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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 4, 1899)
Eirkugblnb Ist-Im- von Heinrich Lee. f sit-. Entstehung Als vor zwölf Jahren Frau Schät ser, nachdem sie ihre Plätteinrichtung und das, was noch sonst ihr Eigenthum war, zu Gelde gemacht hatte, mit Dor chen und in Begleitung des ganzen an-— deren Cirtustrosses ihre erste Reise an trat, hatte sie sich, als praktische Frau schnell in die neuen Verhältnisse gefun den. Dorherks jugendliche Künstler triumphe wiederholten sich. wohin sie tamen und was Frau Schäffer selbst betraf, so war sie eben nicht eine Gar derobensrau wie andere solche Frauen. sondern sie war Dorchens Mutter-. Im Anfange schien ihr das Reisen von großem Reiz zu sein, dann erklärte sie: »Die Welt ist eine Stadt«; sie reiste ja mir Dorehen nicht zum Vergnügen kachtn vervolltornmnete sich in ihrer Tanzkunsi immer inehr, Herr Sestini nannte see geradezu in seinem Kander ein Genie und als er in olge glänzenden Auftrags des ai der Skalatheaters seine Stellung aufgab, rieth er Frau Schössen ihn mit Dorchen nach Mailand zu beglei- L ten, wo er iyr ein Ungagement als Solotänzerin besorgen wollte, da sie mit aller ihrer Kunst bei einem Cirtns doch nicht zu etwas großem kommen konnte. Dorchens Kontratt mit rer Direktion war abgelaufen. Herrn Se siinis Vorschlag leuchtete Frau Schiff fer ein, sie war bereit ihm tu folgen· Aber die Direktion, die sehr wohl wußte, was für sie ein so hübsch-IS Mädchen wie Dorchen ——— sie war'nun zwölf Jahre clt —- werth war, machte ihr ein anderes Anerbieten. Der Di rektor erklärte sich bereit, wenn Frau Schöffer für eine Reihe Jahre den Kontrakt oerlängern wollte, Dorchen zur Parsorrereiterin aus-bilden zu wol len. Daß Dorchen die körperliche Fähigkeit, besonders das Eauilibre da zu besaß. das bewies ihre Tanztunst Auch Prinzessin Reuß —-- so weit kannte Frau Schäffer nunmehr die Annalen der Cirtuzaeschicbte --- was vor ihrer Heirath Kimstreiterin gewe sen. Einer Kunftreiterin gelang der gleichen nicht schwerer als einer Tän zerin. Frau Schäffer erwoa die Doti tiven VorthCile, welche ihr die Dir-et tion bot gegen die immerhin noch in der Ferne sieh befindlichen mit denen ihr Herr Sestini aufwarten konnte. 30 entschied sie sich für die Direktion Jn nerhalb zwei Jahren war Dcrchen ein-: tüchtige Reiterin geworden und selbst den Salto mortale konnte sie auf ihrem Pferde machen was immerhin für eine Dame — in Änbetracbt der schwachen Bein- und Brustmustelrx des weidli chen Geschlechts, von den Armszmuskeln gar nicht zu reden —- schon eine sehr hervorragende Leistung war. Auch Pas de Deux —- vorauggesetzt, daß sie einen « Partner hatte —- ritt sie. Dann . schwang sie sich mit einem Fuß auf. seine Schulter. einer der chwersteTi - Teils, die für eine Dame überhaupt möglich waren. Der einzige Fehler, an welchem Dorchen als ang?hendel Reiterin ursprünglich gelitten hatt-J bestand darin, daß sie ein wenig i furchtsam war. Hals aber, wenn sie « springen sollte, der Peitschenschmitz « nicht, der allerdings nur für ihr Pferd bestimmt trat, mit dem sie aber ihr ; Lehrmeister doch jedesmal Zu treffenå wußte, so halt doch das fürchterlich-. Wort: ,,Poltronl« das er ihr vor der ganzen anwesenden Künstlerschaar ent gegenschrir. Das war das schlimmste. was es geben konnte. Der. dem esv galt, wurde verachtet ——— und Dorchen « sprang, gleichviel ob sie sich trotz der« säioagq die sie um die Düften hatte, da oielleicht das Genick brach. Abge sehen aber von einer Reihe aller erdenk lichen Stürze, bei denen sie sich mehr mals auch ernstlich »wehgethan« hatte, i hatte Dorthen ihre Lehrzeit gut über- i standen Auch für ihre Mutter war es ’ eine Lehrzeit gewesen. Als Dorchen - zum erstenmal wegen einer getnietten ; Rippe sechs Wochen lang im Bett lie- l gen bleiben mußte und vor Schmerien weinte, weinte Frau Schüsfer mit. Sie i dcchte damals on Herrn Seitint unI . oh es nicht noch jetzt möglich wäre, dac Enaaqement nach Mailand anzuneh nren Bis die Gewohnheit sie so he: teils-b wie andere Miitter von Ciriak kindern mai-hie Das Geschäft, in welchem Dorchen ihre Laufbahn begon nen hatte, löer sich. als der Direktor sterb, auf. Gute Pariorcereiierinnen. waren in der modernen Zeit, seitdem die K.-nsi immer mehr verfiel, ein noch rarerer Artikel qeworden, als eben solche Reiter. Eine rührige Dame. wie es Frau- Schösset trat-, wurde schnell z mit den Praktilen der Agenturen be kannt und sie verstand die Chancen « Wusznnähen Wer wollte-»e nter lo chen Umständen Frau Schaf er als einer gewissenhaften Matten ver-übeln wenn sie treu dem Grund satq den sie schon eigentlich bei Dor chenj Geburt gefaßt hatte, ihr Kind nur einein solchen Schwiegerfohn ab treten wollte, de en Rang und Reich thusi für die an ugebenden Bottheile Hm Wustlerlaui her bong einöafäs M Mk IMM . M - Ist-a des St s standen nicht te- Mimenn haftete herum. die»geqen Dorchcn seht aalant und aktig waren. Aber Makna Schäfka wich. seitdem sie nicht mebk in der Gar detobenschneidekei faß, ihrem Kinde nicht mele von bek Seite. Ein Heer, . welcher Dorchens Bekanntschaft ma chen wollte, mußte auch die von Martia Schäfo machen. Oft bekamen die Damen Einladunan zu Sonnen-, aber Mama Schäffet nahm diese nie« ! kais an. Essen und Trinken brauch-—- ; ten sie sich von niemand bezahlen zu z lassen und meinte es ein Kavalier. : wenn er nur sonst die diesbezüglichen ’ Ansprüche von MamaSchösset erfüllte. ! mit Dorchen ernstlich, so bedurfte eH · dazu, so dachte Marna Schaffen eines derartigen Scuvers überhaupt nicht Oft wurden beim hotelbortier auch kostbare Vouquets siir Dorchen abgegeben oder es wurden ihr solche auch während der Vorstellung liber reicbt und beigestigte Visitentarten nannten die Namen der Spenden Bonquets nahm Mama Schäfser al lett-rings an, aber sie rechnete sich doch jedesmal aus was ungefähr der jedes malige Geldwerth betrug und war dieser hoch, so ärgerte sie sich dafz so viel Geld nur für vergängliche und überflüssige Blumen ausgegeben wor den war und daß Dorchen nicht etwas Nützlicheres und Prattischeres dafiir hatte. Die Zeit, als Mama Schäffer an den Blumen noch Freude gehabt hatte, wie zum Beispiel an den Fuch sien und Gerc.nientövfen, die auf dem Fenster vor ihrer Plättstube gestanden hatten, war vorbei. Sie fragte nur noch, was die Dinge fiir einen Geld wertb hatten. Als anliißlich eines En gogements in Warschau Dorchen zum erstenmal ein Schmuckstiick übersandt betam, fragte sich Mama Schaffen ob sie ein solches Geschenk zuriickioeisen sollte oder nicht. Endlich glaubte sie, es mit gutem Gewissen behalten zu diirsen. Wenige Tage später nachber machte der Kavalier, der sich diese Aus mertsancteit gestattet hatte, ein vol-ri- s fcher Graf, den beiden Damen im Ho tel seine Aufwartung und Maan Schösser empfing ihn so zuvortoni mend und artig, wie es sich einein fol cben Freunde der Kunst gegenüber zur Belohnung gebührte, bis er sich in der Folgezeit gleich allen andern Herren, welche Dorchen den Hof machen zu tön nen hofften, bescheiden wieder zurück . VA· Seit dem Engagement in War schau gab Martia Schätfer den Län dern im Osten, auch Russland Ungarn und neuerdings Rumänien, vor denen im Westen den Vorzug. Die Herren im Osten waren fpendider. Mania Schäfser hatte sich, was den Werth von Steinen oder Perlen anbetras, eine große Sachtenntnifz angeeignet. Daß ein guter Brillant so hell wie