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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 11, 1899)
Ver sein-etwa Es wich die Qual, vom Schmerz nicht mehr geschiiet, N kehrte noch die alte Kraft nicht wieder, Nur linde Mattigkeit geht durch die Glieder, Daß kaum die Seele noch den Leib verspürt. Ich fühl’ den Sonnenstrahl, der mich berührt, Ganz sanft nur durch die leicht ge fchloss’nen Liber; Ein Vöglein läßt auf nahem Zweig sich niedet — Jch hör’ sein Lied und hab’s doch kaum gespürt. Jch denke, und doch sinds Gedanken kaum; Wie seltsam lieg’ ich wach in Träu merei’n. Wie schweb’ ich zwischen zweier Welten Raum! Leb’ ich, bin ich auf Erden noch hie-« nieden? Mich dünkt, ich ging in die Gefilde ein, Wo fel’ge Ruhe ift und ew’get Frieden. MarieObetdieck. Eine Beaufsiqu NovellettevonGerhardWalter. »Dannerwetter, mein lieberFreund,« sagte der Maler Wendelin und hsb sein Glas gegen den Hausherrn, »das muß ich gestehen, Du hast einen Ge schmack bewiesen, der Dir Ehre macht· Solch eine Frau wie Deine, die soll man noch suchen zwischen Rhein und Memell Erlaube, daß ich diesen Rö mer mit ausgezeichnetem Rheinwem aus ihr Wohl trinke! Aber nun ge statte auch, daß ich Dich bitte, mir zu erzählen, wie Du sie gefunden hast. Wir waren ja alle über die Maßen er staunt. als Deine Verlobungsanzeige kam und auf ihr ein gänzlich unbe kannter Name stand, nachdem Jaer lang so manch ein anderer mit des Deinigen in Verbindung gebracht mir. Es wurde erzählt, Du habest Deine Braut unter ganz abenieueriichen lim ständen gesunden.«' « Die Gläser der Freunde Llanzet zu sammen. Es war eine stille laue Som mernacht. Hin und wieder flog ein Johannisiäfer wie ein leuchtender Edelstein durch das Dunkel drangen vor der Laube, in der das Wink-licht mit sanftem Scheine brannte. »Ja," sagte der Hausherr mit be-. haglichem Lachen, »weißt Du, das Le-« ben ist in seiner Wirklichieit Viel ra-« manhafter, als sich die tühnste Dichter phantafie ausdenten kann. Und wenn ich nicht wüßte, daß dieGeschichte buch fiäbliche Wahrheit ist, dann möchte ich sie selbst anzweiseln auf ihre Möglich keit. Reich’ mir Dein Glas und laß es wieder stillem und dann laß Dir erzählen. Nimm Dir noch eine Zi garre—-—habe sie noch selbst mitgebracht aus der Havannah — und dann höre zu und zweifle nicht, wenn ich Dir sa ge, daß mein ganzes Lebensschicksal duchstiiblich an einer einzigen Minu.e gehangen hai. —- Prosi Wec-.:Ielini« « Mit leisem Lauten neigten sicz Iie Kelche gegen einander. »Als-s die Sache war die, wie uner Hauswirth zu sagen pflegt· Ich hatte den Dienst als Seeoffizier mit tiefem Bedauern wegen zunehmender Kurz sichtigteit ausgeben müssen, hatte mich aus den Jntendanturdienst vorderen-: und war auch verhältnißmäßig wieder bald zu Stellung und Würden eilan tendanturrath gekommen. Bat zwei Jahren hatte ich es erreicht. Aber über all dem Studiren wars mir schier wirbelig im Kopfe geworden, und ehe ich mein neues Amt antrat, ging ich aus Urlaub nach meinem lieben Thü ringen. Ich kannte da ein Thal, still und verborgen, in dem es mir früher so wohl gewesen war. Da zogz mich wieder hin. Es war weit oon Eise nach. Ein Vormittagsmarsch genijg!e. um die Wartburg zu erreichen. In meinem Walddörslein war ich bald mit allerhand guten Gesellen detannt g. worden. Am besten gefiel rnir darun ter der Oberförster. Und mit dem hatte ich mich eines Tages erabredet. Er hatte dienstlich in Eisenach zu thun und wollte mit der Bahn hinfahren; ich ging natürlich zu Fuß. »Wenn Sie um 8 Uhr abmarschiren, sind Sie um halb zwölf