Frau Bankier antwig. Lümmel-Roman von Friedrich Thieme. (16. Fortsetzung.) »Ich bedaure, in wesentlichen Punk ten einer abweichendenMeiuung Worte leihen zu miifsen,« begann !-er Prcses sor mit einer verbindlichen Verdru gun gegen seinen Kollegen Bittmanm »« n was die Frage der Sag-Jesu bilitiit anbelangt, komme ich In ter and meiner Experimente zuwider pre nden Resultaten. Herr Profes or ittmann bezeichnet als Vorbe dingun des Gelingens eines hin-noti chen Zersuchs eine anhaltende An pannung der Aufmerksamkeit, er häit asür, daß ein Mensch überhaupt nur mit seiner Bewilligung, wenn ich so nennen dars, hypnotisirt werden lann. Nach meinen Erfahrungen ist indes treder letzteres »der Fall, noch ist die behauptete Anspannung der Aufmerk samkeit erforderlich Außer den somet tischen (torperlichen) Mitteln zur Er zeugung der Hypnose, dem Fixiren länzender Punkte, dem Streichen der gnetiseure und so weiter vermögen wir auch psychische mit vollkommenem Erfolg anzuwenden. Mir ist es nicht blos einmal gelungen, Personen, von denen ich noch gar nicht wußte, ob sie überhaupt empfänglich waren, durch bloßes Zureden oder die Erweckmg der Vorfall-.an daß sie bereits schlie en, in hypnotischen Zustand zu per etzen. Zweisellos begünstigt tuå will iihrige Entgegenkommt-. des-Versuchs objeltes das Gelingen eines Versuche-T aber als eme unerläßliche Bedingung möchte ich dasselbe nicht hinstellen. Leb afte Gefliister unter den An wesenden. Doktor Böhring tauschte mit seiner Klienten einen beziehungs vollen Blick aus. Der berühmte Hopnotjseur sunr fort: »Die Suggestibilität des Men schen ist überhaupt größer, als man gemeiniglich annimmt Allerdings-, Kinder, besonders kleinere, und Gei steåtranke sind so qut wie gar nicht file die Suggestion zugänglich, auch habe ich die oft behauptete besondere Ern pfänglichteit neroöser und kmsterisctier Personen nicht bestätigt gefunden. Wie groß die Zahl der bhonotisirbarenPer: siknen ist, läßt sich wohl in Procenten, wie man versucht hat, überhaupt nicht gut fixiren, die Hälfte der Menschen ist aber wenigstens in bhonotischen Schlaf zu versetzen, wenn man die Versuche nur mehrmals wiederholt.« »Zwischen den Hobnotisirten besteht aber doch ein Unterschied in Bezug auf die Tiefe der eingetretenen Bewußt seins- und Willensstörung?« Allerdings-. Ein Theil davon ver sallt nur in tiefen Schlaf, bei andern gelingt es dagegen. nicht allein Kata lepsie, sondern auch Autoinatie oder gar- völlige Aufhebung des Urtheils bermöaens und Willens zu erzeugen« »Seht wohl; aber gehört nun Frau Hartwig auch zu den letzteren —- die Frage ist es, deren Beantwortung wir in erster Linie wünschen müssen« forschte der Vorsitzende gespannt. »Nach dem bloßen äußeren Eindruck kann ich das nicht sagen. Ich bin aern bereit, mit der Dame einen Versuch vorzunehmen; da sie, wenn ihre Erzäh lung der Wahrheit entspricht, schon des öfteren hypnotisirt worden ist, müßte das Experiment ja irohl von Erfolg begleitet sein« »Wir werden ·nachb,er darüber Zu befinden haben, ob wir Ihr Anerbie ten acceptiren, Herr Professor. Zuvor derst noch eine Frage: Glauben Sie, daß der Vorgang in der von der Be klagten geschildertenWeise an sich mög lich ist?« Tiefe Stille. Ungeheure Spannung in allen Blicken· Der Professor erwi derte: « »Jawohl, er ist möglich« Die Richter wechseltenBlicke des Er staunens. Unruhig erhob ich mich von meinem Platz. Jch wollte dem Spre cher näher sein, um keinen seiner Aug spräche zu verlieren. »So« glauben Sie an eine suageftive Fernwirkung?