Roman von Jules Terminen . -.-.--W«-«- —.— — (3. Fortsetzung) Jn diesem Augenblick klopfte es an der Thür, und der Kammerdiener Ni chelieus zeigte sich. uWer ist da?«, fragte der Minister zornig, »ich habe doch gesagt, daß ich allein sein will.« »Monseigneur,« versetzte der Lat«i, »eine Ehrendame der Königin ist va, welche darauf besteht, eingeführt zu werten . . . Sie hat soviel gebeten und gefleht, und ich habe nicht gewagt . . ,.Eine Ehrendame der Königin? . . . Ihr Name?« »Fräulein Diane de Luce.« Der Kardinal wollte schon den Be fehl ertheilen, die Dame fortzuschicken, doch plötzlich öffnete sich die Thur, und ein junges Mädchen stürzte in das Ge mach· Sie warf sich Richelieu zu Fü- . ßen, umfaßte seine Knie und rief: - «Gnade, Monseigneur, Gnade, ich flehe Sie um Gnade an.'« J Richelieus Gesicht trug den Stempel ’ entsetzlicher Härte,v und er erwiderte: »Sie, mein Fräuleins Sind Sie bei Sinnen? Was wollen Sie, und woher tommt Ihnen die Kühnheit?" Das junge Mädchen richtete sich halb au . Sie war ein wunderbares Ge schöpf. Jhre start driinetten Haare zeigten fast bläuliche Reflexe und um rohmten ein blasses Gesicht von vollen deter Schönheit Die großen somit-et ’ ? weichen Augen hatten einen seltsamen s Glanz, bald von verführerischerSanit- ! muth, bald von tcpferer Energie. « «Gnade, Monseignenr, Gnade; hö- i ren Sie mich an! Jch weiß, wie toll tiihn es ist, um eine schon verlorene f Sache mit Ihnen zu kämpfen. . . . ; Mein Bruder. . . s »Ihr Bruder itt ein Verrätherl" l ·.. in Kind. Monseigneur, ein thö- ’ rechter Jüngling, der sich hat verfüh ren, hinreißen lassen!« »Er hat sich gegen die Sicherheit des Reiches verschworen. . . . Er ist ver-- l urtheilL . . und leine Macht der Welt. . .« »Dort-, Monseianeur,« unterbrach daß junge Mädchen, »eine könnte imz retten!« «Welche?« »Die über allen steht, die Jtzriae!" So unerbittlich Richelieu aisch schei nen wollte, siir die Schmeichelei war er i drch zugänalich Er antwortete nicht T sogleich, und Diane de ane fuhr fort: : «Monseianur, mein Bruder nnd ich, wir sind zwei Waisen . . . unser » Großvater, der SittarquisHector de L1«ce, ist im Dienste seiner Majestät gestorben. . . Er siel bei der Belaese rung von La Nochelle unter Ihren Augen« . . Das trat vor Heim Jak) ren, irn Innre 1628. . «Ja,« versetzte Richelieu, »das war . ein tapferer und ehreiihaster Edel l mann." »Unser Vater-, Jean de Lucc, hat sein Leben hingegeben, damit der Her zog von Nevercz die Standorte Franls reichs aus der Citadelle Mantuas aut vslanzen lonnte.« .Je größer die Beispiele waren, die Ihrem Bruder aeaeben wurden, um so ; schuldiger ist der, der sie vergessen hat« s »Aber ich wiederhole Jtznen nochs einmal, Monseiqneur. Naoul de Luce I ist noch ein Kind, er hat nichts geivuit nichts begriffen. . .« «Cin französischer Edelmann mirs-, stets wissen, daß man mit dem Spa nier, dein Fei- de Justinian-, datirt.