es ÆWnsein I Dochlandsroman von A rthur Achleitner. —.--· (Fortsesung.) »Seit Ihnen das der Vestl selber er- k sählt?« — »Ein Baumast soll ihm haben abge- ! schlagen den Arm. Herr Doktor hätten den Arm dann völlig abgesägt!« ! Kastl rutscht es aus dem Mund: »Ein verslixter Kerl, der Bestl!« »Also bat gelogen der Mensch!« kal kulirte WimlatiL . Doktor Oberhummer sitzt in einer · Zwickmiith er möchte dem Freiherrn Unannehmiiebteiten ersparen, ebenso auch dem Vestl, der mit Verlust seines Armes schwer genug bestraft ist. Aber Pflicht des Arztes ist eg, die Wahrheit zu sagen. Und so erklärt er, daß die Verwundung Bestl’H durch eine Expan: siviugel hervorgeruer worden sein ,1nußte; der Armtnochen war völlig zer zschmettert und mußte abgesägt werden. Jetzt wollte der Gendarm nähereAn gaben haben, die Doktor Oberhummer aber nicht geben konnte. Wimlatil setzte seine Recherchen im Schlosse fort, und bis zum Abend war der Rapport an das Bezirtggericht fer tig auf der Post. Einige Tage später amtirte ein Uni jeriuchungsrichter in Seedors, oor wel chem Doktor Oberhummer, der Ober sjäger Anton und der einarmige Vestl zu Erscheinen baten. AuctrWimlatil war an wesend. Das halbe Dorf stand vor dem Wirthshause in dessen Tanzsaal die Verhöre stattfanden, und protoiollirt wurden· Jung-Doktor gab einen Be- « «:richt, wie er den Schwerverwundeten " gefunden und dann behandelt hatte. ’ Bestl wollte Anfangs das Märchen L .vorn stürzenden Baum erzählen, be- « quemte sich aber dann zum Geständnis; : der Wahrheit, gewildert und den Jäger T — bedroht zu haben. Anton war also in Nothwehr. Aber der Schuß mit einer . « »Erpansiokugel! i Der Jäger blieb bei der Aussage, die Angel zufällig verwechselt zu haben. s »Damit endete die Boruntetsuchung. j Von einer Verhaftung wurde Abstand H igenommem ! : s Das »Diensiknachen« ging Wimlatil ! Aber alles; lieber einen Verbrecher lau- Z Fien lassen, dafür aber über Kleinigkei- ; ien schöne Protokolle anfertigen und da- s bei der eigenen Weisheit Licht leuchten z fsen: das war Wimlatils höchste Se- ; sligieit Er wollte recherchieren am See- T Oberg, wo eine Pers onlichieit ,,hinreichend Z sperdächtig ist, den Einbruch in der Post- s kanzlei versucht zu haben. Also stieg der ’ boitenfiihrer den steilen Berg hinan Fut- fragte sich von Gehöst zu Gehöft, ·s er den völlig harmlosen Keuschler sinnt-, dessen größtes Verbrechen wohl : »nur darin bestand, daß er wegen Geld mangel und weil ihm seine Gemeinde ob der Mittellosigkeit den Heirathskon iens verweigert, ungetraut mit dem sWeibe feiner Wahl in der dürftigen Ihiitte lebte. Der Keuschler machte aus . Zdiesem Verbrechen kein Hehl. Um so ernster ward die Dienstmiene des Ober gendarmen, gewissenhaft notirte er den » iFalL und weil der Keufchler hoch sich ; verschwor, in der Post in Seedors über thaupt noch niemals gewesen zu fein, so fügte Wimlatit seinen Noti; en eine Null ibei zum Zeichen, daß der Auf-geschriebe iixie nun ,,nicht hinreichend verdächtig« I kl Die Recherchierung war also wie der -schweißkoftende Aufstieg vergeblich. Dennoch freute sich der Dienstmacher, Jhieriiber An zeige erstatten und dabei sei znen Tiensteiser im schönsten Licht bei « ider Be zirishauptmannfchaft erstrahlen Rissen zu tönnen. Flint ward der Heim Jweg angetreten, schwitzend kam der Bra «ne im Gendarmeriewachlotal an, wo er ichleunigst abriiftete und auch die lä istige Unisorm auszog. Mit Umsicht i urden die Papiere nebst dem Notiz- ! zurechtgelegt, der Dienstrapport ; konnte beginnen Schon war der Kon s ieiuberlich geschrieben: l K K.Gcndarn1erie-Corpå für Tirol, ; Kompagnie Unterinnthal, Brigade Schwaz Station