Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 08, 1899, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Sonntags Blatt
beiiage aes »anesger und bewu«
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J.P.Windotpl1 Herausgeber Grund Island Nebr, de118 Dec.1899 Jahrgang 2(). No 14.
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I
nune winken-en m
Gewerbe
Die Leonideu.
Von O. Anlei.
Als Chladni im Jahre 1794 "—— vier
Jahre nach dem Durch mehrere hun
dert Augenzeugen bestätigtem von der
Pariser Academie ater für Blödsinn
erklärten Meteoriteniall von Juillac
in der Gaseoane —- in der beritymten
Schrift »Ueber den Ursprung« der von
Pallas entdeckten Eiscnmasse und ei
nige damit m Verbindung stehender
turerscheinunaen« ilar und bestimmt
den Raclnveis siihrte: ,,crsieng, daß öf
ters Stein« und Eisenmassen vom
Himmel gefallen sind, und dieses als
historisch erwiesene Thatsache aner
kannt wert-en muß: zweitens-, daß die
ses Ereigniß identisch mit Feuerm
geln ist, Und diese nichts anderes als
eine solche brennende Masse sian Put
tens, daß diese Massen los-much WITH
d. h. Anlömmlinae aus dein Welt
raume, welche vorher der Erde und its-.
rer Atmosphäre fremd waren« -. Da
Tiberschtitteten ihn Gelehrte nnd Unge
lchrte mit Hohn und Spott; man rech
nete ihn »unter diejeniaen, welche alle
Weltordnuna leuanen nnd nicht beden
len, wie sehr sie an allem Bösen in ter
moralischen Welt schuld sind.« Ironie!
Kaum war auf diese aeistvolle Weise
Chladni aerictnet, da reaneten am Ili.
Juni 1794 zu Siena Steine vom Him
mel, aleich als wollte dieser selbst der
I8«1i»iliei·t zum Sieae verhelfen; ein
Jahr t«pater, am 1.«·-J. December 1795,
die aleicheErlcheinnna in Woldcottage
in Yortslnrex am 26. April 1803 end
lich sielen in L’Aiale in der Norman
die Tausende von Steinen nnd Stein
chen zur Erde
Hundert Jahre sind seitdem vergan
en: Chladnis’ Ansicht wurde durch
spätereForschmsgen nicht nur glänzend
bestätigt, sondern auch erweitert und
vertiest. Das Jahr 1833 bildet einen
neuen Ausgangvpunct sür die weitere
Erkenntnis des Wesens der Meteore.
Damals nämlich erkannte Denison
Olmsled in New Haken während des
berühmten, aus Nord-Amerika he
schräntten Novemberphanomens (12.
-—13. November), daß die Sternschup
pen alle von einem Puncte des Him
melg im Sternbild desLöwen (Leonis)
ausstrahlten und hiervon nicht abwi
chen, wiewohl der Punkt Höhe nnd
Azimut veränderte Damit war der
Beweis erbracht, das; die Erscheinung
tnichtsiirdischen sondern losmischer Na
uri .
Ziigleich erinnerte man sich jenes
herrlichen Sternschnuppeiifalle5. den
huniholdt und Bonvland in der Nacht
vom 11. aus den 12. November 1799
in Cumana in Veiie,iiiela beobachtet
hatten. Darüber sagt Humboldt in sei
net »Reise in die Aeauinoltialgegenden
des neuen Continents«: »Die Nacht
vom 11. zum 12. November war kiihl
und aus-nehmend schön. Gegen Mor
gen, von 2:80 Uhr an, sah man gegen
Ost höchst merkwürdige Feuernieteora
Tausende von Feuertuaeln iindSterw
schnuppen fielen hintereinander vier
Stunden lang. JhreRichtung war sehr
regelmäßig von Nord nach Süd. Alle
Meteore ließen 8 bis l() Grad lange
Lichtstreis hinter sich zurück, was
zwischen d Wendekreisen häufig vor
lornmt. Fast alle Einwohner von Cu
niaiia sahen die Erscheinung mit an,
weil sie vor 4 Uhr aus den Häuserii
sghem uni die Frühmesse zu hören.
