Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, January 13, 1899, Sonntags-Blatt., Image 13

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    E Osiener Schreibebrief von Phi
- lip Saitekampfer’s Vetter,
E Juba Strampet.
Was II Of I- s Iczsde
New York, 28. Dec. 189«H.
Mr. Editot!
wie Leu met m
New York fete doch
twiek E jeder, wo in
den War gewesen iJ
änd titour los-um
thut, thue se als e
Hiero aniucte äno
wenn et auch net e
Mal en Aunz Pau
der 4«ge[·tnellt«hak.
Die atenni is rein trahsre and aymosi
jede « oenin muß ich mit se nach ihre
Clöbö änd oßeieties gehe änd denn
thut se mich immer interdjuhße als »Ihr
Kösin, wo dschiist aus dem War zurucks
geiomme ig. Se hen auch en Verein,
wo se »Sorosis« nenne thue änd wo
nur Görls zu belange diir e. Männer
thue se gar net bei ihre Mietings Eid
mitte, nrx was Hose anhabe thut, dnrs
bei sie hereinlotnme.
Weil die hen e Moschiin gemacht, iaß
se auch was von dem War höre wollte
von einem, wo selbst dabei gewese mar,
änd da die Juhneited Schtätes sei
Weibsleit net in den War ßende time.
so hen die Görls Zesagh sie wollt-: in
diesem Käs ihr Iules breche sind e
Mann zu ihre nerte Mietiug inweite.
Die Jennie hat denn auch gleich ge
blabbert, sie hätt e stösin wo erscht vor
e paar Tag zurück von Portoriro ri
iörned wär änd wo in so viel Mittels
gewese wär, daß es e groß Wunner seie
rhät, daß die Svaniards net Meisimirt
aus- en aemacht hätten. Wel! die Görlg
ware ßatisieid änd am Jvening tonssnt
die Jennie äud sagt: »Joha, mora
rnuschte mit mit in unsere Clöb »So
rosis'«, die Görls wolle Einen hawwen,
·wo die Spaniards geseihted hat önd
ihne von dem War erzähle kann«
»Weil äußere ich, « enni, was soll ich
denn die Görls erzähle?" Wie ich
Schnapps verkauft hab? Denn von den
War hen ich doch nir gefehe änd Sie
Sbcniards, wo ich kniete that, were
mohstlie gute Koschtiimer zu mir. »so
man net seihte thut. »Never Mc nd,
sa i sie, du werscht doch so viel Phan
tasie in die große Kopp hawire, um e
paar seine Shtories von BättelH and
Feihts uffzumache7 Beßeidsz ich Alw «
dir e Buch gewe,wo alles sein ehaut den 7
War drin schielte thut. Das lannfchte
lese, dann tverschte schon en Eidia lrie »
ge, was du die Görls erzähle niusikst.
Die Görlss werde dich fein trietc Lkssd
wenn du dich als e riellHiero rivrißente
thuscht, so werde se dich auch liiie, ni
se’s beim Hobscn gemacht hntvinep.
Glut-dicht Du? thu ich se Liste; Tskeli
denn thu ich schuhr komme End ich Issill
en Schtorics uffdinde, daß es ihne asle
iait überm Pudel lanse soll!
Wen am zdenina dm ich denn nit
iuit der Jenni los and wie ich in den
Clöd lomme thu, deni ich, iet) soll ost
platze. Jnstead von lange Dressez :,en
die Gorls Paints änd kurze Stint-:
angehett, so das; man ihre telöbg ssisz
herusf an di-: Knie sehe tonnt. Sie den
an die Tadel-.- gesesse alslinotist e Jede
hat e Schteiu Bier vor sich schtehe ge
dett änd e Cigarett in ihr Schnabel
änd sie den in jeden Weg die Bei-H Ern
mitäded änd es auch sein getonnt. Well
Jennie hat mich denn zu dem Präsidmt
von die Soßeietie introdjußd, wo r iiell
prietiie Görl seie thut, sie lieu mir e
Bier loinme lasse änd Cigarettesz iind
ben sich bei mir hingesetzt Weil ich :: us:
sage, die Gorls hen ich gegliche. Lief-,
szuhn äsz ich tnei Sclsiein eniptie dehnen
se geholleriz «Lizzie aleich noels e
Schtein siir unsern Hiero, der wird
wohl lange han«-we ditrseiitc ntisse!« Jet)
lien denn eine sen die iiiijrls «irssie-l;, oh
se net esräd list-ir, italt zu itiische «nit
ihre kurze Statt-, not da lscn se aelacht
önd geäußert, sie iriire sitt-nd dazu "—«nd
länger konnte se ilite Störtö net weh
re, bitohö daß se mit e lange Dresz net
törne lönnie. So nach e Weil, als icii
cbaut e Dosend Schteins herunner bat
ie, sagt die Präsidentin· »Jetzt, Mr.