Uhr aus der »Hohen Son ne,« wies er mich an. »Dann stärken Sie sich nach dem Marsch bis 12 Uhr und sind dann mit dem Schlag 1 Uhr da, wo die eleltrische Bahn im Ein g·ing tes Annathals hält. Da erwarte ich Sie und wir pilgern dann zusam men auf die Warthurg. Später zie hen wir uns thalabwärts und essen im neuen »Rodensteiner«und trinken einen guten und nicht zu kleinen Tropfen tmqu Und das alles sagte der Mann mit einer Ruhe, als ob es sich gar nicht um das Lebensglück zweier Menschen dabei handelte. Das konnte er freilich auch nicht wissen. Wir tranken unse Zan fSehoppen aus und gingen nach n e. Schöner- tonnte ein Irühlingstag nn Paradiese Hat nicht aufgegangen sein, als det, welcher mit dein folgenden Ta Grad Seligen Muthes ging les - M , und gela te schließlich M II in'. la»ttte ich mich und sah mit fröhlichen Augen on dem grotesken Felsgebilde hinab ins blühen-de Thal, wie es in aller Berges pracht da unten sich ausbreitete; und nach Genqu eines Cognacs und einer Schinkensemmel ging ich, nichts ah nend, fürbaß Wie ich aber nach der Uhr sah, da bemerkte ich, daß ich diese Frühstückspause doch ein bischen zu. lange ausgedehnt hatte für meine Ver hältnisse, und als ich die gelben Man-« ern der ,,Hohen Sonne« un Sonnen glanz leuchten sah, da war Eil-Z statt 1312 Pänktlichkeit war nun von jeher meine Kardinaltugend, und so besanon ich denn schnell, um meinen Obecföriter nicht warten zu lassen· dort aar keine Rast zu machen, sondern nur einen schnellen Blick auf die Wartburq durch den berühmten Ausbau in: Walde zu thun und sofort den Abstieg zur »Dra chenschlucht« zu machen. — Schick sal! Jch ging also ohne mich aufzuhalten an allen Kellnern und sonstigen Lebe wesen vorbei auf den Wartburablick zu. Kaum war ich an das Gitter bekame treten, da fiel mein Auge aus ein Ge fährt, das aus dem Walde vor mir ge rade herauslam«, bespannt mit einem braunen und einem weißen Pferde. Letzteres zog meinen Blick an. Und nun sah ich, wie in dem Wagen ein Herr und eine Dame fassen. Jm sel ben Augenblick aber durchfuhr es mich auch im freudigen Schreck. »Ursinus!' rief ich laut. Das mußte ja mein- lie ber alter Kamerad on der Welteeise auf der »Elisabeth" sein — und im Nächsten Moment war er aus der Ka lesche gesprungen und stand vor mir am Gitter und wir schüttelten einan der herzhaft die Hände. »Mein lieber Degenbart!« hörte ich die wohlbekannte Stimme, und sah ihm in die eh..ichen, blauen Augen. Wir hatten uns »a tempo« erkannt. »Gebt mir nicht qut,« saate er; »in-b viel Leid und Aufregung erfahren und fahre nun -—— gehen part ich man viel-— aus Urlaub in den Thüringer Wald. Wollte hier überhaupt gar nicht hal ten, sondern geradenwegs nach Rudla durchfabrenx aber nun ich Sie bier ge sunden habe nach manchem Jahr, da will ich doch den Augenblick festhalten. Wo wollen Sie bin?« »Na-eh Eisenach,« sagte ich fröhlich. »Schön, wollen Sie mich mitneh men? Das heißt später· Dann fahre ich mit meiner Nichte aus Umwegen vo raus-. denn Sie werden doch geben wollen —" »Ausaezeichnet! Und treffen uns nachher im »Nodensteiner«. »Kenne ich! Sehr gut. Um 4 Ubr?« »Famos, Sie alter Ursinus, Sie!" »Lisbetb, komm mal bei-I« rief er zum Wagen hinüber. »Ein alter Ka merad von der Weitreise!« Ein reizen des junges Mädel. dunkelbaarig, mit blauen Augen und dunklen, scharfges aeichneten Auaendrauen, entstiea leicht fiißig dem Wagen —- »so schlank wie eine Tanne« —- — — »Aba!« unterbrach der Maler den Freund Im Erzählen; «nun abnt mir was! Jetzt schent erst mal wieder ein; die dunklen Augenbrauen ertenne ich wieder; — sie sollen leben!