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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Jan. 20, 1899)
Treue Freundschaft. Stizze von A. Hedenstjerna. Nach dem Manuskript übersetzt von E. Brausewetter. Gustav Berg und Willh Söderblom· waren Spieltameraden und Vettern,l aber noch mehr: sie waren Freunde. Gustavs Vater und Willns Mutters hatten mehr Gemeinsames im Lebens ebabt, als es sonst bei Geschwisternl Lblich ist« und ihre äußeren Verhält nisse waren einander so völlig gleich» daß keinen Augenblick sich bei itznen eins Anlaß sand zu jenem leichten, ast un-· bewußten Neide, der im geheimen sich« selbst in einem warmen Geschwister herzen einnisten kann. wo das Schick-I sal das, was siir das Glück des Lebens angesehen wird, allzu unglei ver theilt. Er war nur ein armer tand wirth und seine Schwester Marie war die Frau eines armen Landwirtthies Güter lagen kaum eine halbe Meilez voneinander entfernt, und in einem Jahr brauchte vielleicht Schwager Sö derblom ein wenig Hilfe bei den Hy pothekenzinsem im andern Schwager Berg ein paar Arbeiter für eine Wochel zur Beendigung der Frühling-soweit Gustav und Willn war in demselben Jahr geboren, platschten im Sommer in demselben Fluß herum, der an ih rem Oeimathsort vorbeislosz, angelten aus denselben Schilsbiinten, wurdens gezwungen, an den Sonntagen diesel-. en langen und langweiligen Predigten anzuhören, schlürften denselben schwa chen Cichdrientasfee und wurden zu gleicher Zeit beim Hülsspastor unter richtet, der sie so weit bringen sollte, daß sie gleich in die Tertia des Grun nasiums in der Stadt kommen ldnnten. Es ist etwas Eigenartigeg mit stin dertameradschaftrn und Jugendsreund schasten; die Verbindungen, die man später un Leben lniipft, werden immer blaß und farblos, Seelen und Chori tere mastiren sich vor einander, und es wird niemals mehr dasselbe, wie zwi schen zwei jungen Leuten, die Butter und Brot getheilt, zusammen geschau telt und zusammen gelernt, Aepsel sie-s stehlen und geschwommen, gegenseitig«l bei einander die Fettigkeit der Haar wurzeln erprobt, aber bei der ersten Gefahr von außen auch getreulich beii einander aeftanden haben in dick und dünn im Nafsen und im Trocknen. Die Beiden ergänzten einander. Gustav re präsentitte die Klugheit, Win den Muth, Gustav rechnete die schwierigen Aufaaben aus, Willn packteGustav ein mal betm Schopf, als- er bei starker Strömung dem Mühlrad zu nahe ge kommen war. Gustav leate dem weni er Bedeutung bei, daf; sein Kamerad igm das Leben aerettet hatte, als daß es Wtlly so verdammt flott gemacht und daß Willy überhaupt so ein ,,furchtbar starker Kernjunge« war. Aug dem Gnmnasium wurde nun war nicht-I. Die Mehlpreise sanken und die Jungen stiegen im Preis. die Steuern nahmen su und das Laus versiel; in beiden Familien fand das Geld bessere Ver wenduna, als daß man für die Jungen in der Stadt Pension und Schuldgeld bezahlte. Und dann schlug das Schick sal endlich so brutal zu, wie es das bis weilen thut. ungefähr glei zeitig in beiden häuserm sowohl bei ntel Pe ter als bei Tante Marie. Der Todes enael nahm beide hausherren im Lau fe desselben Jahres mit sich fort· Beide hausstönde lösten sich auf, und rauhe Winde brachen über Alte und Junge derein. Mit brennendem sechzehnjahrigeml herzen ruhten Gustav und Win ausl dem großen Netzhausen unten im Fischschuvven in der letzten Septem-l bernacht, die sie zusammen oerbrachteu. Daß sie stets zusammenhalten wolltet-, einander so lieb haben, wie nichts an deres aus der Welt. darüber waren sie sich so klar, daß sie davon nur ganz flüchtig sprachen. Großprotzen würden; sie alle beide werden, in welcher Weisr.z das war ihnen vorläufig zu langwei-. lig auszudenkem aber deshalb waren« sie ihrer Sache nicht minder sicher. Undl sollte das höchst Unglaubliche geschehen, daß das Geschick dem einen etwas wid-. rig wäre, so machte das auch nichts, wenn nur