« nahm Doctor Böhring mit einem vielsagenden Lächeln das Wort. »Nein· Ich zweier ebenso wie mein Herr College so lange an der Existenz einer so unheimlicher-. Kraft, als es keine andere Gewähr dafür giebt als die Wnothese einiger leicht entzünd licher Magnetiseure, oon denen sich - manche wohl. nur zu betrügerischen « « Isan eine so erstaunliche Fähigteit , anmaßen.« »Damit fällt indessen der ganzeAus sen der Beklagten in nichts zusam M.« hielt ich dein Professor aufgeregt "» »Du-Esaus nicht-here Rechtsanwalt. Der Vorgang ist recht wohl denkbar, M often die Annahme der suggestiden W —- es genügt schon allein I ziehe-»in posthyensttscher « M« um ihn zu ertlären.« M die mangelnden spinnt-inhalt K Dfer Sachverständige schüttelte den op . »Ich zweifle an dieser Fähigkeit durchaus nicht,« entschied er mit ein drucksvoller Miene. »Wenn jemand un·-herwandelt, so ist er eben somnanp bulistisch —- wer will beweisen, daß er vorher schon mit diesem Uebel be haftet gewesen sein muß2« Der Vorsitzende forderte daraus den Professor auf, den Oersanex, wie er sich ihn darstelle, zu beschreiben. »Das will ich." Professor Olbrich hefteie feine fas cinirenden Atmen auf Michaelat »Gnädige Frau, in den Zeitungsbe richten über den Ptoeeß wird’mitge theilt, Sie feien bereits einmal in Ruszland von jenem Wardoff oder Gembalkly hypnotisirt worden«-P »So ift es, Herr Professor.« »Wie lange ist das her?" »Nicht ganz ein Jahr.« »Wußte dieser Menfch damals-, daß dSie?sich in Berlin niederlassen wür fll « »Nein —- wußte ich es doch selbst noch nicht« »Wann sahen Sie ihn dann in Ber lin zum erstenmal wieders« »Im Ap:il.'« »Ganz recht —- bei jener zufälligen Braegnung im Thiergarten.« »Ja, Herr Professor.« »Und Sie glauben, daß Sie auch damals bypnctisirt worden sind? Täuscht Sie nicht etwa ein gewöhnli ckes Unwalslseim das vielleicht die Wirlung Jbres Schrecks über das plötzåiche Auftauchen Jhres Verfolgers wer-« W..s.—-l— «-—--!—A -Uslu-succu Uctllclstsk« k »Tann.« wandte sich der Professor » wieder aeaen den Gerichtshof, »unter F liegt es- teinem Zweifel, daß die Sita ! gestion — die Wahrheit der Erzählung ruausacsetzt —- an jenem Tage statt sand. Tretet Gembaletn, die Gele aenheit geschickt benutzend, hypnotissrte sie und besabl ihr, in einer bestimmten Nacht und zu einer bestimmen Stunde aufs neue in Hnonofe zu verfallen und ; in diesem Zustand den Diebstahl zu beaehen Die Dame führte, wie eH rsielsach geschieht, die erhaltenen Wei : stingen glücklich aus --— wer weiß, viel leicht suggerirte er ihr auch« um nicht entdeckt zu werden, die größte Vorsicht ran Schlauheit, oder die Absicht, inn selbst aufzusuchen, wag Frau Hartwig ja nachher gethan hat. Wie ich hinzu: fügen muß, zu ihrem Verderben — denn bei jedem dieser Rendezvous sug gerirte er ihr die nächste Hypnose mit dem nächsten Diebstahl." Landgerichtsdirector oon Schreiber sah mich mit einem Blick an. als wisse Frllnichh was er von der Sache denken r- e. I »Mir erscheint das sehr unwa r fcheinlich,« erwiderte ich als Antwort daraus. Der Vorsitzende nickte. »Ossen gestanden, auch ich vermag neinen Zweifel nicht ohne weiteres zu unterdrücken, Herr Professor — eine so wirkende straft ginge doch zu weit. We bliebe da alle Sicherheit und Ver antwortung?