Menschen«-wen Weihnachtsniiirchen von Wilhelm Oestergaard. In detn unendlichen Raum, wo Wel ten geschaffen werden und vergehen, be gegneten sich ein Engel des Lichts und ein Engel der Finsterniss. Dir Engel des Lichts war von dem Höch en ausgesandt worden, um den Men chen Trost und Linderung zu bringen, wo er Kummer und Entbeh rung finden würde; er follte alles Gu te fördern und alles Böse verhindern. Der Engel der Finsterniß war von seinem Herrn und Fürsten ausgefen det worden mit dem einfachen Auftra ge, die Wege des lichten Engels zu durchtreuzen. Sie begegneten sich in dem Welten raum rnit dem Gewimmel unzähliger Weltlörper. Tief unten lag die Ku gel ,die man die Erde nennt, und ge rade zu ihr richtete der Engel den Weg »Was willst Du dort unten?« frag te derEngel der Finsterniß, »Du kannst den Menschen doch nicht helfen. Für Erden, den Du reitest, werden zehn - ndere in Sünde und Unglück gebo ren.« Darauf ntwortete der Engel des Lichts: »Gerade jetzt Feiern die Men schen das Weihnachts est. Zu dieser Zeit hüten sich die Menschenkinder mehr als zu jeder anderen Zeit, etwas Böses zu thun; ihre Herzen sind zur Milde und Liebe gestimmt." Der Engel der Finsterniß lächelte. »Du willst den Menschenseelen Heilung bringen, aber den Samen der Sünd hafti keit, der Eitelkeit und der Ver gäng ichteit vermagst Du nicht bei ih nen auszurotten." »Ich werde den Willen des Höchsten ausführen,« antwortete der Engel des fLilchts —- ,,ohne zu fragen oder zu zwei e n." Und er ließ sich hinab auf die Erde. sit si- sc Es herrschte Getümmel, Regsamkeit und Eile in den Straßen der Stadt. Fleißige Leute beeilten sich mit ihren Geschäften fertig zu werden, so daß sie in aller Ruhe die fröhliche Weih nachtszeit genießen lönnten. , Damen und Herren gingen in die Kaufläden, um Geschenke zu kaufen, · sd Kinder saßen daheim und machten mlerlei Dinge zur Ausschmiickung des Christbaumes. Jn allen Häusern wur de gebacken und gebraten, aber auf der Straße stießen sich die Leute, um durchzutommen. »So seiern,« sagte der Engel der Finsterniß, »die Menschen das Weib nachtssest! Wie viele dieser Geschöpfe glaubst Du wohl, haben auch nur ei nen einziaen Gedanken übrig für das Fest selbst? Begierde, Habsucht und Eitelkeit sind die Triebfedern zu allem ihren Thun.« »Du irrs !« entgegnete der lichte En gel. »Siehst Du denn nicht, daß es frohe und dankbare Herzen sind, die sich in diesen lächelnden Gesichtern wie derspiegeln?« Der Engel des ’Lichts führte den finsteren Bruder aus der großen Stadt auf’s Land hinaus, wo der Schnee noch unberührt ausgebreitet lag· Die Dorf- ’ kirche erhob ihre Thurmspitze in die; dunkelblaue Luft. Jn der unteren Wohnung des Pfarrhauses erglänzte Licht. Jn der Wohnstube hatte die« Frau des Predigers, Unterstützt von den Kindern, die Gaben geordnet, die für die Armen der Gemeinde bestimmt waren, und im Studirzimmer dane ben saß der alte Geistliche und bereitete sich auf seine Weihnachtspredigt vor, in welcher er das Evangelium der Lie be und«der Milde verkünden wollte. ,,Tie einfältigen Geister!" brummte der Engel rer Finlernifz mit spanier Miene. »Sie lieben die Tugend, weil sie die Welt und ihre Verfuchungen nicht kennen. Jch werde Dir aber et was anderes zeigen. Folge mir!