Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, May 26, 1899, Sonntags-Blatt., Image 9

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    ss W Willens-im m
Gewerbe
, Marmorbrilche von Carrara
» Seit 2000 Jahren ist der carrarisaze
tarmor der Welt bekannt. aber nur
» nige von den tausenden Touristetn
· «- lche Initili die Mittelmeerbahn
osn Rom nach enua benünen,vesuchen
Y- ö Fleckchen Erde, wo dieser ieriibinte
tein gebrochen wird. Carrara lteat
— in der Bahnlinie Pisa-Florenz nnd
’in Ausflng in die Brüche ist init lei
ten Schwierigkeiten verbunden. Das
; «iädtchen, welches etwa 15,0i)0 Cin
2 obner zählt, liegt am Carrione in
nein tiefen Berglessel der Bonatti
chen Alpen und ist selbst zum größten
Theil aus Marmor erbaut. Fast die
««-anze Bevölkerung beschäftigt sich mit
dem Brechen, Bearbeiten und Tranks-:
portiren dieses Marmors. der sich als
txt beste zuBildbaiierarbeiten bewährt
ußerdem begegnet man liier Altelierg
ieler auswärtiger Künstler, die an
Ort und Stelle die Marmoriilörte
-’punltiren, oft wohl auch aanz ausfüh
ren lassen. Hier befinden sich Wo,
fund bei dein benachbarten zUiasia 180
iMarinorbriiche und man fann fiel- ei
nen Begriff von dieser Industrie ina
chen, wenn man erfährt, daß jährlich
- 70.000 Tonnen Marmorblinte und
Platten nach allen Welttheilen expor
tirt werden. Die-J repräsentirt einen
Werth von etwa is Jltiilionen Lite. Der
beste Marmor wird nämlich niit Ile
-—-—170() Lire per lsubitineter bezahlt.
Unter diesen Verhältnissen ist es zu
verwundern, dass die Gewinnung des
Marmer fast noni anf derseldriIStiise
stel7t, wie zur Zeit ihrer grössten Blit
tbe, unter derReaieruna des Augustin-.
Lille technischen Erfindunan des ind
dernen Europens scheinen spurlos an
Catrara vorüber geaanaen zu sein.
Zum Sprengen bedient inan sich noch
das Pulver; nicht einmal Dnnansit
wird verwendet Das MarniorgevJet
bedeckt ein Areal von etwa zwanzig
Meilen. Darauf befinden sich viele
hone Vergspitzen, die fast ganz ans
Marmor bestehen- Da der Marmir
dichl an der Oberfläche lieat, bedarf es
leiner Anlagen von Gallerien eder
Gruben. Die Vrüche selbst werden in
großer Höhe angebracht und das ab
gesprengte Gestein aleitet dann iiber
s das Geröll früherer Arbeiten ans na
tiirlicher Rutschbafin zur Landstraße
herab. Hier sind meist Nebengeleise
der Hauptvalin geleat. oder oer Mar
mor wird ans starren. die Ochsen zie
ben, zum Verladeplatz aebracht.
Aeußerst leichtsmnia wird dies-bren
aung vorgenommen Nicht ssur das
Material wird verschwendet ro ist
auch nichts Seltenes-, daii Menschen
dabei zu Grunde aeben. Man strebt
darnach möglichst große Blocke zu ge
winnen, und so wird oft eine Masse
von 1000 Tonnen zualeich lockte-—
sprengt·
Bei "edetSprenquna werden mittelst
ines ornes drei Warnungssignale
« Nen· Ereignete sich früher ein Un
derdabei. so wurde eine bestimmte
Glorie der Kathedrale inCarur geläu
· let. Dies ist neuerdinag abgeschafft
worden, weil das Ertönen dieser Glo
cke stets eine begreifliche Vanit unter
der Bevölkerung bervorries. Bei ein
Heiretenem Un liick dürfen sämmtliche
rbeiter den etressenden Bruch ver.
lassen, um ihre Angehöriaeu zu be
nachrichiigm Sie bekommen tro dein
ibren Tagelolm welcher etwa 80 Lents
beträgt.
Die Beförderung der aesprensjsten
Marmorblöcle zu Thal aeschiebt noch
durch Menschenhand. Mittelst Hans
seile werden sie herabgelassen Da sich
dieselben bald durchscheuern, ist diese
Beförderung-Bart ziemlich tostspieliq.