Seedors Da blickte Wimtatil auf seine respekt lesen Hemdärrnel, und entsetzt sprang er i I I aus, um sofort die Un forrnbluse wie- J der anzulegen Wenn der Bezirtshaupt wann merkte, daß die Anzeige in Hemd äemein geschrieben wurde, aus wär’5, und sothane Respektlosigteit könnte das Adancernent kosten. Vorsichtshalber hing Der Wackere auch noch den Dienstsäbel H um, und nun setzte er sich wieder an den Tisch und sing den Betresf unter den Kopf des Dienstpapiers zu schreiben an wie folgt: Oetress Verdacht gegen Nagler Wil libald Keuschler am Seeberg »Löblicher K. K. Bezirtöhauptrnanm Hast sei e ich gehorsamst an, daß ich Heute N «ttag, war große Hitze, den Muschler Willibald Nagler wegen Ver . Mei, den Einspruch in der Postkanz probirt zu haben, kontrollirt habe " Der Genannte ist nicht hinreichend ver Ewig dage en talentvoll und betra -· heilermögensverhältnisse be - s - er leine, im Uebrigen lebt er wegen " -- rBerweigerung des Ehe - — in epntuenaeiam Sein ange b « - Marie Daßpvanter - Mee- uichts er als III is IWL er und hat ein böses Maul. Vermögens verhiiltnisse hat sie auch keine, aber drei lebendige Kinder. Jch habe noch beizufü gen, daß mein Vorgehen ruhig, beson nen und leidenschaftsle war. Gehorsamst Wenzel Wimlatil, K. K. Postenfilhrer.« Der Befehlshaber stand aus, um sein Ebenbild im Spiegel zu beschauen.Ganz glücklich betrachtete er die Denkerstirn, ? aus welcher diese nach seiner Meinung geradezu geniale Bericht so schön geflos sen war. Dann wurde dasDienstschreiben post fertig gemacht und mit dem Vermert « »K. K. Gendarmerie:Dienstsache« verse hen. Wimlatil setzte das Käppi auf und trug das gewichtige Schreiben persönlich zur Post, wo ihm Fräulein Lina die für die Gendarmeriestation eingelaufenen Postsriicke übergab. Darunter befand sich ein Dienstschreiben der Bezirks bauptmannschaft, das dem Wackeren.. wie immer, Herzbetlemmungen verur sachte. Jn diesen braunen Dienst briefumschliigen steckte so oft schon eine f fürchterliche »Rose« nebst der Mahnung, I sich ein besseres Deutsch im Dienst an- : zuschaifen, daß es Wimlatil manchmal i gan; schwül geworden war. Was mag der Brief heute wieder enthalten? Wim iatil verabschiedet sich hastig vom Post fräulein; heute spürt er nichts von zar ten Regungen für Lina, dafur umso mehr Angst vor dem gestrengen Bezirks bauptmann. weg an. Eiligst tritt er den Heim- « Zu Hause angekommen, liest er das : Dienftschreiben. Gott sei Dani, die »Nase«' ist gelinde ausgefallen, es heißt nur. es wäre an der Zeit, den des Ein bruchsversucheg Verdachtigen zu erui- ; UN. Bei dieser Gelegenheit nahm die Kai- Z ferlich Königliche Bezirtshauptnninws schaft Veranlassung« die Gendarmeries in Seedorf anzuweisen, auf Bettlerzin- , ten an Wegweisern und einsam stehen den Hiiuserm Stroh- oder Guten schlingen an stärkeren am Wege ausge hiiuste Steinchen besonders zu achten weil derartige Merkmale stets ein An zeichen für die Anwesenheit von Bett- ; lern, Strolchen und sonstigem sicher-; heitsgesiihrlichen Wandervolk seien. Auffallende Bettlerzinlen sollen derBe hörde bekannt gegeben werden. Wimlatil steht wie versteinert. Wenn vie Behörde von ihm verlangt hätte, den Mond zu verhaften, die Ueberraschung lönnte nicht größer sein. Auf Bettler zinten undGaunerwappen soll er schärf stens achten, ohne zu wissen, was das ist« Dienstmacher ersten Ranges zu sein, so steht er wie vernagelt vor dem Novum, ahnungslos. Den Zustand absoluter Verbliissung linderte am Abend der heimgekehrte Hat er sich bisheri- eingebilbet, ein ; Gendarm Lampl, welcher von der rath selhaften Geschichte wenigstens so viel E weiß, daß hie und da an Wegweisern ; und Einödhösen dieZeichen ]][[ und « ? beduten, es kämen hier Gent-armen des - öfteren vorüber, was also einer War nung für das kreuzende Bettlervolk gleichkomme. Der Postenführer staunt mit offenen-. ; Eine solche Kenntniß und; Munde. enorme Intelligenz hat er seinem Un tergebenen wahrlich nicht zugetraut, und » es unterliegt gar keinem Zweifel, daß , Lampl in dieser Beziehung mehr weiß als der Vorgesetzte Und der Gendarm iiigt bei: »Der Herr Vostenfiihrer kann beim Lederer und Bäcker in See vorf zwei Zeichen sehen, ich weiß aber nur, daß ein Kreuz so viel bedeutet als: Dei-kriegt man kein Almosen." Hastig rief ver Ehrf: ,,Kummen S’! Das müssen wir anschauen!" oder iiebl mußte der vom weiten Pa trouillengang ermüdete Gendarm den Vorgesehten zu den betreffenden Häu serorä führen. ;ÄÄ:- L-«-·-1- L-- QLJ--f--.-s s-I---. T T Wohl I i ! i antun-H thue-U »An-:- Uuuxkquus ists-« de5 Zeichen neben der Hauf-thun -. " Um sich über dessen Bedeutung zu ver getvissern, ruft Wimlatii den Bäckermei- « ster heraus und srägt den Erschrockenem s ob er den Bettlernund Handwerksbur schen Almosen verabreichr. Der Mann verneint die Frage, er gibt nicht-, da ja das Ortsgeschent im Gemeindehause an " Bedürstige verabsolgt werde. »Also haben die Fechtbriider Jhnen J dieses Zeichen ans Haus gemacht?" ; meinte der Postensiihrer. . »Keinen Schein! Das habe ich sel- , ber hingemacht! Seit der Zeit wird bei I mir nimmer gebettelt. Die Walzbrii- l der wissen schon, daß da nichts gegeben z wird, und fragen auch nimmer nach-« Wimlatil notirte dies- Auskunft sorg- ; fältigst. I Dann begeben sich die Gendatmen zum Lebens-, an dessen Haus folgendes Zeichen zu sehe-n ist: § » Lampl tennt die Bedeutung dieses Zeichens nicht; er fragt daherdie Frau des Lederers, die nicht wenig entsetzt ist iiber den Doppelbesuch der gefürchteten Gockelsedermiinner, ob und was sie sech tenden handwerlsbukschen zu geben pflege. « «Jscht denn das verboten?« schnitt tert zähneschebbernd die arme Frau. »Nein! Geht uns gar nichts anJ Aber wir wollen wissen, ob und wasSie i hergeben, wenn ein »arm« Reisender« T vorspricht!« « »So was! Bin ich erschrockenl Ja, wissen S’, Geld geb’ ich nie, das ifcht i rar. Aber ein Stückl Brot, oft ein ferl Sappen oder sonst was zu en, Esset-' ich schon, W einer schön bit OTHERWISE-T » nur Eßwaare verabreicht. . Wimlatil srohlockt. Kennt er doch schon am ersten Tage gleich zwei Bett lerzeichen Sein höchstes Bestreben soll sein derlei Wappen nun schörsstens zu kontrolliren und womöglich ans solchen Gaunerzeichen die Absichten der Stroh che herauszusinden und die sahtenden Gesellen zu überlisten, zu verhaften. Gelingt das nur ein einziges Mal in ei nem schönen Falle, so sind damit alle bisherigen dienstlichen «Nasen« getilgt es wird ein Avancemet geben, derWacht meister« ist dem bisherigen Postsiihrer ; sicher. Mit der Zinteniontrolle baperte es aber gar bald, denn in ganz Seedors war keines mehr aufzufinden Doch eines Tage-J gewahrte Pane Wimliatil ober der Eingangsthijre zum Karlwirth ein schmale5, verwittertes Brettchen, auf welchem in deutscher Schrift die Buchstaben standen: 773 DJA -B 4Zi DJA B thSAB erSABsZHZZ « B e B F R S ; Schier hatte der eifrig: Hüter des? Gesetzes das Dienstgewehr fallen lassen ! vor Ueberraschung Das ist zweifellos ; wieder ein Bettlerzeichen oder gar ein - bedeutsamer Gaunerzinten Nur ist dabei höchst seltsam, dasz dass verdächtige Brettchen an einer so auffälligen Stelle sich befindet, und sonderbar ist es daß Wimlatil, der doch häufig beim Karl wirth eintebrt dieses Brettchen noch nie mals wahrgenommen hat. Allerdings konnte dieser Umstand damit