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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Feb. 16, 1900)
Jus Ie- Anders-L stiqe von Marthe Feldern. —---—...-— .-—.-. Tiefe Stille herrscht in betn elegan ein, irn schen Stil eingerichteten Salt-n — t« e, erwartungsvolle, ehr sitrchttge Stille. Wenn die rotbieidenen Sei-inne aus den Lampen nicht ein ma gisch rothes Licht verbreiteten. würde man sehen können, baß die Gesichter ringsumher echt-richten Denn in den nächsten zehn Minuten soll sickfs ent scheiden, wer von den kleinen Damen sitzen bleiben wirb. Dort hinter den an deren Kavalieren, vie sich mit blasirten Mienen in der This- vränaen, steht ein etwa zwötsjährigcr Knabe mit trotzig zu sammengepreszten Lippen. «aus den ein paar junge Frauen eifrig etnsprechen Ein hübscher Junge im Grunde, aber dennoch präsentkrt er sich in seinem ern sacben grauen Jaquetanzug nicht sonder lich vortheilhcft gegenüber den anderen, die allesnmmt Mattosentittel aus wet ßem Loden oder dunkelfurbigem Sam met tragen. -.-.k· ·, »Aber Mlllyoio —— lage sie cis-( ou Damen jetzt eben scherzend zu ihm, »wer wird denn so sein! Solch hübsche junge Damen und Sie wollen nicht mit ihnen tanzen? So holen Sie sich doch eine.« ,,Jch tann nicht tanzen!« stößt der Junne heftig heraus. »Aber Pdlonaiie kann doch am Ende jeder tanzen. Man gebt ja nur·" »So will ich eben nicht« »Das ist aber recht unkitterlich,« » meint die Dame noch immer scherzenn I Wdem ihre Stimme sich unverkennbar J chärft hat. »Denn wenn Sie bei Ihrem Willen beharren, bleibt die eine H von den Diiinchen übrig.« » Eine Weile reden die Frauen dem ringen noch zu, dann ziehen fie sich ach lzuckend zurück. Jndessen schlägt die bezahlte Spiele tin an dein Flügel die ersten Töne einer Pplonaise an. Die kleinen 141Herren zupfen ihre handschuhe zurecht u d richten sich nnn ani. dann schreiten sie würdevoll den Solon zu den kleinen Mäd chen, machen mit tadelloietn Anstand ihre Verbeugung worauf diese sich erheben, staziöj knixen und ihre Arme in die M Mienen der Tänzer legen. ie Paare haben sich geordnet, das haustiichteriein in einein ausgeschnitte nen Blousentleidchen aus weißenSpitzen Rosentnospen im Gürtel, ein winziges Roseniriinichen schief auf die aebrannten Locken gesetzt, eröffnet an der Hand eines langangtschDsstMm stuyerbaft aus sehend-en Jungen den Zu. Durch die - Reihen der Mütter geht ein erleichtert-IS Aufathmen —-- Gottlob, die Kleine, die Mauerblümchen spielt, gehört keiner von ihnen, es ist das Kind einer nseitlänfigen Verwandten des Hauses, das maxi, wie die Gastaeberin erzählt, ans Mitleid eingeladen hat. , »Ach so,« meint eine der Damen, »das ift die —«, und nun folgen ein paar mit halber Stimme geflüfterte Worte. Die Hansherrin nickt. »Ganz recht, der Vater schoß sich todt, als die Ren-. ston so unerwartet kam, und- die Mutter ernährt sich seitdem kümmerlich durch Klavierunterricht Ich war eigentlich nicht dafür, das Kind einzuladen, aber niein Mann bestand darauf. Er meinte, das arme Kind müßte auch einmal ein Beesniigen haben. Sie wissen fa, wie er i .« Die Damen geben Durch leichte-S Rei gen deg Hauptes zu erkennen, daß sie es wiss-en, woraus alle zusammen dast ,.arrne Ding« mustern, das in seinen: hellblauen, hochgehenden Empiretlejdchen mit Dem breiten, gehätelten Spitzener nen und den in oer Mitte gescheitelten melliaen Blonbhanren ioie ein van Dycks sches Kind-Erbildniß augschaut Es ist ern süßes Geschöpfchen im ganzen Same kommt ihm keine- an Liebreiz gleich. ian wie es eben io verschüchtett nnd ängst lich blickt, sieht ex- noch rührend-er aus aLJ sonst. Doch noch jemand außer den Miiitern betrachtet oaz Kind. Es ist der Junge, der nicht tanzen wollte. « II er es sich ietzt tlar gemacht, daß bie Kleine um seinetwillen