Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 13, 1899, Sonntags-Blatt., Image 15

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    schone Zeit. »
. Ueber rnit, in nächt’ger Stunde,
NO ichemer Wiege Schwingen —
«ner Kinderstimme Lallen,
Einer Mutter leises Singen. —
Sol-fie, liebe Koseworte
Drinnen aus dem stillen Zimmer,
Wo ti: Liebe spiil noch machet
Bei geriimpslenr Lampenschimmer. —
Ruhe endlich! Mutter legt sich
chl nun zu dein Kinde nieder,
llnd ein tiefer, siißer Schlummer
Sei-lich die müden Auge-nähen —
Lclxijne Zeit! wo nach die Mutter
Darsden Sein zur Ruise singen,’
Wo noch ihre Liebegkrorie
Tröstend ihm zur Seele dringen!
Wird er draußen einst im Leben
Streben, irren, rastlos lömpsen.
Wird kein Schlummerlied der Mutter
me des Herzens Unrasi dampfen.
Ohne weiches Rückerinnern »
Skkht der Mann in stolze-n Wähnen
Tvch die Mutter wird va- Kiud sich
Immer heiß zurückersehnen.
Kaum wird et zurückdenlen
Jener Liebe unermessen —
Dv die Mutter, jene Zeiten
Wiir sie nimmermehr vergessen
Bis sie einsi, mit grauen Haaren,
Wieder darf die Wieae schwinaen,
Und mit sanftem Schlummer-liebe
Mag zur Ruf den Enkel singen.
h. Ludwig.
i
Taropqilis Erfahrungen
Von A d. R i b a u r. Autorisirte Uesl
bersehung von A. Ober holze r. i
An jeneni Sonntag —— es war am 1.
Mai — hatte Tleophil der alte Brief
triigser, drn Nachmittag aus dem Spa
ziergang zugebracht. »
Jm Dorte wuroe das jahrlicheSchIe-«
sen abgehalten. Um den Schützenstond
saß tine scöhliche Gesellschast, jung und
alt, an langen Tisch-n Wein und Bier
trinkend, während die Dorfinusil ihre
ausgeliahtttn Stücke spielte. Gute
Famuien hatten sich da zusammenge-»
fanden: Vater, Mutter und einige?
jonirnerlich gekleidete Knirpstz die ans
einlgen Verstaubten Bonbcns leittens
Nach der harten Arbeit während der
gknzen Woche genossen dsieilicdleute und;
Londzrbxiter diesen Takt der Ruhe und;
des Veraniiaene in vouen Jugen; eins
Wiederschein der Schönhrit des bis-an
Himmels strahlte in den Auqen der
Mädchen und Frauen, und die wieder
eingetretene Sonnenwiirme ließ tie«
Kinder ausblierm nieste-sein -«.!heophil,l
der ettraö ab eits vor einem halbe-il
Liter «Neuen« saß, wurde es bei demj
Lärm dieses voltsthiimlichen Festes-i
aanz traurig zu Muthe, so daß er sich-F
aus diesem Gewühl und Geschrei weg
schlich, um den friedlichen, grünenden
Wald aufzusilchen Dort lsegegrie«enl
ihm einae junge Paare, welche die Ein-l
samkeit dein Stimmengetvirr und Glä- -
seraellirr des Dorses vorgezogen, um;
ihre Liebe ungestörter kosten zu tritt-·
nen. Arm in Arm oder Hand in Hand
schritten sie langsam den Feldtveg int
laut. Dreimal tchen war ihnen Li,-.·os- »
phil aus Umivegen ausesitvictzem da ihn
d.r undtict die-es gemeinsamen Uliiaezs
sa,merzte. Umsonst suchte er dir triisl
ten Gedanken die sich seiner zu hernach-;
tian suchten, zu verscheuche:i. An je- !
nem Nachmittag schien es ihm , as
troute il.n altes mit Gewalt zur Me
loncholie hinziehem die Tausende von
aufnehendenBlilthen, die sich gegen ein .- i
ander neiaten und geheimnisntolle itiis- «
se aus-lauschten; die Vögel, mit dem
Neubau ibrerNester sür die nächsteBrut j
beschäftigt, die Wohlgeriiche setvst, diei
der erre entstiegen, sie alle set-innen ihm ·
den Rath zu geben, auch zu lieben. Undi
er, er hatte noch nie etwas von jener
innern Aufregung, jenem Taumel ge-»
. taun.; er stand ja ganz allein da in vers
Spelt. wie ein Aussätziger oder ein Pa- z
ria. . .
Er war in seine Wohnung zurückge-!
lehrt und hatte sich das srugale Nachts »
essen zubereitet, denn er besorgte diez
suche selbst. Der Appetit tehlte ihml
jedoch ganzlich und kaum gelang es
klim, eine Tasse Kassee und einen Bis
sen Brot binnnterzubringem ———- Seine
kleine-Wohnung trar ärmlich, aber sau- ;
her und nett. Sie enthielt einige alte·
wide-l und aus verschiedenen Land-tax
zusannnengcimgene Rot-innen Theo-;
pul i: m nämlich viel gekeift —- ohne
sein Wild zu machen sp und zwar als
Iapenuer . Geselle-, bis ihn der theil
weise ge.eilnnte linke Arm nach dem
lximalhiichen Winkel zmückiührie, dort
laue sich gerade die bescheidene Stelle
eines Brief«-diam- siit ihn gefunden.
