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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Jan. 5, 1900)
» . Ins Iniprontntn Von M. Verliert c Cz war eine- lachende Ort-end Gol dene Lichter, vie durch gebrochene Woz ten strahlten, gingen suchend und wan dernd über die Nebenhiigel und tecken Schlößehem rasteten auf der Waldes läche, die dunkel nnd schmeirend vie erge bedeckte, oder slutheten hinab aus « das prosaiscl;e Hansemieen das in der l Tiefe lag, von einem beständigen Rauch beseelt " Hoch als-In :us dem Kindleian am Eingang des Walde-, lag ein stolzes, schloszmipes Gebäude mit buntaedeelten Betaut-ern rasenden Thüemen und einer geschritten Terrasse aus dein Dach. Es war ern einem entzückenden Garten um rbepx in dem Garten standen die Ro en then in voller Pracht. Die terrlicljen , La France, die schönen Gloire de Di ion. die edlen Marfsckal Niel duiteten zu Fenstern drr Van empor ——— dustesi ) ten und lenchteten umsonst, denn hinter ! den Sckeiben des HJnses sah man müde, meistens alte und blutleere Gesichter und ) Augen, in denen die Freude siir immer erloschen schien. Tas Schloß war die Nervenheilani s stellt des Dr. Neinbold. Die Anstalt i hatte einen guten Namen, man heilte da ss. tin durch Mittel der Natur und der ;- theilnehmenden Güte; in Stille und s Ruhe lriistigte sich dort manche-s ver s wundete Gemütb, manche ermüdet Seele, mancher gestörte Geist. dem im Kampfe mit dem Leben die Schwingen gebraten waren. Mancher, der meinte, aß hinter ihm alles zusammsrnoebrochen sei« fand mit der Keästiguna Muth und Selbstverttauen Jvieder und ging mit seischer Kraft in das Leben zurück, des sen Fortsiihrnng ihm vor- turzer Zeit noch unmöalich erschienen war. Jm großen gemeinschastlichen Wohn immer des hause-Z war eben die salon- » fähige Gesellschaft der Heilanstalt ver- ; Ymmelt —- viele laaen sa den ganzen . ag, in Tücher gehüllt, aus ihren Kran tenstiihlen im Freien. starrten stumm aus die ragenden Tannentnipsel und suchten zu vergessen und einiuschlasen « Dennoch war noch eine ziemlich zahl- - reiche Gesellschaft versammelt. : Jn der großen Fensternische, die den J Blick aus das lachende Thal bot, saß vor ; einer alten, mürrisch und gequält drein-. schauenden Ameriianerin ein junges, s bleiches Mädchen, eine Berlinerin; ihr ; Gesicht war sehr weis-, und schloss, siesi sal- aug. als sei sie bereite einmal gestor ben erweisen· Tie beiden spielten Damm Sie spiel- z ’ ten jeden Tag Halm-a, und ausserdem ! zagen sie stille ans ihren Stühlen, und ; kein Mensch hatte jemals ei- Interesse I siir irgend etwas in ihnen entdeckt. Ne: ; den ihnen am Fensser lednte ein junzaer Mann und versolate ihr Sniel· er war reich und unabhängig-, aber ehileptisch - zu setem Beruf untaiulich Er nahm es leicht, spöttelte uns wiss-site aber zu s weilen fühlte er, wie seine Geisteströste, « sein Gedächtniß abnadxnem dann wurde J er melancholisch und sprach tanelang tein z Wart. » Auf dem Sopha, in steifer ballt-na« sasz eine Frau in Wittwenkleidern Dieie Unaliiclliche hatte seit dem Tode ihrer- ; Gatten noch nicht geweint, und obgleich i te an allem theilnahm. jeden tltoaenftand E Ler Unterhaltung mit Interesse verfolg fstg war doch ein harter, gleimaiiltiger « Klang in ihrer Stimme und ihr Gesicht verlor nicht den Ausdruck einer unna türlichen Spannung. Zuweilen, mitten in einer angeregten Ronversatiom wur den ihre Auaen starr. abwesend, in der Ferne suchend; dann zogen Bilder vor ihrer Seeie vorüber, welcke die anderen 1 nicht sahn, und sie war siir den Tag i verstimmt. Sie mußte in Gesellschaft i sein und sieh unterhalten, denn wenn man sie allein gelassen hatte. wäre sie iit iApathie versunken und Verlor-n gewe en. Diese Frau war das Sorgenkinlv des Arztes. Seit ihrer Ankunft hatte keine Veränderung in ihrem Wesen stattgefun- i ben. Sie war lenkiam und