Ich sei-« dich oft Ich seh dich oft. Auf meinen Wan deswegen Kommst du mit jeeden Abend still ent Dichi schlingt sich Geißblatt über Hag Und Thor, Aus dunkeln Gärten duftekg schwül hervor ..... Zuweilen bleibst du wohl tiefathmend stehen, Ps sliickst einen Blü.i7enzweig im Wei tergehen — Und vor dem Strauch, wo deine band ihn brach, Bleib« ich in Träumen stehn und schau dir nach» M a i d y K v ch Sie meißM sich zu helfen (Aus dem Englischen-) »Ich wußte im Voraus, wie es tominen würde«, sagte Wirk. Mhnton. »Ihr könnt es bezeugen, Madchen, daß ich es vom Anfang an voraussag1e. Sie ist nicht träfrjg genug, um in einem Laden zu stehen; im hause ist sie zu nichts nutze, und nun liegt sie uns zur Last durch ihre Krankheit, und Niemand weiß, wie lange diese dauern wird. Dazu haben wir eine Doktor-Rechnung zu erwarten, gar nicht vom Apotheter zu sprechen, und Myntons Gehalt ist gerade jetzt wegen der schlechten Zeiten herabge setzt, und —« »Still, Mania!« sagte Angelan Mhnton, indem sie ihren Zeigefiuzs ger warnend erhob. »Sie kann Dich hören.« Und so war es. Der Nebel, wel-l cher Phöbe Clissold’s Geist umnachtet( hatte, schwand allmählich; die WortH welche ihr zuerst wie das entfernt-! Summen eines Bienen - Schwarme3 getlungen hatten, nahmen deutliche Gestalt an. »Es thut mir sehr leid, Tante Myw ton«, sagte sie. »Ich will mich bemit hen, Euch keine Last zu sein. Wirt lich«, fuhr sie sort, indem ein schwa -chez Lächeln um ihre Lippen spielte. »ich fiel nicht absichtlich in Ohnmacht; aber-im Laden war es so heiß und «die Ventilation so schlecht —- wenn ich um einige Tropfen Wasser bitten ·diirste.« — Phöbe Clissold war mit neunzehn Jahren Waise geworden. Jhr nach ster Verwandier « ein Bruder ihrer verstorbenen Mutter s- - war in einer Vant in New York angestellt, nnd zu ihm hatte sie ganz natiirlich ihre Schritte gelentt. Es war ihm nehm gen, ihr eine Stelle in einem qrosien Galanterieqeschiift zu verschaffen, unm hier hatte sie iin erstenTtierxeljahr diese fchmachvolle Niederlage erlitten. »Sie kann die vielen Stunden Arbeit, ganz von der frischen Lqu abgeschnitten, nicht vertragen«, meint: Dr. Faltneh. »Viel Bewegung uno Lust sind ihr durchaus nöthig. Die jetzige Lebensweise kann sie nicht aus halten« »Bewegung in der freien Luft?" wiederholte Wirs. Mynton, deren Herz durch jahrelange Entbehrng und angestrengte Arbeit bitter geworden war. »Aber, Dr. Fallney, wir haben nicht Pferd und Wagen, und Zeit, un: im Part spazieren zu ehen, haben wir auch nicht. Frische tust! Wir woh nen in einer Wuchs-Wohnung die Schlafzimmer werden mitGas erleuch tet und durch den Schornstein gelüs tet und dem ist nicht abzuhelsen, scheint nur.« «Langsames Gitt«, sagte er, «siir ein Mädchen wie sie.'« Phöbe, welche im Nebenzimmer auf dem Sosa lag und langsam an einem Paar Strüm pfen siir den jüngsten Mynton strickte, hörte dies Alles und überlegte, was zu thun sei. » ier möchte man mich am liebsten los ein«, dachte sie trauri . »Ich bin ein unniiher Essen und Br. Fallnen sagt, ich dars nicht mehr in den Laden zurückkehren, die Frage ist: Was soll ich thun? Bewegungt Frische Lust! Tante Mnnton hat recht, dieser Luqu scheint nicht siir mich da zu fein.« Als sie so dalag, beobachtete sie Angelma Mynton, welche versuchte, ihren vorjäkrigen Strohhut mit einem drei Ellen angen erdbeersarbenen sei denen Bande und einem Bouquet gel ber Primeln zu garniren. Es war deutlich zu sehen, daßAnqei lina teine Putzmacherin war. Sie drehte das Band nach allen Seiten; sie brachte die Primeln erst aus eine-« Seite, dann aus der andern an und schleuderte endlich Hut, Band und Blumen mit einem Ausruf der Ver zweiflung von sich. «hiißlicheg, altesDing!