Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 03, 1899, Sonntags-Blatt., Image 11

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    Itte Abendglocken
Dte Glocken klingen durch den stillen
« Wald
lnd rufrns dvn der Arbeit heim dte
Müden
fsznr Rats nach saug; es liegt nun
d
ba
Die weite Welt im stillen Abendfktc
den.
Ich tenn’ den Glockentlana. Er tlana
wie hier
Jn meiner Heimatv auch vcr langen
lanatn steilen,
Dann sprach die alte Mutter fromm
zu mir:
»Falt deine Hände Kind. die Glocken
lautem«
Ich fügte leis die bände zum Gebet
nd bat den Herrn der Welt um seiner
Segen, «
War mir auch manches fremd, was tck
erfleht.
Jch lonnt’ vertrauend mich zur Ruh·
leaen.
Nun wandt' ich ruhelos am Wander
ital-.
stann nicht met-r deten wie in alten
Zeiten: —
Die Mutter liegt schen tanq im stillen
Grab.
Und niemand mahnt miclz wenn di(
Glocken lauten.
Geo. L.
Die drei-klommen Friedrich Choninz
Zur iiiniiigsten erdertehr seinei
Indes-starke
Von »Bl. von Winterield.
Friedrich Chopim Ter geniale Per
nur dem Klavier, war als echte Dich
ternatnr in hohem Grade empfänglich
iiir den Reiz weiblicher Schönheit uns
Anmnth aber eine Lieb-, die sei-i
ganzes Herz ersiillte, hat er nur drei
mal empfunden. Daher darf man
wohl, wenn man über sein Herzens
leben berichten will, von den dreiRonia
nen Chobins sprechen.
Das erste weibliche Wesen, in wel
chem der schwärmerische Jüngling die
Verwirklichung seines Jdeals sah, war
eine Jüngerin derselben Kunst, der er
sein Leben gewidmet hatte, Ronstan
tia Gladlorooten eine Gesangoschiile
rin des Konservatorinnis seiner Vater
stadt Vorschein Neben ihrer jugend
lichen Schönheit und Anmuth bezau
berte den Zwanzigjiihrigen nicht »zum
wenigsten ihre herrliche Stimme uns
ihr starkes musikalisch« Talent. Cis-)
pin war äußerlich wie innerlich eine
höchst delitate, die-trete, zurgirthaltende
Natur« Daher blieb auch lanae Hei
seine Verehrung der Geliebten doll
stiindig stumm, ihr selbst irsahrscheitss
lich unbetannt. Sogar seinem orrtran
testen Freunde Titus Wotnieluwgki
gegenüber blicb er in dieser Hinsicht
verschlossen Die erste Andeutung iibei
ten Zustand seiner Herzens finden wi:
in einem Briese an diesen Freund. wo
rin er sagt: »Ich habe - vielleicht is«
meinem Unglück - schon mein Ideal
gefunden, welches- ich treu nnd ani
richtig verehre. Sechs Monate sind
verflossen, und noch habe ich kein-.
Silbe mit ihr gesprochen, von der ich
jede Nacht träume Während meine
Gedanlen bei ihr weilten, schrieb ists
das Adagio meines Konzerte nnd heute
morgen gab fre mir den Walzer ein, den
ich dir hiermit schicke.'«
Endlich macht Chor-in zufällig die
persönliche Bekanntschaft der Angebe
teten. Er trisik mit ihr bei Henrietis
Sonta zusammen, die damals gani
Mars u in einen Taumel reg Erst
zückens berscntr. Von da an scheint sich
einiger Verkehr entspannen zu haben,
and Konstantia müßte lein Weib gewe
sen sein, wenn sie nicht, trotz Chopinå
iichterner Zurückhaltung bemerkt
hatte, wie es um sein herz stand. Jhr
glückliches Debut aus der Warschauer
Opernbiihne iebt seiner Be eisterung
siir sie neue abrung, jedem sAuftreten
der Geliebten solgt er mit wachsendenl
nteresse, nnd die schon lange beschlos
ene Reise nach Wien und Paris wira
immer wieder verschoben.
Schließlich tonrnit es doch znni
Backen des Rossen-. und nachdem er
noch ein Abschied-konze« gegeben, in
welchem auch die Geliebte mitwirtte·
lindet er es war am l. November
1830 —«— endlich den Muth, in denPost
wagen zu steigen, der ihn, wie er es
vorausgeahnt, fiir immer leinern ge
liebten Vaterlande entilihren sollte.
Die Eindrücke der Reise, das beweqte
Leben in Wien vermögen Ghovins Ges
danlen nicht von der Heinmth nnd von
der Geliebten abzulenten »Mir sehli
der innere Friede", schreibt er nn iei
iten Freund Titus, »und ich bin mer
ruhig, wenn ich eure Briese lese oder
ren Ring monitantias Abschiede-ge
lchenl), dies tlieure Juwel, anstarre ..