erklärt« werden, daß dem Postenfiihrer ja erst vor wenigen Tagen die Augen in Bezug aus Bettlerzinten geöffnet worden sind, sein Blick jetzt erst geschärst ist aus diese ; Gaunerannonren im Hochland « Jm Flur traf Wimlatil den Karl wirth den er hastig fragte, seit wann er das verdächtige Brett oberhalb der Ein gangsthiir habe Gelassen erwiderte der Wirth: »Sel! ischt schon bei Vaterszeiten droben ge wesent« Das schwächt nun die Bedeutung we sentlich ab, doch wer weiß, ob der Wirth nicht lügt. Jn solchem Falle konnte die Diebsannonce doch noch aktuell fein. Und unbedingt muß der Inhalt der ge heimnißvollen Buchstaben herausge bracht werden. Wie nun der Postenfiih rer die Zeichen sorgsam abschreibt, meint der Wirth: Plagen S’ Ihnen nicht, sell Zeug haben schon gescheitere Leut’ wie Sie studirt und nix heraus gebracht. Bloß einer, ich glaub’, er war aus Weimar, der hat es herausgebracht Aber ich mein’, die Gendarmerie geht es nix an. weil die G’schicht’ schon so et liche hundert Jahr’ her ischt. Wenn S was Nähereg wissen wollen, der Herr Pfarrer hat eine Abschrift davon.« Die Sache interessirte den Posten- - siihrer so gewaltig, daß er auf das Viertel Wein derzichtete und sich eiligst nach dem Pfarrer begab. um Aufklä rung zu bitten. Die Häuserin wollte-. Anfangs nichts wissen; der Pfarrer stu dire gerade an der neuen Predigt. Doch Wimlatil setzte jetzt die Dienst- E miitze aus —- im Dienst versteht er tei nen Spaß —, und dienstlich forderte er, sofort den Herrn Pfarrer zu sprechen. »Ja, wenn's-dienstlich ischt, kannst nix machen!" meinte die Haushalterin : meldete den Gendarm· Gleich darauf ward Wimlatil in die Stube des geistlichen Herrn eingelassen. Der Hochwürdige Herr erhob sich vom Schreibtisch und fragte höflich: »Was wünschen Sie? Kommen Sie in dienst lichen Sachen?« Etwas betreten ob des kühlen Em pfanges erwiderte unsicher der Posten fiihrer: »Bitt’ ich schönste-is Herr Pfar rer! Komm’ ich schon wirtlich im Dienst! Hals ich gehört vom Karlwirth, was hat sonderbares Brettl oberhalb der Thür sagte er, Hochwürden hätten eine Ab schrift von der Geheimnißt Bitt’ ich schönstens um Verweis!« Der Pfarrer schmunzelt und sagt: »Um einen Ver-weis brauchen Sie wohl nicht eigeni zu bitten, den lriegen Sie sicher wenn Sie jene Zeichenangelegen heit «dienftlich« Jhrer vorgesetcten Be hörde vorlegenP »Mir Ich, Vert Pfarrer, vm ich im ; Dienst und weiß ich, was heißt Dienst! i Muß ich schon bitten, hab’ die Ehr! E Bitt’ ich, geben S’ mir die Abschrift, werd’ ich selbiges einschicken Bezirts- ; hauptmannschaft!« « Wieder schmunzelte der Pfarrer und sagte: »Verpflichtet bin ich nun aller: x dings nicht, Jhnen eine gelehrte wissen- i schaftliche Darlegung über eine völligl harmlose, mit der Sicherheitöpolizei in ; gar teinem Zusammenhang stehende An- » gelegenheit auöznfolgem Jch will mich z aber nicht dessen weigern und mache nur - zur Bedingung, daß ich die Abschrift je- i net Forschung unbeschädigt wieder zu tiickerhalte.« " »Geben S’ nur her, hochwürdem Auf Bezirlöhauptmannschaft wird nix ge llecksi. Wird schon schön tommen zurück. Muß ich recherchieren, hilfte nixi Dienst ise Dienst!'