« Der goldene Wein rieselte in die Gläser. Arn Himmelsausschnitt vor der Laube stand jetzt duntelgolden der Mond. Fern im Walde ries das Käuz lein und ausrauschend subr der Nacht wind durch die Krone der blühenden Linde — —- — ,,Da stand sie vor mir als ein liebliches Geschick,« fuyr der Raty fort, »und reichte mir die Hand. Ein süßes Geschöpf, daß es mir wie eine wehmü thige Freude durchs Herz zog, als ich ihr in die großen, klaren, tiefen An gen blickte. — »Jbres Mannes Herz darf sich auf sie verlassen!« ging es mir, dem Professorssohn, plötzlich und un vermuthet durch den Sinn beim kurzen Schauen in diese reinen, Leachtcnteu Steine. Der Blick entschied übe. mein Leben. Vor mir der -’5riib;ing, Jsm mich der Frühling, in mir der Früh ling.« — »Halte meine kleine Nichte vors GI tha aus mitgenommen; sie weiß so gut Bescheid im Thüringer Was-I sagte er herzlich, «dars ich sie mitbringen in den Rodensteiner.« Ob ich ja sagte!« »Auf Wiedersehenl' — Da fuhren sie hin. Und ich ging abwärts zur Drachenschlucht. Freude im Herzen —- Um ein Uhr traf ich meinen Otter förjtery der gerade der elektrischenBalckt entstieg. »So ist? recht, rief re mir» zu, ,,Piinttlichteit ist die Höflichkect der Könige und der Soldaten!« Und pünktlich um vier Uhr fuhr der Wagen mit dem Korvettentapitän und feiner Nichte vor dem »Rodenit:«:-:r« vor. —- Wurden das köstliche Stun den da! Tausend alte Erinnerusiqen wachten auf. »Wissen Sie noch?« und ob ihnen klangen die Römer zu sammen, und holt-selig und schön saß Lieschen mit ihrem Becherlein zwischen den frohen Gesellen, wie eine liebliche, freundliche, kluge Fee. Und tiefer und immer tiefer sah ich ihr in die herr lichen Augen. « Die Stunde desAbfchiedö schlug. Jch zog den Kapitän beiseite. s »Ursinus, Sie wissen, daß ich kein Windbeutel bin, nnd ich weiß, daß Sie keiner sind. Was sagen Sie, wenn ich Sie frage, ob ich Ihre Nichte heirathen cann? Ich habe solch’ Mädel noch Ziehtd gefunden zu Wasser nnd zu art .« a- sah mich an, an hatt- vck eins neben ihm ein esch chlag en. I »Aber Men chl« —- stotterte er — »Sie hat keine Groschen!« »Ich habe Groschen genugt« s »Sie ist Stühe in einem großen Hause —« »Dann kann sie auch meine Stütze im kleinen Hause werden —« »Sie verdrehter Kerl, Sie!« sagte et zum Schluß, und bearbeitete meine hand, ,,immer noch der Alte Aber denken Sie daran: es eht nichts über kaltes Blut, sagte der alamander, da saß er im Ofensener.' ch küßte Lieschen die hand zum Ab chied und dann dauerte es noch ein Jahr-. Und seitdem habe ich sie oft auf; den süßen Mund gelüßt, und ich binj ctn glücklicher Mann im Schein ilirers 5Plagen geworden, der mit Jedem rau fcn mochte, der behauptet, daß es ihre-s «’leiihen giebt. Konini’, stoß« an: Kein schöner Glück auf dieser Erd Als Frauenlieb, wenn sie mag werd: nrx Und Alles um eine Minute! -cnst wär’ mein Glück vordeigesahren! ist«-til werden im Himmel geschlossen, und wenns noch so unwahrscheinzich wäret« Tck Dcuslcso Humoreske von Paul Schüler.. Er wollte heirathen: er wußte nurs noch nicht genau, wen. Einmal, als wir von einem Thre- Abend bei meiner Tante heimkehrtem sagte er Du, deinei Cousine Ella, die wäre so eine Frau für mich. Diese mädchenhafie Anmutht Dieses goldblonde haar! Ich schwär me für goldbkondes Haar. Und wie mirthschaftlich sie ist! Hast du ihre selbstgemachten Kuchen getostet? Ich glaube, die könnte mich glücklich ma chen! Ein anderes Mal, als er aus dein literarischen Salon der Frau Lu iindc kam, sagte er: Du, diese Lucia re ist wie geschaffen fiir mich. Diese tollendete Weiblichkeitk Dieses herr liche, rothe Haar! Jch schwärmte für rothes Haar. Und wie begeistert sie fiir die schönen Künste ist! Mit den bedeu tendsten Dichtern steht sie aus Du unr ".u.