Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, March 30, 1900, Sonntags-Blatt, Image 14

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    II
MWWU
Frau Bankicr Haktwig.
MW
Ct iminal- Roman von Fr riedr ich Thic cme.
L
- - - - Axt-m LSJWWDOMDD
WW
(8. Fortsetzung.)
So ward aus Morgen und Abend
auch dieser schier endlose, abwechs
lungsreiche Tag —- mit Grauen vor
den Ereignissen des nächsten Tages
schlief ich gegen Mitternacht ein.
Eine der schwersten Ausgaben,
welche das Leben uns auferlegt, be
steht in der Ueberbringuna schmerzli
chet Botschaften. Je näher die Per
son« an welche unser Austrag ge
richtet, unserem Herzen steht, umso
schwerer wird ihre Erfüllung.
Gott weiß, mit welch betiirnmerter
Seele ich an jenem Morgen die Van
Westend betrat! Welcks ein sonnen
klarer, siidlich milder Tag, welch«
blauer« wollenloser Himmel! Rosen
pracht und Nellendust umher. ein la
chender Garten die ganze Welt! Und
ich trug in der Hand das tödtliche
Schwert, es in die Brust meines
Freundes zu stoßen! Jch war der un
erbittliche Erzengel, welcher ihn aus
ewig hinauf-stoßen sollte aus dem
Paradies seiner Liebe!
Der BerblendeteI Jch tras ihn ge
chästiq wie einen Bräutigam. der
eine ochzeitsreise vorbereitet
«Al o es bleibt dabei, du willst mor
en reisen,« lenkte ich das Gespräch
osort an den mich einzig beschäfti
genten Gegenstand. ,
»Morgen Borniitta zehn Uhr, lie
betWalter.« Seine u en strahlten
sämtlich, als er mir diesen Entschluß
mittheilte.
»Und die Einwiirse, die ichdirI
gemacht? haben sie keinerlei Beben-— «
cen in dir erregt?'
Unwillig schuttelte er den Kopf
»Wenn du mir einen Gefallen thun
Must Walten so laß das. Jrrn ard
t mir auch mit ihrer kindischen
riecht das Herz beschwert —- was ist ;
nur in euch alle gefahren? Eine Ver- s
gnügu ungsreise ist doch teine Nordpol- I
t
tion."
wsrthun sei überzeugt. daß Nie
mand lieber als ich das heille Thema
siir immer begraben würde —
Aber --«
«Aber?«
«Eine schwerwiegende Entdeckung
verhindert rnich daran. Weißt du«
wo ich gestern wars«
»Wer denn?«
»An rein Ort, wo Baron Wardofi
Und deine Frau heimlich zusammen
treffen.«
" Der Banlier erblaßte, seine Hände
begannen zu zittern.
hWalter du —- du — sprichst nicht
irn Ernst —
Jch zog ihn nach dem Sata, und
vor ihm stehend und seine Hand fas
send« blickte ich ihm mit innigem Mit
leid in’s Gesicht
«Men lieber Arihur, du weißt. ich
hasse jene qualdolle Manipulation,
welche die Menschen Vorbereitung
nennen und die nur das Herz schwäche,
statt es zu störten. Ein gesunder
Mann muß der Wahrhet in die Au
ken sehen lönnen selbst wenn sie hciß
und abschreckend ist Was ich dir
mitzutheilen habe ist nichtsFreudiges.
BIL- gestern in deinem Interesse
tetive gespielt, die Unruhe um
trieb mich zu diesem Schritt Das
sie ultat ist das von mir erwartete:
Doktor Gemkalsly ist ein erbärmli
cher Schurke und Michaela eine abge
seimte Betrügerin!«
»Nein, nein nein!« öhnte er wie
krochen und vergrub ein Gesicht in
ster des Seins.
Altre mich an, du sollst dieganze
seie kennen lernen, darna ur
hIloZ erzählte ich ihm du
cuus tucurc gqtugcuurecullmr. txt
hörte mir schweigend bis zum Ende
In, ohne mich durch mehr als hin und
wieder ein leises Gestöhn zu unter-·
brechen.
»Du sollst selbst prüfen, ob deine
Gattin jene Benennung verdient oder
nicht. Jch bin gekommen, dich auszu
sotdetn, mit mir nach der As—-straße
. zu saggrem Die Tochter der Wirthitc
c: orddeutscken Weißbierstube ist
eit, ir in’s Anqesicht ihre Behaup
sung z wiederholen. Du magst sie
dann selbst befragen und über ihre
Maubtoiirdigieit entsckeiten."
Damit wandte ich ihm den Rücken
nnd trat an das Fenster, um ihn ei
- Itge Minuten sich selost zu überlassen
Der desttge Kampf in seinem Innern
todte am besten ohne Zeugen aus.
