Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, March 16, 1900, Sonntags-Blatt, Image 13

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s- Fiir die Jugend. g
HSUIIUUUIOUQUDOOOQQZ
Die Geschichte eines Degcniz
Jn dein prächtig .«xu«.-gestatteten
rrenziinmer eins-; vornehme-n Heu
s zu London lpcinat iider dein Kainin
in kostbar-S Meinst-change ein kuner
«.Degen, deisen Grif( aus edelsteinbes
« Untern-Golde, dessen Scheide ans ioi
- tem Maroauinleder, nnd dessen Guns
kette auo purem Golde besteht. Auf
diese wertvolle Waffe schaut aus brei
tem Gokdrahnien das Bildniß eines
» englischen Seeossiziers, eines Manne-J
« in teiferen Jahren mit kiihnen energis
.. schen Gechtszügen, herab. Das n«t;e
— Beisammensein von Waffe und Vor
trat scheint an udeuten, daß ein ge
schichtlicher Zusammenhang Zwischen
beiden besteht. Die Uniiorin auf dein
Bilde verrät, daß ihr Träger in längst
, verflossenen Zeiten lebte, —- der Herr
s dagegen, der in einem dunkelgrünen
: Sammetsessel in den Morgen- und
» « Abendsiunden vor dem Kamin mit sei
« « nen ta den geil-toten Flammen zu
sitzen p legt, bekundet durch den
Schnitt seines Civikanzuges, daß er
der allermodernsten Zeit angehört.
Es war an einem kühlen Sommer
abend. als ein allerliebstes Kind, ein
dlondlockigeg Mädchen in weißem
Kleidchen mit himmelblauen Schleifen,
ins Zimmer gehüpft kam und sich an
die Kniee des träumerisch ssinnenden
herrn schmiegte. »O, Papa,« ries
das niedliche Ding, .endlich« treff ich
dich ohne deine große Zeitung auf den
Knsieenk Ihm wirst du mir doch die
" Geschichte von dem Degen erzählen·»·die
du mir schon so lange versprochen hast«
Nicht wahr, Papa, lieber Papa, du
Ohr-se ss bin-s- tliiven Wmm u- MO
fallen? Du hast mir immer gesagt,
der goldene Degen sei in unsrer Fa
milie ein Erbstück, woran sich eine
schöne Geschichte knüpfe, und ach! ich
möchte diese so gerne wissen, — da ich
doch auch zur Familie gehöre,« schloß
etwas alttlug die kleine Schwätzerin
Der Papa blickte seinem einzigen
Kinde liebeer ins Antlitz und ant
wortete: »Eiaen"llich, Marti, bist du
noch zu jung fiir meine Geschichte: es
ist eine schreckliche Flibustiergeschichte,
und manches wird darin enthalten
sein, wag du nicht recht verstehst. Da
du inich aber so herzinnia bittest, so
will ich deinen Wunsch erfüllen. Also
böte!
»Im siebzehnten Jahrhundert wa
ren die Flibustier der Schrecken der
Meere. Das Wort stanimt von dem
französischen l?lil)(·t, leichtes Schiff,
vielleicht auch vonienglis"chen1s’rcc
bo()tcrs, Freibeuter, und es bezeicky
net iene kühnen Seeräuber, welche sich
zusammengethan, um auf die Laus
fahrteischiffe der spanischen Kolonien
Jagd zu« machen. Das einst so mach
tiw Spanien war Mach geworden,
seine Sieinacht iin Verfall· Der Neid
der andern Seeinächte auf Spanien-Z
Reichthuin und Länderbesitz unter
stützte die Seeräuber so lange, bis de
reii immer mehr wachsende Macht iiiid
Frechheit auch ihnen verderblich wur
de. Denn die erfolgreichen und ges-Iß
losen Abenteurer, die leine Furcht
lannten« schien sich auch iiber alle
Rücksichten hinweg. Die Flibustier
herrschten aus der weiten See, teine
Flagge war voi ihnen sicher, auch nicht
die der Staaten, welche ihnen früher
Vorschub geleistet hatten.
»Die ersten Flibustier, sagt man.
waren Franzosen, und zwar verwe
aene Abenteurrr aus der Norniaiisir.