der andere etwa-i hatte. Und dann weinten sie ein bischen, nur ein ganz klein wenig, und dann fuhren sie« davon. jeder in anderer Richtung, denn zumAnsang mußte man ja vorlieb neh men mit dem, was sich bot. Das Leben. das in den Culturländern so schwer zu werden beginnt, ist eine recht harte, Rufs siir arme junge Burschen ohne weitere Kenntnisse, wenn sie eigensin-! nig daraus beharren, sich eine Linie; iiber dem aewiihnlichen Handarbeiter zu halten. Soll der Kampf mit ErfolgI geführt werden, so läßt er niiit vix-i»l Zeit übrig siir Gefühlsschwarmereiein Brieswechsel und dergleichen. Darum schrieben sich Gustav und Willn auch keine Zeile; aber wohl gedachten sie bis weilen in der ersten Zeit einander, und hatte man nur erst den ersten kleinenc lfrsolg errungen,danu sollte der-Freund wohl von einem hören. « Gustav hatte, wie gesagt, ein gut Theil Klugheit von der Jtatur mitbe kommen. Er wandte sie vorkommenden Falles an, stieg schnell in der Gunst des Princivalg ienes Ladengeschiists, in dein er vor Anker gegangen, unt als et sich unentbehrlich gemacht hatte, ging er zum —— Concurrenten und sor derte so hohes Gehalt, als er erlangen konnte, und nahm so viele Kunden mit lich, als ihm möglich war. Jeder ist sich elbst der Itii e. Willh versuchte sich It allein Mög ichen. Er war in Ame rika Lokomotivführer und leitete eine Dampserschalupve aus den Steg l siee Herrn-Er war einige Zeit Se re tiir einer Menaaerie und dann wieder1 Jmpresario einer Schlangenbändige-s rin. Einen Sommer war er Schwimm-! lehret in einem Badeort und sandte’ Gustav durch eine lrante Frau Grüße mit. Leider must man sagen, daß Gu stav Berg »ein wenig verlegen wurde,’ als ihm die Grüße bestellt wurden, denn es hatte grade dem Allmächtigen gefallen, seinen Principal von binnen zu nehmen, und Gustav Hatte die Tals-i ter mit sammt dem Geschäft genom-’ men und schrieb sich nun meistens ,,E.I Friidelin u. Co.« und dachte daranJ ob nicht bald ein Consulat in der Stadt; frei würde. Stadtverordneter war er. längst. Gemäß dem im zfischschupvenf abgeschlossenen Vertrage wäre nun die« Zeit dagewesen, da Gustav hätte den« Willy aussuchen müssen und ihn ent weder in eine andere Bahn hineinstoßen oder ihn zu seinem eigenen Lagerauf seher oder dergleichen machen. Aber er fürchtete ihn zu verletzen. Wie schwer wurde es siir ihn sein, mit dem Freun de zusammenzutresfen und sich im KUMPf des Lebens geschlagen zu seyen. Willn war immer ein stolzer Junge. Er wollte doch abwarten, ob er itch nicht schließlich doch noch emporarbec tete. Andernfalls konnte er ihn ja auch im Auge behalten; Win hatte kurz lich ein Patent betonuuen auf ein neues Fuchs-eisen. Man muß suchen feinsiihlig zu sein und niemand demü tlzigen Willn verhielt sich still und sandte leine Grüße mehr· Natürlich muß det welcher auf der Treppe seines eigenen Hauses steht, den Ruf des Wiederer lennens ausstoßen und die Hand dem milden Wanderer aus der Straße ent gegenstrecken, nicht daß dieser sich an ihn drängen und ihn fragen soll: »Hast du mich vergessen?« Das Consulat bekam Gustav und auch den Wasa-Orden, und die Tau send-Kronenscheine tamen in immer größerer Menge. Er war zwar nicht grade der Großprosz geworden, wovon er als sechzehnjähriger Junge geträumt hatte; aber er hatte allen Grund, zu frieden zu sein. Beim Mittaastaffee las er eines Taaes ein Telearainm in der Zeitung von einer arm-zu Fenteszlspnnsi in ci ner Großstadt Ein Mensch ivar in der letzten Minute von dem Feuerivehr: mann Wilhelm Söderblom unter ei gener Lebensgesahr aus dem brennen den Hause gerettet worden. Söhn bloin selbst wäre schwer verletzt. Wil helm! Sein Willy, der ihn süns Fuß vor demMiihlenrade an seinem damals so buschigen und jetzt so kahlen Schopf gepackt hatte: Willn, sein Vetter und Spieltametadl Jmmer gleich gut und muthiat Die Stimmen des Blutes und der Erinnerunn begannen in der Brust des Derrn Consuls