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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Feb. 17, 1899)
Island. Roman von Häml SIML I . ». ff , , ·.«,.. .-..» ». . »z» z »z. « IV er Todke Von Honan - - -- WJWIUWIJIJA W (17. Fortsetzung-) Langfam und müde, von leisem Frost gefchüttelt, schlich sie sich nach ih rem auf das elegantefte eingerichtcien Schlafziinmer. Als sie eingetreten war, schloß fie behutsam die Tbiir hin iee fich. Dann öffnete tie ein lleinek schwarzes Kästchen, das verschlossen auf ihrem Toilettentifeis zu stehen pflegte, und entnahm ihm ein mit hel ler Flüssigkeit gefüllteå Flafchchen und eine winzige, in eine Nabel aus-lau fende Spitze. Zweimal hintereinander Gab sie sich in den entdldßten rollen berarm dieEinfpritzunqen einer star ken Mdrphiumlöfung. Schon nach einigen Minuten fühlte sie die belebende Wirkung nnd gewann ihr blühendes Aussehen, ihren sicheren Gang, die jugendliche Elafticität ihrer Bewegungen wieder· »Ein Wundetmittel!« jagte fie halb laut sich selbst. »Es giebt dieJu end und ie Kraft. Was thut es, da es dafür Jahre des siechenden Alten nimmt. Das ift nur ein Vorzug seiner Wirtuna.« Man pochte an die Thür; es war Rataliens Zofe, die Einlafz begehrte. «Excellenz,« rief das-Mädchen, »Herr Hofrath Schaller bittet um die Erlenb ni , Sie sogleich zu sehen — eine »Un ae egenheit von höchster Wichti teit!« »Ich komme, führe ihn ins ! alwa zimmer.« Die Gräfin legte hastig noch ein we: ig Schminke und Puder auf. hüllte Ach für einige Setunden in eineWolte von Parfüm ein und eilte dann zu ih rem Besuchen Schaller kam ihr in auffälligen an ihm ganz ungewohnter Erregung rni gegen. »Ehe iobspost,« sagte er mit ge dämpfter timme, »Ihr Freund Ger faut hat uns vertauft!' »Noch nicht,« entgegnete die Gräfin ruhigä »aber er roird es thun noch vor dem bend dieses Tages. Nehmen Sie Plas, hofrath, ich habe Jhnen viel zu erzählen." Schaller horchte befremdet auf. »Sollten Sie diesmal mehr wissen als ich?« sagte er, während er sich nieder ließ; »doch ehe Sie mir über Gerfaut Mittheilungen machen, kann ich Ih nen auch eine Freudentunoe brin gen —« Er sah sich forschend und ror Lau schern sichernd im Zimmer um dann beugte er sich vor, so daß er der Grä fin ganz nahe war, und flüsterie mit scharfer Betonung jedes Wortes: »Sie haben nicht mehr zu fürchten, daß man Ihnen das Erbe des Grafen Von Fels streitig macht. Die einzige,die eB konnte, weilt nicht mehr unter den Lebenden. Beate Busch ist seit gestern Abend ver schwunden. Ein ihrem Gatten zurau gelassener Brief tündet ihrenEntschlus3 an, aus dem Leben zu scheiden!" 21. O- a P i t e 1. »Noch immer kein Zeichen, daß das Bewußtsein wiederkehrt I« Hans v. Rheden war eg, der diese Worte im Flüsterton an der Schwelle eines durch Vorhänge verdunte1:en ’ Krankenzimmers sprach. Hinter ihm « wurde auch Oberländer sichtbar. Die I Züge beider Herren waren von Theil nahme und Beforgniß erfüllt; ubertsiez konnte man beiden leicht ansehen, daß sie eine schlaflose, an Ausregungen rei- I che Nacht hinter sich hatten. »Schläft sie, athmet sie jetzt ein we nig ruhiger?« fragte auch der alteHerr. . Neben dem Bett, dessen Gardinen weit zurückgeschlagen waren, und ans dessen Kissen eine bleiche, requngslose Frauengestalt ruhte. richtete sich Su annens schlanteFigur auf. Sie winkte den herren, näher zu treten, nachdem sie vorher noch einen prüfenden Blit s aus die Lagerstatt eworfen harte. »Ich bitte euch,« a te sie, »laß: mich nicht mehr mit der Uermsten allein, mir ist so bange ums Herz; ich fürchte, iie könnte mir plötzlich unter deanvi den einschlummern." «Steht es so schlimm?