« rief sie aus, »ich tann nichts daraus machen.« Phöde legte ihr Strickzeug beiseite. »Sieh es tnir!« sagte sie. Etniae zier Liche Schleifen, ein acschicttes Anbrin en der mißhandeln-n Primetn. und äthiibe zeigte den Hut den bewundern den Blicken Angelinas. »Wie gestillt er Dir jetzt?« »Oh, reizend!« rief sie voll Bewun derung aus« »Es ist gar nicht wie der selbe ut. Wie hast Du es angetan gen, « höbeI« »Ich weiß nicht«, antwortete Phöbe. »Ich habe immer meine eigenen Hüte und die von meiner Mutter garnirr; es macht mir Spaß.« »Du solltest Putzmacherin werden«, sagte Angelina, «aber", fügte sie sich Dr. Faltneh schüttelte den Kot-L Du darfst Dich nicht in einem Laden einschliegem und eine «Pu macherin kann sich auch nur wenig ewegung in der frischen Lust machen« »Ja«, stimmte Yhöbe seufzend bei Doktor Falkney war ein ruhiger, wortkatger Junggeselle von vierzig Jahren. Er hatte zehn Jahre lang an demselben Ort seinen Beruf aus geübt und nie empfunden, daß ihm etwas fehlte. Aber an diesem frischen Frühjahrsmorgen saß er nachdenklich in seinem Arbeitszimnier, indem er das große Skelett, dass hinter einem Gazevorhang in der Ecke aufgestellt war, aufmerksam betrachtete und da bei mit dem Lineal auf den Tisch klopfte. »Jl)re Augen gleichen denen eines ausgetcheuchten Rehes«, sagte er zu sich selbst. »Und eine so sanfte, liebliche Stimme! Sie schwayt nicht, wie ihre Cousinen Sie spricht in einer ruhi-. gen Weise, die dem Ohr wohl thut.( Und sie steht so ganz allein in deri i erinnernd hinzu, »Dr. Falkney sagt Welt! Ja, ich will sie heirathen, wenn sie mich mag.« Wenn Dr. ukattney einmal einen. Entschluß gesa t hatte, zögerte er nicht» lange mit der Ausführun desselben; darum gin er noch am elben Nach mittag zungT Mynton und verlangte Miß Clissold zu sehen. »Wissen Sie nicht, daß sie fort ist?« sag te Mrs. Mhnton, die wie immer mit Strümpfestopsen beschäftigt war. »Fort?« fragte Dr. Faltney erstaunt »und wohin?'« »Es ist die merkwürdigste Sache der Welt«, erwiderte Mrs. Mhnton, »wir wissen es selbst nicht und ich bezweifle, daß sie es selbst weiß. Sie sagte, sie wollte ihre Vorschrift befolgen, Dot tor.« »Meine Vorschrift?« »Bewegung und frische Luft hatten Sie ihr vorgeschrieben, wie Sie Sich erinnern werden. Sie sagte, nach einigen Wochen würde sie zurücktonp men und uns mittheilen, wie es ihr gegangen.« Dr. Fallneh’s pechschwarze Augen brauen zogen sich zusammen. »Und Sie ließen sie fortgehen?« sagte er. »So jung, so hübsch und so unerfahren! Wo waren Jhre müt terlichen Gefühle, Mrs. Mhnton?« »Ich weiß nicht, was die mütter lichen Gefühle hierbei zu thun haben«, sagte Mrs· Mhnton etwas beleidigt. »Sie ist ja nicht mein Kind, nur die Nichte meines Mannes-. Und ich habe selbst vier Töchter, siir die ich verant wortlich bin; außerdem habe ich keine Autorität über Phöbe Clissold.« »Sie mögen recht haben«, antwor tete Dr. Fallneh »Aber ich hoffe sie kommt bald wieder « Phobe hatte einen Entschluß gefaßt »Ich will versuchen zu hautiren«, sagte sie zu sich selbst. »Einen Thei meiner Waaren trage ich auf demtilrm den andern im Kopf. « Am selben Tage, ais Mr5. Ver-tin gerade den Mittagsstisch dedic, klopfte Phöbe tslissold an ihre Thiir. »Mein Gott!