laut zu werben und hätten ihn beinahe zum Schreib tisch gelockt; aber dann rtes ihn ein Rathsherr telephonisch an den Spiel tisch als »vierten LI.stann« — nnd am Taae daraus erschien itsin hie Zeitung-i nachricht lange nicht mehr so interes sont So, Willd war also Feuerioehr mann! Etwas Feineresz hatte er wohl auch wählen können, schon um oerBers wandtschaft willen. Zika, in den Um ganggtreisen Consul Bergs louszte stei lich niemand etwas von der Ver wandtschaft, und Tante Marie war ja —--— glücklicher Weise —— todt! Jhr hatte Gustav einmal ganze 50 Kronen und Spezereien für ebenso viel geschich. Es war wieder etliche Zeit vergan gen, da fiel es der Etadtbeliorde in Burgstadt, zehn Meilen von Bund heim, wo Gustav Berg wohnte, nnd mit direkter Eisenbahnverbindung dahin, ein. daß man sich besser gegen Feuers-; gefahr schützen wollte, und auch eine» Ermiiszigung der ffeuerversicherungr--l prämien herbeiführen. Man schaffte ficht daher eine stattliche Berufzfeuer«:se·:.rj von ganzen sieben Mann an, die nnterj dein Oberbefebl eines Oberfeuerldehrss manng mit Jtainen Willtelin Soderss blom aus eitler nahen Großstadt ge stellt wurde, der 800 Kronen jährli-’ ches Gehalt, freie Wohnung und Holz» haben sollte. Gustav Berg las das al-« les in der durgstadter Zeitung, die diel Sache sehr ausführlich behandeltr. Al«.3’ er die Zeitung fortlegte, halte er die Empfindung, daf; Burgstadt eigentlich sehr nahe lage und daß die Bahn dort hin ganz überflüsng sei. Er hatte ja ten Willn von Herzen gern, hatte ihn immer gern gehabt, glaubte aber nicht, daß er sehr geeignet wäre, seiner Frau und seinen Kindern vorgestellt zu wer den. Der Zufall, der mit den Menschen spielt, selbst mit den höchstgestellten, zwang Consul Berg, ein paar Jahre später nach Burgstadt zu reisen zu ei-l ner hochivichtigen Contitesitzitirg. Maus muß ihm die Gerechtigteit lviderfahrenl lassen, mitzutheilem dass er sest ent schlossen war, seinen Vetter Willn auf--v zusuchen Aber die Eoisiitrsilzuna dau-; erte sehr lange und das Festessen das! nach noch länger, und d» Zug nachs Sundheiin ging bereits um sieben llhrs am folgenden Morgen. Ali er sich da-» von überzeugte, dass esZ nicht zu ändern war, war er wirtlifh verdrieszlich dar i.ver, daß er auch nicht ein einzige-Z Mal seinen Vetter Willy wiederzuse hen betani. Aber beim Mittag hatte er das Gespräch aus die Feuer-weht des Ortes gebracht und der Bürgermeister gab ihsn alle nöthigen Auftrarungein Die ganzeJnstitutioir. sitt-m Mann nnd ein Pferd, ständen unt-r dein Be sebl eines Wilhelm Soderblom, der ein bescheidener und tüititiger Kerl wäre. Drei Jahre später gab es Gras-teuer in surgstadt, und zwar im Rathhause selbst. Der Feuerwehrcommandant Illbelm Sitderblorn wurde dabei von dein einstllrzenden Dach verschüttet, als er das Maaistratsarchiv retten wollte. Man wird mit den Jahren weicher ge stimmt. Beinahe fühlte sichGustav Bergs herzlich ergriffen und ihm trat eine Thriine in’s Auge, als er dies beim Frühstück las. Mein armer Willyt Ter liebe, alte Willy! So jung zu sterben! Sonst hätte man sich doch wohl noch einmal getroffen. Immer keck und mu thia. . · und. . . unvorsichtig. Was-I stand doch da? ,,Hintetläßt Frau und« fünf Kinder in bedrängten Verhältnis sen. . Der Consul ging in seinZini mer hinein, nahm zwei Hunderttronem scheine aus seinem Geldschrant, legte sie auf den Schreibtisch, nahm einen Briefboaen und eine Feder und sann nach. Willys Frau, hin, sie war eigent lich ja seine Verwandte. Vielleicht soll te man eine vertraulichere Anrede wäh len. Aber er kannte nicht ihren Bor namen· Und so schrieb er denn: »Liebe Frau Soberblomt Mit tie fem Bedauern habe ich oon dem großen Schiner-te erfahren, der Sie betroffen hat, und ich hoffe, daß Sie mir, einem Verwandten und Freunde des lieben Hingeschiedenen, gestatten, neben mei nem herzlichen Beileid Jhnen eine klei ne materielle Hülfe m der schweren Prüfung zu übersenden. Mit achtungs voller Eraebenheit Gustav Berg.