« Und sie kehrten nach der großen Stadt zurück, ebenso schnell, wie sie sie verlassen hatten. Jn einer engen und fchrnutzigenGasse lag eine elende Kneipr. So oft die hür geöffnet wurde, hörte man laute und rohe Worte. und ein etelhafter Dunst strömte heraus. Hier befand sich eine Gesellschaft von Männern, junge und alte durcheinander. Man ewahrte Züge in den ergrauten Ge lern, die von verftockten herzen er zählten, und auch ganz junge Gesichter mit verworfenen und lasterhaften Zü gen. Man erzählte von Eindrüchen und Gewalttbätigleiteii, von Tagen und Nächten, die sie gleich wilden Thie ren zugebracht hatten, und je prahleri scher die Worte fielen, umsomehr ju belten die sechsten Ein junger Bur sche hatte indes den Biertrug feines neben ihm sitzenden Tischgenossen ge leert, und als der Andere den Krug leer fand, wandte er sich wüthend ge en den Sünder und wollte ihm den teirilrug an die Stirn schlagen. Beide Engel standen unsichtbar an der Thür, und der Engel der Finster niß lachte trininphirend, denn er merk te daß er das Spiel gewonnen habe. Aber in demselben Augenblick berührte Leutn Begleiter einen Zipfel feiner Klei ng. Sigort erklang der Ton einer Kirchenglo e, Anfangs mit einem lei rä dumpfen Schlage, und dann fie arehrere Glocken ein. Der Mühde der bereits den Krug er »den hatte, um ihn an die Stirn fei Geaneri zu fchleudern, ließ die M len. . In Text ell« murmelte er ärger NIICU Ukckdks daß Du ei werth · i se eit- denk - der-« us Wirs- åissii mu sich mit sunlelnben Augen an seinenBes gleitet: «Weshalb verhindersi Du bas? Glaubst Du, das hilft? Was nicht heu te geschieht, wird morgen eschehen.« »Dies sind nur die St eslinder der Menschen,« antwortete der Andere. »Kennst Du bie Ursachen ihrer Er niedrigung? Kennst Du die Kindheit und die Jugend, die sie erlebt haben? Weißt Du, wie entse lich sie verwahr lost worden sind, als re am meisten der Liebe und Pflege bedurften? Weder Du noch ich können sie verurtheilen!« »Aber ich habe Dir mehr zu zeigen!« sagte der Andere. . und dek Engel dek Finsterniß führ-s te seinen Begleiter zu den Wohnungen » reicher Leute, wo Ueberfluß und Wohl- i leben herrschte und Gaben versendet1 wurden, aber ohne daß das Herz Theil daran hatte — also äußerliches Thun Und er siihrte ihn weiter zu den Neid-i !schen, welche vermeinten, daß Andere in viel und sie nicht genug erhielten, Und weiter zu den Gleichgiltigen, fijr die das überhaupt ein Tag war wie alle anderen Tage, und schließlich iiiyrte er seinen lichten Begleiter nach dein Hause ider Spötter. Doch der Engel des Lichts blieb un erschiitterlich Sein Antlit verfinster te sich wohl jedesmal, wenn er die Men schen in ihrer Erniedrigung und Schwäche sah. Kurzsichtig sind sic, Idachte er, denn sie wissen nicht, was zu sihrem Wohle dient. Es werden tau ssend Jahr zu Tausenden elegt ,u ih irer Bußwanderung, weil re in Lind -heit handeln, aber einst werden auch diese Geschöpfe ihre Blindheit erken nen, und Schritt fiir Schritt werden sie sich dem Ziele der Vollkommenheit snähern. Und während der Engel Les s Lichts so dachte, verklärte sich sein Ant s litz wieder und strahlte wie früher. ) »Jetzt werde ich Dein Führer sein, s wie Du der meinige warst!« sagie er zu sseinem finsteren Begleiter, und zum zweiten Male schwebten sie fort von der großen Stadt . » Sie flogen über Felder und Wälder, über Belte und Sunde, und sie lamen nach einer unfruchtbaren und sanoigen Küste, wo ärmliche Hütten zwischen den sDiinen zerstreut lagen. Gegen oie Kü sste wälzte sich das großeMeer, iiber das sich ein Unwetter erhoben hatte. Schäu ’n.knde Sturzwellen brachen über vie Riffe herein. mit Tosen, das dem Rol len des Donners glich, sind weiße Gischtberge wurden gegen den Strand getrieben und mischten sich dort mit dem Schnee. der aus der woltenschwe ren Luft herabwirbelte. Und draußen vom Meere Zur ertön te ein Nothschuß. und dann wieder ei ner. Nur erfahrene Ohren vermochten diese Schüsse von dem Getöse des-Stur mes und des Meeres zu unterscheiden. Aber in den Hütten wurden Lickmr sichtbar, und breitschulterige, weiter harte Gestalten traten auf den Strand hinaus; ein Boot wurde tlar gemacht und die träftigen Männer schoben es in’s Wasser hinaus. nahmen Platz in demselben und ergriffen die Ruder. Der friedliche Weihnachtsadend, wo es doppelt wohlthut in den warmen vier Pfählen zu sitzen, war mit Sturm und bösem Wetter