Das Wissen Hochlandsroman von A r t h u e Achleitner. —.,.— (Foetfehung.) Vor Freude fällt das Mütterchen der Burgl um den Hals; Linn aber dringt rasch tie so mühsam erzielte Adresse zu Papier und beschließt, das Soldaten Porto Jus eigenen Mitteln zu bestreiten, » ein Entjcl,luß, der ja nöthig war, denn T eifrig plaudernd baten Mutterl und « Dienki Die Posttanzlei ohne weiteren; Abschied verlassen. ä Um die Mittagftunde wollte Linn das ? Amt schließen als wieder eine Bäuerin ! Vorsprixti und um eine Gefälligteit bat. ; Mit tim Bergvolt muß man Nachsicht s haben, dachte sich wiederum das Post fräulekn und fragte nach dem Begehr. »Willst wag aufgeben oder beheben?« »Na. sell eigentlich nicht. Bloß bitten niöcht’ ich dich um was.« »Nun io rede, mach’s aber kurz; - weißt, Bäuerin, es ischt Essenszeit.« , »Sell wirst gleich haben, Postfräu- - lein! Weißt, es ischt so eine Sach’, wenn s ein Doktor ledig ifcht und noch so viel : jung.« s Jetzt horchte Lina aus; durch solche ? « Bemerkung wurde ibr Doktor Ober ljummen der junge Arzt, wieder in’s I Gedächtniß gerufen, den sie ganz ver- L gessen hatte. Lina ermunterte Die Bäu erin zum Weiterreden. »Na ja, jung ischt er noch, ganz sa- - frisch jung, Weib hat er auch keines; es ischt eine beiilige Sach’, und man darf so einem Grashupser nicht zu viel trau en. Er solt ja ein Ausgesprungener sein, der nicht bei der »geiftigen Studi« ge biieben ischt.« ,,Warscht du bei ihm, Bäuerin?« »Ja, sell wohl. Aber ich trau’ ihm nicht recht. Er hat mir da aus einem Zet tel was ausg’schrieben. Sell soll ich mir machen lassen in der Apotheten in Schwaz. Weißt, Postsriiuln, der Weg ist weit nach Schwaz, und ich möchtl decht wissen, was der junge Doktor ausg’ schrieben hat, und ob’s der Mich werth ischt, daß ich bis Schwaz lauf’ in die Apotheten.« — Lan lachte: »Aber, Bäuerin! Jch bin decht kein Arzt.« »Sel! weiß ich auch; aber du hast decht gut lesen gelernt. Also les’ mir vor, was der Doktor aufg’schrieben hats« »Sell ischt nicht nöthig. Geb du nur nach Schwaz und laß das Rezept ma chen. Einem Arzt muß man Vertrauen entgegenbringen, nnd die Post ischt nicht dazu da, ärztliche Rezepte zu kontrasti ren; ganz abgesehen davon, daß ich da von so viel verstehe, wie du selber.« Ob solcher Auskunft etwas verwirrt, ; trippelte auch diese Bäuerin aus der Ranzlei. . Der Vortag vor dem Weihnachtsfeste . sollte dem Postfräulein noch einmal in Erinnerung gebracht werden. Kam da am Nachmittag ein alter, dürftig ge kleideter Keuschler, dem man die Mii digkeit vom beschwerlichen Marsch so fort anmerien konnte, mit einem Säck chen in die Kanzlei und bat mit zittern der Stimme, es möchte das Posiaint so gut sein, das Säckchen iostenlos beför dern, weil... Die Stimme erlosch demAl ten, und bittere Zähren rannen über die runzligen, eingetrockneten Wangen. Mitleidig betrachtete Lan die vor ihr stehende, zitternde, abgehärmte Ge stalt des Keuschlers, und als der arme Mann sie anbliclte, so wehmüthig bit tend, da fühlte das Posisräulein den Weihnachtszauber der Armuth, auch Li na zerbriiclie eine Thräne im Auge nnd sagte: «,,Jch will Euren Wunsch erfül len und das Säckchen iostenlos fort schicken« »O, verekelt Euch Vkr Hergoti für tausendmal di: Muth-IN Ich bin je fo arm, nnd meinem Sohn kann ich nichts anderes schicken, als etwas Tabat und die ZigarrenstnmmeL Die ich in den Wirthshäusern vom Boden aufgetlaubt habe. Gern hats ich felle selber aufge tauch:, aber ich hab-S oufgespart für den atmen Buben . . .« »Ach, du guter Gott!« slüsterte Lina. »Vergelt’s Gott viel tausendmal!