Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 22, 1899, Sonntags-Blatt., Image 16

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    mMIW MIIWII Aq- sv
hie Tochter ges Abgeordneten
- ....... X
Georgcs Oh net. III
E mmn York er
WI- It I TI- As
(1- , Fortsetzung)
Sie hieiten inne, gleicherknaßen über
rascht, daß jedes vom andern eine so
günsti e Meinung gefaßt, und daß sie
iefe fo freimüthig geäußert hatten.
Er fuhr fort: »Gnädiges Fräulein
werden doch heute Abend den Ball mit
make-P
« ingeladen sind wit, aber vielleicht
werde ich mit meinem Vater qleich nach
Tisch nach Paris zurückkehren«
Der junge Mann fühlte, daß seine
Wifxbegierde die Grenze des Erlaubten
erreicht hatte, und da der vom kuhiaen
Seegang gekräftigte Abgeordnete ekev
an feine Tochter herantrat, verabschie
dete er sich ohne ein weiteres Wort mit
ehrfurchtsvollctn Gruß.
Oh der Abgeordnete das Beourrnis
empfunden haben mochte, s für das
zneiselhaste Vergnügen zu asser auf
dem Festland schadlos zu halten oder
ob das rei ende hlonde Töchter-oben den
Papa zu überzeugen gewußt hatte, daß
es jammerfchade wäre, die Nacht im
Coupe zu verbringen, statt den Admi
ral Avellan und seine Ofsiziere in der
Nähe zu besehen? Vielleicht traf von
beiden etwas zu, jedenfalls aber er
schien gegen 11 Uhr auf den Zügen des
jtsngen Fahrgastes der «Latouche-Tre
ville", der bisher einsam und welt
schmerzlich durch die Säle des Mariae
ermrnandos gewandelt war, ein strah
lendes Lächeln, denn er hatte in einem
Kreise von alten Damen die einzige
Persönlichkeit entdeckt, die ihm einige
Begeisterung für diesen Ball einzu
liksien vermochte.
Sie trug ein ganz einfaches Kleid
ohne allen Schmuck oter Ausnutz, aber
er fah jetzt ihre hübschen Schultern :
und die tadellos gefarmten Arme and :
mußte sich aestehen, daß er bisher noch «
kein weibliche-s Wesen mit solchem uns T
getheilten Vergnügen betrachtet habe.
Plötzlich erblickte auch sie ihn, wie er
zehn Schritte von ihr entfernt wie fest-— «
gewinselt und derart in Bewunderung !
versunken dastand, daß sie in Berwiri
tung gerieth. Als er sich erkannt sah,
raffte er sich auf, trat auf sie zu und
stammelte ein paar Worte, woraus ihr
hervorzugehen schien. daß er sie zum
Tanze ausforderte. Ohne sich zu zie
ren, stand sie aus, und sie tanzten ein-,
zwei-, dreimal durch den Saal. Beide
walzten vorzüglich und da er in die
fem Schwarm von Geladenen nur sie,
sie nur ihn kannte, so plauderten sie »
fröhlich miteinander, tanscbten unum
wunden ihre Eindrücke aus« unterhiel
ten sich köstlich, bezauberten sich geaen- s
seitig, und erfreuten sich arglos der
durch ihre Vereinsamung beaünstigten
BertraulichkeiL Gean ein Uhr Mor
gens stieß der junge Pariser indeß doch
auf einen weiteren Bekannten, auf den
Seetadetten, der sie an Bord des
Kriegsschifer befördert hatte, und die »
beiden jungen Männer fchtoatzten eine
Weile in einem ruhigen Eckchen.
»Sie hätten heute früh gern gewußt,
wer der Abgeordnete ist, den wir mit
seiner Tochter abzisholen hatten.« be
merkte der junge Offizier beiläufig
i
i
(
i
»Nun, unt-?«
»Jetzt weiß Ech’5 . . .«
»Er beißt?"
»Courzier. Er ist Abaeoroneier iiir »
ten Seine- Und Marnebeiiri.«
Wenn sich die Zimmerdecke Des Ma
rinecommandog olkiztich nuf ten jun
gen Mann herabneitiirit hätte vernich—
tender wäre die Wirtunq kaum nexvei
sen. Ganz betroffen starrte er feinen
fingen Beannten an und hörte wie ini
Traume, daß dieser hiniuiiiate: »Ein
verbissener Demokrat, ein Reine-ist«
der in seiner Zeitung die Geistlichte7t
in Stücke baut und alljährlich im Par
lament die Ansaaben für die Kirche
verweigert. Seefest ist er aerade nicht
. . . wenn er sich aber ie ertränkt, ge
fchiehks sicher nicht in einem Weihwas
serteisel!"
