F Bilder aus dein Kinderlebem Von " Jllüllichem . i i VlnnaRitteL ·’ ( Tit lösen alten Nerven hatten michII i wird-n einmal um den größten Theil meinerNachtruhe gebracht, und es däm-? werte schon, als jener traumselige Zu stand iider mi lam, ver dem Einschlu ien soranzuge en pflegt. « Velxiaplich drückte ich mich in den Kis sen zurecht mit dem Entschluß, den ver säumten Schlummer in den Morgen stnnden nachzuholen Lin Miithchcn hatte ich freilich da bei nicht gedacht. Kaum eine Stunde mochte ich ge ! schlafen haben, da fuhr ich mit dem nn tlnren Empfinden, daß Jemand meinen I Namen gerufen habe, in die höhe. »Mutter . .. Mutterl« , Kein Zweifel — Miitbchen ist schon wacht urch die blin elnden Augen lider setze ich deutlich eine kleine Ge stalt, wie er im rothen Nachtlittelchent hoch Ein Bette steht und mich mit ge-j stmnntein Ausdruck beobachtet« Jch stelle mich schlafend. ( »Mutter!" tust er, schon erheblich; lauter. ( Elschern die im anderen Bette schläft. versucht, ihn zu beschwichtigen: »Sei doch nur still, du siehst dorlH daß die Mutter noch schläft!« »Vorhin war fie aber wach,« bedankt-l tet Miitltchen, »ich tiath deutlich gese-« lten, tritt sie die Augen atifgin.icht hat.'« »Zum Aufsteigen ists noch viel zu sriilt," redet tilgchen von neue-n zu. Miittxdmi liat aber an allerlei Ge räuschen auf dem Hofe beinerit, daß es sechs Uhr Vorüber sein muß, er läßt sich nicht irre machen. Seufzend ergehe ich mich darein, siic heute endgültig aus den Schlaf zu ver zichten »Leg’ dich noch ein Weilchen unter, Müthwen,« sage ich in energischemTon, »du ertältest dich sonst-« »Ni- hade aber bringen« erklärt Miithchen meisterlich Edle Brötchensrau ist noch gar nicht Hai« »Dann habe ich eben Durst.« »Das Milchmiidchen kommt auch erst urn Sieben.« Einen Augenblick giebt er Ruhe — da tlinit draußen die Hausthür. »Die Brötchensrou!« schreit Muth chen jubelnd. »Mutter, lann ich's Jda’n sagen, daß sie mir eine Wuchtel (thiiringer Gebiicks bringt?« ; «Meinetwegen,« gebe ich nach, in dees hoffnung. ihn zum Schweigen zu drin-H en. g Mit einem Satz ist er aus dem Bettl end reißt die Thiir aus: f »Jda bringt« mir ’ne Wuchtel!« 4 Jda ist etwas schwethöriaund lommts immer erst aus den fünften, sechsten Rut. Jn ver Angst, daß Matt-com sich km-; terdesz an der offenen Thiir tvirtlichl eine Eriiiltung holen könne, siehe ich4 selbst aus und rufe das Mädchen. l Die Brötchenfau bat heute keine Wuchteln gehabt, Jda bringt also statt dessen zwei ..Maulschellen«, bei deren« Anblick Miithchen in Wuth gerath. »Ich wollte doch aber Wuchteln!« »Wenn du jetzt noch einen Ton sagst, «iebt’s ein paar Wuchteln hinten drauf," sage ich böse. Da entschließt er sich, die Mai-Uebel len zu essen. Das arme Elschen muß aufstehen, weil die Schule um sieben Uhr beginnt. Mit verschlasenem Gesichtchen hantiertj sie im Zimmer herum indessen Muth chen befriedigt laut Jch dusele langsam wieder ein. »Mutter! . . . Kann Jda mich anzie ben?« s «Miithchen scheint mit rissen fertig zu ein. ,«N.ein!« sage ich streng. »Das stin derzimmer ist noch gar nicht fertig aufs geräumt.« »Kann ich mich dann so lange eins «Buch der Erfindungen angucken?« oneh erlaube es in der Hoffnung, daß Muthchen’s unruhiger Geist durch das. Buch vielleicht wohlthätig gefesseltd wird. » Elschen, die fertig angezogen ist, holt ihm dai Buch und verschwindet dann, um Kasse zu trinken. Es thut mir leid, ihr nicht dabei Gesellschaft zu lei sten, aber ich kann mich heute noch nicht zum Aufstehen entschließen oMiitbchen blätterte eine Weile, jedes Bild Mit lauten Ausrufen bealeitend. »Mutter, guek doch nur, was Das für ein icmischeö Ding ist!