«' stammelte der gebrochenene Alte. Lina fragte dann, Papier und Bleistift zur Hand nehmend, nach der Adresse. Zögernd, schen, ängstlich stottette der satme Mensch: »Mein Sohn heißt Georg Zantringer und .scht in — Su ben.'« Der Alte ließ den Kopf siiilen, et zit terte am ganzen Körper. Lan ahnte, was dein alten Vater in diesem Augen blick das hctz bewegen mochte. Doch muß die Post ja volle Gewißheit und ge naue Held-esse haben. Lina möchte dein gequälten Vaterhetzen die Pein der wei teren ragen ersparen, doch ist diese un erläßlich. sofern nicht Gasse und haus ten-einer angegeben wird. Weich und schone-O fragt das Postfriiuleim »Wie lautet vie nähere Dienstes« Da schlägt der Alte die mageeen Hän de vor das Gesicht und weint bitterlich per sich hin. »Als-s Strafhau3!« flüstertLina, unt entnimmt, einer Gefühlsregung nachge bend, ein Geldstäck ihrer Privattasse, sx me et diese auch bestellt ist. »Hier M erle, lauft Euch was zu Weihnach ten! Viel tfcht ei nicht, ein Mißstän Ietu ist selber atm! Gott gesegne ei Leicht Und das Sackl wird schon be: schnit« Der Alte dankt unter Thräneth e· III Au Ue Ruhe Kissen in entfqu Its-Meiss W »Es ifcht fchon gut! Der herrgott wird alles gut machen! Gebt mit Gott! Und gute Feiertage!« Weinend entfernt sich der arme Keufchlee mit einer winzigen Weih nachtsfreude im forgenerfiillten Herzen. Lan macht die Sendung für den Sträflintz doftfertig. Kommt die Ga be eines armen. gequälten Vaters auch zu spät ins Zuchtsdau3, isi es fraglich, ob die Direktion sie überhaupt dem Adeessaten aushändigen wird: die Kun de. daß der Vater des Striiflings we nigstens liebevoll gedacht, wird den Ge fangenen doch sicherlich erfreuen. Still wird es dann in der Pofttanz lei, und bald umfängt die Dämmerung das tiefverschneite Dorf. Weihnachten beginnt. Wird diese beseligende Zeit auch dem einsamen Poftfräulein eine Gabe bringen? Lina wüßte nicht, von wem. Sie ist Waise, sieht allein in der Welt, verlassen, auf den kargen Ver dienst angewiesen. So dunkel ift es in der Kanzlei. Lan will nochnicht Licht machen; sie träumt mit offenen Augen vor sich hin. Da knirfchen Schritte draußen im festge frorenen Schnee, ein Stampfen, dann tastet Jemand im dunklen Flur. Lina muß nun doch die Lampe an stecken, es kommt wohl noch Jemand zur Post. Gleich darauf klopft es an der Kanz leithiir. Die brennende Lamtk aus den Amts- ’ tisch stellend, rust Linn .Herein3" Der Diener vom Schlößl tritt ein und wünscht einen »guten Abend." Ein Packetchen überreichend, sagt er: «Eine Empfehlung von der Baronesse, sie läßt Ihnen gute Feiertage wiinschen.« : Ehe Lina sich von der Ueberraschung ; erholt, ist der Diener schon wieder hin aus-. »Wie lieb von der Baronefse!« slii- . sterte Lina. Kaum einige Male hat sie Gelegenheit gehabt, mit dein Schloß- « sräulein zu verkehren, und dennoch ge- . denkt die Baronesse ihrer am heiligen « Abend « Das Postsräulein hatte am cchluf e 7 der heutigen Amtsstunden die Freundin - in einsamen Stunden, ihre Zither her- t vorgeholt und ließ das weihevolle Lied in zarten Tönen durch die Saiten klin gen: «Stille Nacht, heilige Nacht!" « Da klopfte es nochmal an die Kanz leithiir, und der Bäckerbub brachte ein Pastetchen für »die Posisräuln«. »Für mich? Von weni« fragt über rascht Lina. . »Sell darf ich nicht sagen!« lacht der t; Bub und hüpft vergnügt zur Stube hin- z aus I Neugierig öffnet Linn das Pastetchen 3 und vor ihr liegt ein Stück Zeiten (Ge bäct von getrockneten Birnen, tirolisch ? Zeiten auch Kletzenbrot genannt) auf dem ein Zettel aufgetlebt ist rnit den Zeilen: .Weihnachtsgruß, nicht viel. aber gut gemeint von einem, der mit f demfPostfrtiulein eingezogen ift in See- I dor WAch der Doktor! Wie nett und lieb! Also gibt es selbst hieroben in der-Berg einsaniteit noch Menschen, die liebevoll meiner gedenken am heiligen Abend!