Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 13, 1899, Sonntags-Blatt., Image 14
III-then sie Umstände. Von Franz von Busch. »Was war das heute wieder für ein konverbares «Souper« bei Flörictes, Trank-ebenf« Der Bildhauer Helmberg betont das Wort Souper in stark sarlaflischer Weise und schaut feiner jungen, sehr hübschen, frischen Frau mit einem halb belustigten und halb verdrießlichen Ge sichtsausdruck in die rebbraunen, von langen, dunklen Seidenwimpern schön belchatteten Augen. Jung und frisch ist Fritz Helmbekg ebenfalls, ein echter Germane mit hell klondem, leicht gelvelltem Haar, hell grauen Augen, stark ausgeprägtem aber an emhmen Rügen in einem Ge sicht, aus dem Intelligenz und einiges Streben ausgeprägt liegen, aneben aber auch die Luft, feinen wohlgemes senen Antheil an den guten Dingen dieser Welt zu haben. Jung und frisch zeigt sich auch die Umgebung des jungen Paares. Man sieht es der ganzen Einrichtung der in einem unlängst erbauten Hause in ei nem schon zu Berlin gezogen-« Vorort gelegenen Wohnung an, daß sie noch nicht lange bezogen, und daß sie die er sie gemeinsame ist, die Fritz und Traudchen für sich ausgesucht haben Das Paar ist in der That noch kein Jahr verheirathet und hat den »wich tigsten Schritt« des Lebens in einer et was unmodernen Weise gethan — aus Liebe. Der aufstrebende und schon recht vortheilhaft bekannte Bildhauer bat es verschmäht, seinen Verkehr in den Kreisen der Geldaristokratie zu be nuhen und seinem schon herausziehen den Ruhm eine goldene Unterlage durch eine reiche Heirath zu geben« Blend und taub für die sich ihm entgegenstreckens den Hände, siir freundschaftliche Win ke, Ermahnungen und Anweisungen, ibatte er sich Traudchen Böhling, einer kleinen, reisenden Schauspielerin vom Deutschen Theater, zugewendet, die sich willig gezeigt, ihre vielleicht glänzenden Aussichten ihrer Liebe und dem Glück einer bürgerlichen Ehe zu opfern. Aus Helrnberg’s Wunsch hat sie der Bühne entsagt und ist in dem traulichen Nest chen, das sie sich gebaut, eine ausfrau geworden, die nicht nur das - ntzücken und die Anerkennung ihres Mannes erwarb, sondern die Be- und Verwun derung Aller erregt, die ihr Wirken zu beobachten Gelegenheit finden. Und deren gab es nicht allzu wenige. Die Familien, in denen der Bildhauer und die Schauspielerin verkehrt hatten, wollten, nachdem sie ein Paar gewor den, aus diesen so sehr angenehmen Zuwachs ihrerGeselligkeit nicht verzich ten und luden Beide nach wie vor ein. Helmbergs hatten zwar ein wenig abs gewehrt, man hatte sie Indeß nicht los gelassen, nd so waren sie, die paar Wo chen, die sie aus einer Reise verbracht, abgerechnet, viel in Gesellschaften ge wesen, eigentlich mehr, als ihnen lieb war. Auch jetzt, es war Anfangs Oktober und noch ziemlich warm, kamen sie aus einer kleinen Gesellschaft, die sich beim Berleger eines angesehenen Wochen blattes am Kursiirstendamm zusam rnengefunden hatte. Bis zur Thür des von ihnen bewohnten Hauses waren sie in Begleitung eines anderen Paares ge gangen, dann schnellsum mit dem auf strahlenden und schleunig wieder ver glimmenden elektrischen Licht Schritt zu halten. die drei Treppen hinauf ge laufen. Das erste Wort unter vier Au gen konnte daher erst gesprochen wer den, als sie im Korridor die Straßen umhiillungen abgelegt hatten und in das Wohnzimrner getreten waren, wo Dulden das »M·eidchen für alles«, vor sorglich bereits die Gasflamme ange zündet hatte. Und dieses Wort, das dem Gehege der Zähne des Hausherrn entfloh, lautete: »Wag war das heute wieder sur ein sonderbares Sonder, Traudchen?