Bis jeyl war ihm fein kleine-z Heim li b
genemn An 1e1e11121rend jedoch hatte
et es dilfler gefuncem so daß et das
Geschlktfür dIeAleanchlzeil auf dem
Tisch liegen ließ und sich auf der Bank
in seinem Gärtchen setzte. Letzteres
hatte etwa di. Größe eines Taschen
iuchks nnd mild-Zelt vi: r ist-umschm
chen und zwei Malmaisonkofenftöckr. I
Dem-: Laie Pelotr. ein hübsches Thier
n:iI Ianimetweichetn, lkeiiakdigemspelz
wm ihm wie etwan cnlgegengetoim
men und rieb ifeh Hine- chelnd an se nen
einem Zuerst wies er sie zurück; da
. aber nncht daran Kirc- glauben schien
, III ihn Init großen n anschauie,
et sie doch auf feineWe Uniep ingmsl
M Streicheln Ielnet sank-I auf
W
sum geschwungen Nimm non-ek- im
nur ein mechanischez. Also eine Rade
war das einzige Wesen, das er auf Er
den hieben durfte! Keine Frau, teme
Minder. leine not-en Verwandten, teine
intimn Freunde, n.chi3 von alledem!
Kaum einige Vettern vom vierten oder
iiinften Grade nnd einige Kameraden
blieben noch für ilzn übrig. Von allen
Seiten nichts als vollständige Theil
nahmlosigkeii . . . Theotvlzil horchte auf
das Gernusch vom Dorfe l,er. Jn der
Dorfwirtldschoft ivar Tonziseliisiign:ig;
auf den lile erteuchtcienfsenstekn konnte
der Greis die dunklen Silvani-Heu der
vorübergehenden Tänzer bemerken nnd
hie nnd da drang frole Lachen an sein
Ohr. Diese Firottiri leit tl;.it ilnn i:·-.!).
Tas Gefühl ic)rc..iikci;cr Einsamlxit
bemächtigte ins-, seiner nnd wie noch nie
hatte es sein Her-. crarifsm . . Jn, er
irnr vereiniamtk N;e«::nnd zum Lie
ben, Niemand Dem er sein Leben wid
men konnte. Niemand-, der ilzm im Te
re die Vluqei iudriicten iviirde. . . «
,,«.«lel)! Thor. der ich gewesen bin!«
tagte er sich mit nnangsprechlicher Nil-J
tcrieit: »von mir allein ist es ja abge-;
Ringen, wie ander-: zu leben, mich zu;
rcrLJircrchen und eine Familie zu grün-I
den. Wenn ich es gethan hätte, wenn
nicht ein einiältigez UnobhängigkcitsH
gefühl, der eitle Wunsch, oie Welt zu
durchlaufen, mich vom richtigen Wege
ahnen-endet hätte, so hätte ich jetzt ohne
Zweifel einen Sohn oder oine Tochter,
die-sich mit jener Dorfjugend im Krei
se drehen würden nnd die jetzt inein»
Stolz, meine Hoffnung wären. IT
hätte geleöi und würde leben. J
wäre nicht der Unglückliche, der ich
fest din. Ach! es ist zu spät und ich
tann mich nur an mskr selbst halten«
Eine Tbriine rann vesn seinen Wim-;
vern und ein langer Seufzer entstieg-t
seiner Brust. Da richtete sich Pelote,!
als ob sie ibn verstanden hätte, bis zui
seinem Gesichte aus und begann ihm die!
Wane zu lecken. Er schien es kaumi
zu achten. Die dunkle Fluth von Kla-;
gen bedeckte ihn immer mehr; er zog sich
in seine Kammer zurück und schloß das
Fenster, um die Musik nicht mehr zu
hören; Die Nacht verbrachte er schlaf
losx tte verging ihm unendlich langsam
und immer glaubte er die Worte zuI
hoben: ,,Thor, Tier, der ich gewesen«
bin!'· und hernach jene anderen, die«
schmerzlichsten die irgend eine mensetp
llche Zunge äußern kann: »Ja spät!«»
Das helle Tages-licht verscheucht di:
Trugbilder; allein das Schreckens-ge-!
spenst seines verfehlten Lebens hatte
ihn noch am Morgen nicht Verlassen!
Pelote tam aus dem Garten mit einer»
Maus imManle l,er;ufa:spruugen unds
errrsartete das Lob ittreg Herrn. Ers
stieß sie wieder zurück nnd dieses Mal;
noch barsch:r. Tag arrne Thier ließs
die Maus fahren und zog sich in einen
Winkel zurück, um iiber Täuschungen
des Daseins nachzudenken. .