« flüstert Lina und überläßt sich der stillen Weihnachtösreude. ; ZwölfteesKapitel Doktor Oberhumrner mußte am Weihnachtstage früher als vermuthet us den Federn und sich beeilen mit der Toilette, denn unten stand der Ober tnecht Vom Grenzhos mit dem Schlit tenfubrwert, den Arzt abzuholen. Wel ; cher junge, nach Praxis fednsiichtigeAth ; würde da nicht flink in die Kleider fah j ren! Kastl war in tnapp zehn Minu ; ten fertig und fragte zum offenen Fen k ster hinaus-, was denn der Bäuerin , fehle. Der Oberknecht erwiderte:: »Ster ben will s’ und kanns nicht rechts Jch bitt’, tummeln S Ihnen, der Weg ischt weit, und die Ross könnten frieren beim Stehen.« Kastl stellte den Jnftrunientenknsten wieder an feinen Platz und steckte nur etwas Säfte in kleinen Phiolen zu sich. Schon wollte der Arzt zurn hause hin aus, da kam seine Hauswirthim die Bäckerin, herbeigesprungen und sagte: »Verlauben S’, Herr Doktor, ich hätt’ eine schöne Bitt’!" «Rasch, rasch, ich hat« es eilig!« »Ich thiit halt recht schön bitten, wenn der Herr Doktor bei der Bäuerin verrekammadiren thiiten bei der Bäue rin!« »Wieso denn relornrnandiren?« frag te verwundert KastL »No, wissen S’, halt z’wegen die Tod tenwecken!« »Wie? Was ischt denn dass« Wissen S’, here Doktor, es wär’ uns halt lieb, wenn die sterbende Bäuerin bei uns die Wecken für ihr Todtenmahl bestellen thät.« Kastl mußte iiber solche Zumutbung lachen nnd er fertigte die Blickerin kurz ab: »Sel! werden wir schon sehen!« Gleich darauf saß der junge Arzt im Schlitten und fort iug es in saufender Etlse hinein in den frischen Wintermoe gen. Als nach etwa zweistündiger Fahrt die tiefverschneite Strasse bergan stieg zum Geenzpasz nnd der Knecht diePfer de im Schritt gehen ließ, erkundigte sich Kastl nach den näheren Umständen, inc besondere ob die Sterbende schon die leste We hru erhalten habe. . Ja , der bertnecht auf dem Gernsbach nicktu . teil . der Konra ter Empor-steh lf stlicher) war sehn da, und deswegen bat die Ober dirn’ gemeint, wir tsnnten fest den Doktor tut-en lassen« Gedehnt sagte der Doktor: »Sp, des wegen!« »Ja, weißt, herr Doltpt. es ischt halt auch von wegen der Reputationi Die Verwandtschaft könnte es übelnehmen, wenn wir den Doktor nicht geholt hät ten. Die Leut« tbäten gleich schimpfen und uns Borwiirf’ machen.« »So, fol« meinte Kam. »Alle« we gen der Leute. Um die Kranle habt , Jhr Euch wohl weniger gekümmeet?« »Es wird wohl schön genug sei-k, daß I ich am heiligen Abend nach Seebvrf ge- ; fahren bin und ’s Birnzeltenanschneis I l den im Stich g’lassen bab’! War mir z’rvider genug das Uebernachten aber anders ischt’«s halt nicht gegangen. Na, . wir sind bald oben!'· Plötzlich riß der " Knecht an den Zügeln und brachte das i Gefährt zum Stehen. »Kreuzteufel! s jetzt hab’ ich d« Hauptsach’ richtig verges sen! Da lönnt’ ich mit decht schon; selber eine einibauen!« i ein«- r.«.c« km-. -.-«.rk». » l »was- Huld » u vskvyH-u. »Bei-n Viick hint- ich vie Todten-E werten anfriemen sollen!« Z »Aber die Bäuerin lebt ja noch. Da - ischt das Werkmeistean für-s Todten-s Z mabl decht versriiht!" i »Ob die Bäuerin noch lebt, ischt nicht - sicherl- Jch glaub’s nicht! Drum ischtl es doppelt z’wider, daß ich ’g Ansriemen vergessen habs« »Na, das lannst ja nachholen! Du sahrst mich ja decht wieder zurück!«' »Ich? Ent zurücksahrem ’bald die, Bäuerin ausgelöscht ischtZi Des seid’H T aber g’sdaßig! Ta muß ich lachen!" z Lleraerlich verwies Hiastl dem Knecht ; solches Gelächter: »Du wirst decht nicht « glauben, daß ich den weiten Weg durch den Schnee zu Fuß laufe?!