« Er bat sich dabei in einen bequemen Lutherstuhl geworfen, streckt die Beine von sich und lehnt sich zurück mit oem Gebaren eines Menschen, der nach voll: brachtem Tagewerk sich der wohlver dienten Ruhe hingiebt; aus seiner Ci garte steigen leichte Rauchroöllchen in die im Zimmer herrschende reine, von Blumenduft durchwürzte Luft. Die junge Frau, die in dem einfachen, aber sehr lleidsatnen Gesellschaftstleide von hellbraunem Taffet, mit dem hochaus genommenen Haar reizend und pitant aussieht, macht sich allerlei im Zimmer zu schaffen, zieht die Tischdecken gerade, zupft an dem daraus in einer Vase ste henden Strauß und sragt ganz unbe sangen «Wie so, lieber Fritz?« Der Bildhauer runzeli leicht die Stirn und bläst eine etwas stärkere Rauchwolle aus seiner Ciqarre. »Du kannst noch fragen?! Kasseler Rippen spee mit Kartoffelsalat und Apfellom pot und nachher ein Griesslammeri in einer Fruchtsauce!« »Aber Du ißt Rippenspeer doch sehr gern,« saåt sie, indem sie neben ihm aus dem -opba Platz nimmt, »und so viel ich gewahren konnte, hast Du es Dir auch schmecken lassenk » « » , .«Scknnecken lassen!« wiederholt er mit einer kleinen Grimasse, »gern es åeirimsaz heißt daäif Gewijäjesse ich speer W un reue im , wenn Ists mit das M gut zubereitet, wie Hist-Leim oder« Tät ixkt aus den «s- being- . zu rei war es ». W bei-If » « s ebenfalls, hun - " I M D AUG, Æ da hab- · ASCII · , M Du must mir d zuge »Daß das kein Adendessen ist, das Leute wie Ilörickes ihren Gästen vor setzen dürfen.« »Man kommt doch nicht des Essens halber zusammen,« entgegnet Treu-d chen, und unmuthig fährt er aus: »Komm mir doch nicht mzt solche-n Gemeint-lägen, die sind Deiner man würdigl nständige Leute« wie wir find, gehen allerdings nicht des Essen-Z und Trinkens halber zu ihren Freun den, aber man erwartet doch von Leu ten, die dazu in der Lage sind, eine an gemessene Bewirthung. Das war auch sonst bei Flörickes immer der Fall — nur die letzten Male war’s einfach, um nicht dürftig zu sagen, und der Wein ließ auch zu wünschen übrig. Hätte gar nicht geglaubt, daß Freund Justus, der sich auf einen guten Tropfen versteht, solche Sorten führte. Sage,·« er legte nachdenklich den Finger an die Nase, »sollte es bei Flörickes in den Verhält nissen zurückgegangen sein?" »Da kann ich mir kaum denken,« be mertt Frau Helmberg, während sie das Armband vom Arm streift und neben sich legt. »Ich auch nicht!" rust er lebhaft. »Das- Wochenblatt geht brillant, die anderen Unternehmungen der Firma mich; sie haben, vier Personen, ini Sommer die Reise nach dem Nordiap gemacht und dann noch einen Aufent halt am Bierwaldstätter See genom men. Das sieht doch alles nicht nach nothwendiger Einschränkung aus. Und dann für die Gäste Rippenspeer mit Kattosfelsalat und Flammeri mit Fruchtsauce!« »Der ieyte Satz kommt so engste misch heraus, daß Frau Traudchen laut auslachen muß. »Wer Dich hört, müßte Dich für den ärgsten Gourmand der Welt halten, und Du bist doch der gisljchsta bescheidenste Mensch von der e .« Er quittirt für diesen Lobspruch durch einen Kuß und fährt dann sori: »Ich bin beides. Es wäre ja Wahn sinn, wollte man, selbst wenn man der Frau ein weit reichlicheres Wirth tchüftheld geben kann, als ich bis Da to im Stande bin, verlangen, dasz täg lich Leckerbissen auf den Tisch kommen sollen; da ist schmackhafte Hausmann5 tost das Beste, was man haben tann. Wenn man aber Gäste bei sich sieht ——. Kennst Du die Anetdote von Däring und der Fried-Blumauer?« unter bricht er sich. Als- seine Frau den Kopf schüttelt, erzählt er: ,,Essen Sie morgen Mittag bei mir. ohne alle Umstände, lieber Döring!