Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, December 16, 1898, Sonntags-Blatt., Image 13
-fallende Malta-. Von OttoWilbelmi. Ein talter Nord-Ist Wind durchseg te den Parl; er riittelte mächtig an den Jaccusien und Fenstern des einsamen Perrenlzause5, er veitschte die Zweige der alten ltlmen und gab sich redliche Mühe, die wenigen Blätter. welche noch an den Zweigen hingen, herabzuzerrenz Die jugendliche Gräiin Brackhorst stand am Fenster und blickte hinaus in vie verödete Landschaft. Ihre Augen schienen erloschen, ihrGesicht war bleich tief eingeprägt lag ein herber Zug um ihre Mund-winket Sie dachtedes lan gen Winters, der nun folgen wurde, der Einsamkeit, die sie hier umgab, sie dach te ihres Gatten . . . . der Julime ——— und ein Frösteln durchlief ihren schlanlen Körper. Sie dachte aber auch der Vergangen heit, ibier Elternhcuse5. ihrer alten Mutter-, die es doch so gern gesehen hätte, wenn sie mit ihrem Franz glück lich geworden wäre. Ihr Franz! Sie sab seine schmiegsame Gestalt vor sich sieben, sie fühlte feinen Blick zärtlich aus ihrem Antlitz ruhen, sie meinte, noch seine Küsse auf ihren Lippen zu ver spüren. Das war eine herrliche Zeit gewesen! Auf dem Ball der Frau Haf tath hatten sie sich kennen gelernt. Zwei derart wahlverwandtercrattere musi ten sich anziehen, und da teines aus seinen Gefühlen ein hehl machte, war« oie Liebe mit urwiichsiaer Kraft in ibre herzen eingezogen. Ihre Mutter wünschte sehnlichst die Verbindung — aber freilich, ein Leutnant ohne Ver mögen, seine Braut ohne Vermögen -—- aker Franz wußte Rath: er wurde sich seinem Onkel, dem Grasen Brock barsl entdecken; der wiiide sicher die Kautian hinterlenen. Der Gras macht-: «21ussliichte, es sei nach lange Zeit, noch sei ja die Verlabuna nicht Notla inieri. der Brautstand miisie auch einige Monate dauern. Wenn es aber später sxin n.iisse, werde er schon das Seinige t un. i Da war die Katasttovke über das Paar bereinaebrochen, sein Glück jäh iettriimwernd Ein Herzschlag hatte ihre Mutter plötilich weaeerasst, und nun stand sie allein, -— hilflos, —- mit tellos. An eine Verbinde-m mit Franz war vorläufig nicht zu denken. er wur de nach einer anderen Garnison ver setzt, die Jdtslle war zerstört. Da war Gras Brocknorst aelonirnen und batte um ibreHand angehalten. der steinreiche Gras, der fast eine halbe Provinz sein eiaen nannte. Was sollte sie thun? Sie zermarterte sich den Kopf, sie schrieb siebentliche Briese an Traur, ——— nirgends ein Aug-wer Die Gräsiu stöhnte auf . . Eie sit-erklärte onna das Rollen des Stut)le5, welchen ein Diener aus dem weichen Teppicht vorwärts- schob. s »Du trättmst wohl mit ossenen An aen?« eitlang da die scharfe Stimme ihres Gottem der hilflos im Rollstubl saß. »an veraannenen .I-’.eiten, was? Kann mir’g ja deuten br« ba, ba . . « Sie trars einen sure-Wissen Blut aus die tusanimenaeiuntene Gestalt mit dem gelben Gesicht. den innielnden An gen und dein diimischen Lachen. Dsnn nahm sie ihre srithere Haltnnq wieder ein. Ein neuer Windstoß lieulte durch den Pari, er eeriauste die dem Fenster zus nöchst stelende Ulme nnd rsfx einen arm-en Zweig zu