lieben-Es ’ c wilrdig, aber es schien, als seien die An theilnahnie, die Liehenswiirdigkeit nur äußerlich als reiche keine menschliche Linnme an die dumpfe und dustere Ent sainteit, in der sie mit ihrem Leide weinte. s Auf einem Sessel, in Gedanken verlo- ( ren, saß ein älterer Mann. Er hatte s einen schönen, schmalen, charakterdallen I Kirs, seine, nerdöse Hände und eine schlank-, noch jugendliche Gestalt. Er war ein Musiker: Sänger und Kom ponist von hedeutendem Rufe, aber letzt hin hatte ihm die Stimme versagt, und obgleich er als Pianist fast bedeutend-se war wie als Sänger, hatte er darüber » den Muth verloren. rührte keine Taste s mehr an und versank immer mehr in s Tiefsinn. Er war gern mit der einsamen Frau mit dem st.ll.n Gesicht zusammen ; ie störten einander nicht in ihren Gedan kengängen und re hatten gemeinsame innerungem eide hatten viel ereist und zuweilen lächelte sie, wenn er sagte: «Wissen Sie noch, wie wunderbar das ist« wenn man Abends vom Markus plaße aus hinüberschlendert zur Nan degli Schiaoani und die Salttte von Licht umflossen daliegt. und fern am cui one die Segel dertriiumen i« Oder: .Wi en Sie noch, welch’ ein Gefühl der Ein amkeit und Weltversuntenheit uns überkomntt, wenn man bei hornstein oben auf den Schwedenschan en liegt und hinabfehaut aus das grade, dunkle Wäldermeer des Schwere waldes und ; nichts hart all den fernen Stuf eines Pi ; epu t« Oder «crinnerrt Sie M der zauberhastesa ( W « spukhaften Szenerie des hallstiitier Sees K Das ist doch der habes, die Un terwelt, wenn die grauen Gewitterwol ten auf das schwarze Wasser niederhans gen. und die Ortlerfpihe gefpensterifch aus Nebelsrhleiern aufra i .« s, Dazu nickte sie und liixelte schmerzlich und ern wenig weicher als sonst. Das alles hatte sie durch den Gatten kennen gelernt. In ihrer Erinnerung wanderte sie mit ihm durch alle diese für sie nun werthlos gewordene Herrl"chk:it. und das alte, versunkene Leben nahm momentan Besitz von ihr. I Den Künstler freute es, einem ande ren Menschen wohlthun zu können. Er war von Natur nicht selbstsüchtig, eine mittheilsame, kindliche Seele ; er besaß nur jene gefährliche Weichheit. die in Starrheit und Härte übergehen kann, wenn gar zu harte Erfahrung, gar zu er töitende Enttäufchung des Lebens iie anpaclen· Er hatte den Glauben an die Men schen eingebüßt und es war ihm wie eine tröstende Genugthuung, daß diese Frau so tief, so unfagbar tief um einen Tod ten trauerie ; eine andere hätte sich wohl gesagt, daß das Leben ja noch voller le bendiaer Menschen sei, und über diesen Gedanken wurde in ihm der Wunsch le bendig, diefer Frau zu helfen, sie dem Leben. ihren Kindern zurückzugeben, die harte Spannung ihrer Züge sich liifen zu sehen. »Musik,« dachte er, »Musik würde ihr wol-,lthun, leise, süße Musik von Men delsfohn oder Sekubert, vielleicht ein al ter, ernster Choral von Peraolefe oder Paleftrina.« Ueber dem Wunsche, zu hel fen, vergaß er sich selbst, feine Enttäus fchung, seinen widersinnigen Schwur, nie eine Taste anzurühren. Er stand auf und ging leise an das große, schöne Pianino. dessen Deckel so selten geöffnet wurde, setzte sich nieder und begann zu spielen. Spielte jenes wunderbare Jur promptu von Schubert, das alle Starr heit, allen Zweifel des menschlichen Le bens in harmonir. Seligkeit und Erge bung aufzulösen scheint, das aus einem weichen und einfachen Motiv die ganze Geschichte einer ringenden, zweifelnden siegenden Sele aufbaut. Mit zwingender Gewalt arm die Melodie in das Herz der starten Frau. Die Töne, von einer menschliche-n und kiinstlerischen Empfindung in höchster Klarheit und Reinheit interpretirt, schlugen wie rnii sragenden und suchen den Geisterworten an ihr Herz; ihr schien, alo ob sie sangen: Warum denn? Warum denn? Warum denn das Leids Das Leid, das- die Seele der Seele ent-« Zweit? Warum all’ die