Genau um laib neun libr trat Theo
tsbil. der immr viinttlich und gewissen
bast in der Erfüllung seiner Pflichten
trat, in’s Post - Burcau. Der erste
Posizug trat sceben angetommen. So-»
gleich machte er sich en die Arbeit. Brie-»
te und Zeitungen zu sortiren und siir
seine Tour zurechtzulegen Ban schritt
er die Leder-rasche umgehöngö mir
r
noch mißmuthig durch das s. An
der Bieaung der Straße stand vor ek
nern hübschen Haus ein Brückennagen
vrsll Möbel: andere lagen zerstreut um
her. und durch die osfene Thür nnd die
»ste: vernahm man lautes Hin- und
Lerschieben und scheltende Stimmen.
»Das ist wohl ras geschiedene Ehepaar,
die ihre Sachen augriiumen,« dachte
Tbeophii. »Sie verlieren keine Zeit.
Der Richterspruch ist letzten Samstag
gefällt worden. Jinmerhin, nachdem
man sünfundzwanzig Jahre miteinan
der aelebt bat.«
Im Innern lag alles drunter und
drüber. An den Wänden kein Gemal
de, keine Photographie mehr, an den
Fenstern die Gardinen weg. uno aus
den halbgeössneten Schranken schauten
hausen von Weißzeu hervor. Aus
dem Tisch, aus den tiihlen lag Ge
schirr und verschiedene Kleinig eilen.
aus dem Boden zerstreut zerbrochenesl
Porzellan - Geschirr, Stoistetzen Es.
war ein trauriger Anblick! Die Hals!
tung des Mannes und der Frau waren;
noch trauriger. Jn drohender Stellung
einander aeaenüoer schien es, als woll-»
ten see aufeinander losgehen. Er muß-;
te wobl ein schöner Junge gewesen« sein.
Jetzt stand er an der Schwelie des 50.’
Jahres; aber seine hagre waren ganz
grau, das Gesicht blaß, die Augen blut-;
unterlausenz ein gewisses Zittern ders
Lippen ließ aus eine unstäte, unmäßige
Lebensweise schließen
Ueteroies machte ein Fug tiefer Lfnt I
inuthigung, etwas Verbittertes eineni
veinlichen Eindruck aus den Beobach
ter. Sie konnte um einige Jahre jiin
her sein und war tlein von Gestalt,i
mager die Nase spitz, das Auge scharf(
ind herausfordernku ihre Zug e zeigten
keine Svur von Kummer Merkllülyrungi
tn diesem Augenblick entschiedenenl
Bruchs: mit ruhiaei Stimme ertheilte
sie den Arbeitern Anweisung zum Aus
räunsern »Noch diese Komode . . . die
sen Koffer und den Lehnsessel . . Das-!
Uebriae — alter Plundert -— gehört!
dem Herrn. Das ist alles, was er in
die Daushaltung gebracht hat!« !
Und dieses bohnlächelnt
»An mir wäre ej, zu lachen,'« sagte
der Mann, «bei dein Gedanken. daß ich
dich vor einer Stunde los sein werde.
Eine reiche Frau heirathen, wenn man
es nicht ist! ei wäre wohl besser-, sich zu
hii en.«
kämnkendoldk
beset« .
ihm-hu such wie engem-met auf
e
der Schwelle stehen: rnan hatte seine
Anwesenheit nicht beobachtet«
Ich bringe die Zeitungch sagte er,
einen Llunenbliet irr Windstelle be
r:utzend. «
I Die Frau wen di-: sich schnell lvie ei
ne Schlanae um »Die Zeitunch die
Ider Herr zu lesen pflegte anstatt zu
crbcitenl . . . Luir tr reen sehen, el)
er Zeit dazu si rsden wird, wenn er aus
sstch selbst angewiesen und gezwungen
list, sein Brot selbst zu verdien n, « schrie
zsäc Mit ki: sen Worten nahm sie de m
Briefträzqer die Zeit ung aus der Hand
t.nd zerriß see mit hend m kleine Stude
The ist,-I. qin a mit sit-Herein Herzen
In aus« und a s sein« gan en Tour
versclcte ikn j.«n-: tut-eine Familien
Fee-e
Die sollen sich also aus«- Licbe erthei
rathet linlsenl tlud das hiibsche Paar
soll, wie esI set-eint, nich Aussicht aus
ein sorqenlcseg unr- gltldlicizeix Leben
gehabt haben! Nrch vor weniqu Ta
aen itzt ninn es mir erzählt. Als reiche
Waise war ic-: bis iiber die Ohren in
ihn, den einfachen Lan-darbeiter, ver
liebt. Er ließ sich sangen, und jene
Heirath hatte nicht wenig Neid erregt.
Vom menschlichen Standpunkte aus
war ihnen alles bescheert, utn ihr
Schisslein ehne Mühe durch’g Leben zu
lenken. Es fehlte ilnen jedoch der sitt
liche Halt, die gegenseitige Geduld. —
Frau Rosa ist net-bös, leicht ausgeregi,
hat eine zu scharse Zunge und ist, wie
man lagt, auch einslveniq geizig. Er,
einmal im Besitze seines Schatzes-, woll
te denselben benutzen und sich ein wenig
ernüsiren. Dann mußte er durch eine
unvorsichtiae Biirgschaft zehntausend
Franken bezahlen, und das führte zum
Brache. Die Nachbarn sagen, er habe
diesen Fehler schwer biiseen müssen.
