Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, June 02, 1899, Sonntags-Blatt., Image 16

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    EIrkUsbIUk
stumm von
Heinrich gee.
(2. Fortsetznnq.) «
Auf das Kommando machten die l
Eier-innen. den einen Fuß auf dem -
Boden stehen lassend, mit dem anderer-.
eine rotirende Beweausicn Die Kom
mandos der Frau Balletmeiiter ver
stummten-. Das Exercice war bereit-J
eingelij es ging nun ohne die Kom
mendos weiter. Sie brach das Kla
vierspiel ab, ergriff das Stöclchen und
feste sich. mit dem Stöckchen auf den
Fußboden den Takt schlagend, vorn
Zwischen den Fenstern auf einen Stn!.l.
Lieschen halt deinen Arm hübsch!
die Finger zufammen, die Handfläche
darf man nicht sehen! Erinny, nicht
tunter sehen, das Kreui nerade halten.
die Fußsohlen einwäkiåk Wieviel muß
ich reden! Hermine, die Spitzen nach
unten! Es gefällt dir wole nicht? Nur
Dcsrchen macht eö gut!"
Dorchen stand in der linken Reihe.
in der sich die kleineren Mädchen be
fanden, als die Vorderste. Jlir Kleid
chen war oben arn Rande zierlich mit
Spitzen beseßt nnd sah schmucker aus
als die der anderen Mädchen Auch
je i trug sie noch um den Hals Die
dünkende Kette, an der ein kleines
goldenes Herz l«ing. Obwohl sie zu den
Jüngsten ehöete, machte es ihr an An
- math, Leichtigkeit nnd Eraltheit der
Bewegung doch leine nach. Dabei stand
sie so ruhig nnd sicher. als brauchte sie
die Stange gar nicht und ihre kleine
Sand auch nur ganz lofe mit den Fin
gern darauf.
Der Knr«suå, zu dem Borcnen ge
hörte, war der unterste. Die Miit » n
lernten hier erst seit einem tleben
Jahre. Wenn die andern. wie beson
ders im Anfanan über Gliederschmer
zen klagten, so verspürte Dorchen da
von nichts. Auch die Zehen -—--- wenn der
böse Spitzentanz aciidt wurde — dlu
teten ihr nicht niedr. Dabei tanzte sie
ihn. weil ihr Fuß Danach aebaur mar,
auf der großen Zehe allein· nicht ikie
die meisten anderen. die .,stnnipie"
Füße hatten, auf allen Zehen zugleich.
War das mit der großen Zehe allein
auch anstrengender so sal- es docti wh
anmuthiger und eleaanter aus« Ihr
uß wur, wie die Frau Balletmeisterin
chon bei der Prüfung aesunden hatte,
nicht zu weich und nicht zu hart, daz
Iheißt, er war haltbar und doch gesu
gig. Auch das Kreuzbieaen die Pirout
ten, die Entrechats und was sonst noch
alles war, hatte sie schnell begriffen
Wie die Frau Balletmeisterin, wenn
sie von ihrer Kunst sprach. oft erklärte,
kam es dabei nicht blos auf einen
;chmieasamen, aewandten Körper an,
Indern auch auf Verstand und Fas
kunassabh und Dorchen —- so hatte
e es asrau Schaffen Dorchenz Mut
ter, selbst aesagt — besaß alles beides.
Das Exerciece war zu Ende. Dor- ,
chen eilte —- diese Pflicht ain unter «
den Jüngsten der Reihe nach ruin—
in die Ecke, wo die aesiillte Gießtanne
stand und bespreate damit den trocken
gewordenen Boden. Lieschen, Emtnn
nnd Hermim die Meinen. erzählten
sich etwas und lachten und zu einer der
erwachsenen Damen, einem hübschen
jungen Mädchen, die nur etwas korpu
lent aussah, sagte die Frau Pollenmi
fterim »Tina, ich glaube. Sie macht
das Exerciee alle Taae dicker.« Auch
die gro Mädchen lachten nun, und
in der hat, die Frau Balletmeisteein
hatte Recht. Wenn Tan einige Tage
den Unterricht aussetzte, wurde sie je
desmal magerer.
Das Schlu exereice kam ith an die
Neid-. Esbe and aus Freiiibun en
und dieclevinnen traten nun in zizie
«Mitte«, wie das die Frau Balletniei
nannte. Nach Beendiaung des
elben rief sie:
»Nun. Dauben zeiae uns noch et
was: drei Spuren arosie Pirouette,
W. Rvnde de icmbe en l’air, drei
Zion-en große Pia-urte- Gemach-its
t.«
Alle Mädchen wichen um Dorchen
zurück. Gespannt hingen ihrer Blide
an ihr, bewundernd Und netdlog. Na
mentlich wie Dorchen die croße Biwa
ette mach-te, das dreifache Drehen des i
Körpers, auf der Fußsnitze Um NR
selbst, und den EntrechatS-Six, dens
dreisadsen Kreszpruna, der von allen
E erciies das Schwieriaste war« war
h bsch und staunerreaend anzusehen
» Eben schlug es von der nahen Niko
lcilirche rnit dumpfen Tönen Vier.