Wasser aussehen ein guter Rubin die ganz be stimmte Färbung des Taubenblutes und ein uter Smara d ein sanftes dunkles oosgrün gaben mußte — das alles wu te sie sehr genau. Was Dorchen ari vllier3, Armbändern und Ringen nicht tragen konnte weil sie zuviel davon besaß, daZ frug Mama Schäffer selbst. Die Ersparnisse von Dorchenb Gagen zahlte sie, so Ist sie eine bestimmte Höhe erreicht hatten, durch Checkg, die sie don großen Bank hausern entnahm, an ein großes Bank inftitut in Berlin ein. Mama Schäf fer hatte ihr Feind lieb und sie veriorgte eg. wie es einer guten Mutter ;utam. Wie Dorchen schon als Kind daran ge wöhnt gewesen war, daß die Leute sie bewunderten, so ließ sie sich auch jetzt als Küitlerin die Huldigungen, die sie empfing, mit Gelassenheit gefallen. Um das, was in den Zeitungen über sie gedruckt wurde, tiimmerte sie sich nicht viel: das alles überließ sie ihrer Mut ter. Wenn die Herren rnit ihr plan derien, antwortete sie nur gerade auf das, was sie gefragt wurde. Arn lieb sten beschäftigte sie sich in ihren Muße ftunden mit ihren Schmucksachen, ihrer Toilette und ihrem Papagei. Wenn Dorchen gelegentlich gewahrte, das-, es auch Künstler gab, sitr die ihre Kunst eine Art von Passion war, so verstand sie das taum. Sie betrachtete ihre Kunst nur als eine Arbeit, mit der sie für Mutter nnd sich selbst eben Geld verdiente. An eine Zukunft dachte Dorchen n: cht viel und wenn sie jetzt nach Berlin gingen, so war das eben so gut als gingen sie nach Paris — die Unbeauemlichteit der Reise war die gleiche. Manchmal wünschte sich Dor chen, wie andere Reiter und Reiterim nen, eigene Pferde zu haben; das aber wünschte Mama nicht. Ein Pferd tonnte fallen dann gin anihm Geld verloren und solche Pfer, cmwie free-Vot chen brauchte, fanden sich in jedem Cir lus vorrathig. Warum sich also mit unnützen Dingen befchleppent — Am Abend reisten beide Damen ab. Auf die Gesichter des otelpersosals richtete Mama i solchen Ge legenheiten rund daaåich nicht; sie hätte MI das Stint sonnt-merkt gelb anheteass sehr zufrieden aut sahen. piti nahm Der sel e Mndlich, nachdem ernten sein e bauer gesperrt mar, mit ins Taube Am nächsten Tage kamen sie in Bel arad an. Oben über der Donau sah ; die alte Festung mit ihren Mauern und E Wällen iiber die Stadt und das i;err- E liche Bergland herab. Aber Dokchen L und ihre Mutter interessirten sich nicht Viel dafür, nur einen plötzlichen unan genehmen Umfchlag des Klimas fühl ten sie und waren froh, endlich auf dem , Bahnhof eine warme Tasse Kassee be- l kommen zu können. Dann trug sie der s Zug nordwärts —- nach Ungarn und Deutschland hinein. 11. Die Rennbahn in Hoppegarten war heute glänzend besucht. Es war der Schlußnieeting im Jahr. Die pracht volle Witterung hatte angehalten und so fanden sich, gleichfalls wie zu einem großen Abschiedsseste noch einmal alle Habitues der Bahn auf ihrem grünen Rasen heute zusammen. Das- Ver laute-Rennen war vorüber, eine große Pause war wieder eingetreten, auf und vor der Tribiine war es leer geworden und alles tummelte sieh, während die muntere Musik der Ulanenlapelle er tlana, entweder vor den Spalten des Totalisators herum, aus denen das einfache Stampfen der Ticketinafahinen erklang, oder in und vor der Bestan ration oder, wer als Offizier oder als Clubmitglied den Zutritt dazu hatte, hinter dem eisernen Gitter, wo die Jocheywage stand. Nur die neuen gärtnerisrhen Anlagen, wo der Musik dadillon stand und die zum Ausgang führten, blieben wie immer verödet und leer. Zu idyllischet Zurückgezogenheit war in Hoppegarien niemand da und der gelbe Kies, mit dem die Wege hier bestreut waren, fah noch so unberührt aus wie am ersten Tag· Ein einziges Paar wandelte in