Dann hohen sich falsche Freunde noch
hineingewischt, Leute, die anscheinend
wohlwollend, eö daraus absehen, Ja
n ilienhande zu lockern Man hat dem
einen und andern von ihnen unwahre
oder übertriehene Sachen hinterbracht.
Er, entmuthigt, ergab sich dem Trunke,
machte Schulden und- gerieth so nach
nnd nach auf eine schiese Ebene, auf der
ihn von Ansang an ein wenig Wohl
wollen hätte zuriielhalten können. Er
wurde bald zum unverhesserlichenp
Iruntenhold nnd nu. ßl,andelie eines«
Ican zum äußersten a: reizt, währendI
einer der täalichen Zwistigleiten seine;
Frau vor Zeugen . . . Da toa ne ihn
ror Gericht, das die Scheidung und
ztrar zu ihren Gunsten aus-sprach. .l
Sie hat ihr Haus- nerlauft, um c«n-’
dersiro zu wohn:n. Was ihn finde-J
trifft, so ist er ein verlerener Mann.
Meiner Tren. das alles ist trcrurigt . . .
Glücklicherweise hat er teinz Kinder. »
Der Prstznq vom Ajiontagmorgsn
brachte nie riel Arbeit. Jn anderthalb
Stunden hatte Thtophil drei Viertet
tier- Torfeg durchlaufen, und ei- blieben
ihm nur noch einiae zerstreut liegende
Häuser Eines terselten e·ge:1t'.ich nur
eine Hütte, schien verlassen zu sein
»Seid ihr da,«tllc1de?« rief drrBrief
träger hinein, »seid ihr ka, Frau The
rese?« « Keine Antwort. Er trat in
oie Küche und klopfte an eine Thüre. —
Dasselbe Stillschweiaent
»Ni: mund? Das ist scnderhar! Und
dieses VII-L Das eingeschrieben wer
denE mu
kling te nochmals-, und da nte
mand antwor etc, öffnete er die Thur-;
Das Zimmer war leer, aher im ansto
ßenden Zitnmerchen vernahm er ein
sonderbarrz Gsräusch Der Brieftriig«r
trat ein, und das, wag er sah, lies; ihn
einen Schrei ausstoßen. Vor einer
Korbtvieqe mit grobwcllrnen Vorhän
gen, in welcher ein neugeborenes stino
schlies, kniete ein Mann, den Kopf sn
die Kissen qebriicltx sein Feörper zitterte
vor heftigem Schluchzen Die Scheu-te
Thecphilg störten ihn nicht in seinen
Schmerz, nnd erst ate- dieser die Hand
aus seine Schulter legte, wandte er ficc
um.
»Ah. il,r seid«g?« sagte er. l
»Ich bin's aver was giebt es
denn, das euch so betrübt!·'«
Der Mann noch jung, in ärmlichst
Kleidung vearub das Gesicht wieder
in die Kissen
»Nun, wag ist denn geschehen?« wie
derholte der Brieitriiger, »was ilt denn
Init ihrer Frau?«
»Meine Frau?.·. Fortk« i
«Fort«t« t
«Ja... sie hat mich verlassen, miet;
und den Aletnent«
»Das ist nicht möglich!«
»Es scheint taucn wahr zu sein-.
nnd doch ist es so!.. .Set;en Sie, Herr
Theophil mein Herz ist zum Brechen
voll. Sie wissen ta, wo ich sie mir ge
nommen habe: einFindeltind das wie
inan sagte, von einer Truppe von ON
mathlosen verlassen, von der MilFttin
tigleit aufrrzrfaen wurde. Obwohl ei
gensinnig. aunenhast und sinnlich un:
doch so schd , schön wie aus Gent-tren,
hat sie mich berückt und aesangen. Juli
habe sie mit unsinniger Leidenschait pe
liebt, und trotz vieler wohlmeintnder
Rathe, trotz meines eigenen Vorgtiihlss
zur Frau machen wollen. Sie .-u:r
Magd in einer Bauerfamilir, wo sie
unt magern Lohn arbeiten mußt-, nnd
wo sie ung:dul:sig an ihren Fesseln iksk
Jch war allerdings nicht reim, alle-n sur
sie meine Hingebung kannte, glaubte sie,
mit mir umgehen zu lönnen, tsxie sie
wollte... Das ist der Grund. daß sie
einwilligte, und tein anderer, dar sit
mir je t ganz klar . . . Acht diese drei
sehn t tonate der Ehe! Könnte ich tun-—
dert Jahre leben« ich würde sie nie ver
essen, denn ich bin glücklich gewesen ja
fehr glücklich . . . wenigstens der Ein
bildung nach! Jch zögerte keinenAngen
blies nnd verrichtete alle Arbeiten, wa
ren sie noch so hart; stith au nnd spat
zu Vette, perslchtete ich ser auf das
M
Mithi ste, um unser Heim etwas zu
derbe ern. Wir haben drei Zimmer isr
diesem Hause, zwei hier und eines r-ben,
tas unbenutzt ist. E.n Eisenbahnariseis
ter, ein Jtalisnerj miethete ta .s«-«’ibe. Er
war ein armer Teufel, wie ich, aber
Augen hat-te er... Augen, die gewisse
Frauen verführen, und eine s:l.i·«,e
scheint die mein ge gewesen zu sek.n. .