Trauer, warum all· das Weh. So wild wie die Eturmflutb, so ties wie die See-« Warum all’ die Sehnsucht die wanderi und webt. Ein Schrei aus der Tiefe, ein inn’a,es.s Gebet? Warum all’ das Fragen, das nimmer mehr schweigst Die birtende Hand, die iy Viel nie er reicht? — Ein Schwellen, ein Reden, von Geistern ein Heer. Und dann eine Stille! Wir iraaen nicht meer Warum denn? Warum dtnn? Wir wissen das Meer Bewabrt seine Tiese, der himmel sein Heer Von ewigen Sternen. den Todten sein Grab, Und sant uns das Leben auch mit ian hinab — Es giebt ibn nicht wieder. Gott wahrt seinen Nath, Wir wandern schon weiter, mir sind aus dem Pfad. Sie stiidte nachgebend den Kopf in die band und plötzlich tropste es aus ihre dem-er nieder, warm und lösend, wie Frublingöregen —- sie weinte. — ,,Sie weint!« sagte die junge Ber linerin und börte einen Moment aus« Qalma zu spielen. .Sie weint!" lächelte der iunge, ele ante Mann und der Musiker hörte die fez gesliisterte, bebende: »Sie weint!« Er wandte sich um, aber da stand sie eben aus, die Hände vor die Augen ge preßt, und eilte zur Thür. .L)at sie wirklich geweint?" fragte er die anderen. «Ja!« —— .Dann ist sie gerettet.« »Sie wird noch viel weinen müssen. bis sie ganz gerettet ist,« saate die Ber linerin. Der Künstler lies in den Garten bin ein zwischen die Bäume und Nasen. Er hatte gespielt, er hatte sich dazu vermocht um eines armen, tranken Geschöpfes willen, und diese Wohlthat, einem an deren erwiesen, war an ihm selbst zum Segen geworden. Er siiblte eine Lö sung seiner innerlichen Spannung, eine unsagbare BoseiediesUM ein neues Er— wachen des Bewußtseins feiner Macht über andere. Der Muth war in seine Seele zurückgekehrt, die Zuversicht des Lebens. Aus seiner einsamen Wanderung suchte der Arzt ihn aus. »Sie haben uns sehr gebolsen,« sagte der ernste. gü tige-Mann. .Die Frau sitt aus ihrem Zimmer und weint zum Berzbrechenz nun wird tie dem Leben und ibren Kin dern wiederaegeben werden, d. b. wenn Sie uns weiter helsen wollen mit Jhren sansten, schönen Melodien —.« .Wenn ich auch nicht wollte, so» müßte ich einsachi« saato der Künstler, » und der Arzt lächelte befriedigt i .Die Gitte. die wir anderen erweisen, i tbut uns stets selber woW sagte ori stetende »Und der Musiker wußte wieder, daß seine Kunst eine Gottesaabe sei, nicht ihm als selbstischeö Eigenthum geschenkt, sondern verliehen, um miide und webe Seelen, derstäubte und derrostete Gemä . ther auszuweckm zu lebendiaem Leben. .-.. ......«....... -..— glersskltnnin Von A. HottnersGresr. i Jn dem Arbeitäzimmer des berühmten ; Arztes Dr. Egdn Deß brannten längst «- die Lampen; große Bucher lagen ausge , schlagen umher, Alles wartete auf den I Bewohner dieses behaglichen Raume-. ; Es war die Zeit des fruhen Abends, um Ywelche man den Virlbeschäftigten nie j mals stören durfte, wo er nur seiner ; Arbeit leben wollte. z Heute aber blieb der Platz vor den i Büchern unbesetzt. Mit raschen Schrit ! ten durchmaß der sonst ruhige, selbstbe l wußte Mann immer wieder das weite ! Gemach; ab und zu verweilte er eine Se lunde lang vor dem mächtigen Spiegel, aus dem ihm sein vornehmes, etwas blasslrteö Gesicht mit den scharfen Linien um Mund und Augen erschreckend gelb und alt entgegensah. Unwillig fuhr die reichberingte Hand über das dünne Haar Schauderhaft!« sagte er halblaut, während er sich aus einem Fläschchen eine ! stärkende Mischung in ein Glas schüttete. «Schauderhast!« Da arbeitet man Tag Z und Nacht, ist reich, mit Ehren und I Würden überhäuft, hat sieh Alles, Alles vom Schsclsal erlämpst, wovon man einst l geträumt M und nun sieht man ein Ge sicht ans alter Zeit ·—— und man ist halb traut, unfähig zu den nothwendigsten « Sachen! lind warum? Weil ein Paar s duntle Augen aus einem blassen Frauen 3 antlitz einfach über uns hiniveggebliclt haben, als wären wir Luft! Ach, diese s verdammten Nerven!