diesen Anlagen, ein Herr und eine Danie. Es warBruno und Charlotte. Am Morgen hatte Charlotte aus Baden-Baden doa ihrem Vetter einen Brief erhalten, daß er ini Begriff sei, nach Berlin zurückzureifen und daß er diehoffnung habe, ihr schon morgen — das heißt heute — in Hoppegarten, falls dass Wetter gut sei, zu begegnen. Seiner späten Ankunft halt-er und weil er vorher noch einige Besorgungen zu machen hatte, sei es ihm nicht möglich, sie vorher abzuholen. Vielleicht nähme sie die Begleitung von Mister Wheeler an, der sich das Vergnügen gewiß nicht versagen würde. Mit dem Ausdruck der herrlichen Freude auf das baldige Wiederseken schloß der Brief. Nachdem Charlotte ihn gelesen hatte, fühlte sie dar allem eins: Auch sie sel ber freute sich, daf- Paul heute zurück tommen wollte Was sie früher nicht bei seiner Abwesenheit empfunden harre, das empfand sie diesmal. Sie hatte ihn entbehrt, sie sehnte sich nach seiner Gesellschaft. Wie war das ge kommen? Ein neues, ein bisher ihr fremdes-«- Gefühl war in ihr aufgestie aen. Geweckt aber hatte eonicht Paul. sondern ein anderer —- neulich, an dein Abend, den sie zusammen verbracht hatten, in der Lage ins Cirtus war es aufgewacht. Dann war es wieder leise entschlummert, um nach einer Weile von neuem zu erwachen. Sonderbar nur war es —- und Charlotte sann über das Röthsel in sich nach —- daß dies Gefühl zu dem der es geweckt, na dein es sieh ihm abermals genähert hat e, nun in eine dunlle Unllarheit zerro s-, Sie hatte in Bruno, nachdem er erst ihr Gefallen erregt eifnen Men schen er ar et mit b ten Eindam gen Senffatsönen—so’kiint und fremd artig, wie seine Kunst es war Auf ihren gemeinschaftlichen Ritten aber zeigte er sich als ein so wohlerzogener junger Mann, wie es auch viele andere gab. Nur in einem unterschied er sich -—- er machte ihr nicht den Hof, er blieb unbefangen und artig, er drückte ihr sogar soweit sie ihm das gestattet, seine Verwunderung aus, daß sie nicht schon längst wieder geheirathet hatte. Erst befremdete sie das von ihm, dann lang weilte sie ei« dann reute sie es. Sie kannte sich nicht mehr. Was war es nun,·wa·s ihr dieser junge· Mensch, ein Klllllllcllck — Mcllll All-U clllck Voll anderer Art, als wie sie sich ihn vorge ftellr —- einflößte? Sie empfand nur, dafi es Unruhe war, daß es für sie hohe Zeit war, sich in sich felbft zurückzufim den und daß es teinen anderen Men schen in derWelt gab, der ihren Halt und ihreSicherheit wieder geben wan te, als ihren Vetter, Paul. Ein frohes nnd freies Gefühl durchdrang sie, als sie feinen Brief aelefen hatte. In feiner Nähe mußte der Nebel, der sie umdun ficte, wieder der hellen heiteren Klar bei: weiche-i, die er um sich verbreitete. Ihr ganzes Herz fehlug ihm entgegen Sie wußte nun, daß sie ihn für die Dauer nicht mehr entbehren lonnte. Obwohl Bruno qrundfätzlich an je dem Nachmittaa im Cirlus nrobirte, fk war es doch nicht angänglich, haß er Frau vonSummin. als sie bei ihrem diesmaliaen Ausritt vor. dem Briefe herrn von Prerows erzählte, einen Korb gab. Er wußte ohnehin nicht mehr, wie er das eigenartige Weer, welches Frau von Summin ihm gegen iiber an den Tag legte, im Grunde be urtheilen follte. Herr von Prerolo hatte Recht! Sie war eine Frau aus Kapricen Hulanmrenaefepn Bald lä chelte fie ihn verführerisch an, halb warf sie ihm ein farkaftifches Wort zu, das ihm, wenn er empfindlich war. wohl fo llinaen konnte, als wäre es daran berechnet, ihn an die Kluft zu erinnern die ihn von ihr trennte. Bald schwieg is- ralde Sau-m rang, ban ließ sie. durch ihn angeregt, ein ganqu Ratetenfeuer übermäthiaer Reden von ihren Lippen steigen. Bruno empfand nur. daß es außer der besagten Mast noch etwas anderes anb, was sie von ihm schied. Er grübette :·.