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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Feb. 16, 1900)
I Sein einiger Freund. Stizze von M· Schoepk . hoch oben wohnten sie, gleich unter’m l Dach. Vier steile, wacklige Treppen mußte man steigen. ehe man-hinaus karn. Ein Gluthosen warls im Sommer, im Winter ein Eiiteller. Aber auch das s hatte sein Gutes. Denn wenn den Be- s wohnern die steifen Glieder zu ersrieren ; drohten« hofften sie aus die wohithiitigen » Wirkungen der Julisonne. Und meinten - sie vergehen zu müssen in der«dunstigen, » briitenden Atmosphäre. die der Sommer ihnen bescheerte, war's doch ein Trost. überzeugt zu sein« daß sie endlich einer ersrischenden Kälte weichen müsse· Der ewige Wechsel hielt die Leute aufrecht. Der Alte war Schuhmacher, ein unzu sriedener, mürrisch:r, philosophischer Kopf. Nichts tonnte ihm ein Lächeln ent locken. Und wenn man ihm wirklich ein-— i , mal eine Ilickarbeit auftrug, zeigte er s dem Besteller ein so düstereg, unheilvol- « les Gesicht. daß dieser voll Grauen arti den schiefen Absatz oder die durchlöcherte Sohle blickte und sich die bittersten Vor- i würse machte, den Mann belästigt zu i haben. Am Fenster, gleich neben dem schmutzigen Schemel, saß Tag siir Tag und Jahr siir Jahr die sinstere Haus stau. Starken Blickes übercoachte sie Iie gegenüberliegenden Fenster. Nichts ent Sieg ihr. und obgleich sie nie nrit oen achbarn ein Wort gewechselt -- - dazu war sie zu stolz --—-, regte sie sich doch iiber Alles aus, wag bei ihnen vorging, was auch viele Schustersrauen mit ihr gemein gaben sollen. »Was? heute zwei halbe iter Milch? Haben die'-3 denn jetzt io übrig?« »Da tlatschen die Beiden schon die ganze Standes Woher sie nur die Zeit nehmen!« »Na sieh’ Einer! Or dentlich ein weißes Vorhemdl Mka denn eine Beerdigung?« Sie erhielt nie eine Antwort. Aber sie hatte eine so überreiche Phantasie. daß es ihr ein Leichtes war, sür Alles eine Erklärung zu finden, und oft schalt sie sich in eine blinde Wuth hinein über das Gebahren der Leute, die sie doch gar nichts ans gingen. Die Gatten sprachen sast nie mit einander. Was sollten sie sich auch sagen? In oer vunret ten kecke der Manfarde, da wo sich das ach zu spitzen Winkeln senkt, saß der Familie Erbatter und Er nährer und flocht in müßigen Stunden Stuhle und Korbe. Ganz mechanisch waren feine Handgriffe; nie schneller, nie langsamer. Der gekrümmte Rücken, die mageren, eckigen Schultern waren irn Sommer fast nackt, im Winter mit dicken, wollenen Tüchern umhüllt. Nie murrte er wie der Vater-; nie zanlte er wie die Mutter. Nur wenn die Luft un: erträglich wurde oder seinen erstarrten Fingern das Geflecht entglitt, seufzte er tief und schwer auf und wandte langsam die blöden Augen dem Lichte zu, das- er doch nicht sehen konnte. Der Familie Ernährer war blind. »Die armen Eltern!« sagten die Haus bewobner mitleidig, ,,wie fchreaiich. den blinden Sohn zu haben!'« Sie machten sich zu Märtyrern. lonnte es dem armen Jungen nicht verzeihen, blind zu sein Und so war es wohl getommen, daß die beiden Alten sich unter den Leuten stets mit einer Leidesmiene zeigten, die in’ dekz schnitt » Natürlich ließ man den Blinden nie tttlein aus die Straße. Mein Gott, wie leicht ionnte ihm etwas zustoßen! So war es rührend anzusehen, wie der Vater den Sohn sorgfältig führend dir Straße hinuntergeteitete bis zum Hafen. I Schweigend schritten sie vorwärts-, Arm « in Arm, in schlichte schwarze stieider ge- ; hüllt, denen man den jahrelan en Ge brauch gar deutlich ansah. i escheiden wichen sie dem- bastenden Menschenstrom aus, durchtreuzten mit rubi er Sicherheit die von Lastsuhrwerten al er Art übers füllten Straßendiimnie und lamen oft» nach langer Wanderung an einen der s großen Kausfahrer, die verankert am! Bollwerk lagen. um neue Fracht und Kohlen einzunehmen Sorgfaltig klet terten sie die steile