« i lrr warf sich mude in einen zyaureurn s Wenn sie ihn jetzt gesehen hätten, alle I feine Freunde und Bewunderer, sie wür den ihn kaum ertannt haben. Der einsame Mann lachte scharf auf. L Nein, ihm gefiel es durchaus nicht, » wenn die alten Zeiten lebendig wurden. i Er war ein Mann der Gegenwart. Alles ; Andere sollte versunken und todt bleiben i —- sollte! Aber manchesmal war selbst I im tollften Taumel ein leises Mahnen in ; ibm gewesen und mitten im vollsten Les ; bensgenuß tauchte ein fchmaleä Gesicht chen auf, umgeben von dunklem Haar, eine tindlich siiskeGestalt, und die schwar » sen Augen sahen ihn an, so liebevoll, so flehend. —— -— — Dr. Egon Hef; war nun ruhiger ge worden. Er dachte dernünftsg nach und swangseine Nerven gewaltsam nieder. Die canze Geschichte war ja Mentljch lä cherlich. So etwas Alliäalzchesk Was war weiter daran. Da war ein junger, - biutarmer Stir:ent, der a11i"5 Aeufierste kämpfte geziert dLe Nerli ceö Lebens und doch nie ihrer Our ward. Jm gleZchen Hause mit ihm wohnte die tleine Feierta. ; Sie war ein seltsames Märchen gewzsen Noch heute lag iliin ihr Hintre-sites La » eben im Ohr. und er sah deutlich die J schlanke Gestalt durch die langen, dunklen slsiänge schlupfen Sie fchjen so frisch, s so kindlich, so barinlo5; nur in ihren i Augen flammte dann und wann etwas I auf wie unterdrückte Leidenschaft. Er J ikar stets ein trefflicher Menschenkenner j und hatte ihre Eigenart bald entdeckt. s Jhr Wesen zog ihn mächtig an; es war eine Mifchung echt deutscher Art mit einer -foft südlichen Gluth der Emviindung, letzteres wohl ein Erbe ihrer italienischen Mutter, die sie freilich nie getannt. Der Vater war auch lange gestorben. Er hatte eine gute Stelle gehabt, aber für sein Kind trotzdem taum einige hundert Gulden zurückgelegt, welche Serena sorgfältig fiir einen «Atothfall« auf . sparte. Sie hatte eine Stelle in einem T fKindergarten und brachte sich ganz gut ort. ; War es ein Wunder, daß die beiden ! einsamen jungen Menschen sich bald zu i sammenfandeni Ja, ja, die Kleine hatte i es verstanden, zu lieben! s Der Dotter seufzte vernehmlich Es » war doch schön gewesen damals. So viel ’ Jugend, so viel Glück, so eine fröhliche Armutht Und dann die herrlichen Zu tunftsplänet Ja, wenn er erst Arzt ist, dann hat alle Noth ein Ende! Dann warten sie noch ein Weilchen und sparen fleißig, und dann —- ja dann. » »Dann bist Du meine Frau Dom ; rin,n hatte er oft ausgelassen gejubelt J und sie um die Mitte genommen und la z chend mit ihr durch das dürftige Zimmer s getanzt· Der einsame Mann sprang aus und begann wLeber schnell auf und ab zu ge hen. Ja, ja, jetzt kam es, dar-, was er den »schwarzen Punkt« in seinem Leben nannte, das, was ihn brannte und mar terte und demüthigte, was er nicht ver winden konnte. Und es war doch auch hierbei Alles so vollkommen selbstver ständlich gewesen! Ais die Rigorosen herannahten und die Gelt-sorgen für ihn immer drückender wurden, so daß ihm« schließlich alle Kraft und Frische genom men war und die ganze Zutunst aus dem Spiele stand ——-- da war sie einmal her eingehuscht. die kleine Sera, und hatte ihm ein schmales Päctchen blauer Scheine in die Hand gedrückt. »Ich werde es nie nöthiaer brauchen,« hatte sie unter Küssen gefliistert, «nimm es, Liebsten und baue uns daraus ein gan es lünstiges Leben.'· « ir« Dir!