Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 22, 1899, Sonntags-Blatt., Image 9

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    Soxnntäsg - Blatt
beilage cies »Ist-Heime meet hemm«
iJ P Windulph Herausgeber Grund Island Nebr» den 22. Sept 185Hv))w";al)rqanq 20 No. 3.
- Pompcjaniiche Reliquteu.
Von Pkiiesiok Tr. M. Schoener.
Der moderne Besuchek Pompeji23,
die Eisenbahn vorn Ufer des New
t Golfes her nach den Ruinen der
klen Stadt führt, pflegt die elbe
das »Seethok«, die Potta ta
, zu betreten und deshalb noch vor
I Eintritt in die alten Straßen und
aiiude dem am Eingange gele enen
nen Lolclmuseum emen Besacg ab:
i en. Was jedermann hier am
«n fesselt, sind die in Glaslöften
bewahrten Gips - Abbkücle von
nfchen, die theils ruhig, wie schla
.s,«theils mit verdrehjen Gliedeknz
Vlc SPUILU Links Todeskampfes
ken, daliegen. Es sind die überra- .
nd ausdrucksdollen Gestalten alter
svater der Stadt, die bei der
Eckchen Katastrophe des 24. Au
t 79 n. Chr» al o dor nunmehr
Jahren, du den Hilf nre en
ttuvs begraben worden nd. e
« den menfchli n Gestalten sieh-. «
.r auch einen nnd, ein fchlanles,
gefformtes r, das in eine-n
ts lnr angebunden war, fo hoch
miiglich an die wachsende Birne
rfehi t hnaufgeftieem aber
ie li in der A che erstickt ist«
Ieanntlich erfolgte jener furcht
e Ansbrnch des rampanifchen But
7 der weithin Städte und Dörfer
. blühendeGefilde unter einer mäch
ttt lAfthendeele begrab, völlig uner
e.
Ein . ufall hat uns genaue Schilde
Ien er Vorgänge bei dem der
gnißvollen Befus - Ausbruche be
srt und vielfach bekannt find die
zeichnungen Straf-as und Plinius’
Jüngern oder doch die meifterhafte,
diefe Berichte ge riindete Darstel
k Berler in fe nenr berühmten
mn »Die lehten Tage von Pom
i
)er Boden der Stadt ist reichlich 2
et hoch, mit kleinen, ehr leichten
csfteinen bedeckt, über denen eine
falls durchfchnittlich 2 Meter hohe
enfchicht liegt. Die Verfchiittungs
den lönnen —- mit Ausnahme em
tr glii nder Schlatten —- nicht er
»ch bei ewefen fein, da fie fonft
r Brandf uren cnterlaffen haben
ten; die arbon sirung des hols
es und anderer Gegenstände hat
Lre chemifche Ursachen. Die Körper
Um etonnnenen eigen deutlich,
te urch die La i i und die Asche
»tet find, ohne rch u verbrennen
jrftrtirne cnd nicht is nach dem
einem a ten Ladahiigel erbauten
veji gelangt.
.·’hrend in herculaneum die Ver
ei« smaffen z. T. mit Wagen
nlich dem eines Negengn es,
»cht ein edru en tnd und d efe
Anma e im an e der it zu
Lin-i Tuffftein erhärtet ift, er die
cscbung fehr erschwert. dürfte die
Pomd ·i nur durch lofe trockene
««-n begra n worden fein. Viel
hat hie und da fpäter eingedrun
Wasser dazu be etragen, mit
fche den feinen Sch mm zu bil
in welchem sich oft niät nur die
rformen, sondern au diehaare.