Die Unterrichtgstunde war zu Ende.
»So ist es gut gewesen« Dorchen,"
Rate rau Decier — »und bleib noch
et, habe dir noch etwas zu sagen«
Wenn der Unterricht aus war, begab
«qe:ie ganze Schnar- nach de.n Garbe
» ro raum zurück. So auch jetzt und
-f1östernd und tichernd fchküpften die
Eier-innen hinauf-, nur Dprchen blieb
» ha. Was wollte nur die Frau Ballet
- spie-Mein von ihr-?
« Mit Decket sah nach der Thür« bis
. — « ’ das lehre der Mädchen dahinter
—« » then war.
,-—"s--; . «Dotchen,« sagte sie dann und in ei
Im vertraanan Tones aFDihn
. c M LUIMM Un All ot
Instit-; ihr pöhnt waren —- bist du
« ehe IT Sieh-s aeweseJM
» M. stcheni Mutter,
M W Meist-v- eine
emeinschastliche Wohnuna zusammen
iese Dame war Frau Freibote Jn
badem Winter gingen die Damen einige
ale zusammen in s Theater, natür
lich aus die Gallerie und einmal l uch,
immer wenn es ein neue-Z Aus-stat
tungsstürt gab in den Cirlus Dorchen
wurde dann regelmäßig mitgenommen
Auch der Cirtus war ihr somit nichts
Unbekannte-Z mebr
»Ja-Frau Balletmeisterin,« erwi
derte Dauben
»Hast du das Ballet im Cirtus ge
seben2«
Ob Dorchen das gesehen hatte!
« a, «sagte sie
»J.lköchtest du beim Ballet im Eirlug
einmal mit dabei sein« ?«
Dorchens Gesicht erstrablt
O, ja, Frau Balletmeiiterin.«
»Damit du auch keine Angst da
bor?«
Dorchen schiittelte. wälzt-end ihr gsie
ficht vor Freude ganz rotli geworden
trat. den Kopf.
»Wiirdest du auch alles so lind-Xb
machen, wie du eg- bei ·.n?r gelernt
Mitk«
»Ja. Frau Balletrneisrerin.« nickte
Dorchen eifrig
Dann sage deiner Mutter sie
mächte noch deute zu mir tommen Jst- z
will mit ibr darüber reden. Wirst du' e«
ausrichtenik
Dorchen brauchte das nicht erst zu
bestätigen Jbre Miene saate aen Iz.
So wurde sie von der Basler-net it ein
entlassen.
Die anderen Mädwn waren. ais
Dorchen sich nach Hause machte, längst
fort. Wenn Dorchen sonst nach Hause
aina, blieb sie gern vor den Schausens
ftern stehen besonders solchen wo
schone Kleider oder Schmuciaeaen
stände ausgebreitet laaen Heute aber
hatte sie es eilig und aeschx binden
Schri tteH strebte sie. obne stets-en zu
bleiben, durch das reae Treiben, das
sirn diese Stunde die Straßen der inne
ren Stadt erfüllte, nach der hinter der
großen Brücke gelegenen Vorstadt zu
nach Haus
Inzwischen stand Frau Schäffer
Dorchens Mutter dabeim wieder an
ibrem Plättebrett und war damit be
schäftigt, ein halbes Dudend Oberiyzms
den, die sie am Abend abiulirsern
hatte, zu Ende zu platten. Eben hatte
sie einen neuen Bolzen einaelegt, strich
hierauf mit dem Büaeleisen um es
glatt zu machen, erst über den Wachs
lappen, der aus dem Ende des Plätt
bretteH lag, und subr dann über da
Hemd.
Am anderen Fenster des Zimmers
saß Frau Freibote und näbte Mäntel.