ser Anblick derFeiiertugeln war ihnen
keineswegs gleichgültig; die ältesten
erinnerten sich, daß dein großen Erd
biben des Jahres 1766 ein ganz ähn
liches Phönomen voraus-gegangen war
. · . Von 4 Uhr an hörte die Erschei
nung allmählich aus: Feuerkugeln und
Sternschnupven wurden seltener, in
dessen konnte man noch eine Viertel
stunde nach Sonnenaufgang mehrere
an ihrem weißen Lichte und dein ra
schen Hinsahren erkennen . . . Da bei
meinem Abgang von Europa die Phy
ssler durch Chladnis Untersuchungen
aus z euerkugeln und Sternschnuppen
beson ers aufmerksam waren, so ver
säumten wir aus unserer Reise von
Caracas nach dein Rio Nehro nicht,
uns überall zu erliindigen, ob am 12.
November die Meteore gesehen worden
seien . . . Alle diese Beobachter ver
glichn das Phönomen mit einem schö
nen Feuerwerk, das von Z bis 6 Uhr
Morgens gewahrt«
So war der Gedanke der Ver-iudi
zitöt gegeben, der sich in der Folge siir
eine ganze Anzahl Meteorschwärine
als begründet erwies. Wir lennen des-:
ren heute mehrere, die allkährlich init
großer Pünttlichleit sich e nstellen. So
siir die nördliche halbkugel der Erde
die Sternschnuppen des 1.—-3. Ja
nuar, 12.——13. April, 19.——28. Aprih
26.——29. Juli, 9.—-13. August (Per
seiden oder Laurentiusschtoarm), W.
-—25. Oltober. 13.-—14. November
(Leoniden), 27.———29. November Gn
droineden), 6.——1.4. Dezember.
Manche dieser Schwärme, wie z. B.
der des August, tri en jedes Jahr mit
nahezu gle r Stärke aus; bei andern
unterliegt de Intensität der Erschei
nung starkem riodischein Wechsel. Zu
letzteren geh« reii die Leoniden, die
gegenMitte November in die Nachbar
uuvg gute usbuoizb agrzy uq itolps
zum Theil als leuchtende Meteore die
Atmosphäre durchschneiden Sie sind
Mitglieder unseres Sonnensvstemo
und bewegen sich in einer langgestreck
ten elliptischen Bahn, die gegen rie
cin tit in einein Winkel von 17 8s4
Ora geneigt ist und sie in zwei Kno
tenpuniten schneidet, wovon der eine
etwa 20 Millionen Meilen von der
Sonne entfernt an dem Ort des Welt
raumes liegt, den die Erde um den
14. November durchschneidet, während
der andere in llranusweite von uns
absieht. Die zuerst von Olbers er
tannte Periodizität der.Leoniden. de
ren Auftreten man bis zum Jahre
(«(.)2 zuriirlverfolgen kann, umfaßt
einen Zeitraum von 831f4 Jahren.
Jedesinal nach Verlauf dieser Zeit tre
ten die Ste«.«nsehnuppen des November
besonders zahlreich und glän end auf.
Taraus folgt, daß die Waffen des
eremberfchwarms irn Gegensatz zu
denen des Angnstfchwarms durchaus
ungleichmäßig über die Bahn vertheilt
sind: Anhäufung an einer Stelle-, sonst
relative Leere.
Die Stelle des Firknaments, von der
die Sternschnuppen herzutommen
scheinen, nennt man Radiationspunit
Man erhält ihn, wenn man den Weq
der leuchtenden Meter-re rückwärts ver
längert. Die Divergenz der Bahnen
der einzelnen Schnuppen ist nur Wir
lnng der Perspettive, in Wirklichteii
slnd sie nahezu parallel. Aus Richtung.