Treppe hinauf, der s Vater dicht hinter dem Sohne, wechsel-— » ten oben turze Worte mit einem Matro- I sen und verschwanden endlich in einem dunklen Loch, wo eine Treppe, schwarz und steil, in den Bauch des Schiffes hin abfiibrtr. Nach einiger Zeit tat-i der » Alte allein zurück, finsterer und mürri- ; scher wie je, begab sich in eine dumpfe Matrofenlneipe und saß dort dor einem I «Steifen«, bis es Zeit war, den Jungen wieder aus feinem Loche herauszubolen ; Der Junge schippte Itoluen j Ei war ja nicht viel, was er dafür ( bekam Und er hätte auch gern-, ach, so herzlich gern die doppelte Zei: acscbippt 4 -— aber er war ja schon nach den vier Stunden so erschöpft, das-« er nur nvchl mit zitternden Knieen die schmale Treppe s hinaufsteigen konnte und dann vor tusti ! gern Herztlopfen kaum Athem betain ; Dann ließ ihn wohl ein barmherziaer i Arbeiter aus seiner Flasche einen Schluck « trinken und ein Matrose flibrte ihn mit-. ; leidig zu einem Ballen. damit er sich stins i Minuten ausruhr. »Bist milde, min Jung?· »Ach nein, herrl« »Das glöw ener. Da is noch teen Kraft in!« llnd er schlägt ihm auf die eekige Schulter. n Korb III-U« Der arme Junge! Er war in destän di n Angst, daß man ihm seine Anträg li Stelle nehmen könne. Schrecklich Ida-XI da unten. Daß es dunkel war, fchadeie ihm nicht-. Um ihn war es ja nur immer Nacht Und auch an hist war er gewöhnt Viel küh- » Ist als hier neben dem heizkaum war es unweit Dach daheim auch nicht. Aber l W dieser schreckliche Kohlenstauln der sich nach und nach in die Poren lehre, das unaushiirliche Blicken, das seine Mus keln zu zerreißen drohte --— das Alles machte ihm die vier Stunden im Schier zur Völle. Und doch klagte er nie. Er ar leitete ja für seine armen Eltern, dle durch ihn so grausam geschlagen waren. Konnte er sie 1e das Elend vergessen Ina chen, das durch ihn über sie heraushe schworeni Erzählte der Vater nicht, daß ihm beim Anblick des blinden Sohnes die hand gelähmt sei, die früher so flei ßig geschafstsi Und klagte die Mutter nicht, daß sie das Lachen seit seiner Ge burt verloren habe-? Also vorwärts! Nicht erschlaffen! Und er arbeitete, daß ihm der Schweiß von der Stirn iider die Wangen hinablief, daß der bis um Gür tel nackte, lohlengeschwiirzte eib wie poliries holz glänzte, bis -— ja. bis er die rauhe Stimme feines Nebenmannes hört, dessen schwielige Faust ihn plötz lich packt — »So weit wkit’ das Jammerdild mal wieder! Rasch die Flasche her! Soll er denn verrecken in meinem Arm? Trink, min Jung. trinl!« Und dann wird er irgendwo sanft niedergelassen —--- auf ei nen Hausen Kohlen ist'"5; aber die Ruhe ist so wonnig. so unvergleichlich herr lich! N- , ,- «« » II Ell LIIIcl i a, danle.« Und er schlägt die leeren lichtlosen Augen auf zu dem rauhen Freunde nach dessen polternder, darscher Stimme er eine Sehnsucht hat, wie nach der schönsten Musik. Man Stundehat der gefchwärzte, immer luchende Kerl für ihn schon gearbeitet, mit manchem Trunk ihn erlebt, mit manchem Wort ihn neu gestärkt -—— was die Leute auch iiber ihn sagen: daß er schon im Zucht-— haus gesessen, daß er in die meisten Schlägereien verwiclelt sei und vor nichts zurückschrecle, fiir den Blinden ist er ein Engel des Lichtes, der Einzige, der je ihm Gutes gethan. ,.Sollteft Dich nach etwas Anderern umsehen«, sagte er ihm einmal; «lange lannsl Du das nicht aushalten. Soll ich Tit einen Gefallen thun? Wünscheit Du Dir was?« Der Andere lächelte. »Ach ja« — und er wandte den Kopf dorthin, von wo ein leises Rauschen undPlätschern deutlich oernehmdar war. «Siehst Du, ich möchte fiir eine Minute sehen lönnenk »Für eine Minute?