· Der Pfarrer holte nun ein säuber lich geschriebenes heftchen aus-einer La de seinesArbeitstisches hervor und über gab es dem übereiftigen Mann fiir O:d nung und Sicherheit. Wsürdevoll der Wichtigkeit des Au genblicks sich voll bewußt, nahm Wim til das heftchen entgegen und steckte et in die wihe Diensibtieftaschr. »Pfehl’ mich, here Pfarrer. Ne en nt übel, bin ich im Dienst! Dten ife Faust Dieneri« nnd Miste-Te ver Geister- M W froh. Unterwegs wollte Wimlatil n t Einblick in die Schrift nehmen, aber m der· Diensiwohnung angekommen, wars er die Armatur schlankweg auf das Bett, » was eine Dienstreglementverlehung hö ? herer Art ist« und machte sich über die Schrift. Ein Fluch des Aetgerö und der Ent täuschung erdröhnte im Zimmer. Die »Schrist ist in einer fremden Sprache abgefaßt, es siebt so aus, als wenn es wäre in der Sprache. in welcher die Geistlichen die Messe lesen. Das ist sa tal! Entweder bat sich Hochwürden ver griffen, ein lsches Heft hergegeben, oder er bat si einen Spaß erlaubt, und das ist eigentlich in diesem dienxisichen Fall eine Berufsbeleidiaung. Wimlatil vergleicht seine Kopie mit den Zeichen der fremdsprqchigenschrifh sie stimmen. Also ist die fremde Spra che im höchsten Grade verdächtig, es wird sich trotz aller abschwiichendenAuss reden um eine Gaunerannonce handeln, und das muß sofort der Bezirks-haupt mannfchaft gemeldet werden. Wieder ward geschrieben, eine An- « zeige, strotzend vor Wichtigleit und fu- . ßend auf dem jüngsten Befehl der Be hörde« und die Schrift über das hoch verbdchtige Gaunerzeichen am Karl-: wirtkglsause beigefügt mit der gebor famiten Bitte um weitere Befehle. Der dicle Brief wurde zur Post gegeben. ; Wimlatil athmete wie von schwerer Last befreit ans und widmete sich dem Pa trouillendienst, der sich turnusgemäß jede zweite Woche bis an die Landes arenze erstreckte. ElstesKapiteL Daß die Gegend von Seedors beriich- ; tigt ist durch ihren übergroßen Segen an Schnee zur Winterszeit, hatte Lina k schon in Jnnsbruck gehört, als in der Postdirettion bei der Vorstellung ders Personalreserent äuerte: Seedors sei ei ne Slisiiuser-Poststation. Nun hat aber Lina gar teine Neigung zu solchem Sport, und das Schlittschubhlausen aus dem See ist einstweilen nicht möglich, da der See noch keine ttagsiihige Kruste unhöhe E hat. Dasiir schneit es seit Tagn, und ; die Schneehöhe hat längst die überschritten. Jn den Hausgärten kann ten die Dörsler ihre Obstbiiume und Ge sträucher durch Schneeabschlagen retten, in den Wäldern aber richtete derSchnee druck schweren Bruchschaden an, das weiße Geslock vernichtete das Stangen holz und riß selbst von Hochstämmen dicke Aeste ab, so daß mancher Wald aussah, als habe der Tod in ihm ge wütheL Seedors steckt schon über zwei Meter im Schnee und hatte über Nacht ein seltsam verändertes Aussehen erhalten. Es sror nämlich in jener Nacht tnapp vor Weihnachten, der See ging zu, und da es aus die Kruste slott herniederwir belte, so erschien der Wasserspiegel ge nau so wie die verschneiten Wiesen, ——— der See ist verschwunden. Alles weiß, eine einzige weiße Fläche, und ringsum die weißen Berge. Das Gelände von Seedors istnicht mehr zu erkennen, alles verändert, und wie weggeblasen der Zauber, den der See ausübt zu som tnerlicher Zeit Jm Schnee mindert sich der ohnehin wintersiiber geringe Vertehr zum ein maligen Postholem der Postsepp hat das Vergnügen, Morgens hinunter zur Bahn durch den Schnee zu waten und Nachmittags den Steilhang wieder her auszutlettern. Durch die Gassen von Seedors — es sind ihrer wirklich zwei, und etliche hiihnerstiege —- muß man waten, eines hinter dem andern. Ausge fchauselt ist der Platz vor der Kirche, vor den zwei Wirthshäusern und vor dem Widurn. Vor der Post ist solche Dotierung nicht getroffen; die alte Post rneisterin huldigt der praktischen An sicht, daß das Publiluin den Schnee nur wegtthen solle. —--.-« .—- LIL—.