Boden. Fallende Blätter —- — ts III If Endlich ein Erfola8 Sein letztes Bild hatte einen Käuser gesunden, der ’mal nicht Bilderhändler vonBroiession war. Es hatte lein Handeln, tein Feilschen gegeben; die geforderte Summe wurde bar aus den Tisch gezahlt. Walter Fiering brachte qlückstrahs lend die Freudenbotschasi seiner jungen Frau. Es war aber auch die höchste » eit gewesen, dasi in ihren wirthschast lichen Verhältnissen einllmschtsunq ein trat, —- tie Liebe ist gewis-, eine sehr schöne Sache, aber Not. Entbebrunq, Lan-er ertälten selbst die innigste Lie Und so weit warUs beinahe gerne-. l sent Nun hieß es weiter arbeiten, tüchtig vorwärts streben. An Talent inanaelte es ihrn nicht, das war ihm von allen Seiten versichert worden-. Das Eujet hatte er auch schon siizzicrL die Model le gefunden, er brauchte nur iu arbei . ten, —- Tag und Nacht zu arbeiten. Ein brennender Ehraeiz erfaßte ihn,I er hatte das Gefühl. daß ihn sein Wert qelinnen müsse, das; ihm eine hohe Aug zeichnnna verliehen werden würde, daß er auf dem besten Weqe zum »beriihmss ten Mann« sei. Dieser Ehrgeiz ließ ihn nicht ruhen und nicht rasten, er sasz ohne Unterlaß ins seinem Atelier. Er qönnte sich teine Ruhe, teinetkrholnnaiz.-v paute. keine Feriem er nialte, malte, malte. »Du mußt Dich mehr schonen. Wal ter«, hatte ihn seine Frau gebeten. »Wenn ich erst ein reicher nnd be rühmter Mann bin. tann ich mich das gis-M Jahr schonen«. hatte er sie zurück-, gewiesen. l Da hatte ihn eines Taaes ein Schwindel überfallen vesniaendenKopfs schmerz, rauher, trockener Hutte-i ge sellten sich dazu. Er hatte wenig biet aus aeachtet, der Anfall aina vorüber, der Kopfschmerz ließ nach, —- nue der Durstes-, ter blieb. Aber tvenn er dann ein reicher Mann war. tonnte er ein halbes Dußend der berühmtesten Spe zialisten konsultieren. die würden ihm schon helfen. Zu dem haften aesellte sich eine un heimliche Schwäche, die ihn bald ins Bett zwang. Der Arzt nahm eine c gründliche Untersuchung vor, er mach-. te ein sehr ernsteg Gesicht und zuctte die Achseln. . —- — Nun war der Herbst ins Land gezogen. Bleich und abgezehrt lag Weil-! tet in den Kissen. seine weissen Hände glitten rastlos die Decken auf und nie der. Nur wenn er an fein großes Wert dachte, an die Auszeichnung die ihin nicht fehlen konnte, dann stieg ein fliichtigeö Noth in seine Wangen. , Wieder setzte der auälende Halten ein, der Schweiß trat ihn-. aui dieStim ein Fieberschaiier schüttelte seine Glie de:. Dann sank er willenlos in die Kissen zurück: ein fallendes Blatt s Y- st O ist-z waren etwa actst bis zehn alte; Esiliitterxhen, welche um den runden Tisch der ,,arof3.cn Stiel-e«, die behag-i !ich durchivijrmt war, Platz genommen hatten. Di-: »grcfs«e Stute« ivsar der· Unterhzktimasratnsi im Versor,1iiiia5:! lxauH zu St. Nin-»b, in den- Iich disssenl Bewohner-innen alladeiidliih zu ver sammeln Pflegtm Daß mancher Sturm an den Matrcsiic«i vorüber ge lrauit i-.