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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Jan. 6, 1899)
Cyrano dg Berg-erac. —- —.-—-. —- —-—· Roman von J u l e s T c r m i n a. (6. Fortsetzung.) l Eine noch schrecklichere Vision, als ! die des Todes, zog an seinen stlugen I vorüber; er sah seinen eisernen Kasten, « in welchem seine Gold- und Silber- d s«iicke schliefen, von Räuberhänden · durchwühlt, und alles geraubt nnd sortgeschleppt. ; »Auch nicht nach deinem Vermögen!« « beeilte sich Cyrano hinzuzufügen denn er hatte errathen, was im liopse des 4 Trödlers vorging. Diese Worte tra ren entscheidend, der gute Mann beru higte sich ein wenig, doch noch immer ängstlich fragte er: »Was wollt Ihr denn von mir?« »Daß du uns den Weg zur Straße zeigst!« »Das ist alles-Z« »Ja, das ist alles!" »O, rnit dem größten Vergnügen!« Jn diesem Ausruf lag eine solche Aufrichtigkeit, daß der Gascogner zu lachen begann und in fröhlichen Tone sagte: «Nun denn, vorwärts!« Doch anstatt fidem Trödler zu sol gen, blieb er unbeweglich stehen; denn er hatte eben in einer Art Peller Nische eine andere Person bemer t, die er nicht kannte. Cyrano zog ärgerlich die Stirne zusammen, und auch der An dere machte durchaus lein freundliche res Gesicht. i i ( ««Uho!« rief Lzranm »was wiu die- " ser Eindringling« Der Fremde trug einen großen Filz but auf dem Kopfe und ein Rappier an der Seite, machte aber troydem durch aus keinen vortheilhaften Eindruck. Die Feder des Putes hing jämmerlich hernieder, der taubige Mantel war voller Risse, das Wamnis und das Beinkleid befanden sich in tliiglichem Zustande, und wag die Stiefel anbe traf so gähntene sie bedenklich und hat ten weder Form noch Farbe. Cnrano sah, wie der Fremde seine . hand aufs Schwert legte, und unwill kürlich zog er sein Rappier; der andere folgte feinem Beispiel und zwar so schnell, dasz der jun e Mann in lautes Lachen ausbrach: » aha!« rief er, »ich werde jeåt eben so blöde als Jolivet, ich sehe espenfter und fange mit mir selber Händel an; das ist doch wahr haftig zu start!« Der Gascogner hatte eben bemerkt, daß er sich von einer optischen Täu schung hatte foppen lassen, denn die Nische, in der der Eindringling ihm er schienen war, war nichts anderes als s eines jener großen Spiegel, in denen ! man sich von Kopf zu Fuß sieht, und 2 die bei den Kleiderhändlern stets eri- l ftirt haben. - Lachend zog er seinen Hut, verneigte ! sich vor seinem Spiegelbilde und ries: ! »den Savinien, Sie sehen recht traurig aus!« Dann murmelte er, seinen Hut wie der aufsetzend: ! l »Gleichviel! Der Eindruck, welchen ich aus mich hervorgebracht, soll mir eine recht nützliche Lehre sein. möglich kann ich mich in einem solchen Aufzuge in einem königlichen Schlosse zeigen; die Dienerschaft würde mich schon empfangen!« I Cyrano schien nachzudenken und Jo: i livet betrachtete ihn verwundert, wäh- . rend der Trödler wieder unruhig s wurde. Plötzlich erhob der junge - Mann den stopf, wars einen raschen Blick auf die Gegenstände, die ihn um- , l gaben und rief, indem er sich vor die Stirne schlua: »Aber hier habe ich ja, was ich brauche!" Seine Augen glänzten, ein schlaues Lächeln huschte iiber seine Lippen, undE mit einer Handbewegung rief er den - Trödler zu sich heran; dann sah er ihm fest ins Auge und sagte: »Gevatter, bevor wir uns verlassen, i müssen wir gegenseitig wissen, wer wir sind!'