« mehr hatte er nicht sagen können. Es war Etwas iiber ihn ge kommen, wie tiefe Rührung, da diese zarte band so vertrauenswll den gan fen sorgsam behüteten Sparpfennig in eine Hand legte. Ja, damals hatte Ler steh selbst, während ihr zierliches · W Köpfchen an feiner Brust lag, einen Eid geleistet. — Pad! Es ist leicht Eide leisten, wenn man jung ift und unerfahren! Als er dann endlich Arzt war und voll ehr geiziger Hoffnungen nach der Großstadt zog, da kam doch erft das Leben, das echte Leben, mit all feinen Wünschen, Plänen und Ansprüchen! Und dann kam der brennende Ehrgeiz über ihn, »die Sucht, an erfter Stelle zu stehen, ein I berühmter, ein reicher Mann zu wer j den. War es ein Wunder, daß lang « fam das Bild des süßen, einsacker Mädchens verblaßte, daß glänzenden Erscheinungen an ihre Stelle traten? i Und dann lernte er die Tochter des gro « ßen Gelehrten, feines Lehrers, kennen. , Er liebte sie nicht, sie war stolz, weltlun ! dig, zu wenig weiblich. Aber ihre Hand streckte sich aus nach ihm, und die s fe Hand führte ihn in die große Welt, I zu Reichthum, Ehre, zu Allem, wag er s erstrebte Ehe er die schöne Tochter des gro ßen Mannes heimsiihrte, schrieb er ei nen Brief an die kleine Sera, in der stillen heimathstadt Es war ein Ab schiedsbries, und die blauen Scheine la gen wohlgezählt darinnen. Aber der Brief kam zurück. »Annahme verweigert«. Und so ging es ihm noch mehrere Male. Schließlich hatte er das Geld zurückgenommen Aber als er es einsteckte, da kam es ihm zum ersten Male zum klaren Bewußt sein: Hier ist ein dunkler Punkt in Dei nem Leben, und er wird nicht mehr licht. Magst Du Alles erreichen — e r bleibt! Die Jahre vergingen und trugen ihn empor. Man wunderte sich über seine Rastlosigkeit, iiber seine »Lebenshet3e«. Aber da war immer Etwas in ihm, was er betäuben, übertönen wollte. Wenn er an dem stolzen Bau seines Daseins sich freute, durchrieselte es ihn ost plötz lich: Und der Grundstein, aus dein dass Gebäude steht? Den hast Du gestohlen. Nach und nach wurde es stiller in ihm. Der Genußmensch erhielt die Oberhand. Als dann seine Frau plötzlich starb, fühlte er sich noch leichter. noch sreier. Aber heute, als er im Besuchszimmer einer Bekannten saß, war eine schlanle ; Gestalt tn’s Zimmer getreten. »Fräulein Sercne hold, die treueste Beschüyerin meiner Lieblinge«, hatte I die Dame des Hauses gesagt. J Er war ausgesprungen in tiefer Er » regung. »Ich glaube, wir kennen uns,« hatte « er völlig fassungslos geantwortet· Aber ihre dunklen Augen hatten ihn kaum gestreift. »Sie irren.« entgegnete sie kühl. Und dann war sie gegangen, ohne ihn mehr anzusehen, einen Zug tief ster Verachtung in dem bleichen Gesicht Jhm aber ließ es teine Ruhe. tfr » konnte und wollte es nicht ertragen, das; j, ein Mensch so über ihn hinsah, das; ihn s dieses Mädchen, das keine Stellung kei ’ nen Platz in seinen Kreisen bec".is3, igno rirte, mißachtete. Er fühlte eg- lreute so deutlich, wie noch nie: der schwarze Pnntt I mußte weg aus seinem Leben, sonst blieb Joch Alle-z StüdrrerL Er hatte so viel ) bezwungen -—— er zwang wohl auch noch sie. I f i Am nächsten Morgen war Doktor Egon Heft zu einem Entschluß gekom men. Daß er ihm schwer wurde, merkte man ihm an. aber er wollte trotzdem i Alles daran setzen, ihn durchzuführen i i Als er im Borzimrner dem Diener ge aeniiberstand, seine Karte fiir Fräulein Seiena Hold ab ebend, da schnürte ihm die Erregung facft die Kehle zusammen, l und als er ihr selbst eine Minute später in ihrem einfachen Zimmer entgegentrat, da fiel ihm kein einziges von all’ den schönen Worten ein, welche er sich so müh sam zurechtgelegt. Er sah nur sie, die reglos inmitten des lichtdurchflutheten Raumes stand. Ein Beben durchrann ihn. War das wirklich Serena, seine Serena, die einst —-—- vor iaxim zwo.f Jahren —- selig sich an seine Brust schmiegte? Das süße, liebliche Rind, das voll Vertrauen ihr ganzes Eigenthum » ihm bot? Die dort vor ihm stand, das ; war eine geeeifte Frau, noch immer voll » Anmuth. aber ohne einen Hauch von Ju gend. Und als jetzt sein Blick den ihren traf, da wußte er es, diese Frau hatte das leidenschaftliche Empfinden noch nicht verlernt. Aber statt Liebe loderte ihm nun etwas Anderes entgegen. «Serena,« sagte er endlich tonlos, »Du weißt, weshalb ich tomrne?