Geschwindigkeit rsndUmlaufszeit kann
die Meteotbahn berechnet werden. Da
bei ist man zu höchst interessanten Er
gebnissen gelangt. Kein aeringerer als
Schiaparelli fand eine merkwürdiae
Uebereinstimmung zwischen den Bahn
elementen der Perseiden und denen des
Kometen Z des Jahres 1862; eine
gleiche ergab sich für die Leoniden und
den Kometen 1 des Jahres 1866.Diese
Thatsache ist für die Ertenntniß des
Wesens der Kometen und Meteor
fchwärme von allernrößter Bedeutung.
Es- tann taum noch einem Zweifel nn- ;
tkrlieaen. dafi wir es mit nur ara
dnell verschiedenen Körperaggregaten
zu thun haben. Die Kometen haben
wir uns wohl aus Nebelsleden, d. i.
undisserenzikten losmischen Massen,
entstanden zu denken, die in den Be
reich der Anziehung der Sonne gelangt
sLnd nnd aus tugelsörrnigen Gebild-en
zis langgestreckten Cylindern oder Re
»rein aus-einander gezogen wurden.
Damit ist das Kometenstadinm er
nicht
Der Komet nun ist ein Körper von
lesckerem Gesüge. Der der Sonne zu
gekehtte dichterc Kopf bat aräftere Ge
schwindigkeit als die entsetnteren
Theile. die allmählich zart-erdulden
So wird der Komet in die Länge ge
zerrt, bis seine Masse schließlich die
ganze Bahn erfüllt und in einem ac
schlossenen elliptiscan Ringe um die
Sonne kreist. Trifft die Erde dann
irgendwo mit einem Meteotringe zu
sammen, so haben ioit das Schauspiel
e:nes Sternschnup ensalles. Die Per
seiden befinden si bereits nahezu in
dem eben gekennzeichneten Zustande.
Bei den Leoniden ist der Auflösuan
prczesz noch nicht soweit fortgeschrit
ten; sie haben theilweise ncch Kometen- «
charakter bewahrt. Zum letzten Mal
tam der Kern diese-z Schwarms in der
Nacht vom 1:3. aus den 14. November
3866 in Erdnähe; seine Wiederkehr
war sür dieses Jahr zu erwarten und
zwar, da die Stetnschnuppensälle, die
dieser Schwarm veranlaßt, in je 33
dlahren eine Verzöaeruna von einem
Tag erleiden, vom 14. zum 15. No
vimber.
Als Eraebniß können wir festhal
ten: Die Leoniden sind als ein im
Auflösungsprozeß begriffener Komet
zu betrachten, dessen Kopf alle 33 bis
34 Jahre seine Erd- und Sonnenniihe
erreicht. Die Auslockeruna wird wei
tere Fortschritte machen, und die Be
siandtheile des Schwarmes, kleinere
und größere Eisen- und Steinmafscn,
dazu jedenfalls Kohlenwasserstossver
bindungen, werden sich über die ganze
Bahn vertheilen. Damit wird das
periodische Maximum an Intensität
verlieren; die Sternschnuppensälle des
November werden gleichmäßiger in den
einzelnen Jahren austreten und dann
eine ähnliche Erscheinung bieten wie
die Perseiden des August. Allgemein
gesprochen: Die Kometen sind lockere
Anhiiusungen kleiner kosmischer Kör
tder lVJieteorite); die Meteorschwåirtne
(Sternschnnppen) sind in der Auslö
sung begriffene Kometen. Die Furcht
ror einem Zusammenstoß der Erde
mit einem Kometen ist aiinzlich mund
lrs; die Atmosphäre ist ein aeniigend
schützender Pan-sen und die Erde ist
schon öfters mit Kometenmassen in
Berührung aekommen, ohne den ge
ringsten Schaden zu erleiden.