« sagt die Frieb, und dieser antwortet: »Nein, ich bitte, liebste Fried, machen Sie Umstände, ich habe das gern!« »Motiven Sie llmstände,« wiederholt er lachend, ,der berühmte Komiter hat aus«-gedrückt was wir alle, der Eine mehr, ter Andere vielleicht weniger denken, wenn wir eingeladen werd-sen Wir erwarten ein wenig FeierlichleiL ein wenig Abweichen vom Alltägli chen.« »Ja anderen Ländern wird bei abend-litten Zusammenliinften noch weit weniger gereicht,« wendet Frau Traudchen ein. »Ja, ja, ich weiß!'« nickt er und macht eine abwehrende Bewegung mit der Hand. »Das Eiswasser und die Biscuits der Jtalienerl Ländlich, sitt lich. Will man diese Mode auch bei uns einführen, gut, ich bin’s zusrieden, aber dann srll man es mir vorher sa gen und mich nicht zum Abendessen ein laden. Jch hätte wenigstens ein Vor gerieht und Wildbraten erwartet, und es gal- Rippenspeerk« Wieder muß die jungeFrau über die sen Aus-brach lachen, dann stiin sie den kleinen, wohlgescrmten Kopf in die Hand, sinnt einige Augenblicke nach und sagt kann aufschauend: »Ist es Dir denn noch nicht ausge sallen, daß man unz- in mehreren Hau sern, seit wir verheirathet sind, recht einfach bewirthet?« Helmberg sieht starr vor sich hin, dann schlägt er sich vor die Stirn und ruft: ,.Tonne:wetter, Frauchem Du hast Recht! Bei Goldbecki, bei Ir rnerö, bei Schindlerö, überall ist’5 nicht mehr, wie es sonst war. Was soll das heißen?« »Das soll heißen,« entgegnet sie langsam und legt dabei die Hand aus seinen Arm, um einen aussiei enden Sturm im Voraus u beschwi tigen, »das; man ei uns er eichtern und uns nicht mehr vorsehen will, als wir in unserem Hause auch zu bieten vermis um« Sie kann es doch nicht verhindern, daß er cussäbri die Ciqarre in den Aschebecher wirft und erregt im Zins mer auf und ab läuft, dabei in grol lendem Ton rufend: »Aber das wäre ja unerhört! Da müßt-e man auf jeden Verkehr mit diesen Leuten verzichten! Wie sollten sie dazu kommen?« »Du darfst ihnen das nicht so übel nehmen!« »Bitte recht sehr, dazu habe ich das vollste Recht!« «Wir sind selbst daran schuld.« »Wir?« Er hält in seiner Wande— rung inne, tritt dicht an sie heran, blictt ibr groß und verwundert in’s Gesicht und wiederholt: »Wir?" »Ja, wir! Haben wir uns nicht ge streut-L den Verkehr in allen den Häu sern, in denen wir underbeiradbet aus und eWinYegangen sind sortzuseyen?« Wen wir als ledige Leute zu keiner Erwiederung verpflichtet waren, uns rest, wo wir unseren eigenen Haus stand haben cber die einseitige Gast lichkeikQ ohne weiteres gefallen tas sen könne-U Haben wir uns, haft namentlichYu Dich n t an verschiedenen Stellen in diesem inne geänserti« fährt sie in sihrem Exainen fort, und eifrig nickendlx «stimmt er zu: »He-if ich- bab’ ich! Jch gehöre nun mal zu den Menschen, die nicht am Herzdrücken streben, und habe, statt viele Aus-reden zu wachem der Wahr heit gemäß geantwortet, daß ein Bild ,l;auer mit mäßiaem und recht unbe kftimmtem Einkommen da nicht mit thun könne. Wir haben ja auch eine ganze Anzahl von sogenannten guten Freunden iiber Bord geworfen." »Ob« sind geworfen worden,« lä rchette sie; ,.es sind uns aber noch genug geblieben, die uns durchaus nicht los laen wollen, unt: gerade die betten und )treuesten unter ihnen —« I ,,Wrllen es uns-. keanem machen und Egeben uni Rippenspeer«« fällt er ihr Zins Wort; . in der resignirten Voraus .fetzung, bei uns demnächst mit falschem JHasen und Salzkartoffeln ab espeift ;zu werdens O, wie Schuppen ällt es Hmir jetzt von den Augen! Wir befin Hden uns inmitten einer organifirttn Berschwisrungk Jch verstehe ietzt auch kdie Mienen unserer Tischgenossen. Sie