« »Wenn die Bäuerin auggelöscht ischt, wird’5 wohl nicht anders sein, raij ich! WI« , Toltor Lberburnmer biß sich zornig aus die Lippen; die Aussicht aus die beschwerliche Fußwanderung war nicht gerade verlodend· Und nun wiinschte er - selber sehnlich-T es möge die Bäuerin s so lange am Leben bleiben, bis er im Schlitten wieder daheim sei. Endlich fuhr man am Grenzbose vor-. In der Efiftube waren die Dienstboten und Verwandten aus der Unigebung,«i soweit der mgssenbait liegende Schnee ; ein Herbeitommen gestattete, versam melt; die Leute beteten die Sterbegedete und tranken dazwischen fleißig Wach- ; bolderschnapps. Die Verwandten be sprachen wobl auch schon die Verthei lung des Barnachlasseg und der Mö bel. Um die Sterbende tümmerte sich Niemand. Als Kastl nach de: Bäuerin fragte, gab man itun zunächst gar teine ; Austunft, und erst als Doktor Ober dummer grob wurde, bequemte sich eine Dirn, ibn bis zur Tbiir der Kranken stube zu geleiten, doch lehrte das Mäd chen sofort wieder um. Verlassen lag die Kranke in der von mussiger, feuchter Luft erfüllten, düste ren Stube, das bleiche Gesicht der Mau er zugetehrt, den Tod als Erlösung be trachtend. Lllg die Thiir sich öffnete, drehte sich die Bäuerin etwas um und blickte mißtrauisch dem Eintretenden entgegen. Mit verlöschender Stimme stöbnte das Weib: »Ich bat-US nicht ba ben wollen! Macht die Raitung nicht zu doch. Wir sind arme Leut’ im Paß her oben. Kastl riß vor allem ein Fenster aus . und ließ die frische Berglust herein. »Jefses!« hauchte die Bäuerin mit : schreckbebender, schwacher Stimme, und z versuchte mit zitternder Hand das s schwere Hühnersederbett zum halse · herauf zu ziehen, aus Angst, von der i srischen Lust berührt zu werden. z i i ! i i i i i i »Steine Furcht, Bäuerin! DieHaupt- ! suche ischt zuerst frische Luft! Und den - Sensemann jagen wir zum Fenster hin- ; auss« Jn maßlosem Staunen richtete dies Krante ibre Augen aus den so resolut I austretenden jungen Arzt, der dann der s T hilflos liegenden Bäuerin die Kissen zu- s i recht legte, sich über den Besund orien tirte und aus den mitgebrachten Säf ten ein erquickendes Träntlein bereitete, das die Kranke erst zögernd, dann aber gerne einnabm. Bald fühlte sich die Veånachlässigte wohler, das Fieber ließ na . Mit freudiger Genugthuung beobach tete dies Dottor Oberhummer, und gleichsam zur Beruhigung der Kranten sagte er: »Ich mein’, aus etliche Zeit derpacken wir’s wieder! Jch hab’ zegt gute hoffnung!« »Na, na! Seil wird nicht sein! Thät’ ja blaß die Kosten steigern!« lispelte die Kranke. « Das Fenster schließenu erwiderte Jungdoktorx «Iied' festtpeiter nicht so dumm daher, Bäuerin! Wilki Gott, dringe ich dich durch! Morgen soll mich dein M wieder abholim ich bei ’ die dann schon ein Tranil mit, das r uttlzut.MitdeinenLeutenred'tch schan. Mußt bessere Rief haben! se hiik dich Gott, Vitnertnt Die Kranke starrte den Arzt an und jammerte dann: »Rix, ntxt Jscht nim mer der Mit werth! Laßt mich nur in Ruh« sier ! Jeder Tag thut die Kalten eigent, nnd die Eh’halten (das Gesinde faulenzen dem-ein« Kaitl kennt die Eisenketten seiner Landsleute und tiinnnert sich nicht wei ter um das Gewinner der Manier-. Er tritt in die stude, in welcher ei de reitt start nach I breitet Um denTis undant enhscktdtew Trauern mit bereits Mr " W dete Doktor Oberhummer, daß dieBers wandten nur heimgehen sollten; mit dem Absterben der Bäuerin wäre es für die nächsten Wochen noch nicht-. Wenn ein Leiterwagen voll Gift nattern mitten unter die Leute gefallen wäre, die Wirkung hätte keine größere sein tännen. Ein Wehtlagen und Schimpsen begann, ohrentäubend fluch ten die .trauernden« Verwandten iiber den Arzt und sein Eingreifen. das die . Beerdigun