über die Küste und de ren arme Bevölkerung gekommen, aber Niemand murrte —- nicht ein Einziger —, Jeder nahm seinen bestimmtenPlatz im Boote ein, und während Meer und Himmel zusammenzufließen schienen, gingen sie auf die See hinaus, um Menschen zu retten, die sie nicht kann ten, und die sie nie zuvor gesehen hat ten. Und unsichtbar fiir alle Anderen als seinen finsteren Begleiter zeigte der-En gel des Lichts hinaus aus das empörte Meer und das Boot, das bald zwischen ren Wogen verschwand, bald wieder von denselben emporgetragen wurde. «Siehst Du — auch u uten Tha ten sind die Mens n inder im Stande!« ,,Wenn sie gemeinsam in Gefahr sind und Lohn dafür erwarten!« erwiderte die spöttische Stimme. Da fiibrte der Engel des Lichts sei » nen sinsteren Begleiter sort, hinein in’g ’Land, und sie gelangten nach einer ;schutzlosen, nackten Haidegegend, wo es Eschwer war, einen Weg zu finden I Ein sehr dürftig gekleidete-Z Weib jschritt gegen Sturm und Schneegestös I ber are. Es trug ein ganz kleines Kind aus seinem Arm und athmete i tose· und stöhnte nach Luft; es itoipkrte zedeni Augenblick in den iußhohen Schnee. Das brach das Weib zusammen. Es fielI aus einen kleinen Hügel und nahm das Kind auf seinen Schooß. Es gewack te. daß dessen Körper kalt war wie Eis; immer schwächer klang der Athem in der zarten Brust. Es war ein ar mer kleiner Krüppel, für den der Tod das größte Glück sein mußte. Doch das Weib nahm sein Umschlagetuch ab und umhiillte das Kind damit, und da dies nichts hals, nahm es seinen Unter rock und schti lich das Mieder und brauchte es au dieselbe Weise, wäh rend die Kälte den eigenen Körper durcheiste. Und mit seinem kalten Munde suchte es Leben und Wärme dem kranken Kinde einzuhauchern Aber das Weib fühlte, daß sie beide immer dichter vom Sturm. vom Schnee und von der Dunkelheit umarmt wurden. Da gab es sich willenlos dem Tod in die Arme, und ihre Lippen murmelten Eott verzeihe es Denen, die uns an diesem Abend hinaugjagten!« »hörtest Du diese Wortes« sagte dgiEngel des Lichts zu seinem - g ’er. . »Und sahst Du, wie das Weib litt und stritt? ch sage Dir, dieses arme Weib macht a s Bose, das Du mir ge zeigt hast, wieder wett, und ich will ge trost Rechenschaft darüber ablegen. wai i an diesem Weihnachtsabend bei den enschenlindern gesehen habet« Aber der Engel der F nsterniß ant wortete nicht-; er fuhr direlt in den Abgrund. versehrte Well. Eine ostasiatische Plauderei lDie Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt tder Glaube. So ist es der Menschheit ergangen, als sie zum ersten Mal erfuhr, daß die Erde rund sei, und so geht es heute noch unseren Kin dern auf der Schulbank. Wer tann es ausdenten? Da miiffen ja wohl die Chinesen auf »der anderen Seite der Erde zwar nicht cuf dem Kopfe ste Zem sicher aber mit dem Kon und dems opf nach unten hängen. und ein Wun der ist es, daß sie nicht längst hinunter gefallen sind in sdas Meer der Unend lichkeit. Sc recht begriffen habe ich es bis heute noch nicht; aber daran lau ben mußte ich schon, seitdem ich elbst eines Tages von Genua nach ort Said zu dampfte, um nach sechs ah ren (ich hätte es freilich in 70 Tagen machen können) über San Francisro und New York von Westen her wieder in meine Heimath einzuziehen. Dabei habe ich denn auch auf der anderen Seite der Erde geschen, daß die Chi nesen durchaus nicht nach unten hän en, sondern aufrecht auf der Erde ste äen Und doch bleibt es wahr: Es ist eine verkehrte Welt da drüben. Jch war je und je einmal in der Lage, von Tolio aus ein Telegramrn nach Deutschland schielen zu müsse-« Aus zarter Rücksicht auf den Schle meine-J deutschen Adressaten gab ich das Telegrarnm immer erst nach Mit tag auf. Hätte ich es früher gethan-, so hätte ihn der deutsche Telegrapt,en bote am Morgen desselben Tages ans den Federn trommeln