Um einen Block von 10 Tonnen zu di
-»rigiren, braucht man mindestens ZU
Mann
lf Is· di
Ausiralische Regen
Von G. von Reiche
Die Eingeborenen Australiens,
ober, wie der Australier sie lurzweg
nennt, «ihe blaclö«, sind eine ganz ei
THE Menschean e« die übrigens im
- uMetben be ri en ist. Jn benim
siendistricim end sie nur noch in ein
zelnen Famil anzutreffen. während
es im cinnern noch Stämme von mel)
reren unberten giebt. Ihre Ge
samtnl abl dürste Hunderttausend
tauni «bersteigen.
Oer genung engmeyer ownqu
(thin) und Hesjagden der ersten wes
.ßen Ansiedler haben ihre Zahl be
irächllich vermindert. Die, wie die
Indianer Nordamerilas, von ihren
Iagdgründen vertriebenen Schwar en,
vergriffen sich schließlich theils nasse
bitterung. theils aber auch aus Noth
an den Schaf-—- und Rindvieh eeroen
der Züchier, woran dann von nsieds
. M ein wahrer Vernichtungölrieg ge
sM sie geführt wurde.
In den letzten Jahrzehnten hat sich
vie R- ierung der Schwarzen in ge—
Wsskt ife angenommen und den
Yeranstaliern jener Hetzjagden gehö
rig auf die inger geklapr ander
sttls haben ie Siaiiangbesitzer einge
sehen, daß es fiir ihr eigene-; Interesse
besser» lei, mir den Schwur en auf
friedlichem Fuße zu leben, un so sin
den wir denn heute überall, wo sich
Heiße im Innern Australiens unlös
» gemacht haben, diese mit den
« rzen in gutem Einvernehmen.
c « Orest-ern hier und da, besonders
, »den Im meisten ins Innere vorge
Sonntags- Blatt
beilage des ,,aneiger mm Bewde
I IT. Lsicholpsp Herausgeber Grund plain-, Nebr» den ZIL Mai »Mit zahrgnug 1!.) No 338
I »F
« schvbenenPosten Westaustraliens und
des nordltchen Theils von Südaustra
tren· noch Feindseligkeiten und gegen
seitige Uebersälle vorkommen, ist be
greislich
Jzi Hinsicht aus die Körperbildung
herrschen große Verschiedenheiten un
ter den Schwarzen Australiens, die
hauptsächlich durch die Nahrungsmit
tel in den verschiedenen Landestheilen
bedingt sind. So sind z. B. die
Schwarzen des südlichen und östlichen
Theils von Westaustralien, wo sie in
den einförmigen, wildlosen und was -
serarmen, mit niedrigem Gestrüpp
oder Eucalyptusbäumen bedeckten Wit
sten nur kümmerliche Nahrung finden
können, von unansehnlichem Körper
bau, während in Neusiidwales, demv
i ganzen nördlichen Theil Australien-i
und besonders Queensland uns ein
Menschenschlag mit ebenmäßigen und
lrästigen Gliedmaßen entgegentritt
Sämmtliche Männer eines Stam
met-· sind Krieger; sie zu irgendwelcher
Arbeit zu erziehen, ist nutzlos; die un
nmgänglichen Arbeiten überlassen sie
den Weibern, oon den Australicrn
Ging genannt. Freilich finden wir auf
»den Viehstationen Queenslands eine
s Anzahl Eingeborene als ,,Sto(tir.e:i«
beschäftigt, während die Ging Küchen
und Hausarbeit verrichten. Die Män
ner bekommen bei jener Beschäftigun· s
ein Pferd zu reiten, aus dem sie tägli I
ost meilentreit umherschweifen können. .