O! wie vorsichtia. irir sch au sind iie gr
wesen!... Nicht einen einzigen Ber
dacht hatte ich..· bis gestern Ase-id,
als ich sic, nach Hause ziiriicktek«rs·tiv,
nicht sand . . . Zuerst glaubte ich, irr sei
ins Dorf aegangen, um EintZTiIe zu
machen, das-i sie dann zurücke-ehren
würde... Ske ist nicht mehr znr scat
lelkzrh sie wird auch nie wieder znciiets
te yet-» . .
»Sind Sie dessen so ginz sicher?«
»Der Schrank, der ihre Sichen ent
hielt, ist leer, nnd ebenso das Zimmer
des Italieners. Sie werden sich inir
einander ins Unglück stürzen, das sage
ich Jhnent . .. O! die Elende! Daß sie
mich Verlassen, der ich weder schön, noch
reich bin, das könnte ich ihr wohl ver
zeihen . .. aber dieses unschuldige
Kind, ihr eigenes Fleisch, ihren eigenen
Sohn . . . fegen Sie, Herr Three-hil, ist
dies nicht schrecklich?«
Jn diesem Augenblick erwachte das
Kind und sing an zu schreien; es war
ein hleiches, träntliches Geschöpf. !
»Es ist noch nicht vier Monate alt
Herr Thecpk,il, und sie nährte es noch«
Alcide hatte den Säugling in die
Arme genommen und wiegte es mir
rührender Zärtlichkeit
»Ohne dieses Kind, Sie dürfen es
mir glauben, hätte ich mir das Leb-In
genommen« .aber wie könnte ich auch
das Herz haben, es zu verlassen, mei
nen Lieblings«
Und wie eine Hostie tüßte er d-.-Z
zarte, wache-farbige Gesichtchen.
»Entschuldigen Sie, daß ich Sie so
mit meinem Kummer langweile, herr
Theophil . . .«
»Sie bringen mir etwas?«
»Dieses Packet." s
Der junge Mann betrachtete es und
erbleichte. »
»Es ist von ihr.«
Er legte das Kind sachte in dieWiege,
zerfchnitt fieberhaft di-. Schnur und
löste das Papier-. Ein Ohrring und —
krin Wort dazu!
»Da sehen Sie. Es- ist alles aug. We
der der Weine noch ih, wir sind th
nichts mehr..· O! Viper!«
Er warf ten Ring zu Boten nnd zer
stampfte ihn zu einer unförmlicnext
Masse.
Theophil ging crschiitxert fort.
;.- II If
Es blieben ihm noch die äußerst-In
Häuser übrig. III-Te ejnen, an rer sonni
czen Halde gelegen, toten eine prächtige
Ferniicht aus das Land, den See und
die Alt-en; tie andern toarcn in einer
Bodenfalte versteckt inmitten schaitiger
Obstdjiuinc, unter weichen ein frisches
Bächlein durch wildes iljliinzenlraut
rietette. Die entferntesten den allen la
gen zerstreut itn Walde v:rst-:ckt, der sie
mit träumerischem Schweigen umgab.
Der Briefträger besuchte eines nach
dem andern, immer die tsrzestrnsnfx
trege einschag nd; et- ntiißte sich be.tlen,
denn es war bald MittagezeiL Tier-:
letzte Haus seiner Tcur lag auf einem
reichen Besitzthum, das durch iiin wohe
ttnterhaltenes Dach, seine großen Dün
gerhaufen und den ausgedehnten Ge
miisegarten schon ren weitem große
Wohlhabenlieit ver-rieth Rund um doe
ganze, große Bxsttztltxim standen dunth
Tannen, und das Haus telbst lag hat)
versteckt in einein Wald blühender
Pflaunienoan:,;e. i
Tlxeodhil besuchte mit Vorliebe dietei
reisenden Plan Fast jeden Tag führte
ihn sein Amt dorthin, und jedesmal
empfing tnan ihn nti. dxrselbenikreundi
lichteit. Di: Besitzer dieses Gutes, fru
her einfache Bauersleute, hatten vor
ettoa zehn Jahren nach strenger Arbeit
nnd äußerster Sparsamtit lagsetbe er
worben. Sie besaßen einen einzige-.