« rief die Frau desz Pächter-» aus«-, indem sie vor Erstans nen beinahe ihre größte blaugeriinderte Schüssel fallen ließ, ,,sind Sie das, Phöbes« »Ja«, niclte Phöbe. »Wie gut Ihr Mittagessen riecht, Mut-. Perkin5! HühnerpasteteZ dachte ich es mir nicht! Und ein Pudding2 Mis. Beding-, darf ich bei Jhnen zu Mittag essen5« »Sie sind willkommen«, sagte die gute Frau. »Aber ich dachte, Phöbe Sie wären zu Jhren Verwandten nach New York gegangen, Sie haben Sich doch hoffentlich nicht mit ihnen eni · zweit?« «,Oh nein«, sagte Phöbe. »Ich ent weie mich nie mit Jemand, Mrä. Berlini Aber ich muß rnich selbst ernähren. Ontel Mynton ist nicht reich, und ich tann ihm nicht zur Lastj fallen. Jch versuchte das Leben in einem Laden, aber ich schien nicht trös tig genug zu sein. Darum mußte ich» etwas Anderes probiren. Nun bin ich eine herumreisende Putzniacherin.« »Was?« ries Mrs. Pettins aus, die Tgeebüchse hoch über der glänzenden T eeianne haltend. l Phöbe deutete aus den leichten Korb» an ihrem Arm. »Jn dieseinsiorbe«, sagte sie lachend,! »sind drei Abtheilungem Die eine ist voll von den modernsten Hut-Fassons. ganz eng zusammen gepackt; die zweite. enthält Blumen, und die dritte Bau-i der von allen Farben. Sie tausrns Jhren Frühjahtshut bei mir, nicht wahr, Mis. Pertins«t« »Na, wie glücklich sich das trisst!'« sagte Mut-. Pertins. »Morgen wollte ich mir einen tausen!« »Sie werden mit mir ebenso zufrie den sein, wie mit einer anderen Putz ? machstin sagte Phöbe. »und ich wial auch hiuig sein· Versuchen Sie es mikl mir, mehr verlange ich nicht.« »Das will ich thun«, sagte die gute Dame. »Sie waren immer geschickti mit der Nabel. Das Mittagessen ist« fertig, und ich werde Nits. Perlinö rufen. Sehen Sie Sich, Phöbe, und gehmen Sie vorlieb, wie Sie es sin en.« Nach dem Essen arbeitete Phöbe gelßig an dem neuen Hut für Mrs. eriins. Scharlachrothe Mohnblu men, schwarzseidenes Band und der in Pussen gezogene, schwarzseidene But entzückte die gute Frau vollstän ig. »Noch nie habe ich einen hübscherenl Hut besessen«, sagte sie. »Acht Dol larsi Natürlich will ich Jhnen acht Dollarg bezahlen! Jch hatte mich aus zehn vorbereitet, und dieser ist bit-b gchtety als ich ihn wo anders bekommen a e.« Dieser Erfolg entschädigte sie eini germaßen für das Kritisiren und Han deln von Seiten Mrs. Dearon Roots, die im Nebenhause mit ihren drei Töchtern wohnte. Phdbe mußte die Familie für sechsundzwanzig Dollars mit Hüten versehen, wovon kaum ihre eigenen Ausgaben gedeckt wurden. Dann packte sie wieder ihren Korb und begab sich von Neuem auf denWeJ unter den blühenden Bäumen und aus den schattigen Wegen, wo das Gras mit den goldigen Blüthen des Löwen zahns wie besät war. »Dr. Falkney hatte recht«, fagte see u sich selbst. ,,Luft und Bewegung tnd mir nothwendig Jch bin ein ganz anderer Mensch geworden —- nur thut es mir leid, daß ich Dr. Falkney·-5 freundliches Gesicht nie mehr wieder sehen werde!« Nur einen Augenblick lang schimmerte das ferne Blau des April-Himmels durch einen Nebel von hervorbrechenden Thränen. »Wie thö richt ich bin!« dachte Phöbe. Dann klopfte sie bei Mrg. Parthan an und fragte, ob sie das Neueste in Frühjahrshüten zeigen dürfte. Die frischen, glänzenden Bandrollen, die arten Rosen und Narzifsen, die hüb schen Fassons in Stroh und Spitzen, und Phöbe’s natürliches Talent im Zusammenstellen aller dieser Herrlich keiten, erwies sich bei der Landbevöi-z terung als unwiderstehlich, und ins Kurzem hatte Phöbe ihren ganzen Vorrath ausverkauft und kehrte mit einer beträchtlichen Summe als Rein ertrag nach der Stadt zurück. ,.Dies«, sagte sie freudig zu sich selbst, ,,will ich Tante Mhnton geben fiir die Ausgaben, die ich ihr verur sacht habe.