späten glück. Recht jenen holden Trieben. Davon die Dichter sinnen. Nicht Ienem heißen Lieben -- Soll heut mein Lied erklingen; Mir ward solch selig Glüixiy So heißes Sehnen nicht, Nur stises Spätherbstblühen Und goldnes Abendlicht. Zwei hörst-, die bezwungen Der schweres Arbeit Last, Und seiten sich verschlungen Jm Schoß zu kurzer Rast, itin Herz, ni i stürmisch schlagend, Doch nmnnha t, treu und wahr, Die boten sich mir zagend Zum Bund fürs Leben dar. Und freudiek ohne Säumen - Jus-P ich die starke Hand, Mem-b mein tböricht Träumen lan lnüvste fest das Band-— In aus des Dankes Triebe, Reh-et wie ein Blätensloy Die it«t’te, reine Liebe Jn: Herzen mir empor. Ihm fibe ich mich eborgen In isetter, tremr ut Dr u ,t sich's ohne Sorgen, Ia ruht Helft still und gut. Ich halte seit die Hände Daiz Derse, treu und schlicht, Un: le sse, bis ans Ende Von meiner Lixoe nicht. E.Kles-in. soetoe nkz qttfrewier Menschen freund. Zur Wiederkehr seines Geburtstag-L VonA-vonWinterseld. «Edel sei der Mensch, hülfreich und aut.« Dieses Gebot hat der qrosie Dichter nicht nur gegeben, er hat es auch selbst befolgt nnd ihm nachgelebt, und zwar nach dein Grundsay: Laß Deine Rechte nicht wissen, was Deine Linie thut, sodaß wir nur zufällig und gelegentlich von seinem menschen freundlichen Wirken Kenntniß erhal ten« das ihn uns menschlich näher bringt So erzählt die Malerin Linse Seid let In ihren ansiehenoen Erinnerun nen mehrfache Beispiele von Goethes Menschenfreundlichkeit, die sie auch an sich selbst in nicht geringem Maße er sahren sollte. Einer jenenser Familie anaehörig und deni Dichter von Jn gend aus betannt, hatte sich sich seines Wohlwisens vielfach zu erfreuen. Als sie sich in Dresden zur Malerin aus-; bildete und sich dort iq einer trinesiveas angenehmen Lage be and, war esGoe the, der während seineHAiisenihales i:.· Dresden im Jahre 1810 sich itfret in jeder Weise annahm ihr Lebensmutki und Lebensfreundlichleit zurück-roh nnd ihre künstlerische und gesellschaftlichel Stelluna erhohte und befestigte. Sie selbst schreibt darüber in einein Briefe: »Sie wissen nich nicht« tvie nahe ich in Dresden mit Goethe vetannt qeirsordenz bin, wie er sich meiner annahm, wie er sich rnir durch seine Güte, durch seine väterliche Sorgfalt iind Fürsorge noch iäalieh roerther machte, wie ich ihn erst kenne. liebe nnd verehre. -—- Man h.:t mir ost sehr ivehe gethan, tein Tag ver ging, ivo man mich nicht durch Werte oder Mienen zu kränken suchte. Goethe erschien mir da als ein rechter Sirnitz enael und Rächer; er übersah mit einem Blick meine Laae. Er irar mir ein vä terlicher. aiismerksamer,aiitigerFi-eiind, der mich bei meinen Arbeiten unendlich aufmunierte, mich dreimal selbst be suchte, mich überall mit hinnahin, micti tn allem auszeichnen und sich um die anderen kaum kiinimerte. Tenen, met che mein Unternehmen, die heilige Cä eilie von Carlo Dclre iu malen, mit vielem Achseliucken bekrittelt l)aiten,l stopfte er den Mund, indem er meine Arbeit lebte. ; Für den nächsten Winter hatte Goethe seine junge Freundin nach Weimar inl sein Haue eingeladen, um sein Bild zu’ malen. Während der täglichen Sitzun— ! aen durfte sie ihm von Dresden and ih- j ren dortiaen Freunden und Betannten erzählen. Dabei gelang es ihr, seine. Theilnahme siir eine unglückliche Fran« zu gewinnen, deren Mann. ein Kauf-« mann. Bankerokt gemacht hatte und» mit dein Rest des Vermögens seinerj Frau nach Amerika entwiehen war, so dah sie nun mit ihren zivei tleinen Kindern allein und mittellog in der Weit dastand. Doch ioar sie vell Eiter gie und The-Mast Fäusundeioanzig qeliehene Thaler verwendete sie zum