Hvaren im Ginvirstänbniß und aßen Hund tranken der Hinten Helmbergs hal zber mit Todesverochtung, was ihnen ivorgesetzt ward. Man weiß wirklich nicht, soll man sich darüber ärgern oder stack-»Es . . s Ur ryur oaH Letztere, wirst sich in lseinen Lutherstuhl und lacht so laut, so Ianhaltend und mit einer solchen Er .fchiitterung seines ganzen kraftvollen Römers daß das solid gebaute Möbel Iin seinen Fugen tracht. Als er sich endlich beruhigt hat, ist er doch noch mehrere Minuten erschöpft und ringt nach Athernx sein erstes Wort, nachdem eri, die Sprache wieder-erlangt hat« ist a er: qWartet, wartet, Euch wert-e ich tu riren!« »Wie denn?« fragt seine Frau, und nitit angenommenem Phlegma antwor te er: ,,Wirst Du schon erfahren, Schuh! Heute bin ich aber müde, und die Uhr weist auf Zwei. Laß uns die Sitzung aufheben!« i O I »Helmbergs haben es ja recht eilig mit ihrer Einladung!« heißt es hier und da, wo das Briefchen der jungen sFrau Helmberg eingetroffen ist, durch Twelches sie bittet, es sich Mittwoch. den 2. November dieses Jahres, Abends 59 Uhr, zum sreundschaftlichen Abendes sen bei ihr und ihrem Gatten gefallen zu laen. Keine gedrutten Einladun gen, einfach und bescheiden, wie es der« Lebei.szuschnitt Helmbergs erheischt. Man erwartet diesen Zuschnitt auch bei dem Feste und ist erstaunt und etwas betroffen über den feenhaiien Anblick, den di zwar hochaclegene, aber doch recht geräumige Wohnung bietet. Blumen und Pflanzen, wohin das Au ng blickt. Etelirisches Licht giebt jedem IRaum Tageshelle und beleuchtet vor srbeilhaft die schönen, tunstreich arran -airten Möbel, die wenigen, aber guten sBilder neuerer Maler an den Wänden, die nicht zahlreichen, aber sehr gut ver-· theilten Statuetten, Bronzen und ande ren Kunstgegenstiindr. Aber man ist ,bald mit der Erklärung bei der Hand: »Die moderne Bautunft thut jetzt so viel Ifür die Ausschmiietung selbst bescheide Iner Wohnungen, und man findet darin auch elettrisches Licht; der Besitz gut gewählter Möbel und Kunstgegenstäw de ist bei einer ehemaligen Schauspiele rin und einem bildenden Künstler selbstverständlich und ebenso selbstver ständlich,. daß Kollegen und Kollegin nen der liebenswürdigen Frau sich zur Veranstaltung eines ausgezeichneten IKonzertes herbeigelafsen haben. Man "ist ntzückt und versichert den Wirthen, das-, man sich lange nicht so gut unter halten, so wohl gesiihlt habe wie in ih ren schönen aastlichen Räumen »Man darf den Tag nicht vor dem Abend loben!« antwortet helmberg in zseiner lustigen Weise und reicht Frau lFliiriete den Arm, um sie zum Abend Ieessn zu fuhren, das im Speisezimmer und dem daran stoßenden Wohnzinp lmer der hausfrau eingenommen wird. Die Tafeln sind sehr sauber, aber obne jede Ueberladuna mit gutem Por-l zellan, Glas und deni nothwendigsten lSilber gedeckt, der schönste und reichste Schmuck sind auch hier die Blumen Weit dcrvon entfernt, protzendaft zu sein, ist das aus einem Fischgericht, ei nem Gemüse, Wildbraten und Eis be stehende Abendessen mit mit dein dazu gehörenden Nachtisch doch vortrefflich zubereitet und angerichtet und wird von seinigen gut geschulten Dienerinnen inf lhcllen Kleidern, weißen Häuschen undi zSchiirzn tadellos servirt; auch die aus qefetzten Weine lassen nichts zu wün- I Eichen iibrig Verlagsbuchhändler Flöriete wirft feiner ihm schng gegenüber sitze-wen erau einen angstvollen, halb verzwei-; selten Blick zu. Das alles wi d ihm an dem Tisch von Leuten geboten, die er rnit Rippenspeer und Grieoflanimeti bewirthet hat! Aehnliche stumme und Idoch techt vielsagende Verständigunaen gehen noch an anderen Stellen