net und Schmuckgegenftände der
Ebenen oqu deutlichfte abgedrückt
—
ntvörtig ist die Hälfte derStadl 7
egt nnd nach den Leichenfunden
man annehmen, « h die Z ahl
L engetoknrnenen inr nie-Er
ge, doch ist ebenfalls die Annah
-an August an, der die Zasl der
üttteten au; ea. 2000, d. d. un
Pk via Is. en der Dem-huck
»t. geschli t, ni t zu hoch ge« rissen,
« edensa S viele Leichen voll tändig
wunden sein werden
n den allermeisten menschlichen
thierischen Körpern, wie von allem
gen Or anischen sind nach Verlauf
—18 Jahrhunderten heilt-strebend
Lgeringe und sormlosle este übri«
sehen, von den er erenledigliz
sle der Schädel und Knochen. Jn
"ällen, tn denen die Körper in die
e und seine Ascheumasse eingeht
,aeden, die»untet atnrosphärischen
lüssen verhaltnißmäßig rasch zur
sichtung und Erhärtung gelangte,
te nach der allenaflichentzluslösung
Körpers eine Hohsorm zurückblei
die, wie schon erwähnt, vielfach ein
ues Bild der Körpetobersläche und
"t der Betleidung bewahrt t.
begnügte man sich, aus sol esi
ungen die Knochenreste und die
Fegenstände welche die Fliehen
n er Regel bei sich getragen hat
herauseuholen Erst der verdiente
-einsich ige Giuseppe Fiorelli. seit
) Leiter der pompejanischen Aus
en, fand das Mittel, aus die
astrengen die volle Gestalt der
ommenen in ungeahnter Natur
wieder ausersteden zu lassen.
n Ließ durch eine mäßigte Oeffnung
two-been wie ihn d Bildhauer
RAE-stellten von Zbiztlfslsen gebrau
, die VI lun en e n Sehen Nach
er Erhörtmär tauchte man nur
u gehende schentruste vorsichtig
vzueäuenem um eine Oiv est-le
-« « zu haben, die den versch tteten
« c Pompeiil genau in der hal
, seines lesten Ledensenoinentes
. II I sen dieser ten paus
l bewahrt
, w ferenda-! schliean
met en, wenn
ein rascher und
schmergleoser gewesen sein. Den Ein
druck I tie sten Friedens macht die
Gestalt eines 50—60jährigen Mannes,
ver schlafend vom Tode überrascht
worden ist. Den groben, aber scharf
Yzeichneten äii en und der nur aus
urtel und « cgurz bestesenden Klei
,dung· zufolge kann man i n fiir einen
Arbeiter cderStlaven halten-, der wogt
seine Siefta hielt, als die Katastrop e
cintrat. Mit gekrümmten Knieen, das
linke Bein etwas herauBezogem die
rechte Sand unter die ange gelegt,
ruht er auf der linken Seite. einen
festen Schlaf hat weder das Erdbeben,
noch der Lärm der erschreckten Bevölke
rung gestört. Ohne zum Bewu tlein
zu kommen, isi er hinübergef lum
mert; die wohlerhaltene Figur zeigt
noch ietzt das treue Bild eines friedlich
Schlummernden.
Von den vier Perifonem die rück
lings niedergefallen nd» muß leich
falls angenommen werden, daß e ei
nen e r plößlichen Tod gehabt haben.
Es n : eine nicht mehr jugendliche
schwangere Frau von ungewöhnlich
großer Statut, deren Gesicht halb von
einem Tuche verhüllt und durchaus
nicht entstellt ist, und drei Männer, die
in der Haltung noch die Spannung der
Lebensenergie erkennen lassen. Einer
der Männer, vielleicht ein Neger, ist im
Begriff gewesen, mittels einer Eisen-«
sinnge, die sich neben ihm befand, fuh
einen Weg, sei es durch eine Mauer, sei
es durch einen verfchiitteten Ausgang.