- Da in nichts Kleinliches, nichts Spicsibürgerlichesz alles an ihr hat einen großen Zug. Jch glaube, mit der könnte ich glücklich werden. Lutinde war die geschiedene Frau ei nes Malers Böse Zungen behaupte ten, die Röthe ihr sHaareS sei nicht echt und der szieim mit dein sie glänze, sei auch nicht echt; was sie zu sagen wisse das lxabe sie gesprächsweise von anderen ausgeschnappi. Allein« würden wohl die bedeutenden Dichter sie ihres Ver trauens acwiiriigt l;ab:n,rt:enn die sckö ne Ltieinde nicht auch wahrhaft bedeu tend gewesen wäre? Hätte er sich nur endgültig fiir sic entschieden! T.nn mir selbst flößie, ich gestehe es, meine Cousine Ella ein Interesse ein, das weder in ihren selbst gernachten Kuchen noch in dem zusam zen Umstande unserer Verwandtschaft eine ausreichende Erklärun sand. Es trat mir deshalb nicht unlieb, daß ei nes Tages sein schivantendes Gemütl; eine entschiedene Wendung zu Lucia den nahm· Und das tani so. Frau Lurinde begnugte sich nicht damit, die Freundin anerkannter«Grösze-. zu sein, nein, sie hatte den höhern Ehrgeiz, neue Dichter zu entdecken und ihnen die We ge zur Unsterblichkeit zu ebnen. Es verging denn auch keine Saison, wr iiicht ein iteuer Stern an Lucindens Dichterhininiel aufgegangen wäre. Dem Dankt-gren, der einstens die Biographie rieser merkwürdigen Frau schreiben wird, sei hiermit gesagt, daß auch er ei ner von denen war, die durch Lurinde ihrem Dichterberufe zugeführt wurden. Von Hause aus trat er Jurist. Aber Bücher und Arten hatten nicht rermocht, das Künstlerische seines Wesens zu un terdrücken. Es lag ein Etwas in ihm, ein Etwas —- nun, man versteht mich. Aus seinem Antlin aber sprach eine ge wisse Schwerinuth die daraus binden tete, daß er eigentlich zu Höherm ge boren sei. Die Dichter in Lurinden’s Salon betrachteten ihn als Collegen, und da teiner etwas von ihm kannte, to hegten sie die Ueberzeugung daß sein Feld die Lhrit sei. Mit jenem seinen Instinkt der sie schon so oft aus die siahrte des Genies geleitet hatte, spür te Frau Lucinde heraus, daß eshier ioieder etwas tu encoeaen aao, und ei nes Abends-, als sie in der dämmerigen Nifche des längeren über Zweck undZiel dieses Daseins geplaudert hatten, sent te sich ihr ein feucht fchimmernder Ken nerblick tief in fein melancholifches Au ae hinein, und sie sprach das erlösende Wort: Sie find ein Dichter-! Seit diefern Abend gina eine Um wandlung mit ihm vor. Er brach fo zufagen mit feiner Vergangenheit Ei-? nen Beruf hatte et nicht nöthig, und so entfernte er denn alles, was an seine bisherige Laufbahn erinnern tonnte. Bürgerliches Gesetzbuch undProceßoro nung wanderten in eine stille Aabufe, in die weder Sonne noch Mond schien. Alsdann naan er einen weißen Bo en, lniff ihn und setzte ein Urlaubs efuch an den Justizxninisier auf. Mit einem äußern Menschen ging eine einareifende Wandlung vor. Die philiströse Ge wohnheit, sich die Haare-kurzen zu las sen, gab er auf. Es dauerte denn auch nicht lange, so tonnte seine Tolle den Wettbewerb mit den berühmten Tol len, die sich in Lucinden'ä Solon be wegten, getrost aufnehmen. Und mit den Haaren wuchs die Poesie. Schon frü ,«er hatte er Gedichte geschenkt-et Nun mehr betrieb er’i systematisch, nach den Regeln der Kunst. Er schaffte sich eine deutlche suslehre an, und seitdem der gins kein Tas, wo er nicht eine Dich tung n apier