Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, September 15, 1899, Sonntags-Blatt., Image 15
eine dem tyrilnien Tag-hoch des Leutnants non Fersen-tin Bei Karl sen Stoßen. Letzthin bei Karl den Jroßen mal — Dingsda —- Aachen —- jewesen. Münster besichtigt, Rathhaussaah Bädeter vorher jelesen . . . Malen ihn immer mit langen Bart — Einsach: Jeschichtstenntnisz-Mangel: Schnurrbart jetragen, preußische Art Strammer here a la Wrangel . . . Schon aus Schule ieschwiirmt für ihn: Wittetinb ellig berhauenl Flotte Töchter sehabt, dann Spleen Wesen Uniliick mit Frauen . . . . Riesig jelehrtes haus dabeil Selber zwar nich ieschrieben, «Aber Dichter zur Schreiberek Fortwährend anjetrieben . . . Ueberhaupt rührig sangen Tag — Wahrhast voller Jesellet Schauert Einen, wenn Sartophag Sieht so an Ort nn Stelle . . .. Neulich verdientes Denkmal jelriegt — Bigchen oerspätet iescheben .. . Braucht eben Zeit, bis Jroszes siegt: Uns mal nich besser sehen! Vier Bitten Von Felix von Stenglin. Aus dem Wege von der Statian nach dem Berliner Vororte S ging der ehe malige Bauer Christian Lutz mit droh nendent Schritt einher. Jn der Rech ten hielt er einen Stock, Unter dem lin ken Arm trug er mühsam- ztvei gross-: Düten mit Aepfeln gtnd Apselsinen. aus die er ab und zu mit einigem Unwillen binahsab. Schon öfter, wenn der etwas beleibte Mann unter derLast eingekaufter Gegenstände schweißtrie send nach Hause gekommen war, hatte er dergleichen verschworen. Warum that er es nun doch wieder? . . . . Nun ja, der Grete wegen! . . . . Gerade aber, als er an die Grete dachte, wurde sein Gesicht noch sinsterer.... Er seufzte einige Male vor sich hin unb preßte dabei wohl seine Ditten etwas zu fest an sich. Plötzlich war ihm, als ob hinter ihm etwas auf dem Boden aus chliigr. Er stutzte und sah sich inn. ichtig, da rollte eine Apsplsine dem Graben u! Und gerade kam einer von dieser i m berhaßten Familie Wels, der Sohn seines Feindes August Wels, hinter ihm die Chaussee entlang. Auch noch andere Leute wurden weiterhin sichtbar. Hastig bückte Chriktian Lutz sich, um die Apselsine aufzuheben, unglücklicherweise drückte er dabei die er die erste Apfelsine aufhob, rollten Diiten noch mehr zusammen, und als zwei andere zu Boden. Christian Lutz fühlte den Blick des jungen Wels, des sen Schritte immer näher kamen, spöt tisch aus sich ruhen, der Schweif-, trat ihm aus die Stirn . . . . Er richtete sich aus und pustete. Da siel ihm die Cigarre, die sich beim Bücken gelockert hatte, aus der Spitze heraus. Schnell wollte er sie ausheben, als er abermals hinter sich das Austlatscher einer Apselsine hörte. Unwillig zertrat er die Cigarre und beschloß nun, die drei esallenen Apielsinen einstweilen sich selbst til-erlassend, das Uebel an der Quelle zu verstopsen. Vorsichtig zog er die obere Diite unter dem Arm her vor, tonnte aber dabei nicht verhin dern, daß die vierte Apselsine ihm da von rollte. Zum Unglück kam der iunae Wels in diesem Augenblick vorüber und sagte —- wie es Christian Lutz schien, mit unzweideutiqem Hohn —- ,,'n Abend, Chriitian! Schöne Apielsinen!« Christian Lutz wurde puterroth in Gesicht. Dieser Lasse! Nun würde ers natürlich seinem Vater erzählen, und der würde im Wirthshaus seine Witze machen, — man bekam wieder einmal Gelegenheit, iiber Christian Lutz zu spotten! . . .. »Ei tiek mal!« rtes ietzt ein Knabe, der mit einem anderen vom Felde lam. »wer wachsen de Appelsinen us dePap pelböme!