« ! Als sie über die Straße ging, um sich nach dem düsteren, rothen Gebäude zu begeben, wo Mhnton’s zusammen mit einein Dutzend anderer Familien ;wohnten, hielt Jemand plötzlich fein Pferd an mit dem Rufe: »Wollen Sie ziiberfahren werden Phöbe?« Sie sah jauf, es war Dr. Falkneh. » »O, Doktor«, rief sie strahlend, »ich habe Ihre Vorschrift befolgt, und Sie können Sich kaum denken, wie gut es mir gethan hatt« . Der Doltor fah ebenso glücklich aus wie sie selbst. »Ich werde heute Abend zu hnen iommen«, sagte er. » ieder eine Vorschrift?« fragte jPhöbe T Und dann dachte sie mit plötzlichem Erröthen daran, daß sie seineRechnung noch nicht bezahlt hatte. ; »Aber jetzt kann ich sie bezahlen!" dachte sie, als- sie seinem dabonrollen den Wagen nachblickte. »Wenn seine Sprechstunden anfangen, will ich il ihm gehen. Ich will nicht warten, bis-: er mir seine Rechnung bringt-« Zu Dr. Fallneh’5 lleberraschriin war sein erster Patient an diesesxi Nachmittag Phöbe (slissold. ,,Tottoi«, sagte sie, »ich bin gelom Einen, um meine Rechnung zu bezahlen Tinit selbstvcrdientem Gelde« »Habt- ich sie Ihnen geschickt .’« fragt-: er. »Nein. Aber »Auch beabsichtige ich nicht eH :,:i li)un!« ertliirte er. ,,Phöl1e, ich derrlr daran, mir einen Compagnon zu nen nien.« »Dann wird Jbr Compagnon ge wiß darauf bedacht sein, alle die alten Schulden einzutreiben«, sagte sie, mit dem Kopfe nickend. ; »Das weiß ich nicht« Jch denke anJ einen Compagnon für’s Leben, Phöbes — nicht an einen für meine Praxis —--—i und der Compagnon, den ich habe-J will, bist Du mein liebes Mädchen!« Dies klang vielleicht etwas unbe stimmt, aber sie verstand es augenblick- I lich. Jhre Wangen rötheten sich; ihr:! langen braunen Augenwimpern sent-? ten sich. ! «Soll es heißen Dr. Falkneh unds Frau, mein Liebling?« sagte er, ihre’ Hand in die seine nehmend. Jetzt kamen andere Patienten, und nach dem einen Blick in ihre nußbrau nen Augen wurde Dr. Fallneh von lei ! nem Zweifel gequält. Dies war das Ende von Phöber Pußgeschäft »Aber ich werde mich! stets glücklicher und unabhängiger fiili s len«, sagte sie, »nun ich weiß, daß ich mir selbst mein Brod verdienen kann-« gequ den strom. l Novelle von Gerhard Walten —---- —- i Der neue Her Amtsrichter Wende-« born hatte sich schon recht gut in dem Städtchen cingewohnt. Und er gefiel auch gut. Der alte, etwas exclusioe Stnmmtisch im »Schwarzen Bären«,· der ihn, ivie alle Neueintretenden, zuerst mit vorsichtiger Huriickhatung brobach tet und behandelt hatte, war mit ihm zufrieden, und wurde es immer mehr. Und das war entscheidend fiir die g. sellschaftliche Stellung eines Fremd ling-Z. Der Amtsrichter war ein guter» Kamerad, tonnte hübsch anschaulch er ’ zählen, stand seinen Mann vor dein Schoppen nnd hatte ausgezeichnete Ma nieren. Nur eine Eigenthümlichteitf hatte er. Er ging gern allein spaz eren und wußte mit großer Gesch.ctlichtect sich ihm etwa ausdrängmdes Geleit ab zuwehren Das war eine zwar unbe greifliche, aber immerhin verzeihliche Schrullr. Seine Abendspaziergänge nahmen mit Vorliebe die Richtung nach der »Wassermiihle«, in der gleichzei tig eine kleine Gasttvirthschaft betrieben wurde. Da saß er beim Sonnenunter-: sang unter der blühenden Linde und unter den Ahornbäuinem aß fein be fcheidenes Abendbrod und g«ng dann in den ,,Schwarz.n Bären« zum fröh lichen Umtrunk. »Nun sagen Sie mir doch ’rnal,« be gann ejrus Ab nds der Provisor, d.m die Haare immer zu Berge standen, »warum gehen Sie denn immer gerade da