brachte. Die wurde dann ri vonr Tintenfaß zur Entde ckerin ge ragen, und ich kann wohl sa gen: es waren weihevolle Stunden, wo wir im allerkleinsten Kreise den Offen barnn en seines Genins tauschen durs ten. ch selbst verstehe ja ni tviel von Poe ez aber wenn ich sah, e die ver stan niszvolle Lurinde mit stolzem Blick nnd seligern Lächeln an den Lippen ih ies »Jungften" hin , dann sagte ich mir: jawth das is an einer, einer von den gain Großen. eine Consine Ella lachte mich zwar aus, als i die se Ansicht äußerte. Sie meinte: o gut wie der dichte sie auch schon. llein diese Kritik bewies nur, dasz man ein liebenswerthcs Geschöpf fein kann, ohne das geringste Verftiindniß fiir die Lyriti zu besitzen. Unter seinen Gedichten war eines, das sich mit besonderer Schärfe einge prägt bat. Es beaann mit den Wor ten: Jch hab es lange getragen nnd ich sann es nicht tragen mehr; ! Ich muß es dir endlich sagen: ich liebe. dich so sehr. Als er mir das vorlas, war ich hin gerissen. Du, sagte ich, das ist was-Ko tossales, diese Tragit in dem doppeltem »tragen«! Dieses Quatvolle in dem vierfachen «ich«! ! Nicht wahr? sprach er. Was meinst. du, diese Verse würden auch Ella ge fallen? J Eila? fragte ich verwundert und zu gleich beunruhigt bei dem Gedanten, daß in seinen Gefühlen ein Rückfall ein getreten sein lönnte5 was weiß denn Eila? Aber Lucinde! Ja die! Die lobt mich immer. Um so besser! erwiderte ich lebhaft. Kann ein Schaffender mehr verlangen, als von Kennern anerkannt zu werden? Ja. ja, sagte er nnd suchte nachWor ten, aber glaubst du, daß Lucinde meine Verse auch rann schön finden würde, wem ich . . . . Nun? Wenn ich keine gute Partie, sondern ein armer Schlucker wöres Jst das der Dank, donnerte ich, den man seiner Entdeckerin schuldig ist ? Nun wollte er nichts ge«agt haben und beha..tst.·te, ich hätte ign mißver s:anden. Wenn man mit einem bekannt sei, meinte er, dann halte es schwer, die Person von Der Sache zu trennen. Zu mal Frauen seien geneigt, das Vorur tt,eil, das sie sijr ooer gegen einen ge iaßt hätten. aui seine Werte zu über tragen. Warum sollte Lucinde eine Ausnahme machen? Das klang schon anders. Darüber ließ sich reden. Weißt du was? sprach ich: wenn dir an einem unbefangenen Urtheil gelegen ist, dann kannst du ja einfach sagen: einer, der nicht genannt sein will, habe dir ein Gedicht zur Begutachtuna gege ben, und du möchtest gern hören, was sie davon halte. Er dachte eine Weile nach. Dann schüttelte er mir dantersiillt die Rechte. So wirds ’aernacht, ries er, wenn ich Ella vorrede, mein Gedicht statnme aus der Feder eines gewissen Schulze, dann wird es ihr vielleicht gefallen. Nun sprichst du wieder von Ellas sagte ich, du meinst Lucinde! Da wurde er aus einmal ganz feier lich und sagte: Wen ich eigentlich mei ne, das weiß ich selber nicht. Aber soviel weiß ich, daß dieses Gedicht über meine Zutunst entscheiden soll. Beide sollen es hören. Da wird es sich ja er weisen, wer von beiden es verdient, die Lebensgesährtin eines Dichters zu wer den. Jch suchte ilfrn sein Vorhaben auszu reden. Noch ans dem Wege zu Ella gab ich ihm zu bedenken. daß es nicht unge fährlich sei, seine Zukunft von der Wir lung eines Gedichtes abhängig zu ma chen. Jch stellte ibrn vor, daß der Mensch Sklave seiner Stimmungen wäre, und daß eine schlechte Verdau ung das beste Gedicht urn seine Wirkung bringen könnte. Alles ve·rgebens: er blieb fest. Jch war sehr nieder eschla gen. Denn wenn in Ella vlötz ich das Berstandniß iiir poetische Feinheiten er wachte, wenn sie sich an der tragischen Schönheit