zu bahnen. Von der Asche oder den
Dämpfen überwöltigt, it er rückwärts
niedergefallen und augenblicklich ver
schieden. Die Arme, in denen er das
Werkzeug hielt, find noch erhoben und
gekrümmt
Nicht gan so plötzlich dürften drei
Personen gestorben sein« die auf dem
Gesicht lie en. Von den beiden weid
lichen hat ie eine, die von schmächtiaer
Genau und weht bethkt ist, var Ge
ificht in die Arme geborgen, als sie ge
ehen, daß dem dichten Aschenregen
nicht mehr zu entrinnen war. Die an
dere, die in einer Grup e mit einem
Manne efnnden ist, lie t mit dem
Kopfe, ’ber den sie Zum chune das
Gewand gezogen hat e, auf dem linken
Arme und hat beide hände wie im To
deskamvfe fest geschlossen. Ein Mann
isi wahrscheinlich von siiirzendem Ge
tsiilt niedergeschlagen worden. An dem
erhabenen Kopfe und den gebogenen
Armen und Fingern sieht man, daß er
sich vergebens wieder zu erheben suchte.
Jn anderthalb Jahrhunderten, in
denen aber nicht ohne erhebliche Unter
brechungen gearbeitet worden ist, konn
te fast die Hälfte der alten Stadt an’s
Tageslicht gebracht und dadurch un
sere Kenntniß des Alterthums und al
ler seiner Lebenöiiufzerun en ungeahnt
bereichert werden. Wird auern mit
der gegenwärtigen Aufbietun von
Mitteln, Arbeitskraft undUmfc inter
tergearbeitet, o tann um die Mitte
des nächsten ahrhunderts die Arbeit
vollendet fein
ernerhrn wird es die Zeit von ZU»
Jahren beansprucht haben, dasjenige
dein Boden wieder zu entreißen, was
der noch immer dröuende Vulkan bin
nen wenigen Stunden begraben hatte.
Oft
Reederliichsilche Zaubertruppen. z
Jn dem neuen Heft der ,,Zeitf rift !
fiir Vollslunde« berichtet Ri rd ;
Andree auf Grund von Mittheilungen J
oeo Director-l des celler Mufeuins, ;
Bomonn. iiber eine felifaine Entdeck- «
uan die in der Geschichte der nieder- «
fö tfchen Vollstunde bisher einzig
da tehr. Bomann forschte in einem al- ;
ten niederfiichsifchen Haufe des Dor- !
fes Boiteltarnkh in der Nähe von Cel- ;
e, nach bäuer ichen Alterthilmern. Der »
Besitzer des haufei öffnete dabei auch ;
eine alte Truhe« «Lade'«« in der früher »
die Bauern Kleider und Leinenzeng l
aufzubewahren pflegten. Diefe Truhen l
haben faft immer noch eine tleine
»Beilade«, ein befondereo, an einer
Seite nngedrachteo Fach, in dem
S uckfachen, haares Geld und der
.le n geborgen wurden. Bomann
l dabei auf, dafz die Beilade lehr
locke war, und bei weiterem Nachfor
ehen entdeckte er einen doppelten Bo
den. Er wurde geöffnet, und estim
den lieh nun-darin vier feltfame up
pen, die man wohl fiel-per als »Zauber
pup en« bezeichnen ann. Sie lfaven ei
ne oiinele von 20 bis 28 em. ind lehr
flach und 2 bis 4 ern breit. Der Kör
per befieht aus mlirde Heworbenem
Zolzspan von wenigen Millinetern
icke, der deutlich die . tchen des Al
trro ansi trägt. sei mehrfach mit
einem «l iinnen« Wappen von gro
ber, wei er Bauernletntoand) semini
ckelt und mit tret-zweit s eleglm -
den überdunden. Die Meer nd
un leich gearbeitet. Bei ’ ten
tft Fund die Wickeluna der » ) »
und die Ums til-rann mit M «-»
den eine Art apl hergestellt worden«
Eine der Puppen, die von Indree Pe
fonei wurde, enthielt außer des-ehe z
fan am oberen Ende desselben eine
chwarze, brennbare Masse, auch ein
rother Farbenfleck von der Größe ei
nes Zcbnpfennigstiickes war am Span
bemerkbar. Ueber die Bestiminun
der Puppen war es schwer, etwas Si
cheres herauszubringen Nur ein al
ter Bauer im Dorf erklärte, in seiner
Zugend wären bier und da bei den
auern der Umgegend von Celle solche
»Syntpathie- oder Zaubermittel« an
gewendet worden, merkwürdi erweise
M zwei ganz entgegen esenten wecken.