Wohl eine Viertelstunde verging, ehe
teh seine Stimme vernahm.
· bin bereit, Walten Ich sehe
- sod, es muß sein!«
- «Sotonnn.«
Wir nahmen eine Droschte nnd
Wen no ver A—stea e. Atti-ne
sm, was i sehr natüeli fand. ver
« ssen und traurig. In der Weiß
snse senden tote mehrere Frühi
öste, wir nahmen daher, ohne
rundlichen Frau Friedrich irgend
sk- det Erste-ums oder per
« » tsset u geben. WTMV
U währen unt vie Anwesenden
« it sen-knieen Blicken verwerten
all betten ss elegant qetleipete Der
— sie wir in der seist-Muts DO
WIW I
Isiille zu thun. Die Männer « steckten
»die Kopie zusammen und flusterten,
E ihre fröhliche Unterhaltung ver
Z sturnrntr. Offenbar fiihlten sie sich in
; Unserer Gegenwort so weni behaglsch
l wie wir in der ihren. Unfgere Stint
! mung vertrug leine Gesellschaft. ihnen
- flößten wir on dieser Stelle berechtig
I les MiPtrauen ein. Vielleicht hielten
l sie uns ür Geheimpolizisten.
! Käthe war nicht zu erblicken. die
Wirthin begegnete uns mit einiger
;- Berwirrung. die ich mir aus der bis-«
treten Natur unserer Mission erklärte.
j Als sie rnit derlegenenr Lächeln die
s Biergliiser oor uns hinsetztr. erfaßte
« ich die Gelegenheit, sie zu frag n, ob
- ihre Tochter u sprechen fei.
»O, gewiß — io —- wenn die Her
, ren warten wollen« bis —' Sie
I deutete rnit einer bezeichnenden Gesie
« auf die defeyten Tische. «Jn einer hol
ben Stunde wird alles leer sein'
Ihre aus der Erfahrung geichöpfie
Prophezeiuno erwies sich als richtig.
Sobald sich der letzte Gast entfernt
holte, winkte uns die alte Frau, wir
erhoben uns und traten in das bereits
beschriebene Hintersiiibchem Milde ieß
orn Fenster. über eine Stickorbeit ge
beugt. Jhr Ausiehen war wieder io
blühend wie gestern bei meinem Ein
tritt. Jeder Zug von Unruhe nnd
Sorge war verschwunden, selbst ihre
Augen hatten den sitt-blenden Glanz
wiedergefunden. welcher der Spiegel
eines Ungetriibten Glückes ist.
Verwundert blickte ich sie on —
ouch sie schien verlegen und bat uns
in etwas unsicherer. wenn auch
freundlicher Weise, uns zu sehen.
»Das isi der herr. von dem ich Ih
nen sprach. Fräulein.« eröffnete ich
noch kurzem Herren, do sie nicht zu
uns redet-. des Gespräch- »Ich habe
ihn auf ihre Mittheilung vorbereitet
sind Sie noch gewillt. ihm zu lagen,
wag Sie toiiienlN
Its-. s1,,- s sit —
kaut-B susuuk Rllcgcll still IYII Flkks F
it. -
»Was ich weiß, toill ich gern rnit
tbeilen.« saate sie endlich batblaut
»Vi&c allen Dingen muß ich den Herrn
weaen meines aeftrigen exaltirieri
Wesens um Verzeihung bitten. Jch
habe mich benommen wie ein ungezo
grres Kind. Leider habe ich mich
auch non meiner tbörichten Eifersucht
zu Erklärungen binreißen lassen. fiir
die ich bei reiflicher Erwäguna leine
Verantwortung übernehmen kann
Jch ftutztr.
»Wie meinen Sie daz, Fräulein?
»Ich meine. daß ich. als ich die Be
hauptung aussvrach die Dame. welche
Ihre Photographie darstellte. und die
jeniae, die hier mit Herr Doetor Geni
balstrs zusammentraf seien eine und
dieselbe Person, mich einer under-reib
tichen Thorheit schuldig machte. Meine
Eifersucht verblendete mich, ivie schon
oft mein bestian Naturell mich zu un
überlegten Schritten verleitere. -—
Die beiden Damen baben thatsachiich
nichts miteinander gemein.«
Betroffen starrte ich sie an s—die
leidnollen Züge des Bankiers begannen
fsch auszudeuten
»Seit das beißen, FräuleinFriedrich
daß Sie Jbre Erklärung von gestern
zuräcknebrnenk
«So ist es, mein Denk
«Sie versicherten mir doch mit jeden
Zweifel ausfchließender Bestimmtheit,
es handle sich um dieselbe Person?«
»Gewiß, Herr, iind in meiner Erre
gung glaubte ich ei auch. Ali ich jedoch
zu ruhigerer Ueberlegreng gelangte, er
kannte ich. daß ich im Jertburn war.