« Dabei hält ers das Buch hoch in die höhe, mir ermun ternd zuwinkend »Ich kann’s von hier nicht sehen,"z sage ich schlastrunlen, ohne mich auszu- ; richten. l »s«6011 ich lieber bei dich in’g Betts« Sein Stimmchen klingt so jiiik und xiiiidiiiieichelnd, Daf: id« nicht überk ..5Jeri bringe, »Nein« zu sagen· ; »Willst Du aber auch ganz mäus5-ch-:n still liegen Z« Miiikpazm !-eil)euert’g hoch und heilig -und lommi eiiseriiix mit seinem dicken Buche angel..:iien. i. Beim Hinnuilleiiern in mein gro ch Bett stützt et lich mit dem Fäustein ; CUl meinen Ma en, Der seit lange mein" wundes Punkt i i. Jch stiihxie auf, da schlingt er die Aktmchen um meinen Hals und küßte mich ab! «Jch konnte wirklich nichts dafür Mutterchen·« , Und dann macht er fu« bequem und zieht zwei Drittel der Bett-wär M to daß ich anfangs zu frösielm , , : sehen uns mm meinlam das « GI« und i? muß d f tioiten a geben zu fehl-mi, I die ich nie in meinem Leben ge ehen ha be. Dabei hat r ein bewi.;i Jungg witkdigee Gedächtnis End wetß gen-i genau, was ich das vorige Mal zu den Bildern gesagt — es würde mir nichts helfen, ihn niit allgemeinen Redensar ten abspeisen zu wollen. Endlich toinmt Jda und erlöst mich von dem kleinen Quälgeist. Jni Gan sen läßt er sich heute gutwillig anziehen, ch sehe also über kleine Unarten hin weg. Daß er sich mit meiner Zahnbür ste die Nägel reinigt, tann ich natürlich nicht dulden, und als er sich die nassen Hände dann noch an meinem schön ge stickten Ueberhandtuch abtrocknet, gera the ich in Zorn und versehe ihm einen Klap5, dessen geringe Schmerzwirtung in keinem Verhältniss steht zu dein fürchterlichen Geheul, mit dein Müth chen die Schlafstube verläßt. Ich glaube, Elschen segnet die Schu le, die ihr für ein paar Stunden ein ruhige-i Plätzchen sichert! Der Kuß, mit dem sie von mir Abschied nimmt, kstdbeinahe mütterlich — ich thue ihr ei . — Nach dem Kasten der ohne weitere Störung verläuft, geht Müthchen zur Retognoscirung in den Hos, und ich besorge allerlei Nothwendiges imHaus halt, um mich nachher beruhigt an mei nen Schreibtisch setzen zu können. Draußen ist alles till. Jch warte förmlich auf irgend einen Schlachtruf von Müthchen -—- aber es regt sich nichts. Tag ist tein gutes Zeichen! Wenn Müthchen sich ruhig verhält, ist er entweder trank. oder er bereitet sich auf irgend einen besonders großartigen Streich orr. . Dicgmal habe ich ihm jedoch unrecht gethan, denn wie ich aus dem.Fenster nach ihm ausschaue, kommt er eben mit strahlendem Gesichtchen die Straße her aufgelausen und sch«ventt schon von Weitem in freudiger Aufregung die Arme. »Mutter. darf ich mit aufs Fele Dietrichs machen Kartoffeln aus.'· Aus alter Gewohnheit fliegt mein Blick zuerst über seinen Anzug. «Wo ist deine Schürze?« Miithchen, der inzwischen herange tommen ist, deutet mit schuldhewuszter Miene aufs Treppengeländer. Da hängt das schön gestärtte Schürz chsen. schon Nr. 2 seit heute Morgen, wie Jda empört berichtet, ganz zusam mengetniillt über den Pfosten. « Ich halte meinem Sohne eine an gemessene kleine Rebe, merte aber, daß seine Ge bauten nicht bei der Sache sind »Dort ich, Mutter?« »Wer geht denn mit? frage ich miß teauisch. »Dietrich Großvater und Paul, und Paulen sein Vater und ich —- alle!" · Miithchen ist zyeuer undFlamme Da das Wetter schön ist und Dietrich Va ter und Großvater mir eine Garantie fiir die Solidität des Unternehmens gewähren, liegt kein Grund vor, dem Kind die Bitte abzuschlagen »Aber erst laß Dich gründlich ab bi: rsten!