Gott verhüte, daß sie in irgend einer
Weise durch mich zu leide hätte!
Beruhige sie deswegen und aqe i r4
solange mein herz schlägt, werde ra;
nicht aufhören, sie anzubeten. Saat
ihr, daß nach meinem Tode rneineAscl:e
unter ihre Füße geitreut werden loll
ch witrde ihr selbst schon geschrieben
ben, wenn ich nicht gefürchtet hätte,
der Brief könnte in fremde Hände sal«
len und ihrem Ruse schaden«
Und war Konstantin einer so tie
sen und treuen Neigung toiirdigi
Kaum dürsen wir es annehmen, denn
sie, die Ebootn wie eine heilige oer
ehrt hatte, ging bald nach der Tren
nnng einen prosaischen Ehebund ein.
Wie betrübt und erbittert Cbopin sietl
fühlte, als er diese Nachricht in Paris
erhielt, rann man lich vorstellen.
s Allein dte Zeit bewährte sich auch
hier als allheilende Trssterin und
machte sein der Liebe hediiritt es herz
jähi , von neuern eine ftnr e eigung
zu Possen. Fehlte es ihm, dem ver
hätscheiten Leblinq der polnischen und
sranzösisrhen Aristotratie, doch keines
wegs an Gelegenheit zum Verkehr mit
schönen und liebenswürdigen Frauen.
ine reizende junge Gräsin Maria
sWodzila war es, die nun sein Herz
entflammte. Von Jugend ans unt
ihrer Familie befreundet, kannte er ne
.seit ihrem sijnsten Jahre und roar einst
ithr Spielgefiihrte gewesen. Ihre Brit
tder waren in der Erziehungs-Anstalr
von Chopins Vater in Warschau erzo
gen worden, nnd während der Ferien
war er ein gern geschenkt Gat auf
dem Schlosse der gräflichen FamilTe
gewesen Wie intitn sein Verkehr mir
Iden Mitgliedern derselben war, geht
» aus einem Briefe Chopins an einen
ider Brüder Marias hervor, worin er
«· schreibt: »Deine Schwester war so
Urkundlich mir ihre Komposition zu
schicken; sie macht mir das größte Ver
igniigem und da ich zufällig arn Abend
ihrer Ankunft in einem unserer Bari-«
Iser Salons improvisiren sollte, so
nahm ich als Stoss das hübsche Thema
oon einer gewissen Maria« mit der ich
vor Zeiten Versteck spielte. Heute —
tJe prends la liberte d’envoher a mon
eftimable collegue, Milc. Marie, un:
vetite valse, que je vicns de publier.»·
Möge er ihr den hundertsten Theil de-:
sVergniigens machen, den ich bei der
Antnnst ihrer Voriationen empfand.
klimarme Anton und Kasiniir, und
wag Fräulein Maria anlangt, so
mache ihr eine grazköse nnd respett
volle Verbeugung.«
; Jm Sommer 1549 g) traf Cliopin, auf
der Riidreise Von Karls bad nachtlzaricy
verabredetermasien in Dresden tnit der
Familie Wodzingki zusammen, die aus
der Schweiz nach Warschau zurück
kehrte, und fand seine einstige Spiel
gesiihrtin als eine reizend erblühte
lsjährige Jungfrau wieder. Maria
muß nicht nur sehr schön, sondern auch
in nicht geringem Grade kiinstlerisch
begabt gewesen sein, wenn man der
Schilderung ihres Bruders glaub-n
darf der von ihr sagt: »Sie war hoch
gewachsen und schlank le. cht und an
muthig in ihren Bewegungen Ihre
Gesichtsziige waren ohne regelmaiiig
und tlassisch schön zu sein, doch von
undefinirbarem Reiz. Jhre dunklen
Augen waren voll Zärtlichkeit, Triiu
merei und innerem Feuer ihr üppi
geg Haar, dunkel wie Ebenholz, um- «
wallte sie wie ein Mantel, bis zuni;
Boden reichend. Die Musen Banns-;
iund Virgils, Raphaels und Titians i
pMozartH und Palestrinas liebkosten si i
Ebei ihrer Geburt . . . « »
Ohonin und Maria sahen sich tä.i J
zlich im Hause des in TreJD en leben
den Titels LUttritts, des PalatinsI
sitze Jer Wodzinx ti wo sie miteinate
its-er niusizirten und Gelegenheit zu la:
«r«en Unterhaltungen fanden. So ens
inmqu sich zwischen den beiden junger
Leuten ein zarter, noetischer Liebes
roman. Er blieb aber nicht unbemerkt
von dem Obeim Marias, der die Mut-·
ter warnen zu miissen glaubte. Diese
jedoch hielt das Ganze fiir eine nicht
ernst zu nehmende ,,amitie d’ensance«
die bei der nahe bevorstehenden Treu !