natiirlich immer in Gesellschaft weißer J
Stoclmen. Manche dieser Schwätzens
haben sich dabei zu vor üglichen Tini-—
tern ausgebildet. Als tohn erhalten
die Männer sowohl ioie die Ging trete
Verpslegung und, was sie noch hoher
schätzen, Toback. Kein Schwarze:· hatt
aber diese regelmäßie Arbeit länger
als drei bis vier « onate aus; dann
treibt ihn die Wanderlust sort. Schahe,
: Hemd und Hosen wirst er dann ge
i tuöhnlich ab oder Parlt sie den Ging
» auf, und im richtigen Kriegercostiiin,
s d. h. mehr oder weniger nackt, aber in
. voller Wassenausriistung, gebt er is
die Wälder, uni zu jagen, oder zu be
. sreundeten Stämrnen, um an deren
! Corrobborieg, Treudensesten mit obli
aatem Tanz, tlieilzunehmen Die
Häuptlinge benachbarten hundert und
mehr Meilen von einander entfernt -
wohnender Stämme senden einander
! Boten iu, um anzuzeigerh daß an ei
nem bestimmten Tage ein große-: txor
robbarie abgehalten werden solt, wozu
der Häuptling A den Häuvtling B und
seine Schaar srenndlichst einladet.
SolcheBotschasten werden nicht münd
lich dem Boten anvertraut, sondern in
gebeimnißvollen Zeichen mit geschärii
ten Steinen ans einen Stock aeschmt
ten, der dem besteundeten Häupiling
iiberbracht wird.
Unter den wenigen und primitiven
Wassen, die der ·11:it-.alische Wilde be
sitzt, nimmt der Bumerang eine her
vorragende Stelle ein. Wir kennen die
ses Schleudergeschosz atz Spielzeug,
aber in der Hand des Australierg isi
diese etwa l Meter lange Waffe nichts
weniger als harmlos- Die Schwarzen
handhaben den Bnmerang äußerst ge
schickt, und ich habe selbst gesehen, wie
sie Fisches er, Kraniche und anoeseg l
Wasser-gest gel aus 60 bis 70 Schritt
Entfernung d it erlegten. Sie ver-— s
i
i
stehen es auch, en Bumerang so in die
Lust zu schiene-ern daß er mit beach- »
tengtcertber Gewalt zu dem Schlatte
rer zuriicttommi, aber er darf dann in s
seinem Flug keinen Gegenstand treff: i. s
Unter den übrigen Waffen der (
Schwarzen spielt serner der Speer eine s
wichtige Rolle. Rein Wilder wird mi ’
einen Kriege- oder Jagdzug gehen,
ohne mindeätöns 6 bis 10 Specke mit
zunehmen. as die Krieger nicht selbst
tragen können, wird den Ging ausge
biirdet." Die Speere sind ans den
außerordentlich harten australischen
Hartholz gesertigt. am Ende sein ge-— ;
spitzt und mitunter mit einer Stein
spitze oder einem Widerhaten versehen.
Eine weitere Masse besteht in einer
Art Keule, Nulla-Nulla genannt, die
im Handgesecht verwendet wird, nnd
in einein schmalen S ild, der eben
salls aus Hartholz ge chnitzt und aus
der Aussenseite zuweilen mit phuntasti
schen Bildern bemalt ist.
Wie alle wilden Völkerschasten, be
malen sich auch die austkalischen Nerrer
sowohl siir den Siriegsp ad wie iir
ihre Feste. Eine beliebte rt ist es,
mit tiebtiaem Pslanzensasr Figuren
und Linien aus denKorPer zu streichen
und daran verschiedensarbige Papa
aei- und Kniadusedern zu befestigen.
Die Auswahl ihrer Schmnckxicgeip
stände ist gering. Arm- und Brust-—
bänder sind aus Bast gefertigt rnn den
Hals werden Ketten getragen, die aus
Stückchen getrockneter Groshaline, aus
Nitssen deBQuandonnbnnmg oder auch-,
seltener, ans den großen Vorderzihnen
des Ktinguruö bestehen. die aus eine
Bottich-nur gereiht sind.
Die Beiletbun der Austrolneqer be
steht aus einem un von Bast oder
von Opossurw oder Kanauru ell. Wenn
sie aber mit Weißen in eriihrung
kommen, nehmen sie alsbald Hemd
und Hosen an; noch beaehrensmerther
erscheint ihnen die wollene Decke-, mit
tscr sie sich bereits so verwöhnt haben,
tsasz sie ohne dieselbe die aerinqe Kälte
des australischen Winters kaum noch
ertragen können; die Sterblichkeit nn
ter ihnen ist infolgedessen im Winter
t-et«eutend größer als im Sommer.
