Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, July 28, 1899, Sonntags-Blatt., Image 14

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    her wann «
WVZ III-«
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Rot-un von
Fun, L reller
( ..·5. FortsetzunaJ
»O sprich, sprich, Lisa," bat Iie
dann mit einem Tone. in welschem
Mutterangß und Liebe wiedertöntm
»O, Mutter.« stöhnte Lise, »er liebt «
sie, nur sie — über alles alles —- !
mir te —," und ein neues Schluch en (
erfchtittette die zarte Gestalt. Das e
fitrchtete war eingetreten. der erste ge
walige Schmerz zitterte in dem Her
en, welches so unaeftürn klopfte, wie
er. Auch in der Mutter Augen tra
ten Thränen, sie fühlte und litt mit
ihrem Kinde. —
Jn ihrem ausdrucksvollen Gesicht er
schien dann ein Zug wilden Hasses, der
den wohl, dem er galt, beforat gemacht
haben würde, wenn er ihn hätte wahr
nehmen können.
Wieder und wieder schloß sie dann
ihr Kind an das Her-L doch -- — gab
es Trost für solches Leids
Unweit saßen zwei aliictliche Men
schen in süßem Geplauder bei ein.
ander, und hier weinten zwei tiefbe
trübte Herzen in bitterem Jammer.
Jn der Küche saß der Neger stumm
und verdrießlich, daß er mit dem Ge
rade nicht plaudern konnte. Er dachte
es schönen, kräftigen Mädchens, wel:
ches seine Galanterien so rauh zurück
gewiesen hatte.
Als die Nacht hereinaebrvchen war,
verließ er das haus und schlich, tauin
von der Nacht zu unterscheiden, wie er ;
es seit einiger Zeit that. des Doktor-Z «
Hause zu; denn selbst seine unglück- «
liche Leidenschaft sür Asra vermochte
das Interesse, welches er an Dahlow
nahm, nicht zu beeinträchtigen Wäh
rend er in der Dunkelheit unter eini
gen Bäumen stand und nach Dah
lotv’s Behausung hinstierte, schritt
eine verhüllte Frauenaestalt rasch an
ihm vorüber. Er schaute hinter ihr
ber, dein kräftigen Wuchse. dem Gange
nach schien es ihm Asra zu sein.
Augenblicklich ging er ihr nach, aber
das Weib vor ihm eilte rasch voran
und verschwand plötzlich in einigen
Büschem welche den Planken
zaun einfaßten, der den kleinen Gar
ten Dahloth umgab. Der Schwarze
schlich nach. schärfte sein Auge. horchte
angestrengt, gewahrte aber nicht-, bis
er endlich vorsichtig, mit der Hand an
den Planken entlang streichend, er
kannte, daß hier eine Thür in der-.
Garten führte, die wegen der Büsche
selbst am Tage nicht sichtbar war.
Jean Bavtist glaubte sicher, Aira
erkannt zu haben, und es bemächtigte
Leb seiner eine wilde, eiseesüchtige
utb. hätte der riesenstarke Mensch
seht Doktor Dahlow in Armes Länge
vor sich gehabt, es würde diesem übel
ergangen sein. Der Schwarze knirschte
hörbar mit den Zähnen: dann ver
suchte er die Wand zu übersteigen, aber
sein Beginnen war vergeblich, sie war
ziemlich hoch und außerdem rnit Eisen
stachela befest.
Aber der Schwarze ließ nicht nach
Ein Baum brachte ihn endlich in die
Döbe des Zaunes. Mit urkräftiger
band bog er so viel Stacheln um. daß
er gesahrlos hinübergleiten konnte.
Leise, einem schieichenden Panther
gleich, bewegte er sich zum Hause.
Durch die Spalten eines der ver
schlossenen Läden drang Licht s— und
er konnte in den Jnnenraum blicken;
aber er sah nur ein Laboratorium
vor sich, angefüllt mit Instrumenten
und Gefäßen
Er schlich weiter am Hause hin,
durch den nächsten Laden hörte er
Stimmen, aber sie drangen so ne
dämdft zu ihm, daß es unmöglich
war, sie zu unterscheiden
Nachdem er das Gebäude langsam,
vorsichtig tastend, umlreist hatte.
lehrte er zu dem Laden zurück, durch
welchen er die Stimmen vernommen
hatte. Er lauschte: das Geräusch war
verstummt.
an tobender Leidenschaft stand er
wohl zwei Stunden so, die Hand an
dem in der Tasche Verborgenen Rasiri
messet, der Nationalwaffe der Neaer
aus haiti. auf jedes Geräusch hor
chend —- veraebens, nichts regte sich in
Garten und Hauz, nichts um ihn.