Dieser etwas slaue Witz fand nicht
den geringsten Antlanq: ftocksteis und
eisig nah-m ihn der Angekedete auf.
Nach einer Pause, worin er mit sich
selbst Rath zu halten schien wünschte
et Mit etwas unsicherer Stimme tem
jungen Ofkizier guten Abend, ainq
ohne einen Versuch, seine reizende Tän
rin noch einmal zu sehen, in die Vor
alle, ließ sich seinen Ueberrock geben
nnd suchte seinen Gasthof auf·
2.
dein-eitl- Ttesorier war sechsund
nnzåsahre alt und ein liebenswür
«- ", en . fcttkklxäcitehiärte deån etwas
Ican an, as vie
;M des Kriegsiahtes nicht an sich
M hat, aber unter den Schmierm
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Ein bunte-er
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der Baron auseinanderaefetzt, daß er
es fiir unerläßlich halte, sich den öf
fentlichen Angelegenheiten zu widmen,
urd wärs auch nur, Um die gean:ri
schen Parteien nicht autschiießtich am
Ruder zu lassen, worauf Heinrich mit
etwas übertriebener Gieichqiiitiaieii
hingeworfen hatte, wenn es dem Papa
«Spaß« mache, in der Kammer zu
tjtzen, so finde er nichts Unpassendes
dabei.
»Welch ein Giiicki Dafür maß ich
Dir ja sehr dankbar seini« hatte der
Baron gereizt erwidert. «Eine merk
würdi e Jugend! Nichts intereisirt
sic, ni ts erregt ihre Leidenschaft; diese
jungen Herren sind als Schneemiinnee .
auf die Welt gekommen. So waren «
wir nicht in unserer Jugend, und selbst ;
heute nach mit fiinfundiiinizig Jahren «
gerathe ich leichter ins Feuer ais mein
hle Sohns
Das der junge Irren-riet met-r leiern
ins Feuer gerieth. war unbestreitbar
richtig. Er führte mit feinen Alters
genossen ein höchst regelmäßigej und
ganz vernünftiges Leben, übte die
Fechttunft, doch nicht bis zur Erschö
pfung, war Radsahrer, vermied aber
jede Ueberanstrenaung. gina ins Thea
ter, wohnte den Nennen bei nnd arbei
tete soaar im Geschäft. jedes Dina zu
seiner festgesetzten Zeit, wie einMniter
lnabe. Der Vater war darüber in Ver-s
znseifluna
Eines schönen Taaes.« Pfleate er
zu sagen, «wird mein iiißer Knabe
dann Reißaus nehmen nnd all die llei
nen Streiche. auf die er von Rechts
wegen Ansprreh gehabt hätte, in einer
einzigen Riefendurnknheit einrassiren,
Capital sammt Zinsen. Dann baden
wir die Bescheeruna nnd allen Ver
drusz, der nur denkbar ist, denn fein
Lebenlana kann er doch nicht einLeUnni
bleiben, das ist rein unnröalieh. Mir
trsärttz viel lieber, er würde ietzt iibet
tie Stränge schlagen, als später. tvo’5·
nebr aus ftch hat.«
Die Mutter theilte die Anschauun
c,en des Vaters über diesen heitlen
Punkt nicht. Ihr that die Tugendhass:
tigteit des Sohnes wohl und sie lebnte
sich gegen die Prophezeiuna eines Um
schlaas aus. Der lenlfante, sanfte und
liebenswürdige Sohn. der immer um
sie war, ersetzte ihr gewissermaßen eine
Tochter.
»Das ist’s ja!« riet« der Bankier
ganz außer sich, wen sie dieses Gefühl
äußerte. »Eine Tochter, das ist's!
