o hu Rismeemund. i — Von B. Willibald. »Modern» h: Ravin fragt an, ob wi: toohl geneigt seien, ihr auch in diesem Sommer sur ein paa- Wochen unsere beiden Fremdenzimmer avzutreten«, sagte Doktor Schüt, der als Special arztrsiir Halsleidende an einein sehr besuchten Kurorte sich eines großen An sehens erfreute, eines Morgens im Frühjahr zu seine: Frau, nachdem er a.n F.iihst.jckztisch sii.1: Briese durch qcsc«... . -.a.:e. »Was meinst Du dazu?"' »Hu-« hangt von Dir av«, entgegnete diese« eine lebhafte, leitete El.ndine, freundlich. »Du iiuszertxst ja vor eini ger Zeit, daß wir reine Sommergäste mehr be« uns ausnehmen wollten« « »Bei iadaine de Ravin würde ic) wohl eine Ausnahme inai,en«, antwor tete er, »wenn ich nicht dächte, daß DU zu viel Last und Mühe davon hättest. Sie ist trotz ihrer Französischthllekkl eine so nette alte Dame und hat nun schon all’ oise Jahre bei uns gewohnt.« »Witd sie die kleine Clarre auch Me der mitbringen?« » · »Ja, sie schreibt: Fur sich unt-lehre Enkelin. Sie ist seit dem Tode ihrer Eltern immer bei ihr. Jch meine, dag wäre ein Grund mehr ——" »Daß wir sie aufnehmen? Ei natür lich! Sie ist ein so liebes Geschöpf Viel Last werde ich auch davon niaii haben. Jetzt. da die Kinder alle in die Schule geben, hat das Zweitmädchen Zeit ge nug, die Zimmer zu besorgen. Die stahlzeiten nehmen sie ja, doch drau en.« »Na, also abgemacht. —- Jhr freut Euch auch wohl, trenn Madame de Ra vin und Fräulein Clärchen wieder zu uns lonimen«, wandte sich Doctor Schiitz dann an die drei Kinder, die mit Interesse der Unterhaltung gefolgt waren. »Ich freue mich furchtbar," erklärte die achiiiiorige Lore, die imm:r mit deni «Miindchen voran war, mit ihrer hellen, jauchzenden Stimme. Sie war-ein leb basier, gewzckter Bondlcpf mit einem Paar prachtvollerBlauaugen und einem frischen, runden Kindergesichtchen, ein Kind, bei dem die Mutter wegen seiner Vergeßtichieit und Unachtsainkeit stet su tadeln hatte, und bei dem der Vater s:ch immer biiten mußte, seinem Ents ;.iiel3n über oie gefunde, froie Art des Wildfangs allzu deutlich Ausdruck zu geben. »Fräulein Clärchen ist so himm ·lisch«, iiigte sie mit besonderem Rach druck hinzu, indem sie ihren dicken bions den Zon nach vorn iiber die Siiulter warf, um M unbehindert den Tarni ste: umschnallen zu lönnen. »Fiirchtbar und himmlisch« waren die ModcauD drücke der achten Ftlasse Auch Rotf, der tleine Dicke-, der noch in der Fioel die Ansangögriinde der Wissenschaft studierte, gab eifrig seine Zustimmung· »Sie schenken mir immer Ohccolade und raufchen so sein Von Seide und riechen so schön nach Veil chen«, begriindete er sein Wohlwollen für die zu exwartenden Gäste-. Nur Oz tar, der Aelteste, reriielt ijch ablehnend, tveil Madame schon im vorigen Jahre die Ansicht ausgesprochen batte· ein io arcßer Junge, wie er, müsse unbedin-.it fraiizösssch sprechen tönnen und ih.i steik damit argerte, daß si: ihn in dieser Sprache anredete. Die Kinder verabschiedeten sich, uni in die Schule zu gehen. staunt hatte sih aber die Thür hinter ihnen geschlos sen, da öffnete sie sich auch schon triefen und Lores rundes Gesichte-bin erschien in der Spalte.·«Onlel tltols wird sich auch furchtbar freuen«, rief sie, um so fort wieder zu verschwiadkn Vater und Mutter lachten. »Der Ra cker«, sagte Totor Schütz, ,,l7at also auch schon gemerkt, dafz Dein Bruder sein leicht entflamintes Leutnantsherz an unsere kleine Elsässerin verloren hat.