Es thut mir leid, Sie ohne Noth beurt
eubigt zu haben —- perzeiben Sie mir,
ich lan- es leidet nicht uns-schaben ins- -
then-«
»Aber ich begreife nicht —- Jhre aei
ftrige Sicherheit —- Sie erklärten rnir
wiederholt, eine Täufchung fei ausge
schlossen —- wollen Sie uns heute nur
zu erkennen geben« daß Sie Ihre ne
ftrige Behauptung nicht rnit Bestimmt
heit aufrecht zu erhalten vermögen, oder
ist es Jhre Absicht, sie direct als falsch
hinzuftellen?«
»Ich muß sie direct als falfch bezeich
nen.« —- Achfelzuclend erhob ich mich.
»Don-Xb bleibt uns nichts weiter übria
als zu gehen. Doch will ich nicht fcheii
den. ohne Veranlassung zu nehmen.Jh
nen offen mein Befremden auszuspre
s eben. Ihr Benehmen ift mir unverständ
« lich. Ich muß auch gestehen: Ihre ge
ftrige Aussage trug einen weit aufriip
tigeren und glanbwiirdigeren Charak
ter als Jhre heutige. Sollten etwa in
zwischensurnftände eingetreten fein, die
Sie zur Zurücknahme Jhres Zeugnis
fes bewegenK
Käthe fchiittelte heftig den Kopf
,.Welche Umstände follten das fein?
Uebrigens kann ich Ihnen nur lagen,
was ich zu fagen habe —- lvenn Sie mir
nicht glauben, fo kann ich es nicht tin
detn.« cehre Stimme klang brüst, alt
sie uns diefe Erwiderung gab, aber ihre
Entrüfiunn verlangte Vertrauen.
Mein Freund war geneiater alt ich.
ihr Glauben zu schenke-. Indessen trat
er, ntn jeden Zweifel ans feiner Seele
In dannen, dickjt an heran, tin mit
einein flehend-n sc m einein fast
tm
. — —
ten Vändedruck an die edieren Seiten
ihres Oemiiths zu appelliren. Mit
weichen hittender Stimme bat er sie,
ihm tie Wahrheit nicht zu verhehlen.
»Sie wissen nicht« wag davon abhängi,
Fräulein. Meine Ruhe. mein Gliiet.
meine Ehre —- ich bitte Sie. betrachten
Sie noch einmal so aufmerksam Sie
vermögen. dieses Bild· —- er zog dabei
eine Photographie seiner Frau aus der
Tasche ———, »veraleichen Sie alle Ziige,
alle Eigenihiirnlichteiten und sprechen ;
Sie Ihre innerste Meinung aus." -
Käthe wandte erst das Gesicht vers i
fkreisen nach dem Fenster« um anzudeu- !
ten. daß eine nochmaliae Prüfuna des I
Perträtg durchaus nicht eriorderlich sei
Ter fiehende Klang der Worte des?
Bcntiers mochte jedoch ihre Theilnahme
erwecken. sie unterzoa das Bild einer 1
flüchtiaen Untersuchung und ertheilte ;
darauf den tateaorischen Bescheid, es l
verhalte sich in der That, wie sie iaae. j
»Aus Ehre und Gewissen,75riiulein?« ;
dränate der unaliietliche Gatte. (
; Statt hierauf zu antworten. fragte T
; das iunae Mädchen: »Was siir Haare
hat diese Datneiw
..Braune.« erwiderte ich rasch.
.Braune? Nun sehen Sie wohl, die
Dame, welche zu uns kommt, iii
schwarz -»-— auch trägt sie ihr haar ganz
anders. Wie dumm. dasr ich daran nicht
gleich gestern gedacht habe.«
«Der Bantier schleuderte einen Blik
stillen Triumphes zu mir herüber.
»Ich glaube Ihnen, Fräulein —
tras fiir einen Grund ioltten Sie ha
«ben. uns su betrüoen2 Sie aeden mir
weinen Athenh meine Ehre, mein Leben
wieder — ich dante Jhnen.'
Mit weit mehr Farbe in den Wan
aen. als er bei feiner Antunft aezeiat,
stieg der Bankier wieder in den Wagen.
»Ich hin überzeuat«' faate er freu
dia. »das Mädchen hat die Wahrheit
besagt. Jhr treuherzigez Auge konnte
nicht lügen.« »
»So dachte sich gestern auth gab ich
mürrisch zurück.