« «Entsamte-e Jung’!" schrie nunChri sttan Lus, ergriss im Zorn eine der aus den Boden gerollten Früchte und warf Fle nach dem Knaben, ohne aber zu trei en. Ein dritter kam hinzugekannt. Nun johlten und höhnten sie erst recht. Da —- die zweite Apielsine slog der ersten nach, dann die dritte, nun die vierte.... Christian Lusz hatte all’ seine Selbstbeherrschung verloren. Er dachte nicht daran, dasz Grete sie so gern asi, dachte nicht an das Geld, daz er dasiir ausgegeben hatte -— ihn ver langte nur nach etwas, um diese Buben zu werfen. Aber die Knaben waren ganz zusrieden damit. Sie ergrissen eine der schön dustenden Früchte nach der anderen, hielten sie triumphirend hoch und bedankten sich höhnisch. Dann liefen sie dem Dorfe zu. Christian Lutz verspürte seine Lust, ihnen zu folgen; sein Zornanfall hatte sich etwas gelegt. Er sammelte aus« was noch von Aepfeln und Apfelsmen mn ihn herum lag, stopfte sich die» Taschen voll und setzte. als diese gestillt waren, eilig seinen Weg fort —- gerade noch rechtzeitig, ehe die anderen LeuteJ unter denen Christian auch einen gewis-: sen its-haften Kanzteisekretär ertannteJ berangetotnmen waren. -— — s Christian Lut stand, noch immer» nicht Lenz besänftigt an einem nH Ex- nei:e Pisa nnd blickte an biet re Q- iemertte er etn sauget Paar-, das funtergesaßt eng aneinander geschmiegt, langsam dahergeschritten kam. Das junge Mädchen trug eine saubere weiße Schürze über dem einfach gearbeiteten städtischen Haustleida einen Hut hatte re nicht ausgesetzt, und man konnte ihr schönes braunes Haar voll bewundern Jhr Be letter, etwas größer als sie, ein hüb cher und frischer junger Mann und mit einiger Eleganz gekleidet, blickte ihr beim Sprechen zärtlich i-1 die Augen. « · Im Zimmer war eine jüngere Frau mit dem Abdeclen des Tische-S beschäf tigt. Als sie den Bauern unwillig den Kopf wenden sah, trat sie neugierig an’s Fenster und blickte hinaus· »Na wat hebben Dir’n die widder jedahn, Onkel?« fragte sie in der halb platten Sprache, deren die Eingesesse nen von S. sich zu bedienen pflegten. »Na wat soll’n se mir denn jedahn hebben! Nischt hebben se mir jedahn!« antwortete Christian Lujz mürrisch und machte einige Schritte in’s Zimmer. Kopfschiittelnd ging die Frau hin aus. Der Bauer nahm sich eine Pfeife vor, stopfte sie bedächtig, zündete sie an und setzte sich abermals an’s Fen iter. Das jun e Paar war nicht mehr zu sehen. Chri tian Lust dachte an seine Grete. Bis jetzt hatte er die Hochzeit immer hinauszuschieben gewußt, vom Frühjahr zum Herbst, vom Herbst zum , rühjahr, aber schließlich — nächster Frühjahr muszte er die Beiden zusam mengeben, denn nun hatte er’s fest ver sprochen. Und dann — dann war er allein, wieder allein, —- fiir immer allein! Er verbisz sich recht in seinen Aerger, als er so saß. Ihm mußte auch Alles verquer gehen, Alles! Und wenn ihm einmal das Geschick wohl wollte, so tam es immer sehr schnell wieder davon zurück! Er dachte an das Kreuz draußen cui dem Gottesacker mit der Inschrift: »Hier ruhet in Gott Luise Friederitc Margarethe Lutz, verwittwete Grün-· wald, geb. Wels, geb. den 27. Noo. 1845, gest. den 8. Okt. 1885. Friede ihrer Asche!« Ja, sie war die Einzige gewesen, die ihn geliebt hatte, und sie war ihm genommen worden! Und weit, weit zurück gingen seine Gedanken.... Als Knecht war er in das Haus des alten Weis gekommen. Die stolzen Bauern, besonders die Sippe der Welse, hatten es ihn oft merken lassen, daß er nur ein Frem der und nur ein Knecht sei. Sie nur, die Tochter des Dienstherrn, war freundlich zu ihm. Aber sie hatte den Underen nehmen müssen.... Wenn es denn nicht sein konnte, warum ihn höhnen und kränken? Christian Lutz war so in seine Erinnerungen versun ten, daß er ab und zu laute Brumms töne des Unwillens von sich gab. Zehn Jahre lang hatte der Andere sie beses sen, und als sie