Sie arbeitete siir ein großes Konsti
tirnsaeschöst Wenn Frau Freibote
aus ibrer eigenen Stube mit bern Ma
schinenniiben sertig geworden war, so
packte sie ihre Mantel zusammen und
begab sich damit zu ihrer Nachbarin
und Freundin« um biet in Gesellschaft
noch das, was mit der hand an den
Mänteln geniidt werden mußte, zu
erledigen. Jbr Näbzeusn Revier-rol
len, Scheere, Fingerbut, Kniibse, Ha
ten und Oesen brachte sie dann in
der umaeiebrien Fußbani mit, schüt
telte den ganzen analt in ihre große
schwarze Schürze und ließ sich, das
Bäntchen seht unter ihre Füße schie
bend an ihrem Fensterplase nieder
Die ganze Wobnunen in der die bei
den-Grauen bausten,« bestand nur aus
zwei« Streben und einer Küche, Frau
Seht-sitt hatte die Wische und die eine
Stabe austreiben Frau Freihote die
andere Stube. Lan Mietbsbertrag
Mosis-nur bat-Mit inbeeikiiche
Yes-ansa- iss ask-»Tr
a n reun tlichen
citbernobmeni«ia das
Frauen seit sdoe schon so langen-ej
Frac- MWL aeeat
IM« NWM Ists SMU
auch sich die-W Agl
In bedienen
Während Frau Schässer mit ihren
Jahren noch so ansehnlich und frisv
aussah und sich durch ibr schwarzes
Scheitelhaar noch lein araues Sträliw
eben wa, halte Frau Freibote, obwohl
sie nicht viel älter als DorchenH Mut
ter war, doch lchon etwas sehr Ver
wellles und Verlitmmertes an sich.
Wenn sie von früh Maraens um iechH
bis Abends«urn relm rüstia arbeitete.
in verdiente fie täglich aerade zwei
Mark. Die Mittaasdauie mußte sie
dabei auf ein Viertelstündchen lies
; ichränlen. In den schlechten Monaten
: nsnrde der Verdienst noch kleiner. Jn
I einem aelegentlichen Theater- und
Cirlusbillet aber reichte er immer noch
aus. und wenn Frau Freibote deshalb
zu Mittaa auch nur dünnen Kassee
trinken sollte, solchen, der aus aller
band modernen Miscksmaen und am
wenigsten darunter aus wirklichen
Kasseebohnen bestand Auch Frau
Freibote sollte mit ihren Mänteln
heute noch fertig werden. Arn Abend
fogte sie sie ins Geschäft abliefern
ge en.
Frau Schäfler sprach gerade wie-·
der, igr Büselälen gefällig sage-einer end,
von r reen re m- hema, an
cheni Zukunft und ihre rennt-in idat
ist vie innrer den Oe asm mu
hören. Dreckan Zukunft fiiNe das
einfache Zimmerchem in dem ein Ma
»iaribouquei, einige bunte japanische
JFiicher und die auf dem Veriiiuiv
stehenden künstlerischer. Gipsbiisien des
Kaisers und der Kaiserin die Sehn
sucht der Frau Schäffer nach deen
Höh-ten bekundeten, schon-fest mit
ihrem Glanze. Auch auf die Oeiem
baten und Zwirnrollem mit denen
Frau Freiboie zu haniiten pflegte,
sollte ein Theil von diesem Glanze
aleiien und oft aenug wiederholte
Frau Schaffen wenn Dorchen ekii
groß und berühmt fein und dann einen
reichen Buon, Grafen, Prinzen oder
aat Fürsten heirathen würde, daiz
auch ihre Freundin dann nicht vernei
ien werden sollte. Maniei sollte sie
dann aanz acwiß nicht mehr Zu nähen
nötbia baden. , , « »
JairodL aus Dormen iouie erwa
rverdenl Frau Schässer hatte» vor
ihrer Verdeiratliuna in auten Hausern
gedient. Sie hätte ihren Mann eine-i
arwiilznlichen Lohnarbeiter auch gar
nicht arbeåratliet, wer-n dieser ihr nicht
Aussichten genas-di hatte, daß er eine-I
Tages noch Lokomotivsiilirer werden
könnte. Diese Hoffnung hatte sich in
dessen nicht eriiillt und er war vor der
Zeit gestorben, gerade als Dorchen drei
Jahre alt war. Alle Leute freuten sich
darüber, wag- Torchen siir ein hübsches
und ein seines stind war. Als- sie Eil
ter wurdei rnd iiir ilire Mutter die
Wäsche auszutraaen ansirikv wurde sie
den ilsr auch einmal zu einer schönen
Dame Fiel-hielt die eir.e Tänzerin nar
und darüberaebcnd ein Enaagenient ir:
din- stiidtischen Theater hatte. Täe
aarize Wäscht der Dame bestand ais-J
lcsibarent Battiit und war mit seinen
Spitzen besetzt. Dieser schönen jungen
Tanie gefiel Taschen setir und diese
Dame war es auch, die Frau Schöffex
eigentlich aus den Gedanken etiracht
hatte, aus Dorchen gleichfa s eine
Tänzerin zu kriechen Der Unterricht
war zwar sehr tlieuer, er tostete nie
natlich zwanzig Mart und dauerte
wenigstens zwei Jahre. Wurde Tor
chen aber «—«- und daran war gar niebt
zu zweifelst —— nach den zwei Jahren
am Stadttlieaier angenommen, so de
taiii sie monatlich gleich eine Gage dor.
zwanzia Merk. Alles iibriae, Dor
chens Karriere und eine reiche glän
zende Heirath mußte dann schon ganz
van selber kommen.