« »Herr Director,« antwortete der Professor, »ich verhielt mich so skeptisch nie Sie, bis ich mich an der band der Thatsachen überzeugte. Auch ich easi tulirte, nur zaudernd und Stück siir Stück. Jch weiß recht gut, unser Jn mregz sträubt sich gegen die Anerken nung einer Kraft,der gegenüber unsere qitriiumteWillenssreiheit in nichts Zet slieszt. Heute tann ich Ihnen sagen: Ereignisse, wie die hier in Frage ste henden, gehören noch gar nicht zu den absonderlichen Jch versichere Jhneu, der annotiseur hätte Frau Harttoig zwingen können, die Diebstahle in wa chendem Zustand bei vollem Bewußt sein zu begehen, wenn er nicht vielleicht in diesem Fall diesversriihteEntdeckung gescheut hätte.« Das Staunen im Saal nahm über hc.nd. Professor Olbrich, ohne sich be irren zu lassen. snhr fort: »Das Wesen der posthhpnotischen Suggestion bringt es mit sich, daß, wenn auch die Erinnerung an den er haltenen Auftrag fehlt. derselbe trotz dem pünktlich ausgeführt wird. Nicht bloß, wie es hier geschehen, nach Tagen oder Wochen, nein, sogar nach-Mona ten, nach einem Jahr. Bernheim giebt in seinem bekannten Wert eine Anzahl erstaunlicher Beweise hiersiir. Einem alten Sergeanten—— um nur einen Fall anzuführen — wurde im August 1883 suggerirt, er solle an einem bestimmten Mittwoch im October zu Doktor Lie beault gehen, dort würde er den Präsi denten der Republit finden, der ihm eine Medaille und eine Pension verlei hen werde. Der alte Seraeaot erschien in der That und sprach im Zimmer Doctor Liebeaulti mit dem Präsiden-· ten, obgleich in Wirklichkeit gar Rie mand vor ihm stand-« Aus Wunsch des Anwalt« meiner Gegnerin erst-il Tät-sähest Olbrich noch mehrere nl hielt aus seiner nnd der Praxis anderer « " ask-« n www-e- er u- , . » . ·’ klthkj : ! , . s , . I « Mit unbeschreiblicher Spannung lauschten wir den räthselhasten That fachen. Dann ergriff ich das Wort: »Nach Ihrem Referat, Herr Professor. läßt sich wohl die Möglichkeit derartiger Phänomene kaum mehr in Zweifel zie heu, nur erscheint mir der Umstand der Erörterung werth, ob in der That die Zeitdauer einer kurzen Begegnung aus der Straße zur Erlangung eines Re sultats, wie das in unserem Fall zur Würdigung stehende, hinreichend ist? Wie lange dauert es im Durchschnitt, ehe ein Mensch in Hypnose verfällt?« »Das ist sehr verschieden, Herr Ju stizrath. Bei großer Uebung oder wenn man schon wiederholt hypnoti: sirte oder besonders empfängliche Per sonen vor sich sieht. gelingt das Expe riment oft schon in drei bis vier Mi nuten. Bei hochgradiaer SuggestibisI lität erweist sich ost schon die Vorstel lang: »Ich werde hypnotisirt werden« cålslintensiv genug zur Erreichung des Je s.'« Doctor Böhring stellte hier in aller Form den Antrag, an Ort und Stelle die Suggestibilität der Beilagten durch ein von Professor Olbrich vorzuneh mendes Experiment festzustellen. Der Gerichtshof zog sich, da ich nicht wider spruch, zur Berathung zurück und ver liindete nach längerer Abwesenheit den Beschluß, dem Antrag zwar stattzuge ben, die Oeffentlichteit aber siir die Dauer des Experimentes auszuschlie ßen. Höchst mißvergniigt und wider willig räumte das Publicum seine Plätze, getäuschte Erwartung spiegelte sich in allen Zügen Jch befragte mein Chronometer, es war sieben Uhr Abends. Eine schwüle sengende, mit Kohlensäure überladene Atmosphäre, in welcher das Licht der Lampe merklich trüber brannte. Alle Betheiligten blaß, überreizt, nervös, infolge der anstrengenden und ausre genden Verhandlungen Jeder von rns in einem außerordentlich impres siblen Zustand, der uns-?