hinüber und herüber Und jetzt schlägt der Sanktan csn das Glas und spricht mit seiner weit hin schallenden tiefen Stimme seine und feiner Frau innige Freude aus, Ielie Freunde, deren Gastsreund schaft sie so oft geäpssQ nun auch in ihrem use begrüßen zu dürfen, Erst währen der Vorbereitungen zu ihrent kleinen Feste sei ihnen klar geworden, Die viele Sorgen, Mühen, Arbeiten und Nachdenken ein solcher leider so i nell verrauschtndtip Gefässe-skiz nd verursache; sie hiittendas gern, sehr gern aus sich genommen, denn es sei ihnen nur eine Erhöhung? des Bergniigens gewesen. Sutite n- frohe Feste, . Tages Ar t, Abends Gäste, j citirte er dann Goethe, erzählte auch wieder seine Aneldote von Doring und der Fried-Blumauer und tniiiifte da-! ran den Ausspruch: »Ich halte es mits dein prächtigen Gesellen, der leider nicht mehr im Lichte der Sonne wan delt: Machen Sie Umstände! Nicht viel, nicht so, daß es bedriickt und über das Behagen eht, aber doch so, daß der Eingeladene Fühlt er sei Gast, dem, nach dem bekannten Verse aus den ge stielten Tischtiichern, »Du das Beste bietesi, was Du hast. « Jst es so," schließt er, »dann wird man auch im Geben und Nil-wen nicht ängstlich sein. Meine Frau und ich haben uns wenig stens vorgenommen, uns nie von beni, was man uns in den Hause-in unserer Freunde bietet, bedrücken zu lassen, sollten Sie auch bei uns einmal niitGe ringereni verlieh nehmen müssen.« Er hat so einfach, so herzlich, so ohne jede Anzüglichleit gesprochen, und doch weis; Jeder, was er gemeint hatte. Aber der Tnast erregt leine Mißstimmung sondern Heiterkeit, die sich beinahe zur Ausaelassenbeit steigert, als Flöricke mit dem Gastgeber anstößt und ver nebnilich genug ruft: »Lehren Rippenspeer wieder, Helm bergi« Der Bildhauer verneigt sich mit ri neni unnachahsnlicheii Lächeln. Ter Winter der diesem Abend folg te, war reich an abwechselungsvollen Unterhalturioen, es hieß jedoch einstim mig, nichts sei so gelungen gewesen ioie das Fest bei Helmbrrgs »Sie find ein Schalt, der es saust diit hinter den Ohren hat!" wird ihri scherzhast drrhend mehrmals gesagt, er aber erwiedert dann ganz ernsthaft: »Man dars sich in keinen Gedanken rerrennen das hatten meine lieben Freunde gethan, und ich —- ich konnte sie daraus befreien, weil ich aus nahmsweise sehr gut bei Kasse war.1 Uebrigens ist Kasseler Rippenspeer, s ing Maß genossen, ein sehr gutes Ge l ri t.« Die Entstammt-un Ein Wanderer schritt langsam die Stufen des römischen Capitols hinun-« ter. Rings sternenlose Nacht». über ihm ein dunkelblauer Himmel... um ihn dak leise Säuseln des Frühlings-; windeg der den Pinien und Chpressen in die Kronen fuhr und den Palmen die langgebogenen Blätter bewegte. s Leise klang in das Rauschen des; Windes das Geplätscher des altenz Brunnens, der unter dem Senatoren-« palast in ein riesiges Becken nieder murmelte. uweilen tönte neben ihm —- hinter un ichtbarem Gitter hervor — der hei sere Schrei einer Wölfin, die sorglich gewahrte Neminiscenz an die alte Fa-? bel von Romulus und Remus. Er blieb am Geländer stehen gerade unter der erhabenen d Cola di Rienezis, der geisterhas ins Duntel ragte. Die Laternen aben hie und da Licht und warfen die Ziiesenschatten der Kolo alstatuen droben über Pslaster und« ufen « . Dunkle Nacht sonst . . . nur sern übe dem Forum ein flammender Reflex —« es war einer jener Abende, an dem das Colosseum aus Kosten deg komischen Magistrats mit rothen. gelben nnd grü ; nen Feuern erleuchtet wurde — ein Magnet sür sämmtliche Touristen der Stadt. me hatte der Anblick nicht esallen; das be alische Spielwert ers ien ihm so tlein ich in