« «Lcinger brauchte ich ganz gewiß nicht. Jch mdchte so gern wissen wie das Wasser aussieht. Es muß wunderschön sein. Und dann —-«« «Nu. lind dann - —'« Da lächelte er. »Ach möcht’ ich sehen. Wenn iih sterbe, möcht« ich doch einen Freund bei mir haben. lind wenn ich wüßte« wie Du aus-siehst, wand doch ein großes Glücks-« Der ,,’Freund« war mit einem meet wiirdig heiseren Schrei aussgesprungen nnd hatte wieder zur Kohlenichaufel ac griffen. Und seit der Zeit durfte der Junge nur zwei Stunden arbeiten und erhielt doch volle Löhriuna. Nach wie vor brannte die Sonne aus das schräxe Schieferdach und ließ die Leute darunter auf den Winter hoffen. Und die Winter stürine riittelien an den Sparren und Ballen, und wenn der Blinde sein Ge fiechi zur Hand nahm, war oft eine dünne Schicht Schneestaud darauf. Jmi mer finsterer wurde des Alten Gesicht. immer boshafter der Hausfrau Bemer lunaen iider ihre Nachbarn. Der Blinde merlte nichts davon. Seine Gedanken weilten bei dem gefürchteten Rowdh, dei sen rauhe Stimme ihm oie liebste auf der Erde war. Er wußte, daß er einen Freund hatte. War er nicht gesegnet trotz seines Jammers? Und zweimal war er mit ihm aus dein lHafen hinaus aufs Meer gefahren und hatte ihm non seinen Wundern er·iiil«lt. Plump und unbehol fen. Und doch hatte der Blinde vor Ent zücken geschlnchit War er nicht ein gliicllicher Mensch? -—-.s.- - - lkin sonderbarer Einfall. Hlnnoristiiche Slizze von O. o. Briesen. . Das fctdn gelegene Gebirgsstädtchen Erlenbach lxatte einen Zuwachs seiner Bevölleruna in dem alten pensionirlen Regierungirath ReWW» aus der Hauptstadt lomcnend, mit Frau und zwei Töchtern dalzin übergesiedelt war. Da er lein Vermögen besass» so hatte er diesen billigen Ort gewänln wo er mit seinem Ruhegehalt ganz gemach lich zu leben vermochte. Er war ein so vialer alter Herr, der sich gern in Gesell schast besand und daher bald das Lolal aussindig gemacht hatte, in dem all abendlich die Honoratioren des Städt chens ihren Zchlaslrunl zu nehmen pfleg ten. Natürlich wurde er schleunigst Mit glied dieses Zirkels, in welchem er sich in liiirze völlig heimisch siihlte. Ein bedeu tendes Erzählerlalent besitzend und ein Freund drolliger Späsze und Einfälle, erfreute er sich im Laufe der Zeit der größten Beliebtheil und seine Abwesen deit wurde in dem Belanntenlreiie schmerzlich empfunden, wenn er aus nalmisweise mal fehlte. Daß es bei diesen Zusammenliinflen auch hie und da zu a erhand Debatten leni, an denen sich der alte Rath stets hervorragend belheiligte, dars nichthn der nehmen« zumal ihm als ehemaligen Residenzler ein gewisser Nimbns von Unsehllxarleil anhaftete. Vetsocht er eine Sache, so geschah dies mit einer solchen Energie. daß alle Anwesenden gen-Ihn lich nach und nach verstummten. cines Abends unterhielt man sich von den Steuern nnd Lasten, die heutzuta;e · der Staatidiir Hierbei wurde a gemein die Ansicht aus« · g sprachen daß es jedenfalls ungemein · s wierig sei die Steuerdehiirde zu hin-· tergehen oder ihr aus irgend eine Art ein Schnippchen zu schlagen Rechmeyer widersprach diesem lejterem Passuö, in dem er erklärte es sei sogar recht leicht, die Beamten jener Kategorie hinter's Licht zu führen. »Ich verpflichte mich'·, · · i äißerte er sehr bestimmt, »unsere Pro- » dinzialsteuerbehörde im Laufe der näch sten sechs Wochen derartig in Aufregung zu versetzen, daß sie mich doraussichtlich · al- argen Desraudanten zur Rechenschaft » ziehen wird. Selbstredend werde nicht » ich der Geleimte sein, sondern das Amt ; wird hineinsallen!" ; Wie der Sprecher dies anstellen wollte« · wußte Niemand, Alle aber waren darin einig, daß man ihnen hier etwas aufbin den wolle, mit dessen Ausführung es sicherlich hnpern werde ,,Wenn Sie meinen Auslassungen tei nen Glauben schenken«, meinte etwas ge triintt der Rath, »so schlage ich Jhnen eine kleine Wette um ein Achtelchen Kulmdacher dor, aber verlassen Sie sich daraus, Sie verlieren dasselbe!« Als man sich späterhin trennte, konnte man ans den neckenden Bemerkungen, die ; auf den Rath gemiinzt waren, entneh .