« s »Ja, das hat Dietrich Großvater auch gesagt· Und hier den Halen,« er deutet aus seine ossene Bluse, deren Unordnung ich jetzt bemerke, »solltesi Du rnir auch noch annähen, dann sähe ich viel hübscher aus « Der Aerger würgt mir sörmlich in der Kehle -— was müssen Dietrich- nur von mir denken! »Sage nur Dietrich5, « antworte ich rcth vor Horn, »der Anzug wiire heute Morgen rein und ganz gewesen, aber bei solch’ kleinem Schmutzsinlen hielte dac- aerade eine Stunde.« i Dann bringe ich die verschiedenen Schaden in Ordnung, stecke ihm eine Beinine ein und gebe ihm noch ein paar Ermahnungen mit aus den Weg, trog dem ich von ihrer Uebersliissigleit i:n voraus überzeugt bin. l Glückselig trollt er ab, und ich sehe ihm nach in stiller Lust: Ivelch’ siißer, tleiner Aerl ist er doch trotz ausz dern! ; Mittags tommt er wirklich piinlt lich heim, aber in einem Auszug, der se der Beschreibung spottet. Elcchen die ihn aus der Straße ge troffen hat, ist ihm ausgewichen unv dann mit verdoppelter Eile nach Hause gelausen, um nicht mit ihm gesehen zu werden. Jch sage nur schwach: »Aber Miith chen ..... 2" Mit Schelten mag ich ihn nicht gleich empfangen, er ist gar so be srievigt von seinem Erntesest »Schön war s.« berichtet er mit glän zenden Augen« »wir haben Kartofset seuer gemacht —hui, sind die Funten geflogen! Undstartosseln haben wir ge braten. .ich sage Dir Mutterchen, die schmecken aber! Jch hab’ Euch auch Miene «nt;:e1md)t!" · Tankit nett er ans dem Hosentäsch (i.cn drei nan; Vertohlte Kartoffeln cur ntsnteicht sie Etsch-en, Jdn und mir. Meine Freude über das YJzitgedmch ts- ist nicht qnnz ungetrübt, denn ich Innß barm- Dcntm, mie- die Hädchen nun wohl vun nsnen anHIrlzen Doch Hintre im meine Bedenken für mich. Bei Tisch !,-«t Männchen keinen Ap petit, War sein LtibanVL den Kar tosfewreL lnfn er stehen ? ,hnft Du ein«-; sinnt nqrssen .«« fra ge ich abnanqguolL Müthchen nickt. »Auf Denk köahnl)of, mit Dietrichs und den «Llollacke11.« »Und getrunken hast«-Du wohl auch?« «Biet,« sagt et stolz. »Von-! nnd ich ein Seit-et zusammen, aber ich had’ das meiste gekriegt.« Nach dem Essen soll Miithchen schla feu eine Etatichtnnq, an ver ich mehr mein-is an nimm-äu san-. Vier W sele es J bund dieser Zeit, die- Spuren des Kartoffelfeldes von Muthchens Kleidern zu entfernen. Jch lege mich tootmiide auf die Ghaiselongue, wag ich mir sonst nie ge statte, nnd Gleichen nimmt eine Ver siuhte Weihnachtgarbeit vor, die sie seit Wochen in allen möglichen und unmög ltchen Winkeln vor mir versteckt -—:oeil tel) damit beglückt werden soll — und die ich beim Aufräunien immer wieder entdecke. » Ueber dem Hause liegt eine wohlmei tige Ruhe, nur Jda summt in der Kri che beim Geschirrabtrocknch ein Eier-, dessen Melodie ich erheblich anders ins Gedächtniß habe. Da . . wer erscheint nach taum zehn Minuten, bescheiden lächelnd, aus meiner Schwelle? · . . . Müthchen! Er hat sich ganz allein wieder an gezogen. , Der Frage, die er in meinen Augen liest, kommt er mit den Worten zuvor: »Wenn ich doch nicht schlafen la n n , kann ich eben nicht!