verz· und die Kosten vermehrt. in Ba aus der Verwandt schaft riifseite keck den Doktor, dem auch was Gescheiteres hätte einfallen kön nen. Die Bäuerin hätte sich aufs Ster ben eingerichtet, und alle Miih' und die Sterbegedete seien seht umsonst. ’ Dottor Oberhummer gestattete sich. der kecken Person zu sagen, daß sie ge- . sälligst ihr Maul holten möge. Solche Grobheit that augenblicklich die beab sichtigte segensreiche Wirtung, denn es ward still in der Stube Niemand wagte . mehr zu mucksen. j chtl rief nun die Oberdirn zu sichs und instruirte sie bezüglich der Pflege. . Die Kranke miifse bei Tag und Nacht i eine Wärterin haben und deriei Anord- : nungen mehr. »Ich komme jeden Tag; « gnad’ dir Gott wenn isb eine Vernach-; - lässigung finde! Du haft die Bäuerin so schon auf dem Gewissen. Passirts das geringste so zeige ich Dich bei Ge- » richt an wegen fahrlässiger TödtungZ Verstand-en? So, und jetzt sag’ dem Knecht, er soll einspannen. Wann er mich wieder heraufsahren muß, sag’ ich ihm schon selber. Schick die desoffene Gesellschaft weg und tiimmere Dich um J die Kranke. Lustig. lustig!« E So flint war die Oberdirn’ in ihrem T bisherigen Leben wohl nicht gewesen« Die Drohung mit gerichtlicher Anzeige - wirkte Wunder. : Ter Knecht Jackl wagt: nicht ein Wort der Widerede, wiewohl ihm durch « die »Dottorsuhr« die Weihnachtsseier- E tage gründlich verdorben wurden. Hur- « tig spannte er ein und fuhr den Arzt wieder den Paß hinab und hinaus dem E verschneiten See entlang nach Seedorf. · Tser Nespett vor dem Arzt war jetzt so 7 groß, daß Jacki trotz aller Raufleiden- « schait während der Fahrt es nicht wagte, « seine Pfeife mit dem entsetzlichen Schnitttabat in Brand zu setzen. Jactl fragte erst bei der Ankunft vor dem Bä- i derhause in Seedorf, wann er denherrn « Doktor wieder abholen müsse. s »Morgen früh acht Uhr." . Aft (hernach, also) muß ich m See dorf wieder übernachten i« . JA!·· Jaal ließ wohl den Kopfetwas han- » gen, fagte aber nichts-, in Erinnerung : an die Warnung ver Oberdirn, die ihm zugeraunt hatte, daß der Doktor Jeden » ins Kritninal bringe wegen der Jahr lässig getödteten" Bäuerin. So fuhr denn der Knecht zum Unterwirth und stellte dort die Pferde ein. Sich felbft verpflanzte Jackl zum Ofen in vers-Zech ftube, wo er bis zur Schlafenszeit ver blieb unb dann im Stall übernachtete. Zur neuen Fahrt hat Doktor Ober hummer alles Nöthige mitgenommen, und prompt war Jackl knit den«- Fuhr werk zur achten Stunde vor der Doktor woLnunF s sei-«- msst s Dis-Hist lUUllUlc le Ul( VUUcllll »kl sönlich an den Knecht wegen der »Joh tenwecken«, doch Jackl fertigte die Mei sterin unwirsch mit der Bemerkung ab: »Ach. wag, Todtenweckens Der Doktor laßt die Bäuerin ja nicht sterben, wie sie will!« »So, der Doktor!« erwiderte spitz sindig die Bäaerin, und entfernte sich rachegliibend· Nach üblicher Fahrt trss der Arzt auf dern Grenzhof ein, wo die Oberdirn schon seiner harrte und unterthanigst versicherte, daß alles aufgeboten worden sei siir die Bäuerin. »Na, wir werden ja sehens« meinte Doktor Oberhummer. · »Ganz gewiß, Herr Doktor! Sogar Specllnödeln haben wir aufgekocht, aber die Bäuerin will sie nicht!« »Da ischt schon die Bäuerin geschei ter wie du« du Mondialb!