auf Das Vergnügen verzich ten muß, ergreift ihn heißes, renevolles Bedauern und sich zu einen-i mannhaften Entschluß aufrafsend, geht er rasch durch den Saal zu ihr hin und faßt sie, ohne viel Umstände zu machen, bei der Hand. »Komm« sagt er kurz. Das Kind schaut ihn aus seinen gro ßen Märchenangen verwundert an, aber dennoch folgt es ihm gehorsamst in's Nebenzinnner, wo er eg- herrisch an:veist, sich neben ihn aufs Sopha zu setzen. »Du bist wohl sehr böse auf mich, weil ich nicht ntzt Dir tanzen wollte-s« fragte er in der vorigen barschen Weise. Sie schüttelt den Konj. »Ich hin froh, baß Sie mich aus dem Saal iortgebracht haben. Die anderen Mädchen wollen ja doch nichts von mir wissen —- mein Kleid ist ihnen wohl nicht sein genug. Aber meine Martia hat kein Gelt-, um mir ein Meeres zu kaufen.« »Mit ätlt Dein Kleid viel besser-, als das der nderen," entgegnet er wohl wollend. »Aber die Mädchen find alle Gänse und die Jungen Affen; deshalb Mit ich auch blos nicht tanzen ————— weil ich kein-n Witittei anhabe, wie sie-" .Sind Ihre Eltern auch arm ?« forscht die Meint Doch lauen sind ihr die MÆML ,clssiedariiber M M aus legenheit dunkel M renipdifen. Iber weikt Du. Du must nicht immer Sie zum rs n dasxtnd auch Narrenspossennst Mut-Fest Rein old nnd Du ——— wiehei ...«Getda Und nun, da das Eis gebrochen ist. werden die Kinder g vertraut mit einander. Gerba erzä It ihrem neuen seht, der immer singt, wenn die Mama , Klavier iibt· daß sie zu einer Märchen . dorstellung ins Theater gehen soll, und i was dergleichen interessante Dinge noch « mehr sind, und er schüttet ihr sein Derz , betreffs seiner wenig sreundfchaftlichen Beziehungen u dem Jungen, der mit »dem Haustö terchen Volonaife tanzt . aus. Sie besuchen dasselbe Ghmnasium und sitzen sogar auf einer Bank aber der «Bergmann« —- daö ist fein Feind — macht sich immer über ihn lustig, weil er noch keine Tafchenuhr hat. »Er soll sich auk in Acht nehmen-, schließt net-know i mit blitzenden Augen, «einmal hab’ ich ihn schon untergetriegt, und ich hätt ihn gründlich verharren wenn er nicht so schwächlich wäre. Mein Vater sagt im mer, der Starke muß großmüthig gegen den Schwachen sein.« Unierdessen nimmt der Ball seinen Fortgang. Auf die Poionaise folgt ein Walzer, auf den Walzer eine Poltaz doch die beiden Kinder seyen noch immer zu sa mmen und plaudem Erst ais es »zum Abendbrot geht mischen sie sich unter die übrige kleine Gesellschaft- Beim Brxten sind sie, ebenso wie die Inderen Kinder noch etwas zurückhaltend gegen einander bei der süßen Speise aber, zu der man biet süße Champagnerbowte trinkt — natiiriich heißt der Champagner in Wahrheit Selterswasser — thauen die Herzen nllgernaeb auf, und Getda ver traut mi: niedergeschiagenen Augen ih rem Freunde an daß sie fast zu allen Tänzen engagirt ist. Du mußt nicht böse sein« fügt sie entschuldigend hinzu, »daß ich nicht bei Dir bleiben kann, aber -—— die anderen Knaben baten so. Doch für den Cotillon habe ich gedankt. Da plauderr ich wie der mit Dir-« »Na weißt Du ——', meinte er nun seinerseits etwas verlegen. .«dann tanzen wir ihn doch lieber usammen. Denn daß ich Dir s offen sage —- ich bin auch engagirt die dummen Mädels iiefzen mir teine Ruhe. Aber den Cotillan hab ich Dir aufgehoben und auch bei allen an deren Tänzen tanzen wir viele, biete Extratouren mit einander." Kinder! Kinder! Warum läßt man sie’s nicht ganz sein? ..... s-—» .-----—-f — -—--.--. Freund, daß sie einen Kanariendogei be- s ; In der tlarlialr. .