des viersachen Jch’g begeister te, dann war er imstande und machte ihr einen Heiratbsantrag: und was sich weiter entwickeln würde das war ja gar nicht auszudenkent Und nun saßen wir zu dritt in Ellcks Boudoir. Mir war, als besände ich mich am Grabe meiner hoffnungem Er aber zog das Manu serivt des Unaenannten aus der Tasche, fuhr sich gemalisch durch die Tolle und deckanrirte: l Jch hab es lange getragen, und ich kann es nicht tragen mehr, . Ich muß es dir endlich sagen: ich liebe dich so sehr. —- l l Weiter kam er nicht. Denn hier kkach Ella in ein frbliliches und anhat tendes Gelächter aus, dessen Ursache ich vergebens zu ergründen suchte. Mit. einer Stiinme,«die vor Erregung bebte» fragte er, was denn an dem Gedichte so komisch wäre. Und sie antwortete mit liichelndem Mundes sie sei bisher dess Glaubens gewesen, daß der Douglasi vo»n einem gewissen Fontane gedichtet war-. Was für ein Douglass fragte er lnisten Was für ein Fontane2 fratztes auch ich. Aber da kam ich schön an. s Du weißt nicht« wer Fontane ists tie sie, pfui, schäme dich walt! ch ersuchte sie, bei der Sache zu bleiben und bemerlte: Jn Deutschland werden tagtäglich fo viele Gedichte ge macht, da es rein Wunder wäre, wenn sich zwis en diesem und jene-n gewisse Aehnlichteiten herausstellen sollten. « Gewisse Achills-M tief st- be slnstigt Weißt du denn. wie der-Doua Ilas an ängtt »Ich hab es etragen ssieben ht, und ich tann es n cht tra zgen mehr« —- die Aehnlichkeit geht et was weit! « Jch tann das nicht finden, erwiderte ich gereizt, ob man etwas lange trägt oder ob man es sieben Jahre trägt, das ist ein großer Unterschied» Aber mit Ella war ja nicht zu ke den: sie sinq von neuem zu lachen an.t Der gekränkte Dichter erhob sich, mach te schwei end seine Verbeugung und ging. un merkte sie wohl, was sie angerichtet hatte; allein anstatt den Vorfall zu bedauern, sagte sie nur: Er hats nicht besser verdient. Warum sagt et nicht gleich, daß er den neuen Douglas verbrochen hat« Jch begreise dich nicht, sprach ich nunmehr entschlossen, den Dichter mit Entschiedenheit in Schuh zu nehmen, die Aehnlichkeit mit dem Douglas liegt doch höchstens in den Worten! Wie kann dich ein so äußerlicher Umstand blind machen gegen die innerlichen Schönheiten, gegen die erschütternde Tragik des viersachen Du dummer Junge! unterbrach sie« mich und versetzte mit mit ihrer klei nen, weißen band einen leichten Ba-« ckenstreich, du dummer Junge, thut es dir wirklich so leid, daß mir seine Ver-s se nicht aefallen wollen? ! " Dabei· sah sie mich an mit einem Blick, fo lieb und schelmisch: wär ich nicht von Natur fo schüchtern, ich glau be, ich wäre ihr um den Hals gefallen. Er that mir leid. Noch blieb zwar Lucinde; Lucinde, deren Verständnis-z dafür bürgte, daß sie nicht am Aeußer-, lichen haften, sondern den poetifcheni Gehalt vollständig erfassen würde. Al lein mir waren doch Bedenken aufge stiegen. Mein Vertrauen zu der sieg-« haften Kraft des vierfachen Jchs war einigermaßen erschüttert worden, und ob Lurinde den Schönheiten des Ge dichtiz auch dann gerecht werden würde,· wenn man ihr fagte, daß es nichts von ihm sondern von einem gewissenSchul ze verfaßt sei, dar- ioar mir mittlerwei le zweifelhaft geworden. Mißerfolge lähmen die Schaffenskraft: ich hielt es für meine Menschenpflicht, der Mög lichkeit eines zweiten Mißerfolges vor zubeugen. Schonend bereitete ich Frau Luciude auf das- Kornrnende vor; ich sprach nur so im Allgemeinen und nannte keinen Namen. Ader sie hätte noch thörichter fein müssen, als es iizre Neider behaupteten, wenn