dann, selbstständig und wohlhabend, ein Jahr nach dem Tode des ersten Mannes sein Weib gewor den war, da hatten Jugend undSchön heit schon Abschied von ihr genommen. Aber dennoch, die rauhen, finsteren Seiten in ihm begannen sich zu glitt ten, zu beruhigen, das Glück wollte faufgehem Da starb sie ihm nach wenig ;Jahren! Er stöhnte, Christian Lun, ’als ihn seine Gedanken in diese Zeit geführt hatten. Ein Rückfall in sein »alte Verbitterung war damals gefolgt. Besonders von den Verwandten seiner »Frau, die in diesen Jahren ihn Haß »und Bosheit genugsam hatten fühlen ;lassen, zog er sich ganz zurück. ’ Etwas zwar war ihm geblieben: seine Stieftochter, die Grete. Schon als sie noch klein war und der Vater noch lebte, hatte Christian sie gern ge habt, ohne es indeß Andere merken zu lassen. Er steckte ihr Näschereien zu, machte ihre Spielsachen ganz, und wenn er wußte, dasz gar Niemand in der Nähe war, nahm er sie wohl auch auf seine Kniee.... Für sie hatte e-. gearbeitet, als seine Frau gestorben war, unermüdlich, Tag aus, Tag ein. Und sein Fleiß und seine Geschicklich keit trugen Früchte, er wurde derWohl habendsten einer. Als die Welse sahen. daß er es besser verstand als sie, daß er immer das beste Korn und die besten Kartoffeln einbrachte und später die vortheilhastestenLandverläufe abschlos:. da näherten sie sich ihm, aber er wie-; nach wie vor ihre Freundschaft von sich. Jn seinem Hause, mit seiner Grete kaspelte er sich ein. Und all mählich, ganz allmählich kamen Stun den, da es wieder wärmer und lichter in ihm wurde; unter dem Einfluß des heiteren, lebensvollen Mädchens stieg etwas wie neuer Fried in ihm auf, zum zweiten Mal klopfte das Glück bei ihm an . . . . Und nun? Er seufzte tief auf. Jn wenig Monaten ging sie von ihm. Nicht einmal ein Jahr wollte sie noch warten, und er hatte doch einst zwötf Jahre gewartet! Wußte sie denn nicht, wie er an ihr hing? War er denn so finster gewesen, daß sie seine Liebe ga: nicht gespürt hatte? Dies Gefühl in seinem Herzen, das er unter rauher Schale so heilig gelZitet hatte, diese Liebe zu seiner Grete war ihm nun auch verleihet..·. » Die Pfeife war dem Bauern ausge gangen, mit starren Augen blickie er vor sich bin — ——-— . Da öffnete sich die Thür, und Der "enige, um den seine Grete ihn verlas sen wollte, Fritz Merter, trat ein. ! »Tag, Vater!« saate et freundlich,; aber mit einer gewissen Ueberlegen-; i. Dieser Ton schon erboste den Bau-! ern. Nicht eben ettnuthigend, sah er Fri Mut-r an. ( ,, habe ’ne kleine Sache mit» Speien su besprechen«« fuhr der iunae Inn ori. ( i s Der Bauer brummte nur, stand aus und bot auch dem ,,Berliner«, wie er sihn manchmal verächtlich nannte, lei nen Stuhl an· , Das störte indeß Fritz Merler nicht. Er ging vielmehr gleich aus’s Ziel los. »Ich lann gerade jetzt ein kleines sGeschäst unter günstigen Bedingungen Iiibernehmem und dav haben wir doch slieber beschlossen, nicht bis Ostern zu warten, denn in dem Geschäft brauch sich ne Frau. Na und da steht wohl snichis im Wege, daß wir im Oktober jschon Hochzeit machen.« - Christian Lutz schwieg, er fand keine iWorte siir diese Ueberraschung. »Na, Sie sagen ja gar nichts?« be gann Fritz Merler nach einer Weile wieder. »Ist es Jhnen etwa nicht recht?« Ein Vorwurf wohl gar noch! dacht-: der Alte. Ein Vorwurf, daß er ihm nicht das Kind hinwarf, ohne mit der Wimper zu zucken . . .. Und nicht ein mal eine Bitte!.... Wir haben b. schlossen . . .· es ist Jhnen wohl nicht recht.... Nicht einmal bitten konnte man, wie«sich’s gebührte! Und lang sam, leise begann der Bauer zu spre chen: »Ostern, hebb’ ick eseggt, richt« icl de Hochzeit aus, und von de hoch zeit von meine Jrete s oll’n se noch lange reden — Ostern, aber nich eher.