« antwortete Nhedem »der Arzt war doch wieder hieri« »Gewiß, er ging vor einer Viertel stunde und versprach, um drei Uhr, also in zwei Stunden, wieder nach der Kranken zu sehen. Er war dann er ICM, fee noch immer in demselben Schlaf ustande zu finden, und sprach ie befürchtung aus, daß ein Neuer sieber urn Augbruch kommen oursic, falls Unglückliche bis zum Abend spätestens das Bewußtsein nicht wieder stW«. - . . ....I »Ist thlvt Vvtfl km lucyltger Ersti« wandte sich Oherliinder an Rhedern Dieser antwortete: »Dottor Horst ist einSchulfreund von mit; er bat bis her in ein-ein kleinen Städtchen Bran denburgj racticirt, sich jedoch durch einige auf ehenerre ende Schriften ei nen Namen unter einen Collegen ce macht. Vor zwei Monaten erst siedelte er nach Berlin über. eh erinnerte mich seiner, als wir heute acht schnelle ärzt liehe hilft brauchten, und wä.,rend Jhr die Uns iickliche hinaustrugt, lief ich zu ihm und holte ihn herbei. —- Doch ’e Saft-nun handelt es si auch um Z . Du hast die gan e Na tara La stsder Iedauernctoet Frau» He mätöixft es bis «e t zum Mittag Its auf eine innte verlassen W Das lannft, das darfst Du nicht lan ger, mein armes, tapferes Kind. Wis blaß und angegriffen Du aussiclet2« Er legte zärtlich feinen Arm um sie, und Sufanne lehnte sich erschöpft an feine Schulter. »Den Oberländer,« fragte sie, »du ben Sie nach meiner Pflegemutte. sie fandt?« »Der Wagen fährt sogleich cic, er bringt sie hier-den« »Ich danke Ihnen. Jch hat-e mir nämlich erlaubt, ohne DeinWissen eine Disposition zu treffen. Hans. T—.1-.tor horft meinte. es müsse für die tomi mende Nacht eine Wärterin für di-: Kranke angenommen werden, und da ich wirklich fühle, daß ich kaum lssknger nach all den feelischen Aufrearxngen und Abfpannungen den Dienst arn Krankenbett versehen kann, die arme Frau jedoch nur den befien Händen ist-ergeben möchte, so habe ich Herrn Oberliinder gebeten,«nach meiner Pfle gemutter zu senden. Man hat mir Zwar kürzlich gemeldet, daß sie selbst trank fei, doch glaube ich es nicht, und wenn sie gesund ist und tommi. fo tann unsere Patientin teiner besseren und treueren Pflege anvertraut werden« »Du hast recht gethan, Susckk:i,« sagte Rhedem »ich freue mich auch. die Frau, die Dich erzogen hat, tennen zu lernen.« »O, sie ift eine einfache, aber tluac Und gute Frau.« »Nicht so laut, Kinder,'· mahnte Oberländer; »tomrnen Sie näher hier an das Fenster, Suschem ich möchte Sie etwas fragen. — «at sich denn in den Kleidern der Unalucklichen, welche Sie durch Ihren heldenmuth vo: ei nem grausigen Tode errettet haben, nichts gesunden, was zur Crmittelung ihrer Personlichteit sühren könnte«.’«' »Nichts,« antwortete Susanne, »ob wohl ich alle Taschen aus das genaueste durchsucht habe.« »Kein Brief, tein Stück Papier, feine Geldtasche?« « »Nichts, und sogar aus dem Pelz ist die tleine Marte gewaltsam herausge rissen, welche die Firma verrathen könnte, bei welcher der im Uebrigen sehr kostbare Mantel getauft isi.« »Alles weist daraus hin,« nseinie Rheden, »daß die Dame, bevor sie ihren furchtbaren Entschluß ausführte, alles beseitigt hat, wag zur Feststellung ib rer Persönlichkeit siihren könnte. Es war ihr Ernst um den Abschied vom Leben, und sie wollte ihrer Familie die letzte qroße Schand-· ersparen; »Im-et Familiek fluiterre Ubert-rn der eifrig. »Wer und wo ist diese Pfa: milie? Alles deutet darauf bin, daf; sie eine Dame der Gesellschaft ist· Jch hätte eigentlich längst Anzeige bei der Polizei erstatten sollen, aber mich hält ein Umstand davon ab. den ich reiflich erwogen bade. Sobald die Polizei einmal den Fall in Landen bat, erfährt ihn auch die Presse, und dann wird die unglückliche Frau und ihre ganze Fa. milie wochenlang durch die Spalten der Tagesbliitter erzogen. Vielleicht können wir einer braven Familie diesen demüthigenden Schmerz eriparen.