-c«!c. LE wusj un ucl ums-incl- Oujnccyugc Plc l Damenmelt überhaupt halt-gefangen i ist, begreift sich leicht. f Fraulein Lina, an Bewegung wie an T Luftfchnappen in der Bergwelt mian gend ausgeivöhnt, empfand das Pen deln zwischen Kanzlei undEßftule höchst unangenehm und fühlte sich wahrhaftig als Gefangene des Posthause-Eh An ein Schneewaten ift nicht zu denken, und ei nen Schneepflug lennen die Seedorfer taurn dein Namen nach. Wozu auch? Jtn Mai helf:n Föhn und Regen fchon den Schnee wegbeißen, und einen Winter vorn Oktober bis Mai ist jxder Sechst fer ja gewohnt. Jn der Poftlanzlei war es einigeZeit recht ruhig, daher Lan genau nach der Manipulationsinstruttion alle Proto tolle und Formularien durchgehen, die Journale revidiren und ihre Kasse in die peinlichste Ordnung bringen konnte. Vor Weihnachten aber steigerte sich trotz des enormen Schneefalles der Verkehr. Sepp wird die zur Poft eingelieferten Packete nicht mehr schleppen lönnen, und es wird wohl oder iibel vor dem Feste per Schlitten zur Bahn gefahren wer den müssen. Einer entsprechenden An regung gab die alte Poftbäuerin über raschend schnell Folge; sie hat vom les ten Hasele noch Berdauungsbefchkverden » und fügt sich so ziemlich ergeben in die »als unvermeidlich bezeichneten Anord nungen des Postfräuleins. Nur den verlangten Schneeabstreifer fiir das Publikum bewilli te die Alte nicht« weil -sie den Rohen ni t einzusehen vermoch te. Yakhusi-site Post lernme Publi inn a o n ger nge in die Kauz-let ehleppte undsich auf M u oben elbeu ganze Mwll set W, das die alte Postmeisterin um so weniger, als sie hübsch warm am Ofen ihrer Privat ftnbe saß. Die Hanzlei lkabe seht eiserne Laden, da sei ein Schneeabstreiser völlig iiber lilssig. Was wollte und lonnte das Post fräulein machen? Es hieß eben die La chen aufwischen und zwar in eigener Person. Das ist eine hübsche Abwechs l lung im postamtlichen Manipulations »».---«- .-... »..--.-....«.-.-·.- —- ..--—-.. . , dienst, bei welcher man sieh aber nicht. E vom Bauernpublilum erwischen lassen « darf, denn sonst ist jeder Respekt un wiederbringlich verloren. Just hatte Lina eben wieder so eine Schmelzwasserpfiihe mit Rupfenfehen aufgetuntt, da torlelte ein sichtbar-lich» weinfroher Einödbauer in die Posttanz lei und fragte, ob er da recht sei bei der Postfriiulein i »Jawohl, Sie wünschen".’« ’ »Je, ischt das aber eine g’schmerzte Person! Die redet mit mir ver Sie! Sell leid’ ich nicht, du kannst schon auch Tu zu mir sagen, du fade Norteu!« » Nach dieser vielvetfprechenden Ein- T leitung griff der Bergbauer in den Sack, ; nahm eine Handvoll Kleinmiinze undå etliche Gulden und warf das Geld auf den Amtstisch »So," sagte er, »dös ge-« , hört dem Wastei z"’ Grub!« - Gelassen bedeutete Lina dem Verwil- z« derten, daß zum Geldverfchiclen einez Poftanweisung gehöre, welche der Aus- j geber auszufüllen habe. ; »Was, i? Scll mußt du thoan!« schrie ; der erboste Bergler. ? »Können Sie nicht schreiben?« i »Wohl! Können tbu ich schon, aber nicht mögen! Zu wag is denn so eine herrische G’sel1in da in der Post?!« ; Nun gab ihm das Postfriiulein das J Geld zurück und eine Anweisung dazu ; mit dem Bemerken, daß Anweisungen ; nur für Leute, die des Schreibens un- ; tundig find, von der Post ausgefüllt; werden dürfen. Der Einöder schimpfte , l fürchterlich. mußte aber mit seinemGeld unverrichteter Dinge wieder abziehen. - Gleich darauf lam der Dorsschmied S mit· einem Packet Rauchsleisch das an ? seinen Sohn nach Brier geschickt wer- Z den solle. Lina wollte dem gutmüthigen z Menschen teine Hindernisse bereiten, z obwohl das Packet arg rußig war und : die, Begleitadresse fehlte. Sie sagte da- L her: «Jscht recht, loftet fiinfunddreißig J Kreuzer!" s Im Nu war die Gutmiithigleit des ; Schmieds verschwunden. i »Was, fünfunddreißig Kreuzer?! ! Wenn eine Kraren bloß zwanzig Kreu- ! zer Traglohn bis aus die höchste Alm toftet! Fallt mir nicht ein! Da mußt schon was nachlassen! Mehr wie flian zehn Kreuzer zahl’ ich auf teinen Faul« »Das geht nicht! Aus der Post wird nichts abgehandelt! Entweder franliren Sie das Packet, oder es geht überhaupt unfranlirt. Dann muß der Empfänger das Porio und den Strafzuschlag be zahlen!'