»Jetzt tann sie schon den Angtcis
schassi. Freude-ten sagte Frau Schäf
fer, indem sie sorgsam über die Fall
chen des Oberhand-es strich. W Den
Anaterscheissi tanii manche Große nicht
Jeyt noch anderthalb Jahr, dann ist
sie fertig· Freibrten!"
Frau Freidote schnitt mit ilsrer
Scheere gerate einen Faden ab. Welt
und tüniriierlich, wie sie unter ten
Tsranasalen des Lebens leider trete-or
den war, sah sie dabei aus-, als schnitt-:
sie in diesem Faden wieder irgend ei
nen ihrer Hefsnunassäden ad. Jliie
Schicksale betten sie zu einer entschie
denen Pessirnistin gemacht. Sie erlaubte
von allern, was irgend Jemandein de-·
vorstand, nur des denkbar schlechteste
und medr als einmal war ihre Rach
darin, die ru den Sanguiiiilern ge
hörte. deshalb, wenn die Rede aus«-Vor
cheris Zukunft latei, schon im Konflikt
niit ibr aeratlien.
« Frau Fretdote schrviea und nahm
einen neuen Anat-s aus ilire Rad-et «
»Sie reden heute wieder nicht«
saete Frau Sei-Essen noch immer aus
eine Antwort ihrer Freundin wartend.
rnaebaltem
»Juki-theilt- Jahr ist lanae hin,«
erwiderte Frau Freibote lateinisch.
« Frau Schässer überhörte heute die
in dieser Antwort ihrer Freundin ver
steckten Ahnqu von irgend welchen
schlimgäri Zwischenfällen, die Dar
chens rriere noch gefährden konnten.
Sie hatte in der dergangeneri Nacht
von Pferden geträumt und Pferde de
deuten ohnehin schon Glück. Außer
derzi aber hatten diese Pferde eine
schöne Kutsche a und in der
sittsa- sssi steile anders ale Dak
elieii litt. «
»Freiboten,« nahm Frau Schiisser
wieder dass Wort, denn die Erinne
rutza an den Traum versetzte sie ietzt
nachträalich in eine Gebelaune —
,.wenn Dorchen einmal beiratliet und
wir wohnen in einein Palais, dann
nehmen wir Sie ins haus, dann sol
len Sie meinetweqen das Silberzeug
unter sich kriegen-"
Frau Schässer legte das sertiae
Hemd sauber zusammen und griss nach
einein neuen. «
»Da werden Sie aerade an die alte
Freiboten nach der.ien,« erwiderte diese
arärnlich s— »ich werde schon meine
Cisenstanae schwingen, bis ich abziebr.«
Mit ihrer Eisenstange meinte Frau
Freiliote das Instrument, mit dem sie
ihr verlassenes Dasein seistete, nämlich
ihre Nähnadel
Auch diese Aeuszerung der Freundin
wollte Frau Schässer heute nicht ge
hört haben.
»Freiboten, ich bin blaß neugierig««
fuhr sie zur-ersichtlich satt s-— »ob’s mal
bloß ein Baron sein wird. Ein Baron
hat eine siebenzcckige Krone im Wap
pen. Ein Gras hat neun.«
»Wenn Sie blaß nicht selber einen
Zacken haben, Schiisseen, aber im
M«nse,« sagte Frau Breit-via
grau Schäflei- verlor jeht die Ge
du
-Sie sind ja heute wieder unausstelr
»M« tief»sie. —- . u was sehen S e
Ist denn übean her.«« ·
Iran Schiis er schien hiermit sa n
zu wollen, da der Maß am en: er
mre Ase Wesens-eigenen be ins-at
JtoarYaU s» «nng»eo
Antheil.»det nur zum aus«-seen und
Entmutbigen bestimmt war
Es war ein kalter Tag, Frau Frei
l hole hatte in ihrem Zimmer nicht F
« bei-It und sie wollte es auf einen Zw il
infolgedessen sie zu ihrem leeren Ofen
flüchten mußte, niche ankommen lassen,
deshalb lenkte sie ein.