-.r, ehe ·ie in ten Hafen der Ruhe eingelaufen ixuren, zeigten die tiiisrieln und Nimm welche sich in die verweilten, vergilbten Gesichtszüqe ein gegraben hatten. Was Wunder, re-l präsentierten dosli die alten Damen et wa acht Jahrhunderte Weltgeschichtel Die Stricknadeln tlavvcrten fleißig, die dictbäuchiae braune Kaffetanne kreiste, und bald war die Unterhaltung im Gange. Uni die Zukunft brauchten sie sich nicht zu for-um« die Gegenwart urstandei sie nicht mehr so recht, b! ed also nur noch die Vergangenheit, in bei-. iem Gedenken sie schwelgten. ! »Al3 mein Seliger noch lebte," er-’( zählte die Wittwe Mettig, »haben wir: die Tour nach dem Spitzberge zweimal cn einem Sonntage gemacht, und da rerspiirten wir abends noch teine Mii diateit.« . »Ach, diese Pracht aus dem Spitzha ge,'« wagte Jungfrau Schlichter schüch tern zu bemerken, »nein, diese Pracht . . . « Alles staunte über die Kühn l,-eit dieses »Kiei in die Welt«, das sich da so ohne weiteres in das Gespräch mischte. Die Junasrau aalt nämlich noch nicht siir voll. zählte sie doch ,,ers « 70 Jahr. Aber die liest sich nicht be irren. »Ja, diese Pracht . . .« fuhr sie sort, »dort oben habe ich die glück lichste Stunde meines Lebens verlebt.«l »Nein so 'was, —- wieso denn? —---· was hath denn da aeaeben?« schwirrte ex- durcheinander. ! »Da habe ich mich verlobt,« stammel te das ,,Kiet in die Welt« »Wir lichten uns ja schon lange, aber eH war noch nie zu einer Aussprache getommen Aber droben in der herrlichen Luft, bei Blüthendnit, bei Sonnenschein, da sag tc e: niir alle-;- . . . allez! Aber noch scllte ichs aeheini halten, er wollte sich eine bessere Stelluna oerschassen mit größerem Einkommen. denn jetzt lange es gerade siir einen, aoer nicht fiir noei. Jch war glücklich, selia . . . . Nach wenig Monaten aincx er denn auch hin aus in die Welt, -— um meinettoillen!« Wieder drana ein Sännall von Fra gen auf sie ein· » Sie sentte den Kons, nnd ein paar Thranen rollten iiker ihre Wangen. »Ich habe ihn nie mehr wieder qese hen,« schluchzte sie nnd verarnb ihr site - stcht in den Händen. J Tiefe Stille trat ein. Die Aktieite der Tafelrunde wickelte den Stint strnmpf zusgnnen nahm ihret- strack stock und htmpelte hinaus-. Die andern folgten bald, s- toactelia, qebrechlich, ein Windhauch tonnte iiber Nacht eine Linie in diese Taselrnnde reißen fallende Blätter! « J Bis zum letzten illuaenbikil lesen- er« sich gesträubt gegen den Blan, elnna in die Fabrit gehen zu lassen. Liber gegen die Gründe, welche seine Frau ing Treffen führte, war cr machtlo-; trean der Lohn welchen ihre Tochter» verdiente, mit in die Wirrhseikiiir ge steckt wurde, konnten die paar Schulden bezahlt werden, und auch Iie ewige« Knapsetei hörte aus. Somit arbeitete Anna «n einer Skn i xtsspapierfabrit Die ersten Jabre aan auch alle-I sehr schön. Anna war ein srlides Mädchen und liefert-, ihrenl Wochenlohn bei Heller uni« Pfennig zul Hause ab. Aber als; an-. Anna lsasil »Friii:lsin"Arna aeluicden wir, wand-. te sich das Blättchen. Da aab sie höchs« sienc noch dav- landesübliche Raitarle das andere brauchte sie .1·r Kleider,· Capes, Mantel . . . Schließlich liatte sie aber auch das Koitaeld nicht mehr übrig. Es hatte Zank gegeben, Streit, der; Vater war verörgert, verbittert, - sei-; ne Tochter verdiente ja bald so viel wie er selbst! Und dabei