« l »Ja,« entgegnete sie ruhig —- »ich l weiß es, denn ich habe durch all’ dse lan » gen Jahre Tag und Nacht auf diese eine « Stunde geharrt.« J Er sah sie betroffen an. Seine un endliche Selbstvergiitterung ließ ihn einen Augenblick lang glauben, dafz sie sein Kommen doch im Stillen ersehnt. Aber ihre Ruhe brachte ihn wieder aus aller Fassung. «Serena,« begann er wizder, »Du weißt es so gut wie ich. Jch habe in längstbegrabener Jugendzeit ein Un recht begangen, habe eine alte Schuld ein zulösen. Jch wollte es ja längst thun — Du mußt Dich erinnern —- aber Du zwangst mir immer wieder die Schuld auf, nahmft keine Tilgung an. Nun hoffe ich, da wir nnd Auge in Auge ge genüberstehen, daß Du den einstigen Groll vergessen wirst, daß Du mich er lösen wirst von dem Druck. der schwer auf mir lastet. der mir das Leben ver bittert.« Er konnte nicht augeeden Jhre Au gen sahen ihn an. so gierig, fast lechzend, daß er erschrak. Jeht sprang sie plötzich aus. Die zarte Gestalt bebte, ihr Gesicht glühte. »Sei« sagte sie. und ihre Stimme i klang heiser. .Soi Es war also ein - MMMM Druck? Es hat Dein Dasein, dieses « elende, nichtsioiirdige Glückgspieh ver i vorbean Jch habe es mir stets edacht, denn ich kannte Dich gut, aber die 81 heit aus Deinem eigenen Mund — dießse Gewißheit wie t Vieles auf.« Er hatte Ich gleichfalls erhoben. Seine hohe Gestalt streckte sich noch höher-, er war jetzt ganz kühle Ueberlegenheit. »Bitte,« sagte er abgehend — »keine . solchen Ausbriichet Keine Scenent Es war ein Unrecht, gut, aber ich will es i wettmachen, ich will frei werden davon; hörst Du, Serena, ich willi« Sie hatte sich gleichfalls gefaßt. Fast ; traurig sah sie ihn an. ,,Wettmachen? Freiwerden Z« wieder ’ holte sie sasi mechanisch —- ,,das heiß-, Du willst mir das elende Geld aufzwin gen und dann willst Du fortwbem als beruhigter Mann, mit dem Bewußtsein, Deine Pflicht gethan zu habeni Du willst ihn nicht, den schwarzen Schatten auf Deinem Wege? Er soll weg, damit Du frei wirst, damit auch die letzte s Mahnung an das Einst erlischt? Jst ee I nicht so? Jch aber sage Dir, Egom Jith mag das Geld nicht! Jch nehme es nicht und wenn Du kniest vor mir und mith darum bittest. Denn es wäre nur eine elende Abschlagszahlung aus die unge heure Schuld, welche ich von Dir einzu fordern habe. Wo ist mein Vertrauen, mein heiterer Sinn, wo sind alle die gu ten, fröhlichen Eigenschaften meiner Seele? Wo ist meine Jugend? Mein er tränmtes Glück? Alles das habe ich be graben an dem Tage, da ich zuerst von Deiner Verlobung mit einer Anderen er sah-r.« Und das, Egon, das schuldest Du mir.« Es war Etwas in ihren schlichten s. Worten. das ihn erschütterte. Altes Gute, das noch in seinem Herzen ver borgen lag, drängte ihn zu einem war men Wort. ,,Serena,« sagte er herzlich, Jetzt bin ich frei. »Wollen wir es noch einmal wagen, wie einst? Wollen wir die Ju gend auferstehen lassen und ihre Träume verwirklichen? Willst Du jetzt mein Weib sein?« Sie war ganz blaß geworden bei sei nen Worten, aber ihre Augen verloren den schmerzlichen Ausdruck nicht. »Nein,« entgegnete sie ruhig, »nein, Egon. Es giebt Dinge, die lann man nicht wieder gutrnachen. Die muß man mitschleppen sein Leben lang. Jch könnte nie mehr neben Dir leben, denn ich kann Dich nicht achten.« Sie hatte ganz leise gesprochen und doch trasen ihn die Worte wie ein Schlag. Er taumelte fast, als er sich erhob. »So sind wir zu Ende?« Sie schwieg und sah ihn mit einem langen Blick an. »Wir waren es- längsi,« sagte sie end lich laum hörbar « »und es giebt ein Ende, wo tsein Anlnijpsen mehr mög lich ist« Er war gegangen und sie sah noch immer aus die Thiir, die sich längst hin ter ihm geschlossen hatte, dann brach sie plötzlich zusammen, schlug die Hände vor dag blasie Gesicht und weinte bitterlich. Sie hatte ja seit Jahren nur gelebt frir diesen einen Tag der Vergeltung, der doch endlich kommen mußte. Aber sie hatte nicht gedacht, daß dieser Tag auch siir sie ein so harter sein werde. —- — — — ..... —.k--«—--, »..