- men, daß die proponirte Wette wirklich I persett geworden war. i i x i Am nächsten Morgen setzte sich Rech meyer hin und-verfaßte folgendes Schrei ben an das Stadtolzerhau«xi.t, mit dem man im gewöhnlichen Leben wenig in Berührung lam: »Geehrter Herr Bür germeister! Sie würden mich zu großem Dante verpflichten, könnten Sie mir die drei ärmsten Familien hier am Orte namhaft machen, da ich eventuell geson nen din, denselben im Falle meines To des testamentarisch ein Legal auszu setzen Der Hoffnung Raum gebend, daß meiner Bitte gewillsahrt wird, zeichne ich mich hochachtungsdoll und ergebenst Rechmeher Negierungsrath a. D. « Gleiche Briese sandte er noch an die Bürgermeister mehrerer benachbarler Orte und wartete sodann in Seelenruhe den Erfolg dieser Gesuche ab. Die Adressaten schüttelten Anfangs 7 zweifelnd das haupt, in der Annahme. daß man sie zum Besten haben wolle, dann aber faßte der Gedante bei ihnen Fuß, oer sonderbare Fall tönne vielleicht dazu führen, eine Steuerdefraudation auszudecken Zu dem Ende wandten sich mehrere der erwähnten Herren an die Behörde und fragten an, ob Herr Regie rungsrath Rechmeyer eine Vermögens steuer entrichte. Den Fragestellern ward der Bescheid zu Theil, dass der Betref fende außer seinem Ruhegehalt kein wei teres Einkommen angegeben habe, dem nach also als vermögenelos gelten müsse. Diese Mittheilung war ganz dazu an gethan, die verschiedenen Bürgermeister noch stutziger zu machen, denn sie nah men selbstverständlich an, daß Jemand, der Legate aussetzen wolle, doch unbe dingt über mehr oder weniger eigene Mittel derfüaen müsse. Sie theilten der Eteuerbehörde daher die Eingabe mit, T die Rechmener an sie gerichtet, und lie i szen zugleich die Vermuthung durch blicken daß es sich hier möglicherweise um eine Steuerhinterzielsung handeln dürste. Seiten-Z der Steuerbehörde, die all’ den Bürgermeistern Stillschweigen an empsahl, wurde alsbald der Beschluß ge sc-ßt, den angeblichen Desraudanten, der nicht weit vom Sitze der Regierung wohnte, vorznladen und in Betress des angeregten Punktes zu vernehmen. Rech meher sasi eines Tages zu Hause nnd schmauchte gemüthlich sein Pfeischen, atE der Briesträger erschien nnd ihm ein dienstlich-es Schreiben einhändigte, das sich als Terininsdorladung für die näch sie Woche entpuppte. Schmunzelnd steckte der Rath dieses Schriftstiick Abends-, als er sich in die Stainmtneipe begab, ein, nm den Anwesenden dadurch den Beweis zu liefern. daß die bewußte Wettangele genheit in bestem Zuge sei. Zur angesetzten Zeit begab er sich Morgens zur Bahn und fuhr hinüber nach dein Orte seiner Vernehmung Als er die Bureaux der Brot-inzwi stenerdirettion betrat, hin nun ihm überall etwas reserdirt entgegen nnd er tgnnte wahrnehmen, daß sich Jedermann einer gewissen Förmlichkeit befleißiate, Vor Allem der hohe Chef selbst, an den er gewiesen wurde-. Der Letztere wan derte in seinem Gemach ans und ab, with renI ein anwesender Setretär in Er ri:.:ngelnng anderweitiger Beschäftigung am Federhalter herurtsaute Nach einer steifen Zerbenewng forderte der Herr «Direttor den Ankömmling zum Platznehinen ans und machte ihn dann damit betannt, das-, es sich um eine ihn, den Rath, persönlich bezressende An gelegenheit handle, die leider das Ein schreiten der Behörde veranlaßt habe. ,,Beantworten Sie daher, bitte«, so snhr der Beamte sort, »die an Sie gerichteten Fragen, Ihre Antworten sollen sodann in ein Protokoll gelangen, welches hier ausgenommen wird'« Nach Feststellung der Personalien trandte er sich Von Neuem an den Bor: neladenen und wünschte ans seinem Munde zu erfahren, welcheStaatsstenern er entrichte. Aus die prompte Beantwortung ent peanete der annirirendet »Weitee nichts-! Das läßt schließen, daß Sie kein Privatdermögen besitzen!