Die buchtenreichen Ufer und Verstecke
der Jnsel Sankt Domingo waren ihr
Sammelplah, ihr Rückzug-Bord ihre
Festung; hier verbanden sie sich mit
den Stierjögern der Wildniß, die ein
wüsteö, wildes Leben führend, von den
Spanietn in die Enge getrieben wa
ren: von diesen staiiiint ihr zweiter
Name «Bouraniers« —— vom laraibi
schm- Worte Boukan, d. i. Rost zum
Wn des Fleisches. Franzosen,
s. Umständen Holländer trafen und ver
banden sich hier zu gemeinschaftlichen
Thalern alle leich frei, gleich wild,
kaum durch andc des Gehorsams,
der Unordnung siir die Zeit eines Un
ternehmens zusammenzuhaltenz den
noch standen sie unter einein Anführer,
der ftir jeden Beutezng erwählt wurde.
Bald tarnen große Heldennanien unter
ihnen auf. Der Engländer Mang
field plünderte mit seinen Gesellen die
Insel St. Catharina, der Engländer
Moreiein unternahm 1668 mit seinen
Leuten einen förmlichen Feldzuxn
marschierte nach Panarna, erstiirmte,
vlilnderte und verbrannte die Stadt.
Jeder glückliche Beutezug erzeugte
Zwanzig andre. Die eroberten besse
ren Schiffe vertauschten die Seeräuber
mit den ihrigen oder bemannten die
selben: waren sie dagegen schwerfällig
( I oder nngeschielt, so wurden sie in die
, lsTiefe des Meeres retsenti. Die ge
fanaene Mannschost ward nur im
schlimmsten Falle dein Tode überlie
fert: in den meisten Fällen lief-en sich
die Matrosen gern zu einem Dienst
nun-erben, welcher ihnen, miszer der
Freiheit, reiche Beute nnd endlose
Hchmlgerei in Aussicht stellte. So
»Du-es der Fltbustier Flotte mit ihrer
» Arbeit Ihre Unternehmun
Hrrs waren um« Rai-heitern nie Erobe
tpnaszüoez nie behielten sie die ne
IMIIWU Städte und Inseln, nach
dein sie dieselben nusgepllindert hat
W
ten. Ihr Grundsatz war Freiheit nnd
Genuß. Sie tenten :v.·t die Beute
nnter n.h, nlsirt alter, unt ne in ingen
:..:x.1 zu Zeus-anheim fein-ern uin fi:
schnell wieder zu vermissen Des
Heut-saftier Dahin-non nur; »Un
niefzc den Angenonch du« Dem ist; en
weint nicht-, ob Tcr Morgen dir :«-.«.ch
gehör-n :oird.« Wer nüchtern blieb,
nachdem die Flibnfticr den ruhiger-.
Hafen gewonnen hatten, wer dngiit
nmging, sich mit seinem Erwerb zit
riickzuziehen, um irgenoloo ein sein-li
ches Leben anzufangen, beging schon
den Verrat.
,,llnter den gefiitchteten Helden der
Flihnftier fiand Bttrthelemy Roberts
in erster Linie. Er war ursprünglich
Steuermann auf einem Stlavenfchiffe
gewesen« als dasfelbe von einem nam
haften Bouccnier, David, getapert
ward. Der gesungene Roberts ließ
sich ohne fonderliche Mühe bereden,
Dienste Unter den Seeräubern zu neh
men« und zeichnete sich bald so aus,
daß die Schiffsmannfchaft, als David
in einem Kampfe gegen die Portngie
fen gefallen war, ihn zu ihrem Kapi
tän erwählte. Modertå führte seine
Spießgesellen von Sieg zuSieg, mach
te ungeheure Beute und vollbrachte
Heldenthatem die eines besseren Zwe--f
ckes würdig gewesen männ. Wo feine
fchwarze Flagge erschien, da tahmte
der Schreiten die Arme der Angegrif
fenen: der Steuermann Philipps auf
dem großen Schiffe »King Salomon««
welches der königlich afritonifchen Ge
sellschaft gehörte, erklärte feinem
kamvfesmutigen Kapitiin Trahern
laut vor allem Schiffsvolte, er werde
nicht gegen solche Piraten wie die
Manier Nimpr und warf die
«Flinte von sich; die übrigen Matrofen
folgten gern feinem Beispiel, und der
Kapitön allein konnte sich nicht gegen
die Piraten wehren. Das große Schiff
ergab sich der Schalnppe der Indu
« k.z'f EZIMAI Ihn-I- msßssså mol- k4:
I
. ...... -......-. ........ ...,.-...» sp
ner kleinen Flotte nach thab, einem
Hafen, welcher damals von den Han
delgfchifsen aller Nationen besticht
wurde. und fnbr nnter Entfaltung al
ler Schreckenszeichen seines Berufes
ein. Das englische Banner, freventlich
mißbraucht, flatterte vom höchsten
Muste. schwarzseidene Flaggen aber
webten von allen andern Masten nnd
von dem Tantverl der Schiffe. Auf
der einen Fahne sah man ein Toten
aerippe, in der einen Hand ein Stun
denalas, getreuzte Knochen in der an
dern: eine Lanze aber war durch die
Brust des Gerippes gestoßen und von
dein Ston flog ihm das blutende Herz
vor die Füße. Auf einer andern Fahne
stand ein Mann, welcher mit einem
stammenden Schwerte Hirnschalem
die zu seinen Füßen lagen, zufammen
stiefe. Solchen Schreckbilkern wider
stand don den elf im Hafen liegenden
enalischen, franzdsischen und portugie
sischen Schiffen keines-. Auf den er
sten Schuß ergaben sie sich sämmtlich,
um sich jedes später durch acht Pfund
i Goldsand wieder loszulaufem Nur
ein englisches Fahrzeug, »Das Sta
chelschwein«, wollte sich nicht lostausen
und ward deshalb von den Seeräu
bern den Flammen überliefert. Es
befanden sieh achtztg Reacr darauf.