« Glücklicherweise hatte die Oberdirn keine blasse Ahnung, was ein Mondtalb ist und fühlte sich auch durch diese Be titelung nicht sonderlich beleidigt. Im mer noch stolzerfiillt, alles aber auch al , les aufgeboten zuvhabem führte sie den : Arzt in die ausgeräurnte, gelüstete und gebeizte Krankenstubr. Aus den ersten Blick sah Doktor Oberbunirner, daß die Bäuerin ausfallend sauber gewaschen, rnit frischer Leibwäsche angetban war und sogar ein seidenes Tuch um den hats trug. «Ja, Bäuerin bischt gar wohl eitel worden aus die alten Tagesl« rief er staunt Kastl aus. Statt der Kranken nabrn die Ober dirn das Wort und erklärte treuherzig: »Sei! ischt nicht, herr Doktor! Aber sie redet a weil vorn Sterben. Und weil ein Todter so viel les (iibel) an ziehen ifcht, hab- ich· ihr bei Lebzeiten M Ster ’wand angezogen·« Kastl iisieltr. Die Bäuerin aber meinte, man möge sie endlich auzlöschen lassen, sonst glaubten die Verwandten, sie wolle ihnen nichts hinterlassen, und da auch die Dotiorrechnung zu hoch werden möchte, sollte der Doktor lieber gleich we bleiben. Kasil chnauzte jest die Patientin an: »Du weißt ja noch gar nicht, ob ich was verlanai Gebolt bin ich worden, und ich muß je t meine Pflicht erfüllen, ob ei dir r tschi oder nicht!« Da lispelte ganz selig die Kranke »Ja, wenn ei nix to t, dann limn mir, fo ost als du nia , Heer Doltorl« CI solang Dol r Oberbumom W ! wirtlich, die Patientin wieder auf die Beine zu dringen. Auf Donorar beab sichtigte Kaftl zu verzichten. useinem Erstaunen aber erhielt er zu uftern ei nen geräucherten Schinlen als Beloh nung für die Gutthat, nebst der Ber sicherung daß die Bäuerin das Leben doch wieder freue. Die Rettung der Grenzhofbiiuerin sprach sich im Bezirk gehörig herum, . und Kaftulus wird in allen bedenklichen « Fällen begehrt. Just zu Ostern aber überraschte ihn der Bäckermeifter und haustoirtb mit der Wohnungskiindig ung Auf die Frage des erstaunten Arz - ies wurde die Maßregel damit moti- » virt, daß der Böcker keinen Dotter de herbergen tönne. welcher dem Geschäft schade. Den Enigang der Todtentoeeken tonnte also das Bäckermeifterpaar nicht verwinden. Die Sache war insofern fa tal, als Doktor Oberhummer bei der Wotmungsnoth in Seedorf kein andr- s res passendes Quartier finden konnte; i Kastl opferte daher den fiattlichenSchin- ( ten und erzielte damit die Hinaus-i schiebung der Kündigung Zugleich be schloß der Arzt, sich für künftige Fälle i des Böckers und der Todtenwecken zu erinnern. Dreizehntes Kapitel. l Von der Bezirlshauptmannschaft war an das Kommando der Gendarme riestation ein dickes Dienstschreiben ge- « kommen, das Wimlatil ahnungsvoll öffnete und welchem er zu seinem Schre rten das dem Pfarrer abgenommene Heft entnehmen mußte. Die Flimm sten Befürchtungen waren zur bat ge- s worden, das Dienstschreiben enthielt ei- ( ne Nase, so groß wie der Seeberg, die , größte dienstliche Nase, die nach Wim- s i i l s latils Meinung je in Tirol ertheilt wor den, seit die gesiirstete Grafschaft dem ; Kaiserstaat Oesterreich einverleibt wur de. Erbleichend bis in die dicken Lippen, » las der Postenfiihrer, daß fragliche; Brettinschrift tein Gaunerzintem son dern ein Pestsegen sei ein Gebet zur Abwendung der Pestgefahr im s Ibzehn s ten Jahrhundert. ; Die Füße versagten den Dienst, das . Dentvermögen blieb aus« der im Jn nersten schwer getroffene Gendarm mußte sich setzen. Er stöhnte herzzerbre- . chend. Ein Pestsegent Und er Un glücksmensch hat gemeint, es handle sich um einVerbrecheravisol Welch ein fürch terlicher Jrrthnml Und was noch bitte rer ist: das Heft muß dem Pfarrer un ter Vorbringung einer entsprechenden sehr höflichen Entschuldigung persön lich zurückerstattet werden« Jetzt, in sol cher Verfassung. diesen Kanossagang zu ’ thun, ist Wimlatil außer Stande; die neue »Rose« hat ihn in den ärarischen Staub geworfen. Wirnlatil fühlt sich gebrochen, vernichtet. Er wagt es gar nicht, das entsetzliche Dienftschreiben vdllig zu Ende zu lesen, in der Be fürchtung, daß auf der zweiten Seite des Erlasses womöglich noch eine zweite UNase steckt. Es ist an der einen Rüs geschmaet