Schtrainper, iliueSe uns von den War
erzähle!" änd denn seie die Görls alle
dicht an mich herangekomme.
Well,« schiariete ich, ,,(Jlis:ls, ihr
wißt wie der War schtarte that. Se
den mei Redschiment auch gleich nach
Ayuba aeoedert änd wo wer da ankom
me thun, den wer gar lei Späniards
net esebr. So sagt uniek Körneh
,.Jo n, ich alaub’ die Dunderwetter
sein in dasanterior retrieted iind welle,
deß wir hinter sie herlause thue, böi des
thue wer net, wir werte hier bis se
wiederkomme thue, dentschte net?«
,.Well Körnel,« äußere ich, »ich weiß
net, ich dent wir thue se besser lionte
önd zusasnmenschlaae.« »Well,« sagt
ek, »Joha, denn nimm Dir emal k
Mann lind ihn se höntr. Wir wolle so
lange hier tämpe änd wenn Du se ge
sunne heischt, denn laß michwisse, denn
thu ich mit die Annete lorntne and wir
thue se seit-te. Welt ich den'g net gegli
elw da ich noch lause sollt änd met
seit er cht recht net. Wir seie denn auch
nur e paar Meile ins Land gelasse,
dann hen die Buis arsaai, sie wäre
ttierd and wollte net weiter in das
vermuctte Eiland herein lofse änd es
wär gar lei Judi, hinner die Schnö
niardd lier ulause; änd weil es Ide
nina war, so saf ich: »Ab! reiht, Benz,
denn laßt uns ämpe, ich ihu auch net
danach fühle, noch weiter zu lausc. Well
wir hen unsere Köniins änd Hardtäel
Itausgenomme tind e Söpper gesixi so
—
ut wir konnte-, änd in dem vetmuckte
yusba werd das so ktvick dart, daß wer
unser Sopper, wo es fertig war, im
Dunkle esse mußte, böt das war ahl
reiht, das Söppek that imDunkle besser
tehfchte, als wenn wer hätte sehe könne,
was for e Schtöff sc zufammengemixt
hatte. Well wir hen den getreid zu
schlafe, bist die Moskitos hen uns at)t
molet uffgefresse, so daß an Schlafe
unt net zu deute war. Wo wer n so
in dem Ditfch neben der Schttaß iege
thue, hör ich ahl ät vouz e Neuse von
die annete Seit von die Schtraß kom
me änd ich hen föfzpckted, das möchte
Späniakdö sein« um unser Redschimeui
fkökpreife wollte. So sag ich zu unsere
Leit: »Pens, ich thue tiellie qlauwe,
das; die Dagos komme thun. Wir wolle
uns bicr im Ambnsch leae änd sehe wie
viel von ihne es seie. « ind es net zu
viele, so wolle wir se seihte,bd«t thut eich
ganz schtill verhalte-, bis ich mei Gönn
feiere thue, änd denn geht usf se mit
Hurrah!« Well die Bens ware satisseid
iind thue sich neben der Schtrass platt
uss ’n Graund lege änd slairßlie ware
wer alle in Heidinq, als die Späniards
lcmme thate. Well, ich henn suhn ge
sehe, daß da iei Tschsns war, sie zu
scihte. Des ware ebaut 4 Nedschiments .
änd Artillerie änd Horgmen ben se’
apch bei sich gebett, so en wir ganz«
schtill gelegen änd se piisse Fasse änd
ncchc halbe Schiund war ebaut die
Hälst von se vorüber. Wie es nu gehäp
pend is, thu ich selbst net mehrwisse, ob
ich nörvus war iind mei Gönn getötschd
hab —- in Falt, ahl iit vonz t ut mei
Gönn losgehe änd thut mit sol Forß
znriickschlage, daß mich der Bärrel an
Kopp aeschtosze iind mich ahlmohst ge
stönnt hat. Wo ich noch Stars sehe thu,
höre ich schon, wie die Beus an Hur
tah zu brülle sanae änd in die Spä
niards zu seire so kwict se lade könne.
Die hen gar net gewußt, wo ihne der
Kot-v schtebt, sieben nach vorn änd
bintc im DunkleMire eigene Leit todt
qeschossr. Das Letscht was wer noch ge
lsört hawwe, war, wie se »Yaniies« änd
»Ameritanos« riese, denn hen se an zu
lause gesanae iinsd nach 5 Minuts war
keiner net mehr in Seil)t.