Man kann nicht saaen, das-. nie an
sttalischen Neger feste Wohnsitz: habe1(;
sie führen vielmehr eine Art Norm-iden
leben. Sehen sie sich aber iraendwo eine
Zeit lang fest, so bauen sie d.itten aus
Baumästetn die geaeneinander gelehnt,
mit Baumkinde bekleidet und mit Erde
bedeckt werden. Meistens stehen meh
rerehütten dicht beisammen, und un
mittelbar vor dem Einaam brennt das
Feuer, das die Schwarzen selten aus
Während einige zwei Bumerangs an
einanderschlagen,bearbeiten andere nxit
den Händen eine Trommel, die aus ei
nem unsgehöhlten Klotz mit dar-Liter
gespanntem Thietkell besteht; der Rest
markirt durch Zu ammenschlagen der
Hände den Tact zum Tanz. Letzterer
ist größtentheils ein träftiges Stam
pfen deg Erdbodeng mit gleichzeitigen
erstaunlich-en Verdrehungen des Kör
pers, abwechselndem Niederhocken nnd
Aufspringen und Bewegungen der Ar
me nach allen Richtungen.
Der-« Gesang sinkt von den rellfien,
höchstetl Tönen bis zu den tiepsicn in
regelmäßigem Tact, bis Plötzlich der
Medicininann oder einer der Häuptlin
ge wieder in schrillfter Weise hoch oben
beginni. Damit wird der Eifer Der
Tänzer von neuem entfacht und der
Akt-lahm de- Marmor-D
gehen lassen. Die Nahruna der An
scialneger besteht in allen-» ixsaz ihnen -
cfsbares in die Hände fällt: stänqurnz
Lpossumg, Tische, Fluawild, Eidech
ien, Schlangen, Ratten u. s. w. Lei
tere bilden ein sehr beliebtes Geri t ,
und werden mit Haut und Haaren am J
offenen Feuer gebraten. Auch wilde I
Früchte dienen als Nahrung. I
Das bereits erwähnte Narionalfest ;
der Australneger, der Corrobboric, !
wir-d bei allen nur erdentlichen Gele- E
genheiten und mit verhältnißniäßig
großem Potnp gefeiert. Neumon) und I
Vollmond geben hierzu regelmäßigej
i
l
i
Gelegenheiten, aber auch ein gliidlin er
Jagd-, Fisch- und Krieggzua, der Be
such benachbarter Stämme oder Ange
höriaer derselben pflegt durch Corrob
borieg gefeiert zu werden. Daß dabei
Tanz wird lebhaften Bei allen herrscht
die größte Heiterkeit; Lachen und
Scherze bieten eine angenehme Ab
wechslung. So geht eg ohne Unter
brechunq fort, bis die Tänzer vollstän:
tiia erschöpft sind. Jetzt erscheinen die
aesamniten Ging des Stammes nnd
etwaiger Besucher in dem Costüm, wie
sie Gott geschafer hat, aber aan
wunderbarste bemalt.
·..-. —...-.
Abdallah.
Von «)Ji.«lfsii·iitylert.
Aus der tropischen, sonlnendurch
glühten Atmosphäre Oftafrika’c3 hctte
ihn sein Herr, ein Offizier der-»mitt
schen Schntztriippe, mitqebracht ir. die
Täam der Marktsokvtdckk.
so viel als möglich gegessen wird, ist i
selbstrerständlrch. Neigt der Tag sich !
zum Abend, so beginnen die Vorberei
tungen zu dem siir uns interessanteren
Theil des Festes. Alles bemalt sich, ei
ner den andern, mit den wunderbarste-n
Figuren und in den schreiendsten Fur
ben. Aus einem geeigneten freien Platz
innerhalb des Lagers oder in der Nähe
desselben wird ein großes Feuer ange
zündet und Holz zu dessen Unterhal
tung angesammelt Um dieses Feuer
lauern in großem Kreise diejenigen.
die wegen vorgerückten Alters oder ans
andern Gründen nicht am Tanze theil
nehmen. Der Medicinmann des
Stammes stimmt nun mit gellender
Stimme einen Gesang an, an dem sich s
alle nach besten Kräften betheiligen. i
rauhe, unbändigeLuit des europiiischen
Nordens. Die einsame Monotonie der
Stessepnlandschaft ZanzibarT die set
tm durch ein kleines-, schmutziqu Ne
qerdoks unterbrochen wird. vertauschte
er mit einer von Millionen bewohnten
Hauptstadt des Abendlande53, in tm
Kultur nnd Civilisation in ihrer höch
sten Pltollkommenheit blühten.
tfk war ein schlanke-L qut gebautet
Bursche, der in jeder seiner Liteberden
und Bewegungen das in wilder Frei
heii ausgewachsene Natuttind verriett).