»Die Bat-one nnd vie Grafen haben
oft selber kein Geld." sagte sie —- »wir
; niät ein Millionök am liebsten. Wie's
mit den »Von5« manchmal zugem, das
, sieht Eins doch an den Hauptmann5.«
»Dies« fiel Frau Schäffet wegwer
fend, verfiihnend ein«
»Hm er Ihnen nun die letzte Wäsche
nun beealili?«
»Mein Geld will ich schon leienen,'«
sagte Frau Schiiiier deitininst —--- »Er
hat doch noch Möbel. nnd schöne Sa
cken hat er auch.«' Sie brach nntten
in ihrer Rede od. »Und wenn er Dun
aetdfoten taugt nnd er ift trank nnd
hat keine Hilfe,'« io fuhr lie, als hatte
sie sich eines Besseren besonnen, fort «
»danri iche.rl’ ich’5 ihin auch Um die
rscar Groschen werd ich nicht gleich itrs
iner werd-n Es toll mir auch nicht
darauf anlomrnen, noch weiter iiir ihn
zu platten. Lange wird er·«·3 nicht
nrklr machen. Man muß daran den
ien, Freiboten, daß er auch ein Kind
hat und wenn er stirbt wor- dann
ntit dem Jungen werden soll. wo ten-.
Geld und lauter Schulden da find.
das will mir noch nicht tlar wer
den. Wenn man ein Kind h:t, Frei
boten, dann denlt man on io rion
Das verstehen Sie eben nicht«
Frau Freibote »vor mit dem neuen
Knodie fertig und drehte nun das
libriei aebliebene Siiitt Faden urn ihn
return.
»Ich bin froh, daß ich teine habe·'«
ioote sie —-— »ich hätt' doch bloß Ungliin
mit ihnen.« «
»So wie Dorchea können sie auch
nicht alle aerathen.« bemerkte Frau
Schäffer mit zufriedenem Lächeln -——
»ich will Ihnen auch sagen« Freidoten
was Sie sich im Stille-n iiher mich desi
len. Sie denken, ich bin eine Affen
mutter. Die Frau Balletmeiiterin
aber bot mir doch selber qesagt,roie t«
lentvoll Dorchen iit nnd das hoben Sie
bei der letzten Schelnriiinna doch auch
aesehen. daß sie in der Klasse die hilf-s
lcheite ist« Oder meinen Sie nichts-«
Frau Schöiier warf ihrer Woh
ttunrrsaenossin einen Bliti zu, der i-1it
etwas-· Bedrohlicheo hatte.
Frau Freibote sah wieder ihrer.
tollen Ofen vor sich nnd deshalb muri
rnelte sie, indem sie eine abwehrende
Handdewauna machte: »Ja doch, ji
doch!«
Wenn Dorchen bei der Schuldrii
iuna wirklich die hübicheite arweien
war, io laa das auch zu einem Theile
daran, daß ihre Mutter ihr nicht nur
ein nagelneues Kleidchen angezoW.
sondern sie auch gepudert hatte, s
ihrem schon niedlichen Gesichtchen noch
rltras Distinguirtes dab. Mai-Schäf
fer hatte an diesem Tage ihrer Freun
dinleine Ruhe gegeben, sie mußte sie
begleiten und von allen Müttem die
cis diesem Tage iIr der dedentnnasools
len Attla sahen, war Frau Schäffec
ccns gewiß die Stolzetir.
Der Bolzen war lalt qeworden
Frau Schiiiier ging in die Küche. um
einen neuen in holen nnd eben hatte
sie sich wieder nn ihr Brett gestellt, alo
es eben llinaeth »Das iit fres« riei
sie hastig -—— «Freidoten, gehen Sie
doch mal roas isnd machen Sie aut.
JOHN gerade den heißen Bolzen
-rer." "
»Ich had’ doch den ganzen Schoß
tsoll,« erwiderte Frau Freibote notge
lia mit Bezuanahtne auf die messen
kiaften Utensilien, die in ihrem Schoße
nom.
»Von Ihnen lann man schon was
hol-ein« leiste ran Sei-Elfter Mitt.
und lieber leß te den frischen Bolzen.
indem lie ihn ith auf den Rost fte te,
erkaltet-als daß lieDorchen hätte war
ten tolle-. So eilte sie hinaus nnd
trachte ani.
Dorn-en war immer schneller gelau
fen. io das fie. als sie nun vor der
Mutter stand, ziemlich aufgeregt und
erhi t nagst-. s« J
s dtt denn fragte rast
WI«.- ..« »
»Warum raare Oorcuen san einem
log - »du sollst gleich einmal zu der
Frau Balletnxeisterin lommen.«
»Ist was passiri?« rres Frau Sei-Hi
ier erschrocken.
Mit fliegenden Worten erstattele
Dorchen ihren Bericht.