« Der Trddler machte eine Handbewe gung, welche die größte Gleichgültigteit ausdrückte, und gleich eitig sagte der Blick, den er auf die hiir warf, dafj i er keine andere Neugier besaß, als-«- die die beiden Unbekannten verschwinden zu sehen; doch Cyrano that, als des inerke er das nicht und fuhr fort: »Es soll nicht heißen, dasj der erste Bewohner dieses Planeten, den zu se 1 hen mir vergönnt ist, fiir mich ein Un-- » « bekannter bleiben soll . . ; Tser Irovler ritt erttaunt die Augen aus und fraqte unwillkürlich: »Der erste Bewohner?« »anol·,l, der erste!« »Dies» Erdenwelt?« »Ja, dieser (frdenwelt!« »Den Eie je neseben nahm«-« Ja, ich triebmäole es dir doch!« »sich vkkstktkk Sie nicht . . .« »Abe- dic Sache ist doch sp nat . . .« Rinden Sie?« »Gewiß, nnd ich beweise es dik!« Der Tritt-let hielt es niuzt sitt nö « ljig, ein Wort hinzu zu stinem et war ete vie Ertlärunq ab, und seine Au ,en richteten sich sraqend aus dass Ge cht des jungen Mannes, with-end Tyrano mit dem nntiielichsten Tone von der Welt sortsuhr: »Es ist das erste Mal, daß ich den Boden dieses Planeten betrete, ans dein ihr du und deinesqleichem vegetirt!« der Tkisdlkk kühne sich von neuem Schrecken etsastL jetzt endlich begriff er; U tte einen Waltnsinntcsen vor sitt-. s« pch der Gascogner wollte seine i . s Behauptung durckzein Zeugnisz belegen, und so sagte er, ich zu seinem Diener wendend: »Ist es wahr, Partoribor, was ich sagte « Jolivet war einen Augenblick ver dutzt, er blickte ich um und fragte sich, zu wem sein err eigentlich sprach; dieser aber sah ihn starr an, und ein Augenblinzeln gab ihm zu verstehen, dasi er selbst dieser Partorrbor war· »Ja, ja«, rief er heftig, mir dem Kopfe nickend, ,,es ist die reine Wahr heit. Herr Savi . . .« »Savilombo Von Dyrcona«, beeilte sich sein Herr zu vollenden, um ihm be greiflich zu machen, daß auch er seinen Namen gewechselt hatte. ,,Savilombo von Dhrcona«, suhr er, sich an den Trödler wendend, sort . . . »mein Diener hat eben meinen Namen genannt . . . und nun, Erdenbewohner, wie ist der deine?« »Eragmus Zabulon!« »Ein seltsamer Name!« rief Cyrano lachend. Der Trödler schwie ein Weilchen, dann fragte er mit scheinbarer Neu gier, denn er war immer noch fest überzeugt, einen Wahnsinnigen vor sich zu haben: »Sie kommen von weit her?" »96,113 Meilen«, versetzte Cvrano und fuhr mit dem unerfchiitterlichften Ernste fort, »und du kannst dich rüh men, der erste Erdbewohner zu fein, der einen Bürger des großen Mond landes zu Gesicht bekommen hatt« »Des Mondlandes?« »Nun ja, ich komme vom Monde!« Zabulon fühlte, wie sich die Haare auf seinem Kopfe sträubten und druckte sich die Stirn mit beiden Händen, als wollte er sich überzeugen, daß er nicht von einem bösen Traum genarrt würde. Auch Jolivet betrachtete seinen Herrn verdutzt und fragte fich eben falls, ob der junge Mann nicht von ei nem Wahn befallen wäre. Die Wun den, der Blutverluft hatten sicher das Fieber hervorgerufen, das sich in selt samer Weise bemerkbar machte. Indessen betrachtete der Gascogner mit vfisfigem Blicke die Augen des Trödlers und schien sich über seine Verwirrung zu freuen. Plötzlich brach ein breiter blauer Streifen durch die kleinen Fenster des Ladens. Cyrano zog Zabulon dorthin, deu: tete auf den Himmel, an dem der Mond mit ruhigem Scheine thronte und rief: ,,Erdbewohner, das ift mein Vater land!