nung von selbst ein Ende nehmen.
wurde, und sand es nicht fiir nöthi««i,’
einzuschreiten. So nahmen denn die
Dinge ihren Fortgang bis zur Abreise
der Familie Wodzinski. Als die
«I1bschiedsstttnde schlug, reichte Maria
Chor-in eine Rose aus ihrem Strauß,
und er wiederum ihr einen Walzen den
sie »L’Adieu« betitelte. Zu einer Aug
sprache scheint es damals noch nicht
gekommen u sein.
Jm nach ten Sommer trafen die Lie
benden in Marienbad zusammen, wo
hin Maria mit ihrer Mutter von War
schau, Cbopin oon Paris gekonuneni
war. Hier fanden sie bollaus Oele-i
enheit, ihre Musitiibunaen, ihreUntrrs
galtungen und langen Spaziergänge
wieder auszunehmen. Auch zeichnete
Maria Chooing Bild.
Endlich wagte es Chor-im Maria
seine Liebe zu gestehen und sie um ihre
Hand zu bitten. Sie, die ihm bleich
und bewegt, mit Tbriinen in denAu er
Igehiirh antwortete mit beben et
Stimme: welcher Art auch ihreGeiiihle
seien, so dürfe sie doch nicht hossen.
jemals die Einwilligung ihrer Eltern
zu dieser Verbindung zu erlangen
Gegen den Willen derselben aber konne
und wolle sie nicht handeln. Doch wert-el
sie Chor-in nie vergessen
Zwei Tage später reiste sie mit!
ihrer Mutter ab. Die Gräsin Marias
heirathete ein Jahr darauf einen Gra
sen Skarbeck, doch wurde die Ehe ein
sehr unglückliche und mußte getrennt
werden.
So tmtte auch der zweite Romanl
mit einer graufamen Enttüufchunq
geendet, uno tief verwundet tehtteCho
pin es war iin August lkwi — nach
Pakt-.- iuriick. Dennoch waren diese
beiden ersten Romane, fo tief fie auch
Ctioping Interesse ergriffen haben
mochten, aeioissmnaßen nur Ptälu
dien »in nein dritten, der eigentlichen
großen Liebes und Leidenssmttphortic.
von welcher der Rest feines Lebens er
füllt wurde nnd deren Abfchlnß ein
tragisches Finale bilden sollte.
Nicht ein junges, von der Liede bis
her unberührt gebliebenes Mädchen
war es diesmal, die das Herz des jun
gen Künstlers erobekte, fondern eine
eniale, gereifte rau, um fünf Jahre
eiltee, die int Fu th ihres Ruhmes fie
hende S rift ellerin Aurora Dude
vent, be annt unter dem Namen
George Sand, eine Ueentelin des.
Marschalls von Sachsen. des So es
August des Starken und der sehnen
Aurora von Königs-nack
Jm Jahre 1837 fand die erste Be
gegnung zwischen beiden statt. Georg
Sand, die deannsch hegte, den genia
len jungen Künstler kennen zu lernen
lsat Liszt, sie mit ihm bekannt u
machen. Chopin, dem Liszt deannlzch
der beriihmten Frau mittheilte. verhielt
sich eher widerstrebend als entgegen
lommend, weil er eine Abneigung gegen
schriftftellernde Frauen hegte.
Allein die energische Frau ließ nichå
nach, in Liszt zu drängen, und sc
nahm sie denn dieser, ohne Chopin
vorher gefragt zu haben, eines Abends
nebst seiner Freundin, der Gräfin d’
?lgould, mit zu ihm. Damit war da
Eis gebrochen, und Chopin undGeorge
Sand trafen sich nun häufig in den
Häusern gemeinsamer Bekannten
Doch fühlte sich Chopin anfänglich
von der berühmten Frau eher abge
stoßen als angezogen, allein es sollte
ihm gehen wie vorher Alfred de Mus
set, der sie auch zuerst nicht leiden
mochte, allmählich aber zu heftiger
Leidenschaft entflammt wurde. Jn
beiden Fällen war die Frau der stär
kere Charakter, der seinen Willen
durchzusehen und die anfängliche Anti
pathie, vorzüglich durch den unwider
stehlichen Zauber ihres Geistes, in
Sympathie, die Abneigung in Liebe zu
verwandeln wußte.
Während Chopin, äußerst ariftoira
tisch in seinen Gewohnheiten, aufs
peinlichste bestrebt war, die feine Sitte
iiberall zu beobachten, nnd fast aus
schließlich in vornehmen Kreisen ver
tehrte, hegte George Sand eine große
Geringschätzung fiir die sogenannte
gute Gesellschaft und deren Umgangss
tormen, iiber die sie sich gern hinweg
setzte.