Wenn Frau Schätier in ihren stillen
nnd auch lauten Träumen an die Zu
kunft dachte, so stand der Abend, an
welchem Dorchen zum ersten Male vor
dem Publikum sich zeiaen würde, von
allen Bildern immer am ledendigslen
vor ihr. Sie sah den itrahlenden Thea
terranm und die vielen hundert Mms
schen, die nur aetommen waren, um
von Dokchens erstem Triumphe Zeuge
zu sein. Dieser Abend war die uns
angssratioey von der aus Doecheno
Glanz und Ruhm und Glück de innen
mußte. Jahre und Mona e un viel
leicht tausend Oderdemdenlagen noch
bis zu diesem Abend bin. er schwebte
noch in nebelarauer Ferne. Nun er
ählte Dorchen das! Nicht im Theater,
sondern im Cirtuö sollte Dorchen sich
eigen. Theater oder Cletus —- das
lieb gleichviel. Der Abend war dal
Nur wie es damit plötzlich so gewin
rnen war, nur dato-on wußte Dorchen
nichts zu sagen. Das wußte nur die
Frau Balletmeisterin und die Frau
Halletmeislerin wartete Mon. ,
Frau Schässser und Durchen waren
llingsl in die Stube einaetreten. Von
Frau reibote nahm Dotchem als
wen-er sur eine araue Matte, oder
ein M Wanst-Indiana etwa
eine alte Kam-nahe wär-. keine an
dere Notiz. Frau Meist-te hatte site
Napel sinken lassen und hatte ver
Reuigteit mit stillem Staunen zu.
»Was sagen Sie denn nun, Freiho
ten?'« fka te Frau Scköffer au ek f
»We: all ich denn iaaenk erw
derte Frau Feeibote gelassen. —
»Ste läßt auch alles taltSeOen Sie
sich man zu Ihrem kalten Ofen, da
passen Sie hin-«
Die Oder mden,.1venn sie auch bis
zum Abend ettig fein sollten, mußten
es sich gefallen lassen. Zu warten. tau
Schaffet paclte hastig vie aanZe Wä
sche, damit tein Staub darauf an, in
den var dem Plättbeett stehenden Starb
und deckte ein Rolltuch datübee. Dann
holte sie aus dem Schrank ihr beste-s
nnd fxijgiitstes Herbfttleid bekam-, das-,
weil es von einer empfindlichen grauen
Farbe war, gleichfalls mit einem Tuch
tin-schlagen Icar, und in tekm Minuten
mai sie feetia. Zum Schluß letzte sie
sich nack- einen kleinen elegamen
To-que!iiit, der sonst nur iiit Sonntag
bestimmt nar, auf den staat. Jm Vet
aleieti zu Frau Freibote satt Frau
Zckpiiiier jetzt ganz entschieden wie eine
feine entnehme Dame aus.
c—
»Du ten einen Warten. eine Yrviarre
netnnek« iraate sie in der Aufregung,
indem sie nochmals in den Spieael ind.
Dirne aber eine Antwort aber-variety
machte sie sich dann auf den Weg.
Frau Freibote und Wrchen blieben
allein zurück. Drrchen trat an oag Eck:
senfter, aerade wo Frau Freibotene
Man war, um ilirer schonen M-.1nia,
die nun auf die Straße trat, noch ein
Mal nachzuseben
»Du wrsberrst mir das aanze Licht,
aeb hier wea," sagte Frau FretbatQ
»Ja-«- lann biet stehen. Das ist uns-re
Stube Sie tönnen ja in Jbre credit-.
Sie wollen blos nicht beizen!" antwar
tete Dvrchen trotzia
»Du bist ein unartiaeg Kindl« ries
seht Frau Freibote ernstlich böse- und
mit ihrer rnaaeren ,eerstochenen Hand
aab sie Dank-en einen Klang.
Frau Freibotencs Klaus hätte sicher
lich nicht die llertleinste Fliege bei-this
viert. Denno iina Doreben an, Laut
darüber zu weinen.
»Das sue-I ich Y;tiaitta.« ichluchzre ste
« »warten Sie nur-«
Frau Freibvte nähte weiter. Wenn
ihr Heil nur einst von Dorcben ab
häng, so war ibre Art, sich Dorrbend
Zijxiipatdien zu erobern. allerdings
nijit aanr die richtiar. Oder glaubte
iie werniialiar iibertranvt nicht daran,
daß Dauben sen als in die Lage lam
inen kannte, sie zu vroteairen?