«.:ht darüber nach. Die Lliiissiom mit der here ! Prerow ihn beauftragt hatte, sch« ihm nicht mehr wunderlich, sondern unnatürlich. Auch Herr von Prerxrv hatte in disser Beziehung seine ihm noch unertlarte Seite. Er war noch einmal, so gut er dazu imstande war. auf diesen seinen Austrag mit Takt zurückaetommen,"aber er schien sie da mit nur nervös zu machen. Er durfte nicht eben hoffen, im Sinne Herrn von Prerowo sie überzeugt zu haben· Ge nua, daß er. nachdem Herr von Pre row ietzt zurückkehrte, seiner ferneren Kavalierpskicht neaen sie iiherhvben war. So war auch Bruno zufrie den, Herrn von Vrervw an diesem Pormittaae wieder begrüßen zu dür en. Frau von Summin war vorhin n«elf-rsach schon beariißt worden. Es machte ihr ein Vergnügen« die Griikte nur von iveitem zu erwidern und die neuaieriaen Blicke. die ibrem Bealeiter uaiten, zu beobachten. »Wer ist das-» fruaen sie. Einen Kunsireiter erkannte niemand in ihm. Auch wer im Cir kus den neuen Jocken schon gesehen hatte, hätte ihn in diesem Herrn wohl kaum wieder erkannt. Herr von Prerorv war noch nicht sichtbar aeworden. Sollte seine Rück kunft sich verzöqert haben? Charlotte fühlte, daß sie ungeduldia wurde· Ab sichtlich vermied sie drüben den Schwarm. Jede Unterhaltung hätte sie aeiannweilt.« « »Um er otewr:- saare ne nervog. »Herr von Prerow ift vielleicht schon da,« erwiderte Bruno —- ,,wenn ich bitten dars, dann gestatten Sie mir, mich einmal nach ihm umzusehen.« Sie waren stehen aeblieben. « Charlotte bohrte die Spige ihres Schirmes in den Sand. »Das ist wahr,« entgegnete sie end lich —- ,.ich werde Sie dort ans der Bank erwarten.« Bruno entfernte sich Und Charlotke sah ihm nach, bis er jenseits der Büsche in dein bunten Gewühl ber: schwand. Dann aina sie aus die Bank zrt und ließ sich dort«nieder. Mecha niich Zeichnetc sie mit ihrer Schirm spitze Striche und Kreise in den Sand. Ihr seelisch-It Zustand wisrde ihr nn erträalich Es hatte wieder ibre Em vsindlichteit aereizt, daf; er sie allein liess-. und doch that ihr die Eisiiamteit jetxt wohl. Dabei siihlte sie einen Zorn csuf Paul, weil er sie warten ließ. Wo war er? Wo blieb er? lsin Geräusch llana an ihr Ohr. Es waren Schritte Charlotte sah aus. Vor ihr stand Curt von Barnstorss. Am andern Momen, nachdem Gurt sie mit Mr. Wheeler von ihrem Aus ritt hatte heimlehren sehen. war er nach einer wiiit verbriichten Nacht wie der vom Spieltisch aelornmen In sei nem weinumdunsteten Gehirn ballten sich trirre Gedanken zusammen. Er hatte in der letztrn Stunde in unsinn licher Bebarrlichleit auf die Coeurs dame aesetzt und schließlich alles. was er aewonnen hatte, wieder verloren. Jetzt in seiner taumelnden Phantasie nahm die Coeurdame die Züge Char lcttens an. Es war schon heller Taa geworden und aus den Straßen. durch die es ihn mit hömmerneen Schläsen und irren Blicken zoa, war länast das Leben er n-e.cht. Wo schwankte er hin? Ein Dämon war hinter i rn ber und er keitschte ibn weiter un weiter. End lich hielt ;r still. Driiben vor ihm erhob sich das eiserne Gitterthor, durch das sie geitexn lineinaeritten waren. Der Hos war n leer und still, alles schien im Hause noch zu schlasen. Plötz lich erschien vor dern Thore ein Mann. er Ioa einen Schlüssel hervor, ösinete es leise und aina hinein. Curt siiblte sich die Kehle trocken werden, seine Schläfe wurden wie Ambosse, aus de nen ein Niesenhannner trominelte und sein nächster Gedanke war, dem Manne nachzustiirzen und ihn an der Kehle zu packen. Da war er hinter dem Git terthore schon verschwunden Curt hatte ibn erlannt. Es war Mr. Wbeeler. Der Cirlusreiter war es, dem er von ihr Jeopsert work-en war. Nun aab es leimen Zweifel mehr, nun war