Jn dem Ausdruck seines runden, eben
tyclzsabrigen Gesichtes mit den glän
zenden, lebhaften Auan und den nicht
unschönen Zügen vereinte sich die bün
dische Gutmüthiqkeit des Negets mit
der Intelligenz und Schlauheit des
Arabers, wovon letztere ein Erbtkeil E
feiner Mutter war, einer Tochter Ye- (
mens.
Theils aus persönlichem Interesse
an dem aufgeweckten Burschen, theils
aus Berechnung nahm ihn sein Herr
mit nach Deutschland, wo er ein Spe
zialaefchäft für Tropenausrüstungen
gründete, für das Abdallab gewisser-«
straften als lehendes Retlameschild
diente. Das Geschäft nahm bedeuten
denAufschwung, und als es endlich- von
Seiten des Auswärtiaen Amtes niit
den Lieserungen für die Kolonien be
traut wurde, galt sein Chef als ein 1
wichtiges Mitglied der Kaufmann- s
schafts . i
Wahrend dessen lernte Abdallai) wie s
ein Schulknabe das A-B-C und in ver- i
hältnißmäßia kurzer Zeit verstand und «
sprach er, wenn auch manaelhaft, die
deutsche Sprache. Für das kaufmänni
sche Fach zeigte er hohe Beaabxkngz die
se und fein sanftes, enschmeichelndses
Wesen gewannen feinem Herrn man
chen Kunden. Bald wurde aus dem
früher hündisch unterwürfiaen Sklaven
ein denkend-er, freiwillia dienenderVer
trauter, auf dessen Treue und Zuver
liifsiateit sein Gebieter rechnen konnte.
Tiefe machte ilnn alle Schönheiten und
«tttei,.;e der Hauptstadt, alle Genüss nnd
Veranüaungen eines Kulturmenschen
zugänglich und beobachtete oft belustigt
den Eindruck, den Abdallah aus die
junge weiße Weiblichleit machte. Der
junge-, schlanke Neaer mit den feurigen
Augen und weißenZähnen verstand es,
alle Bedenken betreffs seiner dunklen
Hautfarbe schwinden zu lassen. Doch
" zog er wenig Nutzen daraus. Zu le
bendig lebte in ihm die Erinnerung an
die tieinen schwarzen Mädchen fern im
heimathlichen Negerdorse. an die er
schon als Knabe sein Herz ver-schenkt
hatte. Die Hoffnung, einst als selbst
ständiger Kaufmann in sein Vaterland
zurückzukehren und sich mit irgend ei
ner scheuen, schlanken Lilutani den
eigenenHerd zu gründen, half ihm über
alles Heimweh, über alle Leiden und
Krankheiten des nordischen Winters
hinweg.
Fünf Jahre war Abdallah schon in
der Hauptstandt; im Laufe des folgen
den sollte sein Traum in Erfüllung
gehen und er in sein Vaterland zurück- -
lehren, uns dort eine Filiale für das
Geschäft seineL Herrn zu übernehmen.
Dich seltsam, statt der wachsenden
Freude darüber, wie man erwarten
sollte, zeigte Vlbdallab eine stetig zu
nehmende Niedergeschlagenheit Aus
seinen schwarzen Augen blickte eine tiefe
Melanrholie und über sein aanzes Wes
sen breiteten sich Mattigkeit und
Schlasfheit. Sein Herr traute seinen
Augen taum. Was mochte nur in sei
nen allezeit frohen und flinken Lieb
liug gefahren sein! Er beobachtete ihn
scharf, bis ihm der Zufall tut Entde
ckung verhals.