« »Ja, die Aermste bleibt vorläufig in meinem Hause unter unserer Obhut,« stimmte Rheden zu, »bis sie uns selbst faaen kann, wer sie Eit, oder bis wir iibermorger ——- denn morgen erscheint des Feiertags ioeaen keine Berline: Zeitung —-— durch die Blätter über daz Verfchwinden einer Dame unterrichtet werden« »Ich will ganz aufrichtig sein,« nahm der alte Herr wieder das Wort ,,ich babe auch noch einen anderen Grund, die Aermfie vor dem Blofszge ftelltroerden zu schützen. Schon in der Nacht, als wie nach der erschütternden Katastropbe befchlossen, die Bewußt lofe aus dem Babnwörterbäuschen in unser Heim zu überfübren und idr hier ärztliebe Hülfe angedeihen zu lassen, setzte sich in meinem Kopf ein seltsanier Gedanke fest. Mir ist es nämlich, als lzätte ich von dieser , rau vor gar nicht langer Zeit einma flüchtig ein Bild gesehen. Jch erinnere mich aber nur, daß es mir in einem eleganten Salon gezeigt wurde, und daß irgend ein bochftehender Mann mir jagte: »Seben Sie, das ift meine Frau!« Aber wer dieser Mann war, wo sich der Salon mit dem Bild befand —- sebt br. Kin der. für jeden lumpigen etienturs oder fin den Fölligteitgtermin irgend eines namhaften Wechsels bade ich noch ein vorzügliches Gedächtnis, aber hier, wo es einmal darauf ankommt, wo es sich um ein Menschenschicksal bandeit, will diefer dumme alte Kon mir nicht zu dülfe tomnien!« »Und mich," tagte Rheden jetzt be wegt, »tnich mahnt diese bleiche Frau dort, die wie durch ein Wunder dem Tode durch Seibitoetnichtung entwu nen, an das Weib jenes Unglücklichen, desjen letztes Verm-schmiß ich an seiner Leiche auf Honor Island fand. Ihre Gesichtsziige, obwohl durch Jahre ver ändert, durch Schmerz entstellt, durch das gefchwundene Bewußtsein eingek stert, sie sind diefeiben, die mich einst auf jenem mir leidet zu schnell geraub ten Bilde entzückten Sie sind es, ich weiß es, ich kühle es, und mit Un e dnld harre ich des Augenblick-, da Ich ihre Augen endlich entschleietn werden« diese großen madonnenhasten Augen die dem Antlitz des Bildes den nicht zu rergessenden und nicht zu verlennenden Ausdruck verliehen " Hans hatte seinen alten Freund langsam sind leise an das Lager der Fremden gezogen. zu dem Susanne schon vorher qerauichlos getreten war. Mit seltsam träumerischen Blicken betrachtete sie. während Rheden mit Innerer Ergrisfendeit gesprochen, die Kranke und als der Mann ihres Her zens geendet sanl sie plötzlich ·-rus l schluchzend dar dein Laqer aus die Kni te! nieder. »Stisanne - Suscheiu geliebtes Kind, was ist Tit — warum weinsti Du?« »Es-«- ist die ungeheure Nerveuerre: gung, welche jetzt bei ihr zum Ausbruch tommt,« tröstete Oberlander. »Sti sanne bedarf unbedingt sofort der Ruhe; ich hat-e ihr im oberen Stocltve:! in meiner Womuma ein Zimmer ein richten lassen, dort mag-. sie ein paar Stunden wenigstens-— sich sammeln. Kommen Sie, mein Kind, reichen Sie mir den Arm, ich ililire Sie.« Der alte Herr wollt-: oieWeinende mit sank-— - ter Gewalt arisrichtcn und Rheden un- ; terstiitzte ihn in seinem Bemühen, aber Susanne welirte sie ab. »Laßt mich —· ich bitte Euch, laizt mich! Hier will ich bleiben, in Jer Nähe dieser stummen, bleichen «"rai:. Mir ist, als gehöre ich an ihre Seite, als dürfe ich diesen Platz nicht verlas sen. Jlir glaubt, nicht zum erstenmal heute dieses sanfte Antlitz zu sehen? Dann, mein Gott« ia dann geht ein seltsamer Zauber von diesen Zügen aus« Alles liegt unbestimmt, so schei renhast —- aber auch mir ist es, als ob ich dieses blafse Antlitz nicht zum erstenmale sahe." Die druckte einen enrruchtsoouen Kuß auf der-. ein wenig geöffneten blas sen Mund; ibre Tbränen benetzten das Antlis der Armen, und ibr Sonnen baar vermischte sich mit den dunklen reich berabwallenden Strabnen Oberländer und Rbeden blickten ei nen Moment einander sprachlos und aufs höchste betroffen an. dann flü sterte der leytere leise: »Es ist die Stimme der Natur; vermaa auch sie zu lügen?