hinaus-? DJ ist ja alltags kein Mensch zu find:n. Jm Schütz nhaus zum Beisp·el, da haben Sie doch Leu te um sicht« »Die will ich vielleicht gar nicht,« antwortete der Amtsrichter, bxquem zurückgelehnt; »ich bin run cinmal solch ein Einspanner. Wer sagt Ihnen übrig-sus, daß ich da Ni m:.nd treffe? Heute gerade habe ich dcrt eine sehr in teressante Bekanntschat re i acht. Plötz lich erschien auf d r Bildfläche eine junge Dame, die nicht zu verachten reak· Sie kam offenbar aus der Badebude, die da oben am Sirom erbaut ist —« »Schön dem Pfarrer von Buchw lsolm!« warf der Sanitätsralh ein. — »Stiknmt!« fuhr d:r Amtsrichier fort; »es war auch die Pfarrerstochter, wie mir der alte Schulz nachher sagte; aber Donnerwetter, meine Herren, so w’as sieht man nicht of.t!« »Ja, ist vom Seminar zurückgekom men und unterrichtet jetzt dort an der Dorfschule!« bemerkte der Rechtsan walt lässig; ,,versprach schon damils, ein hübsches Mädel zu werden! War aber sonst ein rechter Grasaffe.« »Wieso denn?« fragte der Amtsrich ter aufmerlsam. »Hochmüthig und kalt, hielt ich für ’was B.sond;1es!« brummte der ethis anwalt. »Fritz, einen neuen Schoppen! Komme Jhnen meinen Rest!« »So? Hochmüthig? Na, den Ein druck machte sie bei rnir nicht. Sie grüßte mit tadelloser Freundlichkeit zu rück, aber wie eine Dame grüßt. Und Sie hätten sie nur ’mal sehen sollen, mit tem dunteschwarzen gelost.n Haar und mit den großen, still.n, tiefliegen den Augen in dem schön;n, weißen Ge sicht: ich sage Jhnen das Urbild einer reizendcn H.xe!« »Nun, Ihnen scheint sie’s ja schon angethan zu haben; dann gebe ich Ih nen nur den guten Rath: ,,Thue Geld in Deinen B.utel!« Aber die Kartoseln werden zu Hause talt und ich muß ge hen. Nein, mein lieb-r Herr Richter, die edelsten Gefühle sind nichts ohne ein gutes Butterbrodl Guten Abend, meine Herren!« Der Amtsrichter sah ihn finster nach Am nächsten Abend traf er wieder mit der schönen Pfarrergtochter zufam men. Sie saßen bei Tisch nebeneinan der. Er aß seine Schinl nsemmel und sie eine Schale dicke Milch, und beide sahen auf den im Glanz rer sinkenden Sonne wie ilüssigzz Gold dahinriese1n d:n vFluß. Zw schen ilnen flog eine Biene summend bin und her und schwentte in tadellosem Bogen bald um sein, bald um ih: G.sicht. Lben in den Sirenen der Baume rauschte leise der milde Abencwind Daö Frauleai stand auf und g"ng. Ene grrße, schlanke, seine Gestalt Das lange, dunlle Hkar sloß ihr geöffnet liber die Schultern D.r Amtgrichter grüßte caraiermäßig Sie dankt-.- wie der mi: der anmuthigen Frrilndli.t)ti1t, die ilnn ain Tage dorter so gut gesal len lfazte. Da glitt ihr das rotre Tuch von der Schulter und fiel zu Boden. nde Blitzscknrll sprang Herr Wendeborn zu und nahm es aus. Sie lachte ihm freundlich zu über prächtigen, weißen Zähnen, und eine wohllautende Stim me dantte ihm. Er sah ihr versunken und bezaubert nach. Dies Mal erzähl te er den Herren im »Bären« nicht von seiner Begegnung. Und sie trafen sich jeden Abend und wurden mit einander bekannt Er hat te sich in zwangloser Weise vorgestellt und nach einigen Abenden gebeten, sich an ihren Tisch setzen zu dürfen, nach dem er ihr in einem verzireiseltenKampf mit einer Biene; die entschieden seindse lig gegen Fräulein Ursula auftreten wollte, ritterlich und sieghaft beigestan den. Nachher gingen sie ein tleines Stück Weg zusammen b s zum Kreuzweg. »Ich führe zur Zeit allein Haus in der Pfarrei; meine Eltern sind auf drei Monate in Tirol, und ich habe meine Schularbeit· Da siße ich lieber ani Abend nach dem Bade dort am Mühl wehr und verzehre mein Abendbrod, als allein in dem großen Hause oder in der dichten, luftlofen Laube von Pfeisenlraiit.