« Der andere wagte nicht einmal, eine Bemerkung zu machen; er hatte nicht die Kraft dazu und ließ sich, entsetzt von dem, wag er gehört und noch hören würde, auf einen Schemel nieder, wäh rend der Gascogner fortfuhr: »Erasmug Zabulon, weißt du, was das Gold ist?« Der Trödler richtete sich plötzlich auf und rief mit glänzenden Augen: »Di) ich es weiß, ob ich es weiß««. Dann aber beeilte er sich, von einem Gefühl des Mißtrauens beherrfcht, hinzuzufügen: ,,Natijr ich nur dem Namen nach, denn ein armer Teufel meines Schla ges . · .«« »Nun denn, Gevatter, es giebt Gold in meinem Lande« »Viel Goldt« »Berge voll!« »Nicht möglich!« ,,Soviel, daß man nicht weiß, wag man damit anfangen foll!« »Nicht denkbar!« brummte Zabulon von neuem, diesmal mit einer oewrssen Entriiftung »Zweifelft du etwa?« »Nein, aber Sie lastern; man weiß stets, wag man mit Gold anfangen kann.« »Ah, ich begreife, man giebt es aug!« »O nein; man behält es und weidet fich an seinem Anblick!« »Nun denn, mein lieber Freund, ich kenne in meinem Vaterlande Schatze, die hinreichen würden, alle Bewohner des-s Erdreicheg zu reichen Leuten zu machen-« Zabulon wußte nicht mehr, ob er glauben oder zweifeln sollte; seine qanze Denttrast war nur einem einzi gen Gegenstande zugewendet,oen1 Golde. Indessen suhrCytano mit hinreisen Zier Begeisterung satt: »Ja, Gevattek, ich habe da oben un geheure Goldläger entdeckt . . .'« ,,Ungeheure Goldläger«k« »Von meitentveitem llmsange . . . »Nicht 1nöglich!« »Auf Ehrenwort . . . das schönste qelbe Gold . . .« »Ist Pulver?« »Nein!« »Den Staub?« »Nein!« »Jn Körnern?« I »Nein. in Batren2« : »Den Batren?" « »An achtziq Notati« i »Ja achtzig Karat? das wäre zu schön. Und wem gehören alle diese Schätze?« »Mitt« »Aber diese Schätze betragen ja Mit-« Honen!« »Milliarden. Milliarden . . . f Hund dass haben Sie alles verlas en « « »Ja, ich bin aus die Erde gekom men, um zu seyen, wozu ich vie-es Geld gebrauchen könnte und wenn ich nach meiner Heimath zurückgekehrt bin, dann werde ich die gewiß nicht verges sen, die mich hier unten gut aufgenom men und mir gute Rathschläge gegeben haben.« Zabulon wehrte sich zwar noch mi mer gegen das, was er hörte, doch die ; Erzählung von dem Golde beherrschte alles, und von dem Versprechen Exe rauscht, erklärte er: »Ich möchte Euer Gnaden ja so gern » zu Diensten sein.« Dann aber kam ihm plötzlich ein Zweifel in den Sinn, und er fragte: » »Wie werden die, die Jhnen gefällig - sind, die Millionen aber bekommen, Dis l Sie ihnen schenken wollen?« »Nun, guter Freund, weshalb fragst du mich nicht, wie ich selbst hierher ge kommen bin?« »Das- ist wahr«, versetzte der andere, »und ich möchte gern erfahren . · .« »Nun gut, so höre«, erwiderte Ch rano und begann nun eine Erzählung die er späterhin in einem seiner Werte benutzte. »So wisse denn«, begann der junge Mann, »das es in dem ganzen Reiche des Mondes kein vornehmeres Ge schlecht giebt als das meine . . . ihri gens trage ich in meinem Gesicht den Beweis dieser Vornehmheit . . .« Während er diese Worte sprach, zeigte er auf feine Nase und fuhr fort-. »Bei uns hat man seit mehr als dreißig Jahrhunderten beobachtet daß eine gro e Nase . . . das Zeichen ines geistreichen, großmüthi en Mannes ist . . . . Nun, meine Na e gilt selbst bei denMondbewohnern als außergewöhn lich, und ich bin wohl von all meinen Landsleuten der Wißbegierigste . . . Ich hatte keinen glühenderen Wunsch, als diesen Planeten, der uns als Mond dient, in der Nähe zu sehen.« »Wie, die Erde dient als Mond?