Trotz dieser Gegensäne, die Chovin
abstatten mußten, verstand es dieMens
schenkennerin, ihn bald völlig einzu
nehmen. Obgleich nicht hervorragend
musikalisch, besaß sie doch, vermöge
ihrer dichterischen Natur, ein seines
Verständniß siir sein Spiel und sil:
seine musikalischen Schöpfungem wie
denn überhaupt das vorwiegende poc
tische Element in beiden das sast ein
zige, aber starke Band der sehr ern
pscinglich siir Anerkennung und Lod,
und George Sand wußte ihm aufk
seinste zu schmeicheln. Auch eine ge
wisse Fürsorge um seine Gesundheit
und sein häusliches Behagen berührte
den träntelnden Chopin toohlthuend
und wurde ihm allgemach zu einer
schwer entbehrlichen Gewohnheit.
So wurde denn das Verhältnis; im
mer intinier, und wenn sie auch in
Paris anfänglich verschiedene Wot)
nungen hatten, so brachte doch stets
Chopin denSoinmer mit George San.
aus ihrem Schlosse Nohant zu, wo vor
iibergehend auch häufig andere Gans
erschienen- Vor diesen war l5l)opfn
stets bemüht, den Schein zu ret1-n,
indem er sich wie ein geladener Gast
benahm nnd der Herrin des Hause-.
die größtetshrerbietung erwies-. Georzie
Sand, obgleich sie selbst sich nicht sel
ten herrisch, eigenwillig und wenig
riicksichtgvoll gegen Chodin benahm,
war dies ganz recht, denn auch sie, vie
stets die Tugenden an sich rühmte, die
sie am wenigsten beiaß, wiinschte, daf:
die Welt das Verhältniss anseheil
möchte, wie sie es darzustellen liebte,
das heißt alg ein vorwiegend niiitter
lich:srenndschastliches. Uebrigens mus-,
zugegeben werden« daß sie in Zeiten«
wo er körperlich leidend war. wirklich
eine Art niiitterlictker Fürsorge aus
geübt hat.
Diese Fürsorge zu bethätigen, gav
ihr zunächst der Ausenthalt aus der
Jnsel Majorka im Winter 1838
18539 Gelegenheit, den sie zur Kräf
tigung der Gesundheit ihrer beiden
Kinder gewählt und wohin mitzuge
hen sie Chopin bewogen hatte. « hre
Wohnung nahmen sie in einem a ten,
derlassenen, in einsamer, erhaben
schöner Gegend gelegenen Kloster. Be
tam der Aufenthalt dort George Sand
und ihren Kindern gut, so wirkte er
aus Chopins Besinden äußerst nach
theilig. Schon die lange Reise hatte
ihn sehr angegriffen, und nun brachte
ihn, den Verwähnten, die ungeeignete
Beköstigung und der Mangel an häus
lichem Komsort noch mehr herunter,
zumal sast beständiger Regen den Auss
enthalt im Freien unmöglich machte.
Er begann aus beängstigende Weise zu
husten, seine Kräfte nahmen ab, und
keine Stimmung wurde äuserst reiz
ar.
Trotz seines leidenden Zustande-—
hat Chopin in der Einsamkeit von
Valdemosa - dies war der Name des
alten Klosters fleißig gearbeitet nnd
mehrere seiner schönstenWerte, nament
lich Präludiem Balladen, Polonaisen,
meistens schiverntiithigen Charakters
geschaffen
Hierbei lieak die Frage nahe, ol
Chopin durch George Sand schopse
risch angeregt und inspirit worden in.
Man wird sie bejahen dürfen, denn
Georae Sand, die sich piel lebhafter
siir Chopins Kunst interessirte, als ei
sich siir ihre litterarischen Prodiittio
nen, liebte es, mit ihm iiber seinSchass
sen zu sprechen, und ihre geistvollen
Anelassungen dürften nicht ohne Ein
drucl und Einwirkuna auf ihn gebli-:
den sein« Sonst kennt man nur wenige
Beispiele, daß sie ihn direkt zu einen
bestimmten Komposition angeregt hätte
und diese sind mehr zufälliger Art. So
besaß George Sand ein kleines bünd
chtn, das die Gewohnheit hatte, sich
um sich selbst zu drehen,s um seinen
Schwanz zu erfassen. Als es diese
Manöver eines Tages wieder einmal
machte, sagte George Sand Zu Cho
pin: »Wenn ich Jhr Talent hätte,
tvitrde ich daraus ein Musikstüa
tuachen.« Sofort setzte er sich an’.s
Klavier und improvisirte den die
Kreiselbetvegung nachahmenden rei
’zenden Walzer op. 64 Nr. 1. der da
ther den Namen »Valse du petit chien«.
erhalten hat.