« Ernst werdend, fügte er hinzu: »Es sollte mir leid thun, wenn ihm die Sache wirtlich nahe ging. Wie ich Ma dame de Ravin kenne, wird sie nie ihre Einwilligung dazu geben« daß ihre Enkelin und einzige Erbin einen preu ßischen Osfizier heirathet, sldst wenn er, wie Rolf, in der Lage it, die Hei rat kraution selbst zu ellen. Sie hält an er französischen Sitte fest, daß die Wahl desGatten für ein Mädchen aus guter amtlie Sache der Eltern oder deren tellvertreter sei. Schon im vori en otalire hat sie mir mit großer Be rieÄgung erzählt, daß eine Verbin dung brer Enkelin mit einem entfern ten, sehr reichen Vetter, dessen Vater «apreö la mal ureuse gnerre« seineVe sitzun im El aß verkauft und sich in der D robenee angesiedelt habe, von der Famije angesirebt werde.« »Wie ich Cliirchen kenne, wird sie sich visit so mir nichts, dir nichts verbinden la en —« Wieder öffnete sich die Thür, wieder ersain Loreg Blondtops in derSpaltr. »Vater, das ganze Wartezirnmer sitzt voller Leute«, meldete sie, und wieder siel die Thür in’s Schloß. Die Patienten erschienen ten Som mer immer schon früh, glejch nach der Brunnenpromenade. Doetor Stiütz erhob sich und ging in's Sprech»immer. Er tvar ein seingebitdeter Mann, von angenehmen Umgangssormem der sich des Vertrauen-z seiner Patienten in hohem Maße erfreute. Auch seine Col tegen schätzten ihn weaen seines sicheren Urtheitg und feiner ärzttcchen Tüchtig teit. Seine Mitarbeiterschast an einer bedeutenden medtctnischen Zeitung hatte seinen Namen schon längst in wei teren Kreisen bekannt emacht. . Ein aelstiaer ect tte ihn, wie er selbst scherzwetse a te, der litten-ri Oen Thättgteit in d Arme getrieben, :---- g-- ss-q- -- -- mit der rein den ruhigen Winters-rena ten feine Mußestunden ausfüllte. Von dem Wunsche beseelt, seine rrihen Er fahmngen in seinem Speeialfache auch Andern zu Gute kommen zu !a««sen, hatte er v:rfcl,i3d:r.tl.X-P:rxtlige aus rkearbcitet, die er bei eleg:nl)«.it von ärztlichen Zusammenlünften zu halten gedachte. Aber dieses Vorhaben ge lan te niemals zur Ausfühkungt sp lei t ihn in der gewöhnlichen Unter haltung das Wort vom Munde floß, es war ihn-. nicht möglich, öffentlich zu sprechen. Schon derGedane dar-an ver-— ugachte ijm Herzklopfen Verschied:nt !i hatte er versu t, mit Aufbietung »seiner ganzen illengkmft diese Schwäche zu überwinden oedoch fo baldler sich zum Sprechen erhob, sobald cr dte Auan der Zubörer auf sich ge richtet ful)lte, ergriff ihn ein Schwin del. Setne (85ed..nk.n Verwirrt-en sich, dqs Manuskript dedte in seiner Hand, seine YSttmme Versagte, und kalter Anssmmvesß bedeckte feLnJ Stirn. So mater sdxlkefklich dazu gekommen, seine sorquqltkg uusgenrbeiteten Vorträge der Inedumcxchen Zeitung zur V:ruffent ltchung zu 1jlergcben. ·i!r beschloß, in der Erziehung seiner Kinder von klein an darauf hinzuwir len, dasz sie srei von dieser Befangen tieit blieben. Sobald sie sprechen tonn ten, ließ er sie Sprüche und Gedichtchen auswendiq lernen und frei vortragen, und seine Frau unterstühte ihn gern in diesen Bestrebungen. So trae es allmählich zur Familien sitte worden« daß die Kinder r gelmä hig onntags Mittags nach Tisch der Reihe nach bortraten und ihre Gedicht chen hersa ten. Von dieser Gewohnheit wurde au nicht« abgewichen, wenn Be such bei der Mahlzeit zugegen war, da die Gäste meistens an dcn tindlichen Bortriiaen ihre Freude hatten und die Kinder zu des Vaters Genugthuung teine Spur von Besangenheit zeigten. ) Es äraerte ihn, bei seinen Söhnen eine gewisse geistige Trägheit feststel len zu müssen. Qstar begnügte sich da mit, die wedichte vorzutragen, die in der Schule durchaenommen und aus wendia gelernt ivurden.Rolf, der kleine, hing gen erhettelte sich meistens dle Er iauvnisi, ein Liedchen singen zu dürfen. Weit besser aber als die Kinderliedeh die seine Mutter ihn lehrte, gefiel-n ihm die Soldatenlieder, di: sein Onkel und P.itl«.e, der lustig: Leutnant, ihm beibrachte, der ihm den kleinen Zielen der Inbegriff aller Vollkommenheit war. Seii:·Leiblied ro.ir: »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los«, und der lleiire Knirps erzielte