- geneigt machte, das anzustaunen, was uns sonst viel-« leicht absurd erschienen wäre. Der Herr Professor hätte sich tein empfäng licheres Auditorium stir sein Experi ment wünschen können. nDer Gerichtsdiener schlcß alle Zu gange zu dem Gerichtszimmcr von in nen ab, um jede zudringliche Störung zu verhindern. Proiettor Ulbrich richtete hieriiui die Fiaae an Michaela ab sie bereit sei. »Ja« Trie schöne Frau verließ ohne Lrsaern ihrenZiuhl und trai neben dcii Giberiincntaton Nachdem dieser sie eine Sekunde lang mit prüfendetnBlict betradiiet, erariff er ihre Hand und hielt sie eiiiiae Augenblicke schweigend in der seinen. »Hei-rei- Llnaabe nackt, anadige Frau, lxat sich jener Gembalgln ausnahmslos pshcixifcher Mittel bedient, um denLiiw tritt der dhnpnose bei Ihnen zu bewir ken —- ich werde daher mit Ihrer tFri lcubniß dieselbe Methode zur Anwen dung bringen« Michaela niikte nur leicht. Allkr Augen waren aus sie geheftet. sie schien äußerlich gefaßt, ja ergeben wie in ein unerbittliches Schicksal,aber ihr Gesicht widersprach sich selbst durch seine Mai mrrblössr. Wieder blickte der Profes sor sie an, diesmal seit und anhaltend. »Bitte, sehen Sie mich an.« Sie begegnete seinem Blick mit der ganzen Energie ihrer großen, tlareii Augen. und wohl eine Minute lang tam es mir fast vor, als gelte es einem Kampf zwischen diesen beiden importi renden Augenpaaren, als strebten sie, einander gegenseitig zu überwinden. Tiakjenige Michaelas leuchtete, blitzte sorrnlich, dasjenige des Prosessorås blieb fest und kalt, aber es spiegelte sich die Gewißheit des Siegeå darin. Jn den-Augen der jungen Frau glühte das Feuer eines entschlossenen Cho racters, in den seinigen die straft und Allgewalt eine-Z eisernen Willens. Ich hatte mich so gestellt, daß ic: beide zu beobachten vermochte —-—, ich nsuß gestehen, ich sand es selbit schwer, lange Zeit dein faseinirenden Einilissz der Augen dieses Mannes zu widerste hen, obgleich ihre Strahlen nicht die Richtung nach den meinen nahmen. Ich fühlte mich überzeugt« es hinae nur von seinem Willen ab, mich selvit, den trockenen alten Attenwurm. und nicht allein mich, sondern auch meinen .Geaner, den Staatsanwalt, die Rich ter, uns alle zu hypnotisirenl Keiner von uns allen sprach ein Wert, kein Flüstern, kein Geräusch, selbst teine Beweguna störte den Ber treter der Wissenschaft Der Präsident hielt seine Uhr in der hand, um die bis Zur Wirkung verge henten Minuten zu zahlen. Fast feierlich einem-« des Prof-note H Stimme durch das Schweigen: »Sie sind sehr müde, gnädige Frau —- ich weiß es, Sie sind müde ——schl-J sen Sie, schlasen Sie aus der Stelle!" Noch immer verharrte sie mit erho- « denen Brauen, die Lider weit von ein ander entsernt. So wie 'er vor ihm stand, die hohe Gestalt regungslos die Hände aus dem Rücken ineinander ge legt nnd den linken Fuß etwas vor den rechten geschoben, hätt-e sie von Stein sein können und doch nicht we niger Leben in sieh haben, nur tie Brust hob sich in rascherer-i Rhythmus als gewöhnlich- das Spiel der in ihr wo enden, treisenden Empfindungen ver Redend- . .Wu S» die Augen —- Sie nd wilde —- s ten Stel« wieder lte er mit elben beseblenden, ru Sttmne vie v » . hielt seist den s been an, Es war eins der Wer-steilen Schan s Mai-ine- Lebens, dem tchhiet dei « . wohnte, die hohe Spannung des Mo ments durchzitterte förmlich meine Glieder. Fast zweifelte ich, daß es ihm gelin gen würde, über dieses starle Weib u triumphiren —- und doch, dieses We b hatte ein Jnteresse daran, sich besiegen zu lassen; wenn je «-in Versuchöobject, : brachte wohl die Gattin meines Ellen ter. die gute Absicht mit, dem