Noch nicht ein einziges Mal hat er den
Credit überschritten, den ich ihm on
der Casse eröffnet habe! Was siir ein
Geschlecht. mein Gatt! Kein Blut in
den Adern! Fünfziatansend Franken
würde ich hinlegen, wenn ich den Ven
csel nur auch ein halbes Jahr »lamven'·
sehen lönnte.«
Heinrich Trefcrier war-: lfo entichse
den fein Faublas doch war er ruciI
kein Joseph tir verkehrte im Kunst
terfonr der oroszen Oder und war bei
den ,,.C,iäferchen" febr aern gesehen
Ohne begelirlich zu fein. war er voll
; Eicfzmutkj und Gute, Die inneren Da
« nren sparten ihr silfzeftezs Lächeln Hir
» iisn auf; aber iiin fests, :1nageln, war
n ch kein-: r gelungen Er m r fein
« -paf-,verderber und stets ein guter Ha
were-tu auf reifen Beistand man in nl
len Niitben recknc n durfte zum Hem
und Gebieter aber, der sich die ganze
Last einer gewissen Form der Häus
lchleit aufaebiirdet hätte, gab er sich
nkcht ber. Die Verantwortlichkeit war
ibm under-um« seine Unabhängigkeit
theuer. Einmal hatte der Vater aber
dich geglaubt. »die grosze Dummheit«
erwarten zu dürfen. heinrich war in
Nizza mit der bübschesien und gefähr
lichften Halbweltdarne zusammenne
troffen, bei der Freunde ihn einnefiibrt
hatten. Er fand sichtlich Gnade rrr
den Auaen der Schönen und schien
auch selbst leichter Feuer zu fangen als
frnfi. Die ersabrene und tluae Dante
wufste sebr genau, wie nützlich ein Fes
’ milienfobn wie der ,tleine Baron«
; treiben könnte: sie wollte also einen
: hoben Einsati wagen und das kleine
Feuer zur Waberlobe anwachsen las
sen, ehe sie auch nur einen einziaen
kühlen Tropfen auf die Glutb gösse.
Vierzebn Tage lang entwickelte sich
unter blühenden Orangebiiumen ein
leidenschaftlich Liebesaetiindei. dann
erlaubte sie die Frucht reif, setzte sich in
den Schnellzug, subr nach Paris zu
riick und bedeutete ihrem Anbeter, daß
e: ihr folgen diirse. Zu ihrem nicht
ceringen Verdruss ließ er sie volle drei
Tage warten und erschien dann nicht
nur nicht feuriger und stiirmischer, als
sie ibn verlassen hatte. sondern ganz
gemiitbsrubig und heiter. wie ein be
liebiger Bekannten der feinen Besuch
macht.
Der Vater, der durch die Freunde
von dein angezettelten Abenteuer un
terrichtet worden var, hatte sich über
triefenn UUD a schwer eiiegert
bil reKtson dienen sein! Da
unten in Sonnen nnd plus-en
MUUUPUPM Away
Je
M Its-REFU
sue-, Usirbui
haben! Natürlich ist er wieder einge
froren! -
Dieser verständige Junge, der sei
nen Vater durch feinen Mangel an
Phantasie und Hang zu dummenStrei
s chen außer sich brachte, war einMuiters
sahn. Niemals verfauinte er es. bei
seiner Mutter variusprechem ehe er
; das Haus verließ, und lam er heim, so
Letzte und tiißte er sie wie ein tiei.ies
Kind. Es war ihm niemals unbequem,
trenn er sie begleiten sollte· und er ver
brachte willig an ihrer Seite sterbens
linaweiliqe Nachmittage in den
Symphoiueconcerten des Contain
riuini, die ihm ein Greuel waren, die
er aber ihr zu Liebe durchniachte, mit
tewuiiter dein Wennegluckten jene:
Leute« die sich nicht minder langweil
ten als er, doch aus Schickiichteitsge
fühl Begeifteiung heucheltm Ebenso
widerstandslos begleitete er auch oeim
schletchesten Wetter seinen Vater zu
den Treidjagden auf der Eber-return
Er konnte dieser Form des Sparta
sehr wenig Geschmack nagen-innen,
legte aber to gut wie ein anderer im
Laufe des Tages feine hundert Fusa
nen auf die Strecke und lehrte dann
mit Kopfweh und Schnur-few aber
klaglajz nach Paris zurüc. Irgend
eine Untu· nd an ihm zu entdecken,
träte ein ing der Unmöalichleit ge
treten, höchstens der Mangel daran
kannte ihm als Laster anaerechiiet wei
den. Denn man darf sich ja nicht
verhehlen, daß die Votllomrneiiheit et- ,
was Aergerliches ist und daß man in -
dieser schnöden Welt leichter durch La- .
iter als durch Tugenden gefälli.
IS Heinrich Trefarier mit dein Blip J
Zug von Tauton nach Paris zurück
uhr, war er in menscheufeindlicher !