stets einen großen Erfolg, wenn er mit seinem hel ten tinabei«st.ninichen den Kehrreini sang: »Bist doch ein ehrlos erbärm licher Wicht! liin deutscheg Miidcten küßt dich nichts-« Lore war oie einzige-, die mit wirt licher Liebe zur Sache ihre Sonntag-Z auigabe eriiillte. Sie hatte, wie die Mutter, ein siir Schönheitund Poesie empsiinolichxg G.niii:h nnd lebt: schöne Verse, wie sie Blumen« Vooelsang und Sonnenschein liebte. Da si: außerdem leicht nnd schnell lernte, setzte sie, zu des Vater-·- Ifieude einen gewissen Stolz darein, jeden S-.nnta«.i ni.t einein neuen StiicLin aufzuwarten S: sehr sie aber siir die Gedjchte schwärnite, welche die Mutter ihr zum Answendiglernen tin-suchte: die Geschichte dsni Baum chen, d.::z .iii3’ie Blätter th gewollt, don der wandelnden Glorie od:r doin schlafenden Apfel die Billaden, die Ost-it meistens vertrug, erschienen ihr doch weit schöner» Sie begriff nicht recht, warum sie für diese herrlichen Sachen noch zu klein sein sollte-. Osiars Prunl und Paradestiiek »Der blinde König« kannte sie d:ch vorn bloßen Zu hören schon ganz auswendig Ontel Rols war einmal unerwartet dazu gekommen, wTe sie, ««ni Kinder ziinmer aus dem Schemel stehend, mit großem Pathos-i sprach: »Gehs, Räuber, aus dem Fe suerließ die Tochter mir zurück! Jhr Harsenspiel ihr Lied so süß, ::a·.« meines Alters Glück« -»— und behauptete. dass eine große Tragödin in ihr stecke. Er ahnte nicht, daß diese Liebhaberei seiner kleinen Nichte ihm einmal ver hängnisvoll werden würde. — —- — Die Zeit der Rosen war in’H Land gekommen, und mit ihr erschienen die erwarteten Gäste: Madame de Raoin, die« stets in schwarze Seide eileidet, mit dem ieinen Spifzenhäub » n auf dem weißen Scheitel, ehr stattlich und vorneh:n aussah, und ihre Enkelin, Mademoiselle Claire, oder Fräulein Clärchen, wie man im Schütz’ichen Hause sagte, von der Lore behauptete, daß sie aus-schaue wie Schneewittchem sc weiß wie Schnee, so roth w.e Blut, so schwarz wie Ebenholz. Wenn die Großmutter des Morgan Brunnen getruriien, gegurgelt, inha lirt und gebadet hatte, pflegte sie sich aus ihr tahleg Zimmer zurückzuziehen und einen aroßen Theil des Ta es bei grabgelassenen Vorhängen au dem oriJa zu liegen. Sie litt es aber nicht, dasz ihre Entelin lange bei ihr blieb, sondern schickte sie hinuner in den Gar ten, wo im leuchtenden Sonnenschein die Rosen zn Hunderten blühten. Gär chen folgte diesem Gebote gern, und wenn Doctor Schütz aus seinemSprech zimrner in den Garten blickte, sah er« häutig ihre schlanke Gestalt in dem ros Batisttleidchen zwischen den Rosen stiicken hin und ge ehen, indem sie hier die verweilten liiZhen abschnitt, dort eienen Zweig besestiste oder sur tin-« nend eine schöne Rose mische-nie Denn sie liebte die Reises-sehn san-eilen gesellte steh Jemand zu ihr, der auch die Rosen liebre: ein junger Mann, in dem man, troh seines hellen CiviltL an seiner xtsbräunten Gesichts iarbe nnd der knieen Stirn, an einer gewissen Straiib t- desz Gangcs und der Haltrna soc-et ds: Oss«zier er l·n:1t· und dzxi eine s’a.!e Familien ä!-nli-.Jk:it alr- den k(tr-...er der blonden Frau Doctor tenn»rci-«bnc2. War es nicht natürlich, daß er an diesen warmen Sommertagen, wenn der Dienest es erlaubte, die staubige Garnison Verließ, um in dem nahen, so reizend zwischen waldigen Höhen gelegenen Kurort, die Schwester zu be suchen» War es nicht ferner natürlich. daß er sich, wenn er den Schwager mit den Patienten und die Schwester mit rein Hauslsalt oder den Kindern be iebtiitiat der Unterhaltung von Flau lein Clärchen widmete, tsie doch gleich sam ein Gast des Hauses- war? Tras er sie nicht bei den Rosen, so suchte und sand er sie häufig mit einer Handarbeit befchiiftiat in der liihlen Weinlaube am Ende des Gartens. Aber merkwürdig war es, daß