«« Dann beugte sich Don-: auf das ge liebte Miidchen herab und zog sie behut sam empor. »Es-list schon vorüber.« sagte Su fanne, das blasse Antlitz trocknend, »ein Traum, ein Bild der erregten Phanta sie. Jch glaube doch, ich bedarf der Ruhe. Hoffentlich trifft Muttethrobg bach bald ein.« Nbeden wollte sie von dein Lager sortfiibren, aber Susanne bat ihn, er möge sie erst noch der Fremden die Kissen ordnen lassen. Dic Herren zogen sich in die Fensternische zurück, wurden aber gleich daran durch einen leichten Aufschrei Sufannens wieder an, das Bett zurückgerufem Das junge Mädchen lan: ihnen ent gegen; sie hielt einen kleinen, leichten, fast farbenlosen Gegenstand in der Hand. »Da seht«, rief sie erregt ans, »das —- das habe ich soeben aui dem Kissen der Kranken gefunden. Erinnert Ihr Euch, daß, als wir sie in der Nacht hinauftrugen und auf das Bett nieder legten, ihre Hände wie im Krampf iest geschlossen waren? Später lüften sich die Finger aus ihrer Erstarrung und gaben sicherlich das, wag ich bier halte, frei. Es ist eine Locke!·' »Ehe Model« wiederholte Oberlän der; »wabrbaftig, eine blonde Locke, das einzige, was die nUaliictliche mit sich ins Grab nehmen wollte. Sie hielt das einzige, was die Unglüelliche rnii als sie sich auf die Schienen wars nnd das Ende erioartete.·' Rbeden bate unterdessen Susannen die Locke aus der band arnommen und war an das Fenster geeilt. Schnell riß er die Vorbänge zurück. fo dass daH Ta geslicht in den grossen Raum hinein flutete und ibn mit blendender Helle erfüllte. Prüsenden Blickes schaute er aus die unscheinbare Locke nieder: in seinem bärtigen Gesicht zudte und arbeitete die Errettung »Sie ist ess« ries er so laut nnd hestia, das-, Oberlander und Susunne besorgt zu ihn eilten: »hier ist tein Zweifel möglich, sie ist es! Jch halte hier in dieser meiner Hand die Locke, die ich schon einmal, doch unter ganz anderen Verhältnissen, besaß. Sie siel mir entgegen, als ich die Briestasche Des todten Eldor v· Fels aus Honor ngand öffnete. Es eraah sich später aus den Auszeichnungen jenes Be dauernsrverthen, daß diese Locke vorn Haupte seines geliebten Kinde-, seiner Tochter Susanne, geschnitten sei, als ein Andenken an seinen Liebling hatte er sie mit sich in die Ferne genommen Und sieh, Susanne« wie die Glieder der Kette sich aneinanderreihen —- diese Locke, fie könnte wahrhaftig deinem Haar entnommen sein, als es noch nicht jenen sonnigen Schimmer besaß, den es zweifellos erst spät erhalten hat« Susanne antwortete nicht; sie nahm die Locke wieder an sich und siihrte sie an ihre Lippen. »Vielleicht hat sie die Hand meines Vaters berührt,« dachte sie, vielleicht hat sie an seinem Herzen geruht!« Oherliinder schüttelte zweiselnd den Kopf. .Wir stehen hier vor einem RäthseL dessen Lösung mir wenigstens so gut als unmöglich erscheint," sagte er. »Ich verstehe, daß ich mich aus die ser Vermittelung nicht heraussindeX »Die Wege der Vorsehung sind essen ost dunkel und scheinen uns Menschen unersorschlich!' antwortete Rheden mit einer gewissen Feierlichteit. «Doch i esso weit Licht um uns geworden, o 1 wird ei auch noch heller und ganz hell werde-. i Susanne hatte die Hände ge actei. I »Das walte Gott!