Antan von Materialen zu Stiekereien, deren Muster sie mit titnstlerischem Oe sehick und Geschmack selbst zeichnete M mußte die arme Frau ihre Kräfte sast übermenschlich anstrengen. Da sie keine Wärterin iiir ihre Kinder halten konnte. muhte sie diese selbst hesor en und beständig beaufsichtigen Das e ne tue an ihrem Arbeits-stahl iestgehuns den« während das andere aus dem Bo den spielte. Dabei verkürzie sich die Mutter den Schlaf. urn bei Nacht die nothwendixn Entstehen Geschäfte,das Leichen, tsu nreinigen u. s. w. zu bete-rauh , Ill- Luise r Goethe von dieser Dulderin er hlte, wurde sein großes heez zum los-nisten Mitleid bewegt, und unveraiialich sann er aus mitthei kige hülir. Er trug Luise aus, die un Etliche rau zu veranlassen, ihr eine Utah l i er Ciickeeeien nach Weimar Witaltete Ioethe in seinem sank ein-Manna tltr die erstesesellche der Residenz. Die Stickereien mit da ran aebetteten Preisen waren ausge leat. Er erzählte die traurige Gefschichte der Frau und bat die telnroe enden, größtentheils Damen, sich an einem gu ten Werte zu betbeiliqetn indem sie von den ausgelegten Sachen sanftem Wer hätte einem Goethe etwas ab chlagen mögen! Der Erlös war d r sehr reichlich, Goethe hatte siir flinsnnd nennztg Thaler und vier Silbergru schen Stickereien verkauft, während er sitt den Rest der Arbeiten billigere Preise zu stellen bat, um sie auch noch absetzen zu können. llnter das von fremder Hand ent worfene Verzeichnis; hctte Goethe noch selbst geschrieben: »Dann Vornehm dei erfahren Sie, liebste Luise, wie es mit den Dresderser Waaren aeaanaen. Wenn Sie denlen, so könnte man der armen Frau einstweilen dar- eins-ersan aene Geld in Dresden anweisen. Wie beißt die Dame nnd wo wobnt sie? Moaen Sie Beilieaendes tes war ei ne der von ian anaetatritenStielereien) alg einen kleinen Weihnachten vom Freunde freundlich annehmen nnd ihn-. bis zu einem stoben Wiederseben Ihre holden Gesinnun en bewahren. Weimar, den Es. Dezember 1810. G « Nachdem die Preise der unverlaust gebliebenen Stietereien etmäszigt tork den waren. bat Goethe sie auch nocb un terzubringen verstanden Noch über ein anderes Beispiel Von Goethes .f)iilsäbereitlchaft, das uns ei nen tiefenBliet in sein menschenfreund liches Herr thun läßt« brrichtet Luise Seidlec Sie haiie ihm die bebeiingte Lage, in die der Maler Kerltinq in Dresden, ein ebenso vortrefflicher Kunstler wie Mensch. ohne eigenes Verschulden ge rathen war, in einem Briese geschildert, in welchem sie zuqleich auch ihre Be wunderuna über Fouques ,.llndine" sehr lebhaften Ausdruck aeqeben. Daraus waren aus Goethes Wunsch einige Bilder Instian nach Weimar zur Ansicht gesandt worden« hatten aber teine Abnehmer gesundem mit Ausnahme der »Stickerin," zu der Qui le selbst gesessen hatte, und welchesBild, aus Gall-« Vertvenduna, der Groß, zherzoq Karl August sür sich erwarb· « Doch daran lies-, sich der Hilfsbetri te Dichter nicht genügen, er ersann, um ten bedrängten Malen erfolqrrieher un terstützen zu können, den Plan zu einer Lotterie seiner Gewölbe, worüber er sich in einem scherzhaften Briese ai: Luise folgendermaßen ausspricht: »Sie erhalten hierbei, meine liebe u. artige Freundin, Jhr Siibscriptioris Verzeichnis-, zurück. Die von den Käu sern verlanqten oder ihnen zufällig zu aetheilten Loose sinden Sie an dcr Seite nach den Nummern notiri. Auch solarn die Billette, und damit ja teiu Irrthum entstehe-. so sind die Namen aus der Rückseite bemerkt. Es sind ib. rer 44. Kassiren Sie das Geld ein. tag Loog zu It Rodfstjjck Wir haben 114 bestimmt. Das wäre nixii alle-.