If
Ein natürliches Seifenbergwert
und ein arbeaberawerl sind die bei
den ,,lcsz en« Neuheiten, welche m
BritishsColumbia entdeckt worden
sind. Verschiedene Sodaseen wurden
dort aufgefunden, deren Boden und
User mit einem natürlichen Waschmit
tel, entb—.ltend Borax und Soda, in
crustirt sind. An seiner Zusammen
setzung entspr’ es vollkommen dein
im allgemeinen Gebrauch besindli
chen Waschpulver stlr Reinigiings
Ein Irukrnlarm in Man-san City.
Dtei große Brände haben Datvson .
City innerhalb acht Monaten heimge- :
sucht. Die beschädigten Stadtviertel
sind immer wieder aufgebaut worden.
und an Stelle der anfänglich sebr
primitiven Häuser entstanden allmäh
lich folidete Bauten. Jnfolge dieser
Brände wurde auch ein Feuern-ehr
kienft eingerichtet, der ssich immer mehr
verbessert hat. Nach »eines photogra
J
phischen Aufnahme bringen wir das
Erscheinen einer Spritze bei einem
Alarm. Das Eigenthümliche ist ihre
Bespannung mit sieben Hunden, wel
che durch ihre bewunderungswiirdige
Dressur und vereinzelt dastehende Jn- ·
nlligenz solches Aufsehen erregen, baß
n an die klugen Thiere während ihrer
Thätigkeit bereits für die Pariser
Auhsstellung kinematographisch auf
na m.
L
! zwecke. Ueber 550,000 Pfund sind
den Ufern eines Sees, die im regel
rechten Bergwerttagbau ausgebeutet
werden, entnommen worden. Der evn
balt eines einzigen Sees allein Toll
uber 40 Millionen Pfund betragen.
—.——.-«-·-.
Ein Familitndrania.
Von Alwin v· Erbach.
Ties im Himmelsfrieden der Berge,
zwischen starren Gletschern und gäh
nenden Schlünden, liegt die Hütte des
Steiger-Jochen. Hier hat er seiner
geliebten Marien das Nest gebaut,
recht wie ein Adler, der auch an den
wenigst zugänglichen Stellen horstet.
Und er ist so eine Adlernatur, der
Steiger-Jochen. Aus dein Dunst und
Qualm der Stadt, wo er als Berg
siihrer nothgedrungen weilen muß, ist
er nngezählte Male, da herauf gestiegen
in treisenden Linien, dem Adler gleich
empor zur Sonne und zum Glück.
Nirgends siihlte er sich wohler und
freier, als ganz hoch oben zwischen den
einsamen ergriesen. Die von ihm be
wohnte Baudc war eine Schöpfung des
Alpendereins« der dem verdienten, wes
gen seiner männlichen Schönheit zu
ineist von kühnen Alpensteigerinnen ge
suchten Führer gern yestattete, sich da
rin häuslich einzurichten, was ja doch
wieder den Veteinsmitgliedern zu
Gute kam. Und er wollte eg so, nicht
minder seine junge Frau, die zarte
Tochter eines ehrsamen Handwerks
meisters, die er, sehr gegen den Wil
len der Sippschaft, geehelicht hatte,
und die er da hoch oben gegen Neid
und Leid der Menschheit geborgen
alaubte. Gewöhnlich blieb er mit fei
ner Gefolgschaft hier zu Nacht, und da
waren die Damen immer erfreut, eine
weibliche Hand zu ihrer Pflege und
edienuna zu finden. Die Meisten mas
ren wohl auch neugierig, die Frau die
ses ideal schönen, und man sagte.
äußerst kühnen ergsteigers zu sehen.
«Und mit welchem Stolze zeigte er
ihnen sein blitzblant saubereg Heinr,
in das auch das Familiengliiet in Ge
stalt eines allerliebsten kleinen
»Schweize·e na« eingekehrt war!