« rief sie aus trefster Seele. Rinden-zog die Geliebte an seine Brust. MHat er nicht schon sichtbar ge » waltet, « fragte er bewegt, »indem er ins zusammenfuhrtest Er wird nicht » dulden, dass Name und Besitz jenen vorenthalten werden, denen sie gehören, under wird aus die Dauer diejenigen nicht trennen, welche er selbst durch die Bande des Blutes vereinigte!« Ein schwacher Seufzer, der von dem Bett herzukommen schien, schreckte Su lanne aus Rhedens Armen aus nnd lief-. sie an das Lager eilen. »O Gott, ich glaube, tieerwacht, sie bewegt die Lippen, sie regt sich!« Die beiden Heran schlichen auf den Fußspifen heran und stellten sich hin ter Su anne auf. Die Kranke hatte das Haupt dem Licht zugekehrt, die Augenlider, die bisher mit lsleiernes Schwere die Sehsterne verschlossen hat ten. hoben sich ein wenig. Susanne keseuchtete die weiße Stirn mit Kölni schem Wasser snd ließ die Kranke den Duft einathmen Die Leidende zuckte plötzlich zusam men; ihre Hände lewegten sich in mechanischer Regelrnaß igkeit aus der Decke. die ihrenKörper verhüllte Dann begann sie zu stöhnen als litte sie isi perlichen Schmerz. Wenn derArzt nur da wäre,« unn melte Oberländer. »ch will selbst nach ihm geben« ein, ich bitte Dich, bleib jetzt, laß mich nicht allein, « flüsterte Susanne und hielt Rheden an der and zurück »Sieh doch, sie öffnet die lugen. Die großen dunklen Augen waren jetzt vollständig entschleiert, mer der starre Glanz des Fieber-Z war iiber iie ausgebreitet. Ihre Lippen waren zum Sprechen geös Linet doch nur ein leiser, kaum hörbarer Hauch entstieg ihnen. zSuschenF · Das liebliche Madchen, das erhebend in spannungsvollei Erregung sich iiber das Lager der Leidenden neigte, Leutete nur durch eine schnelle Bewegung und einen nach oben gerichteten dankbares Blick ihre glititselige Ueberraschung an, dann beugte sie sich tiefer auf die Kis sen herab. und einer inneren impulsis ve·n Eingebung gehorchend, fiisterte sie mit tiefer, warmer anigteit »Mut ickchpu, ich hin bei Dick« · Ein Schimmer des Glückes flog iibei die Zuge der bleichen Frau; ihre Han de hoben sich langsam empor, und die schlanten Finger verloren sich in Su sonnens Haar. »Lieblingk ——- — Der Vater — iit er gekommen? Schließ die Thür aus-— er kann sonst —- nicht --- hinein —- der Vatert« »Mutter!·' schluchzte Susannex iie vermochte nichts anderes auszusprechen als dieses eine Wort. Jn diesem Augenblick versuchte sich dieKrante emporzurichten; starr waren ihre Blicke aus die beiden Männer ge richtet, welche tgum zu athrnen wag ien und tief bewegt jedes Wori, jeden Blick der Erivachenden beobachlei hat ten. Die Kranke stieß einen martdurch: dringenden Schrei aus und warf sich mit iahem Entsetzen in die Rissen zu rück. Jn gebrochenen Tönen, bald gel lend laut, bald dumpf und murmelnd, rang es sich von ihrenLippen, aus ihrer Brust: »Ich habe alles gegeben «- cl les — ich besitze nichts mehr —- er lebt, sagt ihr —- levt? Es ist nicht wahr! Die Todten kehren nicht wieoer — Nehmt die Wechsel, die Wechsel ——— laßt mir mein Kind, ich nehme es mit ins Gefängniß-— ja, ja ich habe das Geld gestohlen, zehntausend Mart —- Eber hard —- eine Diebin — geh weg — — geh weg —- weg von den Schienen —— die Locomotive — sie kommt —- sie rollt heran —- drei Monate, sagst Du « ich muß bezahlen —- bezahlen!« Jmmer wirrer, unverständlicher wurden ihre Reden; das Fieber schin telte ihren Körper und warf ihn spie einen Spielball auf den Kissen umbri, die Finger tra ten auf den weißenLins nen, und der them brach sich in tur zen, erschöpfenden Stößen Bahn. «Sie stirbt!" schrie Susanne auf. »Sie stirbt!« helft ihr, helft meiner Mutter!