Ein anderes Mal hatte sie mit dich
terifcher Begeisterung über den Zau
ber des friedlichen Landlebensz gespro
chen. »Wie schön war dass, wars Sie
,gesagt haben!« meinte Chopin voll
Bewunderung »Wenn Sie das
finden«, antwortete fie, »gut, so setzen
Sie mich in Musit.« Hierauf irnpro
visirte er eine förmliche Pastoral-Synii
phonie, der sie entzückt lauschte, die aber
nicht gedruckt worden ist.
Chopin war von Majorka nachPariS
leidend zurückgekehrt und ist auch ni:
wieder völlig gesund geworden.» George
Sand pflegte ihn daher ihren »malade
ordinaire« oder auch -—- wenig ge
schmackvoll und delitat ihren »vetit
cadavre« zu nennen. Anertannt aber
muß werden, daß sie sich die Pflege
seiner Gesundheit stets angelegen sein
ließ, obgleich er ein anfpruchsvollen
nicht leicht zufriedenzustellender Kran
ter war. Da sie fand, daß Chopins
Wohnung in Paris kalt und feucht
war, so trat sie ihm, auch um ihn be
quemer pflegen zu können, einen abge
sonderten Theil der ihrigen ab.
Jm allgemeinen darf man behaup
ten, daß, wenn ihre Naturen und Nei
gungen auch vielfach auseinander gin
gen, und beiden nicht wenig Qual dar
aus erwachs, Chopin ooch in dem lang
jahrigen Verhältnis-, mehr Glück als
Leid empfunden hat. Wenn schließlich
auch George Sand ihn treulos verliess,
fo darf man doch die langen Jahre auf
opfernder, liebevollerFreundfchast nicht
iveraessen
Der äußeren Veranlassungen zum
Bruch gab es verschiedene: Streitig
keiten Chopins mit George Sandust
Sohn. in denen die Mutter auf des
letzteren Seite stand, nicht beachtete:
Einspruch gegen die Verlobung ihrer
Tochter mit dem Bildhauer Clesinge-..
die Chopin rnit Recht für unheilvoll
hielt, und vor allem die rüctsichtss und
tattlose Benutzung feiner Person als
Modell in George Sand- Roman
,.Lucrezia Floriani«.
Die innere Ursache aber lag tiefer.
George Sand war es müde geworden,
beständig die barmherzige Schwester
zu spielen, und sehnte sich nach Frei
heit. Sie erhob daher keinen Wider
spruch, als Cbopin nach einem Streit
erklärte, er werde Nohant verlassen
und nach Paris zurückkehren. Dies
geschah im Sommer 1847, nachdem
das Verhältniß zethahre lana bestan
den hatte.
tig blieb eine eriksaültiae Tren
nung.
Fühlte Georae Sand sicb durch den
Bruch erleichtert, fo war er dagegein
fiir den tranken, an Körper und Seele
leidenden Chopiit ein furchtbarer·
Schlag von deni er sich nicht wiedetz
erholen sollte. Wie ihm nach der Treu "
nnna um’5 Herz war, aeht aus einem
Briefe an einen seiner vertrauten pol
nischen Freunde hervor, worin er sau.
»Ich habe niemals jemandem aeflucht
jetzt aber bin ich so lebenIniiide, dafz
ich nahe daran bin, Lucrezia zu der
fluchen. « Jn Lucrezia, der Heldin dcss
gleichnanriqen Roman-, hatte sich
George Sand selbst geschildert; aber
diese Schilderung war ebenso schme
chelhaft fiir sie, als die des Fürsten
Carol für Chopin herabsetzend
Chopins Krankheit, ein chronisctgeH
Brust- und Herzleiden, machte seit den:
Bruche reißende Fortschritte und Führt
nach kaum zwei Jahren, am 17. Otto
ber 1849, den Tod eines Künstlers
herbei, der in seiner Eigenartiateit bis
her unerreicht geblieben ist und dessen
Werte noch fünfzig Jahre nach seinen:
frühen Scheiben ihre Frische und ihren
Reiz voll bewahrt haben. Jn seinem
Herzensleben ist ihm, wie wir gesehen
haben, wahres Glück und wahreBefrie
digung nicht beschieden gewefen; aber
dafür hat sein künstlerischer Geniup
ihn hoch iiber irdisches Leid emporge
hoben. l
Krisis-an me Ist Telephon.
»Krischan « siid Oen Dotter Lembi
Lau sienen Kutscher, »du kannst mi von»
Gastioitth Paqels dei »Potnnieksch»ei
Bolksrunvschau« halen; it voll sei init
ein tansain Nachher geihst du nah!