Laune Ganz gegen seine tanstige Art ;
drückte er sich niiitriich in feine Wa
enecke und versuchte zu schlafen, mai
i
ihm aber nicht gelang nJ seinem»
Kopf wirbelten die Etinneeuugeis und
Scenen dieses stürmitchen Tages-. ÄJii
i
i
unglaublich-m Dutchetnander tauchten
vie Bilder von Flaggen starrenden, von
Stiminengeschivirr widerhallend-tm
von Neugieriaen wimmelnden Hafen
dörntne dar ihm auf, dann sal- er das
Meer mit Schiffen jeder Gestalt und
Art, den Rauch, der aus den Gefchkj en
aufstieg, er hörte das SturnIeZdrau«en
der Harralzs und Vidatrufe, sah Nuß
land und Franlreich einander jubelnd
in den Armen liegen, aber aus« all die
sen Bildern hob sich wie tine hinun:
lische Erscheinung, vom Freudenfchinis
mer des Judeltaaes verklärt. eine
schlank blonde Mädchengeftalt ad,
und eH loar iden, als ob er iein Lebtag
iverde an sie denten müssen. Dann er
fchien daneben in fchreiendem Ge en
safz das feierlich rerdrieleiche Ge tcht
des Abgeordneten das in diesem lon
netruntenen Bild einen fo störenden,
schwarzen Flecken bildete und densaus
der fo jäh gebrochen, daß Heinrich nur
noch das eine Verlangen empfand, den
Tag und die Erinnerung daran ganz
aus feinem Gedächtnis zu verwischen
Aber dennoch lief sich das verfährt
rische Bild des innan Mädchens nscht
verdrängen, und trotz des inneren Wi
derstands tonnte er sich nicht enthalten,
die an ihrer Seite verlebten Stunden
rnit all ihren Einzelheiten irntner wie
der aufs Neue zu iiderdenlen.
nJ diesem Zwiespalt von Freude
nnd Bangigkeit gelangte Heinrich nach
Paris, und als er sich wieder von der
Wirllichleii des gewohnten Daseins
umgeben fühlte, nahm er sich iefl vor,
die Gefährtin des festlichen Tages
gänzlich zu vergessen. Er verwendete
mehr Eifer aufs Geschäft als lpislzen
; gab sich den Zerstreuungen mehr yln
als sonst und t at alles, uin das ein-—
zige weibliche elen, das einen tiefen
Eindriul auf fein Herz gemacht hatte,
ans seinen Gedanken zu verbannen. I
Dabei argerle er sich jedoch über die E
Maßen, daß erilpxen Vor-tanzen nichts
s
if
tiiUEic. sfkllillcill UDUkclch ZEISS ON
hild und den Gomit-and feiner Träu
me Fräulein Gmmiei zu nennen, hieß
ja, sie aller Poesie, alles Duktes derart
den s— Frauiem Courcier. was sagt
dass derPhantasie? Fräulein Cour
iier, das tann ja eine Wafcherin, eine
Zchneiderin, eine Haushalterirh irgend
etwas qanz Alltäalicheg, Getan-stü
cbeg, Nichtssaaendeg hedeuien. Dieser
dumme Vater hat sie immer nur »mein
Kind« oder »Meine« angeredet, gerade
als ob er H absichtlich gethan tfätteL
Heinrich begann darüber zu grü
beln, wie sie wohl heißen mde Er
versuchte, den Namen zu entdecken, der
mit der sittigen, fansten Anmuth ihres
Wesens am besten im Einklang stände.
Marie? Nein; der Klana dieser bei
den Silben umfaßte ihr Wesen nicht,
Mathilde? Johanna? LuiseZ Nein,
das stimmte alles nicht. Bei abge
schmackten Und veralteten Namen wie
Euphrosine, Noemi, Uriula, hielt er
sich gar nicht auf; er brauchte etwas
Schlichtes, Ansprechendes, Zartee, ei
nen Namen, der das Ohr berührte wie
eine Blume das Auge, dem ein zarter,
tauni mertticher Duft entströmte. So
oft er diese For rschunaen betrieb tam
ihm ein weiser Fliedeezweig in den
Sinn Diese junasriiuliche, vornehme
Blüthe schien ihm ganz wunderbar an
schaulich jenes Mädchen zu vertörpern
das ihn um ersten Mal zum Träumer
und D ter emacht hatte. Er
wöhnte Ich al o an, sie in seinen
danken htinge zu nennen, und ei war
merkwürdi, wie oft er an weiß-e Sy
ringen den en mußte.
- Nach Verlauf von acht Tagen war
seine veränderte Stimmung seiner
gen Umgebung so dentlteh zmn Ve
zustseinem eins-men, das neun da und
aged-trüber machte,
M Zeit-W mit einein
te feiner seelisehen
Use-Miste Its-fun
bedeutend unterschiiht hatte. Mitg
lich, dask trenn der Vater nnd die
Freunde itin sich selbst überlassen bät
en, ein Vergessen denkbar gewesen
wäre. Ihre besorgten Fragen: »Was
ist Dir mirs« — »Bist Du tret-ist«
.Was ficht Dich anf« verliehen dage
en seiner Gemütbssassuna erhöhte
ichtigteit, bestätigten ibre Beden
tur;a, nnd so gab er den Widerstand
auf und gestand sich, daß es um ihn
geschehen sei.