müssen; denn das Telegrnmm kommt in Deutschland um 4 bis 5 Stunden früher an, als es in Japan abgeschiclt wurde. Um dieselbe Zeit, da man sich an Kaisers Geburtstag in Deutschland zum Ban lett zusammen sitzt, l:nn man in Japan schon den schönsten Ratzenjams kner haben; denn drrt ist man um 10 Stunden weiter. Wer die Tracht der japanischen Männer zum ersten Mals siebt, hält sie unbedingt sur Frauen-u tleidung. Thatsöchlich bestehen in Japan und China zwischen der Män ner- und Frauetttracht nur geringe Unterschiede. Dann laßt sich der Chi nese einen richtigen Frauenzops wach sen, und auch mancher Japaner trägt der alten Sitte gemäß langes Haupt baar. Wenn ich meinen Besuchern bier in scser Heimatb solche Bilder zeigte, bötten sie bei der Betrachtttna eines männlichen Portraits manchmal dar aus gesehn-cum das müsse eine Frau sein. und bei einer recht auken Phan graphie eines altjapanischen Braut paates, die ich besitze, slnden die wenig sten den Bräutigam beraus. Nicht nur weiblich, sondern treibisch ist die Tracht der chinesischen Mandarinen: bunte Knöpse aus dem Hut, die Kleider bin ten und vorn mit Thieren und Vögeln tttnsiiutnt, dazu Vsauenscdern und um den hals eine Perlenschnur. Umge tebrt wie mit den Bildern männlicher Japaner ging mir’s mit denen von Ainosrauen von den Nordinseln Yezo. Diese tättowiren nämlich ihre Ober lippe, was aus der Ferne und auch aus Bildern einem Schwert-suchen durch aus ähnlich siebt. Kein Wunder, wenn meine heimische-i Besucher sie für sehr stratntne Burschen ansehen. Wer dem Japaner zu teht, wie er seine Galalleis dung anzie t, ist im höchsten Grade erstaunt. Denn er zieht zuerst den Rock (Kimono) an und danach erst die Hase (hotama) oben drijber. In Deutsch land verlangt es nicht nur der mill tärische Drill, sondern auch die Ele ganz des Salons« daß die Füße leicht auswärts stehen; in Japan gilt das als plump und täurtsch: dte Fuß spiden der Frauen müssen leicht ein wärts gebogen sein. Die französischen Frauen —- es soll zwar auch bei den Deutschen vorkommen --— färben diel Augenbrauen, damit dieselben siärleri hervortreten; die verheirathetenFrauen in Japan aber rcsiren sie der alten,i heute allerdings etwa-s- aeloderten Sitte! aemäß ab. Die Europäerin Putzt ihres Zähne und wünscht sie weiß wie Elseni i bein; die verheiratheteJapanerin macht! sie glänzend schwarz wie poliries Eben-; bolz. Die Europäerin lauft sich einen Hovsi wenn ihr in vorgerückten Alter die haare ausgeben: die bejahrteqkapw nerin schneidet sich ihren Zops und läßt sich »den Kopf glatt rasiren. Jn Deutschland tragen die Ammen die Kinder vorn, aus dem Arm; in Ost asien trägt man sie hinten« ans dern Rücken. Jn deutschen Romanen lann man lesen, wie der Held die Geliebte aus starken Armen durch den sit-einwen den Gießbach trägt; in China und Japan muß es sich vie Schöne schon gefallen lassen, sich aus« seinen Rücken zu hängen. Spielen bei unt die fina ben mit Drachen, so thun sie das zwar auch in China, aber die schönsten las sen ertvachsene Männer steigen, und zwar sitt nicht geringerer Freude als die Knaben. Macht man in Japan einen Besu , so ist nicht das erste, sich der Kap - bedeckung zu entledigen, sondern die Schatz auscziehenz denn mit den Seh n an n Fugen dars man das peinlich sauber gehaltene hauz nicht betreten. Komme ich m das Haus eines Ehinesen, so ziehe ich. aus dem oslnr den hut ad: der Chinese aber liest einen M erst aus« ehe er mit empf me. n er sich nach meinem Bestnden erkundigt, sengt er: Waben Sie hren Reis aegessenk« und wenn er nir Ydieu sagen will, spricht er genau wie der Ja ner auch): Jsehen ie· langsamt« e Rsltchteit des Chineseu schreibt ibm vor. sich in indilcretester Weise nach unseren Ber hältnissen, besonders auch nach unse rem Alter zu ertunsdigen, und je älter wir sind, desto mehr