.Und hatteft recht. Das Kind ift viel
zu naiv. um sich zu herstellen. Sie han
delte aeitern unzweifelhaft unter dein
Einfluß ihrer alle Sei-trauten überstei
aenden Leidenschaft Sobald sie sich be
fänftiate, trat ihr die aanre Narrheit
ihrer pessimistischen Selbftquiilerei klar
vor Augen
Ich sprach die Oeffnung ern-, es
möge fo fein. .
«3u mißtrauest ihri«
II a·.
«Warurn aber ihrer heutigen nnd
nicht ihrer qeftrigen Aussaae2«
.Weil die gestrige das Ergebnis ei
ner möchtinen irnpnlsiven Reannq war,
deren Kraft frir ihre Aufrichtigkeit
Bürgschsft leistet. Heute verrieth sie
eine Zurückhaltung, die ihrem Charak
·ter nicht natiirlich ift — ieh entdeckte
faft etwas Frerndeg in ihrem Geboh
ien. das rnir der Niederschlag eines
fremden Einflusses zu sein scheint. der
inzwischen Zeit gefunden hat, feine
Macht über sie zu gebrauche-L Darin
heftörtt mich noch rnehr das sich in ih
ren Mienen widerfpieaelnde zurücktre
tehrte Glücksaefiihi. das auf eine in
zwischen stattgehndte Befchwichtigung
schließen läßt. Man hat sich bemüht,
ihre Zweifel zu zerstreuen. und rnit Er
rla.«
»Du dentft natürlich an den Einfluß
Wardarffs.'
»Bielleirht —'
Ueber die gutniiithigen Züge des
Commissionsratbi floa ein beinah- «
siöttiicheå Lächeln.
»Walttr· nimm mir’s nicht übel,«
äußerte er saklaitiich. »Du bist seit ei
sxiaer Zeit auf einem bedauertichen Jer
rrea. Da phantastrst von weiter nichts
mehr als bypnotischen Experimenten,
rniseimlichem Einfluß, gefährlichen
Ccnspirationen und Jntriauen Fast
scheint es. als stündest Du selbst unter
der Wirkung einer sortdauernden Sag
aestion, die Dein klares juristisches
Urtheil deeinträchtiat. Was in aller
Welt hat die arme Mich-cela verbrochen,
daß Du sie mit aller Gewalt zur Be
triiaerin stempeln willst?'
So aern ich seiner vorher ausgestan
denen Angst die milde Genugthuunq
dieserJronie zugute hielt —- denn selbst
die Beschwörung, womit er seine Rede
schlos-» trug nicht entsernt einen Beige
schmack von Bitterkeit —, to vermochte
ich doch nicht alle und jede Empfindlich
lett zu unterdrücken.«
»Michaela ienne ich taum," erwiderte
ich mit Bedeutung, «Dich dagegen seit
langen Jahren.«
»Ich weiß wohl, daß Du aus zärtli
cher Freundschaft handelst,« lenlte er
reuia ein« indem er meine band drückte.
»Sei nicht böse, ich beabsichtigte nicht,
Dich zu verlegen«
»Aber Du dentit auch nicht daran,
meinem Rath zu soiaeni«
»Nimm Ratt-, nicht zu reisen«i·
» C
.Zag siillt mir allerdings nicht ein,'
rief Arthur lachend und klopfte mir mit
glücklichem Ausdruck auf die Schulter.
Froh meiner Vorstellungen, trat
der Bitte Deiner Meri«
»Bad, ergard ist angesteckt von
Deiner Aengstlichtett.«
»Der himmel gebe, daß ich mich titu
tchr. handle nach Deinem Willen. M
kann Dich nicht mit Gewalt zurückzus
ten. Was ich zu ths Me- wetlt ich«
will nicht Wurm das sich in
»P- Erwideeu eine set von Re
sisnation aussprZwMteizäii ofrtsoleg
· ra m , g -
dem wo het, a imdientluhkci bakteet
M a ones zu g au
ßen. Atti-C wettet-I so teilst an uns
selts, wenn der Ort u ere Ideen
w dir-user t sankttoutiiknff
sin- otutios stand edaeh uns-idee
I W fes t- Iite Dem eiendes poch
C
. »I.
i stapier nin te das handweel gelegt
werden! et ufall hatte mir einen
Theil feiner liche offenbart, sc
wollte ich meine Wissenschaft besinnen-,
« die Behörde auf seine Spur zu leiten.