Als er eines Morgens dar der Bär
ienitnnoe im Geschäft gedankenlos im
Adressbndt blätterte, fiel sein Biiel
den ungefähr aus den Na
men: »Ein-reich Julius. Abgeord
.neier des Seit-e- und Mariae-Be
zirtsz Sdontinistraße 48 lauch Wob
: minq in Vian Heftia. mit einem ne
roiiicnäisiderwillen ttappte er dass- Buck
zn· zijndete sich eine Cigarrette an nnd
- trat ins Arbeitszimmer des Prokuri
sten, um sich dem ärgerlichen Eindruck
- zi-. entziehen. Aber nachdem er geaen
riet ilyr iibee seine Operationen Be
richt erstattet hatte, nahm er eine
Troschte nnd snbr zur Spontinistraiir.
An ihrem Ansang, wo sie von der Vic
tor Huqo Adenne abzweiat, stieg er ans
nnd schlenderte langsam den Fußiteia
auf der Seite der nngeraden Hans
iJ mmern entlang. Bald hatte er sich
gegenüber Numero 48 erspäht, eine
kkße sünisiöckige Mietlzitaserne in
gnusteinem mit sieben Fenstern Ironi.
Ein Ca ,eine Bogelbandlung und ein
Schreib aterialien - Geschiist sammt
Buchhandlung befanden sich im Erd
geichob , «
SeineBlicke schweisten von unten bis
zum Dachstock iiber die Fenster bin, als
müßte er an irgend einem Anzeichen
entdecken können, hinter welchen der
Abgeordnete wohne.
»Am Ende wobnenste nach dem Hofe
himng dachte er, »denn die Rückseite
muß einen Ausblick ani Gärten
haben."
Eine aroße Iranriateit ergriff rltn
angesichts der Unmöglichkeit, auch nur
gen geringsten Ausschluß über Cours
cier und feine Techter zu erhalten« In
den kleinen Buchladen aehen und den
nbabrr Inhaber zum Schwaden brin
gen? Das war ein sehr verbrauchtes
nnd ziemlich niedrian Mittel, ganz
abnesehen davon, daß der Mann ibn
möglicherweise dem Abgeordneten ver
rathen und dadurch die Tochter in Un
eteqenheiten brinaen konnte. Sich im
afe ans Fenster setzen und abwarten?
Da konnte lange Zeit vergehen, ohne
das-; er irgend etwas erfahren würde.
end trag-z tcixntr sich dann überhaupt
criiqnen2 Taf-, er den Vater aus
gehen oder das Mädchen nach Hause
kommen säh-? Und dann? Ein Mön
,:ende.e Ergebnis-. und ein unaeheurer
Fortschritt fürwahr! Während er die
sen Erwägungen nachhina fiel ihm
plötzlich ein Zettel an der hauöttziir
auf. »Wohnuna zu vermietten" las
er. und da kam ihm der Einfall, sich
diese Wohnung doch einmal anzusehen
Er trat also in die Psörtnersstnbe,
wo eine lleine. blaise Frau von leiden
dein Aussehen an der Röhtnaschine ar
beitete. Auf seine Erklärung-. dafr er
eine Wohnung suche, stand sie sofort
aus. legte ihre Arbeit zusammen und
arisf nach verschiedenen Schlüsseln die
iilser dem Kamin hingen.
»Es sind drei Wohnunaen frei, zwei
nach dem Hos. eine nach der Straße
Der Preis beträgt, dreitausend, zwei
teusend und elfhundert Franken. Jst
es dem Herrn gefällig, sie anzusehen?«
«Geroif3.« «
Sie stiegen die Treppe Hinauf Die
Wohnung nach der Straße war im
weiten Stock gelegen nnd rasch besisks
tiat. »Der Hauswirth würde sie viel
leicht um achtzehnhundett Franlen ab
lnssen,« meinte die Frau.
»Für mich allein etwas viel Rauin,«
» war Heinrich ein.