« Und nun erhob er seine Stimme und schrie fast: »Nich eenen Dag eher!« Damit wandte er sich um und stellte sich an's Fenster Grete trat jetzt ein. Fritz Merler machte ihr ein Zeichen. »Das ist doch unsrecht von Dir, Vater«, begann sie ei e. Da drehte er sich heftig um. »Wat ick eseggt habb’, dat hebb’ icl eseggti Ostern un nich eher!« Auch Auguste, die Nichte desBauern, versuchte später ihr Heil. »Weeszi De, Christian, Du hast se doch die Verlo lobung erlaubt, nu weeß ict nich, war um Du jetzt so bist!« Er antwortete nicht. l «.Lasz se doch nu machen, wie se wol en.« »Natürlich! Du sangst ooch an! — Ostern richt’ icl de Hochzeit aus oder jarnich! Ostern oder jarnichl Jln da bei bliwt etl« L- II — is U Christian Luh war ein Starrtopf. darüber waren die S...dorser längst einig. Doch daß Liebende, wenn sie zusammen wollen, die allerstarrtöpsig sten Menschen sind, erfuhr der Bauer in den nächsten Wochen Hur Genüge. Sie wären wohl gar heimlich auf und dabongegangen, wenn sie sich nicht bekommen hätten. Weit entfernt allerdings war Chri stian Lutz davon, sein Wort, das er Ostern oder gar nicht die Hochzeit aus richte, zurückzunehmen. Mochten sie denn gehen und thun, was sie woll ten, er tümnierte sich nicht mehr darum. Das sagte er sich auch heute, da sie — wie er nur zufällig gehört, denn Greis war schon seit acht Tagen bei ihren Schwiegereltern — in Berlin ihreHoch zeit feierten. Zögernd trat Auguste zu ihm heran Reizen durfte sie ihn keinesfalls, da konnte ihn der Schlag treffen . . .. »Na det is nu mal so, Ontel. Nach jeben lonnt’st De nich —« Er wandte sich schroff um. »Nach jeben sollt’ ist's Jck nachjebens J da sollte doch s-— —nee! Eher —« ,,Nee se hebben's ooch nich um Di verdient.« »Wenn se noch selommen wären, — wenn se noch —- ——aber nee — »Nee nee. Du hast et eseggt, und dec mußt De als Mann ooch halten.« »Wenn se noch —- —un hätten jehe ten, siehste, —- aber so —- mit uns ist Faust Wenn se noch jebeten hätten, — Jaber nee —«« j »Na nee.« s Der Bauer blieb wieder allein. » Auguste war indessen inGreteö Zim mer hinausgegangen, um dort Ord nung zu machen. Da trat plötzlich der Alte ein. ,,Wat machst De denn hieri« fuhr er sie an. « »Jet? Jck hab' usjelramt. Soll nt wat?« Anstatt zu antworten, wandte sich Christian Lut-, achselzuctend, stieß einen tnurrenden Ton aus und stieg die Treppe hinunter-. Dann ging er auf den Kirchhof· Doch auch dort hielt es ihn heute nicht lange. Ihm war, als ob eine Stimme aus dem Grabe siir die Grete sprächc. sur ihr Kind. . .. Nun sing auch fix die hier ruhte, schon an, nun war anl) sie schon im Bunde mit den Anderen. Als er wieder an seinem-Hause ange langt war, hörte Christian Lutz seine Nichte mit einem Manne reden. »Er, is so bissig, er schlagt Se dodt! Er will nischt von die Beeden wissen Nehmen Se’t man widder mit. Wenn er kirsmt un er sieht et —« Plötzlich trat der Bauer ein. »Hei-rich, da is er!« ries Auguste. Fragend blickte der Bauer aus den Gasthossdiener, der mit zwei großen Kökben dort stand. »Schönen Gruß von Herrn undFran Merker«, sagte der junge Mann. »Und Sie möchten sichs gut schmecken lassen, es wäre von der Hochzeitstafel.« Auguste blickte furchtsam aus ihren Onkel. »So! Von de HochzeitstaselP mur melte der. Und dann solate ein gar eigenthümliches lurzes Auslachen, das Auguste keineswegs beruhigte. t Der Diener hob die Deckel der Körbe hoch. »die: ist Wein, von e det Sorte eine Tit-M Und dies h r sind die Speisen. Wo soll ich sie aus packen?