-· Qicgtjarijcr Fraumgexän inilsen Die französische Justizverwaltung ist gegenwärtig daran, mit den alten, zum großen Theile aus dem vorigen Jahr hundert herrührenden Gefängnissen auf zuräumen und ihre Strafbäftlinge wet ter in der Außenstadt in neuen, rationell eingerichteten Gebäuden unterzubringen Dabei ereignen sich allerlei tragikomische Zwischenfälle. Eben war man daran, dag bereits geräumteGefängnifz Grunde Roquette niederzureißen, als sich ergab, daß drei zum Tode verurtheilte Verbre ctzer eheftens hingerichtet werden sollten, daf; aber für die in Frankreich noch be stehenden, öffentliche Hinrichtung tein anderer Platz zu finden sei, als ver Platz La Roauettr. Es blieb nichts übrig, als vorläufig den Abbruch zu sistiren und die drei Delinquenten in den alten Armen fiinderzellen unterzubringen. Dagegen ist die Räumung des alten Frauenar fängnisseg Saint Lazare und dessen Ab bruch ohne Schwierigkeiten vor sich ge gangen. Ehe man nun mit Hacke und Spaten die alten Mauern des früheren » Lasarissenisilvfters niederlegte, haben «.llriminalisten, Aerzte und Geschichte fchreiber die verlassenen Gefängnißzellen rinaehend besichtigt und bei diesem An lasse ihre Erinnerungen und Erfahrun gen in Ansehung der weiblichen Straf gefangenen ausgetauscht Es ist das ei nes der eigenartigsten Kapitel in der menschlichen Kulturgeschichte. Wenn man von weiblichen Strafge fangenen als Kriminalist spricht, so sind damit nur jene gemeint, welche nach ihrer ganzen Lebensführung zur Verbrechen gilde zählen. Es gehört fchon längst zu den huinanen Institutionen der Straf hausverwaltungem daß Personen, welche bislang unbefcholten waren, soweit thunlich, von der verderblichen Gesell schaft der Stammgäste der Gefängnisse freiaebalten werden. Denn diese zur Gilde gehörige Gesellschaft verfügt über Mittel, welche oft den Scharfsinn und das Wissen des erfahrensten Krimina listen täuschen; sie haben noch von der Zeit des »fahrenden Volkes« her ihre ei gene bis auf wenige Varianten durch ganz Europa gleich verstandene Gauner zeichen in Schrift und Bild, in Gruß und Bewegung. Die dicksten Wände vermitteln den Klopftelegraphery der W—Ww’ «« « »F wichtige Mittheilungen durch ong ganze Gebäude von Zelle zu Zelle trägt, bis die Nachricht ihre Adresse gesund-en nat. Das in allen Gefängnissen streng geudte Verbot, Wände oder Tische, Länge u. f. w. zu betritzelm tonnte nie verhind-:en, daß fich zeitweilig kleine Risse in Form von Linien fchräger und gerader Rich tung in oerfnziedenartigerWinlclftellung an Wänden oder Geräte-en vorfanden, mit denen die, welche »losgingen«, alfo in Freiheit kamen, ihren Nachfolger-n gewisse Winke gaben, um noch unertr digte Geschäfte des Nachrichtendienftes von Zelle zu Zelle womöglich zu Endo zu führen. Diese Ritze und Zeichen sind » fo unauffällin, daf)l sie sehr oft den Ar gugaupen der Gefängnißinfreltoxen ent qeljen und eben deshalb werden in Ge fängnissen die Wände noch viel öfter neu gestrichen, ererben Tische, Bänke noch viel häufiger und gründlicher gescheitert, als gerade aus Gründen der Reinlich kett nöthig wäre. Deshalb war venn auch das Jn schristen - Ergebniß bei der letzten Un tersuchung des Frauengesängnisses Saint - Lazare ein sehr bescheideuez Weitaus wichtiger fiir Kriniinalisten und Kriminalpolizei waren dIe Samm lungen von Tätowirungen, welche die Aerzte und Gefängnißoerwilter von -Saint-Lazare anlegten. Sie hatten « beobachtet, dasz die meisten »zu: Gilde« gehörigen weiblichen Sträfl nge auf « dein Arme, auf der Schulter Tlitowirum gen- verschiedentlicher Art aufwiesen. : Diese waren auch in ihrer Technik sehr " unterschiedl ich, bald von der Primit i sten EZeichnung, bald mit beinahe künstleri i scher Vollendung durchgeführt. Da gab ’ es Herzen, von einein Pfeil durchbohrt, mit den Jnitialen des oder der Gelieb ten, verschlungene Hände, die einenDolch ;hielten, Portraitsilhouett n eines Zu I hälters etc. Am häufigsten erschien das IHerz mit der Inschrift p l. d» was so viel heißt als ,,pour la vie« (fiirs Leben), - ein Schwur der Liebe, wenn auch nicht der Treue. Jhre unmittelbare Bedeutung war bei solchen Tätowirungen nie zu er kunden. Die Frage: »Wer hat Sie tä towirt?