« Z «Mnnseigneuil" l «Gen1.a! Die Gerechtigkeit nehmei ihren Laus. Daz- Urtheil, das das-H Tribunai der Marschiille gefällt, wird visllsueckt werden« Richelieu erhob sich ungeduldig und wandte sich der thiir ,,-1, doch das junge Mädchen war ihm voran-gestürzt und ries: »Ich sage Ihnen, Monseianeur, ein französischer Edeimanm dessen grösste Verbrechen der Leichtsinn ist« wird i;; der Stunde, da Frantreich ein Tsin phin geboren worden, nicht hingerichtet k werden« j Der Cardinal war stehen geblieben Was wollen Sie damit sagen t« »Ich will damit sagen, daß mein Bruder heute Morgen. . . hören Sie wohl. . . heute Morgen zum Scha ott geführt werden soll. . . Sehen «-ie, Monseignei:!,« fuhr fie, sich dem Fen site zuwendet-d, fort, »von hier aus tännen Sie sogar am Horizont den schwarzen Fleck bemerken, den das Ge hölz in der Ferne bildet, hinter wel chem dasShafcitt scaseich errichtet wer: den wird. .. Blut...B1ut... Fütchten Sie nicht« daß es ans die Wiege suriictsöllt2« Skc sprach mit zitternder Stimme, welche zu Versen ging. »Mein Itautein,« begann Richelieu, doch sie unterbrach ihn tn muthigem Tone und suhr spri: »Sie sind groß, sind allmächtig. Monseigneun ganz Frankreich halten Sie n cIhrer Hand, nnd alle häuvter beugen sich bar Ihnen . . . O, seien Sie gütia, eien Sie barmherzig. . . Ich bürge hnen dafür, dass mein Bruder all sein Blut hingeben wird, den begangenen Fehlteitt wieder gut zu machen.« Der Cardinal schien nach udenten; et tausebte mit dem Pater Ja eph einen Mit aus nnd sagte bann, sich an das » junge Mädchen wendend, mit weniger rauher Stimme: »Kehren Sie in die Gemächer der » Königin zurück, und warten Sie dort die Befehle ab, die ich Jhnten vielleicht zll geben habe. « »O, IJionfeigneut, er ift gerettet; fc gen Sie, daß Sie ihn begnadigen!" Mit langfanier Bewegung zeigte ihr Richelieu die Thiir und fagte: »Bielleicht; gehen Sie!« Diane de Luce fah ihn an; ein Blitz der Hoffnung glänzte in ihren Augen, dann verneigte fie sieh und verließ das Gemach. .·Eine Begnadigung?« sagte der Mönch hohnlachend, »das würde die Regierung des künftigen Königs von Frankreich recht großmüthig einwei hens ,,Genug,« versetzte Richelieu schnei dend und fügte mit nachdenklicher Miene hinzu: »Sie hat wahr gesprochen; ich bin allmächtig, die Zukunft öffnet sich vor mir; ich möchte nicht gern auf der Schwelle einen Blutfleck fehen.« Wieder erfchirn der Kammerdiener und meldete: »Eine größere Anzahl von Edelleu ten lassen fragen, oh Ew. Eminenz ihnen die Ehre erweisen wollen, sie zu empfangen.« Die beiden Männer wechselten einen verftändnißinnigen Blick. »Sie fühlen Jhre Macht,« grollte der Franziskaner, »doch laffen Sie sich nicht von den »chmeicheleien dieser sköflinge fangen.'« »Fürchten Sie nicht-It« Der Mönch trat zur Seite und ver fehwand in einer Fensternifche. Während diefer Zeit hatte der Star dinal wieder in feinem Sessel Platz genommen und sagte, nachdem er einen letzten Blick auf die lliapiere geworfen, die auf feinem Schreibtifch lagen, zu dem Rammerdienen ,,Lassen Sie die Herren eintreten.'« 6. Kapitel. Kaum war der Befehl gegeben, als einer der Secretiire des Ministers an d:r Thiir Aufstellung nahm. Halb Priester, halb Soldat, kannte er we nigstens die ganze Hosgesellschaft von Ansehen und nannte ohne Jrrtbum und ohne Zögern die Namen der Be sucher, die einfathslen Landedelleule ebenso gut, wie die, die die höchstenzlta nxen Frankreichs- trugen. Ein langer Zug begann, doch bei den meisten Na inen blieb Richelieu i!n«-e1oeglich; vor den Herzögen und Marquiz verneigte er sich ein wenig und erbob sich halb, wenn ein Nrinz vorüberging; doch bei sich selbst fügte er hinzu: ,.Jofeph hatte Elterhtx sie fiihlen, daß neine Macht durch die Geburt des Fisindes gestärkt und gekräftigt worden r Obwohl er ini tiefsten Innern diese Gedanken hegte, so gab er doch trotz dem die Beweise einer wunderbaren GeistesgegenwarL Für den einen hatte er ein liebenswürdige-i Wort, dem andern erneuert-e er ein Verspre chen, und jeder schrieb sieh das Ver dienst einer solchen Lieben-würdigtest zu, ohne zu ahnen, daß der Kardinal nur ein System verfolgte Als der letzte Höfling fortgegangen war, und die Thitr sich wieder ge schlossen hatte, stief-, Richelieu einen Seufzer der Erleichterung aus. Der Pater Joseph verließ die Fen sternische und fragte mit heiterer Stimme: ,.Monseiqneur, ikaissen Sie nicht be i.