« Christian Luß stand und schien die Sprache verloren zu haben. ngh einer Weile aber, als Auguste und der Die ner ihn noch immer fragend anblickten, da sagte er grob: »Na, so packt et doch aus! Jn de Körbe kann et doch nich hleiben!« undwandte sich ab. Auguste hals beim Auspackem ohne ein Wort zu sagen. Sie konnte vor Verwunderung zu keinem rechten Ge danken kommen. L Da stand der Bauer schon wieder neben ihnen. »So, nu nehmen S: hier ’n lleenet Trinljeld«, sagte er und drückte dern Diener einen Thaler in die Hand. »Danl’ auch schön, Herr Lutzl Und Iwünsche wohl zu speisen!« Christian nickte ihm zu, er schien über irgend etwas nicht ganz in’s Reine kommen zu können, schien etwas sagen zu wollen . . « Dann unterließ er’3 aber doch. — « Nun saßen sie bei Tisch. August-: bewegte sich wie im Rausch, trotzdem .sie noch keinen Schluck getrunken hatte. »Sie that die Stippe auf, sagte ,,Mah! zeitl« und setzte sich. »’ne Krebssuppe«, bemerkte Chri stian Luß nicht ohne Wohlgefallen. »Krebssuppe eß ick jerne. Aber se muß ·jut sind". Er nahm einige Löffel. ,,Jut is se«, sagte er dann und lösselte den Teller leer. I Und dann saß er still, hielt dieHände im Schooß und murmelte vor sieh hin: »Die erste Bitte«. Erstaunt, fragend sah Auguste auf. lDoch weiter sagte er nichts-, er nahm sein mit Rheinwein gefülltes Glas zur Hand, hielt es gegen das Licht, trank, s schnalzte mit der Zunge und trank wie der, bis es leer war. Er setzte das Glas nieder, lehnte sich hdnteniiber, faltete die Hände über dem Magen und sagte, als wenn er eine schwere Arbeit ver krichtet habe: »So, Aujuste, nu hol’ den lFisch-« Auguste sprang dienjtekmg auf, wo sbei sie fast das Tischtuch herabgerissen hätte, nahm die Suppenteller fort und holte den Fisch aus der Küche ! ,,Wat is denn det?« fragte Christian Lutz, sich über den Tisch beugend und den Duft des Fisches begierig mit se - nen Nasenfliigeln einathmend. i »Da is Lachs, Onkel. War Fei nes·« »Na denn jib man’n orntlichet Stücke.« Er stopfte sich die Servietie fest und setzte sich zurecht, als wenn Es ein Klafter Holz zu spalten gegeben ätte ..... Plötzlich schral Auguste zusammen. .Mit Geräusch schob Christian Lutz den Teller von sich und sagte ein wenig lauter als vorhin: »Der zweite Gang. Die zweite Bitte.« »Nee aber nu —«, meinte seineNichte und fortschte auf seinem Angesicht, — das aber war ganz ernst. »Bring’ ooch die Pnlle mit Roth wein rin«, bemerkte er nur. Auguste mußte dreimal gehen, denn sie hatte erst die Kartoffeln und nach her das Apfelmuß vergessen. l ,,Reh sis immer noch’"g Feinste«. sagte Christian Lutz und hielt seinen Teller hin. , Auguste lam plötzlich der Gedanke, ob vielleicht bei ihrem Onkel in der Aufregung etwas im Oberstübchen ver schoben sei, —- dieser Gedanke erschüt terte sie so, daß ihr die Kniee zitterten und sie sich schleunigst niederließ. »Drint, Anjuste!« sagte der Bauer und leerte sein Glas mit Rothwein. »So is er jrade jut«, setzte er hinzu, »’n bislen warm muß er sind.« Auguste beobachtete ihn. Nein, er schien doch ganz vernünftig . . .. Nun schabte er mit dem Messer die Sauce auf und sagte: »Man musz nischt umkommen lassen.« Gleich dar auf schlug er leise mit der Faust au den Tisch und rief: »Die dritte Bitte!« Auguste sprang auf. «Wat hastc denn?« fragte sie. ,,Drint, Auguste!« erwiderte er und «schenlte sich ein. Jn seinem Gesicht schien ein Fünkchen von Heiterkeit auf zuglimmem —- oder lani es der Frau nur so vor? »Je! will die Speise holen«, bemerkte sie leise. »Speise ooch noch?« sagte er — wie es Auguste schien, mit einiger Befrie digung im Ausdruck. « Und als er nun seinen Teller mit Speise geleert hatte, da faltete er die Hände und sprach leise vor sich hin. »Die vierte Bitte.