Sohn. den sie zärtlich liebten und fur
den sie ununterbrochen arbeiteten, unt
ihm ein schönes Vermögen zu sichern
»llnd so jung mußten sie ihn verlieren
unter so traurigen Verutnständungen!·«
lachte Thtophit, indem er den auf dei
den Seiten mit tiirschbäumen besetzt-In
Weg verfolgte-, die gerade in voller
Blüthe standen. »Ich glaube ihn jetzt
noch vor mir zu sehen, ten aitigen Kna
ben mit dem schwarzen Ziraushaar
und den blauen Augen« und es ist mir
als ob man mir erst gestern jenen trau
rigen Vorfall eraiil)lte. Durch einen unf
geschickten Haudgriff ging der Schur,
loe und die Kugel durchbohrte denKopf
des armen Fritz! Die armen Eltern
werden sich nie trösten l«assen!«
llnterdessen hatte Thtophil dasHaus
erreicht. Er ichritt durch den neu umra
tirten Sau-gang, öffnete eine Thure
und befand sich in der geräumigen
Küche, wo auf den Gestellen das sauber
gescheuerte Küchengeschirr prunttr. Zu
derselben stand eine alte, oder viermchr
gealterte Fran, die mit der Zubereitnna
des- Mittaqsmahlg beschäftigt war. Ne
ben ihr auf dem Tische lag ein kleiner
R:«h1nen, eine Schachtel m:t einer Ozea
locte und einige bluqende Immergrum
zweige in einem Glas Wasser.
»Frau Lucie, ein Brief fiir Sie!«
redete der Brieflräger sie an. Ecke
wandte sich um. Ihre Wangen waren
mit Tlpränen benetzt.
»Was ist Ihnen benn?« fragte er
theilnehmend.
Die Thränen flossen noch stärker.
»Heute vor zehn Jahren war es ge
rade, als Fritz ums Leben lam," ve
gann sie. »Soeben komme ich vom
Kirch of, wo ich diese Blumen auf ser
nem rabe pflückte.«' s
Dann nahm sie den tleinen Rahmen
und sagte: »Da ist er gerade, wie er
war- ein schönes Kind, nicht wahrt
nie-singend von Lebe-» schien ek un
iveit über-leben zu sollen. Und dazu noch
so gut, so harmlos, dem Vater schon
bei der Arbeit behxiitich und gegen mich
so anhänglich! Ich tann mich nicht er
innern, daß er uns je Kummer verur
sacht hätte, auch nicht den geringsten.
Er var unser bel.b.ndcr Scnnenstichs,
alles wzs rrir aus Erden Kostbares de
saßen . .. Und itzn so sterben zu sehen
so schnell, daß wir kaum Zeit hatten,
ibm Lebswolsl zu sagen! . .. Jch kann
mir noch aller Einzellxiken jenes trau
rigen Vorfalls erinnern: er bleibt sin
immer ties in mein Hm gegraben-Dort
injner Ecke wir er, Als ich ihm zurieH
»Sieh Acht!« Er antwortete mir la
chend: »Wie furchtsam du bist!« Plötz
lich cntlud sich die Waffe nnd der Un
atiickliche fiel zu Boden. Mit dem ein
ziam Worte »Mama!« verschied er«.
Sie konnte nicht weiter sprechen und
schluchzend tiiszte sie dac- schon etwas
verblaßte Bild.
»Ach!« sxtbr sie endlich fort, »in-c
setwer ist es, so etwas zu inkogan
Tdcopbil sahtiz Nkitzlosigkeit ein,i1«
gend ein Wort des Trostes zu ver
suchen.
»Ich bringe anen hier einen Brief«
sagte er.
Sie nahm den Brief, erkannte sofort
die Handschrift. öffnete und entfaltetc
ihn. »Und doch giebt es esnen noch
schwereren Kummer als der meinige,«·
sagte sie, nachdem sie den Brief gelesen
hatte. »Arme, Schwester! . . . Sie ten
nen wobl die Geschichtr, Herr Theopbil;
die Zeitung-en haben darüber geschen
ben nnd man bat im Drei genug da
don geschwatzt.«
»Jhre Schwester, die in Paris
wrhntiM
,,Aller"ring5. Sie ist Witiire mit sehr
bescheidenen Einkünftem Jhr Sohn —
auch er ist der einzige —- war in einem
Banlgeschäft angeirellt. Schlechte Ge
sellschaften haben ihn aus Abwege ge
bracht und er hat verschiedene kleinere
Summen entwendet und dieselben mir
liederlichen Dirnen verjubelt. EinKind,
das man m«.t so viel Sorgfalt und
Liebe erzrg-:ii hat! . . . Man überwacht:
ihn, er wurde erlath und jetzt ist er
iiii Gefängniß- die Bank, obwohl ge
deckt, harte keine Nachsicht und wollt
ein abschreclendes Beispiel zeigen ..
Ich fürchte sehr, daß meine Schwester
vor Gram irriinnig iverde.«
»Arnie Frau!«
»Ja, arme Fiaui Und wenn ich dg
rnn deute, Herr ThrpiiL so muß im
mich axiictlich scheitern dnsi mein Al
bert todt ist... strken siriiubte ich
mich gegen das S.iiic!snl, ich war nack:
isnran, mich dageaen aiiizulelznen....