stand er zwei Jahr- · zehnte an ein und derselben Drehbanti Er hatte gewissenhast jeden Groschem abgeliefert, -—- zuerst tara die Familie,l dann er . . . So war denn all’ die Zeit für ihn nichts übrig geblieben.l Und jetzt das Mädel . . . l Wieder war der Sdettalel fertig;i Anna erllärte am Sonnabend Abend,l sie brauche ihr Geld flir sich allein, da sie fiir den Sonntag zu einer LandpaH tie eingeladen sei. Dabei blieb sie troh aller Einwendunaen Da risi dem Va ter die Geduld-, «Scheer’ Dich hinaus,'· rief er, »für unniiye Esset ist ieinRaum in unserer Wohnung.« l Jn den nächsten Tagen, Wochen, Monaten bereute er schwer dieses harte Wort, s-- Anna hatte sich »hinau3ge scheert«, sie hatte noch an demselben Abend ihre Sachen aevackt und war ge zigenx niemand wußte wohin. Das griff ihn doch sehr ans hers. l Gern batte er das Mädel immer gehabt, 1-nd daß sie das gleich für bare Münze relunen würde, konnte doch niemand vermuthen. ! ——- -—— Ein dichter, ftickenderNebel lag iiber den Straßen. Er war auf dem Heimweg, fröstelnd zog er die blaue Bluse zusammen und haftete vorwärts. Not einem Balllolal hemmte eine ZlJlenschenanfammlung feinen Schritt. Ein Prioatfuhrwerl fuhr vor. Ein Portier riß die Thür auf. Ein Gigerl höchster Observanz kletterte heraus und linter ihm . . . Die Augen des Arbeiters weiteten fich, er umtrampfte den Laternen pfalfl . . . . »Anna. Anna«, ftammel te er. ,,Aeb«, machte das Gigerl, »was fehlt denn dem Mann?« »Konnn’ schon binein«, zerrte sie ihn ,,laß’ doch den alten Kerl.« Damit rauschte sie in das VestibuL - — ein gefallenes Blatt! —- —--—...—.-.-—-· Die Rache der Mörser-. Von U. Fe y. « iinf Wochen lang waren wir schon au See und befandea uns 130 Mei len von der nördlichen Küste Jamailas entfernt. Bis jetzt war unsere Reise glücklich verlaufen. Wir hatten ziem lich ruhiges Meer und günstigen Wind gehabt und befanden uns alle, trotz der Eintönigleit der langen Seereise, mun ter. Außer mir traten noch vier Pas xagiere an Bord, Major Lambo mit einer jungen Frau —-— ich glaube fo gar, sie befanden sich auf der Hochzeits reise, denn sie thaten Anderen gegen iiber stets, als wären sie schon seit Ewigkeiten ein Paar. Was mich aller dings-; wieder an der HochzeitH-Reise zweifeln ließ, war der Umstand, daß Miftreß Larnbd ihre unverheirathete jüngere Schwester Miß Potter bei sich hatte. Außer diesen drei Personen befand sich noch ein junger Jrliinder, Mifter Dodley, an Bord, welcher sich die Langeweile der Reife dadurch zu tserliirzen suchte, daß er Miß Potter eifrig den Hof machte, freilich ohne Gegenliebe zu finden. Die einzige Per fr«n, die sonst noch als Gesellschafter in Betracht lam, war unfer Kapitäm ein liebengtviirdiger und unterhaltenker Mann, aber, wie alle Seeleute, mit einer tüchtigen Dosig Aberglauben be haftet. Dies fiel mir besonders bei folpen der Gelegenheit aus. Die Damen at ten ihn schon wiedxrholt ersucht, eine der sich um unser Schiff tummelnden Möven zu schießen, welche die Maiw sen Mutter Carrhs Küchlein nennen. Er hatte es unter verschiedenen Aus fliichten abgelehnt. Herr Dodley nun nahm, um sich den Damen angenehm zu machen, eines