Dann schwang er sich geräuschlog
wieder über die Planken und lief mit
großer Schnelligkeit die Landstraße
entlang. Er ing in’s Schloß, dieTrep
de hinan un nach dem , lügel zu, wo
die Damen wohnten. Eine Thiir öff
nete sich, und heraus trat Asra und
ging« ohne ihn zu beachten, dem Zim
mer ihrer herein zu.
Der Schutze atbmete tief auf, er
mußte sich also wohl getäuscht haben.
Gegen Morgen schallte von den Zim
metn Maria«- her stürmisches Klin
qeln durch den Zenit-oh hallte in den
Dschzirnmern wieder und erweckte die
Schläfer. Ein eiliges Laufen begann
aus Treppen und Gängen, das ganze
Schloß war in Aufruhr gerathen. Auch
zu Edgor drang das Geräusch, er er
wachte, wars sich, da der Lärm don
des- Fliigel herkam, in welchem die
M·Ioduten, rasch in die Kleider
ach rief n Baptist aus, der in der
R . -
Fitti- chritt ee dann zum rechten
Ilssel W, ede- wats der grau
ende Morgen sein bleiche-« Licht durch
i die Gangfenster. Er sah vor Maria’il
l Zimmer einige Mägde stehen, andere
s eilig die Treppe auf und ab laufen. Jn
H tiefer herzenjtangft schritt er weiter; .
« welch Unheil war eingekehrt?
Ohne die erschreckt dastehenden
Mägde zu fragen, öffnete er das Vor
zimmer und trat ein. Vor ihm stand
im Morgengewande, mit bleichem Ge- J
ficht, Frau von Strehlen; in ihren Au- s
gen piegelte sich Entsetzen.
.- m Gottes willen, wag giebt·-3?« s
Die Frau deutete auf das Neben H
zirnmer und sagte fast tonlos: «Ma: i
rta —« s
»Was ist geschehen —-- wass« Die j
Angst schniirte ihm die Kehle zusam- ’
men.
»Sie ist von einem furchtbaren
Kramvfanfalle heimgesucht -—«
Ungestüm öffnete er das Nebenzim
mer, schritt hindurch und in dosSchlai l
zimmer Maria's.
Ein ganz entsetzlicher Anblick bot
sich ihm dar.
Afra und zwei kräftige Mägde hiel
ten Maria'5 Körper· der, von furcht
baren Krärnvfen geschüttelt, allen An
strengungen der Helferinnen zum Trotz
unter dem langen Nachtgewande in ;
wilden Convulsionen auf- und nieder- J
schnellte. Das blonde Haar hing wirr -
vom haupte herab und dieAugen starr
ten leblos, starr in’s Leere.
Der starke Mann hebte vor Schreck
vom Scheitel bis zur Sohle bei diesem »
Anblick. «
Frau von Streblen war langsam
nachgekoknmen und hielt die Hand vor s
die Augen.
Niemand bemerkte, daß auch der Ne- z
ger, der seinem Herrn in das Schlaf
zinuner Maria’g nachgegangen mar«4
mit weit ausgerissenen Augen schre- !
ckenooll auf die von Krämpfen geschüt- s
telte Gestalt blickte. i
Bei der Kranlen trat jetzt Ruhe ein. H
Der Neger schlich mit aschfableui Ge
sicht davon·
tfdgar fragte ietzt, nachdem er das »
erfte Entsetzen abgeschüttelt hatte: »Ist
nach dein Arzt geschickt?« Niemand
hatte in der Aufregung und Verwir
rung daran gedacht.
»Ich will ihn holen,« sagte er und
schritt eilig hinunter zu den Ställen,
» dort laut ihm schon chiag entgegen.
..Laß einen Wagen anspannen, To
bia5, und schicke ihn mit nach zu Doc
tor Berlrani, ich will vorausreiten.«
Damit ging er in den Stall, warf
einein der Pferde eine Trense über,
es beraus und schwang sich auf seinen
nackten Rücken
Was ist’·s? Was giebt’s?« fragte
zitternd der Alte.
»Vorwärts« den Wagen!« donnerte
Edaar und jagte der Stadt u.
Eilig ließ der erschreckte lte an
spannen, die Diener bedurften keiner
Aufmunterung, und zwei Minuten
später fuhr der Wagen ini schärfsten
Trade nach Marzberge zu.