« Eine Logik, die nicht zu widerlegen ist. Sein Anzug ist natürlich noch nicht gereinigt und sieht so polizeiwidrig aus, daß aushilfsweise die Sonntags garnitur geholt werden muß. J schär fe Miithchen ein, aus diesem runde heute nicht im Keller und in den Stäl len herumzuspielen, was er auch ver spricht. . Dann begiebt er sich vor die Haus thüre, uin seinen Freund Paul zu rufen. Jch überzeuge mich durch Augen schein, daß die Jungen draußen artig spielen. Daß Paul eine sogenannte ,,Striezebüchse« hat und an der Gosse fortwährend Wasser ein- und auszieht, um es an die nächstgelegenen Häuser zu spritzen, gefällt mir zwar nicht, aber ich tann nichts dagegen sogen; denn Herr Dietrich hat Paul das Spielzeug Vom Wiesenmarlt mitgebracht Muth eben steht ja auch ganz unbetheiligt daneben. Allzulange scheint seine Interesselo sigkeit freilich nicht gedauert zu ba ben, denn ich höre aus einmal im Hofe seinen durchdringenden Zeterton. Und da kommt er auch schön an, die schöne, blaue Jacke von oben bis unten bespritzti Der eine Fuß hats auch im Wasser gestanden, wie ich durch Befäh len des feuchten Stiefels feststelle· s »Warte, ietzt sollst Du aber mal or-! deutlich was belommen,« verkündige ich« ihrn, sehr böse. l »Kann ich dafür, wenn Onkel Ebn ard Paulen zuruft, er solle mich voll-i spritzen?« »Ontel Eduard?« »Ja, er hat’s Paulen durch das Fen ster zugerufen!« s Jnnerlich bin ich erbost auf Onkel Eduard, vertheidige ihn aber Muth-« chen gegenüber damit, daß er nur einen Scherz habe machen wollen. , »Mutter.« sagt Miithchen, nachdem er Schuhe und Strümpfe gewechselt hat. ,,toillst Du mir wohl einen »seh net« schenken-« I »Wofiir?« »Ich will mir von Probstens auch eine Striezebiichse holen, Paul sagt, da gäb’s welche fiir zehn Pfennige-" Obgleich ich Miithchens Rachegede ten ahne, gebe ich ihm das Geld, denn ich bin immer dafür, das-. die Jungen ihre Streitigkeiten untereinander selbst schlichten. Seinen »3ehner« in der Hund« Paul, der mit zur Schiu grtraaener Artigkeit an der Gasse steht, einen triumphirensz den Blick zuwerfend, zieht Miithchen mit einem Schritt ab, den er seinem Ideal, dem Pferdeknecht Ziegenhorn,’ betvunderungswiirdig abgelauscht hatx Er kommt aber nach einerWeile ohne Etriekevitchse dagegen mit vollen Ba cten kauend wieder. »Na?«« rufe ich bloß. »Probstens hatten fa aar leine, Paul bat gelogen," schreit Miittichen entrii stet. »Und tvo ist der ZehnerW s Miithchen lächelt vcrfchiimt· Er hat sich, da es keine Striezediichsen gab, Bonbons für das Geld getauft - -- ich hatte leider nicht daran gedacht, auch für diesen Fall Jnstruktionen zu geben Nachmittagg erwarte ich Besuch und gebe Ida· wie jedesmal, vorher strenge Verhaltungsmasiregelm denn ich kenne Miithchcns Art, einfach in den Salon hereinzuvlahem sobald er Besuch und Kuchen wittert. i «Du läßt ihn nicht einen Augenblick allein, Jda2 Und, Elöchem du achtest auch ein bischen auf ihn! Jch hebe Euch auch schönen Kuchen auf.« J Nachdem Miithehen sich einen Moh rentobf nnd eine Viezel als Lohn aus-« bedungen hat, verspricht er, sich site den Rest desTages musterhaft zu benehruen. Der Besuch kommt, und wie sitzen plaudernd im Solon. Ich selber freilich komme nie zum unbe angenen Genuß lieber Gäste, da ich immer mit einein Ohre auf den Gang hinaus horche. f Ein paarnial glaube ich driiben ek regte Stimmen zu hören, mag mich aber wohl geirrt haben. denn es er folgt«weiter nichts. i - · · Wll chcll Ulick Milchkckzlcliullzlj Meine Freundin hat viel pädagogisclse Bücher aelesen und besitzt eine benei » denswertbe Kenntniß von dem, wag man Kindern erlauben darf und wag nicht, worüber ich sehr oft im Zweifel bin. s Allerdinas ist sie lindcrlos und be-I treibt dasErziehen nur theoretisch, was ich mir bedeutend leichter vorstelle. Plötzlich fahre ich entseht in die Höhe. Draußen spielt sich to etwas ioie ein cIndiana-tanzt