« Rheden wollte fort, aber Oberländer stand schon in der Thür. nhier muß der beste Arzt zur Stelle geschafft werden,« rief er; »ich fahre uerst zu Doktor horst und sende ihn ber, dann aber so leich weiter zu Ge heimrath Busch. enn sie einer retten kann, lo ist er est« Er siiirmte hinaus; auf der Treppe hörte er noch das Stöhnen der Leiden den und den Ausbruch ihrer wilden Phantasieo, mit denen sich weifellos ein schweres Nervenfieber an itndigtr. »Herr s"Heheimratd zu Hause (« »Z« hause wohl. aber er ist « er ists-« »Schon gut; nehmen Sie diesenThm ler und sorgen Sie dafür« dasz der Herr Geheime-to mich auaenblicllich em psiinat.« Bartelö, der sonst mit einer Ge schwindi leit, welche beinahe schon an Vexerei reiste, derartige Geldstücke in seinenTaschen verschwinden liess, drehte das Dreimarlstüet unschlilssiq um und wieder um und wollte es dann dem Spender zurückgeben »Was machen Sie siir Geschigten?« suhr idrn Oberliinder örgerli an. »Sie sind doch sonst nicht zartsiihlend Machen Sie, dass Sie sorltommen, und melden Sie rnich dem herrn Geheim ratb; hier ist meine Ka:te." «Unrn«oqlich,« würqte Bartels end lich hervor, »der Herr Gedeimrath ern psanqen heute keinen Menschen, und wenn ei der Zur aus Petersburg selbst ware.« «Doch nicht etwa des Feiertags Ie - Inf« Irollte der eilte cert. »Feiertags wegen? Der Herr Ge heimratb haben einen schönen Feier tag,« entfubr es dem Diener, der sich schnell aus die Lippen biss. als habe er bereits zu viel gesagt. Oberländer aber wollte noch einen Anfturm wagen; er nahm aus seiner Westentasche ein Goldstück und hielt es Bartels vor die Augen. »Sehen Sie das? Es gehört Ihnen, wenn Sie mir jene Tbür dort öffnen und mich zu dem Geheimrath eintreten lassen. Also hurtig, mein Freund!« Bartels sprang zur Thiir und riß sie auf. »Da mein Uherr iiber engen Sie sich selbst, daß nichts zu hoffen ist. Treten Sie nur ein, es ist das Em pfangszimmer, aber der Herr Geheim rath selbst befinden sich nicht hier, son dern in einem anderen Gemach seiner Wohnung, dessen Thin fiir Jedermann fest verschlossen ist « nanu, wag bes deutet denn das?« Der gute Franz Bartels tvar näm lich plötzlich von dem alten Herrn höchst uneeremoniell beiseitegeschoben worden und mußte ansehen, wie dieser ivortlog bis zur Mitte des Zimmer-E stiirmte. IVier blieb er stehen, ließ seine llugen Augen musternd über die ganze Einrichtung schweifen und brach dann - in die bestimmten Worte aus: »Ja, das war das Zimmer, jetzt er s innere ich mich genau; er selbst, der » Geheimrath, zeigte es mir, aber trin wo —- ah dort!« Der Diener glaubte seinen Eis-gen « nicht zu trauen; der alte Herr stürzte ! auf ein kleines Tischchen zu und hob eine in silbernem Rahmen darauf ste hende Cabinetpbotogrxiphie in die Hö- . he, um sie einige Serunden in tiefem, s nachdenklichem Ernst zu betrachten. »Sie ist es ek- ist seine Frank« Dann wandte sich Oberländer an den Diener. »Saaen Sie mir, Mensch — — ; aber die Wahrheit bitte ich mir aus -, l seit wann befindet sih die syrau Ge s heimrath nicht mehr im Hause?« ; Bartells prallte zurück »Sie wif sen?« stotterte er. »Sie haben ersah ’ ren?« s .,Gehen Sie sofort zum Herrn Ge l heimrath,« ries Oberländer und beglei- i tete seine Worte mit einer befehlenden ( Gebärde, die jeden Widerspruch aus-- s schloß, »pochen Sie an die Thür, er bitten Sie Einlaß aus jeden Fall, und theilen Sie Jhrem herrn mit, daß ich Kunde von seiner Frau bringe." l »Was ist denn mit der Gnädigen?« forschte Bartels in höchster Neugierde. ,,Gehen sollen Sie!'· herrschte ihn der alte Herr an. »Fort --- aus der Stelle!'