beglückwünscht er uns. Bei uns betrachtet man das Alter als Mangel, in Ostasien als Vorzug. Wenn aus mein Alter die Rede kam, machten sie mich stets um 10 bis 20 Jahre älter, als ich war. Mir war es gar tein Gesallen, sie aber meinten, durch ein höheres Alter mich ehren zu müssen. Zu sagen, daß ich 80 Jahre alt sei, wäre sin sie gleichbe deutend mit einer Beleidigung meiner Betst-n gewesen. Junge Mädchen. die i uns am meisten umworben sind, elten in Ostasien am wenigsten; alte Frauen aber genießen troß der allge meinen Mißachtung des weiblichen Geschlechts große Verehrung. Jn Europa hat die Frau überall den Vor tritt vor dem Manne; der Ostassate weiß nichts oon einer besseren Hälfte, wohl aber redet er auch dein Fremden gegenüber von seiner »gusai«, dem dummen Weib; der Mann geht voran und die Frau mag sehen, wie sie nach tommt. Nach der Herrin des hauses braucht man sich nicht zu erlundigen« wohl aber nach dem »geehrten Herrn Sohn«, auch wenn das Kerlchen noch in den Windeln liegt. Bei dem Essen lommt die Subpe nicht voraus, son dern zwischen drein: auch kommen die Süßigkeiten nicht am Schluß. Der Bauch ist nicht bloß der Aufbewah rungsort der genossenen Speisen, son dern auch — bei Chinesen und Japa nern —- der Sitz der Geistesthätigteit. »Ju-nin toshara« sagt ein japanisches Sprichwort, d. b. wörtlich: »zehn Men schen, zebn Böuche«, feiner wirklichen Bedeutung entsprechend aber: »so viel. Köpfe, io viel Sinne«. «Bäuche« be deutet also »Sinne«. Erschiene bei uns ein Herr bei einem Gastmahl mit dem Fächer, so fände man das weibisch; dort aber sächeln sich Männer ebenso-I ironl als Frauen. Jn Ostasien ist die’ Farbe der Trauer nicht schwarz, sen-« dern weiß. Die leiotragenden Frauen erscheinen in Japan stets vorn chs bis »Zum Fuße weißgellridet beim Lei-] chenbegängniß. Bei einer Beerdigung; wird sast mehr gelacht als geweintzz denn die Etitette verbietet streng. sei-s nen Gefühlen freien Laus zu lassen.! Als mein Diener mich um ein paar Tage Urlaub zur Beerdigung seinerl Mutter bat, tam er zu mir strahlend, mit lachendem Munde So etwas ists start ansteckend; und ais ich selbst ein-i mal in die traurige Lage kam, dies lächelnd daraebractten Berlerdsdezeu-s gungen meiner japanischen Freunde? entgegen Zu nehmer-, that ich es lächeln-s den Angekchtes, rhrobi es mir bitter-l wen zu Aktkutb war. Wir preisen uns glücklich dieweil wir leben: der Jana ner man sich daraus freuen, zu sterben.« Denn wenn er im Leben wenig galt,s im Tode wird er ein Gott. Es mag· jemand der ärmste Bettier gewesen sein, der Hungers sterben mußte, nach sei nem Tode bringt man ihm SpeiseopsIr genug dar, und jetzt tann er das, was er im Leben nicht gekannt, nämlich sichså einmal gründlich satt essen. Verbietet die Etitette bei Todesfallen Aeußeruns gen des Schmerzes, sc schreibt sie da gegen bei hochzeiten sitt die Braut wenigstens eine Leichenbittermiene vor, weil mit der Stunde der Verehelichung ihre bisherige Familie sür sie todt ist und todt sein muß. Bekanntlich nimmt in Japan jeder mann täglich oder doch wenigstens ein Mal in der Woche ein Bad. Darin mag ja nichts gerade Verkehrtes lie gen, rbgleich mancher deutsche Bauers mann. der seit seiner Militiitzeit tein Bad mehr eseiken hat« bedenklich den Kot-s dazu chiitteln mag. Aber merk triirdig tst es doch, daß et nach einem Bade sich mit einem nassen Handtuche cbtroclnet. Wenn ich mit einem Japa rer einen Spazirgang machte, ließ er mich als höflicher Mann zu seiner Lin ten gehen Unid nicht zu seiner Rechten. Denn in Osta en ist die linke Seite die Ehrenseitr. ti-hung-tschang ist nicht die rechte, sondern die linte band der Kaiserin - Mutter. Die drei höchsten Staatsbeamten nach der Restanration von 1868 in Japan waren der Daijos Daijin (Minister der Großen Re ie runa). der Sa-Daiiin (Mintster - ker