Jetzt denke ich, daß Gort es gut inii
uns gemeint, dasi er ihn sich nah.n, aliJ
cr ncch lriiriig war, zu den Engeln zu
zähltm
Weiß man heutzutaa.- noch, was das
Leben aus den besten, jungen Leuten
inachcrxtannit Wir können ihm wenig-»
stens ein matelloseg Andenken bewah
ren und ich hatte sehr Unrecht, mich zii
detlaeien . . . Doch Sie werden eine Er
sriscbunq nöthia haben, Herr Thcophil;
nehmen Sie ein Glas Wein an.«
»Daiite Jhii.n«, wandte der Brief
träaer ein. »Ich din schen ein wenig
reispiitet, lind habe teine Köchin in
Hause-. Ein anderes Mal werde ich es
gerne atin lin3n.«
Er verlieh das Ha is und schritt sin
nend durn den blü.heiiduftenden Wald,
den der töstlichen Musik der frohen Jn
feltenwelt umgeben.
Il- F V
»Famili:n, die nah sünszehnjijhri
aun Zusaniineneben aileeinandetgdeze
Frauen, die ihr Neunedorenes von Der
Brust reißen, Mütter, ri: Gott datiir
danl;n, daß er ihr Fiin zu sieh genom
men, nachdem sie gesehen, was sur
Fluinmer ein Sohn verursachen lanm
—--- was iiir eine sonderbare irr-d
schmerzcolle Sache ist iiehi das L« hI4-"'
dachte Thecphil, indem er ten Drin-l
hinunterstieg. »Und ich, der ich intch
über meine Einsamkeit beklagte! Jed,
der ich mein Schicksal so hart sand! ..
Das-, was ich heute gesehen und gehört,
muß mich wcizl meine Einsamkeit ver
gesse-n lassen; denn das Glück und der
Friede sind selten und niemand kann
wissen, ob er unter ihre Auserwählten
nehört.«
Ver der Tliir saß Pelotr und erinnr
tete ihren Herrn. Sie hatte leineii Groll
gegen ihn aeheqt und rieb sich jetzt wie
der schmeichelnd an seinen Beinen, in
dem sie durch leis-es Minnen ihreFrenM
darüber ausdrückte, ihn wieder zu
schen.
»Gutes Thier!« sagte Theophil, in
dem er sie auf die Arme hoh, woran si:
vor Freude zu schnurren anfing »Gu
teg Thier, wie anhänglich und treu du
mir bist! . .. Nein, ich werde dich nicht
mehr zurücksioßen, und ich sehe jetzt ein
daß ich nicht den schlechtesten Theil er
wählt habet«
———-——.- --. —
Amerikanifche deühnmvichth
Es giebt doch noch die eine oder die
anders sucinigteih in der die Ver.
Staaten sich die alie Welt zum Maser
nehmen können, Sachen, die bei uns
trctz aller iforischritxe noch sehr ins
Argen liegen, und dazu gehört our
allen Dingen die Kunst nnd im enge
ren Kreise wiederum dic dramatische
Dichtkunii. Mögen noch so viele grell
bemalte Platkaie das neueste, ,,ameri
kanische« Drama ankündigen, so is’s
nicht weiter-, als ein tönenoeg Erz und
eine klingende Schelle, denn wir haben
kein amerikanisches Drama und zwar
aus dem sehr einfachen Grunde, weil;
wir keine Bühnendichter besitzen. Uno
Bühnendichtet bringen wir aus zwei·
Gründen nicht hetvor. Die on int
sachc liegt darin, daß unser tm
Kampf um den Dollar mit solcher In
tensität vertie t ist« daß es keine it
oder Muße e,siyt sich um die ni
wicklrsng rein ästhetischer Bestrebun
gen zu detiimmern und teimende Ta
lente ihre Anlagen lieber einer gewinn
ii,-: :en Thätial eit als de: Theater
dichterei zument 1. Denn das Thea—
ter ist hierzulande vor allen Dingen
ein GeschäftslokaL in dem das darge
sgellte Stiiel die Waare bilin und
Kann noch lan; ke .n skuestinsiitut
Destja lb del-: n: int man selbst auf un
seren große en Viii ;nen nur selten ein
mal ein Löhak sp:aresc!;es S uct zu
set en, daa qen Abend siir TitlendMaew
wer e, iic selbst ein Probinzia iglhnter
in Deuts Stand niht übe r Die Brett r
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iiiszt w-. edel-um auf ei intc nsiJe Ge
schästgthcitipteii des anteritanischen
Volkes sich zurückführe n; der Mann
oder die Frau die den Tag über nnt
Linspannukn aller geistigen und tör
te rtichcn striefte arbeitet, will Abenus
, 1 Theater nicht denken, send-ern et
Was sehen nnd hören, was- ohnse jede
geistige Anstrengung zerstreuend unk
ergögend wirkt. Und derartige Mach
werte, die allerdings zum großen
Theil mit arnerilanischer Tinte ne
Jchricben sind, kann man beim beten
Willen teine Dichtungen nennen as
Schönste an der ganzen Geschichte ist
jedoch die Thatsache daß selbst diese
,,Schöpsnnaen« fast ausschließlich en
ropäischeniOriginalen entnommen sind:
,,Adeptionen« nennt der amerikani
sche »Dichter« diese Erzeugnisse, snllii
er es überhaupt ssttr nöthig findet, die
Quelle, aus der er schöpt, anzugeben·
Sie ähneln der »benevolent assimila
tien« der Bundesregierung wie ein
Oxi dem anderen, denn auch bei ihnen
wird der Grundsatz: »Bist du nicht
willig, so brauch’ ich Gewalt«, ver
folgt. Und leider wenden die Dicht:r
linge amerikanigeneris meistens die
grausamste Gewalt an und bringen
Geschöpfe zu Tage, die von ihrem Er
zeuger wohl noch das Knochengeriist
haben, von ihrem Ztoangsvater aber
mit Lappen und Flitteriram schauder
liaftester Sorte behängt worden sind.