« « Der Kreuzweg war da. Er grüßte wie vor einer Prinzeß Und sie wurden näher bekannt. Sie stimmten in so nsancher Aufl auung zu sammen. llnd sie freuten sich beide auf die Abendstunde. Der Anitgrjchter hatte sich eine Ci garre angezündet und blies behaglich die blauen Wültlein in die lindenblü tlieniduftiqe Luft. : ,,Wissen Sie auch, meine Gnädige, daß man Sie für hochmüthig l)ält?« sagte er im Laufe des Gesprächs. l Sie lachte ein wenig und lehnte sich zurück im Stuhl. Ihr Haar fegte bei nahe den Boden. »Ich wüßte nichts, wag mir gleichgültiaer wäre, als sol rlie Leutemeinung Jch habe natürlich teine Neigung. mich niic Grete und Sti ne zu duzen, und Jhre Gen lemen in Ihrer guten Stadt da drüben imponi ren mir auch nicht. « »Ist es nicht gefahrl eh für ein junges Mädchen, sich so über die Meinung der Leute hinwegzusetzen?« fragte er mit fast besorgtem Ton l Sie warf den fei ntn Kopf stolz zu rück und sah ihn an mit eigenartig leuchtender-i Blick: »Ich thue es aber!« sagte sie und reichte ihm die OandzunU Abschied. Er neigte sich tief darüber: ,Jawol)l! E n g.f. nder Fijch schwimmt auch gegen den Strom!« - Das Biid des eigenartigen Mäd chens in ihrer stolzen, faft herben jung sriiutichen Art ließ ihn n.cht wieder. Die Verhältnisse, In denen sie lebten, waren zu kle n a s daß ihr Verkehr un kemerkt gebl eben wäre. Jm ,,Biiren« fingen die Anfpielungen an, häufiger und unv: rkenndarer zu werd-n 1 »Mein gnädiges Fräulein Urfula,« sagte er eines Abends, »ich lege mein Geschick in ihre Hände! Die braven Leute fangen an, auf unsere Kosten ei nen Roman zu dichten. Jch halte es fiir meine Pflicht, einer Dame, die ich verehre, das zu sagen. Befehlen Sie, daß ich fortbleibe? Dann kreuze ich ihren Weg nicht wieder!« Sie lachte wieder, heiter und h:rz lich. »Sie wissen 1a, wie ich über die Leu te und ihr Reden denke Es würde mir leid thun, sehr leid, wenn Sie me. net wegen diefen Platz am Wehr meiden Dollten!« Jetzt lachte er auch und hielt ihr die große, ehrliche Hand über den Tisch hin: »Sie sind ein junges Heldenweib! Das mag ich le.den!« Sie brüirte seine Hand leicht mit d.n Fingerspitzen »Das Leben ist ja an; sich ernsthaft genug,« sagte sie, ,,da hats es keinen Zweck, auch noch allerlei lu-! stige Dummheiten tragisch zu nehman Er sah ihr tief in die dunklen Au gen: ,,Wissen Sie, wie Sie jetzt aus sehen? Wie die Hexe auf dem Gemal de von Gabriel Max!« i Sie stand auf und schaute ihn hei ter an. »Gut, daß wir nicht dreihun dert Jahre früher geboren sind! Dann hätten Sie mich vieueicht izi eigenerPer son zum Scheiterhaufen verurtheilt. Gott befohlen! —— Aber wid rrufen hat te ich nichts!« Sie nickte ihm zu und ging, stolz und frei. Er sah ihr lange nach. Am nächsten Morgen fehlte ste, und am folgenden auch. Und wie sie am dritten Tage nicht da war, da nagte die Qual um sie an seinem Herzen »Du hast sie vertrieben mit deinem dummen Gerede!« sagte er sich und hielt den Kopf schwer ausgestiitzt und starrte in’-"H rinnende und rauschende Wasser. Und die verzehrende Glutb. von der Ursa la im Scherz gesprochen, brannte nun in seinem Herzen. —- - »Da drüben in Buchenholm steht’s ja traurig ausl« sagte der Sanitäts rath am Stammtisch und stieß mit dem Amkgrichter an. »Wieso denn?« fragle der gespannt. «Wisss»n Sieg nichts Dr ist der Ty whug in ganz bösartiger Weise ausge brochin!