· Eine halbe Minute später befand sich Oberländer allein. Er durch-naß mit großen Schritten das Zimmer, ihm pochte das Herz hörbar. Er dachte daran, welche Nachricht er dem armen, bedauern-werthen Mann bringen miis se. Das- Riithsel gestaltete sich immer dunkler, immer verworrenen War e-:s möglich, daß die Wittwe des Todten von Horror - Island und die Gattin dei- veriihmten Arztes ein und dieselbe llzerson wären? Und wenn dem so war --— welche Veranlassung hatte die Frau dieses trefflichen Mannes zu dem furchtbaren Entschluß beweqen können, die Bürde deg Lebens von sich zu wer-— fen? — Und —- Obertiinder unterbrach seine Erwägungen, er vernahm na hende Schritte; er stellte sich unwillkür lich zurecht, rückte und zupfte neroös an feinem Ueberroct, und dann trat der Geheimraih ein. Eberhard Busch sah bleich,iibernc-Ich tiq und verstört aus-, seine Augen brannten; er ginq nicht aufrecht und stolz erhoben ivie sonst, sondern ge beugt, gebrochen. . Die Thin fiel hinter ihm« ins ; Schloß. Mit wenigen Schritten stand ! er vor dem alten Herrn. i »Lebt sie?« s i »Sie lebt, Herr Geheimrath; sie ist durch des Höchsten Walten von einein traurigen Schritt zurückgehalten wor- " den.« Eberbard schlug die hände vor das Gesicht und stöhnte. als habe er soeben s eine Wunde empfangen. Nach einer kleinen Pause sagte er dumpf und tonlos: »Gott mag wissen, was sie zu diesem unseligen Schritt ge- s trieben hat. Wo befindet sie sich jetzt?« I ( i i »Ja treuer Obhut, bei guten Men schen. Leider ist ein schweres Fieber bei ihr zum Ausbrucb gelangt.« «Fiihren Sie mich zu meiner Frau —- die Polizei ist bereits mit den Nach sorschunaen nach ihr beschäftigt. O ( Brate, Beatr, welches Leid hast DuDir f und mir zugefügt! Doch lassen Sie s uns teine Minute verlieren; auch dan- - ten tann ich Jhnen setzt nicht —— spö ter, verzeihen Sie, ich bin kaum meiner Sinne mächtig. Sie ist trant, sagen i Sie — o schnell, schnell, kommen ie, mein herrl« Oberliinder mußte den sonst so star ten Mann studen, als sie zusammon vie Treppe hinabschritten. , s i Voll Ungeduld und mit steigender » Besorgniß harrten Susanne und Rhe den arn Lager der Schwertrnnten, be ten Zustand von Minute zu Minute bedenklicher wurde. anlvolle Vor· . stellungen, peinigende Phantasien jag- ; ten durch ihr fieberndes Hirn und lie-v ! ßen sie nicht sur Ruhe kommen. Su- ! sanne kühlte zwar die brennende-Stirn » der Leidenden mit Eisurnschlägeryober ’ die Tücher tagen kaum wenige Minn- - ten, so waren sie schon wieder warm . und mußten erneuert werden. Die Tie- I berhiye hatte bereits einen u en schlimmsten Befürchtungen Anqu ge- l benden Ger erreicht. ( Und noch ter Arzt nicht da! i Endlich hörte man das Rollen eines Wagens. Rheden eilte ans Fenster. ,,Eine alte Frau, auf einen Stock ge stützt,« meldete er. »Meine Pflegemuttrrl Ich gehe ihr en gen. ufanne fiel der Alten, als sie ihr auf der Treppe begegnete, um denhalei und weinte, ohne einige Minuten lang sprechen zu können. Ach, sie hatte d« : Frau, die sie erzogen isnd fiir das — den vorbereitet, so v1:l zu sagen, Gutes und Böses, und doch blieb teine Zeit, ihr auch nur eine kurze Mitthrilung des Geschehenen zu wachen. »Aber, was hat denn das alles zu -bedeuten, Suschen?« sagte Mutter Sirobbach erstaunt. »Ich werde in ei « ner Equipage abgeholt, auf Dein Ge heiß, wie man sagte, in dieses dor nehme Haug geführt, und hier finde ich Dich in Thranen gebadet und bleich und abgezehrt -—— ja Mädel, gieb mir doch nur eine Erklärung fiir das al les?« «-—-. »Ich will Dir später alles erklären, Mutter-, jetzt komm, bils mir, eine Un glückliche, die sich in höchster Lebensge tabr befindet, pflegen und erretten.