nnaliielliche Sklaven, die immer zwei
und zwei aneinandergelettet waren.
Roberts ließ ihnen die schreckliche
Wahl, entweder ins Meer zu springen,
oder zu verbrennen. Die sich in die
Wellen stürzten, wurden sofort von
den Haifischem die dort in großer An
zahl waren, verschlungen. Die Ketten
und die Zusammenschiniedung be
wirkt-Jn, daß lein einziger Neger sich
rettete.
»Aber der Krug geht so lange zu
Wasser-« bis er bricht —- und bald nach
jener unmenschlichen That sollte Ro
berts von der gerechten Vergeltung er
eilt werden. Doch zunächst tam ein
Teil seiner Leute an die Reihe, dann
er selbst mit dem Neste seiner Sprieß
gesellen.
»Das englische Kriegsschiff »Die
Schwalbe«, unter dem Kapitän Oggle,
Nsps du« siehst, liebe Math, fein Bildniß
hier iiber dem Kantin, nnd wir dürfen
stolz sein« ihn unter unsern Vorfahren
L ... .«.:I.I«.. »te- U- can-mer« ev-«
» ·,...,.... — -..» .,.. »H......», ..-.
pitän Oggle, machte sich zur Verfuls T
guna der schändlichen Seeräuber auf
und bekam am 5. Februar 1722 auf
der Höhe von Kaki Lapez ihre Schiffe
in Sicht. Die Seeräuber hielten das
englische Schiff für einen Brutus-ie
sch der wahrscheinlich Zucker geladen
habe. Diefe Täuschung sollte den Pi
raten verhängnißvoll werden« Zucker
und Rum fingen an, ihnen zu man
aeln. Deshalb rief Robert-Z: »Seht
ds. Zucketi Dran los-, Jungens-, füllt
eure Taschen und trinkt, was ihr Lust
habt!« Von seinem Hauptschkssk
stürzten sieh Freiwillige über Hals und
sion in die Schaluppe, die Roberts
außerdem rnit erprobten Gesellen be
inannte: er selbst blieb diesmal auf
dem Hauptfchiffe zurück, während die
Schaiuppe gegen den Feind steuerte
Der Kapitän der Schwalbe ließ die
Flibuftier ruhig herankommen, ergriff
dann scheinbar die Flucht und lockte sie
immer weiter ins offene Meer, bis sie
in folcher Entfernung vom Knp wa
ren· daf; ihre Genossen auf dem
Hauptfrhiffe den Kanonendonner nicht
mehr hören konnten. Die tolltühnen
Seeräuber zoan plöhlich auf allen
Maften ihre schwarzen Flaggen auf,
und unter wildem Geschrei schossen sie
zum Entern cuf das feindliche Schiff
los. Aber im selben Aunenblick ent
iud sich die ganze Manienbatierie auf
sie, riiurnte furchtbar unter ihren Rei
hen auf und fchosz ihre schwarze
Flagge herab. Noch einmal richteten
die Piraten die letztere nach dem erften
Augenblick der Bestiirzung wieder auf,
Sie ward ein zweites-mal herunterge-v
fchossen. Eine neue Salve der engli
schen Artillerie streckte neue Leichen
und Vertvundete auf das Verdeck. Die
tyildefte Unordnung wurde wahr
nehmbar unter den Seeräubern; die
einen schrieen und brullten, sie wollten
entern und Rache nehmen« die andern
nisten die Segel auf zur Flucht und
drängten den Steuermann, zu wen
rien. Da zerfeyineiteue eine Kanonen
tugel ihren Mast, gerade ais es den
Tollriitinften gelingen wollte, ihr
Schiff zum Entern heranzutreiben.