an glaubte, durch sie einem zu gro
ßen limdersegen vorbeugen u .ön
nen, und andererseits auch die rucht
barieit bei Frauen, die bisher keine
Kinder hatten, hervorzurufeen An und
fiir sich ist diese Deutung n" t un
wahrscheinlich. Das Zweitinder nstem
war im Hannoverschen und Brann
schweigischen allgemein verbreitet, und
esisturdglich, daß man auch solche
Zaubermittel zu hilfe nahm. Vielleicht
aber auch könnte man die Zauberwese
pen, da sie in der Beilade der Triebe,
wo der Bauer sein Geld aufbewahrte,
gefunden wurden, als eine Art von
»Heckemännchen« auffassen, die zur
Vermehrung und Bewabrung des
aufgestapelten Schahes dienen sollten.
Gin künstlicher Kehitops
Seitdem ProfesBr Billrotb imJahre
1873 zum ersten eal die totale Kehl
) iopsexftirpation, die herausnahme des
Lanzen menschlichen Kehltopses, mit
) Erfolg ausgeführt hat, ist durch diese
; Operation ereits sehr vielen an Kehl
J iopstrebs Leidenden das Leben gerettet
’ worden. Leider abe geht — und das
« schreckt manchen urii —- mit derber
auönahme des ehliopfes auch die
menschliche Stimme verloren, und alle
Versuche, dur Einsenung eines künst
lichen Kebliop es aus Kautschui oder
ähnlichem Material an die Stelle des
alten die Stimme wieder herzustellen,
sind bisher so gut wie erfolglos ge
blieben. Ganz neue Aussichten auf die
sem Gebiet eröffnet nun, wie uns mit
etbeilt wird, ein vor kurzem von dem
greglauer Chirurgen, sProfessor Miiu
« licz, ausgeführter Ver uch. Bekannts
lich bildet sich beim gesunden Menschen,
indem die ausgeatbmete Luft die
Stimmbänier des Kehlkopfes in
Schwinaunaen versetzt. die Stimme.
DieseStimme aber wird erst articulirt,
wird erst zur Sprache dadurch, daß
aus ihr durch die verschiedene Stellung
des Gaumens, der Zähne, der Lippen
u. s. w. die verschiedenen Laute gebil-«
det werden. Es entsteht also beim
natürlichen Sprechen zuerst die unar-·
tieulirie Stimme, dann aus dieser aus
dem Wege durch den Mund die artirn
lirte Sprache. Bei dem von dem Pro
sessor Miiulicz durchgeführten Versuch
ist die Reihenxslge umgekehrt. Gegen
stand dieses ersuchs war ein sieben
trudvierzigjiihriger Mann, der an
Kehllopslrebs litt und dein vor einigen
Monaten der ganze Kehllops herausz
gcnommen worden war.
Hierdurch verlor er die Stimme der
art, daß er sich nur noch ganz nahe bei
ihm Stehenden, die genau seine Mund
bewegungen verfolgten, durch ganz lei
ses Flüstern mühsam verständlich ma
chen konnte. Professor Milulicz hat
nun, um diesem Manne die Stimme
wiederzugeben, eine Art Metallpseife
construirt, wel der Patient vermöge
eines leicht zu andhabenden Mecha
niömus, wenn er sprechen will, selbst
unmittelbar vor seinem Munde befesti
gen lann. Beim Einathmen der Lust
tönt diese Pfeife nicht, da dies durch
ein Ventil verhindert wird. Die Luft
tritt vielmehr frei in den Mund und
wird von da mit ilfe eines Schlau
chea und einer in d e Luftröhre einzie
siigten Caniile in die Lungen gelei et.