Weil am nerte Morgen hen wir die
Vescheernnq gesehe. Da sind ebant 200
Spöniards taput gewesen önd ennn
Aemonnt os Gönng hatte se wegge
worse iind ware gelasse. E Schtnnd
schpäter tlmi unser Körnel mit sei Red
scbiment komme iind wo er dic G’schicht
siebt, teleataplsirt er nach Washinaton:
War Detsartment: ,,.c)abe letzte Nacht
mit den Truppen unter meinem Com
mando die Spanier völlig geschlagen«
Fiörnel Blobbard.
»Weil, lien ich gesagt, KörneL wo
ibn ich hereintomme? Ich lien doch den
Feilit qewnnne; Sie seie ja gar net da
acioeie »Macht nir, John,« änßeri er,
»wenn Du ’H Maul net haltscht,
netschte noch lortmarichalled Welt
StörlT denn ben ich mei Mein uiige
machi, lei Victoiie for die Julzneited
Schtätes mehr zu gähne, wenn en An
nerer den Cretit davor kriege tlynt.«
Well die Görls hen denn e Reseluschön
aepäßt, desz jede eine mich küsse sollt
iind daß sie mir e Reward gewe wollte,
trenn das Government mich net recht
tiiete tl)ät. So hen ich 45 Risseg ne
tiieqt siir den großen Victory, wo ich
ezewonne hawwe —- in mei Meint-!
—..-———
Am Bagna.
Bilder aus italienischen Strasanstalten
von K. Westhos.
Mehr noch alH die zur llnterbrin
gung und Verpilegung von Armen und
Kranken bestimmten Llnstalten können
die Gefängnisse die Anstalten zur Ver
idahrung der Verbrechen einen Maß
stab siir den Kulturzustand eine-J Vol
leg abgeben. Als der internationale
Gesananiszlongres;, dessen Ausgabe es
ist, dac- beste Gesangnißshstetn festzu
stellen, dass letzte Mal in Rom tagte,
trar damit auch eine äußerst lehrreiche!
Angstellung verbunden. Diese brachte
unter anderem die Gesangnißzellen der j
Etrasanstalten der verschiedenenstaai »
ten zur Anschauuan In erster Linie»
sah man niort die Modelle aus einigen
italienischen Pönitentiarhäusern, dar
unter eine unterirdische, nur nothdiirs- »
tig erhellte Jsolierzelle aus dem fünf
zehnten Jahrhundert; in allen waren
durch lebensgroße Wachsfiguren auch
die Jnsassen mit überraschender Natur«
trrne dargestellt. Eine besondere Ab
iheilung in der italienischen Ansstel
lung zeigte sernet die Sträslinge eines-?
Bagno, die, mit Ketten beschwert, unter
den Auqen eines wachhabenden Solda
ten tnatiirlich gleichfalls aus Wachs-)
ihre Arbeit verrichteten.
Bielsach ist die Ansicht verbreitet,
daß derartige Strasanstalten nirgend
tvo mehr bestanden, seitdem in Frank
reich die Baanog, deren Name uns mo
dernen Menschen gleichbedeutend mit
Grausamkeit und Barbarei erscheint,
abgeschafft worden sind. Jn de: That
hat sich aber Italien noch nicht von
ilu en loggesagt, und einige nähere An
gaben über ihre Einrichtungen dürften
faher wohl von allgemeinem Interesse
ein.
Ueberall machen die Strafgesiing
nisse heutzutaae die überwiegende
Mehrzahl aller Gesängnißanstaiten
aus, was sich durch ihren geschichtlichen
Zusammenhang mit dem Auskommen
der Freiheitösttase als dem seit Ende
des vorigen Jahrhunderts üblichen
hauptstrasmittel erklärt. Die Alten
hatten typhl Untersuchungs- und
Selniltiaesananisse,v aber keinerlei
Strafgesangnisse, die si nur annä
hernd mit den jetzgreen An talten die er
Art vergleichen lie n. Bis in das S.
Jahrhundert hine n werden Freiheits
Congreßmnn Ruhms und seine Israüm
Jn der Geschichte des 56. gangresses
wird der Fall Brigham H. Roberts
eine wichtige Rolle spielen. Er ist un
Besitze dreier angetrauter Frauen und
wurde am 8. November in aller Form
Rechtens in Utah, der hauptstadi des I
Mormonenreiches zum Repräsentanten
fiir das untere Haus des Bandes-Con- ’
gresses gewählt. Jn allen Staaten re
invnstrirt man nun gegen die Bielwei.s
berei Roberts im Allgemeinen und ge
gen dessen Zulassung zu Sitz und
Stimme im Bandes - Repräsentanten
lzause im Besonderen. Diese Woche
fand in New York die erste organisirte
Anti - Robetts - Demonstration statt.