Nun war alles verloren, auch die Hoff
nung, im Kanin auf dem Berdeck we
nigstens einen Heldentod zu sterben.
Einige stürzten sich ins Meer, urn
nicht gefangen zu werden, andre
fchleuderten die schwarze Flagge ins
Wasser, damit die Feinde sich nicht mit
der Erobernng dieer Feldzetchenz
brüsten könnten. Die Engländer fan
den.«da sie als Sieger das genommene
Schiff betraten« eine grausige Wai
itatt. Von ihrer Seite war tein
Tropfen Blutes geflossen, von den
Flibuftiern lagen auf demVerdeck zehn
zerfchoffene Leichen und zwanzig Ver
fttirnmelte und Verwundete. Fünf der
heil gebliebenen Flibuftier machten
noch einen Versu? fich mit der Pul
vertonne in die uft zu sprengen.
Aber das nur geringe Pulver blitzte
ohne eine andre Wirkung auf, als daß
es die fünf Seeräuber zu Boden schlug
Die Gefangenen wurden dann auf
den« englischen Schiffe in Ketten und
» Banden- getegt. Die einen« tobten ent
setzlich, die andern derfnnten in dum
er Gteichgültigteit Alle merken präch
tig mit seidenen Kleidern und Hemden
von der feinften Leinwand angethan,
alle hatten wertvolle Uhren, auch Dra
Ziagten und andre Kostbarleiten am
ei e.
c- ps- - - - -.
»Nun iciuuyic sich ocls siegreich-J
Schiff, die Schwalbe, zur Verfolgung
der andern Seeräeiberschiffe auf; aber
erst am 10. Februar bekam Kapiiän
Ogale dieselben zu Gesicht. Der Pi
ratenfiidrer Roberts saß gerade bei ei
neni schwelgerischen Frühstück aus ei
nem englischen Kaufsahrer, den er ain
Tage zuvor getapert hatte, als ihm ge
meldet wurde« daß große Masten mit
vollen Segeln hinter dem Kap sichtbar
würden. Roberts verlor nie die Ruhe.
»Ein Stlavenfchiff««' meinte er, »also
eine neue gute Beute« Aber einer der
Piraten erkannte das gesiirchiete
Kriegsschiff, die Schwalbe, von dem
er vormals als Soldat Desertiert war.
Auch da verlor Roberts nicht seine Un
erschrockenheit, obgleich er allen Grund
zu Besorgnissen hatte, indem dieMe1)r
Fahl seiner Leute völlig betrunken um
herlaa. Er ließ zur Rüstung imm
meln und wart sich selbst in seinen vol
len Staat. Jn einem tostbaren ge
fiickten Oberrocke, mit zwei Pistolen in
der Schärpe, einen Degen mit edel
steinbesetztem goldenem Griff, roter
Maroquinscheide und goldener Gurt
tette an der Seite, eine goldene Kette
mit einem funkelnden Dianianttreuz
am Halse, auf dem breittreniwigen
Hute eine rote Feder, so stand der
kühne Seeräuber auf dem Verdeck, wie
der ftolzefte Admiral, der seines Sie
ges gewiß ist, und sah das englische
Kriegsschiff in die Bucht steuern.
«Zuerst wird versucht, mit vollen Se
geln an deni Feinde vorüberzusaly
rent« tommandierte Roberts. Fast
wäre dies den Piraten geglückt; sie
hielten die volle Artilleriesalve der
Schwalbe aus und erwiderten sie aus
allen Stücken hätten sie nun die
Seael richtig entfaltet, hätten sie lei
nen Fehler in der Lenkung des
Steuerrudeis begangen, so würde dar
Viratenschifs dem Englander den
Wind abgewonnen haben. Aber es
fotlle nicht sein. Eine Mustetentu
gel, die von ungefähr von der Schwal
be herüberpfisf, traf den Piratensiih
rer tödlich in der Kehle. Er fiel auf
eine Kantine nieder. Sein Steuer
mann, Stephenfon, der ihn hinsiiirzen
fab, spranq herbei, und da er keine
Wunde kr.tdeclte, schrie er ihm zu. er
solle aufstehen und sich wie ein Mann
wiegen.