« »So ist es«, bestätigte Rechineyer mit Nachdruck. »Aber, wie läßt es sich zusammenwi rnen«. hr der Beamte etwas erregt aus« Daß ie« wie mir sie-Ohren gekommen, verschiedene Legate anizusehen gewillt sind —- darin liegt doch ein bestimmter Widerspruch nne Sie zugeben müssen, denn wo lein Vermögen vorhanden ist, kann zweifellos auch nichts vermacht werden« s »Ich bitte, sich nicht unnöthig zu er eifern", antwortete der Rath höchst ge lassen, mit einem Anfluge von Ironie-, »die Sache hat einen sehr natürlichen Zusammenhang« ·,,·So erklären Sie mir, bitte, densel- 1 ben«, sprach der Vernehmende. »Ich besitze, wie schon erwähnt, kein Vermögen«, ertönte es gedehnt von den Lippen des Borgeladenen, aber — ich spiele bereits lange Jahre hindurch er folglos in der Lotterie: Nun ist doch die Möglichkeit teineewegs ausgeschlossen, daß mir vor meinem Abmarsch ins Jen seits noch ’mal ein großer Gewinn zu fällt. Diesen aber beabsichtige ich nicht für mich und die Meinigen zu behalten, sondern ich möchte einigen notorisch ar- I men Familien, um deren Bezeichnung ich dazu berufene Personen ersucht habe, s gleichzeitig davon etwas zufließen las sen. Dergestalt verhält es sich mit mei nem beabsichtigten Wohlthun, für wel J ches mich unter Umständen die etwa da von Betroffenen noch segnen dürften!« I Das Gesicht des hohen Steuerbeamten ’verla«ngerte sich merklich, als er diese . Auseinandersetzungen vernahm, die der ; Rath lächelnden Mundes vortrug. l - Als Jener geendet, brachte der andach- ! ; tig Lauschende nur die Worte hervor, in- i l ; dem er sich zum Selretär wandte: »Zu l reißen Sie das Prototoll und machen Sie, daß Sie forttommenl« Dann sich zu Rechmeyer wendend, fuhr er fort: »Wir sind heute augen scheinlich riesig ’reingefallen, Herr Rath; wer konnte aber auch ahnen, daß Sie 1 solche Späßchen in Seene setzen würden! s Jch bin übrigens von Herzen froh. daß H die Sache einen solchen Ausgang genom- l men hat, wenn ich auch die Hänseleien i meiner näheren Bekannten ob meiner Leichtgläubigteit mir für die nächste Zeit gefallen lassen maßl« Als Rechmeyer noch selbigen Abend » seinen Freunden brühwarm und aus- » führlich den ganzen Ull berichtete, ge- s stand Jeder gern ein, das; er den Vogel adgefchofsen und sein Fäßchen redlich verdient habe. -- ——--—.I.--«-- s Basnernomm ---——-—-...---.-« Von Friedrich Huffong. ---—,..»»-. Das Feuer im Ofen brennt; die brennenden Scheite knistern; manchmal . giebth einen richtigen Knall und einen lustigen kleinen Lärm. Es ist, als ob freundliche Geisterchen ihr Weer in dem Ofen trieben. Jch hab’ das immer gern gehabt, das Kniftern und Sumfen im Ofen, wenn's draußen lältet wie heute und drinnen und draußen dunkelt wie jetzt. Meine Ofcnthiire hat ein kleines Gitterchen, da fällt rothgoldener Feuer fchein durch, der springt zu meinen Fü ßen hin und her und springt neben mir an der Wand auf und ab bis zur Decke manchmal. Nur dicht beim Ofen macht er wirilich bell, das übrige Zimmer ift dämmerig, und ganz entfernt vom Ofen ift"5 duntel. i l l Jn der Nacht vorm Fenster draußen ift ein schwaches Schininiern von den Later nen der Vorstadtstrasze. Es ist bloß, uin das wirke Durcheinanderwirbeln der Schneefioeten besser zu zeigen, die da draußen niedergehen. Große weiße Sterne in dichtem Gedräng; sie fallen langsam nieder, von der Luft halb getra gen; aber sie machen ungeregelte Seiten-« sprünge, und das giebt dann ein wildes Durcheinander, daß man oft meint, sie tanzten im Kreis umeinander. Manch mal jagen sie-, haschen iiiid überholen sie sich. Schneesloiten vorm Fenster. — — « Ich glaube, alle Menschen haben sie gern; die kleinen Buben und Mädchen und die gro ßen Buben und Mädchen, die Männer und Frauen, und die ganz Alten. die doch sonst den Winter fürchten. Die Schnee floeten sind aute lleine Geister, sie sind Spielzeug für’s Ange, sie sind Träume bringer, sie sind Geschichtenerzähler Da fliegt eine oben gegen die dunkle Scheibe und bteibt haften. Jst’5 nicht, als guckte sie zn niir herein? Und ist’H nicht, als