Schon war Edgar auf schäumen
dern Rasse vor dein Hause Doktor Ber
tram’s angelangt. Er tlingelte heftig,
und bald sali des Greises ehrwürdige
Geficht zum Fenster beraus. »Um
Gottes willen, lieber Dotier. rasch,
Maria lieat in furchtbaren Krämofen
Der Wagen lomrnt nach«
Doktor Berirarn warf einen Blick
auf Edaar, saate nur: »Ich komme
gleich«, und schloß das Fenster wieder.
Fiebernd flibrte der junge Mann
sein Rost auf und ab. Schon lara
auch der Wagen des Schlosses die
Straße beraedonnert.
Mit ausserordentlicher Wie-teil
batte sich der alte here angelleidei. er
trat beraus, schüttelte nun Edqar
schweigend die Band und stiea in den
Wagen, der alsbald in schärfster
Ganaart davonfuhr. Edgar schwang
sich wieder auf sein Pferd und sagte
nach, den Wagen bald überholend
Ist's Schloß tretend, begegnete ian
auf der Treppe Ura, die sebr bleich
. aussah. .
s
»Wie steht’s?« sraate er hastig und
Todesanast schnürte ihm das Herz zu
sammen.
»Sie lieat ießt ruhia«, stöhnte das
Mädchen mehr, als es prach·
Er aina nach ohen und tras im Vor
zimmer roie vorher Frau von Strehlen,
tie mit oerstörtem Gesicht hastig aus
und abschritt.
»Der Unsall ist vorüber, sie scheint
zu schlafen.«
»Der Doktor kommt gleich, was ist
vrraesallen?« «
»Aha erwachte, durch ängstliches
Stöhnen Marias erschreckt. Sie weckte
uns in ihrer Angst — wir eilten hinzu
und fanden das arme Kind, wie auch
Sie es sahen.«
Schon kam der Doktor, mit jugend
licher Krast das Zimmer durschreis
tend, öffnete er das Schlaszimmer
Marias, Frau von Strehlen ging
mit herein, Edaar blieb draußen. Jean
Baptist toar gleich nach dem Arzte ein
getreten. der Bursche sah immer noch
ascharau aus. .
»Was sehlt dem ZriiuleinW fragte
er mit an ihm nicht gewohnt-r Schütte
ternhett und in wirklicher Theiknahme.
Dies veranlaßte Edgar die Frage zu
beantworten und er sagte: »Es sind
Krämpfe, die das skrauiein befallen
nahm« »Krärnpfe?« Der Schwarze
murmekte etwas vor sich bät-, was Ev
gar nicht verstand, auch schenkte er ihm
keine Beachtung, da das Geräusch irn
Nebenzirnmer andeutete,vaf3 ein erneu
ter Anfall die Kranke heimfuchtr.ttlngsts
voll schritt et im immer auf und nie
der. Jean Bapti stand In finster-m
Sinnen da.
Endlich öffnete sich die T ür wieder,
» und Doktor Bertram und —- rau von
« Strehten traten heran-. Der Aer sah
sehr ernst aus.
»Es sind "Rückenmarkikrämpfe,«
sagte er. »Ich kenne das Kind von
Ju end auf, und nichts in iemer
kräetigen Conttitution deutet auf eine
solche Erkrankung.
Maidieioaii wie die Ladmung ver
unteren Ertremitäten ist aiich dieser
so spontane Krantheitsaugbeuch Mit
tel gegen diese Krampserscheinunaen
bat die Wissenschaft nicht: was geichks
ben tann, sie zu mäßigen, ist bereits ge
tchehen.«
«Steht Marias Leben in Gesatii?"
»Nein.« sagte der Arzt, »vor-läuten
richt. Auch hat die trennte. so entsetz
lich der Anblick während tes Anfallee
Ist. weder Bewußtsein noch Schsnerien
iind roird erwachen, tsobald es doriiter
ist, ohne etwas davon zii wissen«
Der Reaet hatte aufmerksam den
idin sreinden Lauten aelaufcht und das
Gesicht des Arztes her-dachtet Er
eudtte jetzt seinen Herrn vorsichtig aiii
Aetrnel und sragte mit gediinipiter
Stimme: »Mird der Dociisr sie gesund
machen, herr Z«
»Leider tann er es nicht, Jeaii
Badtiit, es giebt kein Mittel dage
aen.«
Noch leiser sagte der Schwarze:
»Halien Sie unter dem Kopftissen des
Fräuleins nachaeseben?«
,.Wie.’« sraate erstaunt Edaar.