« Sie trat mit der alten Frau in dac Kranienzimmer und sührte sie an das Bett. Kaum aber hatte die Alte einen Blick aus das Gesicht der Patientin ge worfen, als sie mit schmerzerfülltek Stimme ausries: »Was ist das?« Meine Wohlthäte tin hier —-- die Frau Geheiinrathv Busch? O Gott verhüte, daß dieses Herz so srijh schon still stehe, das tröse nicht sie nur, nein, Tausende von be drängten, leidenden Menschen zu hart!« »Mutter, Du tennst sie?'« Frau Strohbach tain nicht zur Aut toort. Toctor Horst trat ein, und nun galt es, der Leioenden alle Aufmerk samkeit zu widmen. Rbeden wollte sich zurückziehen, an der Thiir jedoch tra ten ihm zwei Herren entgegen: Ober ländek und Eberbard Busch. ,,Beate!« schrie Eberhard, Beute, mein armes, unglückliches Weib!« Außer sich vor Schmerz und Gram sank er vor dem Lager in die Kniee und bedeckte Beatens Hand mit Küssen. Toch schon im nächsten Augenblick rich tete er sich entschlossen wieder aus« und während seine Blicke sorschend aus ib rem sieberentslamtnten Antlih ruhten. sagte er: »Noch ist sie mir nicht zurückgegeben Gott will, daß ich sie mir wieder ers obere —» ich werde es mit seiner Hilfe vollbringen!« 22.Capitet. Es war gegen sechs Uhr Abends, die Duntelheit war längst eingetreten, und die Leipziger Straße erstrahlte in ihrer gewöhnlichen abendlichen Beleuchtung, alg zwei Gestalten, eine Frau und ein Mann, in einer Weise unweit deg Rhe ten’schen Hauses aiks und nieder schritten, in der ein Criminalist sosort eine »Lbservation« erblickt hätte. Sie hielten den Eingang scharf im Ange, musterten ji.den Eintretenten und lie szen ihre Blicke mit unverhohlener Neu gier uder die stolze Fensterreihe des altehrwiirdigenGebäudeH, zu dem schon der Großvater des gegenwärtigen Be sitzerg den Grundstein gelegt, hin schweifen. »Wir iniissen dahintertommen, wag die Alte in diesem herrschaftlicher-. Hause zu thun bat«, siiisterte der Mann, in dem Susanne mit Schrecken ihren Bruder Williarn erkannt hatte, seinem Weibe zu. »Da steclt etwai- da hinter, sage ich Tir, etwas, wag mit uns selbst anr Ende zusanrrnenliiingt.« »Wie meinst Du das mit uns zusairirnerstsängt?« »Ich denke, mit unserem Besuch beim Justizrath Wie war es doch? Sagte der Kutscher nicht, das; Su ianne die Alte bitten ließe, in dass-ans des Herrn v· Rheden zu tomrnen't« »Das sagte er,« bestätigte Maggie, ,und er meinte, das Fräulein hätte ge: sagt, es wäre große Eile geboten.« Der Lithograph schiittelte nachdenti lich den sion und wühlte in seinem hellen Bollbart, als tönne er aus dem seine Gedanken herausgreisen »Die Geschichte gefällt mir nicht,« meinte er dann. »Was gefällt Dir nicht? Hast Du wieder einmal Furcht, Du Hasenstisz?" Er nahm von der Beleidigung seiner Ehehiilste teine Notiz, sondern zog sie nur ein weniq unsanst unter denThori bogen eines benachbarten Hause-T »Ich willDir sagen, Maggie,« nahm er dann mit leiser Stimme das Wort, »ich bilde mir ein, daß da oben« - « er wies-auf das Rheden'sche Gebäude »gegen uns etwas geschmiedet wird. Die Suse wird seht der Alten erzäh len, was vorgesallen ist — ich meine. das-, wir dem Justizrath die Kiste mit den Alten abgeholt haben. Na, und wenn’s nach der Alten geht, wenn sie aus deren Rath hören --- dann geht die dumme Gans schnurrstracks zur Polizei und verräth die ganze Ge icknchtet «Unsinnl Die Alte wird ihr Söhn chen nicht ins heiße Wasser bringen, dazu ist sie immer noch zu sehr ver narrt in Dich.« »Sie hat eine verriickte Ehrlichkeit im Leide — die dringt ihre Kinder so aar ins Gefängniß, wenn sie damit ihr Gewissen beruhigen kann. —- Nur eine Sache stimmt mir noch nicht. Was hat dieser Baron Rheden, der steian che Bankier, mit dem allem u thuni Was hat die Susein seinem se zu suche-ri« s tffoeisefung solsy