« Und noch leises setzte er hinzu: »Jn Jotts Nanien!« Da wurde der Nichte so weh und so heilig zu Muth, sie saltete gleichs salls die Hände und murinelte bewegt: »Amen!.« »Und nu den SchlampanjertK sagte Christian Lntz heiter und erhob sich. um die didbäuchiae Flasche zu öffnen. ,,Ontel, wird et nich zu ville?« meinte Auguste besorgt. ,,Nee, Auiuste«, antwortete er, ohne sich stören zu lassen, ,,heut’ wird et nich zu ville.« Er erhob sein Glas-. Sein Gesicht war vom Weingenuß geröthet, die klei nen Augen glänzten. Nun tniss er ein Au e zu, schaute verschmitzt seiner Ni te in’s Gesicht und stiesz mit ihr an. Ihre Anast war gewichen. Sie begriff zwar nicht recht, wie das Alles so kommen konnte, sie hatte ja nicht in sein Jnneres sehen können die ganze Zeit tlder . .. . Aber es kam nun über sie wie eine plötzliche große Freude. Und sals der Bauer ietzt, während die Gläser aneinander tlan en, laut ries: «Uf de Merkee’scheni" a mußte sie ihren cestlhlen Lust machen. sie wars ’sich im Stuhl heut-»aber nahm vie Schürze vors Gesicht und lachte aus vollem Halse Und dann tam Chri stian auch in S Lachen und schüttelte sich so, daß der Champagner aus dem Glase sprang. Aber endlich trank er doch, setzte dann das Glas nieder und sprach befriedigt: ,,Sieh"ste, Aujuste, junge Leute müssen bitten, dadruf be ruht die Weltt« si- es si Die »vier Bitten« waren dem Chri stian Lutz vorzüglich bekommen. Er schlief die Nacht über wie ein Hamster und fuhr am nächsten Tage mit heite rer Miene nach Berlin, um seiner Grete einen Besuch abzustatten. Als sie aber an seinem Halse hing und weinte, dst wurde ihm doch ganz wundersam, und da kam auch ihm eine Thräne in’-I— Auge. Er dachte des kleinen Fried hoss und des ihm theuren Grabes mit Rührung Aber er ließ Grete nichts merken. Seine ersten Worte waren: I »Aujuste liegt in t Bette un hat Rebp weh, der Schlampanier war zu ville vor ihr Aber jut war er Und der Rehbraten zum Zerjeh’n« « August Wels bemerkte einige Zeit Sdarauf im Gasthaus: »Mit Christian i,s’t richtig· Heut hat er mir aus’n Fenster zujenickt. Nu macht er et nich mehr lange.« , Aber er irrte sich. Christian Lutz erzählte noch den Kindern seiner Grete Ivon dem Mittagessen am Hochzeitstage und von den vier Bitten Kunst uno lliissenschalt — -— Wasser als Heilmittel. Jmmer mehr zeigt die heutige Medizin das Be I streben, einen Faktor in den Kreis ih ,rer Thätigkeit zu ziehen, der bisher Zoon der Allgemeinheit der Aerzte we « niger beachtet worden ist: die Wasser sbehandlung Jm Publikum herrscht vielfach die Meinung, als ob die sog. Naturärzte diese Behandlungsweise - »entdeckt« hätten und zur Anwendung brächten. Dem gegenüber ist ein Ar tilel sehr interessant, den Dr. Deter mann-St. Blasien über die Wirkung der Wasserbehandlung bei der Neu rastbenie in der »Zeitschr. für physik. und diät. Terapie« veröffentlicht und in dem er einleitend über die allge meine Wirkung der Wasserbehandlung spricht. Der Artikel beweist, welche Wichtigkeit die medizinische Wissen schaft dem Wasser als Heilfaktor bei legt, wie sie aber vor allem bestrebt ist, diesen Faktor rationell zu verwerthen, indem sie seine Wirkungsweise er forscht. Winternitz hat zuerst dieWir kungen des Wassers studirt und festge stellt, welche gewaltigen Einflüsse es auf Jnnervation, Blutzirkulation, Blutbeschaffenheit, Stoffwechsel und Wärmebilduna des Organismus aus übt. indem es dadurch die ,,natiirli chen Wehr- und Hilfskräfte des Kör Pers« stärkt. Neuerdings hat beson ders Professor GoldschneidseriBerlin dieses Gebiet bearbeitet. Er stellte fest, daß das Wesentliche bei der Wirkung des Wassers das direkte Ausstrahlen der