«Jehen Sie nach, sehen Sie nach.·
flehte der Regen ,·vielleicht liegen die
Blätter des- Matos darunter, fie er
zeugen diese Erscheinunaen.«
»Welche Thorheit, Jean Bavtist.'
»Thu«s, Herr —- thu's —— Du weißt
nicht wie —" isnd wieder miirniekte
der Neger in iich hinein.
So phantastitch ihm die Verirru
thung des Regerk auch schien, er hatte
auf aiti von dergleichen Wirkungen
aewi er Pflanzen gehört. to trat er
doch entschlossen in das Schlafgeiiiach,
wo Maria matt in den Armen Airas
ruhte, faßte unter das Kodslifsen und
hob ez auf und schaute darunter, ohne
etwas zu gewahren. Sich schöniend,
ten aberaläubischen Vorstellungen des
Haitiers nachgegehen zu traben, oriietie
er einen Kuß aui Marias Stirn und
wandte sich wieder uni. doch siel ihm
auf. daß ihn Afra mit tietein Erschre
aen angesehen hatte. Dies dein er
schütternden Ereigniß iuschreibend
ging er wieder iii"5 Vorriminen
»Ich halte es siir unumaönglich ge
boten,« ertönte die lcharie Stimme
Zein von Strehlen’g, »sosort Doktor
ahloiv herbei-zurufen nichts darf iii
diesem Falle versäumt werden«
Dottor Bertram itimnite zu: »Gen
den Sie sofort hin, ich will ihn hier
erwarten.«
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· Edaar. tief ergriffen von dem be
jammernswerthen Zustande des ilim
fo theuren Wesens, eilte hinab. Sei
ne Erregung eftattete ihm nicht« einen ·
Diener nach adlciv abziifenden Der
Wagen war noch angefchirrt und Jo
bias hatte ovrfickdtia den Renner int
teln lassen. Edgar fchioana sich anf ieis
nen Rücken. befahl wie vorder, dem
Wagen nachzukommen und jagte zur
Stadt. Es war noch fein früh am
Tage und wenig Menschen reigten sich
«» auf der Straße, auf den Feldern.
Nach einigen Minuten. die er inCar
riere zurückgelegt hatte. hielt Ed ar
vor der Behausuna Dahlow’g. Die li
den der Fenfter waren aefchlossen, alles
schien noch zu schlafen. Er faßte vom
Sattel herunter nach dem ne
ben dem Eingang angebrachten Klin
- gelzug und löutetr.Er horchte « nichts
regte sich. Endlich öffnete sich ein Fen
fter des ersten Stockes nnd ein altes
Weib fteckte feinen mit einer Nacht
haude dedeckten Kopf heran-.
Ehe sie noch ein Wort sogen konnte, -
rief Edgar schon: »Doktor Dablotv .
nird gebeten, fofort auf Bergheim zu
erscheinen. Ellen Sie. eilen Sie,
Frau."
»Ich will ihn Iveaen.« nnd der Kon
ver chwand.
och schon öffnete sich die hausthür
und der Doktor erschien in derselben,
fast vollständig angelleidet.
»Ach, Herr von Pareet.« sagte er,
wie et schien, überrascht, ian zu sehen.
»dann Sie die Güte, herr Doktor,
mir gleich nach Berng iu folgen, da
kommt schon der Waaen."
»Was ist geschehen?«
Edgar berichtete kurz von Maria«s
Zustand.
«Sehen Sie, ob Sie helfen können,
here Doktor. Doktor Beriram ist schon
dort, auch er erwartet Sie.«
DE komme sogleich.« sagte Dah
low nnd verschwand im hause, um
gleich daraus, zum Ausgehen fertig.
wieder zu erscheinen.
Er ging auf den Waan zu nnd
sagte, alt E ar Miene machte, davon
zu jagen: »O tte, seyen Sie sich zu mir,
here Baron und erzählen Sie mir von
den Borgän en im Krankenzimmer.«
Widerwi ig stieg Edaar ab, warf
die Zügel des Pserdet dem vorn Bock
aFrasse-neu Reitan zu und feste
f zu lilow, dem Kuter beseh
lend, die ferde nicht u schonen. Er
gab dem rzt auifü rlichen Bericht
von dem, was et gesehen hatte.
s
Langsatn sagte Dahlow dann: »Ist
meine Diagnose tichtia. liegt hier
eacschlossene Tbük in das Krankenzim
met.
Wie vorlrek bemühten sich die starken
Mädchen, die gewaltigen Kramvsæ
scheinunaen. welche den Bewegungen
des sich wild aufbäutnenden Mädchens
furchtbare Kraft verliehen, so weit ab
.’.uschwächen, daß sie sich selbst keinen
Schaden Jusügen konnte.