Als er jedoch bemerlte, daß
er zu einem Toten rede, übertam ihn
Schmerz und Reue dermaßen, daß er
fein Steuerruder und die Wichtigkeit
des Anaenblicks vergaß, sich auf den
Leichnam des geliebte-i Anführer-s
ftiirzte und, zur Vermehrung des
Schreckens unter den Piraten, allen
unter Schluchzen und Verwünschun
gen zusehen-: »Er ift tot!" Einer der
Seeräuber fiieß den unnützen Schrein
init dem Fuße hinweg, umfaßte mit
beiden Armen den Leichnam des Ka
vitcins und fchleuderte ihn, wie er
war« mit allem Gold- und Diamant
fchmuck, ins Meer, womit er den
Wunsch, den Roberts oft im Leben ge
äußert hatte, erfüllte. Nur die Gurt
tette mit dein Degen hatte sich, als der
Leichnam den Schiffsbord berührte,
gelöst und war auf Deck gefallen. Hier
fanden die Matrofen der Schwalbe,
da sie als Sieger das Piratenfctiitf
ftiirmten, die kostbare Waffe und über
reichten sie als Trophäe ihrem Kapi
tän Oqale, welcher der erste qewefen,
der def- feindliche Schiff betreten. Die
Flibufiier hatten fich, durch den Tod
ihres Führers völlig bestürzt, sogleich
ergeben.
«Barthelemy Noberts war, als er
.zelnen edlen Charakter-küssen Sein
sund dort über dem Kantin- unter dem
starb, kaum vierzig Jahre alt. Alle,
die ihn kannten, schildern ihn als den
tübnsten Seehelden; er sei ein Mann
wie zum Herrschen geboren gewesen,
von finsterer Natur und doch von ein
Blick war scharf und lebhaft, sein-Haar !
schwarz und traus; seine scharf aus
geprägten Gesichtsziige gaben seiner
Erscheinung einen Ausdruck von Här
te; seine braune Gesichtsfarbe war un
ter der Sonne des Aequators und dem
stürmischen wüsten Leben fast abschn
ckend geworden. Der Tod im Gefecht
ersparte ihm vor dem Gericht Rechen
schaft über sein vergangenes Leben zu
geben. Seine Genossen suynten ihre
Verbrechen auf Kap Cvrso mit dem
Tode, teils im Gefängniß, teils in der
Verbrennung von Botanybay.
»Der Sieger, Kapitän Oggle, (r
bielt von feiner Regierung Ehren und
Auszeichnungen; unter anderm wurde
ihm der Degen des Seeräuber-S feier
lich als Eigentum zugesprochen. Die
Waffe blieb als Ehrendentmal in der
Familie und vererbte sich von Ge
schlecht zu Geschlecht, bis sie, meine
liebe Mary« — so schloß der Vater
seine Geschichte —- ,,inir als Erbleil
von meinem lieben seligen Vater zufiel
Bilde des tapferen Kapitäns, — ihren
Ebrenplatz erhielt.«
»Sind jetzt noch Seeräuber auf dem
Meere?« fragte die kleine Mart).
»Nein, mein Kind,« antwortete der
Vater »Als sich Engsländer, Hollän
der und Franzosen in Westindien fest
setztcn und die den Spaniern abge
nonimenen Inseln anbauten oder tolo
nisirten, wie man das nennt, vermin
derte sich die Zahl der Flibustier, nnd
um 1730 hörte der Seeraub ganz aus,.
als ibn die Seemächte s. rsut wie Spa
nien verfolgten, weil .:- sur Handels
vorteil aebot.«
Photoskulptiir.
Von Tr. Karl Rohwaldt.
· Noch sind die großen Erfolge, welche
- ki- Phoiographie in unserem zur Ruhe
gehenden Jahrhundert zu verzeichnen
hat, in unser Aller Erinnerung. Abge
sehen von der umgeftaltenden Bedeu
kl Ug, welche dieselbe mit Hilfe der pho
trchernischen ReproduktionsWerfahren
aufdie Jünstrirtunsi und den Buch-:
diiick zu gewinnen wußte, haben auch
die Versuche, die Photographie mit der
Farbe zu vermählen, bedeutend an Ter
rain gewonnen, so ist z. B. der photo
graphische Dreifarbendruct schon heute
als eine schöne Errungenschaft unserer
Tage zu verzeichnen.
»G:r·adezu stauneiierreaend sind auch
die Dienste, welche die Photographie in
Verbinduna mit anderen Techniken der
Wissenschaft geleistet hat. Das Neuefte
in dieser Richtung ist die plastische
Nechbildung von Körpern mit Hilfe der
Photographie Photostiilptur nennt
nicin offiziell diese Kunst, und ein Herr
Selte ist ihr Erfinder
Versuche sind bereits früher von dem
Franzosen Willeme gemacht worden.