Willen ; des Hyvnotiseurs teinen Widerstand « entgegen zu set-en. Eber durfte man befürchten, wenn alles wahr war, was die Klage von ihr behauptete, Michaela Ri-toinsta würde uns eine Comödie vcrspielen. Aber war das Comödie, ionnte das trelche sein? Daß sie auch im Falle der Simula: tion nicht sofort nacligeben würde, war vors einer so schlauen und zielbewußten Person zu erwarten —, aber vermocht-. sie diesen seltsamen Kampf zu erbeu ckieln, von dem ich Zeuge war? Wieder schaute ich sie an und er tcnnte. daß sie nachzugeben beaann. Ihre Augen hatten sich geschlossen. Und als ob ietzt mit einem Schtaa alle Kraft des eigenen Willens aus ibrem Geist und Körper verschwunden sei. sal, ich im selben Augenblick ihre bisher gispannten Gesichtsmusteln erschlaf sen; ihre Züge verloren den bewußten, geistigen Ausdruck, der eben noch in ilmen sich ausprägtez ihre Hände lösten sicls auseinander und sielen wie rniide an ihren Seiten herab. ,Sie sehen, meine Herren,« bedeu tete Doktor Olbrich uns im Flüster ton, »meine Ausgabe ist durch bloße Verbalsuggestion vollkommen elösi.« Er trat ietzt noch dichter an e ber or, strich ibr mebrere Male mit der Land über die sammetene Stirn, dann legte er seine Hand aus ihr haar, die selbe wiederholt bebend und wieder mit leisem Druck zurückfallen lassend. ,.Schlaien Sie jetzt?« Michaela schwieg. ,,Antworten Sie mir, ich will es ba benXX Schlasen Sie jetzt?« »,.,-.. Ich weiß nicht. ob ihre Stimme in de: That nicht den Klang einer natur licken Stimme besass, oder ob ich mir ei— nur einbildete. Mir schien der Ton wie aus einer gewissen Entfernung herzutommen so sonderbar monoton, fremd und unterdriiclt drang er in meine Ohren. »Es-eben Sie Ihren rechten Arm.« Ihr rechter Arm bewegte sich nackt elen, wie wenn eg der Arm eines Aus trntaten aewesen wäre. »Es ist gut, lassen Sie ihn wieder sxllen.« Der Arm fiel in derselben Weise zu rück, hob sich aber gleich darauf now malS, um sich nochmalk zu senten, und dann ein drittes Mal. »Ist das in Ordnung-Z« fragte der Vorsitzende leise. »Gewiß » e-:- ist eine bei Hypnoti iirten häufig beobachtete Erscheinung, welche der suggestiven oder willkürli chen Unterbrechung oftmals Schwierig keiten in den Weg stellt.« Der Professor fuhr daraus fort: »Betrachten Sie die Dame, ob sie nicht völlig den Eindruck einer Schla fenden hervorruft. Rein Zweifel, daß wir es mit einer völlig echten Hypnose zu thun haben. Possen Sie auf!« Er wandte sich von neuem zu Frau hartwig ,,Gniidige Frau, Sie sind auf einem Balle — warum tanzen Sie nicht? Sehen Sie nicht, daß alle übrigen wal ;,en? Warum wollen Sie allein nicht tanzen? Sie sind eben engaairt wor den — tanzen Sie, tanzen Stet« Unverziiqlich begann die thnoti sirte sich im Walzertact um sich selbst zu bewegen, erst langsam, dann schnel ler, wobei sie Arme und Hände in der selben Weise ausspannte, als umfasse sie damit eine sch mit ihr im Kreise drehende Person, eine Täuschung wel che die Haltung ihres graziös nach vorn gewiegten Hauptes vollständig machte. »Sie hören doch die Musii?« fragte der Professor mit einer Bestimmtheit, die jeden Zweifel ausschloß. »Ich böte sie-« »Man spielt eben den Trauermarsch aus ..Siegsried« -— ach, wie ergrei fend, wie erhaben!" rief der Professor. Sie hielt in ihrer Cirtelbewegung inne und nahm eine lauschende Stel lung an, indeß ihre Züge den Ausdruck hoher Bewunderung darbieten »Herrli l« flüsterte sie wie im An sturen mächtiger Bewegung Jeh muß hier einschalten, daß die Experimente des Gelehrten sich nicht in so unvermittelter Folge vor uns ab spielten, wie sie hier dargestellt werden. Jeder Versuch nahm vielmehr eine ge wisse Zeit in Anspruch,und jeder neuen Probe ing mit nur ein oder zwei Auena men eine Pause voraus. in welcher wie von dem Eindruck des Ge schehenen auszuruhen und unsernGeist ; sin det- nun folgende Schauspiel zu s stimmen vermochten. » ; »Arb, Sie schreiben einen Brief?"