»Die-s nat in der That große Aehn- »
lcchkeit mit den Erscheinungen welche s
Tabor dotsalig mit sich sähe-U sagte«
lonasam Doktor Buhl-um vie bewußt
lose Kranke aufmerksam durch die
Brille betrachtend. »indessen noch hosse
ich."
«eben von Krämvfen so heftig heim
Marias blendet von ihrem goldenen
Haar umflossenes Zaum war eben aufs
das Kissen aefunten. Dahlow nahen
ein kleineMrnstallfliischchen aus einein
Futterale welches er in der Bertfttafche
aetraaen hatte zog den eingeschliffenen
Stöpiel heran-. ein eiaenttniinliijier.
scharfer und doch anaenelnner Geruch
durchwoate das Zimmer. trat zu dem
Bette und flößte der Kranken lanasam
einige Tropfen mit der rechten Hand
ein, während er die Linke iider deren
Nafe und Augen aelireitet hielt. Als
fis die breite Hand des Mannes mit
den nnaewölrnlich kurzen und dicken
Finaern sichtbar wurde, fiel Edaar die
Aenfreruna feines Neaerå iider Mon
sieur Chr-las auf Haiti ein·
Niemand der Anwefenden, außer
dem an der Thüre lauernden Neuen
der jeder Beweauna Danlowg rnit fun
telnden Auaen folate. aewahrte das ir.
der linken Hand des Arztes verborgene
kleine Schwömvnchem welches er der
Vatientin var die Nase hielt. Langsam
in Pausen hatte Dablow vier Tropfen
in die aeöffneten Linden aetriinfelt.
Dann fuhr er ihr mit der linken Hand
sanft iiber die Stirn und Schlöien
nnd trat vorn Bett meist-. Tie Kranke
laa rubia da. atknnete leicht nnd reasl
niößia, und auf ihren Lippen erschien
ein Lächeln.
In tiefem anastlichern Schweigen
waren die Auaen der Anwesenden auf
die Manipulation des Aeutes gerichtet
gewesen und ietzt- als sie die noch
gesuchte Kranke fo friedlich lächelnd
vor sich sahen qina ein freudiger
Atbernhauch durch das Zimmer, ein
wonniger Seufzer der Erlösuna von
tiefer Anast. Aller Auaen waren in
bewundernder Dankbarteit auf Dak
low gerichtet, die Doktor Berirarns
mit einer ernsten Fraae darin.
Auch die Blicke Frau von Strehlens
nnd Afrag, lie finster aenua dem
Arzte entgegengestarrt hatten. waren
sanit geworden. Edaar fah unendlich
aliicklich anz.
Lächean wandte iitir Taliiotv in
den llnistelienden nnd saqte leiiex
,E-ie schläft rudia, man sorae, dass
sie nicht gestört rrird."
Nach einiaen Stunden tvird die
Kranke erwarten, oline von dem, ioaH
mit ihr queaanaen ist. Kenntniß in
haben«
Geriinschlos entfernten sich Alle
ans dem Schlasiimmer und lieszin
Maria nur unter der Obhut Asr.ig,
über deren Wangen beisie Zähren lie
sen, zurück.
Jin Vorzisnmer nnaelanat, danls
ten Edaar nnd Frau von Zirehlen
dein Doktor in den toarmsten Aug-—
drücken.
Jean Baptist toar verschwunden
Als der Danke-indes lich gelegt
hatte, sraate Doktor Bertrain: »Was
haben Sie der Patientin aeaeben.«'
Sosokt zog Dottor Dahloio sein
Etat aus der Tasche nnd überreichte
das Fläschchen dein Greise.
»li- ist ein Ertratt aus den Wur
«eln einer tropiichen Pnrettirurnart
syretnrum Cinerariae Foliurn Bei
meinen Reisen im Orient widmete
ich, dir mein Studium wesentlich den
Erkrankunqen des Netvensktskeme zu
gewandt toar. meine besondere Aus
n-eitsamkeit auch den beulenden und
tanzenden Dertvischen und den Er
scheinungen« welche ibren Exezitien
folgen.
Jch gewahrte bald, das; sie überMit
tel Fersiigtem die durch ihre blodsinnige
Abäkigkert bis zum Sprinaen übe-reiz
ten Nerden, der eine entsprechknde Erz
schlossung nachsolgke, rasch zu kräfti
gen nnd u berubiaen Es aelana mir,
eines die er im Orient seit uralten Zei
ten zu gleichem Zweck angewandten
Mittel zu erwerben und aleichzeiti
erkunden, daß es sich als ein Vra ukt
der dortigen Pneetbrurntpurzel dar
stelle. Diez ist es. ein letter Siest; die
leampsstillende Eigenschaft trvhnt ihm
im höchsten Grade bei.