--..,—. . . E Skizze voan.Wiir-ibmann. ) »E; bleibt nichts Andreä übrig, als zu einem operativen Eingriff zu schrei ten« hatte Tr. Schneiden der Spezia list. am Vormittag ertlört, nur hatte die vqu Anwalt sich’5 schon vorher gedacht, zwenn sie auch schonena Linchen nichts s Dir-non gejagt Und im Hause wurae vie ;Oneration gemacht, darauf hatte die FFtau Anwalt bestanden. Wie wär-e lman im Städtchen reden, wenn sie die YSchwester in·g Spital ließe, was ver jjunge Arzt zuerst vorgeschlagen --«- er Elarn von augwätts, das entschuldigte gihn, war hier sternb, wußte nicht. daß iman sie die insöparables nannte, vie ge Iztreuen Schwestern, Die Frau Rettor ar »sie das »Geschwisterideal« hieß. sie ztrugen heute noch oie Kleider von der gleichen Farbe und von gleichem Schnitt I Die stattlich umsangreiche Frau Anwalt iniit ihrem scharfen Adlerprofil und Lin «"chen’5 schmächtiger geartete Gestalt, sie zwciznten mit einander im elierlichen ;Hause, selbst die dreimonatiiche Ehe der iFrau Anwalt baite das geschwisierliche lBrisarnmensein nicht aufgehoben Bru ? riet August hatte Damals noch gelebt und Winchen das Erbgeschoß mit ihm inne gehabt, er tonnte nicht Treppenstei en wegen seines Astbmas. Jbr ganzes Ze ben hatte sich in dem hause abgespiett, in Dem sie Beide geboren waren, und knun lag Linchen krank darin, d. h. vor ? erst noch nicht, vorerst lies sie noch herum und fragte die Leute aus-, ab man auch gewiß nichts spüre, wenn man chlorw formirt sei. Wedleivig war ja Linchen immer, ein schwacher Charakter, un selbststänbig . . . . wenn sie die Schwester nicht stützend an der Seite gehabt non He z - preu und Ulme war der Frau Ret i tot anschaulicher Vergleich gewesen. ; Nun, sie san es ja auch ein« Linchen, Hund sür sein Temperament tann Nie Zmand, die Frau Anwalt war hierin bil ligdenteno· Nein, beisammen hatten sie gelebt, beisammen wollten sie auch ster « ben. Nun ja, eines natürlich mußte vor aussichtlich allein zurückbleiben doch ba- i l von war ja reine Rede Leit, es war ja nur ein leichterEingriss morgen, wie Dr. «Schneioer sich geäußert. Linchen blos ; sagte großartig: «Dperaiion!« Woher » sie nur das lästig-Augenübe1betommen? In der Familie hatte man Gott Lob von z dergleichen nie gewußt. Die Frau An- ! malt sah wie ein Falte. G war auch : nur eine schlechte Angerw it bei Lin chen gewesen. das ewige linzei. Da kamen dann die gerötheten Lider davon her) das Tbränern die ganze Entzün dung« Alle-in darin war ihr Nichts bei zubringen msen. und wenn man sie auch unaus «rlich - , wie ein eigen th Kind. Die an Inmßlet tg - Echts W Mittw ei Wir eben, unt- sie irrte Ich ja ost. nur gemi rtl Urian-hurtig « es Mk Ein Poltetn, das aufdringlich on der Sinmnden Ohr schlug. schreckte vie Frau Rath aus ihm geistigen Rückschein aus. Wie ei schien, war Linchen von ihrem Ausgang heimgekommen Und liess das Gastbett im Zimmer drüben süt morgen zur Dotation-ums Fenster einen Ei-. nen sotchen Lärm dabei zu machen, wäre freilich nicht nöthig gewesen, und ohne Streifen ging das aus dem frisch ge sitichenen Boden auch nicht ab. Man durfte Linchen auch gar nichts überhi sen -—- -—— —- «Lassen Sie sie nicht her ein,« bat Linchen weinerlich. .Bewahre,« beruhigte sie der alte haugarzt, der Sanitätsratb, wie man » zu einein Kinde spricht. »Ich fürchte mich m ihk,« suer Lin- E chen zutraulicher fort, »sie ist eine böse Irau.« Wen sie nur meint? dachte die Frau T Anwalt inr Nebenzininrer. Aus dem » Raum. worin der operative Eingriff ge macht wurde, hatte man sie hinauslasse plirnentirt. Sie war auch willig gegan gen -—— bei aller Geistes-störte besaß sie eine verzeihliche tleine Schwachbeit, sie sah nicht gerne Blut « hatte nur aus Pflichtgesitbl zu bleiben sich angeboten, s um Linchen’z willen, deren Augen sie « angstvoll gesucht. wie die des lranten Kindes seine Mutter. Dem Verlangen der Aerzte jedoch hatte vie Frau Anwalt sich fiigen müssen. »Es sollte so leine Menschen geben,« — sagte Linchen, indem sie mit einer bei ihr völlig ungewohnten Bestimmtheit ihre Meinung tundgab. «Nur die An dern quälen, nur sie unterdrücken, ihnen das Leben hart machen, ach, so hart und schwer....