Noberts ist etwa 40 Jahre alt, war
früher Grobschmied und wurde dann
ov seiner hinteißenven Berevtsamteit
einer der besoldeten Führer des Mor
monenthitms. Aus seiner Hingabe an
dasselbe macht Roberts nicht den ges
ringsten Hehl. »Ich bin Polygamist,«
sagt cr, »und ich war ein Polygamist,
ehe das Bundesaesetz, welches die Viel
ehe verbietet, verfaßt wurde. Seitdem
dieses Gesetz in Kraft trat, habe ich mir
keine weitere Frauen ansiegeln lassen,
und ich kann mich nicht entschließen,
jene Frauen, welche mir ehedem anne
traut worden waren und die in guten
wie in bösen Tagen mir treu zur Seite
gestanden haben, nun zu verlassen, um
einen Sitz im Congreß, zu weichem ich
rechtmäßig erwählt wurde, in Ruhe
und Frieden einnehmen zu können.
und Gefängnißstrasen nur ganz gele
gentlich neben der schon im römischen
Recht enthaltenen Zwangsarbeitg- und
Berbannungsstrase erwähnt; zur
Sühne geringerer Verstöße gegen die
Gesetze gab es nur Geldbußen oder
törperliche Ziichtigung, erstere ließen
sich aber gegen Zahlungsunsähige nicht
vollstreelen und die letztere blieb ersah
rungsgemäsz meist wirkungslos. Na
mentlich gegen die Landstreicher und
Gauner hatte man dringend einen bes- ;
seren Schutz nöthig, und aus diesem
Bedürfnisz gingen seit Ende deiz 16.
Jahrhunderts, gleichzeitig mit dein Er- !
starten der Polizeigewalt, die Zucht-H
bäuser hervor.
Letztere sollten ursprünglich nur auf
die minder schweren, polizeilich zu be
; handelnden Geseßwidrigteiten Anwen
’ dung finden; daneben gab es noch die
Festungsstrase und die Ketten- und
Kairenstrase, welche aus baulicheZmecke
berechnet und eine Nachahmung der ir.
südlichen Ländern üblichen Galeereu
strase war.
Galeeren hießen bekanntlich die grö
sierrn Ruderlriegsschisse des Mittel
alters, die meist durch Verbrecher (bei
den Türken durch Christenstlaven) ge-.
rudert wurden. Jede Galeere hatte 24
bis 26 Ruder aus jeder Seite, von des
nen in der besten Zeit jedesdureh vier
« bis- siins Mann bedient wurde. Die zu
dieser Strafe verdammten Striislinge s
sin Frankreich: Farcots geheißen) was
ren ganz tahl geschoren und blieben
stets angelettet. Gewöhnlich arbeitete
nur ein Drittel der Ruder-er gleichzei
tig, es kam aber vor, daß die äußerst
anstrengende Arbeit zehn, ja sogar
zwanzig Stunden ununterbrochen fort
gesetzt werden mußte. Man stectte
dann den unqlLickseligen Galeerenstriif
lingen mit Wein geträntteg Brod in
ten Mund; aus Jeden, der nicht orbeiss
tete hieben die Aufseher to lange mit;
Finiitteln losz, bis erunisanl. Dann ’
ward er losgetettet und ins Wasser ge- .
worien. »
Namentlich in Frankreich war es
es schon feit Karl dem Siebenteii üblile
aetvorden, schwere Verbrecher Zur Ru
derarbeit auf den Galeeren zu verwen
ten und dort anzuschmiedrn Gegen
Ende der Regierungs-zei: Ludsviaz des
lBierziehnten trat dann an Stelle der
Galeerenftrafe das Baqno einrich:l
bannio). Das Wort ift it.1lienrfch nnd
bedeutet Badwmnit ursprünglich die
Bilder dez Serails zu Konstantinopel
cemeint waren, bei denen ein Gefang- ;
nifz fiir Sklaven lan. Als man ins
Frankreich die Sträflinge nicht mehrl
auf die Galeeren brachte, sondern sie zu
Hafen-— und Arfenalarbeiten benützte.