Versuche, die ich von Chemitern
anstellen liess und auch selbst gemacht
habe, Gleiches herzustellen. mißt-rn
gen biUesi Da ichZei Fräulein von
strehlen weder an eine atute noch an
eine chronische Erkrankuna einzelner
Gehirntbeile noch des Rüetenmarks
lanbe, babe ich biermit einen Ber
sit ch aus auk Glück gemacht: wie Sie
sehen, war der Erst-la lobnend.«
Doktor Berlram betrachtete und be
roch die wasserbelle Flüssigkeit
deAst dieses Mittel analnsict spor
n «
«Jn Berlin und Wien ohne Re
sultat. Das ei entliche Aaeni wurde
nicht erkannt ir ist tlar daß die
Wurzel nur in einem bestimmten
Stadium ihres Werdena dieses Mit
tel bei-giebt Versuche ei zu erspr
schen nnd zu gewinnen, sind noch im
mer irn Gange —«
Der greise Arzt gina noch einmal
ing Schlaf-immer Er kam In
illeie fis-Wanst Puls- der- M
Lungent d normal .
Wirkung, die i hier von Ihrem
trampfitillenden ittel gesehen bebe,
macht mich verstuninien.«
Er wandte sich zu Frau von Streb
len.
! »Ich werden geaen Mittag wieder
- erscheinen, vielleicht beliebt es Doktor
: Tentam um dieselbe Zeit hierher zu
tonnnen.'· ,
Dahlotv verneigte sich zustim- ;
nxend. » H
Vertraun eravbichiedete nch i-nd
ging tief ernst von dannen.
Mit spöttischeni Lächeln lal) Dah
lyw ihm nach und murmelte: »Ja. es
Bebt mehr Dinge im Himmel rznd auf
Iden, als Eure Schulweiglieit sich
traumen läßt«
Als er jept zum Hute griff, sagte J
Frau von-Studien: »Ich bitte um ;
eine turze Unterreduna auf meinem
Zimmer, rr Doktor.«
sitz ehe zu Gebote. gnädige
s kau.
Er ging mit ihr hinaus. Jena, der
zur Seite stand und ihm. old er hin
austrot, mit den Blicken eines Zi
qmz na starrte, hatte er nicht be-—
merkt. ;m Korridor beaeaneten beide
Bisses-» die bleich und abaebärmt aus
sah, deren Auaen von vergessene-e
Thriinen zeugten. ’
»O warum haft Du mich nicht ge
weckt, Mutter, wenn es mit Maria so
jchleckst stand?«
»Du hedtnftest des Schicks, mein
Lieblinq, und konntest doch nichts
nii en.«
Immer vtn nuem bewunderte T
kalt-Im wie der Ton der Stimme .
nnd Gesichter-usan dieser Frau sich
änderte-i, wenn sie mit ihrem Kinde
sprach.
Dich bin aus dem Weae zu int.«
»Du darsft sie ietzt nicht stören,
Kind. sie schlöst sanft-«
»Und ift sie gerettet, Herr Tat
tor?«
»Ich lioise es,« taate Datilorv mit
ernster Miene.
»Ich will sie wenigstens selten --— ich
werde sie nicht stören« »Sie aina nor
iitser. und mit tummervollern Blicke
sah Die Mutter ihr nach; mit einem
tiefen Seufzer schritt sie dann weiter,
begleitet von Damen-.
Sie schloß liinter sich das Zimmer,
als sie mit ihm einaetreten war.
Ein Gemisch von Zorn und Angst
betebte ihre Zuae, als sie ietzt staate:
..War dieser surchtvare Zustand Ma
rias eine Folae ihrer früheren Er
trantnna -— oder i«
»Mir die Festae eines der kleinen
ttrperimente, wie ich sie zuweilen mit
Vorliebe anstelle.« entaeanete er, nnd
ein arciuentyasiez Lächeln trat in sein
Gesicht.
Frau von Stieletm blickte ibn ent
setzt an und ließ sich dann aus einen
Stuhl nieder, als ob sie die Kraft ver
ließe.
»Und nun?« sraate sie tonlos.
»Nun befindet sich Fräulein Ma
ria nm nichts schlechter. als gestern.
Die Geister, die ich zitire. vermaa ich
auch zu dannen.'«
»Wie haben Sie dies tiernoraeriis
ten?"