Meiner Tee lepelvull nnd erinndigst ci
ivniiim tIei bat Brenndolt nich Ichictt,
wat it all lana bestellt bem. Du mußt
in sein Kontot gehen; wenn du nich
weißt, wo es ist, dann erkundige dich!
unterivez15.:»lber halte dich nntmchsI
nicht In lanae mit anderen Geschichien
anf, verstehst dn?«« .
,,Bonq,« säd Krischnn, »was war
man noch das ersie, was ich von Pe .
geis holen soll?«
»Bei Poinmersche Volizrunbschanl
Dat wardst dn doch bohollen iiinenk«
»Natiitlich, Herr, dai is jo innn licht
tau beholleni Poiiiiiietsch, bat is jo
uns’ Land, tau’i Voll hiir it ni, un
Kopinann Luren,i, bi den it abends
öfter mit Karl Klänbaniel sitt, heti
noch vör’n vor Daa ian mi seggt, »a«
so’n Voll as ii iiinn einer sich Händ
un Fäui an wartnen.« - - Rennen Sei
Korl KlänhameL Herr Dotier. «
»,Ne mien Söhn, « siid bei Dotier,
beholl em ui man sök vi! - Wai fast
du von Paaels baten-«
Krischan kratzt sich in dei Her un
aniwukt’t nich.
»Bei Ponnnersche Volkstundscheu,
du.«Schaptiopp!" säd dei Dotieb
L
»Richtig, fs wirkt to at,« tep Kri
fchan. »Pommets·ch un Volk is licht tau
behollen, un rund ni. Rund is jo vel in
dei Welt: bei Kohlkopp, dei Knöp un
ui uns’ Mons. Dei Mva, Herk, heit
hüt Morgen wedder ’n groten Bots
stahlen, it weit nich, wur bat noch mit
dai Undiert wurden fall; un as vö
rig Woch dat End Mettwuft wegkent,l
von hebben Sei mich in Verdacht hatt,
Herr Dotter, äwer miß un ivaraftigJ
it l;ew’t nicht upfreten, bat hett dei ver
fluchtige Hund dann! sUn denn Inan
noch ihrqistern — ——«
»Na segq mal eis, wift du mi GH
schichten von unsern Hund verteilen;
odder wist du beforan wat it di up ’
draan bem?« !
»Ach so, herrie bat hädd it bald ver-!
qeten!« ;
Krischan stek dei Händ in dei Bin-;
sendasch un släutt dei Sitat entlang
As bei uv’n Markt antem. siünd
vorn gkäun Kemeviwagm ,,Kunst
arena, « bauifiabiett Kkifchan von den
Wagen af.
»Warum sei nu woll »Kunstarena"
schriben,« siid hei« «tvat’s dat sör’n
tagez Wurtt »Kernedi« — dat«s doch
diltsch — dat tann einer doch verstahn.
Na. mientwegen tönen sei se velKunst
arena maten as sei willen!«
Krischan tet nialich in ein Wagen
sinster rin; dor stünd ein Fragens
ntinsch in ’n recht pultrigen Antog.
»Du, Ollsch,« rep Krischan, ,,tuin
nich tau dicht nah dei Wand ran; du
dliwst daran hatten!«
Hierbi tloppt hei an ein Finster un
tet dei Künstlerin vergnäugt an.
,,Will er unverschämter Bengel mal
machen, das-, er forttomnit!« rep sei
ärgerlich·
«N«.1nu,« säd Krischcm »so olt un
noch so tettelig?- Jt tam hiit Abend ut
her, wenn ji Kunstarena spelen, na
türlich blot. wenn it un mien Dotter
nich äwer Land möten — Dunnerwet
ter —— mien Dotier. Jt hew jo noch del
tau besorqen.«
Krischan güna widder. «Tauirst sall
it nah Meister Dreiledelvull wegen
bat HDU asbn un denn nachher nah
Pagels,« äwerled hei, »wenn Vogels
ini man nich wedder rutsknitt as tau
Pingsten, as it vun em ’n Swewelsti
cken hebben wull. Dei tann hei nich
missen! ’T is’n narschen Minsch!«
»Guten Morgen. Herr Kristjan,«
treiht ’n ’ne Stintm ein Husdör, »unt
mer so vertiest in den Gedanten?«
»Jt hew tein Tid, Jud-X ,,il hew
del tan besoraen!«
»Na -— wii haißt besorgen! Wirst:
doch können allö besorgen!« säd dei
driftiqe Kopmann »Herr Kristjan, wo
siehst du ans mit deinen Auszug gor
nich ag’u Dottertutscher had ich dir
schon lang einen neien Anßng Enge
duchi!« s
»Wat, Most-IV rep Firischan, »ich
seh dich zu schiibig aus? Willst du mich
mit deine qlattmiillia Reden wieder ’ne
Jack ansnactenk — Ja, tuct du man,
ich iann dich auch auf hochdeutsch den
Stoff afwischen Mein Dotter hat mich
schon belernt!«
JGO willst du denn hin I« frag dei
Jud nialich.
