Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 17, 1899, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Honntaggs OBlatt
Beilage des »aneiger ums nechl«
. , ·. I
k B. Windolph, Hennsgcbcn Grund Island, Nebr» den 17 Nov 18IIII 1xahmcmq 20 No. 11 .
»k«
shares Luftfchisi des Grafen von
Zcppelin.
» Von Nufmv Uebers-w
) -
Eber das-— vom Generalleutnant »k.
Dämer von Zeprclin consttuirte
sfenlufkschiff ist schon viel geschrit
c worden, und jctzt, wo die Auf
ikt am Gestade des- Vobenseeg m
elder bevorsteht, erscheinen wieder
et Tirqesmkssc allerlei Artikel rnd
i·3(n. Tiefe jilsoch beruhen skim »t
miszek nimm Ausfag in einer
fnischen Zeitschrift iilscsr die Um
Ja der Halle auf Smnbjnsnio
Land Vc1«nmth11::-xc1!. da sah-Ins
Ijkichten bis jkxzt nicht zins- der
Mkerfchlosscn stehn-Leuen Denk-sie
lMc Oeffentxiwteit Nun-It ji!s.·.:-. II
nun in der Enge-, «1s.!s«3!:in;sesk11:ck
chammg und umwunka Mit
ilxrnqen eine Wcrlkjsfch Schilpss
m des Luftfalnzctth ach-cis zu ton
!
ter Weise empfangen
ssn der Landnngsstelle laq has ier
sellschaft gehörigc elegantes Lilie-tor
--t schon bereit. Wir stiegen ein, und
slgeschwind ging e; iiber den spie
glatten See in der Richtung auf
«nzell, ein: töniglicbe TonkLine, in
pfn Nähe der Werftplatz des Luft:
B liegt. Schon von fern erblickten
aus dun See einen im Sonnen
in herüberleuchtenden Bau, dessen
s ensionen, je näher wir ihm tankein
« er gewaltiger erschienen. In cle
nter Kurve umleeiften wir densel
und geivabtten nun. daß er, vorn
« Ufer entfernt, frei auf dem Was-s
schwimmt.
s s ist ein riesenhafter Holzschnvpem
Ha 400 usz lang, 75 Fuß breit nnd
zum achsirst 60 Fuß hoch. In
Je Langseiten find se els große Fen
F eingeschnitten, um volles Licht in
Jnnete einzulassen. Die Halle
ft zur Verminderung des Wind
ses vorn spitz zu nnd tann, um
- rufenen den Einblick zu verweh
, inten durch einen Vortzang abge
- en werden. Unser Boot hielt an
« r der Langfeiten. und wir betu
die halle.
or unsern staunenden Augen sa
-. wir das werdende Gerippe des rie
T-;·,asien Ungetbüurns, scheinbar stei
k-. . k Luft schwebend-. in Latini-inne
. r auf hohen Böcken ruhend.
) eMontierunggballe schwimmt ans
ontons und besteht aus zwei
L e völlig tax-gelöst« etwa 1800 Jus-,
slen einem äußeren. der dithasidc
das Dach trägt und unter Wasser
- ein Ballensnsteni verbunden ist,
« einem inneren, etwa ZO Fuß brei
der. auf besonderen, etwas fluchte
Lasset gehenden Pontons ruhend,
äu eren Theil völlig unabhängig
ieb r ist und somit gestattet, dac
ihm rnontirte Lustfahrzeug ausz
) hren und in die«.s)öbe steigen zn
« n; umgetehrtwird der Zurüctleb
-. Je Ballen auf dielem Floß f-stge
.-n«.und mit ilnn wieder in dieHnlle
. efabren.
c O
««an lann fragen, warum dieMons
meist-alle aus dein See und nicht
L- dein festen Lande erbaut wurde
· ift einleuchtend, daßf siir die ersten
«zrten, die ja in gewis ein Sinne nur
K Exerzierfabrten betrachtet werde-.
fsen, eine solche freie, weit gedebnte
s che ohne Hindernisse, wie der Luft
-s iibet dem Spiegel des Seeg, das-,
lbar erwünschteste llebunggseld
bietet. Der Hauptgrund aber liegt
in, daß die schwimmende Halle, vie
« an einem einzigen Puntt veranteu
! darf, sich stets nach dem Winde so
stellt, daß ibre Längsachse genau
der Windrichtung übereinstiinmt.