« Als er den Brief gerade schließeni wollte. kam der Diener des Landes-J bauotmanns mit einer Subscriptions-: liste fiir eine zeitgemäsze Nestaurirung des Reithauscs in Sundheim, wofür der Landeshauptmanm als eifriger Soortsmann und Reiter, sich beson ders lebhaft interessirte. Er selbst hatte 150 Kronen gezeichnet, Sillström in Firma Sillström u. Angelin 75 Kro nen und Großhändler Buffelin 100 Kronen. Consul Berg kratzte sich den Kopf. Unverrnuthete Ausgabe. Es ging nicht an, filziger zu sein als die andern. »So nahm er denn den einen Schein vom Tisch, reichte ihn dem Diener und zschrieb seinen Namen und die Summe «an die Liste. Dann wandte er sich wie zder dem Brief an Söderbloms zu. shaltt Da stand ja wohl keine Summe anaegeben. Nein, nur »eine geringe ma terielle bülfe.« Gut. Das war ange lnehm, sonst hätte er ja den ganzen fBrief wieder umschreiben müssen. « l i Die deutsche cause. ( Ein halbes Jahrhundert ist ess, seit die Anregung des hochherziaen Baiern lönigg Ludwia ein Unternehmen mit in"r3 Leben rief. das nun in absehbarer Zeit abgeschlossen sein und als großar tiaeg Denkmal deutscher Geschichte da stehen wird: die Veröffentlichung der »Archivalien und Urkunden aus der-( alten Hansezeit.« Eine Reihe tüchti er Gelehrter hat seitdem ununterbro( en an rer Hebung jener Schätze gern-tin die. in zahlreichen Banden assannneltJ von einer glänzenden Vergangenheit erzähfen Nur trübe zeigte tich das Bild der alten deutschen Grösse lange Zeit dem modern-n Auge. Zweifel wuchsen daran auf. ob es nicht theil weise eine Fabel gewesen sei, die von früherer Handeldvorherrichast nnd Seernacht jener Nation erzählte, die mehr als zwei Jahrhunderte eine eng leschriinkte Landsliiche ver-redlich ge-" aen äußere Angrisfe zu vertheidigen suchte und außerhalb Europas kaum anders, denn Ilg ein geographischerBe ariii betannt war. Noch im vorigen Jahre hat ein bekannter Volititer be hauptet, die Hause sei eine trieaerische Seeniacht gewesen, Jielnieqr einfach ein Bund von Kaufleuten. und bis in die Gegenwart hinein hätten die deutschen Kaufleute sich ohne Seemacht völlig wohl befunden. Es giebt schon allerlei alter-: Schriften über die Dante die dini zu widersprechen scheinen. ask-er ni wierreit diese Schriften der historischen Fixitit standhalten. war nicht leicht zu entscheiden. Da ist es auszetordentztch dantukgwerth daß cin qeerrrngender Geschichtssorscher, ausgerüstet mit der rrller Kenntnisz des einschlägigen Ma terialg, das Meer der hanseatischen Urtrndenbiinde durchschisst und die Hanse zum Geaenstand einer zusam: mensastenden Darstellung gemacht hat-i Als schöne Weihnachtsgabe hat der hal lischc Professor Lindner dem deutschen Volke in einem kurzen kandlichen Vu che: »Die deutsche Hanse, ihre Ge schichte und Bedeutung« (Verlag von Ferd. Hirt u. Sohn in LeipzigJ eine Darstellung der hause gegeben, wie wir bisher noch teine besahen. Vollsthiims lich, ohne unwissenschastlich zu sein, knapp rnd susammensassenty stilistisch( vortrefflich und mit lehrreichen und schönen Bildern ausgestattet, hat das Buch Aussicht, ein Haugschatz des deutschen Volkes zu werden« Solange Deutschland groß und mächtig war, suchte und fand es seins Heil zu Wasser wie zu Lande. Ang seine straft erlahinte, mußte es dag; Wasser verlassen, und damit wurdens ihm die Thore zum Wiederausschwung verschlossen »Unsere alten Kaiser ha ben Unrat-säumt das Meer sich und dein Volke dienstbar ,-u machen, und die Deutschen haben ihre Unterlas sunggsiinde schwer gebiißt.