sie nicht be griffen hätte. daß er ihr demnächft ei nes feiner Gedichte unter falschem Na men zur Begutachtuna vorlesen würde. Ich gebe zu, es war hinter-listig. Jn dessen: was thut man nicht aus Näch stenliebe? s Und wieder saßen wir in dritt bei sammen. Dies-mal war Lusinde die dritte. Und wieder fuhr er sich genia lisch durch die Tolle und begann: f · i Jch hab’ es lange aetraaen, und ich traa’ es nicht länger mebrz Ich muß es dir endlich sagen: ich liebe dich zu fehr — g Lucinde unterbrach ihn mit Abs und mit Ohs, mit Worten der Begri sterung und mit Seufzern der Ver zückung, und als er fertig war, da glänzten in ihren Augen Thronen der Ergriffenheit, nnd mit bewegterStimsy me fprach sie: Ach, hätten Sie doch das gemacht! s Da hätte man ihn sehen sollen! Eine stolze Freude leuchtete in seinen Zügen auf, und er ries: Jch hab"«g gemacht! Nun gab es kein Halten mehr: ihre Runstbegeisterung durchbrach die Schranken philiströser Sitte. Die Entdeckerin hing am Halse ihres Ent dectten und iiißte ihn einmal über das andere. Bei der Hochzeit war ich auch. —- — Wir sahen uns nur noch selten. Wie das bisweilen so geht, wenn einer von zweien heirathet: die Frau verdrängt den Freund. Meine zeitweilige Ver setzung in eine andere Stadt machte dem Verkehr vollends ein Ende. Jahr und Tag verging, ohne daß ich etwas von ihm zu hören bekam. Eines Abends-, als ich rauchend durch die Straßen ging, sprach mich jemand um Feuer an. Der Schein der Cigarre fiel auf mein Gesicht. Du disk-? sagte er und ergriff meine Hand. Nun er kannte ich ihn erst. Er hatte sich sehr verändert. Den Dichter hätte man ihm nicht angesehen. Jhrn fehlte das gewisse Etwas; die Haare trug er kurz; mit einem Wort: er sah aus wie ein Alltagsniensch Jch ahnte nichts Gutes, und richtig: er bestätigte mir, daß er das Dichten aufgegeben habe. Aber warum denn? fragte ich, du bei deinem Talent! Ach was, erwiderte er, ich habe nie eins besessen. Jch protestirtr. Wer so schöne Ge dichte machen kann wie das: Jch hab es lange getragen . . . Verschene mich, rief er und hielt sich die Ohren zu. Wie? Dieses herrliche Gedicht, dem du dein Lebensglück verdankst . · . Lebensglück! Er lachte höhnisch. Fu weißt wohl nicht, daß ich geschieden M. Geschieden? Du? Von deiner Frau? Pan wem dean sonst? O diese Weibi hätte ich sie nur eher durch s ut. Alles an ihr war eitel heuche le . he verstöndnißvølles Interesses-— Roms ie und Verstellung Sie ver stde Literatur grade soviel wie ich · . Erlaube. « - Das-Ganze im wen-c nicht- an- d ein Mäntelchen file ihre unlautetnxi Triebe. Was du sagst. Aber ich verstehe noch immer nicht . . .. Du verstehst nicht? rief ee witthend, du verstehst nicht? Glaubst du, ich werde es ruhig mit ansehen, wie sie ei nen jungen Laffen, der nichts ist und nichts kann, als ihr den Hof machen, allenthalben als größten lebenden Poe ten augschreit? Also eine neue Entdeckung? Das ist freilich hart, aber doch tein Grund zur Ehescheidung. Kein Grund? Wenn die Dankbar-s · leit dieses neugebackenen Poeten leine Grenzen kennt. Keine Grenzm sagt ich. Wir sprachen von andern Dingeans lfr erkundigte sich nach Eila, und ob sie» wohl noch manchmal an ihn dächte. Gewiss» sagte ich, und dein Gedicht gehört zu ihren liebsten Grinnerungem Was üir ein Gedicht? Nun, du weißt schon: Ich hab es lanae getragen Nicht mdglich Damals, als ichs ihr vorlag, hat sie mich doch ausgelacht. Fa, damals. Jetzt lacht sie nicht nre r darüber. Er seufzte. Jch hätte mich doch lie bes stx sie entscheiden sollen. Mit ihr ware· ich glücklich geworden. Meinst