« »Wär’ nicht übel! Mein Bub ifcht noch nie bestraft worden. Jch lass’ ihn auch nicht von der Post strafen!« Wohl eine Viertelstunde lang bemüh- ' te sich das Posrfräulein, den Mann zu belehren, aber es nüßte nichts. Ent riiftet iiber solche Schilaniererei. trug der Schmied sein Packet wieder nach Hause; er wird es durch den Jung-bru cter Boten befördern lassen, und wenn « es jetzt einen Gulden kostet. So lani denn der heilige Abend, der Vortag des Weihnachtgfefteg. Draußen in der Bergwelt ist Frostwetter mit Ne bel eingetreten, der Schneefall hat nach gelassen. Jn der Kanzlei sind schon ge stern mindestens sieben Pariere eingelu fert worden, eine nur mit dem Weih nachtssest ertliirbare große Zahl, über welche Lina im Gedanken an den Nie senvertehr in großen Postiimtern schmunzeln wiede, wenn diese wenigen Postpaetete nicht einen nichts weniger denn lieblichen Duft ausathmen wür den. Da duftet es nach Käse, Wagen fett, ranzigern Schmalz und dergleichen, so daß Lina recht gern bei lalter Tem peratur amtirte und die Fenster of fen ließ. Am frühen Morgen fuhr Sepp das Zeug im Handschlitten hinunter zur Bahn. Um acht Uhr öffnete Lina die Kanzlei. nachdem sie die auch zumNacht auartier dienende Stube vorher in Ord nung gebracht. Wenige Minuten nachher trippelte ein altes Mütterchen herein und legte ; settiges Papier gehüllte Schmalznudeln I aus den Amtstisch, nach höflichem Grusz j bittend: »Geh Postsriiulein, bischt schon - so gut und schickst es gleich sort. Weißt, es sind Weihnachtstiichelchen, aus die freut sich der Michel schon in Wean mor gen zu der Hamursuppen!« Massee wird vielsach im österreichischen Gebirg humorsuppe genannt, weil der rare theure Kassee einen guten Humor er zeugt.) Linn muß hell auslachen und meint: Mag-er Mutterl! So geschwind geht das ni t." »So, nicht? Dann magst halt du nicht! Schau, wenn du nur ein bissel magst und einen guten Willen hast« so können die Michel ganz gut noch warm in Wean ankommen, und ’m Michel seine Freud' wär halt dann noch viel größer!« »Geh’, Mutterl, hab’ ein Einsehen! Von Seedors bis Wien braucht das Pa cket mindestens achtzehn Stunden. Der tveil müssen die Michel lalt werden!" »So meinsM Dann telegraphirst halt die Michelt«· Lina schüttelte sich vor Lachen. »Was lachst denn so dummt« »Aber schan, Mutterlt Wir haben ja ar keinen Telegraphen im hiesi en käm-en Das kommt vielleicht nlich es »Sei Ra, sell muß ich schon sagen, es ischk a Schlampereii Aber da hast ) die Adresss schick halt die Michel mit der , Post, wenn es nicht anders geht«. Da j mit reicht das Mütterchen einen Zettel hin, auf welchem einfach steht: »An s meinen lieben Sohn, Soldat in Wean.« Vergeblich bemühte chLina,·darauf . hinzuweisen, daß die tadt Wien viele Tausende Soldaten beherberge und es ; ganz unmöglich sei, mit einer so unbe stimmten Adresse just den richtigen Kit chelempfänger herauszufinden. Spih erwiderter das Mütterchem »So, meinst? Das wär’ noch schöner! Die Kaiserlichen haben meinen Buben sogar z’hiichst droben in der Einöd’ an der Grez’ herausgefunden von wegen der Militiir. Und jetzt thun sie als kenn ten sie ihn nimmer, weil sie ihn ins Kai ittltche Klüftl lKleidung, Uniform) ge steckt haben! Na, na! Sell glaub’ ich nicht! Du magst nicht, das tenn’ ich schon! Du willst halt. weil Weihnachten richt, ein Trinkgeld haben, das merk« ich! Aber schau, Posterin, ich bin halt ein armes, altes Weib und lann nicht mehr entbehren als zehn Kreuzer. Weißt, der Gulden, seller war mein einziger und letzter, liegt bei den Kücheln und gehört dem Michel bei der Militär auf mor gen zu einem Virschtele Wein zum hei ligen Feiertag!