Tages die Gelegen heit wahr, als sich wieder ein Schwarm Moden in unserer Nähe zeigte, zwei derselben herunterzuschieszen. Als dies geschah, sah ich, wie des Aapitäns tief arbräuntez Gesicht bleich wurde bis in die Lippen; er stampste hest g mit dein Fus: aus, daß die Planken dröhnten. Auch die umstehenden Matroscn schie nen nicht iidel Lust zu haben, Herrn Dodleh einen Dei-.tzettel zu geben. und ate« dieser nun sich dem Kapitan näherte und ihn höflich ersuchte, ein Boot tier abzulassem um die geschossenen Vögel hereinzuholen, drehte der ihm den Rücken, ohne zu antworten; ich hörte nut, wie er zwischen den Zähnen mur melte: »Ja, wenn du damit vom Schiff wegfahren und nie wiederkommen wür dest.« Der Jrländer ging achselzuckend, mit höhnischemjsächeln aus seinem brei ten, sommersprossenbesiieten Gesicht ab. Nun trat ich auf den Kapitän zu und suchte ihn durch einen harmlosenScher;, der leinen Bezug auf das Vorherge gangene hatte, aus andere Gedanken zu bringen· lFr sah stnich mit einem so eigenen Blick an, daß ich selbst besorgt wurde, und meinte dann ernst: »Glau ben Sie ja nicht, es sei damit erledigt, daß die zwei armen Seelen jetzt dort auf den Wellen treiben!« dabei wen dete er den Kopf nach der Stelle, wo die grschossenen Vögel niedergesunlen waren. »Sie werden sich an uns rächen, nnd wir werden alle unter der Dummheit jenes Menschen zu leiden haben.« Die nächsten Tage vertiefen wie ge wöhnlich, wir näherten uns dem Lande nnd befanden uns bereits in den west indifchen Getvössern. Schon sahen wir Landvöael in unserem Gesichtskreis erscheinen, und manchmal war uns fo gar, als triiae der von der Landseize lcinnrende Wind uns Blumen- und Waldesdust zu, so daß wir vonZtunde zu Stunde erwarteten, den erfehnten Ruf Land! zu l:ören. Der Kapiteln versicherte ung, daß mir in zwei, höch stens drei Stunden die Küste in Sicht haben würden, und ich lonnte es dat aufhin nicht unterlassen, zu fagcm »Nun· Gott sei Dant, da wären wie also der Rache der Möven diesmal liicklich entgangen!« «Land fehen, kheißt noch nicht landen«, entgegnete er turz nnd ließ mich, wie damals den Missethätek Dodley, stehen. Da die letzten Stunden, die rnan vor der Erfüllung eines sehnlichen Wun sches zu durchan pflegt, sich gewöhn lich unendlich dehnen, so war's wohl nur natürlich, daß wir alles thaten,« diese Zeit zu verkürzen. Unterstützt wurden wir dabei von einer Anzahl Delphine und anderer ische, die plötzlich unt unser Schiff pielten und uns förmlich aussen-der ten, sie zu fangen. Netze wurden aus geworfen, und bald lagen einige Del phine nnd eine große Menge anderer schöner und großer Fische an Bord, die offenbar alle zu einer Gattung gehör ten, aber Keinem auch nur dem Namens nach bekannt waren. Nichtsdestoweni ger wurde der ,,Namenlose«, der fehr ut schmeckte, von uns und der Mann fchast mit größtem Appetit verzehrt, besonders der Kapitän hielt sich tüch tig d’ran und behauptete, daß ihm ggclh nie ein Fisch so gut geschmeckt e. Auch Mister Dodleh aß davon so viel, als ob er seit acht Tagen gesastet hätte. Jch selbst war nie ein Freund von Fischen und begnügte mich daher mit einigen