« Linchen ächzte wie unter einein unerträglichen Schmerz, und sie war doch schon narlotisirt, der wider wäriige Chlorosormgeruch drang durch das Schlüsselloch und die Fugen der al ten Tbiir bis zur Frau Anwalt hinein. »Mir schön stillhalten,« sagte Dr. Schneider ietzt. »es dauert gar nicht lan « g. Elias hab’ ich geweint, als sie mir meine Puppe verdarb . . . .« Gottlob, es war nur geträumt, die Schwester spürte nichts, die Frau An walt atdniete beruhigt aus »Ja, absichtlich verdarb,« betonte Lin chen. »Es war die letzte Puppe, die ich bekam. denn ich wurde an Ostern lon sirmirt, sie erst irn Jabr daraus, sie bekam an Weibnachtsnvcks einmal eine. Und sie hatte ihre zerbrochen, in die Schublade gellernmt, sie gab nie Acht daraus und meine war noch so schön und neu, weil ich ihr Gesicht in Seiden dapier eingewictelt hielt. Ein Wache loof ist ja schnell verdorben. Sie aber kratzte rnit einein Löffel darauf herum und lachte dann und sagte: »Du brauchst teine, meine ist auch lapuf.« »Solch’ schlechter Charakter,« meinte· Tante Humbert, sie bat ihr aber an Weibnacht doch wieder eine geschenkt« eine hübsche in einem rosa Seidentleid." Hinter der Tbiir zuckte die Frau An walt die Achseln. Fast blamabel vor dein fremden Arzt, dies lindische Ge schwätz ! Und dazu licherte Linchen so eigentbiirnlich, sie wird doch nicht dar iiber den Verstand verlieren. mein Gott, recht viel . . . . Die Frau Anwalt vollen dete rücksichtsvoll den Satz in Gedanken nicht. »Nach Tisch ist er immer vorbeige- s ganaen,« sagte die Patientin geheimnißs voll, »und hat herausgesehen an’2 vZen ster, und ich stand jeden Tag daran. . . .« Nein, es war arg mit Linch:n, sie machte sich ja lächerlich, rnan mußte sich für sie schämen mit ihren 49 Jahren ! « dachte hier Frau Anwalt «Schwarze Augen sind lange nicht so schön«« sprach Linchen jetzt mit Ueber zeugung. »Es war die Farbe bei ihm, das tiefe Blau, wie bei einem Kindll Und er ist auch ein Kind in ihren Hän- i den gewesen« ein argloses, ivehrloses’ Kind, so groß und stark und schön er war, der schönste Student an der Uni oerfität,« bestätigte sie nachdruaeivaL ( Das war ja unausstehlich wie lam i nur ihreSchwesler aus solch abgeschmack- j teg Zeug, sie Mußte-es Mstern Abend ges ; lesen haben l».. « »Mir aber hat es fast das Herz ge brochen . . . Natürlich stand das in Dem Schind ter gestern Abend ! . «Allein August war ich nur irn An sang böse, er konnte nichts dass-ir, er mußte ihren Willen thun itn An sang net-, als es so schmerzte in der Brust, wie ein Feuer brannte bei Tag nnd Rachi, später war ich ihm nicht böse mehr, nur traurig. ach so traurigJJzzk mer trauria.«' Linchens Stirn-ne erstarb wimmerna. »Das Aergste ist jetzt vorbei,« sagte tröstend der Sanitiitsrath, er sprach von seinej Kollegen Messerschnitt. »Der arme Bruder t« wehtlagte die Patientin ; «rvie hat see ihm var- Leben sauer gemacht, seine armen tranken Tage, und nie ist fee fortgegangen aus Besuch," erzählte Linchen slitsternd, gleichsam im Vertrauen, »nur einmal eine halbe Woche. Er wollte auch keine Medizin von ihr, August nie.« plauderte Linchen weiter. »Sie stieß ihm den » Löffel an vie ZälMeH siigte sie erläu ; ternd bei. »Und er bat mich so, ihr nicht ; zu telegraphium ich hab« es auch nicht ! gethan. sh mochte schelten, wie sie wallte, F dann, als sie kam, —- er war ja todt.'« ! Wie sonderbar doch Liuchrn schwaste, fast hättt die Iron- Amvalt sich darüber ä en Seine-. Las kochte der Seini S s W her It st behandelt seen-Wittwe I eine kleine Tour mochte. als der Bruder seinen leiten tädtli n Uns-s erlitt. Wirklich unangenean Wir hatten unt so lieb, wir zwei und doch hat Jervinand es ktcky E brachte ilsn dazu und sagte ihm. wole nicht wehrlos-. ben ohne ihn unv sieW war doch gar nicht trank. « Linchens Ton erhob sich schrillx »Sie bat sich nur versiellt!