ab. Jch übertchaue im Geiste vollkommen klar die Situa tion. qu und Etsch-u suchen Muth-l chen, der ihnen entwischt ist, mit List und Güte in’s Kinderziminer zurückzu zishem Muthes-en will aber nicht! Die Thatsache, daß die beiden, des Besu ches wegen, teine Gewaltmittel anwen-; den«diirsen, macht er sich zu nutze und schlagt mit Händen und Füßen um sich. Zuerst habe ich versucht, krampshaft weiter zu reden, ohne den Lärm drau ßen zu beachten, nun, da es zu toll wird, will ich hinaus. Da fliegt auch schon die Thiire auf und Miithchen kommt mit ein paar Hechtsätzen herein. ! Ohne die Taute, die ihm tächetno die Hand entgegenstreckt, eines Blickes zu wurdigen, lehnt er sich vertrauensvollI an mich und schielt nach dem stachen lörbchen, auf dem noch einige Pracht stücke liegen. Jch hin ganz außer mir. ,,Müthchen, wie sagt man denn?« Er entschließt sich widerstrebend. der( Tante »Guten Tag« zu sagen-, wirft auch, auf wiederholten Befehl, die Thüre lrachend zu, immer in der Hoff nung, noch ein Stück Kuchen zu ersi mischen Als er zurücktommt, entdecke ich, das; irgend etwas mit seinem Haar nicht in Ordnung ist -—- er sieht ganz verändert alls. »Was hast Du denn gemacht?« Ich fasse seinen Kopf zwischen beide Hän de, »Du hast Dir ja das Haar abge schnitten!« Ein brenzliger Geruch zeigt mir an, daß er auch an der Bremfchcere gewe: sen ist. Auf der einen Zeit-: oer Ztiin kräuselt sich der mißlungcne Versuch eines Löclcheiis, auf der anderen haben ungeschickte Fingerchen ein tiefes Drei-« eck in den blonden Haariouchg geschun ten. Ein paar Wochen lang mindestens ist der Junge entstellt. »Entschuldigen Sie einen Augen blick,« sage ich, zur Freundin gewandt, dann parte ich meinen Schlinge-L der, Unheil ahnend, zu brüllen beginnt, und zerre ihn mit festem Griff hinter mir her in die Schlafstube Meine Geduld ist zu Ende. Jch tvichse ihn durch, so gut ich tann, die meisten Hiebe gehen aber in die Luft, weil er mir immer wie ein Aal zwischen den Händen durchschlijpfi. Schließlich tann ich nicht mehr und stelle ihn, um der Sache größeren Nach-« druct zu verleihen, in die Ecke. — , I »Hier bleibst Du, bis ich Dich riiiex· Aufs äußerste erschöpft, lehre ich in den Salon zurück und gestehe lleinmii-i tbig ein, daß ich zur Kindererziehung nicht das geringste Talent habe. Die Freundin ist zu ehrlich, mir ganz zu widersprechen, nur meint ste, es würde sich alles schon noch machen, und in Müthchen stecke bei aller Unart eins tüchtiger Kern. Dann geht sie, und ich bin fast froh· darüber-. ---— Die Stimmung ist mir. gründlich verdorben. — Miiiltchen list wirklich im Schlasziuis mer geblieben, nur, daß er nicht mehr in der ihm angewiesenen Ecke steht sondern sich mit seinen schmutzigen Stiefelchen auf meine reine, weiß-: Bettdecke gelegt nat. Ich kann sie getrost gleich wieder in’5 Waschfaß stecken. Da die Freundin mir« auseinander gesetzt hat, das; en vieles Strafen eine schlechte Wirluna aus ein Kinderkre inijtb habe, übergehe ich diesen neuesten Fall mit Stillschweigen und nehme Miitltchen wieder in die bürgerliche hie-; sellschast ans. Das Abendbrot verläuft infolge der vielen Aufregungen ziemlich schweigt-v sem. Pltiitlschenz Geliist, noch dic- ,,la tcrna magica« in Gang in bringen, wird mit ruhigem Ernst abaeletnitx er kommt gleich nach dem Vlvznolirut ins Bett. l Der tleine Schelm ist selbst made-, nno wie er nnn rein gewaschen in sei nem weißen Betttfien liegt, ist alle Wildheit von ihm abgestreift, er sieht mit dem goldblonden Haar nnd den großen, blauen Augen aus-«- wie ein tin Oel der Unschuld. ; Ich bete mit ihm, und da schlingt er; die Aerrnchen um mich und fängt islijizsz lia: bitterlich zu schluchten Jn. s »Thut’s Dir denn leid, UJtiitkichcii," daf; Du lieute so nnartig warst und die liebe Mutter so oft betrübt liast.