der grandiosen Einfach- I heil dieser uralten berühmten Mauern 1 Die einsame Capitolötreppe sand weit mebr seinen BeisalL « Da ertönten regelmäßi e Schritte, wie von vielen tlappenden andalen. Ein Mönchsorden tam über die Treppe, eng geschlossen, eine gespensti haste Reihe — bleiche Ovale unter run den Muschelhüten. Wie die Gestalten in den Bereich des Lichtes traten, sah er, daß sie rothe Gewänder trugen, also deutsche Mönche . . . Plötzlich dachte er an sein Vaterland. Er kam aus Kaieo und Sizilien, hatte deutsche Laute so lange nicht mehr gehöri. Die abgerissenen Worte der enteilen den Schaar schmeichelien seinem Ohr. Da tauchten oberhalb det Treppe Zwei weibliche Gestalten auf, die sich ein entsches »Guie Nacht" sagten, die Hände reichten und trennten. Die Eine sprang leichtsiißig die Stufen herab, dicht an ihm vorbei. Er sah, daß es sich um ein jüngere-S Wesen handelte. Wahrhaftig, Muth! dachte er « Nachts so allein über dieCapitolHirevie zu gehen . .. Da itas ihn ihr Blick, und in dersel ben Secunde wußte er eg: so sah Die ienige aus, weiche —— —- — Jhmssiel ein Abend aus seiner Ju gend ein· Bliyesschnell zog et an ihm vorüber. « » Eine alte Guiöbiblioihei wak’5, droben im öclischeni Er brachte all seine freien eriensinnden zwischen den besiaubien egalen zu. Da schob Lihin eines Tages der äusall eine Uebersetz iUB des jiivischen almud in die Hand, ,u vwie et sie aufschlug, sand er eine Stelle, dieilnn aus lan e hinaus zu denken Mk Dort stand ejgeiebem daß jedem enschen auf e eine ihm Evotbesiiinmie andere Seele znetlanni Hei-»die sein Glück auszumachen beener war — wenn et sie sand! Wenn er fie fand! Das war’s ..... 7 die Meißen stolperten ungefchickt an ihr rorbei, paßten im geeigneten Augen blick nicht auf, atten in der Schicksals ftunde andere inge im Kopf — Der Mensch ist ein fo unvorsichtiges Geschöpr Seitdem hatte er — jung, wie er war — um jede Stra enecke herum nach jener fiir ihn bestimmten Seele ausgeschnitt, mit jedem beranfaufenden Bahnzug sie erwartet, die verhängnis volle Anmutbslinie jener Gestalt. die eigens um feinetwillen auf Erden wan belie. Oft genug glaubte er zu finden — aber chließlich war es immer Jrrthum gewe en. Dann vergaß er den Talmud über anderen Büchern, iiber Pflichten und Schirm-ten Aber auf der dunklen Capitolstreppe fiel ihm mit einmal Alles wieder ein . . Aus der engen Gasse, die von der Zefuiteniirche zwischen hohen, weißen äufern zurn Capitol fährt, tönten Fialerrollen und ausgelassene Men fchenftimmen. Das Mädchen zögerte einen Augen blick und blinzelte angehalten zur Piazza hinab. « , Da stand er schon an ihrer Seite. Ob er sie geleiten dürfe? fragte er, seinen Hut lüstend. Hinterthiir«ivußte er nicht mehr, was sie sich eigentlich gesagt hatten — vermuthlich etwas Triviales über die Colosfeurnsbeleuchtung . . . Er bemerkte, daß die er Bau doch eigentlich zu gut für sol e euerwerl witze, daß die römische Na t darüber an sich doch viel schöner fei. Da gerieth sie in enthusiastischen Widerspruch. »O nein!« rief sie und in ihren Augen schimmerte Alles, was er von ugend auf geliebt hatte — »es war ie herrlichsie Farbenshmphoiiie, märchenhast in den düsteren Na himm mel verfließend —- dies geisterhafte Grun; ganz wie auf dem spanischen Visions ild von Benlliure —- uno dies Roth! o dies Roth- wie ich es sah, be griff ich, daß Nero nicht ruhte, bis er Rom in laminen sah!« »Sie ind sehr grausam!« »Ich bin Malerin!