bat wenn auch nicht dirett ge felung genug, die einen zoologischen Bei sagt ist, welcher Thiergattung der Po stensiibrer don Seedors cmtlich beizu . zählen sei. Wenn nur nicht die Entlas - sung nachfolgt der blaue Bogen! Ei gentlich gebühre solch unerhörteDumm ? beit die strafweise sofortige Entlassung. -Wimlatil fühlt das selbst. Erfolgt sie nicht, ist es eine Gnade des himmela. - Verloren ist das Avancementz Macht meister wird er nimmer. das ist ganz unmöglich, oder es geschieht-ein Wun der. Was alles bat sich der Postenchef er hofft seit der Entdeckung der Bettler zinten ein stolzes Gebäude hat er in : Gedanken errichtet auf dem Streben. durch Lösung von Gaunerriithseln schwere Verbrecher zu fassen, und nun ist das Gebäude wie ein Kartenhans einge Busen Ein Pestsegent Die Pest iiber die et Wimlatrl vermag nicht einmal auf « böhrnifch zu fluchen. Die Lippen zucken s l i wohl, aber es kommt tein quallindern der Fluch iiber sie. Die Ertenntniß, sich über alle erlaubten Grenzen blamirt zu haben, wirlt lähmend, vernichtend. Wenn diese Dummheit belannt wird, dann lachen nicht bloß die Bauern, fon gern auch die Kühe müssen ihn ausla en. Wie man aber verhindern könnte, daß die böse Geschichte bekannt wird? Wenn der herr Pfarrer schweigt, erfahren die Bauern nichts. Das-Dienftschreiben tann man verbrennen. Aber zuerst zum Pfarrer; das Aergste muß überstan den fein, fonst findet Winilatil fiir die Nacht teine Ruhe. Also Uniform angelegt, den Säbel umgehtingt, das verdammte Pestsegens heft eingesteckt, und Marsch, Marsch! Die »Rose« irn Dienftschreiben ließ der unachtfame Poftenchef offen auf dem Amtstifch liegen. Kein ftrammet Gehen, ein Schleichen ift’j zu nennen; Wimlatil kriecht auf feinen dienstlichen Spazierhölzern zum Pfarrer, und an der Glocke zieht er so demüthi sanft. all fei es die Armen siinderg ode, die ihm auf dem Gang zum Schafott läuten falle. Die haushiilterin öffnete und sagte: »Na, schon wieder der Gendarrn!'« Von Dienst efiihl keine Spur! Wim latil ftammelt ie Frage, ob hochwürden zu Hause sind, in Zerlnirschung. Und der joviale Pfarrer trat eben aus dem Eßzirnmm tvp er etwas Bes perle zu sich genommen. Ein leises Lä cheln huschte über del Priesters Gesichtl als er des Postenfithreri ansichtig wur de und dessen Bett enheit wahrnahrn »Ah, der hert oftenfithrerl Seht schön von Jhnenl Sie bri mir woh: das heit rntt dem M egen iurila W wass« Wimlatil erbebte, und erschrocken stotterte er: »Pane, Pfarrer wissens« Je t lachte der Pfarrer hell aus: »Nat rlich habe ich das gewußt! Sie werden mir doch glauben, daß ein Geist licher Lateinisch kann und den Pesisegen zu übersehen versteht!« »Warum haben S’ denn nicht gleich gesagt, daß ise das gewesen Pestse· »gen?« »Sie haben mich ja darum gar nickt gefragt! Sie haben mir die Abschrit dienstlich, sogar »sehr dienstlich«- ab verlangt, und ich habe Jhnen das Dest eingehiindi t. Was haben Sie denn ge glaubt, da das Schriftstiick enthielteW »O. here Pfarrer! Bin ich gewesen fürchterlich dumm! half ich gemeint, iie das Breitl Gaunerzeichem was machen Lumpen an Häuser!« »Ach, du lieber Himmel!« ruft der Pfarrer und hält sich die Seiten vor Lachen. »Ja, lachen S’ nur! Bin ich gewesen Schaf, ganz dumm! Muß ich bitten, sehr schön bitten, wollen S', Herr Pfarrer, sein so gut und verzeihen dumme Ge schichte!« .,Sie laben wohl....?" sagte der Pfarrer und deutete mit dem Zeigefins ger auf die Nase. , Wimiatil platzte l;er.