Nur eine echt amerikanische Pflanze
blüht auf unserer Bühne, die »Extra
raganza«, jenes --—— wie soll man es
nennen? —- das absolut keinen Sinn
oder Zusammenhang besitzt, ja,· wo «
der Schreiber sich geradezu bemüht.
auch den Schatten von Logik nnd Ver-·
nunft, der schließlich jedem, auch dem
elendesten Geisteserzeugnisz innewohnt.
mit gröfiter Sorgfalt auseurnerzen
Auf dieser Stufe siebt augenblicklich
fsie amerikanische Biihnendichttunst
nnd wird sich auch nicht eher auf eine
lzöizere Stufe erheben, als bis die si:
nmgebenden Grundbedingungen gänz
lich ander-H getrorden sind, nnd das
kenn noch rele Generationen dauern.
(W.)
————.-O.--——-·
Der spat-hatte Mai-guts.
Jn ausländischen Blättern curscert
gegenwärtig eine ergötzliche Anetdote
aus dem Leben des jetzigen französi- «
schen Kriegsxsministers Generats Mar
guts de Gallifet. Vor einer Reihe von
Jahren war der Marquis ein schnei-(
Tiger, bei dem schönen Geschlecht sehr
betiebter Kavallerie--Offizier. In dem
Kriege, der wegen des unglücklichen
Kaisers Maximilian von Mexico ge
führt wurde, hatte er sich durch seltene
Tapferkeit ausgezeichnet Zum älte
sten Adel gehörig und mit einer be
riihmten pariser Schönheit verheira
thet, durfte er sich als eine der begün
ftigsten litersönliebteiten am Hofe Na
fiolecng Z. betra ,ten. Eines Tages
aber fiel er in Ungnade. Die Ursache
ioar ein etwa-, starker Scherz, den der
siberniiithige junge Mann sich der Kai
serin Eugenie gegenüber erlaubt hkitlr.
Man erwartete in Paris einige Abge
sandte aus Stam, welches Reich zu
Jener Zeit fast unbekannt war. Alle
möglichen sonderbaren Geschichten, die
man in Bezug auf die auszergewöhn
l:chen Sitten und Maniercu dieser
neuentdectten Orientalen erfahan ba
ben wollte, machten in den Oostreisen
die Runde. Zur bestimmten Zeit wur
de angekiindigt, daf; die Siamesen ein
getroffen wären und sich um eine Au
dienz bei der schönen Kaiserin der
Franzosen bemühten. Eugeuie wil
ligte ein, die Abgesandten aus dem
fernen Osten zu empfangen, und zu
dieser Gelegenheit umgab sich die
sxrachtliebende Fürstin mit einem glän
zenden Gefolge. Als die Kaiserin in .
großem Staat in ihrem Galasaal in
den Tuilerien Platz genommen hatte-,
wurden die Fliraeltlsiiren weit geöff
1-et, und herein traten zwölf dunkel
l,ijutige Männer in Pliatastischen Ko
stiitnen Auf ein Zeichen ihres An
führer-H warfen sie sieh zu Baden nnd
begannen kriechend und den Körper in
niertwiirdigrr Weise windend, sich den-«
Thronscssel zu nähern. Es gewährte
einen höchst komischen Anblick. Am
sonderbarsten aber waren die qroteszs
ten Bewegungen des ,..L)iins)tlingkz«,
der so ungelseuerliche Verdrctzungcn
ausführte, daß die Hofdanten trotz
der strengen Blicke Euaenics ein leises
seichern nicht unterdrücken konnten.
Jn dem Moment, als die sich aus dem
Parquet entlang ,,schlijngelr.t-en« Gä
ste aus dem Morgenlande am Fuße
des Thrones angelangt waren, sprang
der vermeintliche Anführer der Sta
mesen plö lich aus nnd sub sich der
entrüsteten Fürstin als Mar ais
de Gallixet zu erkennen. Diesen S ris-,
hat die tolze Kaiserin dem lustigen
Cavalier nie verzeihen können.