·ertt, dass, einige Edelleute fehlten«.’-« »Ich hatte arnnn Init denen zu thun, die da waren,·« versetzt-c Richelien. »Also haben Sie nicht qemerkt, dass Herr vcn Cinq-kllkarc« sehlte’?« »Ich habe ihn allerdings nicht ge sehen,« entgeanete der Kardinal, ,,ds)ch ein junger Mann ist zu entschuldiqu denn die Geburt des Danphin muß iiir ihn ein großes Ereigniß qewesen sein.« Der Franziskaner lächelte tiickisrL dann sraqte er weiter: »Entschuldigen Sie anch seinen Freund Jacques de Thous« Bei diesem letzten Namen verdiisterte sich das Gesicht des «.I.Itinisier5 plötzlich, nnd er Innrmelte in einem Tone, der treniq Sympathie bezeugte: ,.JacqueH de Thou?« »Dieser Mann,« fuhr der Mönch fert, ,,ist einer Ihrer schlimmen Fein de.« »Waan griinden Sie diese An sicht?« .Aus das-Z, tvas ich Init meinen eige nen Ohren gehört.« »Es ist gut; dieser Mann ist gerich tet!« Jn diesem Augenblick wandte der Kardinal lebhcjt den Kopf, denn eine geheime Thür hatte sich in ihrenAngeln gedreht. und es zeigte sich in ihrem Rahmen ein schwarzgetleideter Mann. Nicht-lieu erkannte den Arzt der Köni gin, der sich in heftiger Ausrequng be fand. Ein kalter Schweiß bedeckte die Stirn des Kardinals, nnd sein erster Gedanke war .Der Dauphin ist todt.« Der Arzt war nöhergetreten und ssste mit geheimnißvoller Miene: , onsei neue, ich habe Oihnen eine ernste M ttheilung zu ma en.« ( Unwilltiirlich gab Richelieu seinen Gedanken lauten Ausdruck und fragte: »Der Dauphin ist todt?« Seine Stimme zitterte, und sein Ge sicht verrieth die höchste Aufregung. »Nein,« erwiderte der Arzt. Der Kardinal stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, doch seine Angst war noch nicht vollständig geschwun den . . . Das Kind lebte noch. . . Doch wie lange!. . . »Ist er krank? ernsthaft bedroht?« »Ganz im Gegentheil, Seine könig licher Hoheit giebt die besten Hoffnun gen.« »Aber was geht denn vor? Spre chen Sie, sprechen Sie schnellt« »Ihr-e Majestöt hat eben einem zwei ten Kinde das Leben gegeben!« »Einem zweiten Kinde?« Der Arzt nictte zustimmend mit dem Kopfe Richelieu und der Mönch wechselten einen bestürzten Blick, doch der Pater Jrseph faßte sich zuerst und fragte: »Ist die Königin bei Bewußtsein?« »Nein, Hochehrwiirden, Jhre Mai-: stät liegen in tiefer «Ohnmacht.« Nun legte der Mönch seine Hand aus die Schulter des Arztes und sagte, ilnn fest ins Auge sehend: »Diese Ohnmacht muß . . . hören Sie wohl . . . sie muß noch längere Zeit fortdcuern . . ,,Unmöglich, Hochehrwiirden«, stot terte der Arzt. »Ach waruin nicht gar!« »Ich schwöre Jhnen . . .« »Schon gut«, unterbrach der Mönch; »wir wissen, wie weit Jhre Ergeben heit geht . . . Und da wir Ihnen be reits zu viel gesagt haben . . .« Ohne den Satz zu Vollenden, ergriff der Pater Joseph ein Blatt Papier vom Tische des Cardinalg, schrieb ei nige Worte daran und sagte dann zu dem Arzte: »Auf diesem Blattc fehlt nur noch die Unterschrift des Cardinalg Ruhe lieu!