ll das Luftfabrzeug nach beendigter
llung aus der Halle gezogen werden,
unterstützt die Windströmung das
tte Aue-fahren Der Ballon wird
Lsssllrunsonsui auf dem Bose-lu·
admch vor dem Anprallen an den
Indes der alle bewahrt. wag .de«
Bau ou felleenBoben nicht ausg
wöte. Probeauofahtlen mit den.
k Monütung begriffenen Vallokt
then schon einige Male gemacht unr
fnv glatt verlaufen. «
eigentlicheBallon wer noch fes
Vollendung etwa 360 Fuß lana.
mem größten Theil cnliuderför
lla fein und in diesem Theile kikca
6 Fuß Durchmesser haben. Die bei
en Enden werden eine zugespitzle
form erhalten« etwa wie die vgivalen
nspinen unserer Gram-leih nur
e gezoaen Diese Gestalt ist ek
Wmäßig diesaeeignelste file das
sen und das Durchschnelden der
Das Ganze besteht aus einem zu
sammenhängenden Gerüst von Alumis
niumstäben in T-Wintelsorin. Sech
zehn senkrecht stehende, je 25 Fuß von
einander entfernte Ringe bilden die
Stützen desselben. Sie haben nicht
Kreisform, sondern bilden regelmäßi
ge Polizqone von 24 Etten; ihre GestaLt
wird sixirt durch zahlreiche, im Jn
nern gespannta start: Aluminiums:
drohte, die von einem centralen Kreise
ausgeben ähnlich wie die Speichen der
Fabreäden Die Ringe werden durch
letter-mal liegende Stabe sest mitein
ander verbunden. So entstehen sieb
··.el)n Abtheilnngen Um das ganz.l
Geriist herum wird äußerlich ein Ma
schennetz aus starken Schnüren gelegt,
die aus Chinasasern —- so enanntc
»Na-nie« ——— einein äußerst zagen, aber
leichten Stoff, gefertigt ind. Jede
Kammer erhält auch im - nnern, der
Peripherie und beiden Seiten der
Ringsliichen folgend, ein solches Netz·
Jn jede dieser Abtheilungen wird
ein Ballon gebracht, der ihr Innere-«
ganz ausfällt, so daß das ganze Ge
riist siebzehn voneinander getrennte-,
selbständige Ballons enthalten wird.
Sollte einer derselben verletzt werden,
so werden die andern doch intatt blei
ben, ähnlich wie die Schritts der Schis
se, aber viel sicherer als diese, weil sie
durch keinerlei Thiixen oder Oeffnun- «
J
aen miteinander verbunden sind
Der Stoff, aus dem die Ballons ac
s.-rtiat sind, ist ein dichtes, aber trotz
seiner Undurchlässigteit ungemein
leichte-H Baumtoollaewebe mit einer
naou den neuesten Erfahrungen herge
stellten, sast absolut aagdichien Garn
midichtuna. Das ganze Aluminium
aeriisi erhält noch eine äußere wasser
dichte Ilmbiilluna, welche die Ballons
hauptsächlich vor direkter Bestrahluwg
durch die Sonne und vor Regen zu
schützen hat. Der « wert der oben be
schriebenen Netze i , eine Berühruna
der Balloniz untereinander und mit der
äußeren Oiille zu verhindern»
Die Bnllons werden mit Wasser
stoffaaö gefüllt, das in starlen aust
eiserncn tsnlindern in tomprimirteiu
Zustand t,erdeigeschasst wird. Jeder
dieser Cylinder enthält 5 stubiinieter
Gas; es sind deren etroa 2000 erfor
derlich. Die Etslinder werden in einein
eignen, im See stehenden Schuppen in
Pontons ausaespeichert und diese,roenn
die Füllun erfolgen soll, an die Mon
tirunasha e heran esahren. Mittels
einer besonderen Fishrenleitung wer
den die Ballons, jeder sür sich, vor dein
Ausstiea gestillt. Ein Kubttmeter Ga
ist im Stande, ein Kiloaranun Last zu
tragen. Das Gesamrnt ewicht, ein
schließlich der GondelnXllFaschinen und
Zubehör, nebst Bernannuna und Bal
last, dars also das Gewicht von 200
Centnern nicht übersteigen, wird aber
diese-z Maximum in Wirklichteit lanae
nicht erreichen. Die Belastung ist so bei
rechnet, daß, wenn einer der Ball-Ins
verletzt würde, die übrigen noch ano
reichende Traalrast besitzen. Dies ist
im Wesentlichen die Gestalt und die
Construction des eigentlichen Traglörs
verg.