« Aus der Geschichte der deutschen Kaufmann schast in der Hanse zeigt Lindner, wo die Größen und wo die Fehler derVer gangeni,eit lagen, und der staatsmän nische Blick des Geschichtssorschers sieht die Parallelen und Unterschiede· zwischen Vergangenheit und Gegen wart und zieht llar die Bahnen sür die Zukunft. Deutschland bat tn der älteren Zeit kein einheitliches Wirthschastsgebiet ebildet, sondern zersiel tn zwei Theile, gen Norden und den Süden. Der Sil den war schon gros, als man tm Nor den erst mühsam in der Erwerbungs und Deutschmachung der Länder sen-· seits der Elbe die großartigste That der Deutschen im Mittelalter voll brachte. Der Norden tvurde eine Welt für sich, dies erklärt die Geschichte und das Wesen der Hause. Sie beginnt um 1230 Die Städte weren entstanden, sie bildeten Sitze des Wohlstandes und der aufstrebenden Cultur. In der ein reißenden Verwirrung im Reiche such ten sie an Macht zu errafsen, was sie konnten. Städtebünde entstanden hier und ta. Mit der Zunahme des Gewer bes erweiterte sich oe«.· Handel. Der Kaufmann bedurfte eines Schutzes-. den ihm das Reich nicht gewährte. Si cherung der Person, des Eigenthums, des Handels und des Rechts, nament lich auch des Erbrechts, Regelung der Haftung für einander-. kirchliche Be dürfnisse, Sorge um die ewige Ruhe stätte, Schwierigkeit der Schiffahrt Gefcihren der Seeräuber, Furcht vor dem grausamen Strandrecht der älte ren Zeit, alles dies traren Momente, die die Händler im Auslande zum Zu samnxinhalten veranlaßten. Als ein zige trirthschaftliche nnd volitischeEin-· beiten ron Bedeutung standen damals die Machtmittel der Städte diesen Kaufleuten zur Verfügung Bedrän gungen der Nachbarn und die steigen den Interessen im Auslande riefen allmählich die Hause in’s Leben, eine Summe verschiedenartiger Ereignisse, unter denen der Erwerb von gewissen Rechten und Niederlassungen auswärts eine besondere Rolle spielte. Es ist höchst interessant, zu verfolgen, wie dann die Hause ihren Einflußbereich vom fernen Norvaorod in Rußland durch das ganze Gebiet der Ostsee hin längs der Nordseekiiste bis nach Frank reich isnd hinüber nach Großbritannien und nach Jrland ausdehnte, wie man mit dem Orden der Deutschritter und einzelnen Territorialherren gelegentlich zusammenging, im Ganzen aber sich von Fürstenbiinden sernhielt, wie sich der Zusammenschlufz allmählich und schrittweise verdichtet, bis das Gebiet »in Drittel bezw. Viertel eingetheilt war und in der freien Reichsstadt Lübeck seinen Mittelpunkt sand, ohne; daß indefz je eine ganz strafse Orga-t nisation gelang. Mit der fortschreiten den Stärkung des Bandes gelingt es mehr und mehr, die Fremden zurück-· zudrängen, selbst die Oandelsvormacht im Auslande zu erwerben, meist in friedlicher Thätiateit des Bürgerle bens und nicht in glanzvollen Aben teuern, aber, solange die Hanse mäch tig war, wenn nöthig auch mit starken! Waffen nnd kühner Seemacht. Jn dent 300 Jahren ihrer Blüthe hat die Hause eine Reihe ron grossen Seekriegen ge führt. so 1283s85 den Kampf gegen Norwegen, der Lübeck die Ober-herr schast schaffte, weil die alte Metropole Köln nur Handelsmacht war, die wohl auch Schiffahrt betrieb, während Lü bect und seine Genossen die See zur vornehmlichen Trägerin ihrer gewerb lichen Thätigteit machten.« Dann kommt der große Krieg gegen Dänemark, nachdem Waldemar Scho nen und Wisby erobert hatte (1361). Von 1362 bis 1365 rang man, bis-» der Sieg der Städte entschieden war,i nnd nrchmals 1368 bis 1370 snusztej er vertheidiat werden. 1375 feierte Lübeck einer-. seiner größten Triumphe, als Karl der Vierte die Stadt in kai serlicher Pracht besuchte. An kriegeri schen Ereignissen der nächsten Jahr zehnte sind namentlich die Kämpfe mit den Seeräubern zu verzeichnen, denen in den zwanziger Jahren des 15. Jahrhunderts abermals ein Seekrieg mit Dänemark folgte· Dieser allerdings war schon nicht mehr so erfolgreich, weil die Einigkeit der Hanseaten ent schwunden war und innere Kämpfe zwischen den« kaufmännisch aristolra tischen Rath und den demokratischen Künsten in den Städten vielfach zur Schwächung beitragen. Auch mit Eng land hat man mehrfach siegreich die Waffen gemessen und ixnUtrechter Frie den 1474 mußte