ginge oon meinem Herzen zu ihr ein feines Band und alg erzählte sie meinem Herzen ein isteschichtchens »Ich sah dich schon einmal. Damals hing ich an einer anderen Fensterscheibr. Jn ei nein Dorf toa:«’9, weißt du, bei dir da heim. Aber zwischen Weihnachten iiiio Reujahr ioar’L auch. Du glaubst nicht« daß ich Jahre alt werden könne? Jch bin so alt wie du. Meine Seele ist so gut seit Ewigkeit, wie deine Ihr Men schen seid nur zu eitel, daran zu denken Freilich unser sichtbares Leben ist iin s iner gar tiiri. Meinig- daiiert nur, bie ich da an der Scheibe runter geru: seht bin i auf das Gesiiiise zu dein anderen Schnee, der da liegt Dass ist todter Schnee, und auf der Straße lieat nu: todter Schnee Efiir Kinderspiele, fiir Schneenianner uno Ballenwerfen nnd Schlittenbahnen Die Flockenseelchen sind nimmer darin, die sind auf zuni Himmel, bekommen dort einen frischen Körper. leben wieder ein turzes Dasein, bis sie einein Menschen ein kleines Geschichtchen erzählt oder auch nur ein Bischen neuen Schnee niederge tragen haben site Kinderspiele oder siir die Flaunideite der Saat. Das ist ein schöner Lebenszweck. — Sieh, jetzt rutsch ich.« —-—— Und da rutscht sie. Da klebt eine andere Flocte an der Scheibe und sieht herein. «Weißt du auch eine Geschichte file mich2« W »Nein; ich sah dich nie, und wir kön nen den Menschen nur erzählen, was in ihnen selbst geborgen ist« können nurt wecken, was in ihnen schlummert. Jch i kann nur ein rasch keimendes Samen korn in deine Phantasie werfen, kann nur eine Erinnerung in dir wachrusen. . Was aus dem Keim kommt, weiß ich» nicht, und welcher Art die Erinnerung » sein wird, weiß ich auch nicht.« —- — - Wir redeten das nur in Gedanken zu· einander. Da ist die Flecke schon nieder-— : geglitten aus Fensterrahmen und Ge sims. ; Gleich ist eine andre da· Sie ist ganz nah am untern Rande gegen das Fenster ; geflogen. »Zwischen Weihnachten und« Neuen-: ist eine schöne Zeit . . Da ist t sie schon unten. z Ein schöner weißer Stern weht ganz « oben an die Scheibe. —— Die große dunk-· J le Kammer hinter der Küche gefällt mir; s dort hat man uns Kinder eingeschlossen, I weil jetzt drüben das Christkind bei Va ter und Mutter ist und die Bescheerung mit ihn-en ordnet. Man hat uns Licht geben wollen, weil wir uns sonst vor: dem Dunkel fürchten; aber heute wollen wir kein Licht. Wir sitzen im Dunkeln und legen die Arme umeinander und un sere Herzen zittern von der frohen Aus regung. Drüben gehen Schritte hier hin und dorthin; manchmal hört man eine hohe Frauenkopfstimmex in so un natürlichen Tönen spricht kein Mensch, das ist das Chriitkind, dann hört man einen großen Baß, das ist der Knecht Nikolaus, und manch-mal klingelt ein kleines helles Glöckchen, das ist desChrist iinds Packesel. — O der Wunder, der Wunder-! Wir salten die Hände und sin gen Weihnachtslieder, und unsere Kin derstimmen zittern; die Kehlen sind uns eng. Wie lang, wie sehnsüchtig harren wir, und wie selig ist unsere Sehnsucht. Und endlich hören wir die Stimme, wie sie lein Mensch hat, draußen im Gang und der große Baß brummt nochmals aus eine merkwürdig übermenschliche Art, ein Paar schwere Stiefel stolpern denHausslur entlang und desEselsGlöck chen läutet hinaus aus die Straße. — -— Ein schönes, schönes Bild. —- Da gleitet meine Schneeslocke zu den andern. —- Ja, das war schön, und die dunkle Kammer werd’ ich nie vergessen, und wie dann die Thüre ausging, und man holte uns, und wir gingen mit unsicheren Schritten zumWohnzimmer, und da war ein Glanz —- ein Glanz! —- Was ist alle Herrlichkeit gegen die Herrlichkeit des Christbaums der Kinder? Was isi alle Menschenseligkeit gegen Kind-erhu zcnseligkeitls — Neue Flocken gegen die Scheiben, neue Bilder. Da ist eine-: Sylvesterabend Wir sind auf der derschneiten Straße zur stir ehe gegangen. Das einzige Mal imJahr, dasz unsere Dotfkirche niit lichterhellten Fenstern in die Nacht schaut. Lampen hängen Von der Decke, Lampen hängen an den Wänden, Lampen stehen aus tell tar und Fian«3el.