dort im mer die Unterhaltung so leicht Ver stumnrte, daß er mit den Blicken im mer dem Spiel der Sonnenstrahlen folgen mußte, die über ihren dunkeln Scheitel, über die weiße Stirn, iiber das feine Nägchen und die rothen Lip pen buschten Und ob auch ihre Augen Iauf die Stickerei gerichtet waren, sie mußte den Blick der seinigen wohl süh len, denn unter den gesenkten seidiqen Wimpern färbten sich ibre Wangen im lmer tiefer. Dann war es oft wie eine Erlösung, wenn Lore herbeistiirmte oder der tleine Dicke, und mit ihrem lustigen Kinder plaudern und Lachen die Stille unter brachen. - l So vergingen die Wochen. Mada me de Ravin sprach schon davon, zur Nachiur in ein Seebad zu reisen, als sie eines Taaes ——— es war Samstags Mittags —- die Nachricht erhielt daß ihr Vetter aus der Provence die Ab sicht hatte sie am nächsten Tag-e zu be suchen· Für den folaenden Sonntag hatten Herr und Frau Doktor Schutz ihre Sommeraäfte mit einiaen näheren Bekannten zu Tisch aebeten, und sie zö aerten nicht, ihre Einladuna auf den Verwandten ihrer verehrten Madame de Ravin auszudebntn die in sichtli-«er Erreauna diesem Besuch entaeaensah. Nachmittaas lam Lore iur JJtutter mit der Bitte, ihr ein Gedicht auszu fuchen, drch diese. mit den Vorberei tunan siir die Gesellschaft beschäftigt sagte, sie möae nur nach eiaener Wahl etwas lern:n. Ti« Clsine durchblätterte ihre Bücher trifft-S prscllte ihr recht aefallen . "-a benitrtte sie auf dem Tisch dass Lesebush Les Bruders. Er freut nahu sie es- an sich und ging ver aniigt mit diesem C has in den Gar ten, um sich dort unaestort itirer Aus gabe tu initmrn. « Fiinter der Laube zwischen den Hol liinrerstriiuclrn hatte dcr Gärtner am Moran das srisrlmescjynittene Gras an der Decke ausgeschickt-et Tag diintte Lore ein anqenetimes Plättchen Sie i;·. ichte eg sich auf de n neichen Laaer beauem und schqu disk-. zcl aus. bil leich das erste G: dieb« aeii It ihr iiber die Maßen. 653 irar »Der Jänner-« von Goethe. Mit halblauter Stimme las lsie die Verse. Ale sie gen-de im besten Zuae star, hörte sie Schri. te. « Onkel Rols und dass ,,himmlische« Fräulein Cläretien l.imcn zusammen den Riesidea herunter aerade aus die Laube zu. Heute aber scherzten sie nicht mit einander. (.5l·circhen erzählte anscheinend etwas sehr Trauriqu denn sie fuhr sich von Zeit iu Zeit mit demBatisttiiehlein iiber die Blut-rein und der Lieutenant machte ein sclxr bestürz »tes Gesicht. Als sie aber bei der Laube anaelanat waren, da leate er feinen Arm um die schlanle Gestalt und zoa sie hinein in die ariine Dämmeruna, da trocknete er ihr selbst mit dem Tiichlein die nassen Wimpern und tiiszte sie auf den Mund. Und sie lächelte unter Thränen und saate nichts weiter. als: »Du Lieber«, und er nahm ihr dunkles Köpfchen zwischen seine Hände und sah ihr tief in die Augen. Dann lächelte auch er, sein sorgloses Lächeln, das ihm so qut stand, und sprach: »Du wist zu mir halten« Er setzte sich auf die Bank, zog Clärchen zu sich auf feine Kniee und sprach sehr lieb und ernsthaft mit ihr, aber so leise, daß Lore seine Worte nicht verstand. Und wenn Clärchen lächelte. liißte er sie und wenn sie weinte und saate die Großmutter wücöde es nie zugeben, dann liißte er sie au . Lore sah das Alles in ihrem Win kel, während sie ihr Gedicht lernte. Sie wunderte sich weiter nicht darüber, hatte Onlel Rols sie doch so manches Mal aus seinen Knieen qeschautelt. Sie sand es nur furchtbar nett von ihm· dasr er das himmlische Clärchen so schön tröstete. — Die Sonntaggmahlzeit am nächsten Tage stand unter dem Zeichen der Ver stimmung. Madame de tliavin war reizbar und verdrießlich: ihr Vetter, ein stattlicher, älterer Herr, schien auch nicht heiter gestimmt zu sein und sprach wenig. Clärchen sah blaß und vermeint aus und blickte