,,Ach! Der Herr suchen die Woh
imna sür sich allein?" fragte die Pför«
nerin »Da mus-, ich nur bemerken,
da in diesem Haus streng aus Ord
nisna gehalten wird . . . der Haus
n·L-.tl) will nur ruhiae, anständige Mie
tlsser. . ·«
»Der Herr bauswirtli bat Grundk
; seite!·' bemerkte Heinrich lachend
’ ,.Wot)nt er selbst denn auch hier?«
) »O nein. Des Haus gehört einem
ehemaligen Notar, der eine Villa lei
den Einsäischen Feldern bewohnt.«
»So! Jo, aufweisen Schicktichteiiess
cesiihle wird denn dann so zarte Rück
sicht genommen?«
»Unsre sämmtlichen Mietber sind
seine Leute. mein han« versetzte die
Frau zurückhaltend
Heinrich saate sich, das-, er sie nicht
leicht zu ver-traulichen Mittheilunaen
biweqen werde, und bemerlte tut-i:
,.Set;en wir uns die Wohnunan nach
tern Hof an·«'
Diese aingen wirklich aus sehr
liibsche Gärten hinaus, und eine kleine
Wohnuna im Zwischengeschoß schien
den Beschauer besonders Zu fesseln. Er
untersuchte die Kaminr. Tapeten, Zim
nrerdeckem alles, um die Besichtiguna
in die Länge zu Ziehen und womöglich
etwas iilee die Hausbewohner zu er
sceren
»Ich wärde nämlich nur nach Hause
ismmem um zu arbeiten,« erklaete er,
«i nd da muß ich wissen, ob ich Ruhe
sindei Sind keine lärmenden Kinder,
keine Manier- nnd Gesangilehrerinnen
im hause. Wer wohnt denn oben?«
Ein Junggeselle ein stiidtixchee Le
mutet. Er seht um neun U r Mor
gens fort und komm-i unt sechs Uhr
nach keineå Schwester siihri then
isuntenp Mitte ee, aus den«
Fußboden deuten
Ein M
s
I Zin-mees. Von dort aus tonnte er das
J at na, der sich um ein Blumenbeet zog.
J nielte Rosenbliittek abstreisen und in
j ein Körbchen sammeln sehen. Ein klei
teette ihre Schuttern, die schlank-n
Heinrich wurde ein wenig roth nnd
wiederholte, um sich zu sammeln: »Ein
ilbaeordnetert Oh webt Da wird ein
ewiges Kommen und Gehen von Be
suchern sein! Und was ist's denn für
ein AbgeordneterI Sie wissen ja mit
tm Anarchisten, da muß man sich IM
schen!«
»Ach!« versetzte die Frau lächeind.
»Dieser wäre eher ein Schutz füt«3
Haus! Ei ist ein braver Heer . .. al
lerdings ein Ireisinniger · ·. Besuche
enstssangt er überhaupt nur ·in der
Kammer. aus Rücksicht aus eine Toch
ter, die er bei si nat. Sie haben ·
das ganzeEtdges ß gemiethet, eigent
lich zwei Wohnungen, weil die Be
nuigung des Gartens dazu gehört. Da
tonnen Sie gerade das cFräulein sehen,
nie sie ihre Blumen besoratf
Statt ans Fenster zu ellen. trat
Heinrich mit der qleichgiiltigsten Miene
von der Welt in den Hintergrund des
jxxnae Mädchen in dem schmalen Laub
net Kronen von perlgrauem Tuch be
Hiinde steckten in Gartendandschuden.
Isdtliöpichen war unverhüllt, die blon
den Haare im Nacken in einen schlichten
Knoten geschlunqu die anmuthiges-.
litt-risse ihrer Gestalt hoben sich licht
von dem dunklen Gebüsch ab. Dein
ricl- mußte sich Gewalt anihun, nm
den Blick von diesem bezaubernden
Bild abzuwenden und seine Stimme
llana etwas verändert, als er zu der
Psörtnerin saeItet »Eifl)nndert Fran
ten, sagen Sie, für diese vier Stäbchen
isach dem Hos? Tag sind’ ich viel!«
»Möalich, daß die Wohnunq zu tau- ·
iend abaeqeben wird. dann hat aber z
der Miether die Ausbesserunaen zu be
streiten«
r—
»Macht nichts! Sie ist gut s
Stand« « i
»Mir mai-. ich bemerten, daß Die
Mietbe siir ein halbes Jahr voraus be
zahlt werden muß das ist unsere
Oelusordnung.«
heinrich mußte beinahe lachen, daß
utan ihn mit seinen zweitausend Fran
ten Taschenneld im Monat im Ver
dacht hatte-, den Miethzins schuldig zu
bleiben!
»Das toiirde teine Schwierigkeiten
haben,« bemerkte er. »Ich werde mir’s
ist-erlegen und Sie dann meinen Ent
schluß wissen lassen . . .«
Die ptöclich sroltig und zugetnöpst
werdende Miene der Psörtnerin iaate
ihm deutlich, das; sie darin eine Aus
stucht satt und den Handel sitt miß
Mle hielt
,,Jch werde moraen toiedertommen,«
seste er beruhigend hinzu, »und möchte
bitten, daß Sie vie Wohnung aus tei
nen Fall betrieben, ehe Sie Nachricht
non mir haben. Nehmen Sie einstwei
len dies iiir Ihre Mühe!« s
ist hatte ihr ein Zehnsranlenitiiet in
die Hand entrückt abee diese unge
wöhnlicheGrofsmutli hätte um ein haae
allei- verdorben, denn die Frau wurde
niisitrauisch.