England sich als nn terlegen bekennen. Kurz und gut, wir sehen, in ihrer Blüthezeit war dietdanses eine starke Seemacht. Der Zweck, den sie aus dem Lande rersolgte, war! aber nicht etwa Landeroberung, son-; dern die Regelunn der oben gedachteni verschiedenen Verhältnisse des Handel-IT und der Händler im lInteresse tnrer Mitglieder, Sicheruna von Privile gien sitt beide und Wabruna der mög-? lichsien Monopolstelluna ans den frem den Märkten. Wie sie hier standen, in ihren eigenen Niederlassunan zu Rom acrrd, Schonen, Bergen. London, Brügge und Antwerpcn usw« wie sie zusammen lebten nnd nach außen aus treten, wie sie bandeltm mit welchen Peisrnen und in welcher Richtung, die Art ihrer Geschäftsführuna und·die, Waaren ilireg Umsatzes: das ist allegj tnapp nnd übersiclitlich aeschildert. lJticlit minder klar aber werden die Urs sachen des allmählichen Untergangeg nng ror Auan aefütirL Es war das Auskommen nener staatlicher Mächte, der Zusammenschlnsi der Nachbarn zu Politischer nnd wirthscbastlicher Aaress sive. Das Gelinan der allniähliaen, zielbewußten Herausdränaung der Hanseaten ergiebt sich mit zwingender Nothwcndigkeit daraus, das-, man um gekehrt in Deutschland an Zerstiiaelung nnd nicht an Einheit fortschreitet. Jiirgen Wullenweber wird im Kam pse gegen die Standinavicr vom Erz bischof von Bremen gefangen und 1587 hingerichtet. 1564 ficht man den letzten Seekrieg gequ Schweden, der zwar noch einmal mit einem ehrenvol len Frieden endigt, aber keine dauern den Früchte mehr bringt. Holland hatl sich nael innen geeinigt und dringt übermiichtig in der Ostsee vor, Eng-« lcnd schließt 1598 den Stahlhof zu London; aus Russland wird man ver drängt. Die Verhandluna über die Wiedervereiniguna des Bunde-IS 1669 nach dem dreißigjährian Kriege führ te zu nichts —— die alte Haufe war todt. Jn der erweiterten Welt gegenüber den größeren Mächten des nunmehrigen ,,europäifchen Staatenshstems « dessenl Hauptglieder ihre Macht auch in diel Colonieen ausdelsntem konnte sie nicht mitthun Sie hatte eine große Cultur aufgabe erfüllt und hatte ihre Mission tets zn Gunsten Deutschlands und des Reiches-« auszuüben versucht, aber ,,sie blieb bis zu ihrem Ende eine mittelal terliche Bildung.« Ein Bund von ge trennten Gliedern. ionnte sie nicht zum einheitlichen Gebiete werden; zwar war sie die erste, die Recht und Verfas sung in moderner Weise codificirtez den neuen Geist hierin einzuführen war ihr nicht beschieden-, und jeneTrieh kraft, die ihr neues Leben hätte ein hauchen können, das Reich, erlahmte. Die Hanse war stets mehr Handels als Seemacht, faat Lindner richtig-» deshalb mußte sie weichen. i Jn einem vatriotischen Schlusse sucht der Verfasser die Lehren fiir die Gegenwart zu ziehen. ,,Eine Welt macht bedarf der Siützpuntte; wie wenig bloße Faktoreien im Auslande helfen, zeigt die Hanse.« »Wie klein« war damals der Raum. den zu ver theidigen es geg:«-lten hätte: heute ist die Grundbedingnng des Großhan dels, daß er die ganzen Lande um spannt; wohin auch der Kaufmann fein Schiff wendet, überall muß das Aus land wissen, daß fein starker Arm dar-! über tracht.« j i i --. Zwei vornehme ,,Zechprelter». Ein lustiges kleines Abenteuer er lebten Prinz Albert rion Belgien und der Gras von Flandern, als sie jüngst zur Jagd nach Couillet gefahren wa ren. Eines- Nacbmittaqs hatten sie sich etwas rreitee von der übrigen Jagd gesellschast entfernt und sahen sich plötzlich einem dicht am Waldrande gelegenen kleinen Wirthshans aegeni über. Da sie gerade Durst verspür ten, traten sie ein, um sich mit einein Glas Bier zu erfrischen Die Wir thin, eine ideal korpulente, slandrische Vrow, nickte einen Gruß, ioatschelte zum Schenltisch und brachte dem lö niglichen Paar zwei schäumende Krü ge. Das Gebräu war so aut» dasz man sich nicht enthalten konnte, die Gläser noch einmal füllen zu lassen. Als es zum Bezahlen tam, erbot sich der