Bissen. Nach beendigter Mahlzeit schlug der Kapitiin ein Tänzchen aus Deck vor, gewissermaßen einen Abschieds - Ball. Wir stimmten alle freudig zu. Da kam der Steward, des-· einige Matrosen, die Klarinette und Guitarre spielen konn ten, heranzuholen gegangen war, be stürzt zuriick und meldete, daß der Mann am Steuerruder vor kaum zwei Minuten plötzlich bewußtlos- zusam niengebrocheu und auch ein anderer Matrose schwer erkrankt sei. Der Kapitän warf mit einen bedeut samen Blick zu. Es schien mir auch plötzlich, als seien die Gesichter der Mit reisenden seltsam ver errt, in’s Grün liche spielend und ausgedunsem Plötzlich schrie Mistreß Lambd ent setzt auf: Mein Gott« Mand, wie siehst Du denn aus?« Diese war unfähig, u antworten, sie heftete einen stieren, lebenden Blick aus ihre Schwester, ihre Hände grif sen tastend in’s Leere, und mit einem röcheluoen Seufzer sank sie zurück. Der Masor versucht-, seine Schwägerin zu heruhigen, indem er bemerkte, daß der aleichen plötzliche Erkrankungen in eiszen Himmelsstrichen sehr häung austreten und ebenso schnell wieder Ver schwinden. Aber seine schwere Zunge, sein glafiger Blick mit der unhe·m lich vergrößerten Pupille sowie seine schwankende Haltung waren wenig zum Trost geeignet. Als wir nach dem Speisesaal zurück gingen, kam uns der Steward entge gen und berichtete, daß sowohl der Zustand des Steuermanns wie der des Matrosen sich bedeutend verschlimmert hatte, und soeben noch ein anderer Matrose von der Krankheit befallen worden sei. Mit stummem Entsetzen sahen wir einander an, nur der Masor fragte: »Dergleichen ——— kommt zur See — iifter vor —-- nicht —- toahr?« Der Steward antwortete ernst: »Herr, ich fahre zwanzig Jahre in diesen Gewössersi und habe nie etwas Aehnliches erlebt!« Da sank der Majrr stöhnend in einen Stuhl, aber er raffte sich gleich wieder auf; seine Frau kam aus dem Zimmer ihrer Schwester und sagte ruhiger: »Es geht Maud besser-, sie liegt ganz ruhig nnd athmet gleichmäßig.«« Schon fühlten wir uns beruhigt, da hörten wir gleichinäfzigen Schritt auf der Treppe. Unser aller Gedanke war: da kommt ein neues Unglück. Und es kam in Der Gestalt des Kapitäns. Da stand er im Tblinahmen, die hohe, kräftige Gestalt schwankend; brie niettersrische Gesicht graugriin, von kal tem Schweiß bedeckt, hielt er sich mit beiden Händen sest, und nach einigen tsergebtichen Versuchen, zu sprechen, gewann sein eiserner Wille noch ein mal die Oberhand über die körperliche Schwäche, und ei stainmelte: »Wir finb —— alle —— vergiftet — Die —- s- die Fische —-—— die —- ein Ma — Matrose schon todt --— fünf --— im Ster -—- Sterben.« Die Majorin brach mit einein Schrei zusammen, ihr Mann stiirzte sich auf den Aapittim er hatte ja um drei Leben zu kämpfen, und rief verzweifelt: »Aber es muß Poch einMittel geben, eins-irgen mittels« Er sprach wieder fließend, die see lische Erregung leite das törperliche Leiden niedergekämpft. «Keine5!« sagte Mauwell fast unhör bar. Plötzlich richtete er sich mit neuer Energie empor. in sein Auge kam Leben, als er bervcrftieß: »Aber — ivir könnten könn —- ten versu chen —« ,,Wa-:« — — toa8?