I Die Polizei würde vielleicht in den Be
1 sitz von Details gelangen, durch welche
! meine Behau tungen hinreichente Be
kräftigung er Zeiten, urn meinenFreund
« zu den-e n. noch in ietzter. Stunde var:
seiner eise Abstand u nehmen. Schon
eine Stunde nach unserer Rückkehr be
fand ich mich im Bureau des Polizei-:
prasidenten. dem ich unter Wahrung
des Geheimnisses meines Freundes
dasjenige auseinandersetzte, was ich
über den angeblichen Baron Wende-M
der sich Qualeich Doktor Gembalzky
nannte, der Wiesbaden wegen falschen
Spiels hatte verlassen müssen, der mit
den Berliner Anarchiften in Verbin
dung stand und mit der Ehre junger
Mädchen sein srivales Spiel trieb, in
Erfahrung gebracht hatte.
»Alles m allern: Ter Mann ift ein
elender Spion, der diejenigen betrügr,
die ihm vertrauen, obgleich er sich mit
einem Nimhus des Ungewiihnlichen
und Jnteressanten zu umgeben weiß.
Was in Wirklichkeit hinter der Mai-te
sich verbirgt, mag der himmel wissen, I
etwas Gutes sicherlich nicht«
»Der Mann ist uns in der That
schen aus-fällig erschienen,« antwortete
der Pra· grent gedankenvoll, «doch ers
blickten wir varderhano nur einen Le
bemann in ihm. der hier Geld uno
Gesundheit zu Markte trägt. Sein
Ernnerstatndnih · mit anarchistischen
i
l
rennen. sowie seine Vergangenheit uno
seine erotijchen Abenteuer waren uns
unbekannt. Jch werde nicht ermangeln.
sofort Recherchen seinetwegen anstellen
zu lassen —- haben Sie die Güte, heute
Nachmitta noch einmal vorzusvrechen,
sur Den Fa noch irgeno eine Austunft,
die Sie uns zu erthezlen vermögen, er
wünscht ist."
Jn Erfüllung dieses Wunsches und
immer noch von der stillen Hoffnung
beseelt, ir end eine für meine persönli
chen Absi ten wichtige Neuigteit zu er
fahren, ftellte ich mich Nachmittags ge
gen sechs Uhr wieder im Polizeigebau
te ein und wurde unverzüglich bei vern
herrn Präsidenten vorgelassen.
Jn seinen Stuhl zurückgelehnt, ern
psing mich derselbe mit siegessreudigem
Schmunzeln.
»Der Vogel ist bereits im Käsig,«
rief er mir Arznit rSiebetistlsfasieräetxt6 Blinäetn
entgegen."« ir nd - r- reu
Wint zu großem Dank verpsäxchtet
herr Dotter —- ich glaube, wir haben
va einen ausgezeichneten ang gemacht.
Dieser Doktor Gembato n scheint ein
äußerst gefährlicher internationaler
hochftavier.«
«Also wirtlich?«
»Wirtlich. Von seinen erotischen
Abenteuern will ich gar nicht sprechen,
obgleich er auch bei der Antniirdfunj
feiner galanten Beziehungen offenbar
von tetriigerischen Absichten geleitet
worden ist. Die einzustellenden Ermit
telungen werden darüber zweifellos rei
ches Material zu Tage fördern. Wir
haben es hier mit einer ereignißvollen
Vergan enheit zu thun. Daß er das
hazardfpiel gewerbsmäßig betreibt, ist
dagegen so gut wie erwiesen; mir liegt
bereits eine telegraphiiche Auslunft
aus Wiesbaden vor, die seine schwin
delhasten Manipulationen an’s Licht
stellt. Bei weitem am schwersten its
Gewicht fällt aber seine Verbindung
mit den hiesigen Anarchisten; wenn
nicht alles trügt, entwickelte er eine ge
radezu provoiatorische Thötigteit und
versucer ue tm qcmzell vtt uns ziemlich
harmlosen Fanatiter fiir einen mup
etc-tat zu gewinnen Was der vertre
gene Mensch geplant hat« ist mir noch
nicht tlar; wir haben bereits mehrere
Verhaftungen im Anschluß an seine
Aufhebung vornenommen. und noch
heute Abend sollen umfangreiche Ver-—
höre stattfinden«
Mit Erstaunen hörte ich dem Beam
ten zu und freute mich um so mehr mei
nes Antheils an ter Entlardung die-·
ses Berbrechers. Für meinen befande
deren Zweck sand ich die Ernte freilich
noch nicht reif. ich hoffte jedoch, aus
den Vernehmun en des Abends irgend
ein für meinen reund bedeutungsvali
les Eingestiindn ß hervorgehen zu fe-v
hen und wollte daher die Mühe nicht
scheuen, am nächsten Vormittag noch
einmal nachzusragern
Gleich nach wöls Uhr wollte der
Vanquier adreieen — um ehn erschien
ich bereits wieder in den äumen dec
Polizeigebiiubes. Der Präsident war
nicht zur Stelle, ftatt seiner empfing
mich der Poli eidirettor Hebestreit.