Das-·- ganze Personal seines Kointors
bestand aus Herren, nur zuErledigung
seiner Privatsachen bediente er sich eis
neg ungen Mädchens, das sich ständig
in seinem Bureau aushielt. Es war tin
junge-Z frisches Ding mit toketteu
arauen Augen und Grübelten in den
Wangen Schüchtcrn, fast ängstlich den
anderen Herren gegenüber-. plauderte
und lachte sie gern mit dem iungen Ne:
ger, nettte sich mit ihm, ja machte sich
sonnt iiber ihu lustig. Dieser ließ wie
ein gutmiithiger Hund Alles über sich
ergehen und begniigte sich meistens da
mit, seine weißen Zähne zu zeigenDoch
iu seinen Auan glomm langsam ein
» Feuer aus, das das Mädchen nicht ge
wahrte Und wenn da der Chef wohl
neeleud meinte: »Na, Fräulein, wie
wär's-? Abdallah ist doch ein schmucker
ster1!«, dann lachte das Mädchen wie
ausgelassen, während der junge Neger
sein diinnnstes Gesicht machte.
Seit einiger Zeit versuchte der erste
Buchhalter, ein blonder. stattlicher
Manu, sich der Kollegin zu nihern und
esJ gelang ihm langsam, deren Ver
trauen zu gewinnen. Je befreundeter
die beiden wurden, desto mißmuthiger
und triibseliger wurde Abdallah.
An einem warmen Julinachmittaa
sasi das junge Mädchen am Schreib
tisch nnd verzehrte das VesperbrodDie
Fenstcrvorhänge ließen das Sonnen
licht nur makigolden hindurch, neben
an irn Komtur ruhten ebenfalls die
FedernTräumerisch blickten die grauen
Augen des Mädchens in die Däunnes
runa und fielen endlich zu.
Fräulein Eva!« tlanckg da leise
tkrschrocken fuhr ihr dunkelblonder
Lockenkopf herutn.Der Buchhalter stand
hinter ihr und sah sie an.
Ueber und errötheud. änderte sie ihre
nachlässige Haltung und brachte die
lleberrefte ihre-I Nesoerbrodes beiSeite.
Lächelnd beobachtete sie der junge
Mann, dann beugte er sich etwas zu
ihr nieder und begann eine- Unterhal
tung. bei. welcher allmählich Eva’s
Schüehternheit schwand und sie ihrem
Partner sogar ohne Widerstreben eine
. ihrer kleinen Hände überließ. Sie hörte
nicht, wie Abdallah in die Thür trat. -
Beim Anblick der beiden blonden Köpfe
blieb er säusteballend sieben undin sei
nen Augen er chien unheimlich CI
das Weiße. · ein schwarzes Ges
glich einer Franc.
In einem Augenblick tibersah der
Chef, durch die geaeniiberliegende
Thiir eintretend, die Situation. Jekt
wußte er den Grund von Abdallah s
Veränderung und fürchtete mit Recht
kommende Unannehmltchteiten.
In dem imgulsiven BestrebeuJäb
nem Verdruß ariiber Luft zu ma n,
herrschte er barsch- das junge Mädchen
an:
»Haben Sie weiter nichts ge tläum
als zu plaudern? Dazu sind ie och
nicht hier«-Z« .
Erschrocken sah das Mädchen ihn an
und ihre Augen füllten sich mit Theti
nen. Das reizte den Chef noch mehr.
»Nun wird geheult. Das fehlt auch
noch! Aber das hat man davon, tvenn
man in seinem Geschäft Frauen
zimmer .. .«
,,Berzeihen Sie,« fiel ihm jetzt der
Buchhalter in’s Wort, »aber ich war
eg,dder das Fräulein aufaehulten hat
un ...«
»Ach was,« versetzte ärgerlich der
Chef, »es ist schon gut. Erst verdreht sie
dem Abdallah den Kopf mit ihren Ko
Fettberiem nun macht sie bei Ihnen das
el e·«
Evas Gesicht überzog eine tiefe
Blässe. Der Buchhalter erariff erregt
ihre Hand und sagte fest:
» Kein Wort weiter, Herr! Fräulein
Eva ist meine Braut. Wir wünschne
Beide, entlassen zu werden«
»Nun, nun!« begütigte jetzt der Chef
,.dc-mit pressirt’«g doch nicht so, Herr
Halm Wir reden doch darüber.«
Ungern Verlor er den pflichtgetreuen
klugen und zuverlässigen Buchhalter
aus seinem Geschäft »
Eva durfte sofort gehen ——— mit drein
voll ausbezahlten Gehalt fiir die Kün
digungsfrist Es war besser —-—— Ab-v
isia!1ah’5 wegen.