« . Dunkle Rätbe färbte tm Nebenzimmer der Frau Anwalt lblichei Gesicht. Das war ein schändli s Betäubungjmittel, dieses Cblorosorm. es machte vie Leute einfältige Geschichte schwatzen die unge reimtesten Dinge. Alle hat sie unterjocht,« begann Lin chen wieder, .alle! Und sie ist dumm« schrie sie tust Wans- «sie schwöst solch dummes Zeug oft, aber die Leute fürch ten sie und sagen dann, sie sei gescheit. Nein, sie sagt es,'« verbesserte sich Lin chen, »und die Leute glauben es, weil sie so bös isi. Nie bab’ ich titun dürfen, wie ich aewollt, in meinem ganzen Leben nicht, sie bat mich getnechtet schon als Kind. sie bat meine Seele getnechtet,« versicherte Linchen, die sonst schlicht und einfach sprach Das lam ofsenbar vom Romanlesen, und die Schwe ter war ja nicht bei Be wußtsein, lagin der Narlose, es träumte ihr. Verdrießlich war es nur« dasz sie dergleichen vor den beiden Llerzten aus kramen mußte. Wer weiß, was sie für Blicke austauschtem der Sanitätgrath gar, der alte Spötter ! . Die Frau Anwalt hatte ihre Selbstbeberrschung wieder gefunden, es mußte ja nun doch zu Ende geben da drinnen. Versuchs-weise drückte sie auf den Messinggriss der Thür. »Sie soll draußen bleibent'« schrie Linchen aufgeregt, in einem Ton, den Niemand ibr langes sanftes Leben hin durch ja von ihr vernommen hatte. Be troffen trat die Frau Anwalt zurück, vie Tbiir hatte auch nicht nachgegeben. sie schien verschlossen Das hatten Kranke ost an sich, daß sie ibre Pflegerinnen baß ten, d. b. ihrer Pflege hatte Lincheu bis heute nicht bedurft, nun ja, ihre Umge bung. ibre Nächsten, ihre Angehörigen mit einem Wort. Linchens Gehirn war angegrifsen. wie verwirrt von dem Nar toticum, tranlbaft verändert . . . »Ich batte nie gewußt, daß er mich lieb gehabt, daß er mich noch immer liebte,« sagte Linchen nun mit weicher Stimme. träumerisch. «Gedacht hatte ich es frü her wol-L so innerlich gefühlt, aber doch nicht gewiß gewußt. Gewiß weiß man es ja doch nur. wenn es der Andere einem sagt," setzte sie verständig hinzu, »und das atten wir nie gethan dor jenem Eonnt.tgnachmittaa, als-«- sie zur Taufe einaelaven war, als sie Patbin geworden im Waldbaus, aus der Oberforsterei, und fortgefahren war. und ich saß at letn .. .. Vielleicht, so bsa tte ich aeda .t, nein, mir nur eingere:et," widersprach sie sich selbst, ist er um ihretwillen damals unten vorbeigegangen nach dem Essen je den Tag, obicrson sie Klavier spielte, und er es hinunter hören mußte. denn sie macht ja immer das Fenster auf, wenn sie spielt, heute noch ....«' Wieder bewegte sich die Klinte an der Thür, als ob von außen eine band sich hastig darauf gelegt, doch versagte jeder weitere Versuch, in den abgeschlossenen Raum zu dringen. ««zry weig« er yai nach rnir oeriangi, bevor er starb,« sagte Linchem zu einer anderen Gedankensolge überspringend· »Sie aber ließ mich nicht hinein, es ging ja auch so schnell init ihm« zwei Tage nur« nur hat es mich gequält nach Jahren noch. nach langen Jahren, sie tiesz mich nicht zu ihm. »Jetzt noch, wenn ich Mor gens wach werde um fiins tlhr schon und früher, und im Bett lieqen bleiben musi« big sie aufsteht, jetzt quält es mich, uno ich dente dann nnd deute, ob ich nicht doch zu ihm hinein get-rinnt wie ich es hätte machen können, und es hilit doch nicht«-« wenn es mir auch einsiele, jetzt . . .