übertrug sich der Name Bagno auf die
großen maffiven Gebäude in der Nähe
der Hafen. welche die Gefängnisse fiir
jene Ströflinge bildeten
Durch lönigliche Ordonnanx vomi
Jahre 1748 wurden die Banns-Z in
Frankreich als- förmliche Strafanwa
ten eingeführt. Das Bann-) von Tou
ton wurde 1749 eingerichtet, 1750 das
zu Breft und 1767 das zu Rochefort,
denen zuletzt noch das Bngno zu Lo
rient für Militärfträflinge folgte. Un
ter Ludwiq dem Bienehnten und Lud
Iria dem Fünfzehnten befanden sich in
dieer beriichtiqten Strafanfialteii
aber nicht bloß schwere Verbrechen
sondern oft gennq Etsch politifh miß
liebige und durch dic Willkür und die
Ränke einflußreicer Höflinge dorthin
gebrachte ePrfonen. Die Behandlung
der unalticklichen Jnfassen sprach jeg
licher Menschlichleit Hohn: auf die
rechte Schulter nebrandmatlt. bei Tag
und Nacht an Ketten geschlossen, mit
unter auch noch eine schwere Eisen
luael an» einem Fuße mitfchleppend,
mußten die Sträflinge die niedrigften
l ixnd schwersten Arbeiten verrichten.
Die französische Revolution ließ die
Bagnos fortbestehen, doch änderte der
Code penal vom Jahre 1791 den Na
men in ,,Peine des fers« (Ketteiistrase)
um, und der Code von 1810 brachte die
mildere Bezeichnung »Truvaux sorces«
(Zwang5arbeiten); eH wurde auch eine »
etwas menschlichere Behandlung der
Gefangenen eingeführt, doch war die
Handhabung der Disziplin noch immer
eine außerordentlich harte und strenge. E
1882 wurde die Brandrnariung abge
schafft, und unter Napoleon dem Drit
ten die Zwangsarbeit in den Bagiios
iiberhaupt aufgehoben und an ihrer
Stelle das System der Straflolonien
eingeführt Die Bagnoz wurden all
mählich geräumt, das zu Toulon war
das letzte, welches zur Auslsöiiiiig ge:
langte.
Man gebraucht auch heute in Frank
reich das Wort »Bagno" auc- alter Ge
wohnheit noch, versteht dann aber die
Strafanstalten in dei! Roloniem insbe
sondeie in Neutaledonien, darunter, in
denen die Behandlung der Strhiflinge
durchaus keine übermäßig harte ist.
Je nach ihrem Betragen werden sie in
fünf Klassen getheilt, uiid schon nach
rier Jahren kann ein Sträfling bei
tadellosem Verhalten in die erste Klasse
gelangen. Diese Leute erhalten aus
Wunsch eine sogenannte Conzession,
das heißt sieben Hettar Lande-s niit ei
nein Häuschen, diirsen sich ihre Ange
hörigen nachtonimen lassen oder eine ;
von den weiblichen Verurtheilteii hei-»
rathen, und können dann als Grund-l
besitzer gani gut leben, wenn sie fleißig !
find und verniinftiq wirthschallm s
Das Königreich Italien dagegen hai »
ncch die alten Bagnog beibehalten, »
wenngleich die Behandlung der Stras
linge darin natürlich eine mildere ge:
worden ist. Sie entspricht etwa jener
dei- früheren Vaugesaiigencii in
Deutschland Dies ivar die Beieich
nung für alle zu schwerer Zwang-er
beit verurtheilt-Zu Sträflinge. insofern
sie mit Bauten beschäftigt wurden. Der
Titel der Baiigesangenschafr iit zwar
aus den neuen deutschen S.rafgeset3eii
verschwunden, doch können Sträfliiige
auch gegenwärtig iirch mit Bauarbeiteii
beschäftigt werden.
Oie Meglenienss nnd fur die sammt
lichen italienischen Bagnos im wesent
lichen dieselben, es genügt daher, wenn
nsir unsere Leser in eine dieser Stras
anstalten führen. Wir wähjen dazu
eine der grössten: den Bagno zu Lln
cona. Es ist ja wahr, die Gefangenen
haben sich alle ausnahmslos schwer ge
gen die Gesetze vergangen, nnd nicht
wenige unter ihnen sind verruchte Mis
srthäter, die tein Mitleid verdienen.
Aber ihr Loos ist doch ein fürchter
liches. nnd iiber dein Thore eines sol
chen Bagnos tönnte dieselbe Inschrift
stehen, wie über der Eingangspforke zu
Dantez »Hölle«, welche lautet« »Das
eiate ogni speranza, voi ch’entrate! —
Jhr Eintretenden. laßt jede Hoffnung
fahren!«
Aneona ist nächst Venedig die wich
tigste Sestodt des Königsreichs Jtas
lien am Adriatischen Meere. Die in
neuerer Zeit erweiterten Hafenbauten
find sehr ausgedehnt, auch sind bedeu
tende Wersten und ein großes Arsenal
dort, sowie ansehnliche Festungswerke
(Aneona gilt jetzt als eine der Haupt
sestungen des Landes-L so daß es an
Arbeit siir die Striislinge nicht fehlt.