« »Donnerwetter noch ’rnall" fuhr Wendeborn in die Höhe. Ueber die Gesichter ging ein Lachen. »Nun, man sachte!« beruhigte ihn der Arzt, »so lange die Leute in sol cher Pflege sind, hat’5 tene Noth! Alle Welt, — ich hätte das d:n1 Mädel nicht zugetraut, und wag jemals gegen sie gesagt ist, das nehme ich hier augdrück lich zurück.« »Wen meinen Sie denn?« fragte Wendeborn schnell. »Nun natiirlich Jhre Freundin, die Pfarrergtochter!« sagte der Sanitäts rath ernsthaft. »Ist ja ein halb Jahr lang Johanniter-Schwester gewesen, und nun geht sie von Haus zu Haus als der gute Geist Von Buchenholm und scheut vorhichts zurück. Das gefällt mlk.« ; »Nun, dann nehme ich den «Grasaf sen« auch zurückl« fiel der Rechtsan walt ein. »Ehre, wem Ehre gebührt; soll leben, die schöne Urfula!« Die Kriige klirrten zusammen, nur der Amtsrichter saß tief in Gedanken da und biß auf seinen Schnurrbart. Und nun fuhr er auf und trank seinen Krug aus bis auf den Grund. Am folgenden Tage brachte der Ge richtsdiener dem Amtsrichter einen Brief. Eine schöne, ausdrucksvolle Da menhandschrift stand aus der Adresse Drinnen stand geschrieben: »Seht geehrter Herr Amisrichter! Die alte Greth Dorth Miesenholzen möchte ,am Typhus ertrantt, ihr Te stament machen und bittet Sie, bald-s möglichst heraus-zukommen Mit vor-« züglicher Hochachtung Ursula Peters.«s ,,Sofort einen Wagen! Und ich lie-s sie den Referendar Abertcrn bitten, alsi Gerichtgschreiber mitzukomnien!« rief er, erregt aufspringend. I Es war ein heißer Tag. Jn der Hütte der alten Greth Dorth standen alle Fenster offen. Am Fenster stand. im hellen Kattunkleid und blüthznto.i ßer Latzschiirze die Pfarrergtochten Jhr Gesicht irar blasz und dunkle Ringe lagen unter den tiefen Augen. De-: Wagen hielt. De Herren vom Gericht traten ein. Tief neigte-n sie sich vor dem bleichen, jungen Mädchen, die dem Amtgrichter die zarte Hand bot. Jm Wandbett stöhnte die Alte. I »Es niuiz schnell aehen,« sagte Ursa la, »sonit verlert sie wieder die Besinsp nung.« ! Aber es dauerte ziemlich lange. Di: Alte besaß mehr, als einer geglaubt hatte. Zuletzt zog sie den Amtgrichter dicht an sich heran: »Sei saall dat nich hören! Dat Frölen dor sall hunnert Mart hebben tau ehre Utstiier: sei hett nix und tann dat breiten. So’n Engel gifft’s nich wedder, un sei hett veel in mi olle Fru daulsn! Schriewen Sei man!« « i Dem Amtsrichter brannten die Au gen. Und das Herz brannte ihm auchs wie er auf das schlanke, schöne Mäd chen sah, die todtmüde in dem großen, i: alten, zerrissenen Lehnstuhl zusammen gesunken war. »Fahren Sie zurück, Kollege, ich ’ he zu Fuß!« sagte er zu dem Referengär. Er blieb allein im Zimmer mii der Sterbenden und der Schlafenden. Von fern her rauschte das Wasser til-MS Wehr, da, wo er Ursula innen gelernt hatte. Und eine Biene war durch’g Fenster geflogen und zog Ente Kreise um das qeneigte Haupt der üden. Der Amtsrichter trat hinzu und ver sagte die Biene. Lange sah er hinab auf das Mädchen. Jhr weißes Gksicht sah so ernsthaft aus. Jbre rothen Lip pen waren ein wenig göffnet über den schimmernden Zähnen. Da beugte er sich über sie, tiefer und tiefer, bis seine Lippen auf den ihren lagen. Sie fuhr aåtf und sah mit todtmiiden Augen auf 1 n: »Ursula,« sagte er, und legte den Arm um ihren Nack.n, »was die Leute sagen, das gilt Dir gle.ch; ailt’s Dir auch gleich, was Dein Liebster Dir sagt-? Der sagt: »Ursel, ich liebe Dich!« Und der bittet: sei mein, Du Liebliche, Stolze, Getreue!