trampshast aus ihren Teller. Die ungezwungene Fröhlichkeit die sonst im Schlin’schen Hause herrschte, wollte in Folge dessen auch bei den anderen Gästen nicht recht aufkommen Die Hausfrau empfand schmerzlich ide Abwesenheit chres all zeit lustigen Bruders-. der wegen einer dienstlichen Verhinderung am Morgen nicht hatte kommen können. Erleichtert athmete sie aus, als er - gen Ende der Mahlzeit endlich erschien und sich unten an den Tisch ,zu den Kindern setzte. Aber auch er schien seine gute Laune nicht mitgebracht zu haben. Selten hatte man die Vorträge der Kinder so sehr als angenehme Unter brechuiig.enipsuiiden, wie Muth Titels, der Kleine, sang Zuerst »Ich hati’ einen Kameraden«, nach einem Kampf mit der Mutter-, tis ans begreiflichencdrüw d:n ltcxitz nicht erla1·ben wollte, da«3 er sang: »Bist doch ein ehrlos erbärm licher Wicht! Ein deutsche-? Mädchen liisit Dich nicht« Dann trat Lore an. Sie sah in ih rem weißen Mulllleidchen mit Ver blauen Schärpe und dem langen, offe nen blonden Haar allerliebst aus und sprach. wie immer, klar und deutlich. Man folgte ihr mit lächelnder Auf merksamkeit. Plötzlich aber lachte On tel Rols hell auf, und auch die Anderen gemiihten sich vergeblich, ernst zu blei en. Sie hatte gesagt: Der Sänger drückt’ die Augen ein — Und schlug in vollen Tönen. — Die Ritter schauten rnuthig d’rein — Aus ihrem Schooß die Schönen.« Lore brach bei dem Lachen ab, schau «te, mitten aus ihrer Begeistcruna her ausgerissen, verwirrt Um sich und fing an zu meinen. Der Vater zog sie in seine Arme und sagte begiitigend: »Du Närrchen, warum denn weinen?« »Warum lachen sie denn?« fragte die Kleine. »Du hast Dich versprochen,« erklärte der Vater, »Du sagtest, statt »und in den Schoose die Schönen," ans ihrem Schoosi. Da mußte man ja denken die Schönen hätten aus dem Schooß der Ritter aesessen.« . Lore sah ihn verwundert an. Sie schien diese Gruppirung ganz natürlich zu finden. »Thaten sie es« denn nicht?« fragte sie. Wieder lachte Onkel Rols. Da warf ihm die Kleine einen zork en Blick zu und sagte deutlich, so dan Jeder im Zimmer es verstehen konnte: »Warum lachst Du. Onkel Role GesternNaeh mittaa hat doch noch in der Laube Fräulein Clärchen auf Deinem Schooß gesessen!« —- — Die Wirklan dieser Worte war un besch·reiblich. Der Leutnant war aanz blaß. das arme Clärchen purvurroth neworden Die Großmutter erhob sich schwankend von ihrem Sitz und schien einer Ohnmacht nahe. Doctor Schüt; sprana aus und führte sie hinaus. Mit aemessener Miene folgte der Hrrr Vet ter. Cliirchen sah sich in der Thtir hilsesuchend nach dem Lieutenant um, der diese Aufforderuna aar nicht ahne wartet hatte sondern schon neben its-r war und mit ihr das Zimmer verlies-» Die Anriictbleibenden konnten ihre.s)ei— terleit nicht aanz unterdrücken und wchselten belustiate Blicke-· Tsie Hausfrau ließ den Fiassee brin gen und versuchte mit wenia Erfolg, ein tiarmloseg Gespräch in Gang zu bringen. Endlich nach einer Ewig teit schien eii ihr --— lam ihr Mann zu rück. Lir stellte sich an seinen Platz nnd sagte: »Meine lieben Freunde! lsine der laute Aeuszerung meins Tochterrhnk hat Jljii·«n Verrsitherh was mass —-« Plötzlich kam es- ihm nun Bewußt sein, das-, er im Begriff war. eine tltede zu halten. lir verlor den Faden, wi-· ,derholte ,meinTi-·chterchen«, verstumm te und blickte rathlog um sich. Da öffnete sich die Thür, nnd Lorcsp die vor einer Minute hinausaeschtüdst war. erschien niit strahlender TUtiine »Ontl Noli und Taute lslarchen sind ein Venutwar«, meldete sie, »und wir werden zur Hochzeit Alle eingela den!« Und da gleich Hand in Hand hinter ihr die Gliittlichen erschienen, bemäch tiate sich Rotf, der Kleine, des Väter lichen Weinalases und ries: »Das Brautpaar lebe hoch!