Die Einlieferung der zur Bagno
strase verurtheilten Verbrecher erfolgt
zu Wasser oder zu Lande. Im ersten
Falle bringt man sie zu Schiffe dorthin
und liefert sie in Booten an dem Was
serthor des Bagnos ab. Wenn sie da
gegen mit der Eisenbahn transportirt
werden« so überführt man sie vorn
--—
Bahnhose in Ankona mittels eines ge
schlossenen Gefängnißwagens nach
ihrem Bestimmungsorte.—— zm Bagno
werden den Neueingelieserten zunächst
durch andere Sträflinge die Haare
ganz kurz geschoren, es geschieht das
aber in ganz eigenthümlicher Weise, so
daß lauter Streifen entstehen Da
dieser Schnitt auch später immer er
neuert wird, so kann jeder Flüchtling
leicht daran erkannt werden. Nachher
werden die Ankömmlinge rasrrt ond
gebadet und erhalten ihre Sträsiinqs
kleidet Gleichzeitig bekommt ein jeder
seine Nummer, unter welcher er fortan
ausschließlich sigurirt, wohingegen sein
Name im Bagno niemals genannt
wird.
Die zu verschärfter Strafe dcrur
theilten Berbrecher bekommen schwere
Ketten angeschmiedet und werden auch
wohl zu zweien aneinander gefesselt.
Zum Schlaer bringt man die Gefan
genen in lasemattirte Gelasse von ver
schiedener Größe. Je nach letzterer lie
gen sie während der Nacht zu zehn,
zwanzig bis vierzig in so einemSchlaf
raum nebeneinander auf Holzprit
schen. Sie behalten ihre Kleidung auch
während der Nacht an; einem jeden
dient seine Mütze als Kopftissen. Ent
schlich ist zumal während der heißeren
Jahreszeit die Lust in diesen Räumen,
und die Soldaten der Garnison die
zum Wachtdienst darin kommandirt
werden, sind fürwahr nicht zu beneiden.
Den Dienst in der Küche versehen
gleichfalls Sträflinge. Zweimal in der
Woche giebt es Mittags eine Nation
Fleisch, sonst wird zu allen Mahlzeiten
bloß ein Brei ans Reis mit Maigmehl
berobsolgt Die Arbeiten, welche die
Bagnosträslinge den Tag über zu ver
richten haben, sind ziemlich mannigfal
tig, aber ausnahmslos schwer und an
strengend. An den Werften giebt es
Balten zu schleppen, dann wieder müs
sen sie mit Steinen beladene Wagen zu
den Stellen ziehen, wo Ausbesserungen
oder Neubauten an den Quais und
Malen stattfinden und so weiter. Eine
der schwersten Arbeiten ist das soge
nannte Radtreten, wobei in einem gro
ßen, innen ringsum mit Leisten ver
sehenen Rade, das dem einer Wasser
miihle ähnlich ist, drei bis vier Mann
nebeneinaander fortwährend in gleich
milßigem Schritt vor sich treten, wie
wenn sie einen Berg ersteigen wollten,
nnd so das Rad drehen. Man nutzt
die auf solche Weise gelieferte Kraft
leistung zu verschiedenen Zwecken aus;
alle Stunde muß übrigens Ablösung
stattfinden, denn länger hält selbst der
rrsbustestz Mensch das Radtreten nicht
aus-.
Alle Sonntage findet in der An
staltslirche Gottesdienst statt; zwei
Striislinge verrichten jedesmal bei der
. Messe den Dienst der Ministranten
I oder Meßdienen während die übrian
in Abtheilungen, deren jede von Wa
chen umgeben ist, den Raum des Got
teshauseg füllen. Die Sträslingc,
welche sich durch fortgesetzt gutes Be
nehmen heroorthun, werden im Hause
des Gouverneurs zu allerlei häuslichen
Verrichtungen verwendet. Man sieht
sie auch wohl im Garten der Anstalt
arbeiten, oder die Gattin des Gouver
neurg im Rollwagen umherfahren,
stets jedoch unter der Eslorte eines
Soldaten der Wache.