« « Er nickt ein oaarmal eifrig und driiclt sich in leidenschaftlicher Zärtlich teii an mich: »Ich hab’ Dich doch ia schrecklich gern« » - Ich lniee an seinem Betteln-n, bis er eingeschlafen ist, nnd durch alle-s Za gen und Zweifeln, das in mir ausstri gen will, wenn ich an die Zulunst dieses wilden, kleinen Lebens denke, leuchtet wie ein Sonnenstrahl dies »Ich lsav’« Dich gern!« . Was an nothwendiger Strenge an diesem stiirmisch schlagenden Her-taten vielleicht versäumt wird, muß die Liebel ersetzen, die große, heilige Liebe, die wie ein Strom von mir zu ihm hin-I til-ergeht. — Dir kamt. «) l l ciizze von Wilhelm Herbciil Jn( Winter hielt der Bauer --—- so iucslzlljabend er war «—— keinen siiied)i,l sondern hauste mit seinem Sohn al lein, bis tsas gute Wetter kam. i Heuer tosr er cbcr mit se: nein Jahr pl gar nicht zufrieden Der hatte den« Kopf immer anderswo, als im Haus, lief draußen im metertiefen Schnee um her und sann vor sich hin, wenn er heiintam O( sont-h »Du wirst deck; nit gar,« brummte der Bauer Zornig und steckte einen neuen Kienspszn aus, »du wirst doch nit gar in die Evi verliebt sein, Franzl?« Die EVi ircir das allersckiönste, das allerbravste unt das alleriirinstz Mahl im Hort-that : »Wohl ksin icli ruliibt drei, Vater,« sagte der junge Mann entschiedens stand aus unr- trat vor den Bauernz hin, »ich l)itt’ dich, laß mir-? heitres-J then!« ,,Gar nie nit!« schrie da der Alte. und sclxlug mit der Faust wüthend aus« den Tisch. ,Gar nie nit?« frug Franzi. »Gut nie uit und gar nie nit!« schrie sein Vater wieder und schlug noch ein mal aus die Eickientischplatte. Franzl ging hinaus. Nach einer halben Stunde kam er» wieder. k· ,,’E« geht a lauer Wind!« sagte er su na. »Was scheri mich der Wind!« brummte der Bauer. 1 »Se- a Labuen-Wind!« meinte Franzl l Der Alte machte ein ernstes Gefiel)t.s Sein Sehn bastelte eine Weile niiit dem Sclknitanesser herum;« dann warf er ljint ,,Heunt’ ira: ich bei dem alten Kraxculvang im Heimgartsm der weiß dir alte G’scbichten -—— alte, alte! Von unserm Hof hat er mir auch erzählt ——— wag icls nack- gar uit a’wußt hab'! Drei mal in hundert Jahr’ hat den Hof schen die Lc:l;n" fut!« Der Alte nieltet ,Tireimal!« ,,J."i:des.-mal,« sub-r der Junge fort, »so-ur- eine set-were Sünd« a’scl)el)’n is aus«tn Hos!« Sein Vater l;c-rcl)te. »«T ag erste Es.l·t-Jl,« erzählte JranzL »lIat der Var-er im Zorn sein eigens Weib verswszein daß sie abia’sprunan iH rcm der Wand - « Las zweite Mal,« fuhr er sori, ,,l«,at die Rai-Ha mit dem Knecht eine Lieb schaft anbautielt und alle zwei haben’s den Bauern erdrosselt « -« »Er-, sol« sagte der Alte. »Das ich selber roch uit «c.,’muf;t!'« »Und das dritte Its-Zah« setzte Franzl l-ii-,;u, »das dritte Mal war’s in der Hoclxieitksncscht von der einzigen Toch ter, der’s:- einen reichen alten Mann ba ben ausaegwungm so daß sie um ihr’ Liet:’ zum Förster kommen ist« s Der Bauer starrte vor sich hin. ( »Allemal, wenn eine große Siind’ g’sck»er·n is an der Lieb’!« wiederholte der Sohn. Dann wurde es stumm im Stillst. ,,Gute Nacht, Vater!