dor?« fragte ich so verächtlich als ich der mochte. «Erlaul;en Sie mir, Sie darüber verläufig noch in der Ungewißheit zu lassen, in der ich mih selbst befinde. Herr Doktor. Möglich, daß ich Jhnens auf Grund meiner ausgezeichneten Be ziehungen zu einer Ihrem Forschungs drana so wohl entsprechenden Erho lunasreise nach dem wegen seiner para diesischen Qualitäten mit Recht be rühmten Sibirien oerbelfe.« Ich erfchauderte bei dem Gedanten »Möglich auch, daß meine eigne Sicherheit mich lzwingt. mit Ihnen noch weniger Umstände zu machen, letzteres ist vielleicht das wahrscheinlichste.« er gänzte sich der Bube mit diabolischern Grinsen. »Jndessen, Sie werden das bei einem Manne von meiner Huma nitiit begreiflich finden, behelfe ich mich so lange wie nur möalich mit friedli chen Hilfsmitteln· Sie werden es sich daher bis auf weiteres in diesem luxus riös ausgestatteten Hotelzimmer ge fallen lassen müssen Hinsichtlich der Bekiistiguna muß ich gleichfalls um Entschuldigung bitten Sie sind in Russland und müssen der Dürftigteit und Anforuchslosigleit der friedlichen Bewohner dieses Hauses Rechnung tra gen. So, mein llherr Doktor, das iit alles, tan ich Ihnen zu bemerken habe; beim-fielen Sie meine wohlgemeinte Warnung, sich hübsch anständig zu be tragen. damit ich mich nicht,« schloß der Abenteurer, «geniithigt sehe, mei nen Entschluß zu beschleunigen« »he:r,« rief ich drohend, »Sie spie . len etn gewagtcö Spiel! Man wird mich im hotel vermissen, Recherchen . anstellen »F s —.-- . ! »Und Sie nicht finden," spottete ; Gembalgty. »Außerden1 weiß ich, we Sie abgestiegen sind, und werde nicht verfehlen, in Voraussetzung Jhresz Einverständnitsez Ihre Rechnung dort durch einen Boten berichtian und Jhre Habseligteiten mit dem Bemerten ah tcrdern zu lassen, Sie hätten auf wie derholtes Dränaen bei einem in der Stadt wohnenden Freunde Wohnung genommen-« »Beiriiaer. Schurke! Man wirthi nen die Sachen nicht ausliesern.« »Man wird es aus Grund einesZets teis von Ihrer hand, den ich mir er lauben werde, nach den in Ihrem Ta schenhurh —- das ich gestern Abend to srei war, an mich zu nehmen —vorge schriehenen Handschriftöproben tiinst lerisch tteu herzustellen und mit dem ebenfalls in Jhrern Taschenhukh ent haltenen tleinen Kautschutstempel zu beqlauhiaen Vertrauen Sie, verehr ter Herr, in dieser Hinsicht ganz inei ner bewährten Erfahrung. Und nun guten Tag und angenehmen Aufent halt !« cfsortsekung solat.) »Ein westlichez Blatt behauptet, das weinend das Laster des Fluchens unter den Männern in Ahnahme begrisfen ist, es unter den Frauen immer mehr Vet hreitung finde. Der Gewährsmann stir dtese erstaunliche Enthüllung muß sich nicht then in den feinsten Damentreisen bewegen n