« Jhm war so sonderbar zu Muth. Das Gefühl der Vereinsamung, das er durch Afrika und Sirilien trug, hatte einer reichen Lebensempfindung Platz gemacht, und Alles so plötzlich! Aber psötzlich iamen die guten Eingebungen immer bei ihm. »Im führe Sie unbekannte Wegs-, sagte sie lächelnd ——- »aber wenn Sie mich geleiten wollen, müssen Sie mit zum eTartarughe Brunnen ———-— in die Geaend gehör’ ich.« Izu welchem Brunnen?« »Im reizendften Fontana vou Rom« sagte sie —--- »aber die meisten Fremden gehen achtlos an ihr vorbei· Und doch sagt man« daß sie von Raitarle Gna dån ist. Man hört schon ihr Gepla er.« Wirklich rauschte es aus unsichtbarer seine still und doch vernehmlich. Sie chlosi eine Minute die Augen« »Ich bin große Wagnerinnerin«« sagte sie, »aber ein so iaelodischeg Len motiv wie dies römische Brunnen-au schen, einen Klaus, der so zu bezaubern vermag, hat seist der Meister von Bahreuth nie ersunden.« Sie traten auf die Piazza. Er starrte gedanlenoerloren oie feli same Bronzegruppe an, jenes schöne Durcheinander oon schlanieei Gestalten Delphinen und Schildlriiten ——- das Lied der Fontaine benahm ihn einen Augenblick. Da war es, als Jemand neben ihm «felire noite« sage — und als er sich nach feiner Begleiterin umwandte, sie erade im dunklen Thor eineJ alten alazzo, aus dem eine Gestalt, von der er kaum die Umrisse erlannte. inii einer lleinen Blendlaterne eine halbe Minute lang herausleuchtetr. Nach langem Sinnen ging er seiner We e. ie Begegnung wiederhisite sich nicht. Trotz seines Suchens blieb ilun ihre Spur verloren. Aber als er von Rom schied, batie er das sonderbare traurige Geslihh seine «Vorbestimmte« sei ihm dort ein mal vorüber egan en — -- vorüber, Tohne daß er sie zu lten verstund . . . . I I « « Einige Jahre später betrieb er Fach Pstudien in Obekitalien und gerieth der allen Molailen wegen nach Ravenna. « An einem heißen Aprilmdrgen fuhr et nach Classe hinaus, zu jenem melan cholilchen, verlassenen haienorl von einfi, ddn dein nichts übqu blieb alz "ein zwecklos gewordener Leuchtlbunn, ein grauek Steintiese, der kjnfanse »Macht halt neben der uralten Busilica aus Theoddtiche «-leii. : Eine aeüne, nezeldolle Weite rings «uni... lumpfiger Boden, durch-Zum « von Wiesen Und hie und da von Max-ein ;iibetlchwanll, von langen Schilf-Ida ’tern, der Pflanze der Deninlh . . . hin « ter ilsnn das helle Band des Manto, aus i leuchtend aus dem dekühmtszchlachis Held, wo Galton de Foix letn junges sheldenleden ließ und weiter zurück die alt Mauern Ravennas, die welt e rschiehiliclien Thurme der stolzen klo löentessidenz. 4 « Er leal m die Basilica. . I Ein aller Cullode lauette am Ein-· . gang. Fall eilig liihl wehte es ani- dem qunderbam der unzerstörbar in unge zlchwächtem akbenglanz aus einein lagenhalten ahehundekt heriibereagle in ein Säeu um. edanlenvoll schritt er .wilchen den Säulen hin, an leeren aelopha en vorbei, die in lan er Linie ausmel let lllanden wie unftdolle Truhen — rachtoolle Mamormr·e, die hundert a jene Gebeine tiberdaueet hatten, we che ein langgeftorbenei Ge chtsecht trauernd in sie ver entt. Und au einem jener Sartophage sasz das ädchen von damals und malte aufmerksam die schöne Säulen reihe gegenüber in ein großes Stigm buch inein. » Er glaubte er sich zu tauschen. Dann trat er aus sie u und stellte die alte Bekanntschaft fest, deren sie sich lächelnd erinnerte. Wieder zog das sonderbare Gefshl ans jener römischen Nacht ihm durch die Seele. Aber er war älter geworden seit je nem erstenmal. Er hatte sich verän dert —- Bande in der Heimath ange tnüpst, die ihm Mögli leiten eröffne ten, in denen seine Sehn ucht lag. Er gehörte jetzt zu den Männern, die entweder eine reiche Frau heirathen oder gar keine, die iiber getaiciten Ju aendidalen das Banner eines gesunden, Realismus