Durckrn feste sich. nachdem sie fu«-)
iserntiiat hatte an den Tisch uns
machte ilire Easktlarbeiten Dann und
wann tnipsie Frau Freiboteng Scheer-»
bis en in der Stube immer dunkler
wurde und Frau Freiheit weil Dor
chen anscheinend teine Lust dazu enc
riand, enlech selber aufstund-, um die
Lampemnzuriindm
Frau Schäiier wurde von der Bal
letmeiiterin sosart empianaen. Frau
Decier befand freb iesrt in ihrem var
iiebnien Satan, ver allen Eltern, die
ihre Kinder brachten. Staunen nnd
Ehrfurcht erregte. In der Sand hielt
sie wieder ihr Stöckchern
»Bitte, setzen Sie sich. liebe Frau
Schässer,' sagte sie und wies aus aus
einen mit schön aemusterter Seide
iiberzoaenen PolstersiubL
Jrn Zimmer hinaen alte verweitte
Lorbeerlränze mit seidenen und gold
bebruaien Sei-leisem den Zeu en von
Frau Teaero glorreicher tiin lerischer
Vergangenheit Unter einer Glabgloete
ans einein blansarnrnetnen Kissen, kie
aus einem lleinen Tische stand, ruhte
sogar ein silberner Lorbeerkranz nnd
diese Trovtsiiön der Frau Balletmeistes
rin brachten aus Frau Sei-öfter tchon
jedesmal allein den tiefsten Eindruck
hervor. Wenn Dvrchen erst solcbe
Kränze ernten würde. Wenn Dorchen
und sie selber erst aus spielten Stühlen
reaelrniißi sicen würden. Der Frau
Ballettneisierin seblte nur ein: Sie
war nicht schön und deshalb war sie
eben nur Balletrneisterin geworden,
nicht aber Hawaii-. Gräsin oder sonst
etwas dergleichen Das that aber der
Ehrerbietur , die Frau Miste Iin
Dorchen Le wein emnsantn natüe ich
seinen Ilbe -
Ins der Art und Weile« in der rau
Wer sich mit den Eltern ihrer K
linge, die alleedi niebt zu den ti«
seen Massen der sellschsit gäbltern
unterhielt hätte man vielleicht so et
was wie Heeabiassuna entnehmen th
nen. Kein Wunder, Frau Deaer war
noch immer Minstlerin, ibre lilerins
nen tanzten aus den are-seen sinnen
von Berlin. Wien, Beursbur Paris
und London. Welche Dame a so hätte
sich aus dettei Dinge nicht etwas zu
gute gethans
»Torchen hat Ihnen schon gesagt,
weshalb ich Sie zu mit hergebeten
habe. Meine liebe Frau Schäffer?« lei
tete Frau Decker die Unterhaltun ein,
indem sie mir ihrem Stückchen n die
andere innere Haut-flache klopfte.
»Jamm, Frau Balletmettterin,« er
widerte Frau Schiisser dienttfertig.
Wie Frau Decker der Mutter Ihrer
Elevin nun auseinanderfetzte, handeite
es sich um tolaenbes:
Jn turzerZeit wollte der Cirtus fei
nen Aufenthalt in der Stadt beschlie
ßen. Um bis dahin der schon etwas ab
gefptelten »roßen Vantomime eine
neue Zugtra t zu verleihen. sollte sie
etne neue eigenartiae Valleteinlage er--v
halten, tu Ver ein Keines. aber schon
gut eitbtes Mädchen eine hauptrclle
u it rnebrnen hatte. Zu diesem Zwecke
atte sich die Direktion aHW
— mirte Institut von Frau Decier ge
wandt. »Von Frau Schässer sollte es
nun ubhcnsztm ob sie Dovcheu fuk eine
Reihe von benden zu einem Bis-um
chen Auftreten melden wollte. Frau
Decket fügte in htet Erzählung auch
hinzu, welches Honotae der Direktor
file Dokchen bewilligen wollte, nämlich
fitt den Abend zehn Matt. und baß et
cu für das Koftiim soran würde.
Au it enb welchen eiaenen Nutzen ers-—- —
klärte « eau Decker verzichten zu wol
len« obwobl sie sonst für iebes vermit
telteEnqagement ihre bestimmten PM
zente bezog.
Wwf ———-—————————-— ——--v«—————s—— -———-—-——- W —
«uedetleqen Sie es sich genau, meine
liebe rau Schifffer,« to schlosr utit F
fast m tterltchem Tone Frau Bester-—
»Dir-echter wird an jedem Abend bis elf
Uhr W ubletben zu haben. Sie hat X
atn n« en Morgen tn die Schule zu
gehen und ich mischte siir nichts eine
Verantwortung übernehmen, au er
natürlich fiir ibte Leistunaen und iir -
diese übernehme ich sie arrn. Geniren
Sie sich nicht im mindesten und sagen
Sie, ob Sie wollen oder nicht.«
Die Antwort stand bereits lange
und deutlich auf Frau Schäffers nach
immer so ruht-»rein und eralänzendrrn
Gesicht.
»O gewis-» nanz gen-ist doch, Frau
Balletmeisterin,« erwiderte sie aber
gliiellich, wobei sie heftia atlnnrte und
sich im Stuhle so tief. alr« es nur mög
lich war, verheirate.