Er war seit Inaen nicht in der Pa
tientin Nähe gewannen nnd Maria
war gut bewacht.
«Dat. gnädiae Frau. tit eines inei
ner Kunstaeheimnisse. Der « hinsch,
mich wieder zurn diriairenden Arzte
aus Bergheim emporzuichtoinaen ries
dieses Experiment bervor.«
»Ist noch Gesahr vorhanden-«
»Im Augenblick nicht die ne
: ringste."
t, Sie holte tiei All-ern. und ilire
’ Angst schie zu schwinden
»Ich sagte Ihnen, dasi ich wünsche,
daß Maria gesund iverde.«
«Die Erfülluna dieses Wunsches
liegt ganz in der band der ansidiaen
Frau-«
Jlxre Brauen zogen sich drohend zu
samtnen.
»Sie glauben mit mir spielen zu
iisiiiien, aber Sie irren sich. Ich will
nicht« daß auf dem betretenen Pfade
irseiter aeaanaen werde - und ich be
sine die Mittel, meinem Willen Nach
druck zu verleideii.'«
»Der Wunsch der aniidigen Frau
ist mir bit zu einem gewissen Grade
Beseht, aber auch nur bis zu einein
eivissen Grade; ivo meine eigensten
Interessen ins Spiel kommen, ioerde
ich inir erlauben, allein nach meinem
Ermessen zu danktean
»Darin liegt eine Drouan.«
»Gniibia«e Frau belieben eben zu
bemerken. daß sie nicht mit sich spie
len lassen, dasselbe ist bei mir der
Fall," entgegnete er mit kalter Ruhe.
»Ich habe Sie in meiner hand,
Perr, und ich vernichte Sie. wenn Sie
ich unterfangen sollten. mir zu kri
deritreben.«
Doktor Dahloiv lachte hierauf.
»Lachen Sie nicht« das Fläschchen
welches Sie mir iiir Maria gaben, ist
mit seinem ganzen Inhalte noch in
meiner Hand und vielleicht finden die
Chemiter doch, dasi es der Gesundheit
nicht ganz zutriiglich ist.'«
Mit einein Ausdruck unvergleichli
chen Spotes saate er:
»Wenn Marsberas Quellioaiser
solche Eigenschaften beiwohnen, wer
den Sie Recht beben. Qniidige Frau
werden mich nicht io einialtig halten,
dass ich meine Waiien aus der hand
geben sollte.«
Sie sab ibn balb unaliiubig, halb
ornig an,er aber subr fort: »Im
ichlimnisien Falle aber babe ich ein
Datument, welches gnädiqe Frau
die Giiie hatten, mir auszustellen, in
Verwahrung. Dessen » nbalt ist klar,
baß er nicht anal rt eu werden
braucht.«
Frau von Streblen wurde so
: bleich wie das Tafel-Musik welches sie -«
in der Hand hielt. J
»L, o,« stöhnte sie, »ich war wahn- ·
sinnig, i-oahnsinnia.«s Mit ungewöhnli· ··
licher Kraft aber kämpfte sie ihre Ek- «
regung nieder und sagte rnit festem
Tone: »Sie werden wohl kaum wagen«
es zu produiiren."
,,EH rijrie taum ein Waqniß sein,"
erwiderte er leichthin, »d9ch werde ich v
vrn der Wasse, die ichin der Dank i
halte, nur im äußersten Nothfall Ge
brauch machen. Das einsachsie ist, Sie «
entwenden sie mir durch Erfüllung der
darin einge angenen Vervslichtun .«
»Sie n« en, dcsi ich das nicht ann
und ich will auch nicht.«
»O. das ist etwas anderes, gnädige
Frau, damit entbinden Sie mich jeder
Rücksicht IN hegt reinen Zweit-L daß
Fräulein « atia von Strehlen siir
Nucterlangung ihrer Gesundheit un -
den Besitz dieses Dolumentes mir dieM
taiin itipulirte Summe auszahlen
wird, ja ist-on allein, um ihre Erben
der Verpflichtung zu überheben, es zu
tlnin.'«
so
»Und vorher würde Ihnen Cdgar
den Psxreet den Schädel zertrümmern,
er ist ganz der Mann daru«
Dahlow guckte zusammen. sagte aber
leich darauf: Erhalten räulein
iaria oder hle von Varecl enntniß
von dem Inhalt dieses Papieres,
nurde dies . hre Stelluna zur Fersen
Von Bergheim wohl tauin derbe ern.u
Dis hömische Ruhe Dahlow’s er
schreckte und erhitterte sie. Sie qing
eineae Male auf und ah und sagte
WILL muhtvvll fch die Worte abtret
aen :
»Ich will Jhnen5000 Gulden fiir
das Papier geden, mehr habe ich
nicht«
»Es ist aenua, gnädiae Frau. Jch
have mich nicht in Ideen Kreis ge
drängt, Sie haben den erfahrenen
Toritoloaen herangezoaen und ihm fitr
seine tfrueeimente das Feld aeehnet.