i
i
Jeder in Bewegung gesetzte Korper
tann gelentt werden. wie wir an jedem
Schiff und jedem Fabrrad beobachten
lönnen. Daß dies bis jetzt bei den
Lustschissen nicht gelang, lag theils
«-an iijrer ungiinstig gebauten Form,
theils daran, daß die bewegende Kraft
nicht ausreichend war und die Steuer
:nittel nickt genügende Wirkung auf
die Lust angiidten Bei dem ietzt i;n
Bau begriffenen Ballon dars man je
doch, ans Grund genauester Berechnun
gen. vollen Ersolq erwarten.
Die Vor- und Rückwärtgbewegung
des Lustschifseiz wird durch dier große
Aluininiumslilgel - Schrauben bewirlt
werden. Zwei derselben werden vorn,
der-or der Tragelörper sich der’iinqt«
beiderseits des letzteren ange reicht.
und zwar etwas unter der Mittelaxe.
Die beiden andern Schrauben erhalten
dieselbe Lage am hinteren Ende des
eiilindrischen Theils. Jbre Wirkung
wird eine ähnliche sein wie diejenige
der Pronellerschraube an den Schrau
benschisfen.
Die Steuerung erfolgt durch je ein
Steuerslächenpaar am vorderen und
am hinteren Ende des Fahrzeuges; die
Wirkung ift dieselbe wie beim Wasser
schilt
Alle diese Verrichtungen müssen, ·
ism wirten zu können, in Bewegung
gesent werden. Zu diesem Zweck wer
den unter dein Person. durch seiteö Ge
stänge starr mit ibm verbunden. zwei
Alurniniumgondeln an ebracht. je ei
ne unter jedem Fliigepschraubenvagr.
Dieselben haben eine sich nach unten
etwas verjilngende Form. Unter dem
Boden ist je ein Prellrad angebracht,
das beim Landen den Stoß in Spi
rcilsedern aussangen und ihn zugleich
in rollende Bewegung übertragen -
niird. Jn jeder Goudel befindet sicb
ein Benzinmotor, der, durch Uebersetz
ungen mit den Flügelschraubrn der
bunden, diese in Bewegung setzt. Die
Izu-Nun w L umchm im Mmmtsuimoäiaiifk.
—-—«--..—-q,..-..-.—- —...-.-..—«.. ..·.. —--—.-.-,—---——--—- -.-....-—...——... ——..-»,- —.4 —.—.-.
LItutriebtrellen vcn den Motoren zu
kenVorgelegen sind ausMannesrnanni
Stahlrohreu und mit zwei verschied
baren Gelenlluppelungen verbunden,
um etwaige miniinale Dcrivationeu
des Gerippe-i auszugleichen
Venzin ist das zwedinäszigste Treib:
n;ittel; jedes andere erfordert zu
schwere Maschinen und zu ·roßes Ge
wicht an HeizmateriaL .leetricität
ist vorläufig gar nicht anwenddar« da
sie entweder in auf dem Lande verblei
benden Dynamomaschinen erzeugt und
mittelst Drahtleitung dem Ballon zu
qefiilyrt werden müßte wodurch der
selbe zum Fesselballon tviirde oder, in
Arcumulatoren ausgespeichert, mitge
führt werden müßte; diese sind ader zu
schwer, um durch die Lust transportirt
werden zu können. Benzin vat den
Nachtheil der Feueraesiibrlichleit wa
besonders bei einem aasaesiillien Bal
lon von großer Bedeutuna ist Dot)
sind die Maschinen die tibriaeng die
einzigen Eisen- und Aluminiumdron
zetyeile an der arsammten Coustruc:
tion des Lustfalirzeugg enthalten, rni:v
aroßer Sorgfalt daraufhin gebaut.
das; absolut lein Feuer nach außen
schlagen lann, sondern sich der Vor
gnna der fortwährenden kleinen Ex
plosionen vollständig abgeschlossen
vollzieht. was bei electrischer Bund-um«
usie liier any-russender, leicht erreichbar
ist. Ausseroem ist die Vallonviille ils-er
den Gondeln mit seuerfeft impriignir
tein Stoff bekleidet.