Das wurde anders mit dem Tage,
wo die gluthäugige schöne Russin, eine
Gräfin Deschloij, hier eingekehrt war.
Sie liebte den Mann und haßte das
Weib. die ihm seinen Besitz streitig
machte. Sie war die noch jugendliche
Witwe eines sinnländischen Manna
ten, reich und unabhängig. Jhren
Gatten hatte sie nur des Geldes wegen
aeheirathet. Jetzt zum ersten Male
sprach ihr Herz.
Der vielumworöene, schäne Steiger
Jochen hatte bisher allen Lockungen,
»
allen offenen und versteckten Liebesw
trägen zum Trotz, seiner herzlichsten
blonden Marie die Treue bewahrt.
Nun aber lag das schöne, weltentrückte
Menschenglück da oben in Trümmern.
Die Gräsin nahm den Führer ganz in
ihren Dienst. Er mußte jeder Zeit zu
ihrer Verfügun sein, auch wenn sie
Tage lang nicht aufstieg. Sie be
stimmte fortan dic Marschrouten, und
die führten nicht mehr nach seiner»
aude oder auch nur in die Nähe der- z
selben. Sie wollte das intime Zu
sammenleben der eiden zerstören, den
Mann seinem bescheidenen Heim ent
sremden, ihn mit einem weit über sei
nem Stande liegenden Wohlleben und l
dem süßen Nichtsthun, das der Reich- I
thum gewährt, vertraut machen. Frei
lieh. ab und zu mußte er noch hinaus
gehen, um vor der Welt den Schein
zu wahren, und dann brachte er Hau
fen Geldes mit, Führerlöhne, wie sie
vor ihm wohl noch Keiner erhalten
hatte. Er trug dann immer eine litt
mende Heiterkeit zur Schau. Es lag
aber kein Herz darin. Mit bangem
Weh bemerkte die junge Frau die
Wandlung, die sich in seinem Jnncrn
vollzog, brachte er doch Wein und De
litatessen heraus, wie sie unter diesem
bescheidenen Dache sonst nur siir die
Fremden dagewesen waren. Er führte
also ein Herrenleken in der Stadt auf
Kosten der Eriisin Zunächst lam es
aus diesem Anlaß zu Verstimmungen
zwischen den Gatten. und aus diesen
heraus zu gereizten Worten.
k
Alles dag tvar sehr klug berechnet
von der Gräsin. Nun mußte es zur
Mänan und zum Bruch zwischen den
Beiden kommen. Und eg kam dazu.
Marie besaß Verstand genug, um das
Ende vorauszusehen» Sie war aber
nicht nur Gattin, sie war auch Mutter-.
Und es erwachte in der sanften kleinen
Frau ein Geist des Widerstande-Z, der
selbst ihn iiberraschte. Sie sagte es
kurz heraus: Sie oder ich! Er wollte
es in diesem Lichte nicht betrachtet
wissen und redete sich immer mehr in
Wuth Zuletzt griff er nach Hut und
Berastock, um fortzugehen, zu Thale
zu steigen, trotzdem es Nacht war. Sie
versuchte noch ein LeHeT warf sich ihm
an den Hals, ja, sogar ver ihm auf die
Knie, ihn unter Thriinen zum Bleiben
befchtvörend, das traute Glück, das sie
hier« oben gefunden. nicht muthwillig
.in zerstören, um Unerreichbarem nach-«
zujagen. Er steckte aber schon zu fest
in den Fesseln der Gräfin. Er ging
dennoch Sie rief ihm nach, daß,
wenn er bis moraen Abends nicht zu
Haufe sei, um dann hier zu bleiben, er
überhaupt nicht mehr zu kommen
brauche. Sie würde sich mit ihrem
Kinde in den Abgrund stürzen. Ein
wildes Hohnlachen war die Antwort.