- recht aiii unk sct«on, wenn irti nickt r.t;ndete. dass, iis diese Lotse, die ich Ahnen schicke, der Gen-sinnst schon hinein aeiaiiberi sei. Dies will ich aber nicht laut sageii.» scnst digcrediiire ich die übrian iin«’ii ivir sinden leine tzltinet inei. Lsiaentlielii ist niir diese Verinuihuiia daher getoin nien. ireil man inir nicht qeiiiia ersah l n kann. ioas die Undineii und Meer fraiitein . i Jena siir Epuet treiben. si Knebel spricht entziickt von den tausend und aberiauiesid Wellen aus welchen jene tdan«e'-t·:-ec -«eiite iikeii iinMond schein hernniaaxileln und bis an seinen (ii-..rten,iaiiii nliiischein uiia schwatzen Sie sollen sont inmi, alt und iiina irr siihren iznd das ireiiloieste Geschlecht in der jsianbertselt sein. Leiter ioerde ich sie in ihrer Glorie nicht mehr sehen, aber nsenn sie sieh in ihre Grenzen zuriiaaezoaen haben, sind sie nur desto aesiihiliiti-r, nnd vor den: bekannten Geseiia: »Im meinem Schlösrchen ists aar sein, Korn-n Ritter. tornni »in mir herein!« » lAnipieluna aus dieAnitsioohniinq von Luiseng Eltern irn Schlosse in Jenas wissen sich wenige in Acht en nehmen. Dein sei nun, wie ihm wolle, so tann ich die User der Saale nicht ganz ver meiden. Bis ich Sie daselbst wieder sehe, leben Sie recht wohl! Gedenten Sie mein und ariißen Sie Minchen sherzlieb). Jch habe immer geglaubt, dieses Geistchen gehöre einem treueren Element an. Doch soll man sich über haupt hüten, rnit der ganzen Sipp schaft zu scherzen. Noch-mais das ehönste Lebewohlt Weimar, den 24. Februar 1813. » G o e t he. i An Deinoiselle s Luise Undine Seidler Jena« ! Luise hielt den Ersola einer Sache, idie Goethe in die band genommen« isiir so vollständig gesichert, daß sie an die Schwierigteit, so viele Loose unter izubringem nicht dachte, und in ihrer z reude an Kersting schrieb und ihni ; ein Oliick verkündete. Nun sand es ) sich aber-, daß das Unternehmen schwie sriger war, alt sie anfangs geglaubt, ja beinahe ans gescheitert wäre Menschen sier hatte Goethe Lut sens seeiligteit ersahreir. Aber weit entfernt, der Betitmnierten ii grol !len, tröstete er sie durch die olgenden tiebensioitrdi n Zeitlem »Man so den Tag nicht vor dem Jst-end loben, heist die alte Lehre. iind Sie beiden sich diesmal, meine Hint Ændih durch cgut-I thise Its-kehren sen sei cru. l Icetsttna eine Sache als fertig anzu Hei en, die erst noch im Werden be grizfemist Jndeß will der Himmel, . a hubsche Kinder manchmal einen ,Fehler begeben, damit sie einsehen, wie trerth man gute Freunde halten soll-welche sich alsdann zum Beistand «bereit finde-n lassen. Senden Sie mir vor allen Dingen das Verzeichniß zu ruckx ioir ivollen sehen, daß wir die Sack-te wieder auf ihre Füße stellen. HES ist aut, daß ich noch biet bin; sonst wäre sie vielleicht unwiderbrinas lich verloren gewesen. Leben Sie recht Ivoblt Weimar, den 2. März 1813 , Golf Unter Goetteg Leituna tam die Lotterie denn auch noch zu Stande-. Der Zufall wollte es, daß Luisens Vater eines der besten Bilder, den soqenannten ,,eleaanten Leier«, einem beim Licht einer araantsctien Lampe studirenden jungen Mann, qewann Schleuniqst theilte Goethe Luise den Glückssall durch folgendes Billet mit: Wenn das Gerücht Ihnen, meine schöne und artige Freundin, nicht-schritt hinter-bracht hat, daß sich der ,,elegante Leser« nach Jena, und zwar in Ihr Haus sehnte, so ersahren Sie es hier durch. Möge mit diesem hübschen Lampenschein noch vieles andere Gu te und Veraniigliche bei Ihnen ein« tebren.