« saqte Franzl nach einer Weile und erhob sich ,,Gehst’ Thon? Gehst schon?' frag der- Alte. Aber sein Sohn schien nicht weiter dran zu echten. i Der Bat kr leuschte. Dann brumm-! t- er vor sich hin, raffte sich er lig aus uno lumtelte vor s Haus hinaus. cis- tvor mondhell Die steile schnee belmnaene Bergbalde herunter, die hin tcr dem Hofe anstiea, wehte ein leichter-, niclrt eben talter Wind und hin und wieder rieselte und rollte eH im Schnee »We- gehst Denn du bin? Was laufst denn du uug’1n Haus-Ps« rief der Bauer-. »Al), nix!« sagte Franzl und drehte sich hall- um. »Ich schief nuir beut’ Nacht lieriilnn atn Wald irn Stadt-l — ’s treibt sich alleroril so a Halodri «risn- s- leicht will er da einsteigen nnd st ,-’L- tnmod mach-en ---— den teusel’ ich weiter!«' Der Tllte sat) ihn nach, bis er ver schwunden ins-r. Dann blickte er for scbsnd lsen Berg hinauf. Jm hellen Thitrndlictte rttiirknie eg sich endlos fast bis in ten Dis-Insel Geiöll nnd Schnee und Schnee Und tjjeri.ill -- sonst nietstktx ti- war ilni noch nie so zu Zinnen nett-muten, wie ai·fäl)rlick« der Hof da Eint-. Wenn die Lateine wollte, konnte sie ihn niitnilnncn und im Mai oder Juni, trenn der Schnee schmolz, konnte nnsi die dann finden, die damals- im Hofe keinesen waren. Warnsn nar der Franzl ikn Stadel iibnnacl;tete Deus-? Wegen dem Hclodtik Ali, warum-? Trni war die Lieaerstatt dort in qons nen in: Winters So herrisch uno nei diJ nsar der Frarzl nit. Ter Bauer schob den rothen Vor hing vrsm ttirinen Fenster nnd starrte den Verai.ang tinaus, der tsahell lag. ti : war, als ob’s oben tm Stamm von cchnee schwoll und ülcrschwolL als ob«;— iniithiq von dräben nachschob I. no nur jeden Llneenblick berunterdonnern Iniisztr. llmoitltiirlict st rann der Alte auf Ins-n satte er sich wieder,qm1 zn dein in die Wand einaelassenenSchrant! u id nahm einen Snlch diirschenmass ser. t Tie Eisi! : Ein braves IIirndl soar sie tonnt’ ihr niemand wars nachsaaen und das-H will viel l«,eis-·en, wenn Eine so lirchen want-arm nnd Dabei doch schön ist, wie die Stieictjistc nicht. - Brat- nim ne unt Won! Alter so («-1«m, so leitclnrmk Nein, nein, die Schaan konnt-»- er ni-.1)t zuzxclsenk W setzte sich inc- Fienftcreck nnd fin nierte. Ja, der Franzl tsriibuh der schlief jctzt gut. Tort den Stadel schätzte ker Wald-. Unsinn, daß der Hof nicht fscsrt stund. Aber das nächste Mal wollte er schon den Hof da hin überbauen und km Stadel herüber. Denn um einen Halodri war nicht schad’! Dass nächste Mal? Also, wenn die Lahn’ den Hof mit genummen hättf Sie käm« also doch und nähm ihn mikx denn er rechnete selber schon ba mi · Sirt-heiß wart-? ihm. Das Kirsch lvasser macht trorm. Aber ’s war nicht dass Kirscktrasser allein. Der Schnee tclserlxaug da tin-ben, den der Wind ins-mer dicker antrieb ——- der hing sacnsiil liber den Hof herein, das; man schier nimmer schrausen konnte. Der Bauer tappte nach dem Tisch. sah ängstlich um sich, hielt an und wollte sich fassen; dann faßte aber ihn vielmehr die Todesangst —- er humpel te nach der Thiir’, rannte hinaus- und eilte, so rasch es ging, durch den Schnee nach dem Siedet ,»Franzl,« rief er, ,,Franzl!« Der brauchte lang Weclen mit seinem gesunden, sicheren Schlaf. Endlich schaute er olcen bei der Ten ne heraus. »Is- der Halcskri da?« srug er. »Was ist’s? Was giebt’s?« »Nein!« rief der Bauer und sah nach dem Berg ums »Die Evi nimm —- die Evi!« » Da fuhr ein Tonnerm Pfeifen,Sait sen und Brüllen den Berg herunter — lnapts am Hof vorbei, so daß der Luft prall den Allen an die Stadelend drückte. »Schau, Vater,« sagteFranzl, »besch ste Zeit war’s!