Dann stürmte er satt. Und blaß und
weinend sank sie an der Wiege ihres
schlummernden Kindes nieder, das sie
mit sich fortnehmen wollte — in den
Tod!
Jn seinem Zorne war der Steiger
Jochem allen Vernunstsgriinden un
zugänglirh Er redete sich noch immer
ein, daß er es gut mit den Seinen
meine, und daß sein Weib sich mit sei
ner Eifersucht nur lächerlich mathe.
Wenn er das der Gräsin erzählte,
mußte es auch zwischen ihnen klar
werden, und er zweifelte nicht, daß sie
iltm in allen Punkten beipslichten wür
de. Voll von diesen Gedanken, hatte
er seines Weges wenig Acht. Die
Nacht war hell, und er kannte hier je
den Stein. Um nur schneller hinun
ter zu kommen, liirzte er verschiedene
Strecken ab, wobei er seiner Wegkunde
und seinem Muthe vertraute. An ei
ner solchen Stelle fühlte er plötzlich den
Boden unter sich schwinden. Der
Schreckens-ruf erstickte ih inm in der
Kehle, und lautlos sank er in die
Tiefe. . . . .
Der Steiger-Jochen erwachte aus
tiefer Betäubung. Er mußte sich be
sinnen, wo er war und wie dieses Un
glück, das erste schwere in seiner Stei
gerlausbahn, hatte geschehen können.
Zum Glück waren seine Verletzungen
nur gering Er war tus den Schnee
gefallen. Nun kam aber das lähmende
eBwusztsein iiber ihn, daß jemand ihn
auf diesem Wege vermuthen und hier
suchen würde. Es war ja eine Von
den Unbeaangenen Strecken. Dann
kehrte ihm die Erinnerung wieder und
damit der noch schrecklichere Gedanke,
daß, wenn er bis morgen Abend nicht
zuriick war, die Marie sich mit dem
Kind in den Abgrund stiirzen würde.
Dieser Gedanke erfüllte ihn mit einem
heißen Lebensdrange und mit über
menschlicher Kraft.
Der Spalt war eng, und mehrfach
gelang es seinen verzweifeltenAnsZirem
aungen, etwas hinauf zu kommen,
aber immer wieder fiel er ab, und das
letzte Mal von solcher Höhe, daß er
noch einmal in halber Betäubung lie
aen blieb.
Nach vielen Fährnissen und in der
beändigcn Furcht, noch tiefer einzusin
ken, schlug ihm plötzlich bei einer schar
fen Wendung des Bergrisses ein grün
licher Lichtschimmer entgegen —- die
Tageshcllr. Er hatte endlich den Aus
weq gefunden. Von seinem Gefiihl
übermannt, sank er auf die Knie nnd
faltete feine Hände wie zum Gebet.
Aber nur ein Schluchzen entrang sich
feiner gequälten Brust.
Endlich näherte er sich feinem Heim
von Weitem. Ein Fenster war erhellt
—- Gottlob! Einen die Bergftille auf
Meilenin die Runde erschütternden
Inrhzer schickte er seinen erlahmenden
Schritten voraus. Sie sollte es wis
sen, daß er zurückkam, reuig und wie
der mit der alten Liebe fiir die Seinen
erfiilltt Aber keine Antwort kam von
dem Haufe her. Der Schrecken über
mannte ihn wieder-. Wenn er nun
doch zu spät kam? Und er — kam zu
spät! Zwar brannte die Lampe wie
sonst, um irrenden Bergsteigern als
Wegweiser zu dienen; aber sein Weib
war fort, die Wiege war leer! Sie
hatte ihm Wort gehalten.