« »Weßhalb nicht! der Mond ist doch auch eine Erde . . . doch ich fahre fort . . . Um bis hierher zu gelangen, mußte ich lange nach einem Transportnisttel suchen; doch glücklicheriieese habe ich die physikalischen und mechanischen Wissenschaften studirt, und so beschloß ich denn, selbst eine Maschine in erfin den, die bald nach meiner Anweisung gebaut wurde.« »Was war das siir eine Maschine?« »Das will Ich dir fa·1,en: es war ein großer, sehr leichter Kasten vor. 6 Fuß Höhe und 4 Fuß Breite, Der hermerisch schloß. Unten mit Löchern versehen, trug er an der Spifße eine große Keh ftallvase mit 2i) Fa fette-» welche eben s falls durch Löcher mit dem Jnnern in s Verbindung standen. Jede Fassette s mußte die Wirkung eines Brennipie l gelg hervorbringen. An dem zur Reife l festgesetzten Tage schloß ich mich mit z Partoribor in die Maschine ein. Die Sonne schien hell, und durch die Reh i siallvase verbreiteten sich die Strahlen im Innern des Aastens und bildeten iiber uns einen kleinen f.)iirptirsc«l;i·n-v niernden Himmel. Plötzlich fiihlten wir uns, wie von einem Wirbelwinde fort getragen, und durch eines der an den vier Seiten der Maschine angebraclzten Fenster sah ich, daß wir in die Luft « stiegen. Schon schwebten wir über den Bergen des Mondes, und zwar erho ben wir uns so schnell, daß sie in den Erdboden zu versinken schienen. Alle meine Hoffnungen verwirklichten sich; und wie ich es berechnet hatte, zog die in die Krhstallvase dröngende Leere die Luft im Uebersluß an, so daß wir im mer höher und höher stiegen · . « ,,Jmmer böher?-'« unterbrach Zahn lon schüchtern. ,.«Llllerdinqs, was findest du daran so seltsam?« »Nun, ich dachte, wenn man voin Monde toniint, so niiißte man doch eher herabsteigen . . .« I csykcmo disk sich auf die Lippen und I versetzte, ohne sich ans der Fassung s bringen zu lassen: l »Nun ja, beides; wenn ich zuerst aufstieg, fo geschah es, um mich ils I orientiren und nachzuseliein in welcher l Utichtuiig eigentlich Paris liegt . . ,,.-rh, seist gulz »Die einzelnen Vorsälle dieser Reise will ich dir ersparen . . . ich will dir nicht sagen, wie wir beinahe mit dein qroßen Bären zusammen aestoßen mä ren, um wieder bis zum Sirius zuriicl zu slie,ien; auch will ich nicht berichten, wie wir an die Hörner des Steinbocks anrannten, bei welcher Gelegenheit ich mir mein Wammg und meinen Man tel zerriß. Er unterbrach sich urn aus die Risse seiner Kleider zu deuten. ,,.lber ich kann es beweisen, denn hier sind ja die Zeichen.« ,,.l"turz und aut«, fuhr er fort, »die Nacht war bereits seit langer Zeit ler - eingebrochen, als sich meine V·iliasch ne aus deinem vause niederliesJA »«’;st sie noch dort?« »O nein, sobald Partoribor und ich sie verlassen hatten, ist sie wieder ;u riictaeflogenX »Wie werdet Ihr es denn nun aber ansanaen . · .?« »Um nach dem Monde zurückzukeh ren?« »Ja!« »O, deshalb habe ich keine Soraez ich brauche mir nur in diesem Lande fine ähnliche Maschine bauen zu las-— en »Und wann werden Sie wiederkom men?« »Um das Gold herzubringen?« »Ja, Millionen in Barren scnd schwer · . .