« wurde regelmäßig mit einer Ausslucht, das sei im Scherze geschehen, ; ein Unbekannter habe es gemacht, beant Iwortet. Wichtiger war aber noch die tmittelbare Bedeutung jener freiwillig I auf sich genommenen Kainszeichem Die I Frauenspersonen welche sie trugen, wa t I ren p. l. v. (siirs Leben) der Berbrecher zunft angeworben. Hatten sie ihreStrafe verbiißt, so suchten sie ihre alten Quar tiere auf und vermittelten vielfältige I Botschaf ften an die in Freiheit befind lichen Genossen und Genossinen, sie wa ren Boten der Liebe fiir die Getreuen, i Boten der Rache fiir Verräther, sie fan I den Unteitunft, Unterstützuan ,,niitz liche« Bes schaftigung, und ihr Erken I nunasgzeichem wo immer nnn in ihren I Kreisen sie nicht persönlich kannte, war die Tätowirung So wurde aus- dein I laelenden Mädchen das am Arme de s I lustigen Burschen iiber die Aussenbrut e vardg von Fine pe zu Rne ipe zog, die I Diebes helserin, die Lockruthe fijr Ovier I des Raubes, die He hlerin, die Auskäufe I rin gestohlener Gegenstände die Zim I inervermietherin die Hoie lwirthin, so i fern sie nicht früher im Elend zu Grunde «ging oder in irgend ein m Hospitale starb. Die Polizei. die Gerichte kennen ihre Kunden, sie überwachen sie, aber sie können sie nur dann in Saint- Lazare zeitweilig unschädlich machen, wenn sie für bestimmte Verbrechen be stimmte Be weise haben. Tafiir aber ist die Gilde da um solche Beweise zu erschweren. zu verwischen. Es ist eine von den Gefängnißärzten vielfach bestätigte Thatsache, daß solche Vervrecherinnen von Beruf die Stra pazen der Strafhaft meist sehr gut er tragen. Ja noch mehr; sie ruhen sich im Gefängniß aus und haben nicht unter der moralischen Depression zu leiden, welche die Opfer einer Leidenschaft, einer unglücklichen Regung, die ,,G:leg:nh-eits verbrecherinnen«, so schwer niederdrückt Jfr doch das Leben, welches sie »in Frei heit« führen, ein weitaus ftravaziöieres und oft mit Widerwärtigkeiten undQua len verbunden, von denen zu sprechen unmöglich ist, von denen der redliche Bürger teine Ahnung hat. ——- Wirkliche Opfer der Gefängnisse sind nur Iie Frauen, welche aus ver guten Gesell schaft durch Leichtsinn Uebermuth und schlechte Lebensverlkältnifse aus eine av schiissige Vabn gerathen und dann aller dings auch bis zum Verbrecken sinken. Jhnen wird das Gefängnißthor zur To despsorte, sie fischen in Reue und Ver zweiflung, in Ekel und Abscheu vor den lachenden Genossinnen ihrer Schande dem Wahnsinn oder ver erlösenden letz ten Krankheit entaegen. Sie allein sind unter der Menge der an die Schande ze wöhnten Jnsassinnen der Strafgefiimp nisse vie wirklich Büßenden. E· G. »D- . —s— Auf eine sonderbare Weise um’5 Leben gekommen ist der z ha jährige Sohn des Landmanng Jenien in Bixstrup bei Hader-sieben Der Junge erhielt von seinem Vater den Auftrag, vom Felde einen großen Schafbcck nach Haufe zu bringen. Das anfangs dem Jungen willig nachfolgende Thier blieb auf halbem Wege plötzlich stehen und war auch durch Schläge nicht mehr von der Stelle zu bringen. Um den bas starrigen Bock zum Weitergehen zu zwin gen, setzte sich der Junge mit automat ckeltem Stricke. an dessen Ende sich ein spitzer eifetner Pfahl befand, auf den Rücken des Thieres. Der Bock machte mit seinem Reiter ein paar Sprünge vor wärts, dabei fiel der Knabe zur Erde und stieß sich im Fallen den eisernen Pfahl in’s herz.