»Ich bin aus"n Sweinhandel,« säd
Krischain ,,Gastwirth Pagelg hat 'ne
fette Sag aeslacht, un nu soll ich fiir
meinen Dotter Schinten nn Mettwnrst
—- wur wist du mit cis hen?«
Moses ret ut. Hei wier’n ollen gan
den, framen Jud« dei von dei Christen
ehr Gröschens del leiwer wat hiiren
tniicht as von ehre Stvien.
Krischan tem bi den Timntermeister
an un trüfs em ut richtig in’i Komtun
»Meister,« siid hei. »was mein Herr
ist, der Dotter Lembt, läßt mir ems
psehlen und Ihnen bitten. was Sie
nich die Gefälliqteit besitzen wollten«
und ihm nächstens ein bischen init das
Holz unter die Ogen gahn!«
»Ach so, Krischam ja — nu ward
sich dat woll bald malen taten. Täuw
einen annblicl; it will minen Baut
holler fragen, ob dor all so del Halt
vorriithia is!«
-t L F im-- k
Ocl Ascllslcl Hullq llIU U(I( MUXU Ull
dat Telephon un feöa bi sienen jun
gen Mann, dei buten up’n Holtplatz
wick, an. Hei lreg ul gliel Antiourt
und säd tau Krischam »Sagen Sie
Ihrem Herrn, daß ich noch heute das
Brennholi schicken will. Mein Buch
halter hat inir eben gesagt, daß reich
lich Vorrath auf dein Holzplatz ist!«
Krischan hadd tnit dei Händ in dei
Hosentasch doesialm und ivier nu
btunroth in’t Gesicht dör Argen
,,Wat?« rep hei, »qlöben Sei, dat il
nii lau Narren lsollen lat? Un il soll
dat qlöben, dat in den lütten Kasten
Ehe Boulholler sitls Ne! - Fisr sau
dämlich mölen Sei mi denn doch nich
hollen!«
Un Krischon ging sihr unhöslich nt
dei Dör un smet sei hellschen falsch tan.
Sien Arger hadd sich noch nich legal,
as hei di Gastwirth Pagelg ankern Hei
stellt sich in dei Gaststuw l)en.
»Wat sonst du« niien Sätzan frög
Herr Paaels.
,,J-l sall ne. so lvier’t nich; —
ik möt nii irst besinnen!«
«Wust du woll’n Snitt Bier drin
ten"s«
Krischan nickkövpt·
,,Ul ’ne Ziaatr rotem-«
Krischan säd ängstlich ,,Ne!« Hei
dacht daran, dal tau ’ne Zigakk Sim
ivelsliclen hüten. un dormit tünn einer
slichte Erfahrungen bi Heer Pagelö
malen. Krischan dkünl Bier un äWed
sich« wal sien Herr seggt hadd.
»Bei süll il doch noch halt-IF fäd
bei tau sich — bat iest is jp dat. tout
wi wahnen, richtig. so wiet’t: Trep
to’fch; dat ander wiet io woll so as
it bün? Wier dat Kutscher odder
Knecht? Na, ’t is ja tämlich egal! Un
nachher tem wat Runds, wat wier bat
för’n unklauk Wurd? Kohlkopp?« Ne,
mi dünkt, hei fäd von Knöpt Ja, so
möt’t sin. Dat letzt wieren Schau, bat
hew it ehollen!«
»Herr Pagel«5,« säd hei nu, »mien
Herr lett fragen« ob Sei nich so gefäl
lig sin wallen und schicken mienen
Herrn den Trepto’schen Knecht siM
Knöpfchau!«
Dei Gastwirih kek Krischan ’ne Tid
lang Von haben bei unnen an un güng
in ein Eck, wur ’ne Meng Krückstock
stünden.
AS Krischan dit Manöwer seg
drünk bei rasch sien Bier ut un matt
sich ut’n Rot.
Hei lem tau Hus an, und Herr Dok
ter Lembk fqu em. wur hei dei Zeitung
hädd.
»Wette Zeitung?« feög Krischan
»Na, dei Pommetiche Betstund
schau, dei du von Pagels halen stift?«
»Ach, Herr Dottet,« bed Ktifcham
»der schicken S· ini nich wedder ben; ik
hadd tum dat Mul aveninatt, don
langt hei all nah ’n Krückstoet — ik
iünn got nich fix naug ut dei Dör ta
men!«
»Du hesi woll wedder Dummheiten
matt, Krischan, —- ivut is dat mit
dai Holt«?«
Krischan verteilt. wur dei Timiner
meistcr ein mitspelt l)add.