Teniveraturreize auf nervöse Bah nen sei. Wir haben in der Haut be stimmte Nerven, welche die Kälte und andere, welche die Wärme vermitteln. Auf diese werden durch das Wasser Reize ausgeübt, die sdann als Bah nungs- oder Hemmungswirkungen auf andere Nervengebiete übergehen. So ist die schmerzstillende Wirkung des Wassers zu erklären, wenn man z. B. bei Kopfschmerzen kalte Umschläge oder die Eisblase anwendet. Nicht an ders wirkt der sogenannteMigränestist. Er enthält Mentbol, das einen starken Reiz auf die Kältenerven der Haut ausübt. Umgekehrt bewirkt ein war mer Umschlag bei Kopfschmerzen Stei gerung des Schmerzes, weil er die Er regbarkeit vermehrt. Bis zurSchmerz grenze dagegen erl,Eht, hemmt auch die Wärme stark, wodurch die schmerz und krampfstillende Wirkung heißer Umschläge sich erklärt. Neben dem Einfluß auf die Hautnerven ist ein wichtiges Moment der Wasserwirkung die Betheiligung der Blutzirkulation. So ist es ein sehr bewährtes Mittel gegen Kopfschmerzem die Füße zu er wärmen. Indem das Blut durch den Wärmereiz gleichsam in die Füße ge zogen wird, ist der Kopf blutleer. An dererseits wird ein Kopfschmerz, der auf Anämie lFlutarmutm des Koper beruhte. durch einen warmen Umschlag um den Kopf schnell beseitigt. Immer wird es darauf ankommen, bei der Anwendung der Wasserbehandlung die einzelne Person zu betrachten und nach ! ihrer Besonderheit die Art der Anwen ! dung zu bestimmen —- Die Bahreuther Bilanz, das heißt das finanzielle Ergebniß aus Unkosten und Einnahmen der Bahretk ther Festspiele, wird recht verschieden beurtheilt. Die Einen meinen, das Plus wäre »auch in diesem Jahre be trächtlich«, da die Einnahmen bei 2() Vorstellungen mit 1500 bezahlten Plätzen a 20 Mark das nette Stimm chen von 600,000 Mark ausmachten. Die sehr bedeuten-den Ausgaben schei nen nach Meinung Anderer jedoch gar nicht genügend hoch in Gegenrechnung gestellt zu werden Wenigstens weißt ein »Bayreuther Getreuer« in ders »Bresl. Zig« zu erzählen, daß die Unkosten höher sind, als man gewöhn lich annimmt. So haben die Neuein ftudintngen, des ,,Nibelungenringes« 1896 ein Defizit ergeben, trotzdem kein Platz unbesetzt war. Kosteten doch die vlrtuos aemalten »Wollenzüge« allein 30.000 Markt Erst die Wiederholun gen des »Man« 1891 unid 1899 wer den das damalige Manto gedeckt haben. Ebenso wird die Neueinstudirung der »Meistersinger« in diesem Jahre mit einem Defizit endigen. Und dies, tros dem der »Bayreutl)-Getreue« die Ge sammteinnahmen aus den zwan ig Vorstellungen auf 640,000 Mart s her als die Anderen, anfefztt Er meint. daß von einem Gewinne für das Haus «Wahnsried« überhaupt keine Rede fein könne. Wagners Erben bezögen nicht einmal die gesetzlichen Tantiemen. Je der Ueberschuß fällt in die Festspiel « kasse und kommt den nächsten Ausfüh ; runaen zu Gute. Hat der diesjährige »Ring« frühere Unkosten decken helfen müssen und die neue Ausftattung der »Meisterfinger« ein Defizit im Gefol ge, so kann die Festspielkasfe für die nächste Bayreuther Spielzeit allerdings nicht ,,beträchstlich« fundirt sein. — —- Die Technik bei den Eingehen nen in Afrika. Vor einigen Tagen mee-Mufeums n Paris eine interes wurde in die Sammlungen des Ar sante Nummer einverleibt. Es ist dies ein vom französischen Marine-Jnf"an« wie-Hauptmann Pillivuyt einem auf ftändischen Eingeborenen bei Sikaffo in West-Afrikia abgenommenes Gras erehr, das von einem Schmiede des Ortes hergestellt worden ist. Auf die» Frage des Hauptmannes, ob die Ein geborenen viele solche Flinten befäßen, erwiderte der Neaer, sie hätten vier, die nach dem Modell eines bei einem gefallenen fran öfischen Soldaten ge fundenen Gewegres