« re s dete derExperttnentator die von seinem j Willen beherrschte Frau an« indem er sich den Anschein gab, als sehe er ihr bei der Thätigteit des Schreibens zu. woraus sie unveKitglich den Stücken beugte und den opf vorneigte,·- als« stände sie an einem Pult, während ihre Hund« eine nicht vorhandene Feder hal tend. emsig iiber ein ebenfalls nich vorhandenes Papier fuhr. »An wen ist Her Ortes gerichtet? An Ihren Gat M « it ANYTHING sahn « m m n- ver «--"- eit äcsternk IZehe ntlis drückte cliicseliskeit c . »Ich bin es —- Gott sei Dank —o, wie wie freudig ich es empfinde-« »Dort steht Herr hartwig —« Sie sehen ihn wohl gar nich-ist« Er zeigte auf den Vertreter der Staatsanwattscheft, der vor seinem Tisch stand und mit der Aufregung, die uns alle mit fortriß, die Scene be obcschtetr. »Gewiß sehe ich ihn —- Arthur, lie ber Arthur —« Sie eilte aus den ver meintlichen Banauier u und ergriff in leidenschaftlicher Aufregung seine Hand. Da rief der Professor plöhlich im Jene des Erstaunens: »Aber wie kommen Sie in die Wüste, Frau Hartwig? Nichts als Sand und ? Oede um Sie her —- lein Mensch, tem E Dcrf, fein Haus in der Runde — » fiihlen Sie sich nicht recht einsam2« Sie war von dem Assessor zuriictge treten, stand aufrecht da und ließ ihre Blicke verwundert umherschweifen. »Mein Gott, welche Einöde!« »Dort stehen einige Palmen, da muß eine Oase sein —« »Ach ja —- welch schöne, prächtige Bäume!« »Aber von dorther — was ist das —- gnädige Frau, verbergen Sie sich, wenn Sie tönnen, ein Tiger —- um Gottes willen!« Michaela schaute starr nach der be zeichneten Richtung. Jhre Wangen entfärbten sich, sie begann zu zittern, stief; einen Schrei des Entsetzens aus-. »Hilfe, Hilfe!« schrie sie mit der Stimme der Angst und des Schreckens. Ihr Zustand erschien so gualvoll, ; daß wir förmlich Mitleid mit ihr em 3 pfanden. Landgerichtsdirector von Schreiber verlieh der allgemeinen Em pfindung denn auch Worte, indem er dem Professor erklärte, daß es wohl genug sei des grausamen Spielz. »Was wir gesehen, hat einen unaus Wichlschen Eindruck aus uns gemacht, Herr Professor —- wecken Sie oie Dame auf.« Der Professor verbeugte sich mit dem Lächeln befriedigten Stolzes. »Gestatten Sie noch einen Versuch. Herr Director«, nahm er das Won. »Was ich Ihnen gezeigt, waren aus schließlich positive Sinnestiiuschungezy das sind solche, bei denen der annous sirte nicht vorhandene Objekte als vor Landen annnimmt. Lassen Sie mich Ihnen noch eine negative Sinneekaw schung vorsiihren, bei welcher ein vor handen-s Objett unsichtbar gemacht wird. Vielleicht trägt dies dazu bei das Bild, das ich Ihnen von der Ma terie zu geben bemüht war, polttomi men zu machen.« · Der Direktor nickte seine Eintritt-« guna. Darauf stellte der Professor dieFra ge cn Michaelc1, oh sie den Herrn Vor sitzenden sehe. .. ? »Dort. « Sie bezeichnete qenau inii dein Finger den Ort. »Dort also —- dort war er, Zie lya ben ganz recht giiiidige Fraii.21ber jetzt ist er nicht mehr da —-— er ist hinausgegangen —- selien cie nur hin. Nicht wahr, ich have :echi?