Jede Maschine arbeitet mit 12 bis
15 indizirten Pserdelriiften. Die Be
mannkma wird aus siins Köpfen liest-:
lien: erstens dem aenialen Erfinder
des lentbaren Lilstschisses, Grafen von
Zepvelim ferner aus zwei Jugenieurep
und zwei Maschinisten zur Bedienung
ter Motoren
An der Unterseite der liiondeln nnd
des Laufen-nqu wird ein auf einem
Tau gleitendeøLausqewicht angebracht
dass von den Goadeln aus deiiebia qe
stellt werden inmi. Besindet sich daz
Getoicht hinten, so ist der lsintere Theil
dei- Balloncz schwerer als der vordere
und ioird also tieser bleiben; dadurch
erhält der Ballon eine noch aufwärts
gerichtete. schräge Stellung. Geschieht
dirs während der Fahrt, so wirkt die
gegen die llntersläche des Ballen-f
drüclende Lust wie aus einen in di-:
Lust geivorsenen Papierdrachem er
steigt. Soll der Ballon abwärts stei
gen, so wird der Vordertheil durch
Vortvärtgschieden des Gewicht-i be
schwert. Der Ballon erhält eine nach
vorn gesenkte, schräge Stellung, und
der Druck der Luft auf die obere Flä
che des Ballons drückt ihn herab. Ein
Tau. von vorn nach hinten geschlun
gen, lose unter den Gondeln hängend,
soll diese Wirkung durch sein Gewicht
unterstützen
Jn der beschriebene-n Gestalt wird
lsog Lustschiss nach der Vollendung
seine Reise antreten.
s- e- se
Der drqhtlose Telephouappqrat.
Der von dein italienischen Flotte-i
irrqenienr Russo Wliar ersundene
drakjtlose Telephon-Apparat ist von
f der italienischen Feriegsmarine auf
: allen Schifer und Torpedobooten
T eingeführt worden. Der ingenieur
! hat an seiner Erfindung fünf Jahre
gearbeitet. Sie beruht auf der besonde
ren Eigenschaft flufsiger Stoffe, den
Schall aus bedeutenden Entfernun en
leicht und tlar sirtznpflanzen « er
Aiparast wird vorn Erfinder als ein
Empfanger aller nnterseeifchen Töne
bezeichnen Und wie er sie aus- den ver-«
fchieoenfien Richtungen er:spfängt, so
giebt er sie ans den verschiedensten
Richtungen wieder ab und fetzt,s init
der Eommandobriicke verbunden, den
Offizier in die Lage, Alles, wag bei
Nacht und Nebel um das Schiff der
rotgeht, zu vernehmen. Jedem Schill
en vsiinger entsprechen ein Milrophon
und ein Anzeiger, der die Richtung
des Sanelles auf das Genauefte an
giebt. Die vom Empfänger aufgefan
genen Töne werden in folgender Weise
weitergeleitet: Auf der Com:nando
drücke steht ein Mikropnom an dem
eine vibrirende Netzbaut angebracht ist.
: Dank einer besonderen Vorrichtnng
T wird jeder vom Empfänger aufgefa:i-s
« cene Schall der Netzhant mitgetheilt,
. und ibrc Vibiationen setzen nun den
" Anzeigcapparat in Bewegung; der Of
fi·3ier braucht nur darauf zu sehen, im
die Richtung, ivoder der Schall kommt,
! wanrzunebmen, und das Jliikropbon
vermittelt ilnn gleichzeitig szuch ten
i Rhytomns des Schalles so genan, als
stünde er in unmittelbarer Nabe deJ
I Schallerreger5. Der Apparnt arbeitet
s auf Entfernungen bis zu neun, bei
stürmischer See bis Zu acht Kilometer-r
und machtsnsanmienftöfze fortan ganz
unmöglich. Um den telepbonischenVer
tebr zwischen Schiff und Schiff zu be
!pertstelligen, ist dein Schallaic,eiger
ein Morfe Apparat cnp eiiigt Tie con
oentionellen Teichen werden von de u
Schallenwfänger tlar nnd deutlich
aufgenommen und weiter vermittelt
ningenieur Russo d'Asar erhielt vom
König eine ansehnliche Summe, uin
seine Sti dien fortzusetzen
f I E is
Wie die Wievbadencr Handel-Zinsn
iner mittheilt. isi zwischen der beut
schen und der niederländiichen Regie
rung nunmehr ein Abiornnien sür den
Schuß beutfscher Dandelginarien in
China getrof en worden, wie eis im vo
rigen Jahre schon zwischen Deutsch
iand und Frankreich vereinbart wurde
Die niederländische Regierung hat
ihre Consularbebörben in China nn
gewiesen, daß sie vortoinmenocnsclls
gegen Niederländer einschreiien, die
eine für einen Deutschen in den Nic
derlanven eingetragenc Markt in
China nachahnren.