Frau Teaer llopite mit dem Stöck
chen an ihr Kleid-, ähnlich wie ein Aut
tietator, wenn er mit dem dritten
Hainmerschlaa einein Kauser endlich
den Zuschlag ertheilt
»Dann also aut," saate ste. —
,,Dorchen mag morgen Nachmittag urn
Zwei sich im lkirtus einfinden und
dort im Restaurant nach Herrn Ballet
nteister Sestini frei-arm Das Uebrige
wird sich dann erlediaen.'«
Frau Vetter stand auf, Maus-chiti
ser erschöpite lich in einem Schxoall
van Dankesworten aber freundlich
schnitt diese die Frau Valletnreifterin
ab. Sie begleitete die Mutter ihres
Zöglinaes bis zur Tbiir und mit uner
Reihe tiefer Kniee entfernte sich Frau
- Wissen
Frau Deders Gatte war erorter
und als solcher in den Tages-stunden
selten zu Hause. Atr- er endlich an die
sem Iaae spät am Abend beimlam «
er hatte eine politische Versammlung
zu besuchen gehabt --—-» saate Frau Te
aer zu ihm: »Maraen wirft Du eine
Notiz in die Zeitungen sehen lassen,
Rudolf. Eine Schiilerin bon mir, ein
Mädchen von achtJadren wird in dem
neuen Cirtusballet eine Hauptrolle
rreiren!«'
»Ich tann nicht immertort solche
Rettamen bringen, die Redaltionen
nehmen sie mir nicht meltr ab,« prote
stirte Herr Vetter zaabafL
»Wo-tu habe ich Dich arbeirathet?«
sagte sie ftrena.
Kleinmiitbiq murmelte Herr Decier
noch etwas vor sich bin. Dann feste sich
das Ehepaar in der Otnterstube um
Abendbrot nieder. Es aab deui ches
Beefsteat mit dampfenden Pelikan-Js
feln und Herr Decker dachte an die
Zeit, rote er noch als zufriedener- ung
aeselle seine weniger odulenten abl
geiten in en Restaurationrn, an dem- .
selben Tische wie die Droschlentutfcher
eingenommen hatte. Damals war er
non-sein junger, aufstrebender, wenn
auch mit Honoraren nur mäßig eseg-s
neter Schriftsteller aetoesen.Sett einer
Verbeirathung aber batte er sich aus
den Wunsch seiner Frau dem ergiebt
geren, wenn auch weniger seinen Ehr
geiz befriedigenden Berichterftatter
berufe ergeben. Er hatte sich von einer
Künstlerehe etwas aani anderes ver
sprochen, als daß sie nur sum Geld
erwerb bestimmt war. Daj spanische
Stöachen aber hatte seine Jdeale in
Grund und Boden geschlaaen
Auch in Um großen arauen Hause
in der Iruchtstrafze im Quergebaude,
doch oben im vierten Stock. gab ej an
Zieisgn Abend einen solenn gedeckten
« r
Dorchen befand sich mit ibrenSchuls
arbeiten, als itzre Mutter zurücksank
allein. Frau k reibote war mit i ren
Mänteln flii lich fertig gen-or n.
hatte sie in bre ge . We Liefer
Uele gepackt und hiermit W Ge
chiift aufpemacht Il- Dorchen von
brer Nu ter erfuhr. toas ilir fitr den
morgigen Tag bevorstand. i rang sie
in der Stube herum und tatschte in
vie and-«
»Hier) via) an, ou comr glel »
Wäsche forttra en," sagte Fra O f:
iet, plättete au geregt ihre Hemden zu
Ende, wobei es ihr zum eilten Male
in ihrer Praxis geschob. baß sie mit
dem zu heißen Bolzen eines davon,
trenn auch glücklicherweise auf ber Jn
nenieiie, verfenate - und Doechen
ichliipste mit dem Korbe noch hurtiaer
als ionit davon. Ein halbesStiinbchen
später tam auch Frau Freiboie zurück
Jn beni von ber großen Lieferbecte
mnipannten Parteie, das iie sin einen
Plaibriemen schleppte. brachte sie ihre
neue Arbeit rnit. In bee anderen Hand
hielt sie ihr Rechenbuch unb ihren gro
ßen arauen Regenichiem. ohne benIeau
Freibote niemals ausnim
»-t:7aben Sie sich etwas- eum Abend
brot mitgebrachi. Freiheit-up rief itzt
Frau Schäifek eniaeaen. als sie die
Thüre aeben biirte.
»Ich habe beide Gabe voll, was full i
ich benn noch italieni« erwiderte Frau
Freibote beinahe ärgerlich. »O
»Dann eilen Sie heute mit uns, D»
Freibotem Ich will mal ieben, daß
Kalbslptielt bekomme. Vier beinH
auch mit. heute iolks was koste-i
Motiiebuna Mai-) «
.—-G.Mcke—1nu an ni t mit
Seide zuniihm b m ch
III
Die Schule bes Lebens kann man
nicht fchwiinzeiu "