« « »Ganz recht Er ist soeben hinaus » gegangen. i »Duech welche Tdiir?' i »Durch diese. « ! »Bitte, rufen Sie ihn zuriiiL ivir ) können ohne ihn nicht weiter teilzun deln.« , Die junge Frau ging ohne Zögern hastig auf die Thitr zu, »in den er ? halte-neu Befehl zu vollziehen Dottor ! Olvrich beorderte sie zurück. »Bleiven Zie, er ist schon zuriielsges lehrt.« »Bevor der Herr Professor zur Ma i nipulatioii des Erweckens schreitet,« i warf hier Doktor Bohrina bedeutsan ein, »wirt) erst die Frage zu entscheiden sein, ob der Gerichtshof sich von der Thatsache der Suaaestidititiii meiner Mandantin hinreichend überzeugt fühlt.« »Auch wird es sich empfehlen, « stig te ich hinzu, »die andern Herren Ceay verständigen über ihre Meinung von dem Geschehenen zu betragen. Die Herren haben selbst die uefadr einer Täuschung betont, sie werden zu befin den haben, ob in unserm Fall diese Geist-r vorliegt « rofessor Olbrich lächeite fast Ver ächtlich »Eine Siniulation ist in diesem-Fall aus eschlossen,«— ertliirte er init der « rheit eines til-erzeugten Gelehr ten. «Vielleicht wird eo aeiiiigen das G achten des Herrn Professorö Bitt tin zu hören mDer Borsitzende war ei-e der uns diesen Vorschlag unteroreiteie, ind derselbe wurde von beiden Parteien cngenommen.« Professor Vittmann bestätigte die Versicherung seines Colle-geti. »Ich fiir meine Person heae so we nig einen Zweifel, ioies Herr stosesfor Olbrich Wenn auch nicht in silbrede zu stellen ist, daß eine in norin ileni Zustand befindliche Person alle die Manipulationen, die wir gesehen ha ben, ebenfalls und zwar riiihelos aus zufsiihren vermochte so würde doch eine er taunliche Gewandtheit und Charak teteriergie dazu gehören, denselben so Rang den Charakter des Willenlosen, ranipfartigeii, Unnatürlichen zu ver leihen. wie er den handlungen und Erwiderungen der Frau hartioi seit ihrer Versenung in den sugge tiven Zustand eigen war Dein Laien mäch teii dtelle in einein solchen all noch weisel drin bleiben — n cht aber ein erfo ene1 ypiiotiseur. Die lang jährigeem Was init einer Sa iidtibenden einen F amilien tundi en Blick, eine Art sach miinnischen Jn tintt. der selten trit wenn auch alle wissenschastlichen unds Wider sich ais nicht stichhalttg er wer en." »Ganz :echt,« beträitigte Dotter Otbrich. »Trotzd·em, Derr i Professor,« sagte ich nachdrüettich, »muß ich Ihnen die Frage verlegen, ob die Wissenschaft nicht bestimmte Anhaltspnntte be si2t, um im egebenen Fall se zustel len, ob es ich um eine that iichliche oder eine vorgetiiuschte Hypnose han delt.« »Bestimmte Anhaltspunttei O, ge wiß, deren giebt es eine Menge. Wir unterscheiden sowohl durch den ins-no tischen Zustand bedingte Veränderun gen der Circulation als der Respira tio, des Stoffwechsels, der Mobilitiit, ; Senfibilität und so weiter. Leider J wohnt aber allen von ihnen teine aus j schließlich iibersiihrende Wirkung bei.'« , »Warum nicht?'« »Weil die beobachteten Erscheinun T aen fast alle auch durch die ich-Ani regnng der Hypnotisirten bedtht sein können. Nehmen Sie zum Beispiel die erhöhte Vulsfrequenz —- nun, mei ne Herren, ich frage Sie, ob einer von Ihnen allen, nachdem er den auf regenden Vorgängen der letzten Stun de beigewohnt, nicht eine erhöhtePzilss s:equenz an sich demertt.