Da verließen ihn die Kräfte, da
sank er weinend neben dem Bettchen
nieder, aus dem ihn sonst die Augen
feines Buben angelacht hatten. tnd
er hatte dieses Glück zerschlagen niit
roher-Faust; er selbst hatte Weib nnd
Kind in den Tod getrieben! tun
blieb ihm nur noch Eins übrig, ihnen
zu folgen und seinem elenden Dasein,
um dessen Erhaltung er heute so ver
zweifelt gekäinpft hatte, ein rasches
Ziel zu setzen.
Plötzlich schrat er auf aus seiner
Versunkenheit. Schritte draußen —
Gäste· Auch das noch! Er stand
schwerfällig auf, denn eben wurde die
Thitr hastig aufgestoßen. Ein Ruf —
,,Marie!« ein Jubelschrei und dann cin
langes« seliges Schweigen, nur unter
brochen von Schluchzen, Küssen und
gestammelten Freudenworten. Sie
war ihn gegangen, denTodesweg, aber
der Anblick ihres Kindes hatte sie im
mer wieder davon zurückgehalten, den
furchtbaren Sprung zu wagen. Da
ertönte sein Juchzer. Der rief sie zu
rück zum Leben, zum Glück, das hier
nun dauernd wohnen sollte.
Laut Censusausnahme, soweit die
selbe in der Provinz Havana gediehen
ist, können von den Cubanern nur 55
Prozent, von den Spaniern 75 Pro
zent der Bevölkerung lesen und schrei
ben. Letztere besteht zu 45 Prozent
aus Weißen, 40 Prozent aus Schwar
zen nnd 15 Prozent ausMulatten und
Chinesem
Institution-unsinn
Z sit-tm m versuchte-.
OUIMOIOOWUIIUOOI
Dem Professor Robert Koch, der
sich gegenwärtig zur» Fortsetzrng sei
ner talariastudten in Batavia aus
hält, dient als Versuchsthier ein
Drang-Mang, mit de er im bTstM
Einvernehmen lebt. ut scheint es»
Sapaja — dies ist der Name M
Affenmenschen -——- sehr nnangetiehm
zu finden, daß der gelehrte Herr mit
inm allerlei Proben betreffs Einwir
kung der Malaria auf feinen Körper
vornimmt. Mit seiner Umgebung un
terhält sich Professor Koch in einer für
diese sehr interessanten Weise. So
schrieb er unter anderem, daß die Re
ger in Deutsch-Ostafrika eine Heiden
angst vor Kälbern, Kühen und ande
ren Thieren hätten, deren er bei feinen
Versuchen mit dem Malaria-Bacil
lus benöthigte. Einstmals hatte er
vier robuste Neger mit vieler Mühe
dazu bewogen, ein Kalb, nicht größer
als ein Hund, nederzuwerien und fest
zuhalten, worauf er es iinpfen wollte.
Doch kaum hatte er die Haut des
Thieres geritzt, wodurch Dieses sich
veranlaßt fühlte, eine Hinterpfote zu
bewegen, als auch schon die vier Rie
senkerle ein Angstgeheul aus-stießen,
das Thier los-ließen und wie Katzen
an einem Baum hinaufkletierten,
zwischen dessen Zweigen sie ebenso
dumme Gesichter sehen ließen, tsiie es
das Kalv machte, als es wieder auls
den Füßen stand. Es sei deshal
nicht zu verwundern, dasz dieser hel
denhafte Stamm keine Viehzucht zu
betreiben vermöge. Die paar Stück
Vieh, die sie haben, würden ihnen von
schlaueren Stämmen gestohlen. Auf
Wunsch des Professor-H mässen die
Krankenwärter in den Sälen, wo Ma
larialeidende liegen, Moskitos fangen
und ihm einliefern. Dies geschieht
mit kleinen Zangen, wobei die Fänger
sehr vorsichtig zu Werke gehen mus
sen, um die Insecten nicht zu verletzen.
Je dicker so ein Jesect ist, desto brauch
barer ist es für die Untersuchungen.