«21uf den Bänken hin sind viele weiße tierzen aufgesteckt Der Pfar rer hat eine Rede gehalten, die alte Or gel hat gesungen und die Leute haben mitgesnngen. Wir Buben haben einan der die Kerzen ausgeblasen und ange steckt, wir haben die Bänle mit Wachs bei tropst und unsere Hosen. Der Schullet) rer, mein eigener Vater, hat uns dafiir bei den Ohren genommen. Dann sind wir unter den seierlichen Klängen der Orgel entlassen worden. Wer von uns ruchlos genug war und Gelegenheit fand, hat sich beim Weggehen eine von den Ker zen stibitzt, auch zwei, wennss ging. — Jeszt sind wir alle daheim nnd wärmen uns, denn in der Kirche war’s kalt. Und nun giebt’s rothen leuchtenden Glühwein, der ist süs-, und heiß; und mitten in den Tisch hinein wird eine Stopsnadel getrie-Ä ben und eine durchlöcherte halbe Nuß schale darüber gestülpt und darüber ein großer Zeiger, aus einem dünnen Brett chen und am breiten Ende mit einein Loch versehen, an die Nadel gehängt. Dann wird er gedreht und dein Laus der Spitze nach mit Kreide ein Kreis gezogen und um den noch ein größerer, und der lKreis ring wird in Felder eingetheilt, die wer iden nnmerirt: Null, eing, zwei, drei, null, eine-, zwei, drei. Dann geht’s:« losz. Surr, surr, kreist der Zeiger; Alle der Reihe nach treiben ihn und wo er ste hen bleibt, werden Nüsse hingelegt nach der Nummer des Feldes-, und wenn schon welche dort liegen, werden sie weggenoin men. Das gewinnt nnd verliert. Dabei werden Nüsse aetnactt und Llepsel ges schalt nnd Glühwein getrunken; wer s nicht spielt, erzählt und plaudert. Die teine Schwester fängt an zu heulen, weil sie all ihre Nüsse verliert und schiebt den Zeiger, wenn er halten bleibt, wiss ihr paßt, aufs nächste Feld, wo Nüsse liegen. Da scheuten ihr Alle von den ihren, so— aar ird, und da lacht sie wieder, und der E Zeiger kreist wieder: Surr, surr. Auf einmal schlägt’5 zwölf Uhr. Da sangen die Glocken an zu läuten. Das Spiel steht still. Burschen, die auf den « Straßen sind, rufen das neue Jahr an und feuern Zchüsse ab. Die Leute Ina chen die Fenster auf, auch wir die unse ren; das giebt ein Nuer von Fenster zu x Fenster, und von den Fenstern aus die l Gasse, nnd von der Gasse zum Fenster; draußen rufen die Burschen, nnd drin s lärmen die Kinder-, Gläser werden ge füllt, aneinandergetlingelt und ausge trunken; Alles ist wie toll vor Freude. Viel Trübsinn schlägt da in Freude um; viel Leid und Trauer bleibt auch, aber die Freunde merkt dag- eine Zeit lang nicht. Mit Rufen, Glockenläuten, Gliisertline gen und Glückwünschen geht das Jahr zu Ende, — ging das Jahr zu Ende, früher, wie ich noch ein kleiner Junge war und daheim. heiter werd ich allein siyen und WM voriges Jahr fast Ema allein und vorvori ges Jahr. Und n chmsl wert-' ich allein sthen müssen —- Nun dann brin- i gen die Schneesloeten mir ihre kleines schien Geäiitsche tleckl -—— Ein schwacher Wind stoß wirft ein ganzes Flockenkliimpchen an s Fenster. Eine arge Geschichte fiillt mir ein: Jch glaubte nimmer recht an die Uebernatiirlichleit der Fistelftimme die wir in der dunklen Kammer hinter der Küche von drüben herüber hörten, ich glaubte auch nicht mehr recht an den himmlischen Esel; aber ich traute meine Zweifel nicht auszusprechen. Wieder war Weihnachten nahe. Jeden Abend hörten wir das Christkind auf seinem Esel durch s Dorf tlingeln und lauerten er wartungsvoll, ob die weiße Gestalt auch zu uns komme und Aepfel und Nüsse e gen unsere Sprüche und Verschen eur tausche. Es ist Abend; ich stehe am Fenster und sehe auf die schneehelle Dorfstraßr. Von fern kommt verheißungåoolles Gellingel. Jch mache den Hals länger und strenge die Augen an. Da kommt es Eine weiße Gestalt auf einem Esel, nebendran der bekannte, dickbemanielte