« Jeh fühlte unwillkürlich nach met nem Puls und iand die Behauptung des Sachverständigen bestätigt. ,,Oder die Hypnotisirte kreist att einer erhöhten eine verminderte s re qrzenz des Putses aus — nun, auch das tann die Hypnose rechtfertigen Oder sie schwitzt am Kon — das ist ein Moment unsrer Snniptomalalogie, nenn eLJ aber fehlt, schadet eg auch nichts. Es tann alles mögliche sein, mnsi aber nicht« . »Damit dotumentircn Sie aler die Unfähigteit der Wissenschan «.:i end einem dieser Fälle eine tii...;n. Ziöszli e Gewißheit zu schaffen-« frag te ich ast streng. »Nicht eigentlich. Ich sagt-: schon, daß der geübte Blick der Erfahrung hier mehr gilt als zweiselhufte Symp tome. Indessen ———« »Jndessen?« »Wir besitzen dies Machtq Experi mente vorzunehmen, welche mir ziemli cher Sicherheit den Beweis verwahr heri zu siihren im Stande sind.« ,,Wollen Sie die Güte haben, tan ein derartiges Experiment anzuge beni« . . Es .- - «-’.-’c12scloc ockLyl Aus Ucl LWlsuszkc I des-— häutigen Verbondenseins dertjsisip l i.ose mit Anclgesie, das istllneitipf:«1d I iichieit sur schmerzhafte Eint-kann Voraiigaesetzt das-, bei unserer Ber l suchsperson dieses Symptom Vorhin deii ist« lönnen wir mit Hitfe einer Stecknadel die Echtkeit ihres Zustan deg leicht feststellen.« »Wieso?« »Ist Analgesie bei ihr oorhandeii, so tonnen wir die Stectnadel tief in ihr Fleisch einführen, ohne das-, die Tame den geringsten Schmerz ion dem Stich empfindet. Es ist dies eine ebenso einfache als unaeföhrliche Ope ration, deren Vornahme stät die Be troffene keinerlei nachtheilige Folgen haben wird." Der Vorsitzende frua hier« inwiefern dieses Experiment ein bestimmter- Re sultat ergeben werde? »Nun, wenn die Dame den Stich nickt empfindet, so dürfen wir wrhl scher voraussehen, daß don einer Simulation nicht die Rede sein t.inn.« »Und wenn sie ihn empfindet? Jst dann der Betrua nachgewiesen-.m fuhr Direktor Schreiber sort. Der Professor zuckte die Achseln. »Die Unempfindlichkeit gegen Schmerz ist teine absolut nothioendige Wirkung der thnose oder Sange stion, ja, ich dars nicht verhehlen, daß eine außerordentliche Feftigkeit leg Willens selbst das durch diesen Eir griff verursachte Wehaefiihl möglicher weise zu unterdrücken im Stande ist« »Ihr Versuch bietet also wohl eine Möglichkeit aber keine Sicherheit?« erwiderte der Vorsihende mit scharfer Betonung der beiden. Substar.tioe. »Ja Berücksichtigung dieser Sachlage erachte ich es fiir angemessener, von ihm Abstand zu nehmen. Jch halte es mit dtr Würde des Gerichtshoses nicht für vereinbar, das Experiment bis zur Verletzung zu treiben, wie gering und ungefährlich sie sich auch immer darstellen mag. Die herren stimmen wohl darin mit mir überein?« Sie stimmten mit ihm iiberein. Vollkommen. So blieb mir nur iioch ein lehter Ausweg, und ich beschritt ihn, indem ich sagte: »Das Gedächtnisi soll während der Hypnose oft außerordentlich geschä:st sein, so daß der hdpnotisirte De tailo, deren er sich selbst nicht bewußt ist, mit minutiöset Genauiqkeit anzu ,eben oermaa. Mit Bezu iiahme gieran erscheint es mir emp ehlens weith, ioenn ivir die Bettagte veran lassen, die von ihr in normalem Zu stcsnd gegebene Schilderun ihrer Hendlungsweise im hnpnotischen zu nktierholen Jst sie wirtlich unschul dig, so Miit sie dabei keinerlei Ge fahr, da sie nur zu gewinnen, nichts äu verlieren hat, dann sind wir in der hat uber eugt von der Echtheit der hpnose, o werden wir diir die , iederholung der Erzählung aii itr ihre sonstige Gaul-würdigtest vö ige Sicherheit erlangen. Bestäti t sie je d ihre früheren Angaben n , so wt en wir, was wir von denselben u halten haben. Benutzen wir diese e Lenz-seien Zins Licht zu verschaffen, nach r . - Metsehung folgt)