»Aber, mein Herr, das soll doch ein l
Angeld sein? . . .D» Herr wird dort
ganz getoise morgen wiederkommen t«
,,l-liime ich nicht, so hätten Sie wie
ier steie Hand. aber bis siins Uhr (
Nachmittags bitte ich mir die Wohnung .
aufzuheben.« i
Die Frau betrachtete ilin forschend.
Ossentsnr sagte sie sich im Stillen: »Du j
trittst tnir etwas :oeigtnachen, mein
Sehn . . . weis sit-List Du eigentlich ’
lner tan tot-s siir Riinte schiniedest Du?
Ast-er immerhin hast Du mit zetrn
Franten gegeben, und . .
ineich uns einen Abschiede-lind
cu die Gestalt des blonden Mädchens-.
das dranszen argloz und unbefangen
ihrer Rosen wartete, dann ging ek.
»Aus morgen also, mein herrl«
«-D«o·chst wahrscheinlichl«
Der Plan begann seste Gestalt an
ist nehmen nnd seine Eititsildungstrast
ebbajt zu hesehsstigem »
«Wc50i110 fclllc lch lilcyl clllc IVDU
nung in ihrem Hause miethen t« fragte
ei sich jetzt. ,.Jedenfalls verschafft sie
mir Geleaenlieit, sie zu sehen und mich
ihr zu niiliern -— an fie denten man
ich in ohnehin unaufhörlichl«
»Was wird man darüber denten,
daß ich in diese-n Zwischengelchasz
trenne? Wenn die Leute nierten, das-.
ich nie einen Besuch erhalten« wenn der
Pförtner nie einen Brief fiir mich in
Cmpfana nimmt, wenn ich nicht im
Hause fchlafe, fo wird man mich fiir
einen Anarchisten halten, der Dmm
mitboniben fabrieirt. fiir einen Falsch
münzer, oder Gelieimpoliziften Ader
ich werde einfach der Pförtnerin meine
Bedienung übertragen. dann tanii sie
sich ja überzeugen, daf; ich nichts Un
heinilicheg treibe! Dafür wird sie aber
einen andern Vcrdacht schöpfen . .. sie
tritd eine Liebesgefchichte wittern! Ob
ich damit nicht den auten Ruf des
blonden Kindes gefährde? Und wa
wird die Syringe denken wenn sie
meine Nachbarschaft entdenL
denn entdecken muß sie mich ja! Wie
verwundert sie fein wird! Oline
,weifel wird sie meiner Anwesenheit
falsch beurtlieilen, wird darüber er
schrecken, oder gar beleidigt fein, und
dann wäre jede Oeffnung verni tet.
Wenn sie nun aber zufällig diesen n
nöherungsderfuch nicht tweisch nah
niei Wenn fie tin Gegenthei geneigt
wäre entgegenkomde en sein? Das
wäre von allen ciittäuxchunaen die
bitterste! etNein, der Ein atl ist unsin
ins . . iidaefielit iiiiisleflllietM wer
den! Das einztsåmbezeiiu nft nisten
nicht iiielie aii das len.
Ined sar nicht uin sieMal zii hetltiniiieeii
und unsere Begegnungpju den flüchti
gen aber angenehmen erseerinneruni
gen zu wetseni«
Es freute ihn selbst, daß er ein so
vernünftiger Mensch war, und er be
trachtete die Sache als abgema» t. Da
bei fühlte er sich ruhiger nnd gl ellicher
als sonst, seßte sich heiter zu Tische und
Rigte den Eltern ein fröhliches Gesicht.
her am folgenden Tage war er Punkt
vier Uhr in der Spontinistraße und
miethete unter dem Namen Heinrich
Gervais die Wohnung im Zioiichenges
schoß zu tausend Franken. Funthnss
dert Franken wurden als Halb-abkö
mietlie doraugbezahlt
s
4.
Drei Tage daraus. an einem Mitt
woch, wo leine Kammersilzung statt
sand, verließ der Abgeordnete Cour
cieur gegen vier Uhr seine Wohnung
und begegnete im Hof einem jungen
Mann, der höchst verbindlich grüßte.
Der Bollsvertreter erwiderte den Gruß
mit ·ener erhabenen Gebärde, die er
sich iir Wählerversammlun en beige
legt hatte, und ging seines eges.