« »Nichts einfacher als das-; ich lisse mir nur eine 10 mal, 20 mal,100 mal . größere Maschine bauen, und dieSache ; ist abaemacht « s Cyrano hatte seine phantastischen« Erfindungen mit solcher Ueberzeugung vorgebracht, daß sein Zuhörer sich von ihnen vollständig berüan ließ. Alles wurde in seinen Augen wahrscheinlich, und selbst die Widersprüche erschienen ihm klar wie der Tag. Was Jolivet anbetraf, so wußte er nicht mehr, was er von all dem, waiz er hörte, denken sollte. Cyrano aber, der jetzt gewonnenen Boden unter sich fühlte, fuhr in ruhigstem Tone von der Welt fort: ,,Guter Freund, hast du nicht viel leicht in einem Schranke eine für einen Hosinann passende Kleidung?« »O, gewiß«, rief der Trödler, hob den Deckel einer im Winkel stehenden Kiste hoch und entnahm derselben ein mächtiges Warnms. Der Gascogner bemächtigte sich des selben und sagte: »Seht gut, und weiter?« »Hier ist ein Beinlleid von der neuesten Mode, das erst zweimal getra gen ist.« »Und Stiefel?« »Auch da habe ich, was Sie brau chen!« »Und einen Mantel?« »Hier ist ein noch ganz neuer, Euer Gnaden« Jn sünf Minuten hatte Chran um aclleidet, und glücklicherweise schienen die Gegenstände wie sür ihn gemacht. Als er sich in dem großen Spiegel lie sah, hätte er sich fast nicht wieder er kannt und sagte: »Das lasse ich mir gefallen, jetzt kann ich mich überall vorstellen. . .« Dann wandte er sich zu dem Tröd ler und sagte: »Wieviel lostet dieses ganze Cosiiini, Gevatter?« ,,300?Francs, Euer Gnaden!« »O, ich schwör-e Ihnen. es ist der ge naueste Preis, sehen Sie nur diese Spi tzen, diese Borten. . .« »O mein Gott, ich streite ja gar nicht, bei uns wäre es 1000 Thaler werth.« »1000 Thaler?« »Ich schulde dir also 800 Fraircs,« fuhr Cyrano fort, doch als er auf dem Gesicht des Trödlers einen enttäuschten Ausdruck bemerkte, beeilte er sich hin zuzufügen: »Natürlich abgesehen von den Zin sen für deinGeld, 20 schöne Barren; so bald ich wieder aus meinem Mond lande zurückkommen werde.« ,,20 schöne Barren?« »Von reinstem Gold!« »An achtzig Karat?« Anderes giebt’s bei uns nicht!« »O, Euer Gnaden,« rief der Tröd ler entzückt, doch in demselben Augen blick lam ihm ein anderer Gedanke: »Wie wäre es, wenn ich Jhren Lataien auch neu eintleidete?« »Nein, ich danke!« »Ich habe da eine prächtige Livree, sie ist für den Kammerdiener des Prin zen von. . . .« »Das ist nicht nöthig, sage ich dir, auf dem Monde tragen unsere Leute leine Livreen.« Der andere verneigte sich aber zu sich selbst mit Bedauern: »Für die Livree hiitte ich noch 10 Barren mehr keiommen.« In dem Zustande, in dem er sich be fand, hätte er dem Gascogner den ganzen Inhalt seines Ladens zur Ver fügung aestellt, und daher fand er es auch ganz natürlich, daß Chrano zu ihm sagte: . »Das schlimmste aber ist, daß meine « Liliaschine beim Fortfliegen meinen ; ganzen Metallvorrath mitgenommen . a .« ) ,,War es viel?« ,,3——400,000 Thaler.« »Nicht niöglich!« »Das hat nichts zu sagen, was ist daz- im Vergleich zu meinen Schätzen?« Dann fuhr er mit dem ruhigsten Tone von der Welt fort: »Borgt mir 100 Thaler, Geoatter!« ,,Gewifz«, versetzte der Trödler, riihrte sich aber nicht von der Stelle, sondern schien noch auf etwas zu war ten. lsvrano begriff und saate: »Was die Zinsen anbetrifft, so ver klsppele ich die Anzahl der versproche nen Barren.« » Der Trödler verschwand schnell, uno siinf Minuten spkiter überfchrittenHerr unk- Diener die Schwelle. »Auf Wiedersehen,« sagte der Gac tot-net mit einer freundschaftlichen Handbeweaung »Auf Wiedersel)en, gnädiger Herr,« sagte der andere, «loninien Sie recht halt zuriict.