schwingen —- scrupellos, weil jeder Gesinnungsgenosse « und um Andere kümmern sie sich nicht — ihnen recht giebt. « Sein Blick hielt sich diesmal nicht mehr einzig bei ihren Augen auf; er glitt iiber ihr abgeniitztes Kleid, ihre primitive Ausriistung über den blauen Malschirm, der einen aroßen Riß hatte mittendurch . . . . » Selbst ihre samose Farbenstizze, die sie ihm unbefangen hinhielt, vermochte den Eindruck nur in ihm zu bestärken, daß sie doch im Grunde reichlich genial war. Sie sprachen lange iiher Kunst und Italien Dann trennten sie sich vor der asilica. Er wollte nach Ravenna za riickt sie wollte noch in der Pineta ina len, in jenem weiten. rniirchenhaften Pinientoalde, der an der Küste des Adriatischen Meeres Unvermnthet aus einem Flachland steigt, dem sonst der Tourist vorwirft, daß es »Hu unitaliei nisch« sei. Er sah sie, geleitet von einein brau nen Jungen, der ihr den Malschirtn trug, auf der Landstraße davon wan dem. Sie hatte ihm Eindruck gemacht — dennoch! war war es nicht mehr der cleltrische chlag ans jener römischen Frühlings-nacht -’- aber etwas Son derbares blieb es doch .. . . Seltsa , daß der Zufall sie noch ein zweitesina einander in den Weg ge schickt hattet Aber: eine arme Malerin? Jetzt, bei den Chancen. die er zu Hause hattet Unmöglich? ·- sf O Er machte irn Winter darauf eine sogenannte ,,gliin,zende Partie.« Jn der ersten Zeit war er sehr u frieden; dann fing diese Zufrieden ·t an. ihn zu langweis·n, nnd schließlich dachte er nicht mehr über seineClde nach Er ging in seinen Arbeiten, in zärt licher Fürsorge für seine Carriere un er ..... Da fragte ihn -—« viele Jahre später -— auf einem jener strahlende-i Roms-, die er mitzumachen fiir seine Pflicht hielt, ein tunstenthusiastischer Freund, ob er schon Nora Lenz, der berühmten Aanarelliftim von der jetzt alle Welt rede, dargestellt sei? Sie wäre soeben gelornrnen —- dort in jenem Menschen näuel an der Thür stehe sie. »Jung?« fragte er. »Bei Talenten sind Alters-ganzen egal,'« sagte der Freund. »Hübsch?« «Jn doppelter Weise," entgegnete der Gefragte, »ersten«e hübsch in der Form. und dann hat sie jene gewisse, geistige Grazie . . .. Sie wissen schon ....'« »Verheirathet?'« »Sie sind der reine Fragebogenl Verheirathetii Nein! aber dabei. Man spricht dont reichen R.!« Sie gingen auf den Menscheniniiuel zu. Plötzlich sagte er zu demFreund, daß er sich doch nicht vorstellen lassen wolle --—- er habe ohnehin so viele Verpflich tungen den Abend .. . . Er ließ den Anderen stehen und trat in eine Nische. Von dort aus sah er sie noch deutli cher als in der ersten Minute des Wie dererlennens. Das also war aus ihr geworden! — Elwas Bewunderters, Berühmter, Be sonderes-! -—- aus der einfachen, unbe fangenen Gestalt, die das letztemal »zu genial« gesunden und deren zerrissener Malschirrn ihn schotirt hatte. Und noch einmai siihlte er den elel trischen Schlag, und nun trat es mit Pewaltsnrner Gewißheit vor seine See e hin Sie war doch die Vorbestimnrte sür ihn gewesen «—- und er war an ihr vor bei egangen --—- unwiderruflich! — er Reiche R. stand neben il)r. Sie sah ihn liihl und gelassen an. Er war auch nicht der Rechte iiir sie -—- der Rechte war ja er! . er hätte den Talinud besser le sen sollen! nun war es zu spät . Und er stahl sich von dem Rout weg. » Ein drittes Beaegnen hatte ja sur Beide keinen Zweck rnehr . . .. E.Roland. M.-. —..........-«....-..»-. Riesensan Tante: «Uber»Mäxchen. wer wird denn so lügenl Die Leute, welche lügen« kommen in die ölle!« Miixchem »A es« Tann: ,:Jawolzl, alle!« Märchen (asns,betuhla»: »Man is er lange voll, bis ich tonnnel