« »Ein lettre de cachet!« »Wählen Sie . . . Gehorsam oder die Bastille!« Der Cardinal hatte diese Scene scheinbar nicht beach:et, und der Arzt murmelte, auf ihn zutretend: »Wie sind ihre Befehle, Monseigs neurim Ohne ihn auch nur anzusehen, fragte Richelieu: »Ist das Kind ein Knabe oder ein Miidchen?« »Ein Knabe!« »Ein zweiter Sohn«, hauchie der Cardinal, sein Gesicht entsärbte sich, nnd ein heftiges Zittern schüttelte sei nen niagercn Körper. ,,Zwillinae! . . . Nein das ist nicht möglich! . . . Fiir die Sicherheit des Staates, die Ruhe deH Landes ist das ein Unding!« Doch plötzlich schwand diese Aufre gung, und Richelieu hatte mit äußer strr Anstrengrng seine Geistesaegeng wart wieder gewonnen. Er schwieg einige Setnnden nnd sragte sich jeden falls, ob er den Arzt zu einem Verbre chen zwingen sollte, denn als er das Haupt erhob, inurinelte er: »Nein! as tönigliche Blut ist ge heiligt!« Dann dciitete er aiis den Tisch und befahl: ,,Scl«,:eiben Sie, wag ich Ihnen dictiren werdet'« Der Arzt gehorchte und der Cardi nai dictirte il)in: »Ich bestätige, daß Jhre Maiestät am heutigen Tage, am 15. September 1t388, zwei Kindern männlichen Ge schlechte das Leben geschenkt hat· tsjezeichnek Leiiiartoi6, erster Arzt Ihrer Maje stat« ,.Gnt!« sagte Nichelieu, als der an dere das letzte Wort geschrieben hatte, bemächtigte sich des Papier-i und liesz e-: in einer Tasche seiner Soutane ver schwinden. ,,Doktor«, sagte er, »Sie sind Mit wisse-is eines Gelieiiiinisseg, das die Sicherheit des Staates angeht . . Sie, Joseph und ich find die einzigen auf der Welt, die es tennen . . . Wenn es jemals enthüllt werden sollte, so tönncn nur Sie gesprochen haben . . . Und das wiire Jhr Tod! . . . Sie ha ben mich oerstandcn?« Der Arzt war liicheiiblaß geworden und verneigte sich ,inni Zeichen der Zu stimmung. »Kann ich ans Ihr Stillschweigen rechiieii?« «Monseignenr, ich schwöre Ih nen . . .« »So bleilci Ihnen nichts weit-r ish rig, als inir Dis- ziileszt zu geh-.-ichen.« »Was soll ich thun7« »Holen Sie das Kind, verbergen Sie es unter Ihrem Mantel und tra gen sie es iort . . . Benutzeis Sie den geheimen Gang; wenn Sie ihm sol gen, tönnen Sie das Schloß verlassen. ohne gesehen zu werden . . . Bringen Sie das Kind in hrer Wohnung nn tet und erwarten ie dort meine wei teren Befehle . . . Gehen Sie!" ) 7. Kapitel. » Der Cardinat war aus seinem Ses sel zusammengesuntem während der ) Arzt das Gemach verließ. Starken « Auges sann er nach Oder bemühte sich ! richtiger gesagt. in das wirke Chaos seiner Gedanten etwas Ordnunq zu ; bringen. 3 Dieser Mann war mit der wunder- 2 barsten moralischen Energie ausgestat j tet; jetzt aber war er auf das Tief te - erschüttert Zuerst hatte er eine gro e ? ! Fmide empfunden, in politischer Hin- s ficht war die Geburt eines Dauphin der sichere Triumph. Ludwig der Dreizehnte konnte verschwinden, er hatte in dieser Stunde einen diretten —l Nachfolger, und der eigentliche Herr s dieses Königs war niemand anders als der Premierminister. Richelieu hatte zu viel trieumphitt, denn Anna von Oesterrsi ch hatte zwei Kindern das Leben gegeben. Politisch war dies ein Unglück, denn was sollte unter solchen Verhältnissen aus dem Rechte der Erst geburt werden? Zuerst hatte sich Richelieu gesagt: »Eines dieser Kinder muß verschwin den«; doch jetzt zögerte er; Skrupel er hoben sich in seinem Gewissen. Ohne sich iiher den moralischen Werth eines Königs-, der in seinen Händen doch nur ein aesiiaiges Weilzeug war, den ge ringsten Jllusionen hinzugeben, hatte i er doch stets eine große Ehrfurcht vor » dem lönigli chen Blute gehegt, Und so I its-ais er sich -—— sast unwillkürlich mit lauter Stimme: »Welches ist der Aeltere, welches ist der wahre Danphin?