« « lit- verbeugte sich noch immer, als die i leiden Miinner bereits im Dunkel der l Nacht verschwunden waren. Knrano hatte den Laden des Tröd ter—:- in srijhlichsier Stimmung verlas sen. Anständia aetleidet und mit lum dert schönen tttoldthalern in der Ta: setze, kannte er teine Hindernisse mehr. Seine Wunden verursachten ihm fast aar keine Schmerzen mehr, und er . siiblte die Kraft, allem Trotz zu bieten. Einiae Auaenblicke ging er schweigend dahin, doch als er dir's Ende des Gäß chens erreicht hatte, in dem der Trödler wohnte, rief er aus: »Und jetzt vorwärts nach Samt-. Germain!« iiir hatte immer nur einen Gedanken im Kopfe: Diane von Luce wiederzuse hen. Das war sein einzian Ziel und sein einziges Streben, und es war auch die Entschuldiaunq siir die ern-ava gante Komödie, die er eben gespielt. Nachdem sie eine Zeit lanq dahinge schritten waren, befanden sich Herr und Diener vor einem Hause. dessen Fenster norb erleuchtet waren. Der Gascogner erhob die Augen und rief: I 1"1.Kapitel. t i i »Wir sind am ,,Kienapfel« ange langt!« · Dann wandte er sich tm Jolivet nnd fuhr fort: ,,.Halten wir uns hier nicht auf; meine Freunde dürfen mich hier nicht sehen. Da sie mich für toll und kränler halten, als ich bin, so würden sie mich gutwillig oder mit Gewalt wieder ins Bett stecken; ihre Zuneigung wäre für mich also schlimmer, als der Angriff einer Feindesschaar.« Er ging schneller und sagte, während er sich der Seine zuwandte: »Ich kenne bei der Notte-Damebrücke einen Roßkamm, bei dem wir zwei gute Pferde finden werden« Seltsamer Weise verspürte Jolivet bei dem letzten Wort nicht seine ge wöhnliche Angst, sondern erklärte: »Herr, Sie haben in dieser Nacht aus mir einen ganz anderen Menschen gemacht.« ,,Wirtlich?« »Ich erkenne mich selbst nicht mel)r.«« »Willst du mir nicht den Grund die ser Funderbaren Verwandlung nen nen « »Sie werden mich nicht auslachen?« »Ich versichere dir, nein.« »Nun, ich glaube, der Muth läßt sich erwerben.« »Wie meinst du das?« — »Und die Furcht läßt sich heilen.« ,,Erlläre dich nähert« »Ich lam mir da oben mit meinem Zittern so lächerlich vor, daß ich mich entschlossen habe» . « »Brado!« Ebenso war es auch bei den Gespen ftern.«ss »Ach ja, der Mond hinter den Thür men. . .« »Nein, war ich dumm; jetzt begreife ich erst, wie thöricht ich mich benommen habe; doch ich gebe Ihnen mein Wort, ich werde mich nicht mehr von der Furcht bezwingen lassen!« In demselben Augenblick blieb Joli bet stehen. »Nun, was giebt’s denn?« fragte ihn fein Herr. Der brave Bursche antwor tete aber nicht, und Cyrano wandte sich nach ihm um. Im Mondschein sah er ihn blaß mit zitternden Lippen. ,,Oho,« rief der Gascogner lachend, »du rühmtest dich zu früh!« Doch Iolivet streckte den Arm nach den Arkaden aus« die sich in einiger Entfernung öffneten und stotterte: »Da, da! sehen Sie sie nicht?« ,,Wen denn?« »Nun dort, im Schatten, die Män ner, die sich dort bewegen?« »Nun, und was weiter?« ,,Eine Schaar Wegelagerer, die uns überfallen und übel mitspielen wer den.« Cyrano erwiderte mit lautem La chen, dann packte er seinenLalaien beim Kragen und schleppte ihn nach dem ge fährlichen Ort. »Da sieh hin, du Feig ling!« Iolivet gehorchte· Unter dem Pfeiler sah er in Kübeln eingesetzte Pflanzen, die der Nachtwind bewegte. »Was-! weiter war es nichts?« stot terte er, richtete sich aber sofort auf und sagte: »Ich sollte jedenfalls noch eine letzte Prüfung bestehen, sie soll mir zur Lehre dienen!« Die beidenMänner machten sich wie ter auf den Weg, und nach turzerPausc fuhr der Latai fort: »Herr Savinien, Sie haben mir bei dem Trödler noch ein anderes Beispiel gegeben.