Prinz, die Zeche allein zu beglei chen, doch soviel er auch in den Taschen seines elegeanten Jaqdlostüms suchte, er tonnte zu seiner unanaenehmen Ue berraschung nicht die kleinste Münze darin ausstöbern. Nun sah er sich ge nöthigt, die Kasse des Grafen in An spruch zu nehmen und ihn zu bitten, ihm aus der monientanen Verlegenheit zu helfen. Dieser war jedoch beini besten Willen nicht im Staande, in seinen eigenen Taschen mehr zu ent decten, ali- em einsainesgszehnrentimsinct das er seinernGesährten zur Verfügung? stellte. Die Lage der beiden vorneh-s men Zecher drohte in der That kritisch zu werden, denn Mevroio sah durch aus nicht so aus, als ob sie mit sich re den lassen würde. Und richtig, kaum hatte der Graf versucht, ihr klar zu machen, daß es ihnen unmöglich sei, die lleine Erfrischung sofort zu bezahlen, als die Belgierin in der reichhaltiqen Phraseologie der flämischen Sprachel einen Strom von Schmährrden iiber die vermeintlichen Zechvreller ergehen ließ. Diese hörten eine Weile mit de miitbig gesenkten Häuptern zu, und halb ärgerlich und halb belustigt sahenI sie, wie die Wirthin in sehr energischer Haltung ihren breiten Rücken gegen die Tlxür stenssnte ,,Solche seinen Herrchen«, schrie sie ir höchster Wutb,1 ,,glauben eine arme Frau beschwindelni zu können, aber das aiebt’s nicht. Hier« tomnsen sie nicht eyer heraus» bis das-; Bier bezahlt ist.« Rathlog blickten sich die beiden Gefangenen an. »Aber mei ne beste Frau«, neints der Gras dann begütigend, »so nehmen Sie doch Ver nnnft en. Jch bin der Gras von Flandern ui d denke aar nicht daran, Sie zu betrügen«. ,,Graaf von Rotte Pataten!« tGras von faulen Kartof feln) höhnte die lorpulentc Schone, und sich an den Prinzen wendend, in quirirte sie mit beißendem Spott: »Und Sie, Sie sind wohl der König« hel)’?« »Nein, ich bin Vrinz Albrecht«,i entgegnete der Gesraate ruhig. »So« ist’5 recht, Sie sind ein Prinz von Has-; benichtg, und ich werde jedenfalls Ihre Majestiit di: Königin sein. Na, da können wir uns ja recht vornelnn nn » ter!;alteii.«' Mit diesen Worten treu,ite’ die Frau Wirthin ihre Arme iiber der üppigen Büste und sal) ihre unsreiwil ligen Gäste herausfordernd an. Diese fiiblten sich endlich von der Liicherlichi teit der Situaticn überwältiat und brachen in schallendez Gelächter ans. Jni nächsten Moment jedoch bereuten sie schen ihre Lustigkeit, die Mevrow dermaßen erboste, daß sie wie eine Fu rie aus die Lachenden los-stürzte Sicher wäre es zu Thätlichleiten qelonimemi wenn nicht in diesem Moment zwei aqu der Suche nach den Vermißten befind liche Wildhiiter die Thür geöffnet und( der veinlichen Szene ein Ende bereitet’ hätten. Die resolnte Wirtbin er kannte nun ihren Jrrthum und bqt reuig um Verzeihung Lachend wurdei ihr iese genährt, und einer der Jä gerburschen löste die vornehmen Zech preller aus-, indem er die königliche Schuld von 40 Centimes aus seiner Tasche beqlich Klugheit der Vögel. Ueber Vögel als Wundiirzte plan dert Jemand in tser Münch. Allg. Zig. wie sclgt: CI ist reine Vetleurndiing, wenn man die Schnee-sen sur dumm hält, denn sie besitzen im Gegentheil außerordentlichen Scharssinn. Ein al ter Jäger, Bictor Fatio, der zugleich ein Mann derNaturwissenscbaft ist, hat in ihnen sogar das Zeug zu einem ge schickten Wunden-it e1.tdeckt. Er hat wiederholt an verwundeten Schnepfen die Beobachtung gemacht, daß sie sich auf höchst sinnreiche Weise mittelst ih res Schnabels und ihrer Federn ein Pflaster auf die blutende Wunde oder an das gebrochene Glied einen Verband anlegen. Eines Tages nämlich ent deckte er an einer Schnepse, die er eben geschossen hatte, eine alte Wunde, die mit eknem Pslaster aus verfilzten klei nen Federn bedeckt war: die Federn hatte sich das Thierchen ausgerissen und das geronnene Blut bildete den Kitt. Auch entdeckte er an Schnepsen mehr als zehnmal äußerst geschickt angelegte Verbande aus Flaumfedern, die