. Diesen nahm jetzt sein Herr tüchtig
i ins Gebet und der Nester weinte dabei
wie ein Rind.
»An-, Herr, iclx liebe sie mehr eils
nsein Leben!« «
»Und Deine Lilutar.i’5, die schwar
zen Liiädelf Hast Du sie Vergessen?«
»Nein, Herr, Denn sie ist meine meis
I s-,e Lilutani! Jclxs liebe sie tausendmal
s mehr!«
»Aber Du darfst sie nicht lieben. Sie
liebt einen Anderer« Du weißt es —
und darum füge Dich!« —- — s—
Aber Abdallah konnte es nicht ver
winden. Träge und nnlustig ging er
herum, mit matten, begehrenden und
unendliche Hoffnungslosigkeit ausdrü
ctendenAugen. Er magerte zusehends
ab, wurde neroös. unachtstm und
konnte Viertelstundenlang wie blödsin
nig vor sich hinstarren Seine Augen
gewannen nur Leben, wenn sie den er
- sten Buchhalter trafen. Sein Herr
fürchtete das Schlimmste und lebte in
beständiger Unruhe. Erst als er sei
nen Schützling auf dem Ostafricadam
pfer wußte, athmete er auf. Er hoffte
ganz bestimmt, daß Abdallah bei sei
nen schwarzen Mädeln alle Bleigesickp
ter der Welt vergessen würde. Aus der
verliebten Melariicholie mußte er he
raus. Doch er sollte sich täuschen.
Abdallalych erster Brief aus seiner
Heimath lautete:
»Geliebter Herr!
Nun bin ich daheim und liege im
Schatten derselben Palmen, auf die ich
als Knabe ost kletterte. Meine Eltern
haben mich nicht wiedererkannt. Sie
thun nichts, als mich anstarren. Vor
Respect wagen sie nicht, mit mir zu re
den. Und die ElJtädchenCZ Ach, Herr, sie
waren früher in meinenAugen so schön
nnd jetzt sind sie so. häßlich wie die
Nacht. Ach, nnd sie sind so dumm.
Ich kann nichts reden init ihnen, sie
Verftehen nichte. Und sie sind so
schmutzig, ieh habe Ekel vor ihnen.
Ach, Herr, ichs möchte zurück zu Ih
nen. Aber dort thnt mirs Herz noch
mehr weh wie hier. Jch bin so uns
glücklich.
Eis küßt Ihre Fuße
Abdallah.«
Sorgennell lag sein Herr diesen
Brief. Wie sollte dag i-:den, wenn
Abdallah sich nicht inannhaft be
k;krrschte! Auch ·fiir sein Geschäft
drüben tvar er bange.
lind eines- Tagers traf Vom deutschen
Gouverneuk aus der africanischenStai
tion folgendes Schreiben ein:
,,Jhre Fartorei wurde gestern von
Aufständiselien gepliindert. Ihr Veri
treter Abdallah wurde im Kampfe ge
gen dieselben getödtet, nachdem er sei
i.en Vater, seine Brüder nnd sämmt
liche Angehörige seines Heimathskraalg
die eben-falls unter den Menterern was .
ren, erschossen hatte.
Die Verfolgung der Farbigen ist
eingeleitet.«
Arme-r Abdallahl
-——- . -.--— —
Ilm den Leuten in Georgia das
Lynchen abzugewöhnen, verspricht
ihnen die Legislatur prompte Hinric
tunaen mit schnellstem Gerichtsversa -
ren. Jemand, der eines Verbrechens
eingeklagt ist, wegen dessen die meisten
Lynchaerichte vollzogen werden lin der
Regel also ein Neger), soll innerhalb
von fünf Tagen nach seiner Verhaf
tnna prozessirt und, wenn überführt,
fünf Tage danach öffentlich gehängt
werden. Die vergewaltigte Person
soll nicht öffentlich Zeuaniß ablegen
brauchen. Eine Spezialeommission
soll sie vernehmen und darüber an den
Gerichtshof berichten, was als vollgül
tiaes Zeuqniß gelten soll. Man ver
spricht sich von der Maßnahme Ab
nahme der Lynchgertchte. Denn zehn
Tage wird sich das Volk doch gedulden
können.