«n;·k—: »Ja·.vol)!, fürchterliche! Biti’ ich schönsten-T Hoch würden, wrllen S’ sein so gut und nichts verrathen, sonst isc aus Nes;«eti!" Jn diesem Augenblick verschwand die Haushalterim Der Pfarrer versicherte, daß er für seine Person ja gerne die heim-se Ge schichte todtschweigen weide. Ader ot haben Wär-de Ohren, und falls die Köchin davon gehöri, könne er feine Ga rantie für Geheimbaltung übernehmen. Wie vernichtet schlich Wimlatil aus dem Psajrhof Zns Yienniorai war unterdessen Lampl von einerStreifung lyeimgelebrt, und gewohnt, den Einlaus sofort zu be sichtigen, fand er auf dem Tisch des Vorgesetzten das neue Dienftschreiben der Bezirkshauptmannfchaft vor. Da es offen dalag, tonnte er annehmen, der Chef wünsche, daß er hiervon itenntnifz nehme. Lampl las und machte einen Luftsprung, dem ein wahrhaftiger Jn dianertanz folgte, ähnlich jenem, wenn die Sion einen Weißen flalpirt haben. Wimlatil kam eben heim, um feinen Untergebenen im tempo furiofo tanzen zu sehen. Bei solchem Anblick erwachte im Postenführer das Dienstgefiihl, wäh rend Lampl wieder seine Gliedmaßen in normalen Rudeftand brachte. Auf die wütbend geschnaubte Frage, ob Lampl übergeschnappt sei, deutete dieser ledig lich auf die schriftliche »Generalnafe« und grinfte vergnügt dazu. Wimlatil schrie vor Schrecken: »hei liger Nepomul!«, rifz das Schriftstiick an sich und verließ dann wie gebrochen die Stube. Am Abend dieses Tages lonnte man wahrnehmen, daß die Widmnöhiiuierin persönlich beim Dorfbrnnnen Wasser » holte, was sonst immer die psarrherrs j liche Stallrnagd thun mußte-» JnErs wägung daß dieses Ereigniß jedenfalls eine besondere Bedeutung haben werde, fanden sich verschiedene Weiber gleich falls am Brunnn ein, und ihre Erwar tungen wurden nicht getäuscht. im Ge gentheil, sie wurden übertroffen durch die Mittheilung daß der böhmische Po stenfiilzrer sich nnfterblich blamirt und eine noch nicht dagewesene dienstliche Nase erhaltlen habe. Wer fich im Le ben bisher noch nie um das Brettl und den Peftsegen beim Karltoirth gelilms mert, dasselbe überhaupt noch nicht ge sehen nnd beachtet hatte, lief nun hin auf zumWirth und beguckte sich die röth felhafte Inschrift. Aus dieser Wall fabrt und Menschenanfammlung konn te Wimlatil unschwer erratben, daß fein Geheimniß Gemeingut der Bewohner von Seedorf geworden fein müsse. , (Fortsetzung folgt.) — —- Eine Wette und ihre F olgen. henry Keller von Chicago hatte gewettet, daß General Cronje sich nicht ergeben würde und die Wette ver loren. Die Folge war, daß er sich dazu bequemen mußte, in früher Morgen ftnnde an Polt Und Dearborn Straße, eine der frequeniirteften Gegenden dee Stadt, ein Lied zu fingen. Keller sang, wie er behauptet, mit Gefühl und hin ebung. während der Polizist O’Mallry, get ihn einlochte und dem Richter dor fiihrte, bethenerte, daß es ein Lied, »das Stein erweichen, Menschen rasend ma chen iann«, war. »Es waren,« so sagte der Blaurock zeugeneidlich aus, »die fürchterlichften Töne, die ich in meinem Leben gehört habe. Jch bin tein Sän-— « ger, Ew. Ehren, und nicht im Stande, die Melodien von »Yantee doodle« und »home, fiveet«horne« zu unterscheiden, aber wenn ich im Weit efang mit diefem Manne hier nicht als iezer hervorgehe, dann will ich auf der Sie e als Polizist tesigniren.« Keller nahm die heraus forderung an und legte sich in’s eng, um das Gesangä-Turnier zu erklärten, . als sich Stadtanwalt Gillen in’s ittei legte und ihm mit 8100 Strafe drohte, wenn er einen Ton von sich gebe. Dann beantragte er die Freisprechung des An geliogten und Keller verließ zur allge meinen Erleichterun aller Anwesenden den GerichtssaaL o ne Gelegenheit ge funden zu haben, eine Probe feiner Kunft abzulegen. D i e te n ho fe n. Johann Chri ftoph Joseph, der Senior der proteftans tiichen Pfarrer, ift hier irn Alter von 90 Jahren verschieden. Er hat bis In iet nem Tode feines Amtes gewaltet