« Plötlich zuckte Richelieu zusammen, denn eine Stimme hatte ihm geant wartet: »Der Thron von Frankreich hat nur einen einzigen Erben. « Er wandte sich um; der Pater Jo seph stand neben ihm. Der Mönch richtete sich starr in seiner Kutte aus und sügte hinzu: »Der Dauphin ist das Kind, das grau dem Volke und dem Hofe gezeigt at.'« »Und das andere?« fragte Richelieu. »Mus; verschwinden!« »Das wäre ein Verbrechen!« »Nein, Monseigneur, nur eine Vor sicht!« Gewöhnlich trug der Pater Joseph, wenn er zu dem Kardinal sprach, die Formen der Ehrerbietung zur Schau, die der Mönch dem Prälaten schuldet. An jenem Tage liesz er sich aber von seiner sixen Jdee beherrschen, und in dem er sich bis zur Vertraulichkeit ver gaß, legte er seine schwere Hand auf die Schulter des Kardinal-s und sagte: ,,Armand, lassen Sie sich nicht von thörichter Sentimentalität hinreißen . . Eins dieser Kinder ist zu viel; lassen Sie es verschwinden!« »Das ist meine Absicht!« »Aber lassen Sie es vollständig ver schwinden . . « »Dazu werde ich mich nie ent schließen!« »Dann geben Sie sich aus Gnade und Ungnade in die Hände derjenigen, die im Geheimniß sind!« ,,Niemand kennt es Zauszer uns . . »Und der Arzt. »Von dieser Seite ist nichts zu fürchten . .ich habe mir sein Schwei gen gesichert . . .« »Gleichviel! . . . ich werde erst dann ruhig sein, wenn Sie mir das Kind anvertraut haben.« Der Kardinal schauderte. »Jhnen sollte ich eg anvertrauen?« inurmelte er, »damit Sie es . « Er sprach den Satz nicht aus-; doch der Mönch hatte ihn verstanden und versetzte nun im Tone kalter und rn hiaer Grausamkeit: «Ja!« Richelieu richtete sich straff empor; er hatte in diesem Kampfe gegen einen ? Willen, der den seinen zu beherrschen suchte, seine Zialtbliitigleit wieder ge tvonnen »Genug!« sagte er mit schneideii«er Stimme Doch der Mönch lief-; sich nicht ruht-offnem cr nahm eine oe müthiae Haltung an und fuhr fort: ,,Bedenlen Sie, Monseigneur, be denken Sie! Wenn Sie diesem stinde das Leben lassen, so könnte eiz » eineg Tages Unzusriedene um sich sam- j meln und dann ....« « i i i »Dein werde ich vorzubeugen irdis sen,« entgegnete litiehelieu. Die Handbeioeguna, mit der ei« diese letzten Worte begleitet. leivicsz dein Franzigtaiier, daß es- tliigir war, ab zubrechen Doch er schüttelte das Haupt, irsie ein Mann. der seine Idee nicht aufqiebt, nur ein aufmerksamer Ziilsörer hätte Vernebnien tönnen, wie er leise die Worte iiiiirii-iel!:k: »Ich ioill lieber tiaiidelii: dar- iit sicherer!« Es ioäre schwierig geiveieii, zu ent scheiden, iver in dieseiii Liniendlict Don den beiden Männern der aiausainere ioar Der eiiie ioollte einen Nenae boreiien der Staatsraison opfern, die er als das lsijitsste Interesse betrachtete-; der andere l«,-ittc Mitlid Anit dein Rinde, ioeil es der Sonn des lltfsnigs war; doch gleichzeitig baut-: ir iii sei neni Haupte einen Plan .io:: lex-Fischer Bosheit auf. . .. Plötzlich schlua er akii eine tsiloitiy ein Lateii erschien, nnd lttiitielieu befahl mit trockene-r Stininiet ,,Gelieii Sie in dag Vor,iiiniiiei der Königin und saaen Sie Fräulein de Lucr, daß ich Sie hier