« So konnte denn dem Maler Ker fting eine sehr erhebliche Summe durch Goethe’5 lrästiges Eingreifen über wiesen werden. « Diese Beispiele von vielen werden genügen, um darznthum daß der so oft als unnahbar, lalt und abwehrend geschilderte große Dichter, wenn es galt, einem bedrängten Mitmenschen in einer Notb beizustehen, es sich nicht verdrießen ließ, sich mit den kleinsten Detail-z von Geschäften aufs Ein gehendste zu befassen, die sonst seinem hohen Geiste sehr fern lagen. Mit vol lem Recht gebührt daher Goethe auch der Name eines warmen, bülfreichen Menschenfreundes. Untersuqu — l Von A. S i ie r. s Es regnete bereits seit drei Tagen ununterbrochen. Zu schmutzig-grauem ’Mafsen geballt stiegen die Dünste aus »den Bergen auf und zogen in dichtenj Schwaden iiber die dem Gebirge vorgess lagerte Ebene hin, schwer aufliegend,. fast mit den Händen zu greifen. Der herbstlich gefärbte Buchenwald, der eine die Ebene durchauerende Hügel-( tette bedeckte, igar in einen eintönkg grauen Schleier gehüllt. Am Wald-J rande führte von dem nöchstgelegenems liwei Stunden entfernten Landstiidtsll chen ein Fahrweg herauf. Die fußtie-; sen Geleise standen Voll Wasser; nurj der schmale Grasrain, der den Stra ßengraben abgrenzte, bot dem Pfui-l noch einen einigermaßen festen Unter grund. tfs diintelte bereite; von Osten her legte sich allmälig die ftoriiinfterzs lalte Herbstnacht iiber den Regentaa. ( Auf der grundlofen durchweichtenl Straße schritt Jemand einber; eine ie-1 ner Gestalten, denen man nicht aernt an einsamen Orten begegnet. Ein echter ziinitiger Landstreicher Suan pig und rupuiq der graue Vollbartx ier ( lumpt der Rock: die nackten Führt schleppten statt des Schubtverks eincl triefende Kothmasse mit. Die Krämrsek des schädigen Filzhuteg war abwärts-'s qebogen, so baß das Rege:1wasser unge hinderten Absluß fand und in schmutzi gen Rinnsalen iiber Hals und Nacken herabrieselte. Ader der Mann schien tvetterfest tu sein. Der blöde Gesicht-J ausdruch die roth umränderten trüben Augen verriethen wenigstens kein Unbes hogen. Jm Gegentheil; er dlirtte mit einer qewissen Spannung rechts uno links, als ob er an der verregneten Landschast ein ganz besonderes Jntes resse nähme. Jetzt trat der Wald zur rechten Seite der Landstrecke etwas zurück und lies; Raum iiir eine Huse Ackerland Dieses schien fleißig und ordentlich bewirth schastet in sein. Einige Acker Kartos s l sein und Futterriiben harrten noch der Ernte; aber man sah seine Distel, tei » nen We erich zwischen den schnurgera . den Rei en. Daneben steckte schon dic; Wintersaat ihre frischen Spitzen aust der Erde, so sauber und gleichmäßin daß das Feld unter dem Regenschleierz dalag, wie ein mattgriiner sammtener Teppich. ; Der Landstreicher musterte den Plan »mit stupidern Lächeln. l »Was doch nich allens jemacht wird! z— das sieht anners aus, als vor zwan lzig Jahren. Es is ja freilich teen schlechtes Land nich, das bab’ ich schonsil Himmer jesagt. Aber Arbeet kostet’s -——i ;Arbeet!« i Er ging langsam vorüber. ) »Nu -— es is eben nich en Jeder zur »Am-et jeboren. Ich wäre scheen dumm jewesen, in dem Hungerloch hier oben mich todtzuschinderk Das können Annere besorjen.« s Mit einer plump - bukschirpskn Ge berde schwang er den triesenden Hut. »Ein freies Leben führen wir, Ein Leben voller Wonne -—« so groblte er heiser über die Landstraße m. . »Die Leite miissen sich jetzt scheinbar recht tommode fühlen in dem ollen hungerloch,« meinte er dann bedächtig. »Wie das bischen Land so bibsch da-l «ltegt —- da drufs kann Eener in jeden» Augenblick en pur Oberanrti Thaler je ,borgt kriegen. Nu, se sollen ooch can't llch was raatrückem davor will W Wes-Ist s niem« · . Sein bärtiges Gesicht verzog sich zu einem toboldartiqen Grinsen. »Wetden die eene Freide haben, wenn Badder zu Besuch tonnntl Gn zwan sig