« ..Nun sind wir ja im Augenblick ser tig«« derbieisz der Sanitätsratb weil Lin chen tief schmerzlich aufgeseusit. «Taniats,'· spann Sind-en ihre Erin nerung nach einer tleinen Pause weiter, in der nur unverständlichee Gernurmel zur Frau Anwalt hinausllang, »war » auch anne ausgegangen sie hatte sori gedur t, wir dachten, Ferdinand täme erst am andern Tag. Er war aber frü » her sertia geworden und ich saß am Fen ster und dachte wie schön es sei« allein zu sein, und wußte nicht« wieviel schöner noch es zu zweien ist-. Ich hatte Ia nie ; gelebt . . niemals, vorher nickt nnd nicht « darnach, nur damals, an jenem Sonn taggnachmittag damals-.I nur« die wenigen i Stunden · .Ach« wie sind sie turz ge wesen« so kurz, kürzer als all die anderen Stunden in meinem langen Leben in alt den fünfzig Jahren! . .Aber schön, so !schiin, d’riirn reuts mich nicht baß ich Lauf die Welt gekommen bin, darum nicht Nichts dachten wir« ate das; wir uns i tiebten; wir wußten nichts von ihr da i draußen. Niemand war siir uns da, als I nur wir iwei. daj eine siir das anderet so schän! ... Damals hätten wir t sterben sollen, ehe sie am Abend heim l- tam; Ferdinand starb ja ohnedies to i vaiii und ich ich have seitdem nicht gi lebt Damals nur . . .damalst. ; Linchens Stimme sliisterte abgebro t chene Worte die nicht vernehmtich bit- zur Lauscherin Guten, obwohl lie horchend Edae otOhr an die Thin legte. »Guten Fräulein Linchenf ries der iSa tätjrath tiderlant »diese vorbei Z Seiudorbei. prachtig dorbei!« Er lies be i r Thitr n und drehte den liisspitii m Reben-immer saß die rau ern-alt am ster vor ihrer l nnr lasdat chtoa met-andern M verkehrt Siechatte es nicht-be merkt, denn ihre Augen sahen darüber hinaus in weite Ferne, die sicks hinter ihr verlor. auf einen Weg. worauf sie jede Biegung. jeden Strauch, jedwedes Stein chen zu kennen vermeint, und statt dessen lind darüber hing-schritten war, mit ; - kdmrdMngäh wie Schwester Lin- « chen drinnen auf ihrem Bett « C...-—-— Ins und Stadt. ll Von I uld i o. I Die Amme war angekommen. , i Der Haushosmeisier war ia höchster ; Land gefahren. denn der tleine Graf, » wetcher in der-Nacht zur Welt etomrnen ; war, ersiillte den werten Pala mit sei- s »so-in mit den-ersten see-zog auf m I luem oerzweiselten Geschrei, jenem I Schreien des Hungers und der Schmer , zert, welche, leider, die erste Aeußerung « E des Lebens sind. « Die schöne, tröftige Bäuerin mit « ik-renr frischen Gesicht schritt furchtlos v s durch die lange Reihe der prachtvollen i Gemächer, bis zu jenem. wo das Kind ; mit aller Kraft seiner tleinen Lungen « E schrit; sie nahm es aus seinem spihen- - I überrieselten Bettchen und begann mit » ruhiger Sicherheit ihr Amt s »Ein schiines Weibl« riefen dieicn Vorzimmerdersammelten Diener aus Amme und der ungesunden Zartheit der armen Griifin, die erschöpft in den sei denen Decken ihres großen Bettes lag. Die Schwiegermutter war gekommen, E zu geben. - r Gras hatte see von Kopf bis zu den Füßen mit feinen Kennerblieten ge mustert, der berühmte Hauäarzt, von « dem jedes Wort ein Oratel war, hatte . sie obersliichlich untersucht und dabei ein ; paar befriedigte Worte gebrummt . . . ; I i s ! s i und nur die Mutter, die junge leidende Z Mutter, um die sich scheinbar niemand ; türnnrerte. hatte ein herzliches Wort fiir - sie gefunden. »Und Ihre Iamiliei' — hatte sie mit ihrem schwachen Stimmchen liebenswür di gefragt — »Sie werden betrübt sein, das Sie sie verlassen mußten?« Die Bäuerin lächelte; ein schönes, freimiithiges Lächeln. welches zwei Nei und stellten ihre boehasten Vergleiche an ; zwischen der kraftvollen Schbnheit der ; i tin-. einen Blick aus die Amme zu werfen ; und " ihr einige Verhaltungsmafztegeln hen leuchtender Zähne sehen ließ und ein : harmloses Gemüth «Betriibt? . . . Wie man«s nimmt! : Meines Mannes wegen thut mirUB leid, j gewiß, und auch wegen der Kleinen, oie ich nun ein Jahr lang nicht sehen werde. Aber. sehen Sie, mit der Schwiegermut cer ist’s nicht zum Aus-halten . . . Jch ; wäre zu Fuß nach Amerika gegangen, ; » uns- ihr davonzulausenL . . .