es bell am Tag. Und lachend hatte sie diesem Burschen vielleicht schon von ils-rn, dem Dummlovf eriiililt Er stiinte davon. Er wußte nicht mehr, wie er nach Hause aelommen war und am Nach mittaae nach einem dumpfen Schlaf, deraaß er soaar, Onsel Barnstorss, der immer lränler aeworden war, in der Klinil den aewolmten Besuch Zu wachen Und immer wieder lehrte er Fu dem eisernen Gittertlwr zurück, an der Hausthüre gegenüber sich aus die Lauer stell-nd. An jedem Moran früh um dieselbe Stunde trat der an dere, das Thor mit seinem Schlüssel össnend, ein, und erst um die Mutes-rö stunde ösnete es sich wieder und beide, aus ihren Pferden kamen wieder he raus. So aina es also Taq um Tag. Er war ruhia geworden. Klug und bedachtsam wollte er werden; es war das einziae Mittel, zu seinem Ziele zu kommen, das er sich nun-« gesteckt hatte —- aus die Geleaenbeit zu warten, sei ex wo es sei, ihr entgegenzutreten — ibr und ihm! Das aroße Schlußmeetinq ten Dop deaaeten durfte er nicht versäumen Schon eine Stunde vor Braten des Rennens trieb er sich aus der Ha n umher, redete die Jockeys an, wir · angeredet wobei er andauetnd sein Nxctiztmch in der Hand hielt, ging in die Schuppen. wo die Pferde standen, und machte sich dabei Notizen sitt sein Journal. Dann hefteten sich seine Amen vsätzsich an eine Stelle der Tri lsiinr. Cfatlotte saf: dort und neben ikir ———-— er! Keins von beiden hatte ihn be merkt. Sollte er aus sie m? Hier ans der Tribiine und er zu ihrer Seite — es wäre sinnlos gewesen. Allein wollte er ihrer habhaft zu werden suchen, erst ihrer allein s— dann mochte kommen, was wollte. Er hatte sie in der Pause nicht aus den Auan gelassen. Was er sonst auf ver Bahn zu thun hatt-, das iiimrnerte ihn nicht mehr. Aber es schien, daß ihr der Bursche nicht von der Seite weichen wollte. Dann mochte es auch so Etsch-ben. Aus dem Neben weae, von dem Gebüsch versteckt. schlich er ihren nach. Da entfernte sich der Bursche «-— nnd nun trat er aufsie zu. Charlotte war bei seinem Anblicks überrascht ausgestanden Gurt sah todtenbleich aus. Er hatte der. fmt Jenaer-. und hielt ihn noch in der Sand. »Mit-den« Frau Barvnin», sagte « Curt mit heiser-er Stimme, während seine Auaen wie die eines Wahnsinni aen ihr entaraenslackerten —- «ieh habe Sie aestört. Jch bitte nur um die Er laiibiriii, mich nach Ihrem Besinden ertundiaen ru« dürsen.« Auch Charlotte war etwas blasz ge worden« »Ich dante Ihnen, Herr von Parn sivrss.« sagte sie aber ruhig und fest nnd sie wandte sich zum Gehen. »qu Baronin aesiatten noch einen Augenblick,« stießCurt hervor und trat an ihre Seite. ,.Wt"rnschen Sie mir noch etwas in saaen, Herr von Baenstorss?« sraate Sharlvtte kalt. Sie blieb wieder stehen- Niehts an ihr verrieth vor diesem Herrn mehr eine Verlegenheit. sie hatte ihre Hals inna vollständig wieder new-innen Sapöner und bearhrenswerther alsJ je, so stand sie vor ihm da. Jhre entschiedene Fassuna gab auch ihm die Besinnung zurück. Ein instink tiveg sirkerers Gefühl durchzuckte ihn. ; Er durfte Lhr nicht —-—- ietzt wenigsten-« : nicht - wieder lächerlich erscheinen. J »Mir eine gnädiae Antwort- aui ein - Frage von mir, Frau Barvnin,« saate er ———« »warum weisen Sie meine Be suche abz« »Sie sind zudrinalich,« antwortete Charlotte »und ich bitte Sie nur-, nsich nicht weiter zu versolaen!« Eine Blutwelle schon Curt in’s Ge sicht, der Athen: versaate ihm —— sie he handelte ihn wie einen Wurm. Ihre Worte rettriimmerten wie ein Blitz scl«laa seine letzten Hoffnunaem Eins blieb ihm noch! Sich rächen -—— ihr ink: » Gesicht War er für sie ein Wurm, so sollte der Wurm auch stechen. »Dann will ich es Zähnen sagen, » Frau Baronin,« stiesi er herror -— « »weil ein Vlnderer bei Ihnen meine Stelle angiiillt, einer. der sich wohl besier sdazu eignet als ich!