Beim Ausathmen nimmt die Luft
denselben Weg; im Munde bilden sich
jetzt infolge der verschiedenen Stellung
der Lippen, ähne u. f. w. die ein el
nen Laute, d e aber leise Flii ert ne
bleiben würden, wenn sie ni tbeim
Vetlafsen des Mundes durch die nun
in Thätigleit tretenden Stimmbänder
der Pfeife ebenso laut und vernehmbar
würden, wie die natürliche Sprache.
Der atient, an welchem Professor
Miiu iez diesen erfolgreichen Versuch
unternommen hat, it im Stande. den »
Apparat ohne Iede ierigieit selbst
abzunehmen und auch wieder einzule- ;
en. Die Stimme dea breitschultrigen ;
annes ilang allerdings fast so hell «
wie die eines Is--14jahrigen Mad- l
chenö. Doch lii i sich hierin durch Ab- .
stimmen der P eise auf eine andere s
Tonlage auch e ne Aenderun herbei- i
kühren Jedenfalls diirste ieg insol e
iesei epochemachenden ortschrit B
nancher Krebslrania der onst ·nicht «
in die Bornahme dieser lstRserwiegew !
den Operation williaen te, bewe- s
gen lassen. einer totalen thliopss »
«""exsiirpation zuzustimmem die ihm un- !
ter Umständen das Leben um 10 bis ;
»so Jahre verlängern kann. s
T as Weib
Von B. Kris
Da lagen die Beweise feinerSchuldl
Ein Päclchen Briefe!
Zette, buftende Frauenbriefe mit
einem Seidenbande umwunden.
Mit demselben mattblauen, kni
sternden Band, das sie einst in einer
Stunde fröhlichen Uebermuthes in
ihre Locken geschlungen.
Da lagen sie, still und ahnungslos.
Wie ein schüchternes Lächeln
wie eine märchenhafte Erinnerung . . .
Die Zerstörer ihres Glückes.
Das junge Weib vor dem geöffneten
Schreibtifche schluchzte. Ein wildes,
thränenloses Schluchzen war es, das
die ganze geivaltige Last der ersten
tiefsten Qual aus der Seele stoßen
wollte . . .
Ja, aber war es Wahrheit? Lebte
sie, fühlte sie?
Täufchte sie nicht ein nachtdunkler
Traum . . . . ein Phantom, eine Angst
visioni
War es möglich?
Möglich. daß diese hellen, duftenden
Elsenbeinblätter den Sturm in ihr
Leben trugen?
Den großen Sturm, der die Baum
kronen knickte aus seinem Wegs
War es möglich, daß diese sanfte.
schüchterne, verliebte Frauenschrist
Rachsucht, Haß und Eifersucht in ihr
Dasein säete und die weltkrante Qual
eines verlorenen Lebens?
War es denn möglich?
! Und ruhig und schuldlos lagen die
T Briese auf dem Schreibtisch, als wüß
ten sie von nichts . . . Still und furcht- F
« los lagen sie die dustenden Ver- i
räther . · . .
Und ein Weib verging in dem ersti
ckenden Feuerathem des Schmerzes . . .
Bebend treischte siean in ihrem«
Wer-: !
Die weißen, zärtlichen Blätter grin- J
sen Vernach. .Die weichen, ahnungs- J
losen Schriftziige lächeln Verach- T
» tung «
Das Glück ist Betrug
Und Betrug ist Alles . . . Alles . . . ;
Sie hatten sie betrogen, heimtückisch, :
hinterrücks !
Tag für Tag! Stunde siir Stunde! ;
, Sie hatten in ihren schönsten Mo- !
menten das ahnungslose Spielzeug ih
res Glückes verspottet gehöhnt I
an's Kreuz geschlagen . . . und was am
surchtbarsten war .. . bemitleidet.
Die Freundin. die sie geliebt!
Der Mann, den sie angebetet!