Ei hoffte dadurch zum Ziele zu gelan
gen, daß er mit einer größeren Anzahl
rhotographischer Apparate, die er trete
formig um dasModell aufstellte, gleich
zeitig Aiifnahme machte.
Wurden die hieraus refuliirenden
Silhouetten ver röfzert und mit geeig
neten Instrume. ten auf den Modellir
bloct übertragen, so kam ein Abbild
heraus, das in seinen groben Uinrissen
dein Modell nicht ganz unähnlich fah.
Der Hauptfehler lag nur darin, daß
die tieferliegenden Stellen wie Auge,
Ohrmuschel u.- s. w. in keiner Weise
durchmodellirt wurden. Infolgedessen
Anwendung nicht recht geeignet.
Erst ietzt, nachdem der Kinemato
grcph über das erste Stadium seiner
Entwickelung hinausgetonimen war, ist
es dem Bildhauer und Photographen
beies Verfahren zu finden.
Dasselbe besteht im wesentlichen da
rin, daß zur Aufnahme nicht eine ge
wkhnliche Ateliercamera, sondern ein
photographischer Apparat Verwendung
findet, wie solche ziiin Zwecke tineina
tographischer Aufnahmen gebräuchlich
sind. Jn diesem Apparat wickelt sich
während der Aufnahme. die nicht län
ger als eine gewöhnliche Porträtaufs
na·hme«d»auk«rt, ein«nii·t derLichtenipfinw
,--,!k t, ,
(
i
ioar dieses Verfahren zur praktischen;
Selte gelungen, ein prattisch verwend- »
tlllkll Lucan- gcuuuuce Grau-umfun
sen ab, aus welchem während der tut
zcn Expositionszeit nicht eine, sondern
etwa 40 bis 50 Momentausnabmen ge
macht werden.
Das Modell befindet sich während
dieser Zeit aus einem Podium nnd isi
von einem halblreissörmiaen, balda
chinartigen Ausbau umgeben (vgl. die
Abbildung Beschattnnasapparat). Jn
dem letzteren hat das zur Erzielung
einer gleichmäßiaen allseitigen Beleuch
tung nöthige, aus einer Anzahl von
Bogenlampen bestehende Beleuchtungs
system Aufstellung gesunden, dessen
arelles Licht durch vorgesetzte blaue
Glasscheiben etwas aemildert wird.
Außerdem wird aber durch das violette
Licht jegliche Farbenwirlunq ausqeho
ben, so daß nur die Form zur Wieder
gabe kommt.
Zwischen Idieser Beleuchtungsanlage
und dem Modell befindet sich außerdem
ein ans verschiedenen Gliedern zusam
n.engesetzter, stellbarer Gürtel, welcher
das Licht von dem Modell z. T. ab
blendet und bei geeigneter Stellung
durch Erzeugung eines starken Schlag
schattens das Relies grell beleuchtet her
rsortreten läßt.
Dieser Gürtel steht mit dem photo- «
graphischen Apparat in Verbindung«
—
und bewegt sich, während das Modell
still sitt, zwischen einer Momentaus
nahme und der anderen um mehrere
Millimeter gegen die Cameta zu.
Da durch dassVotrücken des Gürtel-s
das auszunehmende Modell mehr und
mehr beschattet wird, bis schließlich die
höchsten und Oletzten Punkte im Dunkel
verschwinden (vgl. die Abbildung), so
bilden die einzelnen Momentausnah
men, — eine allseitige gleichmäßige Be
leuchtung vorausgesetzt, —- jede siir sich
eine Silhouette der in derselben Be
leuchtungsebene gelegenen Punkte.
Währnd also das erse Bild der gan
zen Aufnahmenserie den größten Pto
Fig «
Bela- ttunnösivpnat zut- Ausua me vcu
Phantasieen-ein
filumriß zeigt, weist die zweite Auf
nahme bereits ein lleinech Prosil aus
nnd so fort; bis allmählich die tiefe-i
liegenden Reliestheile, also Rase, Auge,
Mund eie. verschwinden, und nur die
heichaelegenen und daher länger beleuch
teten Gesichtstheile wie Wangen, Ohr
. und Haare sichtbar sind-.
; Aus diese Weise erhält man 40——50
- Ausnahmen desselben Objeltes, deren
jede nach Maßgabe des immer weiter
verrüclenden Schlagschattens jedes-mai
einen anderen. etwas höher gelegenen
Durchschnitt des Profils giebt, so je
drch, daß die einzelnen Ausnahmen pa
mllele Länasschnitte durch das Prosil
bilden und jede derselben die in einer
Beleuchtungsebene gelegenen Punkte
enthält.