« Er wußte, das; es eine rohe, brutale Beleidigung war, die er ihr in’5 Ges fcht schleuderte, dasz sie sich nicht dage aen wehren konnte, dasi ein Mann, der so handelte wie er, für immerdar sich auch des- letzten Ueberbleibselit von Achtung entschlua, aui die er bei den Menschen Anspruch machen darste Charlotte war keines Wortes mehr mächtia. Plötzl:ch entalitt ihr ein leiser Schrei. Hinter der Weatriiinrnung, an ier sie angelangt waren. trat Bruno aus te zu. » elsen Sie niir,« riei sie ihm ent aegen —-—-- »befreien Sie mich von die sein Menschen« Bruno erkannte Herrn von Bam storsf, seinen Vstter. Er wußte bisher . nichts davon, das-, er Frau von Sum ? min bekannt war-Nur so viel gewahrte er aus den ersten Blick, dasr hier etwas siir ihn Unbegreisliches aeschehen, daß Frau non Summin ihn zum Schuhe gegen diesen. seinen Vetter anrief. »Wenn der herr Ihr Kavalier ist, Frau Baronin,« saate Curt mit he bender Stimme und die letzten Rück sichten vergessend, nur nicht seinenhaß cgen den Nebenbuhler. der jetzt vor ihm stand, während Brunv seine sun lelnden Augen aus sieh aerichtet sah-— »so bitte, bemühen Sie sieh nicht. Der Herr soll sich meinetweaen in teine Un beauemlichleiten zu stürzen haben.« Es war klar sind deutlich —- seine Worte waren jeyt aeaen Bruno selbst gerichtet· Sie waren eine maßlose Unr auisvrderuna und daraus berechnet, den Kunstreitee vor ihren Augen und so sie selber in ihm aufs Tiefste zu er niedrigen und in den Staub zu strecken. - »Gcben Sie auf tet Stelle!" taate Brunn. Er fühlte die Beleidiguna, die ket Rasende mit seinen Worten, feinen Blicken ihm persönlich in’"5 Gesicht a norfen hatte, aber er fühlte auch, baß diese Scene. so wenia et ihren Zu iammenhang auch veritanlx in dieser « Umgebung zu keinem Standal ausar ten durfte, daß et sein kaltes Blut be wahren mußte. Der Rasende, wie er vor ihm stand, toat sonst fähig, ihnen nachzueilen und der ganze Platz soukde Zeit e. »Zei- gebc,« sagte Cukt ichneidend—— »ich bedanke nur, von einem Kunstwe ter teine Satisfaktion nehmen zu ton nen.««s Bruno entfärbte sich. Es war der chliminste Schimpf. den ein Mann em anderen, noch dasu vor einer Frau,azufiigen konnte und es wallte aus a en Tiefen in ihm auf. l iceKommen Sie,« bat, flehte That o . .-. ,.Nut ein einzige-'s Wort noch an die sen Herrn, Frau Batonin.« antwortete Bruno kalt und rnhia und er wandte sich gegen Curt —--— ich bin ein-kunst :eiter, jamohl Herr von BnrnstoriL und nach Ihren Begriffen ist meine Ehre deshalb geringer als die Ihrige. Eos ist mir nicht bekannt. nach welchen Eigenschaften Sie die Ehre eines-Men schen emessen. Wenn Sie aber Ihre Ehre nur dem Ni.mcn.»den Sie tragen, .u verdanken glauben» lo sind unsere . nsptiichssgleich Nicht Sie—ich wäre es« der Gennatbuuna verlanxen könnte. s ch thue es nicht. meine Ehre können vie mir nicht verkürzen und. zueineni Jnrer Waffenfpiele.. das file einen Menschen, der fein Leben an jedem Abend in die Watte legt. ein Kinder spiel bleibt, habe ich keine Lust. Mein Name, den ich vor den Leuten trage. ist falsch — mein Name ist Bruno von Botnsiokss Jst er Ihnen unbekannt-, so wird Jbr Onkel Ihnen von ihm er zählen. Mehr, Herr- von Batnitoess, habe ich Ihnen nicht zu saaen. Darf ich nun, Frau Batonin. bitten-» Bruno reichte Charlotte den Atm, fast willenlos lcate sie den ihren hinein, so zog er sie fort. Ohne Fiel fteucrte Bruno mit ib nach der Nestamationshallem Nur sc ttbtingen wollte er sie von hier. Sein Herz war, um zu sprechen. zu voll und euch Charlotte, durch feine plötzliche Entdeckung von« Neuem aukqeregt und noch keiner Silbe fähia,«icknoieg. Fort! itiirmte es in ibk und in demXWirisal ibree Empfindungen kühlte sie nicht-Z als den gebietenden Druck seines-Ak mes. - Ein leiser Jubelltmt entrang sich ih ren Lippen. Aus dem Menschenknäuel vor der Halle tauchte, die Anderen überragend einen grauen Hut auf dem Kapse, die schlante, bockqeivcchsene Gestalt eines Herrn aus. Wie suchend sah er sich nach cllen Seiten uni, bis seine Blicke sich hinüber nach dein Wette, der in die Anlage siildrte richteten »Paul!