« »Welches denn?« »Ihre Geschichte vom Monde!« »Haha«, lachte Cyrano. »Und ich habe IhreEinbildungstraft bewundert, so daß ich mir vornehme, bei Gelegenheit . .« »Meinem Beispiel zu folgen ?« »O, nur ein wenig, wie es sich für einen Diener geziemt. . . .« »Nun, wer weiß, Iolivet, bei den Abenteurn, in die ich mich stürzen wer de, wird sich Gelegenheit dazu bieten.« Man war inzwischen bei der Brücke anaclanat, und Chrano blieb Vor einem Hause stehen, das als Schild einen Pserdetopf aufwies. Alles schien in den-. Hause zu schlafen, durch die Fenster schimmerte nicht das geringste Licht. Der junge Mann klopfte heftig, und int ersten Stockwerk öffnete sich ein«-ken ter. »Wer ist das-" fragte eine Männer stimme. »Zwei Reisende!« »Und wag trollt Jl)r?« »Pferde!« »Ich habe keine mehrt« · »Wie kommt das-, hast du etwa ans kein Geschäft verzichtet?« »O nein, dass nicht,« versetzte der Mann, »das wäre nicht der geeignete Zeitpnnetz die Geschäfte geben zu gut.« »Nun, alle deine Thiere?« »Sind oer.nietbet!« ,,Tei«.fel, das nenne ich 11ngliiek,« rief (sr)rano; doch bald besann er sich eines anderen: »Komm, Jrlivet, wir werden, wad wir brauchen, bei Trahoir finden.« Schon schielte er sich an, fortzugehen, da begann die Stimme von oben von nei;em: »Ich glaube-, Euer Gnaden verlieren Ihre Zeit. . . .« »Weshalb?« »Man wird Jhnen dort dieselbe-Ant wort geben« k »Dann werde ich anderswohin ge ,en.« »Es wird überall gleich feint« »Zum Teufel, willst du mir einre den, das; es keine Pferde mehr in Pa ris aiebt?« »O ja, aber sie sind alle in Samt Germain.« s »Im Saint-Germain?« - »Nun ja, zum großen Nachtfest, daz zu Ehren der Geburt des Dauphin ge- « geben wird.« Von dieser neuen Unannehmlichkeit qereizi, hauchte der Gascogner seinen Zorn in energischen Fliichen aus, indess Pe; Händler in süßlichem Tone fort u r: »Wenn Euer Gnaden warten wollen, vielleicht kann ich bei Tagesanbruch. .« »Zum Teufel auch, ich muß auf der Stelle fortl« »Aber Herr,« warf Jolivet schüchtern ein, »was können Sie denn anfangen, wenn Sie in der Nacht ankommen?« Chrano antwortete nicht, doch zu sich selbst sprach er: »Ich werde in ihrer Nähe sein. « Schießlich aber fügte er sich in das Unvermeidliche und sprach: »Gut denn ich werde warten.« Den Augenblick darauf hatte ihm der Roßkamm die Thür eines niedrigen Saales geöffnet, und der junge Mann lief; sich in einen Sessel nieder. Was Jolivet anbetraf, so hatte er seine Zeit nicht verloren, er streckte sich behaglich auf einer langen Bank ans, die an der Wand stand, und bald ver kündete ein lautes Schnarchen, daß er in den Schlaf des Gerechten versunken War. ————————— Einige Stunden später ritten Herr und Diener über die Brücke, die über die Seine nach Saint-Germain führt. Die Nacht schien bei dem Gascogner eine ArtAbspannung hervorgebracht zu haben, denn halb auf seinem Sattel zu sammengesunken, machte er den Ein druck, als habe er seinen Eifer einge büßt. Man hätte glauben können. er hege Furcht, sich dem Ziele zu nähern, und thatsächlich empfand er eine schreck liche Angst. Die verleumderischen Re den, die er am Tage zuvor vernom men, kamen ihm wieder mit grausamer Deutlichkeit in den Sinn, und er fragte sich, was für neue Leiden ihm dort oben in jenem königlichen Schlosse erwartete, dass er dort oben auf dem Hügel be merkte. Ein Zweifel an dem schönen und reinen jungen