du nicht auch? Schon möglich. Was sit wohl dazu sagen würde tvenn ich jetzt noch einmal mein Glück versuchte? Wie meinst du das? Nun, ich bin ein Mann in den besten Jahren, und wenn ich ihr Herz und Hand anböte s««.I)azn dürfte es denn doch zu spät ein. Ach so· Du meinst, einen geschiede nen Mann Das nicht, aber ich fürchte, ihr Gatie wird Schwierigkeiten machen. Sie ist verheiratiiett rief er, und in feinen Augen flammte das Etwas auf, das friiber darin gelenchtet hatte, frü her, als er noch Dichter war. Wer ist der Elende? Jcti gestand s-- angesichts seiner dro henden Haltung gehörte ein gewisser Muth dazu —-—, daß ich selbst der Elen de war. Du? Er schien zerschmettert So maß es in Wallenstein aus-gesehen haben, als er den Verratb des Piceolcmini erfuhr. Jch entschuldigte mich-»so aut es ging, und suchte ihn milder zu stimmen. Leicht ist es mir nicht geworden, sage ich. Jch hatte mich zwar auf meinen Antrag vorbereitet. Allein meine an geborene Schiichternbeit bewirlte, daß ich stecken blieb. Jch flatterte und stammelte, und meine Lage begann to mifch zu werden« Da fiel mir, ich weiß selbst nicht mie, deine Dichtung ein. Elle-! rief ich in tausend Lung sten, ich hab es lange getragen nnd ich tann es nicht tragen medr Sie lachte und sab mir in die Auaen. Bei »ich muß es dir endlich saaen« fiel fie I mir ins Wort, und bei »ich liebe dich-« ziu sein« fiel ich ihr unt-den Hals. Siehst du, so ist das gekommen. Seit dem giebt es für Ella nur einen Dich ter, und ihr Lieblingsgedicht ift —- der Douglas. Latier Unser-r med Reime-um Ein Escehniß des wasch-u nun-k beim Besuch einer Hansastadt —- welche eg ist, tvird leider in der interessanten Zuschrift an die »Tägl. Rundschau« nicht verrathen « — soll der Monarch oft mit großem Vergnügen erzählen. Am Bahnhof wird der Kaiser vom Bürger meister begrüßt, ntit einer Ansprache bedacht und dann tu dein Wagen gelei stet. der ihn zum Rathhaus fiihren soll. An der linten Seite des Kaisers nimmt der Herr Bürgermeister Platz. Aber der Wagen rührt sieh nicht. Die Menge wartet schon, ein Jeder hat ein halbes Dutzend Hurrahs fertig in der Kehle, sie sind kaum noch da zu bändis gen. Aber der Wagen rührt sich nicht von der Stelle, obgleich das Gefolge schon lange in denWagen untergebracht Fund Alles zur Absahrt bereit ist. Schließlich fragt denn der Kaiser das Stadtoberhaupt nach dem Grunde der Verzögerung. »Neuntann ist noch lnicht da, Majestät,« antwortet der ru «hig im Bewußtsein guten Gewissens "»Wer ist denn Neumann?« fragt der iiberraschte Monarch, der nicht ahnte, iroelche Wichtigkeit dieser nicht seltene INatne barg. »Das ist der Magistrats Ibote, der meinen Mantel hält, Mase fstät,« erwidert der harmlose Stadtvers treter. Der Kaiser war anfangs et »tvas verdutzt über diese bisher ihm un bekannte Form des Ceremoniello, dann »aber fügte er sich in’s Unoermeidliche ;und Reumann, der mit dem Mantel jnicht kommen wollte, war die Ursache, daß der Kaiser in eine überaus stöh liche Skimtnu gerieth, die während ;des ganzen Au enthalte-z nicht nachließ —.» i sure verständige Antwort. : Der bekannte Philosoph Moses .Mendekssohn war in seinen jüngeren Zahnn längere Zeit Buchhalter nn a l use eines ziemlich beschränkten Ver ner Kaufmanns. . i Darüber bemerkte eines Tages ein Bekannter theilnehmend zu ihm: »Das Schicksal ist doch recht ungerecht. Sie ein so gescheiter Mann, müssen einem so beschränkten Kopfe dirnenk« s «Das nde ich sehr verständig von dem Scheksal,« entge nete Mendetcs MI; »denn wenn ich ger « wäre, ksnnte ich nicht brauchen «