« rief ibin Charlotte in lin willtiirlicher Freude entaeqen Herr von Verroiv trat. schnellen Schrittes anf sie zu. Auch aus seinen Augen strahlte ihnen die Freude des Wiedersehenå entaeoen. Nach der Be grüßunq mit seiner Causine schättelte er auch Brand lebhaft die hand. Un wrbergesebener Geschäfte halber, die ihn nach seiner Anlanst aus dentBnbns nvs in Beschlag genommen. hatte er sich verspätet »Bist vn mit meinem Stellvertreter denn auch zufrieden aetvesen?« fragte er mit einem Biict nus Brutto und ein sast verschmitzter Ausdruck trat dabei in sein Gesicht. »Sehr,« sagte Charlotte—»herr Wlseeler bat sich sehr verdient um mich gemacht Jetzt aber aieb mir deinen Arm« « Das Publikums lensb sich wieder nach seinen Plätzen ,turiick. Langsam. von einem lanaen Geleite gefolgt, ritten die Joclevs in die Bahn und galoppirten dort hinunter nach dein Statt, einem noch in sen-unterli chein Grün prangenden Fleckchen, von dem ihre bunten Zacken irn Sonnen lichte wie tleine Pünktchen blinken-. Von dem soeben Voraesallenen er iväbnten Charlotte und Bruno kein Wort. In lebhaftem. beiteremGespräch, wobei rr von Preroiv viel von seiner Reise erzählte, nur häusia hier und dorthin durch eine Gruß sich unterbre chend, legten sie den Wea bis zu den Tribiinen zurück. Bruno sah. daß nicht ein Wölkchen mehr aus Charlottens N Erim laa. So aluctlich hatte er sie rsmä nie gesehen. In der Lage, die sie inne halten, war sijr Herrn von Pre :-:-.v ein Platz reservirt. Da flog aus seiner eriten Runde das Feld schon an ilxnen Vorbei. cis ivar die atosze Haupt nuninier des-; Iaaez und.soivol)l Char lette wie auch ihr Vetter setzten ihren Lriininstecher ietzt an die Augen. Jn Bruno wogte es noch, aber das Schau spiel, dag sich ietzt entrollte und das Aller fieberhaite Aufmerksamkeit in Anspruch nahm« liesz ihm Zeit, sich zu sammeln und iu berudiaen. Betäubt, als wäre der Blitz vor ilnn in die Erde gefahren und hätte nie stehen aedlieben und er starr dein sich Entfernendem die Frau n seinem Arme laukn ncch beachtend-rettungslos nach. Der helle goldene Taa laa über dein ariinen, von der Menae iiberwiwi " nielten Platz und doch war plötzlich ein ·" Gespenst vor ihm erschienen. Ein Ge spenst, das die Vernichiuna siir ihn be deutete. ewiae reitunaglose Armuth, bis an’g Ende ein Leben in der Ttese, in die er dinadaesioiven war, in der rr nun verbleiben würde, von Ver- A giveisluna Jersressem immer wie bei den Verdammten, init dem Blicke nach oben in das aoldene Reich hinein. das ihrn bestimmt Nvesen war, in dem nun ein anderer schwelate, der Mensch, den er von allen anderen Menschen aliiliend liasite, der itnn dies Weib ent rissen und der ibn nun auch noch für alle Zeiten zu einem Bettler machte. , Oder es war ein Wahnaebild aes , wesen, am hellen Taae eine Vorspieaei . luna seiner aufgereaen Sinnes « Oder und das war wohl das 7 « Cllaublmsteste —— dieser Mensch war G ein Betriiaer. Durch Zufall, durch ixaend eine Verleitunq von Umstän den, vielleicht durch jenen Aus-us ists den Zeitunaen hatte er die Dinge IF Ersaliruna aebtachr und nun verm er sich in einer beispiellosen, unsere schämten Komödianterei. wie ist« ihn in dein Melier, das er trieb-T vielleicht nicht einmal etwas Una wohntes war. · Gortsesuns solItJ