Sie hatten betrogen, verrathen, der- !
stoßen . . . »
Es that ihr so weh, zu denken.
Jhre starren Augen bohrten sich in
starrer Verzweiflung in das dunkle
Tapetenmuster ’ l
« Wie rnit eiferner Hand griff es nach
ihrem Herzen.
Jbr Wesen lag stumm und ertödtet.
Jn jammerlofer Entlräftung.
Sie rang nach Athem, nach Fassung,
. nach einem Schrei, einem wilden, .
drohenden, defreienden ?
Ader wie ein luftleerer Raum lag «
» eg rings um sie.
» Und die Erregung triumphirte über
i ihre schwächlichen Versuche.
s Wie hatte sie sich nach Gewißheit ge
sehnt in der zögernden Furcht stiller,
einsamer Stunden.
Und jetzt weinte fie dem Zweifel
nacht
Wie hatte sie ihn geliebt, vergöttert,
auf Händen getragen .. . . den Mann,
. der ihr Leben zu einer tiefen unheil
! baten Wunde machte .
! Und die Freundin . .
s Warum nur sie es gerade war? Ge
f rade fie! Mit der heuchlerischen Gitte,
! mit der fchaknlofen Absichtlichkeit, die
! sie für Freundschaft gehalten .
J Sie hatte ihre Briefe gelesen, einen
. nach dem anderen, die tollen, glühen-e
den, lieberasenden Briefe, die keine
Rücksicht tannten und keine Pflicht
und keinen Stolz .. .. ;
Und jedes Wort war in ihre Seele I
gefallen wie eine Nabelfpitzr. Auch sie i
hatte ihren Stolz geopfert, als sie sie I
las .. . . Aber sie hatte auch ihr Glück
zu Grade getragen und ihr Leben . . . .
und ihre Liebe Fieber zuckte in
ihr und begehrender haß. Mit schar
fen Messern wühlte er in ihrer Seele.
Das Athmen der Stille fühlte sie
nnd das Vibriren der Seiunden. Sie
durchlebte ein Menschenleben in dieser
Stunde.
Sie haßte die Beiden, die ihr Leben
waren, ihr Sein und ihr Schicksal.
Vernichten wiirde sie sie, zerschmet
tern. morden. Das Glück, das Jene auf
ihrem Elend erbauten — in Fetzen
wollte sie es seen-ei en.
.Kein Mit l fo te ihrer Rath ge
niisem
Langsam dachte sie sieh in jene un- f
. sagbare Muth, die til-er den Rachewitm j
schen die Schmerzen vergessen macht,
die etwas Linderndes an sich hat —
etwas Befreiendes.
Und dann hatte sie mechanische Ge
danken, von denen sie nichts wußte.
Morgens kam die SchneiderimAbends
hatte sie eine Loge in der Oper. Und sie
wollte die neue, weiße Blouse anziehen.
die ihr so gut stand, die ihr Gatte so
liebte . . ..
Jhr Gottes! . . ..
Und wieder kamen die Wogen heran
gebraust in erneutem, heftigem An
prall Und der Schmerz bohrte
in den offenen Wunden . . . .
Alles in ihr bäumte sich auf gegen
das Leben. Drohend breitete sie ihre
Arme aus . . . .
Nein« sie wollte nicht morden, die
Beiden . . . Wozu? Der Drang zur
Liebe isi mächtiger wie der Drang zur
Pflicht. Sie fühlte es.
Das Fremde, Seltsame, Verbotene
hat nicht Raum in der farblosen All
täglichkeit.
Nein, sie wollte sie nicht morden .....
Aber sie wollte sich aus der Welt
schaffen . . .. das zwecklose Stündchen,
das die Winde muthwillig durch den
Weltraum trieben.
Sie wollte sterben, sofort . . . . ohne
ihn noch einmal gesehen zu haben . . ·
den sie verachtete . . . . ohne Rache . . . .