Alle diese Bilder werden nun in dem
selben Maßiabe bis aus Lebenggrdße
Eine Photoc.ulxstue- Aufnahme
vergrößert, in starkem Kartonpapier
ausgeschnitten und in der Reihenfolge
der entsprechenden Aufnahme über
einander gelledt, so daß man ein an
den Rändern treppenartig sich abstu:
sendes Relies erhält, welches schon in
diesem Zustande eine fprechende Aehn
lichkeit mit dem Originale aufweist.
Zum Ausgleich der oorerwähnten
Urebenbeiten wird dieses Kartonrelief
aber noch mit der Modellirmasse iikep
gc.ngen, gewissermaßen retouchirt, wo
rauf das-zur Herstellung der Photo
stnlptur benöthigte Modell fertigge
stellt ist.
Von diesem Modell nämlich kann
nrnmehr in der bekannten Weise die
Form genommen werden, aus welcher
Abgiisse je nach Wunsch in Bronze,
Gips, Elsenbeinmasse, Terracotta etc
in beliebiger Anzahl zu gewinnen sind·
Die Erfolge, welche mit diesem Ver
fahren bereits erreicht sind, und von
welchen- wik in eine-r unserer Abbildun
Fsg I
s·s «
Liii
« UT
crucem-eignet it weite-Ausnahmen
gen ein Beispiel bringen, sprechen sür
sich selbst, die gebotenen Vortheile lie
gen aus der Hand.
Abgesehen von der relativen Billig
keit der Photoskulpturen ist durch deren
Herstellung aus photographischem Weg-.
djc srappanteste Aehnlichkeit verbürgt;
die Schnelligkeit, mit welcher der ganze
Vorgang sich abspielt, erspart außer-«
dein siir das Modell die ertniidenden
Sitzungen, so daß in den meisten Fäl
len bei Abpnssung des geeigneten Mo
nkentes ein gesälliger, urigezwungener
Gesichtsnusdruck erreicht wird-.
Kein Zweifel, daß dieses iijnqste
Kind der photographiscan Technik
einer bedeutenden Zukunft entaegengcht
und in ähnlicher Weise dazu beitragen
n·ird, den Sinn siir die Plastik zu
trecken llnd zu fördern, wie die Photo
graphie das Verständniß silr die Ma
lerei in weite Kreise getragen hat.
N
I dienende-. .
,,König Milan,« so schreibt das Wie
ner Extrablatt, »der oft durch längere
Zeit als Gast des Grafen Eugen Zi
in Ungarn jagt, ist vor einiger «
dein Ungariscpen Landes-Jagbschup
verein ais Mitglied beigetretery hat
aber bei der Fülle seiner Geschäfte da
ran vergessen, die Mitgliedgtaxe fiir .
das Vorjahr zu bezahlen. Nun veröf
fentlicht der Verein in seinem amtlichen
Organ, dem ,,Vadaßlap«, die Liste der
mit der Jahrestaxe im Rückstande be
· findlichen Mitglieder. In dieser Listr
figurirt auch unter
»Ur-. disk-i Ucilan der Erste, geni. ser
bischer stönig . . . . 53 fl.«
Röniq Milan kann es wohl zum
Troste gereichen, baß außer ihm noch
thsz Personen in der Reftantenliite fi
guriren, rie ivohj nicht pensionirte Kö
nige, aber zum Theil active Millionäre
sino.« Wie froh wäre ver gute König
Milan, wenn er nichts weiter schulkig
wäre als diese B Gulden.
st- ät It
Eine interessante Persönlichkeit ist
Pio Centro, der alte treue Kaminerdie
net des Papstes. Tag und Nacht ist
er um den greifen stirchenfiirstcm Ein
ganzes Menschenleben hat er in den
päpstlichcn Gemächern verbracht M
kennt beinahe, wie sein Gebieter, die
Stadt Rom nur mehr Vom .5;-örensaaen.
Cao. Pia Eentra (»Cavalierc«, nämlich
des Orden-s- von S. Gregorio), der mit
Recht als ,,alter Ego« des Papsteg be
zeichnet wird, ist ein Landsmann Lebs.