Jahr nich jesc«l)n! Werden die eene i teide nahm« Die Landstraße machte eine scharfe Biegung. Hinter der nächsten Wald ecke sal) man ein rothes Ziegeldach durch den Regenabend schimmern. Dort am Kreuzwege, wo zwei Landstraßen sich schneiden, stand ein einsames Ge bösi. lsin zweisiöckiaes Wol)nhauz, äußerlich sauber hergerichtet, weißge tiincht, mit ariinen Fensterliiden; an der Giebelseite ein Weinstock, der sich an dem schlanlen Lattenqeriist fast bis zum Dachfirst emporaeranlt hatte; iiber der Tbiire ein bisnte5, frisch-ie malteg Wirtbbaus : Schild. Hinter kein Hause befanden sich eine Scheune und ein geräumiges Stall-Gebäude ans rothen Hskieaelsteinem anscheinend vor wenigen Jahren erst neu erbaut. Das Ganze war ein Bild behaglichen Wohl standes-» um so anheinielnder im kalt-en Grau des Herbstreaens. Der alte Landstreicher blieb über rascht sieben. ,,Dunner ja! Das sieht ja or’ntlich niedlich ausl Wie ftolz sich das olle ver fallene Kaff rausieputzt hat. Das is nich, wie bei arme Leute. Hör’, oller Bruder, das wär nich übel, wenn Du ich hier rinlejen, un im Kreise Deiner ieben Deinen friedlichen Lebensabend verbringen thiiiest.« Wieder flog das loboldartiae Grin sen iiber sein Gesicht. »Werden die eene Freide haben!« Mit beschleunigtem Schritt ging er auf das Gsehöst zu. Erst mußte er am Gartenzaune entlang gehen, ehe er da Wohnhaus erreichte. Da das Anwescn von jedem der nächstaeleaenen Orte über eine Stunde Weaeø entfernt laa, hatte man von jeher den hintersten Theil deH Gartens, der sich noch in den angren senden Buchenwald hinein erstreckte, als Friedhof benutzt. Dort stand eine Reihe halbverfallener Grabsteine. Der alte Landstreicher schien darum zu wissen. »Könnte eiientlich erst ’mal nachse: hen, ob wat Neies pafsirt is.« Damit boa er tut-i entschlossen ei niae loclere Latten des Gartenzauneå auseinander und kroch hindurch. Ja, es stand auch ein neuer Grad stein dort. Der alte Landstreicher trat hinzu und las mit halblauter Stimm: die AufschriftJ »Hier ruht in Gott unsere liebe Mutter und Großmutter lklisabeth Kohl, act-. Nitter«, darunter das Datum der Geburt und deg Tode-T »So - -- da iS se also nu todt, d:e Lisbethk lln schonst seit drei Jahren. Se war fünf Jahre jiinaer alg ich. Ja, sterben müssen wir eben alle initnandesx. —»— Un Iroßmutter iS se noch noch je tvorden. Demnach wird die Marianne tooll seheirathet haben. Nu, kennen muß se mich doch noch. Se war ja schon-it en Jahrer zwölfe, als ich dazu mal heimlich Adje saate.« Stumpfjinnia betrachtete er den Grabstein von alten Seiten. Auf oc: Rüdfläche stand noch ein Bibelsoritm. Psalm 12t-i,5: »Die mit Thränen Faen, werden mit Freuden ernten« »Hm! Das is en bischen aniuglirt:, dag mit den Tbriinen. Das haben se woll uff mir zujesvitzt Aber es 25 richtig. Se war zeitlebens eene rich tige Heulliese; wer weeß, obs nich janxi annerz gekommen ware, wenn se mirs nich alle Tage von früh bis spät bel Ohren bolljeheult hätte« i Er kroch auö dem Garten wiederj hinaus auf die Landstraße Jsm Hause hatte man mittler-weile Licht angezün-i det. EH schimmerte hell und einladendl durch die Fenster des- Erdgeschosse-3.l Der Landstreicher trat ein und öffnetel die Thüre zur Wirthsstube Eine be hagliche Wärme ftrömte ihm entge gen. Jm Ofen brannte ein tnifterndeg· Holzfeuer und daneben im Lehnstuhlcs saß eine sauber gekleidete Frau beim] Spinnrad, etwa sechzig Jahre alt und von behaglicher Körperfülle. Aus der halbgeösfneten Thüre deg NebenzimJ merg klangen muntere KinderfiimmenJ «(-Iiu’en Abend, Mutterchen,« grüßte der Strolch mit iovialem Schwenken des Hutes. Die Frau im Lehnstuhle sah ver« drieszlich auf und schien über den Be such nicht gerade sehr erfreut zu sein. Aber sie erwiderte den Graf-» »Na, Mutterchen, wie iviir’g mit en Schoppen Braunbier Un en feinet Nachtquartier drüben im Fliiiel des Schlosses-W Er zeigte mit dein Daumen rück wärts nach dem hinter dem Hause gele genen Stallgebäude. »Ersi zahlen.