Sonderbar — eine Miene rerrieth
mir, ehe noch ein Wart zwischen uns
ewechselt worden, daß nicht alles in
Srdnung war.
Dadurch einigermaßen beunruhigt,
trug ich ihm turz mein Anliegen var
Jch nannte hartwig’s Namen so wenig
all denjenigen Mchaelas, sondern er
tundiate mt nur, ob vielleicht das
Verbot Gern leiht irgend welche be
merteniwert Yuifchiusse über seinen
Verkehr mit rBerltner Damentnett
er eben habe, indem ich durchblieten
lie , daß allein die Wißbegier, hierüber
Auskunft zu«erhalten, rutch zu meinen
R arschunaen veranlaßte
rettor Hebeftnit schüttelte tur
abwehrend den Kot- J »
Wart solchen Au schlussen taten M
keine Rede sein,« verseste er nicht o
Ver-legen Et. eDas Ueehiir hat viel
mehr zu überrascht-den Ergebnis
gestihet da wir uns eines argen Miß
gtist sehnt gemacht haben. Dotter
Gemba tin ift bereits wieder aus freiem
» Heisa
W » : M
temnal WILL-dich TAMZZMIM
W
Stunden erlitt ich eine derhängnißvoile
Niederlage. Zum zweitenmal sah ich
mich in meiner sicheren Erwartung, ei
nen Betrüger und eine Betrügerin zu
entlarpen, auf das schmählichfte ge
Täuscht Was war das nur iiir eine
sonderbare Gefchichtei Der mhfteriöfe ,
Aventeurer triumphirte über alle Be
weise, alle Entdeckungen! Er täuscht
nteinen Freund, täuschte die Gesell- ;
schalt, die Frauen und sogar die Poli- s
ei. Oder täuschte ich mich nur selbst? s
er war nur dieser seltsame Mann?
Und wie stimmte die gewundene Erklä- 1
rung des Polizeidireltors mit der «
Darstellun des Präsidenten vom
Abend vorger?
Begreiflicherireiie zögerte ich nicht,
mein Befremden auszudriidein
Der Polizeidirettak zuitte dieAchseltt.
»Sie trerken reritehen, daß es fich
hier um Amtsgeheimnisse handelt, in
die Sie einzuweihen mir meine Pflicht
verbietet. Der Mann ist freigelassen
worden —- aus tvelchen Gründen, lann
ich Ihnen nicht sagen, jedenfalls müs
sen ie überzeugend gewesen sein. da die
Entlassung noch während der Nacht
verfii t und vollzogen worden ift.«
»Hu r wer ist denn diefer Mensch?«
«Fragen Sie mich nicht, ich weiß
es nicht. Der herr Präsident hat feine
Legitimation in eigner Person geprüft
und noch geftern Abend tei dem Mini
fter Audienz deshalb gehabt. Der Be
fehl zur Jnfreiheitfehung ifi vorn Mii
nifter perfönlich ergangen.«
Miquthig —- ich dar-i wohl fagen
sIsZnIDuI Its-tm Ists II-- III-«--«
Das war das tliigliche Ende meiner
juristischen Entdeckungöreisej das Ne
sultat meiner mit so gutem Erfolg be
gonnenen Forschungen!
Mir blieb nun nichts mehr übrig,
als, alle meine Hoisnunnen begrabend,
meinem Freund die Dand zum Ab
schied zu reichen. Um das zu thun,
suhr ich zu ihm hinaus nach Westenin
Jch fand ihn in einer Aufregung, die
zu seiner gestriqu Sicherheit in selt
samem Kontrast stand.
.Gut, taki du kommst, Walter,« rief
er mir unruhig entgegen, »ich habe dich
sehntichst erwartet.«
.Mich?« sragte ich detrossen.
»F, dich. Sieh dies hier.' Mit die
sen orten präsentirte er mir ein zier
liches Kärtchen mit wenigen, von einer
Damenhand flüchtig hinaeivorsenen
Zeiten. ch ver uchte es zu lesen, gar
e« aber oäort to sLitziittetnb uritck.
f i i russrp , sagte ch über
ra t.
. u. Die Schreiberin vermag sich
permuthlich irn Deutschen nicht schrift
lich auszudrücken.«
»Komm du ei iiberseZerM
»So ziemlich. Der Inhalt ist dem
Sinne nach setztendeu
Sehr aee rterserri
»Wean Sie den unsch hegen, die
Wahrheit über Michaeta Nun-instit
und Baron Wardoss zu vernehmen, so
tommen Sie nach der Pension GöpeL
Königgriitzerstraße, und stagen Sie
nach der gestern Abend angekommenen
Dame aus Petersburg. Nur ich allein
vermaq Ihnen das Räthsel zu tosen.