»Das war doch der junge Mensch
der in· Toulon mit uns auf das Pan
zittchiif trinkt« net ihm nachikatich
eM- »Was hat denn der hier zu s f
sen?" s
Ein gewohnheitsmäßi es Mißtranen
das ihm aus seiner Zersckäsrerzeit
nnhnftete, trieb Coureier, bei Widri
nerin einzutreten und iin Tone eines
Untersuchungsrichters zu fragen: .Wer
ist denn der ·unge Mann, der da eben
iiber den Hof ging?«
»Ach, das ist der Gemüt Er ist
liikzlich eingezogen-«
»Was ist dreier Gervais?«
»Ein junger Advotat. Er hat eben
erst das Exgnien gemacht und muß,
irie er sagt, der Anwaltsordnung ge
mäß, eine eigene Wohnung haben, ob
wohl er bei seinen Eltern ißt nnd
schläft. Allem nach ein anständiger
junger Herr . . . ich bediene ihn . . . .«
· Jourd welche Wohnung bat er denn
inne-"
»Das Zwischengeschosz, gerade über
Ihnen«
»So so . . .dante . ..«
Courcier schnitt heimlich ein Gesicht
und brummte. während et aus die
Straße hinttat, in sich hinein: »Wer
weiß· ab da die Polizei nicht einen
Spürhund aus mich geheyt hat? Sehen
wir uns dor!«
Als er Abends nach Hause gekom
men war, ging er in den Garten hin
aus, und da es schon dunkel war,
tinnte er die Sen er des Zwischenges
schosses mit u e beobachten. Es
brannte tein Licht dahinter; heinrich
war schon seit einer Stunde fortge
gangen
Da er gern gewußt hätte, ob seiner
Tochter irgend etwasllnheimliches aus
gesallen sei, sragte er: «Wußtest Du
eigentlich, daß die Wohnung über uns
vermiethet wurde?«
»Nein,« erwiderte sie unbesangen,
»aewußt habe ich’s nicht. aber ich hätte
n·ir’s eigentlich denken können, denn
vor drei Tagen war ein großes Gepols
ter —- es wurden Möbel hinausge
schasst. Auster diesem Geriiu chscheint
der neue Miether sehr lautlos zu sein«
man hört rein aar nichts von ihm.«
»Und wei t Du denn, wer er ist?
Der junae mich, mit dem wir bei
den russischen Festen in Toulon zeti
sammen waren.«
Die Tochter legte eine so ausgespro
chene Verbliissun an den Tag, daß
der Vater unwiFkiirlich hinzusetztet
»Nicht wahr, dieses abermalige Zu
sammentressen ist seltsam?'«
Sie nahen sich Zeit, die Frage zu
i:berleaen, und versetzte dann mit ein-r
ers-wissen Bescir niß: »Allerdings, sehr
seltsam . . . ennst Du denn diesen
Heirn?«
»Nicht die Spur! Wie die Psörtne
rin behauptet, ist er Rechtsanwalt und
kei t Werde-U Jch werde aber bald
wi» en, wie ich mit ihm dran bin . . .
ein Wort an den Polizeipräsidenten
« . «.Du wirst doch dem armen sunnen
» Mann keine Ungelegenheiten bereiten.
Du weißt, wie ungeschickt, wie ists-el
bast die Polizei sein kann. . .«
«Allerdtnas, das tenne ich aus Er
" sabrungz die edle Behörde und ich. wie
haben uns ia öster in den haaren ge
lrgent Aber seht ist meine Stellung
eine andere, setzt müssen sie nach mei
ner Pseise tanzen. Ich werde Jung
einsach bitten, das; man diesen Gervaiz
unmerllich beobachte. . .«
sFortsetzung solgt.)
Die PetroleumProduttion der gan
I zen Welt beträgt jährlich 5,()00,000,
’ tle Gallonen Davon werden 2,500.
I»00,000 Gnllonen in den Ver. Staa
ten, 2,25(),000,»t.l) Gallonen in Nuß
land gewonnen; der Rest vertheilt sich
auf Oefterreich mit 87 Millionen, Su
matra 72 Millionen, Java 30 Millio
nen, Canada 20 Millionen, Rumänien
24 Millionen, Indien 15 Millionen,
Japan 8 Millionen, Deutschland s
Millionen. Pera 8 Millionen und ta
lien etwa 1 Million Gallonen. « as
amerikanische Prodult liefert zu drei
Vierteln Leuchtöl, während lich von
einer gleichen Quantität ruisifchen
Rohiils nur drei Achtel als Leuchtöl
verwenden lassen.
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