Mädchen kam ihm natürlich keinenAugenblick in denSinn, doch die Ahnung eines schrecklichen Ge heimnisses ließ ihn erzittern. Jolivet dagegen schien fröhlich und sehr mit sich Zufrieden; er saß aus einem kleinen Pferde von ruhiger Gangart, und zum ersten Mal in seinem Leben machte der gute Junge den Eindruck eines tüchki gen Reiters. Die beiden Männer waren allein auf der Landstraße, als vlotzlich an einer Wegkrümmung eine Gestalt erschien. Mit einemmale machte derFremde halt, er hatte die beiden Reiter bemerkt und blieb einen kurzen Augenblick mitten auf dem Wege stehen, während er die Hand schützend vor seine Augen legte, um sich dieLeute, die da herangesprengt kamen, deutlicher anzusehenJolivet be merkte, daß der Mann vollständig grau gekleidet war; dann sah er plötzlich, daß derselbe zur Seite sprang und fragte nun in lautem Tone: »Was soll das heis;en?« »Was giebt’s denn?« fragte Cyrano. »Dort unten, sehen Sie nur, Herrl« Chrano folgte der Richtung, die Jo livet mit-dem Arm andeutete, doch er sah nichts, denn der graue Mann war behend in einein Dickicht an der Land straße verschwunden. »Schon wieder eine Vision?« fuhr der Gascogner fort. »Am hellen lichtet-Tage, unmöglich!« »Nun so saa’ mir doch. was dich so aufgeregt hats« »Ein Mann!« »Nun, das ist doch nicht so merkwür dig!« lachte Chrano spöttisch. »O Herr, spottenSie nicht, ich möchte darauf schwören, es war sein gewöhn licher Fußgänger!« »Woran hast du denn das gesehen?« »Er schien aus uns zu lauern!« »Nicht möglich!« »Und ist in ganz eigentlfimliclyr Weise verschwunden.« »Du träumst in wachem Zustande!« »Ich versichere Sie aber. . .« »Genug, fang’ deine Dummheit-en ron heut’ Nacht nicht wieder von neuem ant« Danach versank oer junge Mann wieder in feine Träumerei, nnd sein Gefährte hielt es für gut, lein weiteres Wort hinzuzufügen; doch er war nicht über,:engt, und als er an dem Dickicht tieriiber kam, wo er die seltsame Ge stalt hatte verschwinden sehen, warf er einen scharfen Blick hinein. Nichte zu sehen. Jolioet fühlte sich erleichtert. dennoch war seine Unruhe noch nicht ganz geschwunden, uno er Inutzte im merfort an den llnbelannten denken. Inzwischen war man auf dem Hügel angelangt, und die beiden Männer sprengten jetzt an der Terrafse des Schlosses entlang. Cyrano richtete sich wieder auf, der Moment zum Handeln war gekommen. Er fand seine ganze linergie wieder, und indem er dem Pferde die Sporen gab, sprengte er im Galopp davon. Jolioet wäre gern sei-· nem Beispiele gefolgt, doch leider muer er mit dem guten Willen seines lkferdes rechnen. Dieses kleine nnd rundliche Thier war aber von ruhigem Naturell und nichts miszsiel ihm mehr. ais-S solch schneller Trab. Sein Reiter mochte es noch so anspornen, das Pferd zeigte sieh ebenso unempfindlich, als wenn es von HDIH Acwesen wäre, so daß Jolioet steh entschließen rnufrte, die Reife isthkllritk zu beendiaen. Einige Augenblicke spä ter fprengte er ais einer Seitenfafsade des Schlosses entlang, als er plötzlich sah, wie eine niedrige Thiir sil) öffnet-, aus der etwa ein Dutzend bewaffneter Männer heraustrgten, die mehr Poli zecleuten als Soldaten ähnlich sahen. Jm Dunkel unterschied er eine graue Gestalt, die dem Anführer des kleinen Trnvps Befehle zst gelten schien. »Sieh, sieh«, murmelte Jolinet, denn er glaubte an de: Haltung und Farbe dieselbe Person Zu erkennen, die er schon aus dem Weae bemerkt lFortsetzung folgt.)