« »Falsme Lehre-C Jm »Luil;eraner« erzählte unlängst Einer, der sich »Buschpastor« unter schrieb, von seinen Amtserfahrungen in Amerika und unter obigen Worten brachte er folgende Geschichte: ,,Fs.1lsche Lehre!« Auch deren bin ich einmal beschuldigt worden. Kommt da einer meiner Nachbarn zu mir und sagt: »Herr Pastor, De ole Bad-er Krischan, de Von de ole missourische Gemeinde in X. hierher tagen ig, de olle Quesen lepp un Klooksnut, de jümmerg wat to räsonneeren bett, de hett seg-gt, See mören kein richtigen Pastor nich, See harren falsche Lehre.« Jch: »So ——-- o?« Dann wollen wir Beide mal hingehen und nachfragcn.« Er: ,,Och, ict harr See bat eegentlich gar nich Vertcllen schult.« Ich: »Das ist richtig Jetzt aber müssen Sie mit.« Wir gingen also zu dem alten Manne, der früher Glied einer schon älteren Gemeinde gewesen war. »Nun, Vater K.'«, sagte ich, »was habe ich denn fiir falsch-.- Lehre?« Er: ,Och, Herr Pastet, dat is mi aber doch recht scharnierlich, dat See dat hört hefft. Dat hart mien Nahwer See nicht toodrägen schullt.« Jcht »Ja, das ist wahr, er hätte erst mit Jhnen sprechen sollen. Aber gesagt werden Sie es doch wohl haben.« Er: »Na, ja, seggt Heff ick’t un wahr is et ja doch ook.« Ich: »So —-—- o? Nun, was habe ich denn falsch gelehrt?« Er: »Ja willt See seggen Als ick fliiten Dingsdag bei de Kark vsorbi aing, da lehrten See de Kinners dat Bnolstnwieren Un da fragten See jiimrners: b — -ei ——— bei. Dat is aber doch mien Daaq nick, richtig. Dat «heet ja doch: b------e —-i-----k-ei.« - Ich: »Ist das Alles, Vater?« Er: »Ja, Herr Pastnr.« Nach einiqu kurzen Erläuterungen über die Lautirmethode gingen wir ganz vergnügt auseinander »—.—— Kurz gefaßt. Jn der zweiten Hälfte Des achtzehn ten Jahrhunderts lonnnandirte dei Ober General Saraschin, ein hartei nnd überaus- lyednntjtlnger Mann, die Armee der Repnrslil Polen. Eine-Z Tages-i kam er aus seiner Wohnung in Warsehau in das Vorziinmer, wo siciH der diensttliuence Osfiiier befand Der General hielt diesrin eine gestopft-. "J»abaipfeife hin und rief in defelilen: dem Tone: ,,75euer!« Der Offi«1,ier, cin Mann Von hoch sinniger Denkungsart, beleidiat durch das- drijöte Auftreten seine- Vorgesetz ten, stürzte aus dem Zimmer und rief der Sclpsildwsgche zu: »Feuer!« Augenblicklich legte diese die Lunte nn die beiden vor der Wohnung des Generalsz befindlichen Geschithe und brannte sie los, sodasr die Fenstersrl)ei tsen zu springen drohten. Hierauf telzrte der Offizier mit ruhiger Miene in das Vorzinuner zuriieL nn) ilnn der Generel mit zornnliilnndem tslesiclste entgegentrat: ,,«-Ll30siss soll dat- bedeuten, Herr Lieuteiiant?«' »Ich lies; die Tit-Jene ans den Ost-schützen Jener geben«, antnfsortete tiihn der Ofti,3isrr, »ein txt-bereits «F—en«:r« kenne ich nicht!« Epcrnau m Jst-ausreich die ChinnpxikillcrftiiPt, kmi meilchiinqe isntcrirtische Strcss«.cn, Dir cuiJ solideni Kalt nehmen« ungeheure Cl)-«1ns.p—.ii,iner siellercien vergeu. Bei einem Cham pagner Fadrikanten sing dieser Stadt ist ec« keine ZeitenheiL wenn seine Kel ler-ries« fiin Iliilliisnen Flaschen Shim pagner beherbergen - Aug-gleich. Herr Hum Lede mnnn): »Wie sieht's denn mit Dei nen Verpflichtungen zum Vaniier Conn?« ——— »Ich l;.ib’ mich quitt gehei rathet!« — Großartig. Bei Kommerzien roth Hamster wird der größte Luxus getrieben. Jetzt lassen sie sogar alles Brennholz, ehe sie es- in den Kamin thun, poliren.« —- Verplappert. Heir: »Heute soc-» len Sie einmal eine von meinen Ci at ten rauchen, Jean! (Jis eine istc geeifend): Wollen Sie eine starkes« — Diener: »Bitte, gnä’ tr, nehmen Sie lieber eine aus der an rn Kiste!«