um das gebrochzne Glied gewickelt waren. Noch staunenerregender ist folgende, rsom Evenement verliiirgte Geschichte: Ein Jäger hatte einer Schnepfe beide Beine abgeschossen, und es gelang ihr, an die gebrochenen Glieder einen tadel lcsen Verband anzulegen: da sie aber von ihren Krallen keinen Gebrauch ma eken konnte, so war es- ihr auch nicht möglich, sich von den um ihren Schna bel gewickelten Federn Zu befreien, und sc nsar sie zum Hungertrde verdammt. Ein anderer Vogel, der ebenso geschickt irie die Schnevfe Pflaster und Verband anzulegen versteht, ist die Ralle, auch Wachtelkönig genannt. Manche Jäger schreiben dem Regenpseifer dieselbe chi rurgische Geschicklichkeit zu wie der Schnepse und der Rolle, doch mit Un recht, denn im Vergleich mir diesen ist er nur ein Pfuscher. Auch die Gänse sind nicht sc dumm« wie sie aussehen. Humboldt erzählt, daß eine Gans eine alte eiblindete Frau Jus den Markt u. bnn da wieder nach Hause führte. Der Philosoph Malsacher hatte eine Gans, die seine treue Gefährtin auf seinen Spaziergänger- war, sich ihm zu Füßen legte wie ein Hund und Ihn durch ih ren Flügelschlag aufweckte, wenn die Glocke zum Abendgebet läutete. — Jäger-latein. »Gutes mußt Du Dir merken, lieber Freund, für den Fall, daß der König sich morgen mit dieser oder jener Fra ge an Dich wendet. Nur beherzt sein und sofort mit der Antwort herauswä cken, wenn sie auch nach Umständen ein wenig neben das Ziel schießt —- das muß nämlich nur so Schlag auf Schlag geben.« Diese belehrenden Worte rich tete an einem Ottobertage zu Anfang unseres Jahrhunderts der Förster Y. an seinen in der Gegend von Maul brrsnn angestellten Kollegen Z. Dem Letzteren war nämlich die Weisung zu gegangen, sich siir den nächsten Vormit tag bereit zu l«alten, um dem König Friedrich von Württemberg, der in of senem Gefährt in Begleitung eines-Hof kavaliers die Gegend passieren werde, als Vorkeiter zu dienen. Der Föriter Y. hatte keinen tauben Ohren gepredigt. Das zeigte sich am andern Tage, als der König den vor reitenden Z. während der Fahrt zu sich an den Wagenschlag l)eranbefahl, um mit Ihm ein Gespräch iiber ,,Land und Leute in der nächsten Umgebung« an Zutnüpsein Eine wahre Freude war’1;å, wie nai- nu: so beraussprudelte aus des biederen Försterg Mund, so daß es zu letzt wohl auch Seiner KöniglichenMa jesiäi vorkommen mochte, als sei in den prompten Antworten des neben ihm einher trabenden getreuen Unterthanen nachgerade die Grenzlinie zwischen Wahrheit und Dichtung in bedenklicher Weise vermischt. Wenigstens gab der gistrenge Monarch seiner Anschauung nach dieser Richtung hin entsprechenden Ausdruck, indem er, auf der-· Förster deutend, sich mit lauten, auch sur den Reiter selbst sehr vernehmbaren Wor ten also an den Hofkavalier wandte »Jch meine immer, der Kerl da lügt mich donnermäsgig an.« Jsru Uebrigen war der Förster hoch erfreut, als- ihn der König nach einigen Stunden mit etlichen gnädigen Worten verabschiedete Verhindern konnte er es freilich nicht, das, sich bald nachher in der Umgegend dag- Geriicht verbrei tete, der Isiirster Z. sei unter die Klas siler gegangen, denn er hebe sich kürt lich mit dein König volle fünfzehn Mi nuten lang in sormvollendeiem Latei nisch unterhalten. Der sannst-schen In dem Gasthofe eines sijddeutsehen Landstädtcheng hält sich während des Altjttaggtischeg ein Reisender dariiber auf, daß keine Zabnstocher aufliegen. Da der Eman Vor-agents nicht auf bört zu räsonnieren, so bringt derGast wirth rasch entschlossen aus einer Platte ein Holzscheitchen herein und Präsentirt dasselbe zur allgemeinen Erheiterung der übrigen Tischqesellschast dem Un zufriedenen mit den Worten: «Zahn stocher! So belieben der Herr nur selbst davon herunter zu schneiden!« —- Der poetische Kommis. Kommis: »Mein Fräulein, dieses Blau ist bliiuer wie das Blau des Firmaments und das ist bekanntlich auch nicht o h n el«