hand) und der U-Daiiin lMini ster rechter hand). Der Minister lin ter and aber rangtrte über dem; Miniter rechter hand. Jch erinnere; mich, wie der deutsche Consutatsoenz weser in Nagasaki einst eine Einla-: dung zu einem Essen ergehen ließ. Zu? den Geladenen gehörten der Gouver neur und ein gerade anwesender japa nischek Admiral. Beide standen in glei chem Range. Nun gehört bekanntlich idie strenge Beobachtung der Rangord knun zu den wichtigsten Ausgaben der i Dtp ornatie. Jst ed doch seit den Tagen des berühmten Kirchgangö der Krims Ihilde und der Bruntsilde vollkommen klar, daß aus den kleinsten Ursachen der Etikette die größten politischenRei bungen entstehen können. Da gilt es also, den ganzen diplomatischenSchars sinn aufzubieten, um die Plan-Frage richtig zu lösen. Welcher von den bei den japanischen Würdenträgern sollte Oden Ehrenplatz einnehmen? Der Con sulatsverweser wußte sich zu helsen. Er gin zu dem ersten und sagte ihm, daß in Zwischan und in seinem deutscken hause der Platz zur Rechten des Gast eders der Ehrenpla sei; derselbe ge «hre iden, und er tte idn, denselben einzunehmen. Darnach natan er den anderm vor. und indem er vorgab, daß «er biet irn japanischen Lande sich selbst verständlich auch nach sder japanis n Sitte richte bot er ihm den Ehrenp as zu seiner Linien an. · Wie hier die europiiische Diplanias tie, so war auch die japanische Regie rung einmal in grosser Bett erexit Das war damals. als die eresige as tutsche nach Japan kam. Da sahen die Minister zu ihrem Schrecken, daß die Sitze des Kutschers und desLataien höher waren als lder Siy des Mitado. Nun darf aber in Japan niemand »itber·· dem »Sohn del- Himmels« sein. Heute noch, wenn er durch die Straßen von Totio fährt, müssen die höher gele .genen Stockwerte durch die holzschiebe Ithiiren vollständig verschlossen werden, Fda es »despectirlich'« wäre, wenn ein jUnterthan auf ten Erhabenen »der-ab Fschautec Was war da zu thun? Man » setzte den Lalai in den Wagen und den Kaiser auf den Bart. Die Geschichte mag nicht ganz wahr sein, aber mög lich ist sie. Hat man doch im Anfang mit euroväischen Möbeln und Kleidern recht wenig anzufangen gewußt. Man taufte sich Stühle, wußte aber nicht, daß fie zum Sitzen dienen. Heute noch sieht man in der Eisenbahn viele Pas sagiere, die sich nicht nach europäischer Art aus« die Bänle setzen, sondern die Fuße hinausziehen und mit unterge schlagenen Beinen auf der Bank sitzen, geradeso tvie in ihrem Haufe auf dem Boden. Als ich eines Morgens nachsehen wollte, wie weit der Bau eines neuen Hauses gediehen sei, bemerkte ich, daß, ehe noch ein Fundament gelegt war, die Zimmerleute einstweilen schon das Dach zufammenfetztem wenn auch nur vorläufig, sozusagen zum Anprobireii. Nachdem sie die Dachballen numerirt hatten, legten sie sie wieder ausein ander, um sie fiir später aufzuheben. Auch sonst sah ich manches Sonder bare auf dem Baiirlatz. So ist z. B. das Beil des Zimmerinanns nicht so angebracht, daß die Schneide in der uns, vielmehr ist sie quer zum Stiele, wie etwa dei einer Hade. Die Schneide der Sage ist nicht nach unten gerichtet, sondern quer seitwärts gekehrt. Hob-l und Beil gebraucht man nicht so, daß man von sich weg arbeitet. vielmehr hrsbelt und haut man auf sich zu. Ein Pferd besteigt man stets von rechts und nicht von lintsx die Mahne aber läßt man links herabhängen. Wenn man das Pferd in den Stall bringt, stellt man es mit dein Schwanz an die Wand und mit dem Kopfe der Thüre zu; hier befindet sich auch die Futter - grivvr. Nach glauhwiirdigen Mittheilungen ·avanischer Officiere sollen die Chitin sen im letzten Kriege Kanonen beses sen haben, kdie sich, anstatt nach vorn, vielmehr nach hinten entluden und bei aller Verlehrtheit sehr bedeutende Wir tungen erzielten s- freilich unter den eiaenen Leuten! Sehen