Die Kranken helfen bereitwillig mit,
indem sie die Mostitos ruhig an sich
sangen lassen, bis der Wärter mit
dem Zängchen oder einer Magen-stöh
re kommt, um das blutdijrstige Insect
zu fangen. .
sie-ice
Ulrile v. Levetzow ist auf ihrem
Gute Triblitz in Böhmen, nachdem
sie schon längere Zeit gekränkelt, fast
96jährig gestorben. Ulrike war die
letzte Liebe Goethe’s, und ein parti
scher Schimmer umstrahlte sie, die
Letzte jener Frauengestalten, die den
Lebens-weg des großen Dichters ver
schönt und deren Namen stets in Ver
bindung mit dem seinen genannt wer
den. Jrn Jahre 1821 trat Goethe in
Marienbad in den Kreis der Familie
v. Levetzotv und hier war es, wo dem
Dichter zum letzten Male die rathe
Rose Leidenschaft erblühte. Ulrite zo
ibn mächtig an. Jhre Jugendbildniä
zeigt sie uni- alEz eine zarte und anmu
thi e Erscheinung Dazu war sie leb
ha t und klug, unterhielt den Dichter
niit«dern Spiel auf der Laute und las
ihm Scott vor. Hielt Goethe auch
persönlich noch mit seinen Empfin
dungen zurück, o sprachen doch seine
Verse desto bere ster. Vom Juni bis
Juli 1892 war er Gast in dem Le
retzotv’schen Hause, im Jahre 1823
wohnte er der Geliebten gegenüber.
Um diese Zeit ging die stille Vereh
rung des ichters in leidenschaftliche
Liebe über. Die ,,Trilogie der Leiden
schaft«, die Gedkchte ,,Liebschaft« und
andere entstanden in jenen Tagen.
Glückliche Stunden waren dem Dichter
in der Nähe der Geliebten noch in
Karlgbad und Elbogen beschieden, wo
er im Kreise der Familie Levetzow
seinen Geburtstag beging. Am 5.
September reiste er ab. Auf der
Heimreise entstand die traueroolle
Marienbader »Elegie«. Die heiße
Leidenschaft rang sich zur Resignation
durch, das Persönliche trat Vor dem
Höheren zurück. Ulrike war die Letz
te, die das Herz des greifen Dichters
in seinen Tiefen bewegte, und bis zu
seinem Ende hat er an den Erinne
rungen dieser Liebe gezehrt. Ulrile
selbst blieb anvermählt. Sie erbte im
Jahre 1868 das Schloß Triblitz und
verbrachte hier ihr Leben, als eine
Wohlthäterin der Armen, in stiller
Weltabgeschiedenheit. Ihre Goethe
Reliquien übergab sie zum größten
Theil dein Goethe-Archiv, nur einige
wenige dürften sich in ihrem Nachlaß
finden.
E E L
Jn Chicago ist ein Straßenräuber
entdeckt worden, der seinem Geschäfte
Per Bugay nachgeht — nachsährt wäre
besser gesagt. Vermuthlich hat er auch
ein Cafh-Register auf dem Wagen« um
die Einnahmen zu registriren.
Il- sk III
Das beste Geschäft in den letzten
Krieaen hat Missouri gemacht. das für
acht Millionen Dollars überflüssige
Maulesel dabei losgeworden ist. Aus
diesem Grund hält man in jenem
Staate auch nicht viel-von Friedens
krnferenzem «
III II· it
Jn Japan ist jetzt auch Gold entdeckt
worden. Da wird es wohl mit der
kritischen Freundschaft bald zu Ende
ein.
si- -I· si
Der flotte Gang der Geschäfte macht
sich aueh durch lebhafte Nachfrage
nach kleinem Gelde bemerkbar-. Jn du«
Philadelphiaer Münze wird Tag und
Nacht gearbeitet, um dem Bedarf zu
genugen. -*-.rr "A lti~
Sr Sh«ikcPari.or ’A* (,
'S&m-—■
aurora ixifi
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