VIII
Der Hund des berühmten englischen
Zahnarztes Mocly hatte verschiedene
Mit-ne verloren und konnte daher
aurn mehr Fleischnahrung zu sch
nehmen. Sen Herr setzte ihm nun
mit einer Platte vier Vorderzähne send
vier Backziihne ein« deren sich das
Thier bedient, als ob es die eigenen
wären. Der Hund frißt und neigt
Alles, wie er es vor seinem Zahnveri
lust gethan.
—-——-.—-———
Dct Geburtstag.
Von C. Dilling.
Von den rothenPlüschmöbeln waren
die Ueberzüge abgenommen, die große
Hängelampe war angezündet und ein
scstlicher Des erfüllte das Zimmer.
Die Thiir new demSpeiseziininer war
geöffnet, wo ein mit einem
blendend weißen Tischtuch bedeutet
Eßtiseh stand. Eine große Bowle leate
drutliches Zeugniß von der Fee-etlich
keit des Tages ab. Es war nämlich
der Geburtstag des Haus-herein ·
TischlermeisterGiese saß dick, niollig
und vergnügt in seinem Lehnstuhl.
Seine Tochter Bertha spielte Klavier
und der Studiosus de: Theologie
Fromm stand, in Bewunderung ver-«
«unten, hinter dem Stuhle· Der Stu
oiosus trug lange-H schwarzes Haar.
einen weissen Schlips und hatte iiber
sein erstes Examen ein vorzügliche-«
Zeugniß in der Tasche. Als der ein
zige Miether war er zum Geburtstag
rege Familienoberhauptes der Familie
Giese eingeladen.
Das Dienstmädchen war fortge
schickt, um noch etwas zum Abendessen
zu holen, und Frau Giese regiert-: in
der Küche, aus der ein sehr scharfer,
eher angenehmer Geruch von gebrann
tem Fett herbordrang.
Die Thiir nach dem Wohnzininier
nnrde ein wenig geosfnet und Frau
Giese steckte ihr glühendez Antlitz
durch die Ritze.
»Giese, willst Du nicht einen Au
genblick heraicstnm:nen·-’"
Giese wischte sich schelmisch den
Mund und warf den-. Studenten einen
lustiqu Blick zu.
»Ich soll die Sauce orobiren,« sagte
er. »Das muß ich Immer an meinem
Geburtstag«
Der Studiosnå lächelte und sent-te
ten Blick aus Berthckrs trauses Nacken
haar.
Draußen in der Etliche stand Frau
,liese, ebenso dick. molliq und ver
gnügt wie ihr Mann. Eine weiße Flü
«ck,enschiirze beschützte ihr schwarzes-«
Jsefttleid und auf ihrem Scheitel lag
eine Blondenrosette inic einer Funke-l
enkt-en Rose in der Mitte.
Tischlerineister Giese beugte sich
iidet die Bratvsanne und attnnetc den
Bratenbuft mit einem Wohlbehagen
einsle wäre es ein Beilchenoouquei.
Frau Giese nahm einen Löser und
holte etwas Sauce aus der Brat
Manne
»Puh!" blies Frau Giese. -
»Puh!« blies Herr Giefr.