wir in das Geistegleben des Japaners oder Chinesen hinein, so seben wir hier dasselbe antipodische Verhältniß. Schon ein oberilächlicher Blick aus die mechanischen Aeusxeruns gen des Geisteslebens, z. B. aus Lesen uno Schreiben, bestätigt das. Nimmt man ein chinesisches oder japanische-· Buch zur hand, so steht ba, wo wir den Titel suchen würden, das Wort »Ente«. Der Ostasiate, wie der West asiate auch, beginnt nicht vorn aus der ersten Seite, sondern hinten aus der letzten. Er liest unt schreibt nicht von links nach rechts, sondern von rech25 nach lints. .Ueberschristen« giebt es nicht; denn die Titel lieben nicht «iiber«. sondern neben dein Text· Die Anrnertungen und Fußnoten sind nicht unten, sont-ern rsben auf der Seite an gebracht. Man liest nnd schreibt nicht quer über die Seite bin, sondern sent recht von oben nach unten. Herr Mauer uird umgekehrt Mauer-Herz Doctor Müller wird Müller-Doktor geschrie ben. Der Familienname kommt stets zuerst, der Vorname ist immer Nach name; er hat überhaupt nicht die Be deutung wie bei uns, da er bis zur Mündigkeit in Wer Regel zwei oder Dreimal gewechselt wird. Die deutsche .Adresse: »Hei-en Adols Schmitt, Fried Trick-strecke 53, Berlin, Deutschland« l schreibt der Japaner genau umgekehrt ,,Deutschlanb, Berlin Friedrichstraße 153. Schmitt Mols Herr." »Auf dem Tische« wird auf denl Kopf gestellt: ,,Tisch dem auf-. »Sie-l ben Achsel« heißt durch ganz Ostasien »Bist Theile sieben« und statt Nord ost und Südost, Nordweit und Städ weft sagt man Ostnorb und Ostsiid. Westnord und Westsüd. Auch bei der( Angabe von Daten verfährt man unt-; aetehrt: der S. November 1898 lautet dort: 1898 elster Monat sechster Tag. Der Genitib tommt stets vor dem haupttvort, von dem er abhängig ist, das indirecte Objekt vor dem direkten, das Adverb vor dem Prädikat· An Stelle von Präpositionen gibt es nur « ostpositionen, Ccniunktionen treten ,inter den durch sie bestimmten Sah, das hülfszeitwort hinter das Zeitwort. »Wöhrend wir das wichtigste im Satz .vrsranzustellen pflegen, lommt es im lJapaniskhen immer hintennach, gleich wie man in ganz Ostasien bei allem iThun untd handeln Größen lleineren Ranaes vorschiebt, während die-Haupt artoren im Hintergrunde stehen blei l ben. Daher das durchgänatae System sder indirekten Versahrunastvetse und tder waiöchengätgerei. Das Antipa dische e. reckt si selbst aus dresch stesung. Der Haut-tin tommt immer shintennackn Das deuts e Kind beginnt hu lesen an der band der Ftbel; das Leseburh des chineiiichen Knaben sind die philosophischen Schriften des Con ksuztuk Wenn etn Japaner Deutsch lernen wollte, konnte ich ihn nur mit roher Mit-be davon abbetngen, mit Zefsstngts Erziehung des Menschen ge chleehtz oder mit Goetbe’s Faust zu ibeginnem Wenn ich einen Japaner frage? Messen es nichts« so sagt « »ja , wenn draußen sdie Sonne am tlarblauen Himmel sie t, also wenn wir unbedingt mit «ne n« antworten würden. Durch Einfilheun eines paners in eine deutsche Po e ließen ich die schönsten Verwechslun en und ißverstiindnisse schaffen. Je dem »Veriehrtesten· aber, was ich drüben gesehen habe, gehört das, daß wei japanische Kulis, »die im Laufe an ein ander rennen, sich nicht etwa mit Schimpsreden oder Prügel tractiren — was bei uns doch zweifellos die natür liche Folge wäre, — sondern vielmehr sich gegenseitig eine elegante Verbeu ung machen unld sich höflichst um Ent schuldigung bitten! Eine verkehrte Welt fürwahr, und lange dauert's, bis man sich zurecht aesunden hat. Und nun, nachdem einem das einigermaßen gelungen ist« lam men die Chinesen nnd stellen alles wie ;«der aus den Kopf, daß man sich erst recht nicht mehr aukiennt In China ; acht jetzt alles drunter und drüber. Jn «einem Voll, bei welchem die Frauen snur zum Gehorchen da sind, ergriff Feine Frau die Zügel der