« Sie lehnte das Haupt an seineSchul t·r. Draußen rauschte das Wasser am Wehr. « Was til Stück? Wer weiß zu lebenZ Wer zu leiden weiß. Wer zu genießen? Der zu meiden weiß. Jüngst hat man in einem Werke Aussprüche über das »Glück« aus der Litteratur aller Zeiten und Zonen ge sammelt. Wie charakteristisch ist dies für unsere Zeit, in der das Jagen und Hasten nach Glück in einem fieberhaf ten Taumel ausgeartet ist, welcher Alt und Jung, Reich und Arm, jedes Ge schlecht, jeden Stand ergriffen hat. — Gliickl Glück! —- Das wunderbare Wort bebt auf den Lippen der Jung frau und des Jünglings; das gereifte Weib. der Mann im Lebenskampf, sie suchen es auf tausend Wegen. Und selbst das Alter hofft, es möchte ihm noch in den Schooß fallen. Was aberv verstehen die meisten Menschen unter diesem Wort? —: Genuß, Besitz, irdi scher Güter, Befriedigung sinnlicher Bedürfnisse. Wie Wenige finden auf diesem Wege das Glück! —- Ketten, schwer drückende Ketten sind es, die sie an Stelle der er hofften Seligkeit erntauschtcn, Ketten, die sie bis an’s Grab schleppen müs sen. Obenan steht die Abhängigkeit von Menschen und Dingen. »Nichts bediirsen, es ist der Wahr heit Erstes und Letztes,« singt Albert Möser. Und doch bedürfen wir alle! Aber es ist eine Wahrheit, die sich tau sendfach bestätigt hat, daß Diejenigen die Glücklichsten waren, die am we nigsten bedurften, und zwar aus dem Grunde, weil sie unabhängig wurden von den Zufällen des Daseins-, von den Launen der Menschen, von den Schlägen des Schicksals Darum, Du ringender Mensch, der mit fieberndem Herzen nach Glück lechztt lerne Geniigsamkeit und Erge bung! Du wirst diese erringen, wenn Du Dir im stillen Heiligthum Deiner Brust einen Tempel erbaust, den kein Wille der Menschen berührt, kein Hauch widrigen Gieschickes erschüttert. Lerne verzichten auf irdischen Tand, verzichten, wenn es sein muß, selbst auf den Besitz geliebter Personen. Es ist schwer, unendlich schwer, namentlich dem Herzen, das noch von der Jugend heißem Blut in leidenschaftlichen Wo gen durchwallt wird. Aber es ist zu er ringen durch ehrliche, unablässige Ar beit an sich selbst; durch das beharr liche Hinlenlen des Blickes aus das, was dauert in der Flucht der Erschei nungen, aus die edlen, ewigen Güter: Religion, Kunst, Wissenschaft, unei eigenniitzige Arbeit im Dienste der Menschheit Schätze dieser Art, die Du in Dir sammelst, sind Dein, ganz Dein, und eine unversiegbare Quelle unendlicher Freuden. O. B. Zur Vorsicht beim Beamten von Bleintftcn — wird gegenwärtig in verschiedenen Leh rerzeituugen gemahnt. Und zwar wird namentlich die größte Sorgfalt beim Anspitzen der Bleististe empfohlen, so wie oor dem Aufeuchten mit den Lip pen gewarnt. Als abschrectende Bei spiele aber werden besonders folgende Falle angeführt: Vor einiger Zeit starb im AugustaHosdital in Berlin der ls Jahre alte Kunstschlosser R. A. Er batte sich beim Anspitzen eines Blei stiftes in den Finger geschnitten und beachtetc die Wunde, in Welche etwas Grapbit gerathen war, nicht weiter. Ellm nächsten Tage stellte sich eine schmerzhaer Entziiudung des verletz ten Fiugers ein, die Hand, ja der Arm schmollen bedeutend an. Erst als die Vergiftuna auf die linke Brustseite und Schulter übergegangen war, wurde ärztliche Hilfe in Anspruch genom men -— -— aber zu spät. Jn einem anderen Falle tonstatirte der Arzt als Ursache eines langenwie rigen, chronischen Darm-Katarth bei einem jungen Manne die Gewohnheit, den Bleistift vor dem Gebrauche mit dem Munde anzuseuchten Die Leh rer werden daher in den betreffenden Fachzeitungen aufgefordert, diese üble Gewohnheit zu bekämpfen.