erioarie. . ....Diane de Luce zählte tauin 20 Jahre; doch da sie schon seit lon ein Waise war, hatte dag Unglück isren Muth gereist und ilireii Geist gekräf tigt, und so ioar sie notlsgedrungen die Beschirmetin ihres Bruders geworden, der zwei Jahre jünaer war als sie. Eben dieses Bruders. seine-i- Zukunft halber hatte sie die Stellung einer Hof daiiie angenommen und bekleidete die-s selbe seinetwegen trotz aller Kränkun geii weiter, denn, eine stolze und frei niiitbige Natur, ertrug sie die Juni gueii, in deren Mitte sie lebte, mir iiiit großer Mühe Die unausliötliche oFagd nach Stellen« das stets rege Hacheii nach Gunst und Ehren erregten in i r ; einen lebhaften Widerwillen. nnd da ie —l zum Heucheln zu aufrichtig war, so zog sie sich zahlreiche Feindschrften zu. Jhre Güte, ihre Schönheit wurden ihr zum Verbrechen ausgelegt, und Diane wußte, was sie erwartete, wenn sie ein neues Unglück traf. Keine Hand würde sich nach ihr aussereelem kein Mund würde Worte des Troste-Z oder des Mitleids finden . .. Doch fiir Raoul de Lucc, ihren Bruder, fügte sie sich in das Unvermeidliche, und nun hatte sich der junge Edelmann in toll kiihnem Wagemuth in eine Verschwö rung gegen den Cardinal eingelassen! Raoul war verloren, das Schaiott harrte sein« und ohne den glücklichen Zufall der Geburt eines Danphins hätte Diane in dieser Stunde allein auf der Welt dagestanden Doch nein! so ganz allein doch nicht! Es blieben ihr noch zwei Wesen, die s.«e liebten, eine Schwester ihrer Mutter, die Gräfin von Pontvallais und Ch rano de Bergerac. Frau Pontvallais bewohnte ein Ho tel auf der Place Rohale, in dem sit-h Diane und der junge Gascogner oft gesehen hatten. Da sie beide klug und l intellicmt waren, so hatten sie sichs schnell verstanden, und sie lauschte mit Vergnügen seinen Reden. obwohl ihr dieselben manchmal zu wild erschie nen. . . . Doch in diesem Augenblicke war Diane ganz allein, Chrano war fern, und ihr Bruder harrte in einem Kerler des Augenblicks-, da man ihn zum Schaffott führen würde, während ihre Tante auf ihrem Schlosse Verrieres weilte ..... Als das junge Mädchen das Kabinet betrat, hatte Richelieu wieder am Tische Platz genommen und ver tieste sich mit ernster Miene in ein vor ihm liegndes Aktenstück Der Pater Joseph hatte sich in einen dunklen Winkel zuriickgezogen, von wo aus er alles sehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Das Gesicht Dianes zeigte eine ent ; setzliche Blässe, und unwillkürlich fuhr sie mit der Hand nach dem Herzen, das nicht mehr schlug. Das arme Kind wußte, daß diese Unterreduug entschei deud war; es handelte sich um Tod und Leben! Sie verneigte sich tief, doch der Kar ; dinal schien ihre Anwesenheit-» nicht « einmal zu bemerken, sondern blastierte erregt in den: ror ihm liegendes-. Alten s1iick. »Monseigneur.». murmelte das junge Mädchen. Richelieu wandte sich hesiia um, VI tete feinen starren Blick aus das Gesi t Dianes und sagte dann nach kurzem Schweigen mit scheinbarer Sanft muth, die Diane lzuerst k-eruhigtc: »Man Fräulein, so riel ich weiß, haben c-«e eine Verivandte?« »Ja Monfeianeur, eine Tat-ie, Frau von Pontvallnig. . . .« »Die Gräfin liebt Sies« »Ich habe teine Mutter mehr, und sie hat Mutterftelle an mir vertre ten. . . · »Wenn Ihnen ein Unqliick zuftiesze, so würden Sie bei ihr Schutz nin Hilfe suchen?« »Ein Unglück?