««· »Bitte jefiilligst um die Rechnung, Mutterchen.« — »Macht sechzehn cUfennige.« Der Landstreicher suchte in der Rock tasche die einzelnen erbettelten Pfen nige zusammen. »So. Mutterchen, nu aber flotte Be dienung.« ’ Damit ließ er sich auf die neben der Thüre stehende Bank nieder, stemnue die Arme auf den Tisch und streckte die Beine weit von sich. Die behäbige grau erhob sich griesgrämig aus ihrem ehnstuhl, strich die Pfennige ein und beachte das Bier. Der alte Landstrei « cher that einen tiefen Trunk. Danach lehnte er sich wieder behaglich zurück und ließ seine Blicke forschend durch dies Stube gleiten. s Gegenüber an der Wand, wo das mit schwarzer Wachsleinwand überzogenc Sopba stand, hing unterhalb des Spie gelö eine alte, halbverblaßte Photogra phie. Sie igte einen hübschen, voll mngiaen »nn von mittleren Jahresi, seit qutgepslegkem Schauer-hatt und lottem, vielleicht leichtfertigem Ge cchtgausdtuck Der Strolch nickte mit listigem Un genzwinkern zu dem Bilde hinüber, als sollte er einen alten Bekannten begrü en. »Js woll een Bild vom Herrn Je mahl aus früheren Jahren?« fragte er die Frau tm Lekxcstuhb »Nein « kam es kurz als Antwort zurück »Es is aber doch der olle Ferdinand Kohl, wie er leibt und lebt.« »Ja,« klang es ebenso kurz gebunden. »Na —--— wer sin Sie denn da eijent lich, Mutterchen?« ,,Geht’g Euch was an?« Der Landstreicher grinste. ,,J nee, Mutterchen, ich fragte blos sei-« Das Gespräch war damit in’s Sto cken gekommen. Aber das schien der behäbigen Frau im Lehnstuhl noch we niger zu behagen. So unwirsch sie sich anfangs gezeigt hatte —— ein kleines Schwätzchen wäre ihr doch nicht unneb gewesen. Bei dem schlechten Herbst wettet gab es wenig Verkehr auf der Landstraße und in der Wirthschaft, und wenn man den ganzen Tag über so ein sam dagesessen hat, dann thut es wohl. Jendlich einmal ein halbes Stündchen sfrei von der Leber weg reden zu kön nen. Und wäre es auch nur mit einem zerlumpten Landstreicher. Este nahm also das Gespräch wieder au . - »Ihr habt wohl den Ferdinand Kohl «ekannt?« fragte sie, mit mißtrauischeni licke den alten Strolch musternd. · Der grinste wieder. »Sollt’s wohl meinen!'« »Ja, ich kann es mir schon denken. Mit Eurem Gelichter, mit Lumpen und Saufbriidern hat er stets gute Kante-» radschafi gehalten, wie man so hört. Ich habe ihn, Gott sei Dank, selbst nicht gekannt. So ein gottvergefsener Liiderjahn ist ja ein Schandfleck für die ganze Familie. Dort das Bild über dem Sopha ist mir Von jeher ein Dorn im Auge gewesen. Aber die Lisbeth—— Gott hab« sie seelig! —— die Lisbeth, die er so elend und schändlich verlassen hat, hat trotzdem immer noch die hände darüber gehalten; und die Marianne, wag meine Schwiegertochter ist, denkt natürlich, Es dürfte es auch nicht ern-l der-S machen. »So! Die Marianne wiirde wollt demnach eine rechte Freide haben, wenn Vadder emol unversehens wieder zurückkärne?