« Ganz weh und weich ward es Linn um’s Herz bei solchem Hinweis auf die Weihnachtszeit, deren Zauber sich ja auch auf einsame, schier verwilderte. rauhe Bergmenschen erstreckt. So schiebt denn das ebenfalls einsame Posthau lein die zehn Kreuzer Trinkgeld dem Mütterchen wieder zu und beginnt das Ver-hör zur Ermittelung der Adresse des nudelsehnsiichtigen Sohnes in Wien. Lina fragt: »Wie schreibt sich dein Sohn?" »Sell weiß ich nimmer genau, es ischt schon zu lange her.' »Wie heißt du selber, Mutterl?« »Ich hab’ ehnder (friiher) Lungen berger Kathi geheißen.« »Wie heißt du jetzt?" »Ach mein, jetzt heißen’s mich halt die Feichtenwab’n vom Einödhof.« »Hast du als Dirn’ Lutzenberger ge heißen?« »Na.·' »Wie denn?« »Wie meine Mutter.« « »Und wie hat deine Mutter geheis szen?« »Gewiß weiß ich das auch nimmer. aber so was dergleichen wie Aulenthas ler.« »Als-) heißt dein Sohn Luhenbers ger?« — »Sel! möcht’ er wohl, aber es ges nicht!" »Warum denn nicht?'· »Weil er ein lediges stind ischt.« »Alle heißt er Autenthaler?" »Wie du halt meinst, mir ischt es schon recht. Wenn nur ’s Saal hin tommt!« Lina noiiri sich den Namen und wie derholt ihn zur erhöhten Sicherheit: »Autenihaler«. »Na, na, weißt, auf den Namen hör( er nicht, er heißt Micheli« »Mir die Geduld mit Bergrnenschen nicht verlieren«, dentt sich Lina und no tirt: »Michael Auienthaler". Dann forscht das Postfrtiulein nach Regiment, Kompagnie, Raserne, doch all das weiß das Mütterchen nicht, die Feichtenwab’n bleibt dabei: »Ja Wean ischt er Sol dat, und die Post wird ihn schon fin den!« t Schon will Linn das Forschen als aussichtslos aufgeben, da sollte ganz un erwartet Hilfe tommen. Jn die Kanz lei tritt ein seschesBergrnädeL das heißt, von der Feschlzeit merlt man nur im allerliebsten Gesicht etwas; sonst ist die ganze Person vermummt gegen Kälte und Schnee, sie müßte erst aus dem Wust von Kotzen und Kitteln heraus geschiilt werden. Wie die hübsche Person das alte Mütterchen erblickt, entsährt ihr ein leiser Schrei der Ueberraschung, und in arger Verlegenheit will das Dirndl die Posttanzlei unverrichteter Dinge wieder verlassen. »Halt, Burgl!'« schreit das Mutterl, und saßt das Mädel am Kittel und hält es sest. »Halt, Dirndlt Hast du ehnder eine Gspusi g’habt mit meinem Michel, mußt seht schon aushelsen mit seiner Adresz’! Jch hab's vergessen, du weißt aber ganz sicher, wo er ischt in Weant« Ergliihend vor Scham, wehrt sich Burgl löwenmäßig und zetert: »Lasz mich aus, Mutterl! Wirst decht nicht lauben, daß ich red’ vor der Post Friiuleint Die Schand darsst mir nicht onthun!« »Ich bitt’ dich, red’, Burgl, sonst lriegt der Michel die Weihnachtstitchel nicht.« »Na, na, diePost braucht so was nicht zu wissent" Lina legte sich in’s Mittel, sie er lennt, dosz Vermittelung nothwendig ist tschen dtesen Naturmenschen. Sie agt: »Die Burgl hat ganz recht, die Post braucht so was nicht zu wissen! Was will denn die Burgl von der Posti« Zögernd larn es nun heraus: einen Silbergulden möchte sie dem Michel schi- . Ientziu Weihnachten aus einer Ansichtss or e. «hast eine Postantveisung?« »Wir half ich!« »Na, gieb her den Gulden. Die An aeistäi wåll R schoyziugirldich schrei n. o: n ern ae Autent - ler« Soldat .« h« Errdthend lispelt das Mädel: »s. Kumpqni. stossouet Kaserm Maass .GMWMI Mit-) «