« Alle stimmten freudig ein, und Doktor Schiitz konnte mit einem Gefühl der Erleichterung feststellen, daß, Dank dem rechtzeitigen Eingreifen seiner Kinder, seine weitere Rede überflüssig geworden war. tells man sich einigermaßen über das unerwartete Ereigniß beruhigt und wieder Platz aenommen hatte, ergriff der glückliche Bräutigam die Hand des Arztes und sagte herzlich: »Ich danke» Dir, Schwager«, denn er wußte wohl,’ dase ohne seine Vermittelung die Sache nicht so glatt abgelauer wäre. l Dieser aber antwortete lachend: »Be-« danle Dich bei Lore.« »Ja, sie ist ein Prachtkerl,« sagte der Lieutenant, indem er die Kleine, die geHi rade neben ihm stand, aus seine Kniee zog und küßte. i »Nun sage selbst, Tante Clärchen,«j rief Lore, »ob er es nicht gestern ebenso mit Dir gmacht hatt« Warum nur die großen Leute darü ber wieder so lachte-F — l Die ,.»ltataitle des Haus« in Paus. Fast ebenso ernsthaft wie ein ganzer Generalstab saßten Die Herren, die zum limnite der »Bataille des fleurs", der »Blumenschlacht«, in Paris gehörten, ihre Aufgabe aus, und wahrlich, sie fanden aus exponiertem Platz, denn die Augen von »tout Paris« waren aus sie gerichtet ---—— nicht feindlich, nein, ges tris nicht, sondern nur voll Erwartung auf all das-, was sich da an Pracht entwickeln würde Nur ein einziger Feind, der dafiir aber um so gefährlicher trar, drohte aug verborgenem Hinterhalt, und das war der Regen. Ein Blumenfesrund Reaen—dabei muß natürlich alles zn Elsasser werden. Aengstlich sahen nicht nur die zarten Kämpferinnem sondern auch die Herren der Schöpfung auf das Wetterglas, und das fiel und iel und schwankte und schwankte ber da plötzlich, gleichsam in zwölfter Stun de, fiel es dem Wetter las ein, auf «schön« zu steigen, und arnit war die Schlacht der Blumen gewonnen, ehe sie« nich geschlagen war. Cine kleine Veränderung gegen die früheren Jahre war insofern getros sen, als das Fest niat am Vormittag, sud rn erst zur, lbeure du BoiS« , d. l).1m drei Ulr, beginnen soll te, und das irar nach dem allgemeinen Wunsch der Theilnehmerinnen, da bis zehn Uhr Vormittags die dustende Ausschmiick-s ,1ng der Wagerf nur mühsam vollendet werden konnte. Doch lange vor der festgesetzten Stunde war vom »An de Triomphe« bis zur »Porte du Bois« und von der ,,Route des Sablons« bis zur »Cascade« jeder Stichl, jede Bank, jedes nur einigermaßen zum Sehen: günstige Plätzchen von der schaulusti gen Menge besetzt. Der Anblick der! ,,9lllee de Longchamps«, wo die Blu menschlacht vor sich gehen sollte, wars ganz entzückend, denn außer dem fri scken Grün der Bäume, welche sce zu beiden Seiten umfassen, waren, soweit das Auge reichte, in künstlerischer An-l ordnung Blumengewinde in Bogen som. über die Breite der Allee ge-! spannt Und durch diese geschmückten Wege kam nun der bunte Zug all der entzückenden Schöpfungen, die das Le lser der Eintagssliegen fiibren sollten in ihrem ebenso schönen, wie vergang lieben Putz. Und doch nicht so ver-· l l s l l l ganglich, Dank den Herren des Somi teL, die durch ausgefetzte Preise für bleibende Erinnerung gesorgt hatten.! Zum erstenmal kamen außer den Pan-; nern auch goldene Medaillen zur Ver theilung, unsd das ist ein gar hübscher Gedanke, denn ein Banner kann dies t-reisgekrönte Siegerin kaum in ihrem Saan beim »five o’eloek« den Blicken rer Besucher zeigen, aber eine goldenel Medaille in« feinem Etui findet auf je-’ der Etagere ihren Platz, zumal wenns sie, nsie beim diesjährigen Blumenfest, von der Künstlerhand eines Roty stammt. Ein wahres kleines Kunst wert hat der Meister geschaffen: auf einer Seite vrangt ein feinstilisierter Blumenstrauß, auf der andern der gal lische Hahn, der munter der ausgeben den Sonne entgegenkräbt. Freilich, die Herren Preisrichter bat teu einen schweren Stand, denn die Fülle des Schönen war