Jedes Bagno hat natürlich sein
Spital oder Lazarett, in dem schon un
zählige Sträslinge, durch die schweren
Arbeiten körperlich gebrochen und auf
das Siechbett geworfen, ihr Verfehltes
Dasein geendet haben. Wenn dagegen
ein Gesangener seine Straszeit glücklich
überstanden hat, dann findet seine Los
und Freisprechung unter gewissen
Feierlichleiten statt. Alle Sträflinge
müssen dazu in militiirischer Ordnung
antreten; dann wird vor ihnen das
Delret der Entlassung verlesen, welches
den Besrciten zugleich ermahnt, nun
mehr ein neues-, bessere-I Dasein zu be
gcnnen.
Eine eigenartige Einrichtung im ita« i
liuiischen Strafanstaltszivesen sind ne
ben den Bagnog noch die Verban
nunggorte, nach denen man diejenigen
Vetbrecher schickt, welche zur Probe
zeitweilig aus der Hast entlassen sind.
Diesem Zwecke dienen: die Insel Li
pari, die Jnsel Jschia, die Tongain
seln und die Tremitianscln im Admi
3 tischen Meer, und ein solcher Verban
- nnnggort führt den osfiziellen Namen
- »Domicilio coatto« tZwananohnsit3).
; Es wird kein günstiges tlrstheil über
» diese Anstalten gefällt. »Wer ein
i·.ial,« äußert ein italienisebes Journal,
»diese Berbrecher sieht und ihr Leben
beobachtet, wird sicher mit ganze-n
Herzen jene Einrichtung verdammen.
Anstatt diese ,,(Toatti« zu bessern, ge
wöhnt man sie an Müßiggang und
Laster, aus dem dann später das Ver
brechen entsteht. Auf Lipari vereint
täglich die Abendglocke alle jene
,,Coatti« lgeaen 400 an der Zahlt im
Hefe des Kastellg. wo sie aus Namens
rus antworten und dann in ihre Kam
crer gehen müssen.
Was sür Löcher sind diese Kam
merni Die Mauern sind rauh und
feucht und die Fenster ohne Scheiben:
aus jenen Strohsäcken könnten eher
Thiere als Menschen ruhen. Die
»Coatti« bekommen ein schlecht gebacke
nes Brot und süns Soldi (20 Pfennig)
für den Tag. Es steht ihnen frei, sich
außerdem noch im nahe gelegenenDörs
chen so viel zu verdienen, als sie tön
nen, sonst aber müssen sie von dem le
ben, was ihnen die Regierung giebt.
Viele jedoch, welche das Arbeiten ge
nschnt waren, werden hier Müßiggan
ger, und die, welche noch keine abgehär
tcten Verbrecher waren, können es hier
werden. Der italienische Staat ver
ausgabt jährlich viele Tausende tiir
W
diese Einrichtung und erzielt gerade
das Gegentheil von dem, was er beab
sichtigt.«
Alle diese Fragen sind für Italien
aber um so wichtiger, als dort drc An
zahl der jährlich veriibten Verbrechen
leider eine sehr erhebliche ist. Noch vor
nicht langer Zeit kamen nach einem Be
richte des Ministers tez Innern im
Durchschnitt 3000 Mordthaten auf
das Jahr, 80,0()0 schwere Bari-undiskr
gen, die in vielen Fällen vom Tode ar
frlgt waren, sowie 4000 Raubanfälle
und 5000 Einbrüehe Und Diebfiiihle.
Nach dem soeben erschienenen ,,Stati
ftifchen Jahrbuche für 1897« nehmen
in neuerer Zeit die auf brutale Jn
stinlte und Leidenschaften zurückzufüh
renden Verbrechen, wie Tödtungen
und Körperverletzungen, allerdings ab,
dagegen vermehrt sich die Zahl der anf
Habgier uni:l Verachtung des Gesetzes
und der Ehre beruhenden Verbrechen,
wie Diebstahl, Betrug, Unterschlagung,
Fiilfchung, Widerstand gegen die
Staatsgewalt, desgleichen die Ueber
tretungen von Spezialgesetzen und
Verordnungen.
Arn-statische Rettmna
Das Londoner Blatt »Evening
News« hatte einen Ballon gemiethet,
dessen Schifflein Mittwoch, 23. No
vember, drei Mitarbeiter der Zeitung
bestiegen, um durch die Lüfte eine Reife
von London nach aris zu machen.