« »Da sei Gott vorl« verwahrte sich entsetzt die Frau. »Nein, der ist längst verdorben und gestorben, wie er es auch nicht besser verdient hat. Erst Haus und Hof verfallen lassen, die ganze Wirthschaft auf den Ruin gebracht und dann, alg die Schlinge um den Hals saß, mit den letzten Sparvfennigen, die ssich die arme Frau für den äußersten Rothsall bei Seite gebracht hatte, bei Nacht und Nebel durchgebrannt — eine solche Schändlichkeit ist ja noch gar nicht dagewesen! Es sind ietzt zwanzig Jahre her. Seitdem hat Nie mand wieder ein Sterbenswort von dem Lumpen gehört. Und dabei bleibt ex- auch hoffentlich« « »Es ist aber nicht hibsch, Mutter chen oder Schwiegermutterchen will ich lieber sagen von Eenem aus der Familie so schändlich zu reden,« be mertte der Strolch, sichtlich belustigt l »Je nun, mir ist eH selber nicht gut genug gewesen, als mein Sohn, der Roderich, partout die Marianne eheli chen wollte. Er hätte noch einen ganz anderen Anhang trieqen können. Denn das muß, Gott sei Dant, gesagt sei:1: in unserer Familie mein Mann war königlich preußischer Steueri-Control leur - sind lauter hiibsche Leute. Heute ist der Roderich mit seiner Marianne nach austviirts gefahren zur Hochzeit meiner Schwestertochter; die beirathet auch wieder einen Beamten, einen herr: schastlichen Förstet Und meine andere Schwestertochter bat einen Schullehrer zum Mann. oea! die Marianne tanrt dem lieben Gott aus den Knieen danken, daß sie noch in eine so honette Ver » wandtschaft hineingeheirathet hat." »Freilirh,« stimmte der alte Land streicher schmunzelnd bei. »Das mus; eene jroße Freide un Ehre sin vor so ’ne verlumvte Banlerottisergtochter.« Das ging der redseligen Schwieger mutter nun doch gegen den Strich. Sie suhr gereizt aus. »Aber höre er ’inal, er altes Läster inaul! So despeltirlich las; ich mir von der Marianne auch nicht reden. Gegen die Marianm selbst ist gar nichts zu sagen und aeaen ihre Mutter, die Lisbetir erst recht nicht. Es ist aller Ehren werth, wie die Beiden das ver wahrloste Anwesen wieder in die Höhe gebracht haben! Sie haben sich die Finger blutig gearbeitet, aber eS ist ac gliickt. Besser, als wenn der alte Lit derjahn noch zu Hause aewesen wäre und jeden mühsam erworbenen Gro schen durch die Gurgel gejaat hätte-« Während der letzten Worte erschien unter der Thüre eine stämmige Magd, um einen Wink zu geben. Es war Fiitterzeit. Die Frau im Lsehnstuhle erhob sich, stellte das Spinnrad bei Seite und schloß vorsichtig erst das auf dem Schänttisch stehende Geldtörbchen weg, ehe sie das Zimmer verließ. Der alte Landstreicher konnte noch hören, wie sie den Kindern. deren helle Stim men von Zeit zu Zeit durch die halb ossene Thüre der Nebenstube hörbar gewesen warn, den Austrag gab, sich während ihrer Abwesenheit in die Gast stube zu sehen und aus den Stro wohl Acht zu geben, damit er sich nia,t etwa an den aus dein Schänttisch aus gestellten Liaueurslaschen vergreifen möchte-. Aber das trink-te ihn weiter ni ; er war ex sa nicht anders e wo nt. Vielmehr zuckte über se ne verwitterten Züge ein schadensrohes Lachen. »Ja, ja, Schwiegermutter, laß’ nur die Marianne erst heimkommen! Ich will Dir Deine honette Verwandtschaft schonst noch aufs Butterbrod schmie ren.« — Aus dem Nebenzimmer waren zwei blondhaarige Kinder eingetreten, denen man aus den ersten Blick ansah, daß sie Geschwister waren. Das ältere, ein Mädchen von etwa acht Jahren, trug am Arme einen kleinen Korb mit Ini mergriin gefüllt, darunter einigeSpät linge aus dem Blumengarten, Reseda und Astern, und siihrte an der anderen Hand einen kleinen Knaben, der viel leicht drei oder vier Jahre jünger war. Schüchtern, ohne ein Wort zu reden, nahmen die Kinder an dem Tisch vor dem Sopha Platz. Das Mädchen schüt tete den Inhalt des Korbes aus den Tisch und schickte sich an, aus dem vor ihm liegenden Blätter- und Blumenge wirre einen klein-en Kranz zu winden. Der alte Landstreicher musterte das Pärchen mit sichtlichem Interesse. Fast sah es aus, als ob in seinen blöden Augen ein weicher Glanz aufleuchten wollt-e, als er dem Blicke des kleinen Knaben begegnete, der in harmloser kindlicher Neugier unverwandt zu ihm herübersah. Auch das frische, hell äugige Büblein schien Plötzlich ein un bewußtes Zutrauen zu dem zerlump ten Strolche zu fass-en. Ohne daß es von der in ihre Arbeit vertiestenSchwe ster bemerkt wurde, war es von seinem Stuhle herabgeklettert und reichte dem fremden Mann einen kleinen Reseda Stenael hin. »Da, Mann.