« Das Zimmer der Amme war gron und T J hell« fast elegant. i »Ich habe schönere Möbel hier. als un ; ser Herr Pfarrer«, dachte die Bäuerin, T ihr Zimmer musternd. Sie erhielt auch « eine ganze Auestattung oon Wäsche un) - Kleidern. »Wenn mein Mann mich so sehen würde« —- —— murmelte sie lächean. Dann schüttelte sie mit einem aus-Mit leid und Liebe gemischten Ausdruck den stopf »Da ist schon Besuch für Euch, Frau chen«« sagte der Haushofmeister. sein von Pomade glänzendes haupt in die Thüre ; i i . steckend. »Im Vorzimmer wartet ein J J Mann auf Euch-« nBesuch fiir mich? Ich erwarte nie- « T mand«, sagte sie. ohne in ihrer dauer lich-n Schlauheit den Gedanken zu ver war. Sie nahm die spitzenbesehten Kissen-, und trat mit gewaltigem Herztiopfen in iste trug seine betten Kleider, die ihm saßen, heil tramkshast gesaltet. »Ich bin gekommen, Dich zu holen« sagte er, sobald er feine Frau erblickte. aus. WI- W · — fort: rat";en, der ihr durch den Kopf geflogen ; in denen das Kind schlief, in den Arm « das Vorzirnmer, wo ihr Mann sie erwar- , Er war ein großer. unichöner Bauer . mit gutnriithigen furchtsamen Augen. OF: . ais seien sie iiie einen anderen gemacht : und hielt die großen oerardeiteten hände «T wie in stummer Angst und Entschlossen-— Sie lachte laut auf. um ihren Aergee . nnd ihre Bewegung zu verbergen, und s; die umherstehenden Diener lachten und ; tauschten ihre spöttischen Bemertungen Der Bauer war aufgefprungen uns-« fuhr rasch, sich förmlich überftiirzend, »Ich will Tun mitnehmen . . . m m mir unmöglich« allein zu sein: ich habe nicht gewußt, wie ek- ift . . . wenn ich ess- - gewußt hätte, hätte ichDjch nfcht fort gelassen Ich habe acht Tage IFEbrachL " trie in der hölle . . . nimm Dies Zeuj tscsm Leibe und komm mit . . ." « »Aber Du bist verrückt«, - sagte sie « ruhig. »Wenn sie Dir den Kopf verdreht haben. schlimm für Dicht Du durftext mich eben nicht sorttassen aber sent bin ich hier und bleibe hiek.'« Er betrachtete sie vom Kopf bi- zu sen Füßen mit stummet Wntb und unend licher Liebe; er war eiferiüchtig auf du«-« fremde Kind, das sie nährte, auf vie nn gemohnten Kleider, vie sie trug, und Jus . die anmaßenden Diener, welche sie, seine Frau, begafften. . »Komm mit, Rost-, tpmm mit. Ein Stückchen Brot wies uns nicht fehlen, ’ und vie Mutter, meinGott, wenn sie auch i mal zantt . . .'« ; » Seine ganze Entfchtossenheit hatte « ihn schon verlassen, dicke Schweißtropfen - standen auf seiner Stirn. Z ch komme ettckzt Deine Mutter tose- 4 de mich zu Tode ärgern, hier aber sing « alle gut mit mir. Ich werde behandelt wie eine Dame. und wenn Da ein bis chen Vernunft hättest, mästett Du Dich treuen über mein Glück. th Mit UW vorzuiammern.' Er kannte sie nnd sich selbst sU GU UM nicht« u wissen, daß sie ibv besika würde, a r mit dem Eigensilm MFZ Kindes wiederholte er immer wieder die selben Worte: »Du icllxtemit nach hause kommen; denn ich ba nicht gewußt was ee ist Wenn ich es gewußt hätte . . .« Der haushofmeister war verschwan den, um die herrichrrft zu bennchrichti gen, und die Diener drängten sich um das Paar, jeder wußte etwas zu sagen. Sie gab lett und ichlagfertig alte ironi fchen Bemerkungen zurück. aber der Bauer stand in Angftichweiß gebadet Und fiiblie nur den brennenden Wunsch, diesen verdammten Städtern an den Kreisen gehen zu können .