Regierung. , Dieselben Chinesen, die zuvor nicht mit ? Unrecht als knauseria derschrien waren I und die es vor dier Jahren ablehntem ! Japan geaeniiber das lleine Sondera Hnitiitstitelchen auf Korea abzugeben, i trohdem es doch nichts weiter war als I ein werihloiez Stückchen Papier, thei -len aus einmal ganze Provinzen inik vollen Händen aus. Dieselbe Regie iiuna, die bisher von den Europäern swenia wissen wollte, liebäugelt pros lich init ihnen, nur daß es ihr noch : etwas geht wie Buridans Esel mischen Iseinen beiden Bündeln Heu: sie weiß znoch nicht recht, soll's Rußland oder ! soll’s England sein. Das »non plus kultra« von Verlehttheit ist aber doch Eirohl das, daß die Missionare der s China--Jnlan7d-Mission ebenso wie die «latholischen Missionare, mit Bischof zAnzer an der Spitze, nicht nur iin zilnnern des Landes« sondern auch in zEchanahai und bei ihren Geht-langs j reisen in Japan in chinesischer Kleidung zund rnit dein Zops umhergehen, wah ; rend sich der Kaiser von China denZopf sabschneiden und eurooäische Kleidung Zanlegen möchte! Einer aber steut sich der verleheten Welt, Li-huna-tschang. Das Glücksrad hat ihn, wie so ost zu vor, auch jetzt wieder obenaus gebracht. Zufrieden sißt er bei den Goldsaclen, die er sich durch seine stete Fürsorge sur sein Vaterland so wohl und redlich verdient bat. Psissia lächelnd pseist er rot sich hin: »Die Welt ist rund und muß sich drehn, was unten ist« muf oben stehen« W clue indirecte Antwort — General Siberrnan beklagte sich einst während des Sezeffionåtrieaes bei Ltncoln, dem Präsidenten der nord amerilanischen llnion USE ermor det), daß ihm die Regierung nie deut lich zu verstehen gebe, welche Politik er zu befolgen habe, und befragte schließ lich diesen, ob er Davis, den Präsi denten der feindlichen Südstaaten, ge xaggen nehmen oder entwischen lasse o e. »Ich will Jhnen etwas sagen«, er widerte Lincoln, »hinten in Texas lebte ein alter Mäszigteitgptediger, der es mit der Lehre und Ausübung der Ent haltsamleit sehr streng nahm. Eine-z Tages irn Hochsornmer hielt er nach einern fehr langen Ritt sich irn Hause eines Freundes auf, der ihrn eine Li mouade bereitete· Während der Freund das milde Getrönt herftellte, fragte er einschmeichelnd, ob er nicht ein kleines Tröpfchen einer störtenden Essen-; bei mischen dürfe, um nach dem beißen Ritt die erfchlafften Nerven etwas zu erfrischen. »Nein«, —-— sagte der Mii ßigleitoapostel —- »ich tann und dar nicht — Sie wissen —- aus Prinzip. Aber, fügte er mit einem Blick auf die zur Hand stehende Flasche hinzu, »wenn Sie es so halten können, daß ohne mein Wissen ein Tropfen hinein geriith, fo meine ich, daß rnir dies nicht besonders schaden tönne.« »Sei-en Sie, herr General«, schloß Lineoln, »meine Pflicht ist es, die Flucht von Jefferson Davis zu verbin dern: aber wenn Sie es so einzurichten verstanden, dasz die Flucht ohne mein Wissen bewertstelligt würde, so denke ich, daß daraus ein Schaden nicht er wilchse.« steten ver-P ich tu den see. CAus dem Album eines Hochmodernen.) Steine werf’ ich ir-. den See —- - We die Steine niederfallen, Da beginnt der See zu wallen! Anders meines Herzens See — Der begann zuerst zu wallen. Und dann bin ich ’retngefallen! Inder-e satduesssimchh Zum Fest aus dem Blocksberg erschei nen Die Heer tvie nie vorher-; . »Der «eusel musreet die Seinen, Der Teufel wundert sich seht. ITa hat nun das neue Wesen Ergrisfen auch seinen Staat-. Sonst fuhren dre Hexen auf Besen, Denk fahren sie aur dem Rad. --— Neue Richtung: herr: »Aber ich bitte Sie, mein Bart ist doch schwarz und Sie malen ihn blondt« —- Mater: «Waj wollen Sie. das tsl einmal so die neue Richtung!« —- Klatschrrsen .Die Frau Schmidt! Hat fie sich über den Verlust ihres ersten Mannes schon getrsstets« »Sie an, aber ihr zweiter Mann is untril l darüber.«· I