« seufzte das junge Mädchen und Thräncn stürzten aus ihren schönen Augen. Doch da sie nnr an ihren Bruder dachte, so fuhr sie mit : achrochener Stimme fort: Das einzige Unqliict. das mish in : dieser Stunde treffen trinnie, kann Eure Eminenz mir ersparen. . .. doch sollte ich von diesem llnaliick bexroffen werden, so würde mich weder meine Tante noch sonst jemand aus der Welt darüber zu trösten vermöaen!« Richelieu verstand. » waij sie sagt-n z wollte, doch ohne seine freundlichen : Elxslanieren fallen zu lassen, salzic er: «,(5prechen wir jetzt nur non Ihn-ein« »Von mir?« Diane sah den Cardinal überrasch c:n, nnd er erwiderte. knit Zum tief-sc niclend: »J(1!« Dann fuhr er, ihr ten in Auge blickend fort: »Wenn die Griisin Sie wie ein Kind liebt, so iviirden Sie zweifelle bei ihr Rachsicht und Verzeihung finden Z« Diane begann, ser irber dieses-«- Ver » lidr zu wundern und staat-: Fiel-, wo der Kardinal l)inang:aollte. »Nati)sicht««3s · . · Liesnsitninxis ....« « 1ni:rmelte fie. »Ja, sur irae-til eine frinvere . Eschulo!« ftiisterte kltiaxtieu Das- junae Mädchen hatte siai aut aerichtet; sie blickte dein Kardinal stolz ins Auge und satte niii aleinzenden Lluaen und erhobener Stimme: »Eine Laie weiß ihren Namen und ihre tkhre rein zu erhalten« Die rathe Eininem lächelte tin-zisch und hat«-. mit der Hand ans dass Vor unn liegende Actenstuct schlagend-: »Das- ist aljn das augstliließlime Grieientlium der Frauen in oieier Fa milie, denn ich habe hier vdtlaultige Beweise, daß einNaoul de Luce feinen Namen und seine tshre Verletzt hatt« »Monseianeur!« »Ein Luce,« fuhr Richelieu fort, ,,hat sich wieder feinen tiönia verschwo ren ein Luce hat lich mit den schlimmsten Feinden des Reiches ver bitt-det. . .. Ein Luee hat den Tod der Verräther und Schurken verdient!« »Gnade, Monseianeur. . . Gnade für meinen Bruder!. . . . ich habe es Ihnen ia gesagt: er ist noch ein Kind!.·.. Er wird das Verbrechen seiner Juqend durch ein ganzes Leben der Genehm heit auszutöschen suchen!« · Der Minister lächelte, dann fraqte er mit dem liebensiviirdiaiten Tone« von der Welt: · »Mein Fräulein, haben Sie einen Brautigam?« Dianef betrachtete ihn mit der größ ten Betsturzuna Er machte den Ein druck einer Katze, die mit der Maus s——————.——,s spielt, und das arme Kind hatte die Empfindung, als müßte sie im näch en Augenblick von seiner Sammetp ote· zerrissen werden. ,.Antworten Sie mir, Fräulein rson Luce,« sagte Richelieu. Diane schüttelte verneinend den Kopf. »Wie? ein so schönes Mädchen sollte nicht einmal einen Verehrer h«1ben?« Das junge Mädchen gab trine Ant wort . . . . Was sollten solche Reden in diesem Augenblick bedeuten!. . . . dieser oerhaßte Mensch suchte sie also in set-er Weise auf die Falter zu spannen, doch ihre Qualen waren noch nicht ,u Ende, denn plötzlich änderte er den ( on nnd stellte sich, seinen Sessel oerlassend, vor sie hin, während er mit rauher Stimme fragte: »Wollen Sie Ihren Bruder retten?« Diane sah ihn erschrocken an und fuhr sich mit zitternder Hand über die Stirn. ,,Wollen Sie Ihren Bruder retten?« wiederholte Richelieu. »O, Monseigneur!. . . Und wenn ich mein Leben siir das scinige geben müßte!« »Das würde ichs nie verlangen!« ,,Vesehlen Sie, Monfeigneur. . , . Was soll ich thun? Ich bin zu allem bereit. . . .« »Nun gut, darauf rechne ich!« mur melte der Cardinal, und sagte dann, aus seinen Sessel deutend: »Setzen Sie sicht« Sie gehorchte, während er ihr eine Feder in die Hand drückte und befahl: »Schreiben Sie!