Der Versuch ist mi langen. Das Luft
fchiff kam gar nicht dazu, den Kanal
zu treuzen. Als es östlich von Lan
cing, nicht weit vom Meer, angelangt
war, erhob sich ein so heftiger Sturm,
daß der Luftschiffer es für das Beste
hielt, zu landen. Die Gewalt des
Sturmes machte die Landung äußerst
gefährlich Einer von den Journa
listen, die an dem stolzen Aufftieg theil
nahmen, mußte sich von einer Höhe von
mehr als 80 Fuß aus dem Schifflein
fallen lassen, dann als der Luftfchiffer
und die beiden anderen Zeitungsmen
schen glücklich aus dem Nachen gestie
gen waren, schnellte der leichter gewor
dene Ballon plötzlich mit solcher Wucht
empor, daß der Journalift direit ins
Meer getragen worden wäre, wenn er
nicht noch rechtzeitig den Sprung in
die Tiefe gewagt hätte. Bei dem Fall
zog sich der kühne Springer schwere
Verletzungen zu. Die Luft zu weiterer
aerostatischer Reklame dürfte den drei
Journalisten und ihren Auftraggebern
für einige Zeit vergangen sein.
Für netvösc Leute.
Eine Pariser medicinische Zeitschrift
empfiehlt als bestes Mittel ge en die
Krankheit unserer Zeit, schleche Ner
ven, eine sehr einfache Kur: Unausge
fetzte Vettruhe. Dr. Mangui, der Lei
ter der Jsrrenanstalt St. Anna, war
der erste, der dies Mittel anwendete.
Als er seinen Posten antrat, fand er,
daß sein Vorgänger unbotmäfzige Gei
steslranke stundenlang in heißen Bä
dern hatte liegen lassen. Dies Verfah
ren schien ihm eine Tortur; er ersetzt
es dadurch, daß er die betreffenden
Kranken im Bett bleiben ließ. Die
guten Erfolge, welche er damit hatte,
wurden bekannt, und der Nervenarzt
Dr. Latour führte das Verfahren in
seiner Klinik ein. Von dort hat es sich
verbreitet und ist so beliebt geworden,
daß es gegenwärtig in Paris bei Ner
venkrankheiten mit Vorliebe angewen
det wird. Ein General, der in Folge
des Dreyfus-Processes vollständig net-«
vös geworden war, sich verfolgt
glaubte und kaum mehr noch auszu
gehen wagte, foll durch ein viermöchi
ges Verbleiben im Bett vollkommen
wiederhergestellt worden sein. Wenig
stens erzählte sein Arzt es. Dabei war
die Kur, wie derGeneral sagt, sehr an
genehm. Er durfte rauchen, seine
Freunde empfangen, lesen, schreiben,
essen, trinken, turznm: er war in sei
ner Freiheit in teiner Weise veschrantt,
nur durfte er das Bett nicht verlassen
Der General behauptet, er habe Von 24
Stunden täglich mindestens 14 ver
schlafen und sich in Folge dessen bald
nngemein gestärkt gefühlt. Di. Kur
ist augenblicklich start in der Mode, be
sonders bei nervösen Damen, die ihren
Abendthee jetzt in Gesellschaft ihrer
Freundinnen im Bette einnehmen. Es
werden bereits besondere Toiletten fiir
diese »Bettliegerinnen« coinponirt.
Nicht uninteressant ist es, festzustellen,
daß diese »Betttur« eigentlich ein Rück
fall in die gesellschaftlichen Gewohn
heiten unserer Altoordern ist. Zu
Ludwig des Vierzehnten Zeiten brach
ten die vornehmen Leute, Herren wie
Damen, überhaupt eine viel größere
Zeit im Bette zu, alg wir es thun. Jetzt
benutzt man das Bett eigentlich nur
zur Abhaltung deiJ Schlafe5. Damals
aber richtete man Schlafzimmer und
Betten außerordentlich elegant ein,
verweilte auch im wachen Zustand noch
stundenlang im Bette, friihftiickte eben
dort, empfing Freunde und Freundin
nen, trieb Musik, Lectüre u. s. w. Je
vornehmer die Leute waren, desto län
ger blieben sie im Bett. Der König
stand überhaupt erst nach dem Mittag
essen, das damals um 1 Uhr eingenom
men wurde während noch Franz der
Erste Morgens um 9 Uhr »zu Mittag«
aß), aus dein Bette auf. Aber schon
von 8 Uhr früh crn leisteten ihm die be
vorzugten Hofherren, welche das Rechi
der »petiteg entrees« hatten, dort Ge
sellschaft und halfen ihm bei der Toir
lette.
Bismarck wußte und konnte, was er
wollte. Das unterschied ihn zu Nutz
und Frommen der Deutschen von den
heute in Europa und den anderen Erd
thetlen am Lautesten gepriesenen
Staatsmänverm