übergroß, und der Medaillen und Banner war nur eine kleine Anzahl. Blumen, nichts als Blumen, wohin das Auge auch siebt! Halte Buggi55, denen durch pbantasti sdfen Ausputz die Form Von Bienen trrben oder Schiffen gegeben irarx ele gante Vietorias, deren Radsveichen, mit Tüll übersvannt, den schönsten frischen Blumen zur Unterlage dienen nursitem leichte Zweirüder, Bienelettes gTankem und Automobile, die fast ganz mit Blumen bedeckt und gleichsam in , Laub-en verwandelt trareiL · Trch wie all die Veiörderungsmit «tel auch beißen mögen, sie waren ja gnur die schönen Hüllen fiir den schütte «rc:: Kern, d. h. fiir die Damen, die sie «kcrgcn. « i «!« Er wollen uns von dem geübten Zuge der Jury leiten lassen und ans idir Fülle des Nebvtcnen die Preigaess f t1·i«r-1en, die glücklichen Bestizerinnen der . goldenen Medaille neransgreifen »Den IT««I:..en di: (««l«re,« lieisrt eg, aber leider nxiissen irir einen Herrn zuerst nennen.l 1Tieser grofze Herr ist ein kleiner Kna s« Hise ver neun Jahren. Er lenkte mit! Hirtercr Hand scincn kleinen Litagein irr Durch Kernllumcn und Llehren in» s eine «l«3indiiiiittli« verwandelt lett1r.’).ltit:. ster- in der ««tlllee des ««.)leaeia-J' wurde til-m Halt geboten, die Medaille und ein» Meutrer unter dem Jubel Der Menge "iibeiieickst, und nach höflichem Dante stbr der kleine Mann voll Freud-.- inj feinem zierlichen Gefährt lächelnd da von. Wahrhaft schön war ein anderer Wagen, der ganz und gar, selbst das« Zaumzeug der Pferde, mit weiss-en Orchideen geschmückt war. Von der Toilette der Dame tonnte man vor Blumen nicht viel sehen; Hut, Schirm,! alles war übereinstimmend mit dem Wagen, mit Orchideen geschmückt. s Eine andere Dame saß scheinbar in einem Blumenschisf; ganz mit Rosen geschmückt, über die leichter Tiill ge spannt war, erschien sie selbst wie eine Rose in einem rosa Linontostiim mit rrsageschmiieltem Hut und Sonnen schirm. Eine bekannte Marquise saß mit ihren Töchtern in wunderhiibschen weißen Toiletten in einem Wagen, der n:it weißen und gelben Blumen, mit Hortensien und Rosen geschmückt war; ein Blumenbogen war iiber den Wagen gespannt, und herrliche aelbe Federbiis schel prangten aus den Köpfen der Pferde. Von einem dritten Waaen waren Iris und Mohnblumen als ein Schniu gewählt. Die Jnsassin hatte, den Farben entsprechend, aieichsaniei e rosze rothe Mohnblnnie als Son nenschirm gewählt. Ebenso wie die vrrher Genannten hatte ein Herr mit seiner ,,Charette anglaise en tandem« eincMedaille verdient. Die Ausschmiicb ung war ganz eigenartig. Dis minn zeug der Pferde weiß, und oer ganze leichte Wagen überschiittet mit :oeis,i«n Pampasgras und Urbiqen Blumen Jn tiesem weichen Bliiikieniiest sahen drei reizende Damen in weissem Cre Ptchine-Kleidern; die großen weißen Schäferhiite verdeckten neidisch den Blicken der Neugierigen nur zu sehr bit graziösen Köpfchen der ,ns.i««scn. Hin und her flog n die dustenden Geschosse zwischen der »Kavallerie« und der ,,Jnsanterie"·, d. h. zwischen den schönen Wageninfassiv :«sn und Sen schönen Fußgängerinnen, und wenn man bei ersteren die Pracht der Blu men, so konnte man bei letzteren die hübschen und neuen Toiletten studie ren · Eine an reizende Ueberraschung hat zum eiipiel ein großer Schneider den sporttreibenloen Damen mit eitlem Rcdlerinnentostüm aus Hornesrnn« bereitet, dem Handges innsi aus natur fcibener Wolle der Hotttschen Schafe. Die Kostüme sehen ich aus einem ent zückenden ,,Bolero« und einein ,-..