- ommi hierber8« rief Plötziicd des Hausbofmeifter. die Thüre zu den Ge möchern der Gräfin öffnend. Diese lag, iait verlchwinbend zwischen Kissen und Spitzen· auf einer Chaise longue, während die Schwiegermutter, den ston über ein Journal gebeugt, irr einem Lehnstuhl faß. Die- Amme schritt ruhig vorwärts, während der Bauer kaum den Fuß auf den Teppich zu letzen wagte. »Was giebth Neues-V fragte die alte Gräfin streng. »Es-eben Sie, gnädige Frau, Sie, die Sie so gut zu sprechen wissen. können meinem Mann hier sagen. daß er mich in Ruhe lassen foll. Ich tveiß nicht« was ihm in den Kopf geiomnxen ist, et möchte mich plötzlich mit nackt Haufe neiz men . . ." »Aber das tu unmogitch," unrerdraup die Dame sie kurz. »Unser Vertrag ist wie irqend ein anderer und läßt siehA nicht so ohne weiteres lösen. Vielleicht wenn es sich um Geld handelt, tagt Eure Wünsche, und wir werden leben, Euch zufrieden zu itelleiL . .·' Nun trat er vor mit tiefaeriitheteen Gesicht, die ar beitshqrten hände abwehrend erhebend. »Es handelt sich nicht urn Geld . .. ton dern » . es ist wirklich nur die Liebe zu meine-r Frau . . .'· Die alte Dame ver barg das Gesicht einen Augenblick hinter dein Tatchentueh während sich die junge Griifin, zwei tiefre-the Flecken auf den blassen Wangen, dlöylich greife-sie Die Amme aber. die sich durch nichts aus der Fassung bringen ließ, sagte lächelnd: »Man muß Mitleid mit ihm haben. Ich kenne ihn, es ist nicht feine Schuld Si werden ihm zu hause alle mögliche « « Tummlæiten in den Ilodf gesetz: hoben und er...« »Terz« ist malzr« - gestand der Bauer harmlos.- -,,Zie haben mir gesagt daß meine Frau, wenn sie wiederkommt, mich nicht inebr «nag, oder daß sie überhaupt nicht zuriictlotnnit." . Sie Hab ihm Plötzlich einen energischen Eins-; Hi! dem Ellbogen und sagte halb . luut: »Tummlopf!« Er schwieg. »He-wert, sei so freundlich, komm mak herk« - rief die alte Griifin, die Tyiir « , des Zinnneri öffnend, in dem ilpr Sohn s bei einer feinen Ciaarre einen Resan von Zola las. ckrfgetivrchte widerwillig, doch änderte sich feine Haltung, als feine Mutter ihn von dem Vorgefallenen in Kenntniß setzte. Er betrachtete forfchend die zwei » · fv verschiedenen Menschen, die das , s Sckickfal zusammengefügt hatte, und eine Menge toller und cvnifcher Ideen treuzte feinen Sinn. Aber feine Vater iietsse trug den Sieg davon und er sprach mit überzeugunggvollem Ernst: " »Eure Frau wird ziiriiclloiii:nrn, wie Jtir sie abreifen ließet Jn meinem Haufe droht ihr teine Gefahr. Laßt sie ruhig trierz sonnt ihr eine Zeit lang das gute Leben. Itin könnt auch kommen, sie zu set-ci-» to oft Jtir wollt, und Et, grbe Euch mein Wori, sobald txt-: Jahr zu Ende ist« wird sie beimlehren.« « Die ruhigen. tiiiilen Worte, iv von oben herab gesprochen, wirtien wie ein 77 Norcvtieuni auf die Angst des Bauern; ad2r wichtiger nie alle-! andere war ihm doch ,,ihr« Wille »Und Du willft wiriiich nicht tont ine-n?'· niurrnelie er noch einmal, sie flehend betrachtend, als ttaminere er sich ais eine letzte Hoffnung »Aber es fällt mir nicht ein. Lnfz mich zufrieden und ftell' Tich nicht fo hier ber, daß ich . . . mich schämen niieß.« Sie ickalt ihn aus« iie .oollte nicht mit ihm geben. sit hielt da; Kind-. das ihr nicht gehörte, in ihren ttrinen und ver einigle sich init den anderen um iider ilin »in lgdxrn . . Verzivriftuxxzikvstt ging er sorgt, er mattet, Ils- bnk-e er viele Meilen zuriiets gelegt Sie giiiizte i.)ii taum, aber iitg sich die Idiir dec- Lteitidulä bis zu welcher sie ihn begleitet hatte, hinter iiiin lciilof;, ver Karg iie plötzlich das Antlitz in den ciutien in oenen der tleine Graf ruht » - l»klg,elit;f sonderbarer Bauer!" ri ; - n te rci iii aus, ihr Nie flii ? die Nase führend ch schche« , Tier Graf lachte. «««" »Die iväre ein Thema für unsere inv tirrren Naturaliften,«.faate er. Tsie junge Mutter aber, auf dem Wangen die rothen Ileete sich nach gek iieft hatten, niurnielte leife, voll Mitge iiithPitfteäteit und Neid. « « te e ket sie liebt und si · gut-nich muß sie semi« « M «- -— --·-oo-- « —- — Hteuftretih. Ob .ed" - Pr. Adolf Rudolphi iftetxanlzimam ini Alter von 71 Jahren frsiomsvwxei IF war er als prakti her Itzt, «- · i I