angefertigt wur den. Die braven Neger hatten geduldig Stück für Stück das Gewehr ausein anderaenonimcn und ohne besondere Werkzeuge und Maschinen die Waffe fabrizirt, mit dir vor noch zwanzig Jahren die ganze französische Armee ausgerüstet war. Die Arbeit ist na türlich eine sehr grobe, aber es fehlt keine Schraube bis auf den Bügel, def sen Bedeutung den Schwarzen offen bar nicht einleuchtete. Vielleicht hatten sie auch wegen der daran gravirten Ziffern angenommen, es sei eine Art Amulett mit einem den Vleichgesichtern günstigen Gebete, weshalb der mit der Arsskührung derWaffe betraute Künst ler ich wohl hütete, es nachzumachen. — Der kontinentalste Punkt der Erde. Wie die russische Geographische Gesellschaft mittheilt, ist keexnige Punk« der Erde, welcher auf allen Ser ten am treitesten vom Meere entfernt ist, jetzt gefunden worden. Er befindet sich im anzen südlich von Tsiitnschin und ist 2400 Ken» oder 1500 englische Meilen in jeder Richtung von Miit entfernt Die Gegend hat sich auch in meteorologischer Hinsicht interessant erwiesen, kenn es wurden hierLDZchstm tungen deg- Lustdruckes beobachii-t, wie auf keine-u Punkte der Erde. Eis ifi daselbst ein ständiges meteoroicsgischez Observatorium errichtet worde.-. —Der Schädel eines diluoiglen Raubthieres, welcher vor einiger Zeit in der Gegend von Fiönigs-Wuiterhau sen gefunden und dem Märtischen Provinzialmuseum überwiesen wurde, hat sich als von einem veritavlen Lö wen herstammend entpuppL Deannd, eine der größten Seltenheiten fiir die Provinz Brandenburg, beweist, daß auch in der Mark einstmals Löwen ge haust haben. Professor Dr. A. Neh ring von der königlichen landwirthsch Hochschule hat den Schädel untersucht und darüber eingehend Bericht erstat tet. Zur Bestimmung des Stückes-, ob Löwe oder Tiger, hat Professor Neh ring die in den Berliner Museen vor handenen Schädelsammlungen zuHilse genommen. Verschiedene :llterlmale, insbesondere die Stirnbildung· haben zu dem Ergebniß geführt, daß man es hier mit einem Löwen und nicht Tiger zu thun hat« Der Gelehrte bebt her vor, daß der eine der. zum Vergleich herangezogenen Löwenschädel (gemeint ist einer der vier Gailenreuthsr Schä del aus dem Museum für Raumqu de), der wohl zu den beste-:l:-c.«-,1-.n Schädeln des »Leo spelaeus« gehört, siir die Untersuchung von besonderer Wichtigkeit war, weil an ihm alle Cha rgltere klar und sich-er zu erkennen seien —- Wie breit ist ein Blitz? Man stellt sich gewöhnlich unter dem Batz itrahl eine gar-z schmale, sadenförinige Erscheinung vor, und manchmal mag I das ja auch zutreffen, immer nder nicht. Vor kurzer Zeit wurde in St. I Gilgen am Wolfgangsee ein Blitz pho tographirt. Durch die Entladung war die ganze Gegend so stark beleuchtet, daß man auf der Photographie deutlich erkennen konnte, an welcher Stelle der Blitz eingeschlagen hatte. Aus der Ent fernung dieser Stelle von der photo graphischen Camera nnd aus der Breite des Blitzes in der Photographie liest sich die Breite des reellen Blitzes zu 15 M. berechnen. Wenn inan nun auch der Thatsache Rechnung trägt, daß grell beleuchtete Körper aus dunklem grunde vergrößert erscheinen —-—- die menschliche Hand im weißen Hundschuh z. B. sieht daher größer aus, als-Z sie wirklich ist — und darum annimmt, daß das Bild des Blitzstrahl-H auf der vbrtographischen Platte etwa um ein Drittel zu breit erschien, so wäre der Blitz doch immer noch circa zehn M. breit gewesen, also von einem faden diinnen Blitz kann gewiß nicht die Rede lein. — Unter Ebeleuten. Sie: »Um mich haben sich seiner Zeit sehr viel Männer beworben.« —- Er: »Und ich hatte das Unglück, der Gläckliche zu sein.«·