Wie ein Schandfleck wird es über
seiner Liebe liegen: das Furchtbare,
Geheimnißvolle, das ihren Tod um
gab.
s ·Wie eine große Vergeltung wird es
ein
Wie eine große Erlösung . . . .
Die Uhr schlug sieben dumpfe, vor
wurfsvolle Schläge. Sie erschrak. Je
den Augenblick mußte er ja nach-Hause
kommen Schon war es ihr, als
hörte sie seine Schritte in der Ferne....
Mechanisch legte sie die Briese in den
Schreibtisch zurück . . . Mechanisch ver
suchte sie darüber nachzudenken, ob sie
an derselben Stelle lagen wie früher.
Dann zog sie den Schlüssel ab
ganz leise, behutsam jedes Ge
räusch that ihr weh --—-— und steckte
ihn in den Rock ihres Mannes —
« in die Tasche, in dieselbe Tasche, in der
sie ihn gesunden . . . .
Und wenn er kommt . . Da wird sie
vor ihn hintreten, nicht als Bittende,
Bettelnde, wie sonst nein, als Ver
langende, Fordernde . . .
Das Leben wird sie begehren, das er
ihr gestohlen. Die Jugend, die sie an
ihn verschwendet . . . Das Glück, das er
getödtet Und wenn er bebend und
beschämt und schuldbewußt zu ihren
Füßen lag . . . dann wollte sie ihm ihre
Verachtung in’s Gesicht spucken . . nnd
die Märtyrerlrone von der Stirn
schleudern . .
Er trat in’s Zimmer.Mit dem sorg
losen, sonnigen Lächeln, das sie unaus
sprechlich liebte, mit dem hellen, früh
linggtruntenen Blick, der ihr wie eine
Verkündigung war . . .
Sie stand am Fenster und blickte
hinab in’s Gewühl.
Ihre Augen suchten die Schatten
auf dem Erdboden die tanzenden,
bläulichen, schleichenden, wandel
baren
Er trat ganz leise hinter sie und
legte feine Hand über ihre Augen.
Sie hörte ihn, aber sie regte sich
nicht.
Nur die Berührung that ihr weh
und sie guckte zusammen, wie wenn
eine Raupe über ihre Haut kroch
Unwillig schüttelte sie seine Zärt
lichkeit ab·
Er war an ihre Launen gewöhnt.
»Sei nicht böse,« sagte er einfach
und küßte flüchtig ihre Hand.
Dann begann er ahnungslos, mit
froher Herzlichleit die Ereignisse des
Nachmittags zu erzählen.
Sie schaute ihn an. Mit großen,
fremden Augen.
Sie hörte den Laut feiner Worte.
Aber sie wußte nicht, wovon er
sprach.
Die Gedanken drängten sieh und
schlugen sich in ihr und verschwammen
in einem farblofen Chaos.
Diese schönen, lieben Augen, träu
merisch und sehnsüchtig, wie eineFriih
linasnacht, die hatten vor Kurzem
die Andere gegrüßt mit ihrem schim
mernden Glanz. Diese Lippen hatten
sie geküßt und mit Liebesworten um
schmeichelt diese Arme hatten sie
umfangen in jauchzender Stunde «
Der alte Zorn raste auf in ihr.
Sie wollte sprechen, schreien, ihre
Anklage von den Lippen schleudern
Sie ranq vergebens nach Worten
Sie wollte auf den Schreibtisch zu
stürzen, um sie ihm zu zeigen, die Be
weise. die vernichtenden, unfehlbaren
Beweise -
Sie fand dte Kraft nicht dazu. Nur
ein Seufzer hob ihre Brust.
Er hielt erschrocken inne.
M
Er sah den irren, gedankenweiten
Ausdruck in ihren Augen
»Was fehlt Dir,« sagte er sanft und
umschlang sie.
Sie hatte nicht die Kraft, sich los
zureißen .. . -
Sie fühlte deutlich, daß etwas non
dem alten Zauber sie umfing, den serne
Nähe auslyauchte . . . . .