»Alles gräbt dornp ui ini tau schi
tanieren!« säd hei.
Wat yadd Herr Dotter Lembt iau
erklären un tau predigen, üm fienen
Rrischan ’ne Idee von dat Telephon
bitaubrinaen.
»Ich selbst werde in diesen Tagen
auch eine Leitung erhalten,« säd hei,
»dann will ich dir alles genau aus
seinander setzen und zeigen. —- So, nu
; gah hen un warch den Wage-n af!«
i Krischan matt ’n verdreittich Ge
T sicht- «
s ,,Jt dacht, Hekx,« seid hei, »das wua
»it moraen maten!«
i »Ach was, du SchlingeL kennst du
Hnicht das Sprichwort: Morgen, mor
gen, nur nicht heute, sprechen alle fan
» len Leute?«
s »Ah, Here,« gen) Krischan tan Ani
sivnrt, ,,ivat aeibt mi dat an, mai de
ifulen Liid seaaen?«
s Dei Dotter btöcht fienen Kutscher
«up’n Draw. —-—
i Nah einige Daa wiird nt dat Tele
s thon dröcht, un as dai in Gang ivier,
itein nt Krifchan un tet dorin un röt
l doran, un dei Dotter ioiest ein Bescheid
’dormit, dat bei ut dormit ümgahn
tiinn.
I AS dei Totier eis fienen Krankenve
.sa«nt in Dei Stadt matt, hijrt Krifchan
«dat Filiriaeln in dei Stum. Hei künn
»sich nich Vertniedcn, lci lüti Schachtel
i an dei Uhren tau holten, un em summt
ldei Fraq na sienen Kopp rin: ,,th
sinein Stiegenschirm gestern bei Ihnen
’ stehen aedlieden7«
I Krischan verfieit sich däaern, let dat
Ding fallen un lep in dei Stnio rüm
un söchi Neaenfchirms.
In ein Ect stünden drei Stück. Hei
nehm einen. dei am slichteften utseg,
un von den hei annehm. dat bei am
; ihrsten tau missen wier, büll ern vör den
sTelekaontasten un fkög: »Js hei dit’s«
—W—
Der Narr in der Familie.
Der ,,Ostasiatische Llovd« gibt fol
«gende chinesische Fabel wieder: Eine
irrictte Chinese hatte einen Narren zum
- Sohn, sür den sie eine eFrau ans einer
ivornehmen Familie aus-gesucht hatte.
IAls er den Eltern seiner Braut den
ersten Besuch machen sollte. wies ihn
kdie Mutter an, wie er sich beriehmen
lund was er sagen sollte. denn sie
i wünschte, dasz man nicht sofort merkte,
dafz er schwachsinnig sei. Sie über
legte daher, wag sür Fraaen man ihm
I wohl vorlegen könnte, und aab ihm an,
»was er darauf antworten sollte, urn
. nicht allein den Fraaenden zu befriedi
gen, sondern auch zu verhindern, daß
« dieser weitere Fragen stelle· Da der
· junge Mann nun einen kostbaren Fä
cher trug, aus den eine Landschast ge
I malt war, meinte die Mutter, er könne
gefragt werden« was siir eine Gegend
das Bild vorstelle; daraus sollte er
dann sagen: »O, das ist srei erfunden."
« Weil er weiter ein sehr schönes Maul
)thier ritt, meinte seine Mutter, Je
jmand tönne dariiber einige anerken
lnende Worte verlieren nnd nach dein
;«ltreig des Thieres sraaen. Sie wies
lilzren Sol-n demgemäß an, mit höfli
cher Bescheidenheit »in erklären: »Das
thieh ist ein ganz gewöhnliches Last
thier, das aus unserem Landgut gross
gezogen ist, nnd nicht werth, das-, Sie
er- beachten·« Als nun der jungetlltann
vor dem Hause seiner Braut ankam,
,l-egriißte ihn als Erste seine zutiinftige
Schwiegermutter und erkundigte sich
nach dem Besinden seiner Mutter-, wo
’rauf er erwiderte: »Das Vieh ist ein
ganz gewöhnliches Lastthier, das aus
« unserem Landgut grosz gezogen ist, und
»nicht werth, dafi Sie es beachten.« Au
i ßer sich, fuhr die Schwiegermutter zu«
lriiet; halb ohnmächtia ries sie nur aug:
»Ich dachte, sie stammen aus einer
ordentlichen Familie« Der Narr be
sann sich, nnd da er meinte, er hätte
die erste Antwort brauchen sollen, die
fihm die Mutter einaetrichtert hatte, er
widerte er: »O, das ist srei erfun
Iden.«