« Die Schwester fuhr mit dem Kopfe herum. »Willst Du wohl! —- Wenn das die Großmutter sieht!« »Nu — ich werd’ ihn ja woll nich gleich fressen,« knurrte der Strolch. »Wie heeßt Dich denn, Kleener?« ««’5erdinand —- gerade wie Groß vater.« — Das Mädchen war gleichfalls vom Stuhle aufgesprungen und zog den klei netä Knaben wieder an ihren Tisch zu ru . . ,,Ob Du gleich fortgehst von dem bö sen, garstigen Mann!« Die beiden Kinder setzten sich wieder zusammen und vertieften sich in ihre frühere Beschäftigung Der kleine Ferdinand reichte seinem Schwesterchen die Blum-en zu Und achtete nicht weiter auf den bösen garstigen Mann, der in finsterem Brüten dasaß und keinen Blick von den Kindern verwandte. Endlich war der Kranz fertig. Das Mädchen stand auf und befestigte ihn auf dem alten Bilde, das über dem Sopha hing. »Du hast wohl den Kta für den guten Großvater gemacht?« ragte der lleine Ferdinand »Ja freilich! Mutter hat es mir noch ausgetragen, als sie heute früh wegsuhr. Morgen ist Großvater’3 Ge burtstag. Da muß ich alle Jahre einen Kranz um sein Bild machen.« Der tleine Ferdinand sandte wieder einen scheuen Blick nach dem Strolch hinüber. »Nicht wahr, der Großvater ist kein böser, qarstiger Mann?« »Nein, der Großvater ist ein sehr guter Mann. Die Mutter sagt: Großvater wohnt oben im Himmel beim lieben Gott, wo lauter gute Mens schen wohnen. Und er hat uns Beide sehr lieb.« »Ja, ich weiß,« sagte der kleine Fer dinand. »Und wenn es nun bald Weihnachten wird, dann schickt er mir wieder durch das Christlindchen so ein hübsches schönes Schaulelpferd Jch habe auch den Großvater sehr lieb und bete alle Abend: Lieber Gott, sei gut mit dem lieben Großvater!" Draußen in der Ferne hörte man das Rollen eines Wagens. Die Klei« nen jubelten aus. »Da lomnienVater n.Mutter wieder.« Das Mädchen seate schnell die Ueber bleibsel dcg Kranzgewindes vom Tische herab in den Fiorb und nahm den klei nen Bruder an die Hand. Seelenba gniigt eilten die beiden Kinder hinaus, uni die heimtehrenden Eltern zu be grüßen. Ader der alte Landstreicher war auch verschwunden. Als er das Rollen des Waaens vernahm, war er ausgesprun gen und hatte eilends die Wirthsstube verlassen. Jetzt stand er draußen, noch in der Nähe des Hauses, aber unsicht bar in der stocksinsteren Regennacht. Er sah, wie der Wagen vor dem Hause hielt. Die Eichelbng redseliqz Schwiegermutter, mit der er vorhin das Gespräch ijber den Ferdinand Kohl und die Marianne gefiihrt hatte, er schien in der Thüre mit einer brennen den Laterne. Jin Scheine des Lichtes konnte er deutlich erkennen, wie ein-! blühende, schlank qewachsene Frau ei lends ans dein Wagen stieg und di: beiden Kinder mit gliickstrahlenden Augen in die Arme schloß. Da wandte er das wilde, verwittert: Gesicht «·.b. »Nee, hier will ich lieber todt sin, als lebendia.« Und er schritt hinaus in die ta1tc, stocksinstere Regennacht. Den Nesedastengeh den ihm der tleine Ferdinand geschenkt hatte, hielt er noch in der Hand. Er wußte es wohl selbst nicht. — —Eisersucht. Frau lihren schlafen ten Mann betrachtend): »Was der Mensch für ein vergnügtes, glückliches Gesicht macht; am Ende träumt er nicht einmal von mitl«