»Nimm Dich in Acht, August, daß
Du Dich nicht oerbrennft.«
»Sie ist delitat, Hannchem ganz de
litat. Jch glaube, in der ganzen Stadt
versteht keiner, eine solche Br::tensauee
zu machen, aber in der ganzen Stadt
giebt esJ auch leinc solche Frau wie
Dich, Hannchen,« sagte Wiese, sie zärt
lich mit dein Arme umschlingenlx
»Laß doch, August. Bedenke-, daß
wie beide alte Leute sind.«' «
»Weißt Du noch. Hannchen, wie ich
»zum ersten Male bei Dir in der Fläche
Hund«-« j
»Natürlich weiß ich es. Ich war ja
damali- Sstiitze bei der alten Geheim
ratnin Eckhart und Du warst Tischler
geselle und tamst drrt, um die Möbel
zu poliren.«
»Und zu Weihnachten brachte ich
Dir mein Sllleisterstiieh die llsouimode
mit dem Messiiiabeschlaa.«
»Und der Rommode wegen verlobte
ich mich natiirlrch mit Dir, denn eine
Sdnönheit warst Du schon damali
nicht, mein alter August!'·
»Daiiir warst Du aber soviel hüb
scher-, Hannchen, mit Deinen feurigen
tzluaen und Deiner weichen Haut.«
»Du bist ein Quatschtopf, August-«
»Da-«- ist die reine Waltrlseihhantp
chen. Und da schlang ich den Arm um
Deisnen Hals und stahl Dir einen
st·uz."
»Einen? Du stablst niir wenigsten-H
zehn, Giefe, und das war schändlich
von Dir. Der Karpfen verbrannte so
furchtbar, daß die Geheimrktdin es in
der Wohnstube roch und als sie nach
der Küche hinauskam. saß ich unglück
ticheg Geschöpf da mit meiner Korn
mode in der Hand und einen Tischler
gesellen um den Hals.«
»Na und denTischleraesellen nahmst
Du ’a auch ganz gern.«
»Ich hätte recht gut ohne ihn fertig
werden tönnen,« sagte Frau Giese
iolett.
»Das sollst Du büßen,« rief Giese,
indem er seine Frau mit den Arman
umschlang.
»Laß mich los, August, sonst schkasze
ivceh sDich mit dem Kochlöffel auf die
a e.«
»Verstelle Dich nur nicht, Hannchen
Du wolltest natürlich blos, daf ichan
diese Art die Sauce probiron olle.'s
Dabei verseyte Tischlermeister Giefe
Tseiner Frau ein paar tschi »Mit-;
li e Kii e. «
rau iese setzte sich die Monden
ro ette wieder aus dem Kopfe zurecht
»Sei-time Dich, August! Bedenke
i doch, wenn Liese in diesem Au enblick
T hereingelonnnen wäre. Jch hä te das
schnippische Ding nie wieder ansehen
können. Und was würden die unschul
digen Kinder in der Stube geda" ba
vben, wenn sie gesehen hätten, da Irrt
Alten uns hier wie ein Paar Turteb
iauben schnödean .
»Die unschuldigen Kinder! Hön
mal, Hannchem wir wollen uns mal
in die Eckstube schleichen und sehen,
wag die unschuldigen Kinder Ietzt
treiben.«
»Meineiwegen, Giese. Sie spielt
Klavier und er schlägt die Notenblätter
u:n·«
Das Ehepaar schlich ans den Fuß
spitzen in’g Eckzimmer nnd blieb in
der offenen Thüre stehen. «
Es war merkwürdig still in dein
Wol;iizim1ner. Vertha saß am Klavier,
aber sie spielte nicht nnd der Studio
sag stand hinter ihrem Stuhle, aber et
sakluo keine Notenblätter um. Er hatte
chi- junge Mädchen mit beiden Armen
Innschlungen nnd raubte ihr einenKuß
irrer dem nnd-»r
»Aber Bertha, was thust Du da?«
Der Studiosus fuhr in die Höhe,
noch blasser als gewöhnlich
Bertha faßte sich und sagte ruht :
»Ich lüsse meinen Bräutigam. ir
haben uns soeben verlobt.«
»Schöne Geschichten,« rief die ein
pörte Mutter. »Und wovon wollt P hr
leben, wenn ich fragen darf? Sie
triissen entschuldigen, daß ich Ihnen
das gerade in’s Gesicht sage, Herr
Fromm, aber Sie haben ja nicht ein
mal die Mittel, daß Sie jeden Tag
Mittag essen können. Jch möchte wohl
wissen, worauf Sie sich also verloben
wollen.«
Der Student ließ den Kopf mit teni
blassen Gesicht hängen.
Bertha weinte. .