Hatten Sie meine Zuschrist streng ge
heim, vor allem vor Michaela.
,i'. S. Jch Vers Sie nicht selbst aus
suchen. ta ich mich sonst der Gefahr ei
ner Entree-jung aus-setze und dann be
fürchten müßte, dasz man Mittel suchen
und sinden würde, mich mundtodt zu
machen. Kommen Sie nicht vor drei
Uhr Nachmittags, da ich den Vormit
tag zur Einholung von Ertundigungen
verwenden will. on denen mir viel ge- L
l .
»DagBillet trägt teineilntrrschrist?«
»Nein«
»Wer hat es gebracht?«
»Bist einer Stunde tarn es mit der
Rohrpost..« ·
»Und was hältst du davon?«
Der Banauier ließ einen ärgerlichen
Ausruf hören. »Ich möchte nichts da
von halten, sondern den Wisch voll
ständig ignoriren, wie nian in der Re
glel anonyrne Sendusgen tara-ritt
der —«
«Run?«
.Witer meinen Willen regt der Lor
sall mich ans. Werkstatt Teufel ist die
Dame. die gestern bend ans Peters
lpurg hier ern etrvllen ists Aus welche
Weise erhielt sie Kenntniß von der Eri
stenz eines Geheimnissei zwischen mir
und meiner Frau« woher kennt sie diese
nnd den Baron rtossi Alle diese
Detaili lassen aus eine intirne Ver
trautheit rnit ten Verhältnissen nnd
Personen schließen, deren sie gedenkt;
meinst du nicht auchisp
«Allerdinai.·
»Nun also, wie sollte ich da nicht
stutzia werden? Ich hoffte, die ärgerli
che Angelegenheit rnit heute endgültig
erledigt zu sehen, da gerade tritt die
Sache anscheinend in ein neues Sta- .
dinrn. Was ist deine Ansicht —- soll
man die Fremde anssnchen oder nichti«
«Uussuchen aus jeden Fall.«
nllber wenn es eine Falle ists«
»M:uplauh ich nicht· Was siir eine
Art J e könnte nian dir denn hier
lleni I lage die Möglichkeit
eines Erpr nn, Iversucht vor, den
weisesi du merkt-ich zurltck nnd dist
dann nW chi mrner daran als por
her. Jeden alle ist es zut, u hören.
was rnan wei nnd wo u man es
weiß; kr- tgiö us: vielliiäyt spkstär de
renen, en r gnse n a enzu
halten« ge
»Na l ei . Will du
begleitetiinkwth f a s wich
Fuss-XX Ich esse-Es
.Qsien f andeu, ich sollte eigent
ltrlii ans-Mit hetärgeträckenhängeleqänö «
n nie n n .
Use Urtng geh-ist mit meine-· Rech
W
sorschungen, sowie meinen Ratdschiss
en. .
g »Du bist empsindtich.« » »
»Nein. nur der Sache ItbekPkUi·
Jndessemaus Freundschaft sur dr»
und weil diese unerwartete Botscha;
mit die Aussicht erössnet, der musteri «
sen Angelegenheit do noch aus den
stern zu fühlen, will i dich begleitenck
»Da-ite, Walter.«
«Jn:essen —-- du teisest Zu abf«
»Ich verschnhe die Re se bis nach
dem Besuch in der Pension.« «
»Bravo! Wes ich mit allen meinen
Bemühungen und Warnungen m
erreichte. bringt nun aus einmal dtke
iiimpcklfet fStri tur zuwege. »h Streits ,
ptt te ru sisch zu dir, iva ten i .
meine Argumente nur in ichllchitllhyw
trodeneni Deutsch vortragen tonnte.«« «
«Spotte nicht —- rnir ist wahrltch
nicht leicht zu Muthe."
»Rcmn ich mir vorstellen, Eiche: At
thur. Nichts liegt mir auch serner wie
Spott oder Scherz. Mich überrascht
nur die Einenthiimiichkeit dieses Fu
sammentressens. Just in dein Moment,
wo ich alle Hoffnung. dich von dieser
unglückseligen Reise zurückzuhalten
und das Daniel dieser Ereignisse mit
dem Licht der Wahrheit zu durchleu
ten, an den Nagel hänge, wirst m
ein seitsamer Zufall dies tieine Bill
in den Weg, das nicht nur die augen
blickliche AusschiedunZ deiner Fahrt
bewirtt, sondern auch iie ersehnte Aus
tlärung verspricht. st denn Michael
rnitsdeinem Entschiu einderstandenk
Its
D«
Åber natürlich nur mit einem tur
zen Auffchubi«
«Nur mit einer Verzögerung bis
moraen. Morgen habe ich ihr geloben
müssen, unter allen Umständen mit
ihr abzureisen.«
»Du haft ihr doch nichts von dein
Briefchen aefant2«
Der Kommissionsrath lächelte ver
legen.