Nikolaus mit Fausthandschuhem Pelzkappe und Stecken. Jch sage trotz meiner ungläubi gen Zweifel mein Sprüchlein; der Niko laus, irdisch oder überirdisch, ist doch eine unbestreitbare Wirklichkeit mit einem Stecken: Christtindchen, Christkindchen, lomm’ inv unser Haus! Leer’ »ein goldne-H Siiclchen aus! Stell’ Dein Eselchen auf den Mist, Daß es Heu und Hafer frißt. Jetzt ist die himmlische Dreiheit gerade vor meinem Fenster. Jch sage mein Sprüchlein mit verstärkter Tonart, der Nikolaus sieht gar so greulich aus: Stell’ Dein Eselchen auf den Mist. Daß es —— — Auf einmal bockt der Esel, hopp, hvpp. und der weiße Engel fängt hell und laut - an zu schreien, der Nikolaus aber lacht furchtbar. —- Jch bin starr. Der Esel macht weiter: hopp, hopp, immer die ; Vorderfüße am selben Fleck und die Hinl J terbeine in der Luft. Die Himmelsbotin ; schreit und quiett, der wilde, brummng bärbeißige Nikolaus dreht sich vor La chen. . . »Frit3, hilf, hilfl« schreit der weiße Engel. Der ruft unter Lachen: »Bleib' draus sitzen, Karlin, dann sallst nit runter. Bleib’ drauf sitzen, dann sallst nit run terl Bleib’ nur draus sitzen, Karlin!« Mir geht eine gewisse Erleuchtung aus, die dämmernde Aufklärung wird Tag ,,’s ist der Schrei-Fritz und Schmidtö Karlin«, rufe ich triumphirend, »der Schrei Fritz und Schmidts Karlin!« Mein großer Bruder ist ins Zimmer - und ans Fenster getreten. Der hat die » Sache mit einem Blick übersehen, er er : sticlt mein Trinmphgeschrei. indem er mich am Kragen nimmt und vom Fen ster ioegbesördert. »Strick, nichtsnutziger!« Aber gerade noch hab’ ich gesehen, tvie der Esel fast einen Purzelbaum schlägt und feine weiße Reiterin laut treischend unter dem Beifallsgebrüll des Schrei Fritz in den Schnee fliegt. »Du hast den Esel getitzelt. —-— Du hast ihn gekitzelt,'· hebt Karlin laut zu zanken an. Da schleppt mich mein Bruder aus dein Zimmer. Umsonst. Ums-nst auch, das-, man mir einzureden sucht, das Christtind und der Nikolaus hätten nur einen Spaß machen wollen. Jch lasse mir nicht-«- mehr vorsluntern. Als Schmidtg Karliu vom Esel fiel, weil dek Schrei-Fritz ihn kitzelte, ging meinGlaus be verloren. — Da rutscht das Sdtneetiiimpchen vom Fenster auf-· Sims. — Meine Hausfrau bringt die brennende Lampe. Sie stellt das Licht aus den Tisch und geht wieder. Wie unsrenndlich ist eg geworden. Eine fremde arme Stube mit fremden Dingen drin und mit fremden Augen nnd frem der Hand geordnet Ich stehe aus nnd lösche die Flamme ausz. Eis ist wieder dunte1. Nur durchs tititterchen in der Osenthiir fällt der rcthaoldene Schein nnd tanzt an der Wand auf uua ab und am Fußboden hin und her. Ich tret· ans Fenster und seh’ hinaus. Die Vorstadtstrafie ist weis-, ron Schnee, aus deu Dächern und aus Den Gesimsen lieat Schnee, und in der Lust tanzen unzählige weiße Flocken· lebendiae Flocken, aute kleine Geister cheu . . . . . -.-« -«ss . Der unerwartete Ehe « in a n n. -Die Geschichte Enoch Arocng ist typisch, sie lehrt immer wieder. So wird folgendes berichtet: Jm Jahre 1864 wanderte der Seemcinn Peter Gla oan aus der Ortschast Padorica bei Fiunie nach Amerika ang, um dort sein Gliicl zu versuchen. Dei er absolut keine Kunde von sich gab. war er bald ver schollen nnd vergessen. Seine Frau, die nochmals heirathen wollte, ließ ihn be hördlich siir todt erklären und lebt schon seit einigen Jahren in zweiter glücklicher Ehe-. Dieser Tage erhielt nun die schon alte Frau einen Brief aus San Fran« cis-co, tote aus einer vergangenen Welt. Ihr erster Gemahl Peter Glavan theilte ihr seine bevorstehende Ankunft mit und avisirte ihr eine Geldsendung. Er be finde sich - schrieb er « in guter Ge sundheit und habe, einem früheren Ent schlusse treu, so lange nich-'s von sich hören lassen, bis er ein Vermögen er werben habe, was ihm est gelungen sei. Man ist gespannt, wie te Juristen diese Angelegenheit regeln werden