Daher die grrsße Gunst, ja Freund
schaft, deren er sich bei dem hohen Herrn
erfreut. Geboten 1848 als Sr bn eines
aus Carpineto stammenden, aber in
. Rom lebenden bntmarherä defizi
f
Kundschaft fast nur aus Cardinslety
Prislaten u. s. w. bestand, ward Pia
ron des Papste-Z BrudexspdemE en
Petri, fiir den persönlichen Dienst eos
des Dreizehnten ausersehen und stieg
binnen Kurzem bis zum Posten des
»A(ljut;mtc rii Camcra« (Kammet
adjutanten) Seiner Heiligkeit Jn die
sem verantwortungsvollen Amte stellt
nun Centra, der mit seiner Familie im
Vatikan und zwar dicht bei den Most
lichen Gemächern wohnt, seinen Mann.
Er weiß, daß von ihm und seinem
Dienst zum guten Theil dasWohlbefin
den des Vapstes abhängt, und so viel
an ihm liegt, versäumt er nichts, seinen
Herrn zu befriedigen. Früh Morgens
ist es ,,Piuccio« (,,der kleine Pius«. wir
der Papst ihn vertraulich nennt), der
Leo den Dreizehnten weckt; freilich fin
det er ihn auch häufig genug schon bei
der Lectüre, denn Leo ist ein Frühauf
fieber. Dann iit Pio ihm bei der Tof
lette behilflich, gießt ihm Kölnisches
Wasser in die Waschschüssel, trocknet
ihn ab, hilft ihtnbeim Anziehemwobei
er ihn zum Schutz gegen etwaige Erkal
tung wie ein Kind in eine wollene Decke
einschlägt. Kurz, die ganze Toilette
des Papstes liegt in Centra’s Händen»
zu dem derPapst jüngst scherzend mein
te: »Nicht wahr, Piuccio, ich brauche
länger als eine Dame, um mich anzu
ziehen? Und dabei gehe ich- nicht einmal
in Gesellschaft.«· Piuecio dient dem
Pavst auch alg Friseur und Barbier.
Als Leo der Dreizehnte sich der be
kannten Operation unterziehen mußte,
wurde Ecniraaus Angst um seines
Herrn Leben so weiß wie die Wand
und schluehzte herzzerreifzend so daß
der Papst alle Miihe hatte, den Aufge
regten zu beruhioem »Aber Centra·
fcssse Dich doch! Nicht Du sollst operirt
werden, sondern ich!«
II s- di(
Erland Nordenstjöld, der Sohn deg
Polarforschers, beobachtete an der
s. iiste von Patagonien aus dem ruhigen
vier nur leicht aeträuselten Wasser des
langen engen Meeregtanals vonUltima
Ceperansa lleine Schieferstiickchen die«
in größeren oder kleineren Hausen zu
semmengepaclt, anf dem Wasser zu
schwimmen schienen. Sie trieben in
der Nachbarschaft der Kiiste hin und
her, bis sie von der starken Strömung,
die zuweilen durch den Kanal fließt,
sortaerissen wurden. Die kleinen
Steinpliittehen waren in so großer
Menge vorhanden, daß innerhalb we
niger Minuten etwa 700 Stück davon
aufgefischt werden konnten. Da die
Ufer der Meereestraßen aus einem
scinvltttigen Shiefer bestanden, so
krnnte kein Zweifel darüber sein, daß
die kleinen Steine vom Ufer ausge
waschen und so in das Wasser gelangt
traten. Die obere Seite der Schieser
fiiirfrkwn innr- nkinxiisk ten-san nnd si
senken sofort unter, wenn sie durch Be
riilxrung oder durch dieWellendewegung
befeuchtet wurden. Nordenslsöld präste
das spezifische Gewicht der Steinchen
und fand es zu 2.7, also nahezu dem
Treisachen der Schwere des Wassers-;
danach hätten natürlich die Steine so
srrt untersinken sollen. Allerdings
waren sie nur sehr tlein und das größte
Stück loog nur (),8 Gramm. Die Ver
muthung, daß etwa kleine Luftporen
in ihnen vorhanden sein könnten. durch
die sie iibcr Wasser gehalten würden,
wie etwa vulkanischer Bimsstein, der
ja auch auf dem Wasser schwimmt,
lurdc nicht bestätigt. Der Forscher
erklärte die eigenartige Thatsache vor
läufig daraus-, dass sich an der unteren
Fläche der Steinchen kleine Gasblasen
ansetzten und dgdurch die Last iibet
Wasser halten. Woraus diese Gasblck
sen bestanden, lonnte nicht mit Sicher
heit festgestellt werden, jedoch hatte es
den Anschein, daß sie von winzigen
Pflänzchen aus der Familie der Alqu
olssaesondert waren, die sich aus den
Steinen festgesetzt hatten. Daneben
diente gewiß die settige Eigenschaft des
Schieserg zur Verhinderung der Be
seuchtung durch das Wasser.