« Dann neigte er sich zu ihr hinunter und diktirte: ,,Tl)eure Tantel . . . Lange nannte ich Sie meine Mutter, doch ich wage Zucht mehr, Ihnen diesen Namen zu ge en . . .« Diane hielt inne nnd blickte den Cardinal fragend an, doch in noch lies tigerem Tone rief dieser: »Schreiben Sie!« »Für wen ist dieser Brics?« »Für Jhre Tante, Frau Von Pont rallais.« »Und ihr soll ich das schreiben?« Mit gebieterischer Geste deutete Richelieu aus das Papier und diktirte weiter. »Ich bin verloren . . . ra) have ein nnverzeihliches Verbrechen begangen . . Mein Kind. . .« Diane sprang plötzlich aus, die Fe der entsank ihrer Hand, und sie rief entsetzt: »Das ist eine gehiissige Lüge!« Der Kardinal sah sie mit schreck lichem Blicke an nnd versetzte in eisi gem Tone: »Das weiß ich! . . . doch . . . Sie weigern sich?« »O nie . . . nie . . . werde ich das schreiben!« »Gut!« « Er nahm ein Papier vom Tische, hielt es der tin-glücklichen Vor die An gen und sagte: ,,Sehen Sie hier . . . den Hinrich richtunasbefehll« Dann schlug er zweimal auf die Silinaeh die Thiir öffnete sich nnd ein Diener erschien. Richelieu reichte ihm bereits das Papier. »Nein . . . nein!« rief Diane de Luee nnd sank halb ohnmiiehtig in ihren Sessel zurück. Dann nahm sie die Fe der wieder in ihre zitternde Hand nnd murmelte: »Als-Ja meine Ehre zn Grunde ac hen! . . . wenn nur Raoiil gerettet irsird!« Ein Blitz des Triumphe-z zuckte in den grauen Augen des lsardiiialsz auf, Und er diitirte weiter: »Ich hoffe ans Ihre Nachsicht, Jhr Mitleid und fende Ihnen ineinenSdhn. In Jhrein tHerzen, Ihrem so aiitigein arofzmiithiaen Herzen wird sich noch ein Restchen jener Liebe finden. deren ich mich einst wiirdia alandte... Lieben Sie ihn, nnd nehmen Sie ihn auf, ans Mitleid fiir ihn und fiir mich. . .« Die arme Dame war am Ende ihrer diriiste angelangt Von neuem hielt sie inne nnd nreßte die zuckende Hand auf dieStirn, die ihr zu zersprinaen drohte. »Ich« . .«, murinelte sie, .,i:k), die ich mich an diesem Hose, wo alles Heuchelei nnd Laster ist, ijder jeden Arqwohn er heben mußte, muß inieh so schändlich anklaaeii!« Dann rief sie in iinßerjter Aufre gnnm »Nein, nein. nie werde ich diese seiae Liiae anf mich nehmen!« Dann sank sie Richelien zu Füßen nnd flehte: ,,!IJionseiaiieiir! ixh beschtvijre Sie .. haben Sie Mitleid mit mir! . .. Sie wissen es, tein Fletten ruht ans mir»!.. Illinthen Sie mir nicht diese Schande .;::, die ich nicht verdiene! . . . . Opfern Sie inichi nicht itaend einein entsetzli chen Getyeinniisz Jetzt-er Politik! Gnade sitt meinen Bruder nnd Gnade sZir tnict)!« dtiictielken antwortete nicht; seit ei ner Minute schien er ans ein von dran szen tonnnendeg Geräusch zu lauschen. «Sel)en Sie!« saate er endlich in mildern Tone. Diane erhob sich, nnd er zerrte sie zn einein Fenster-. Das junge Mädchen stieß einen Schrei des Entsetzen-s aus tZic hatte dort eben einen düsteren Zug peiehem und zwischen einigen Solda ten schritt ein Mann. dein mandie Hände ans denNiicken gebunden hatte »Raoul!" rief das unglückliche Kind nnd verbarg das Gesicht in denHiindern Sie wollte der furchtbaren Vision ent gehen. Hinter den Soldaten schritt ein voll ständig roth getleideter Mann, der ein Beil ans der Schulter trng. »Der Henker!« stöhnte Diane de Ltiee, während eine Hand sie soetzoq. »Weigern Sie sich noch inunetik fragte Richeliein Fortsetzung folgt.) Cyrano de Bergerac.