Bitte nicht aanz unaesahrliche Thurm
leit beansprucht den hedunaenen Lohn
und ich werde ihn erlanaen, so oder
Als sie nichts ent eanete und ihn .
nur mit dleichemGesi t anstarrte, fuhr
er tritt einem cynifehen Lächeln fort:
»Von dem Lebensdsade. der einst vor
- mir lag, bin ich durch unaliiclliche Ver
s
» rer geworden. Ich tauae nicht mehr
haltniise txt-gedrängt und zum Aben
—
sur Europa· nachdem ich andere Welt
theile kennen gelernt habe.«
,,Haiti«'« murmelte sie. doch er beach
tete es nicht.
»Ich irsill zurückkehren unter den
mir zusagenden himmelsstrich, aher
nicht ohne die materielle Grundlage,
welche mir gestattet, mich nach meinen
Wünschen emporzuschwinaen Da -
haben Sie die höchst einfachen Motive.
welche meinem Handeln hier zu
Grunde liegen und Sie werden dar
nach begreifen, dafe mein Entschluß,
unseren Vertrag erfüllt zu sehen, un
erschtitterlich ist. Fräulein don Streb
len’H Wohl oder Wehe ist mir dabei
ganz gleichgiltia.«
Er überließ sie einiae Augenblicke
ihrer leidenschaftlichen Bewegung und-«
sagte dann: .
»Die Ankunft des Bannen schein
es, tiat Alles hier verwirrt. so auch
den tlaren Gedantengana Frau von
Strehlend Erlanat Fräulein Maria i
itsre Gesundheit wieder und reicht sieg
eineni Gatten die hand, der vielleicht -
nicht die zartlichften Gefühle fiir ihre
Stiefmutter und Stiettchtvestee hegt, (
so durfte deren Zukunft nur nothditrss
tia gesichert sein.« (
Frau von Strehlen sagte leise: s
»Mein armer Lieblina.« e
»Iriiulein Elise ift eine liebens
iverthe junge Dame und des höchsten
Gliickeg würdia."
»O. Satan, Satan!'· murmelte sie
wieder.
»Wenn nicht alle Anzeichen »u
qen.«« sagte er langsam, .begt bte
junge Dame eine leidenschaftliche Zu
ncigung zu herrn von Parect.'«
»Lassen Sie mein Kind aus dem
Spiele, ihr Name komme nicht iiber
Ihre Lippen«
»Der Fall wäre nicht undenkbar««
inbr er, ohne diesen Ansbruch zu be
achten, in nachdenklich-m Tone fort,
preis-« wenn Fräulein Maria vor
iksrer Vermälzlung sterben — « Frau
ron Strehlen schaudern zusammen -— -
»und ihre Schwester als reiche Erbin
lzmterlassen sollt-, Herr von Parer
fein Lebensglück an Fräulein Exisentl
Seite suchen wurde-«
»Nein, nein, wir erben nicht, wir
wollen nicht erben. Jch habe mit
dem teuflischen Gedanken gespielt —
ich glaubte thörichter eWise, meineln
Liebling gebühre wenigstens ein
Theil der Erbschaft Erst bat Testa
ment Moricks belehrte mich, daß
Elise wenigstens ar keine Rechte
anspriiche hatte. innenverwirrt war
ich, als ich in lerbenschattltcher Verbir
terung iiber bie Zuriiasesung meines
armen Lieblingi sinsiere Möchte Ge
walt über mich gewinnen ließ.«
Mit immer gleicher Ruhe wart der
Doktor bin: »Wenn Fräulein Maria
Herrn von Pareel ihre hanb reicht;
wird Fräulein Elise überaus un
glücklich sein.«
Frau von Strehlen senszte in eine
Tone auf, der einem bitterm Schm «
zelstöbnen glich. "
lFottstduna solan.
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n South Dakota galten frli 2.
3,» ogar 5 Procent per Monat a I e
roobnliche Zinsen siir geliebenes Or b.
Je t mögen die Staatsbanken keineDes
po ten mehr und bargen gar Geld zu
5 bis S Procent pro Jahr out.
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