Der Glanz bewußter Schönheit lag
über ihm.
Ueberzeugendes Machtgesiihl sprach
I aus seinem Wesen.
Wie ein König stand er vor ihr, wie
Einer, der keine Verzeihung hraucht....
Einer von den Großen, Unabhängigen
. » Und als er sie jetzt umarmte und
leise küßte auf die Stirne, auf die
müde geschlossenen Augen . .. da tra
ten die ersten lichten Thränen in ihre
Seele . .. Thränem die das Blut von
den Wunden fpiilten und den Haß
aus dem Herzen . ..
Aber jetzt wollte sie sprechen, jetzt,
wo der Zorn entflohen war und nichts
sie erfüllte als der tiefe, tiefe, nagende
Schmerz . . . jetzt wollte sie ihm in lei
sen, weinenden Worten sagen . . .
Und während er sie in feinen Armen
hielt, dachte sie weiter und weiter . . .
Müh-same Gedankenketten . . .
Wenn sie es ihm sagte, da würde er
sie nicht mehr küssen, nicht mehr lieb
kofen mit feinen märchentiefen Augen.
Ihr Stolz-der Stolz, den das ge
kränkte Weib vor dem Manne empfin
den soll, der müßte sie von ihm trennen
fiir immer. Er würde sie vielleicht haf
sen, weil sie sich in fein Geheimniß ge
drängt und in sein Glück . . .
Und die Brosamen seiner Liebe, die
sie jetzt noch empfing, voll Dankbarkeit
—- die .. ..
Nein! Nein!
Heute nicht! Heute noch nicht!
Sie fchauderte vor den großen,
fchattenlosen Finsternissen der Ein
samkeit
Sie legte beide Hände vor die thrä
nenschweren Augen
An den Händen haftete noch etwas
von dem Duft der zarten, weißen,
verrätherifchen Liebesbriefen
Sie aber kämpfte gegen denSchmerz
in ihrer Seele·
Mit dem Heldenmuth der Selbstb
sigleit, mit der Feigheit ihrer Leiden
schaft mit der Schwäche ihres
Weibseins.
Jhr Haupt lag an seiner Brust.
Ihre Thränen flossen.
Er küßte ihre Haare, ihre Wangen.
Seine Hände streichelten sie.
,,Vielleicht kann ich Dich trösten,«
sagte er zärtlich. »Warum bist Du
so traurig?«
Und da lächelte sie.
Das Lächeln des Sieges. Das Lä
cheln der Ueberwindung.
»Weil ich Dich zu lieb habe!« mur
melte sie leise . . .
Kanonenboot ,,Mauila«.
Laguna de Bay, der große See im
Süden Manilas, dessen Abfluß der
Pasiq ist, war während der bisherigen
Aufstände oft Zeuge blutige-c Kämpfe.
Manche Ortschaft an seinen Ufern war
tn den händen unserer Truppen. Wäh
rend der Regenzeit ift fast alles wieder
verloren gegangen. Mit Ausnahme des
befestigten Morong befinden sich die
Ufer unter Controlle der Jnsurgenten.
Kanonenboote recognosciren häufig
die dortige Gegend. Unser Bild stellt
auf einer solchen Fahrt das Kanonen
boot »Manila« dar.
Hagelschießen.
Jn Jtalien werden oft wette Stre
ckenBandesH vom Hagelschlag bedroht.
Kii zlich wurde die Bevölkerung von
San Giorgio von dem Herannahen
eines solchen Unwetters benachrichtigt.
Sofort wurden mehrere trichterförmi
ge Kanonen, wie unser Bild zeigt, ge
gen die sich herabhängenden Strecken
geri tet und entladen. Nach mehrmali
ern euern zeigten sich Spalten in den
ellen, durch die man den blauen
Himmel beobachten konnte. Allmählich
Zog der Sturm beköbet, ohne sich über
ie Gegend zu entladen.