.Leider ja, ließ ich mich irn ersten
Augenblick dazu hinretsien Mich-cela
war nerade bei mir tin Stimmen ais iO
die Sendung erhielt. Wir standen tin
Begriff. in die Statt zu fahren; sie
uni einige Besuche zu machen, ich. mn
irn Geschäft noch einige Anordnungen
zu tressen.«
»Das ift satal,' ries ich ärgerli?.
.Du hättest die Mahnung der Isrie -
fehreiberin besser beherzigen sollen, ver
muthlich hat sie gute Gründe« dir Ge
hetrnhaltung vor deiner Frau In ern
psehlen.«
.Genau dasselbe habe ich rntr nach
her auch esagt, da war es aber leider
B spöt. get er ersten Leltiire rief die
ittheiiu heftigen Unwilien in mir
hervor. , rnmer und immer wieder
das arme verfolgte Weis-I das-e ich,
und um ihr mein Vertrauen zu bewei
sen, las ich ihr das Schriitftiick gleich
vor und fragte, ob sie eine Ahnung ha
be, von wem es ausgehe.«
»Was erwiderte sie darauf?'
»Sie wisse ei nicht. Sie kenne Nie
mand, der ihr nachstelle, als den Ba
ron Ward-vis. Möglicherweise habe
dieser Mann auch hier seine Hand in
der Karte. Uebrigens, fügte sie sogleich
hinzu, .empsehle ich dir in deinem wie
in meinem Interesse, die Briesschreibes
rin aufzusuchens laß uns zu diesem
Behuse unsere - eise bis morgen ver
schieben.«·
«Sie Fell-it also ab dir ten Rath?'
»Sie elbft — its das nicht ein Zei
chen dafür, daß sie die Verteumoung
nicht zu fcheuen braucht?'
»Nun ja, vielleicht,w ent eänete i
stack-deutlich. »Mit sie das i et au
selbst in Auaenschein aenornmen?«
« awo l."
Saft du nicht kei dem Anblick der
Schriftzüge oder beim Vorlesen der
Zeilen irgend ein Symptom des Er
fchreckens an ihr bemerlti«
«Gar nichts.«
Nicht ein Zacken der Lisperh einen
Schimmer des Erstaunen-z «
»Nicht das mindeste.«
.Wo iti sie ie ti«
Allein qusg ehren, da ich mi da
nach nicht mehr nutgelegt iuhlte. te zu
begleiten.«
»Gesinde« daß du das Gebot des
Stilllchtveigens verletzt hqii.« sagte iez
derdr eßlich, indem ich mich er: er
niederließ. »Wenn nur ni t dann
wieder alles icheiterti Der Fall wird
so immer myfterröser.«
«Wieioi« -
Jch erzählte ihm die Ver fkung nnd
Wiederfreilassung eilpottm anbot-ist
«Sonterbar,« äußerte Darin-ig.
nachdem er mir aujmertfam zugepöri.
.Welch’ ein Labyrinth von Uner tör.
lichteitenl ch fange» nachgerare an,
an mir feil-Un irre-sein« io sehe pu
wirrt mich tte hettle Histoire Geitern
war ich to vergriii i, heute ftiim mich
ein neues Ereigrn m die alte Dunteli
heit und Sorae zurück. Wenn ich uuk
das einzige Mal Klarheit betäme —
ich werde noch irgnh wenn dieler Zu
stand der Ungewißheit nndauert.·
Ich schaute Ihn on; er fah m m
That nngegrrfifen aus.
»Man n rnm dich uiammeV et
mahnte ich ihn voll Tkätlnadrnr. »Du
bist blas und aufgeregt, der weiiel
nagt an dir, tell-it wenn du di iitr
rikerzeugt von Mich-Uns Unschul
ha»lt . Du liebii iie mehr als ich
wohnte. armer Freund.«
Er i wies nnd wandte sich ad. um
ich sah eine hand lich na den Auqu
bewegen, um eine Thriine I Ema-k
ses von den Wimpern zu arti-M
Its-Fittich tot-ver gefaßt hatt-, tast
«Willii du mir einen Se n W
Walteri« i neu
»Mit Vergniigeuf
ehcis-seitw- ist-u
siii