»Höre, Hannchen,« sagte Giese, »Jetzt
will ich auch einmal ein Wort sprechen,
denn nun hast Du wohl nichts nnhr
auf dem Herzen, was Du sagen mußt.
Nehmen Sie das Mädel, HerrFroan
Sie sollen sie haben Und dazu sollen
Sie freie Wohnung und freien Mit
taastisch haben, so lange Sie studiren
Tischlermeister Giese hat« Gott sei
Dant, ein Dach iiber dem Kopfe und
so Viel Essen im Topfe, daß auch fär
Sie reich-lich da ist. Sie brauchen sich
deshalb nicht zu schämen, es giebt met-:
Schwiegersöhne, die von ihrenSchwie
gereltcrn leben. Wenn Sie erst Pastor
sind, sollen Sie mal sehen, wie stolz
Mutter Giefe auf ihren Schwiegersohn
sein wird.«
,.Giese!«
,,Schweig still, sonst erzähle ich, wie
ich Sauce probiren niuß.«
»Mein Himmel, ich stehe hier und
vergesse mein Essen ganz und ga«:.Na,
Kinder, wenn Vater es will, möge
Euch der liebe Gott segnen. Aber jetzt
inufz ich nach der Küche, sonst brenne
mir alles an.«
Frau Giese eilte hinaus nnd Giese
folgte ihr, um die Jungen einen Au
genblick allein zu lassen.
Strahlend vorGliick drückte bei-Stu
dent seine Braut an seine Brust.
Als Frau Giese die Küchenthür öff
nete. fuhr sie erschrocken zurück.
Da stand Liesc, das Dienstmädchen,
von zwei blauen Armen umschlungen.
iie sich bei näherer Besichtigung als
das Eigenthum eines Unteroffiziers
erwiesen.
»Aber Liese!«
»Darf ich meinen Bräutigam vor
stellen. Unterosfizier Erdmann,«' sagte
Lise gefaßt. »Ich hoffe, die Herrschaft
hat nichts dagegen, daß er mich einmal
besucht.«
Frau Giese war schweigend aus eis
nen Stuhl gesunken und sandte ihrem
Manne nur einen kläglichen Blick zu.
»Nein, natürlich nicht,« sagte er.
»Jetzt sorgt aber dafür, Kinder, daß
wir bald etwas zu essen bekommen.«
Beim Adendessen ging es sehr still
her. Die Neunerlodten waren verlegen,
Frau Giese war gerührt nnd nur Herr
Giese war in vorzüglichen Laune.
Als man beim Desscrt angekommen
war, wurden Lise :-nd ihr Unterofsi
zier hereingerusen. Herr Giesc schenkte
Von der Bowle ein und schlug an das-(
Glas:
»Kinder, ich will Euch nur ein paar
Worte sagen. Es giebt viele Leute, die
haben nicht so gut und so reichlich zu
essen wie wir, aber es schmeckt ihnen
doch gut. Und dass kommt daher, weil
sie ein Kraut in die Speisen mischen,
das heißt Liebe. und damit schmecken
die einsachsten Gerichte gut. Mutter
und ich haben uns zuerst tüchtig ein
schränken miissen, aber es bat uns ign
ser eigenes Essen auch immer am besten
geschmeckt, besonders. wenn ich in des
Kirche war nnd probirte. Jch wünsche
(Euch, dsiß Jlsr Euch immer lieb haben
mögt, Kinder! Eßt Ihr Euer Brod
snii Liebe, so sage ich von Herzen:
Wohl betomm si«
Er stieß mit Allen an. leerte sein
Glas-, trocknete seinen Mund und gab
seiner Frau einen herzltchen Kuß.
Die Neuderlobten gingen in die
Wohnstube, um »Wen! bekomme-« zu
sagen und der Unterosfizier nnd Lise
vollzogen wahrscheinlich dieselbe Cerc
e.
monie in der Kuch
Frau Giese Log sich die BlondenriI-s
fette aus dem Fopsc zurecht und trock
nete·jich die Augen mit der weißen
Schutze-. »Mein-. Dank für die schöne
Rede-. Dlngust,« sagte sie, nnd vielen
Tank sur jeden Tag« den wir zusam
men verlebt haben und alles Glück,
was Du mir gegeben hast«
.Amen!'« sagte Tischlermetster Giese
und schlang den Arm um sein Weil-.