«"«upe cu-lotte« zusammen, und zu diesem ges-» hört ein sogenannter .,mac-farlraie«« aus demselben Stoff, der es der Rad lerin beim Absteigen ermiiglicht, sofort in einem Promenadenkostliin zu erschei nen. Eine andre Ueberraschung litt-sen die mit Flittern garnierten Sonnenschir me.l Bis jetzt hat man sich der zslitlern rur als Kleiderbesätze bedient. Nun sieht man schwarze nnd weiße Selxirine mit Stahl-, Gold- oder Silberflittern ühtrsäet, die außerordentlich hübsch mitten. Neu sind auch die »Echarpes« aus ,,mcusseline de soie«. Um den Hals geschlungen, mit breiter Seh-leite unter dem Kinn, fallen die Enden bis auf den Rcctsaum Drei bis vier Ward lang, in der ganzen Breite des Stoffes, bil den diese leichten »Echarves« einen gra ziösen Schmuck zu den duftigcn Cont merstoffen. Sehr beliebt ist als neue sten Genre das Muster »Petit poids« - Tut-sen in weiß oder farbig, aber im· mer vom Grundton des Stoffes abste chend entweder flach eingewebt oder aber hoch aufliegend. Nicht neu und doch immer hübsch sind die Blusen in weiß, und zwar ,,genre eanezon« in ,,linon« oder ,,mousseline« mit kleinen Säusmchm Die Ausführung ist die Hauptsache, Besatz fehlt ganz. Jhr ein ziger Auspuiz find kostbare Knöpfe, klein und winzig, aber je kleiner, desto kostbarer, da dann nur Edelsteine in kunstvollster Goldfassung verwendet weiden. Indessen nimmt die Blumenschlackxi fröhlichen Fortgang. Silberhelles La chen ertönt hüben und drüben. Beson dere Heiterkeit erregt eine Droschke mir der Schreckenszahl No. 1.3, ganz mit gelben Narzisfen geschmückt; alt war der Wagen, alt das Pferd und alt der Kutscher, der eine reizende Schauspie lerin durch die slleen und uin den See fahren mußte. Manche der Zuschauer virmißten die mit Schneeball ge fehniiickten Regen die beim vorjährigen Vlumenfest so große Freude erregten· aber man kann nicht alles zugleich ha ben Jedenfalls konnte ntin bei Tct diegjährigcn »Bataille des Weins-« nicht von »der Welt, in der snan sile langweilt«, trohl aber non »der WeltJ in der man sich amiisirt", sprechen. Tit Herren und ver allein die Damen konn ten wohl zufrieden fein, denn das Ziset loar ein Triumph sur »Mit MONEY dasJ gerade dieses Fest zu ten belieb xesten der Saifrn rechnet Born-; s!«e«!e. Tit Nacht O, reitet mich, Götter, vor Ungemach, Die Schreckliche folgt meinen Spu ren, Sie klammert sich an mich, sie setzt mir nach Mit Reimen und Karrikaturem Wohin ich auch blicke, ich sehe nur sie, Die ich nicht erbat, noch erwarte, Jch möcht ihr entrinnen, doch weiß ich nicht wie! Der graszliche —- Ansichtskarte. — Des Moigeng beim Fiasfee, wenn kaum ich dem Bettt Mit frönlichcr Miene entstiegen, Da sel) ich sie schon auf dem Früh stücksbrett Zu halben Dutzenden liegen: Ein Gruß aus Dresden, ein Gruß vom Rhein, liin Greis-: aus Heiliaerode, zwei Turnerarijße aus Frankfurt am Main, Drei Grüße vcm Thale der Bode. — Wenn ich nach reichlichem Mittagsmahl Mich g’rad’ auf das Sopha gegos en, Da kommt schon mit neuem Material Der Träaer der Briese geschossen: Ein Gruß vom Festspiel aus Jtzeh-e, Ein Gruß aus der »Künstlerklause«, Vier Radlerqriiße vom Züricherseh Ein Biergruß vom Hofbriiuhause. lMir sträubt sich die Männe; ich jam , merk-: Oh! , Und hebe zur Flucht die Füße, — Da liegen in meinem geliebten Bü ! reau l Schon wiederum neue G iiße: Ein Gruß aug Böhmen vom Pilsener Bier, Zwei Grüße — ,ich ienne die Weise! Ein Gruß aus ——, in den Papiertorb mit dir! Jetz mach’ ich mich se bit ruf die eise! « Jch sah auf dem Berge den Herrn vom Quartier, Den schmunzelnt en Wirth mich er warten, »Ich bitt’ um ein Gläkchen Aktienbier Und ILU Ansichtskarten«. Und nun mit dein Bljck des gequälten Mann’g Beaann dag Gtschick ich zu preisen: Ein Gruß an Julius-, ein Gruf; an Hans, Ein Gruß an den Stanimtisch Meißen, — Ein Gruß an Minna, zwei Grüße an Kunz — Jch komm schonhld ihr Kartcngruß el d!en Drei Ansichtsgrüße an Isidor Zuntz Heut kann ich’s Zuck; redlich vergel en Zwei Grüße vom Berge, mit Verse verziert, — Ah wart nur, mein Engel wartet — Und alle schick ich unfrankirtt — So rächt sich die Uns istartel il — Buse.