« Wir umrinaten ihn, wir wollten ihm die Worte oon Den Lippen reißen, da brach er plötzlich zusammen wie ein gefallter Baum; noch einmal versuchte er, den Fiopf zu beben, uns- daH zu nennen, was uns vielleicht retten konnte, aber tein ver stiindlicher Laut kam mehr über seine Lippen. Da richtete sich Mistrcß Lanidd auf nnd rief: »Herr, Herr, tro bist Du, wo ist Deine oielaepriitsene Barmherzig leitI Was-— haben wir verbrochen. Das-, wir so elend zu Grunde gehen müssen?« Mit warsnsiunizicm Lachen brach sie «-.us».mmen. chr Mann zog sie empor und sagte sanft: »Du lästerst, Mabel, kent’ an die nächsten Stunden!« i Die nächsten Stunden! Es fiel uns allen schwer aufss Herz· Da dieMamk schast schon eine Stunde vor uns geges sen hatte, mußten sich bei ihr die Wir kungen des Gifteg auch früher zeigeni Vtllmälig begann es aber auch bei uns seinen Einfluß geltend zu machen. Jch,« der ich am wenigsten genossen, kam mit einigen Ohnmachtsanwandlungen da von, die aber so schnell vorübergingen, baß ich immer im Stande war, Inei nen armen Mitmenschen über und unter Deck zu helfen, soweit ihnen eben ein Mensch helfen konnte. Unterstü? wurde ich dabei von dem Stewar , det, da er erst nach uns zu essen pflegte, überhaupt nichts von der Unglücks Mahlzeit abbetommen hatte. Der Steuermann lag, wie Mifz Pottcr, im Starrtramps, die Matrosen waren alle mehr oder weniger unfähig, zu sprechen und sich zu bewegen. Wir zwei bemühten uns also, so viel Segel einzuziehen, als wir konnten, und dann das Schiff in Gottes Namen treiben zu lassen. Unsere letzte Hoff nung bestand darin, daß es ein günsti ger Wind der Kiiste zuführen werde-· Als wir wieder in den Speisesaal zutiicktamem hatte sich manches verän dert; der Major lag gefühllos amBoden derKajiite, nebenihm kniete seine Frau. Jn der äußersten Ecke kauerte auf einem Divan Mr. Dodlev und brummelte rnit blödem, eintönigem Lachen unverständ liches Zeug vor sich hin. Der Kapitäu lag, den Kon noch auf der untersten Treppenstufe, keuchend wie ein geler tes Thier. Jch fühlte, daß er Durst hatte, und brachte ihm ein großes Glas Wasser mit einem gehörigen Schuß Branntwein, nach Angabe des Stern ards. Er leerte es auf einen Zug und sah mich dann mit einem beinahe dank baren Blick an. Der Steward flöfzte nun auch den Anderen eine ordentliche Quantität Branntwein ein, indem er bemerkte: ,,Schaden kansz ihnen doch nicht mehr, und im schlimmsten Fall hilft es ihnen leicht hinilber.« Einige Stunden vergingen, noch immer war nichts von der Küste zu sehen. Trieb uns der Wind wieder Von ihr ab? Die Nacht brach ein, und außer dem Steward war kein vollkommen gesun der Mensch an Bord, auch bei mir wur den die Schwindelanfölle wieder häu figer. Wir Zwei, die wir überhaupt auf dem Schiff ncch zählten, hatten beschlossen, derartig bei den Kranken zu wachen, daß er bei der Mannschnft, ich aber bei den Passagieren blieb. Es irar gräßlich in diesem engen, dunk pfen Raum, allein mit den seltsamen, derzerrten Gesichtern Deter, die mir trechenlang liebe Bekannte gewesen. Unartilulirte Lc:.ute, Aechzen, Stöh nen und dann wieder Dodley’s blöees fLadken fiillten den Raum und dröhn ten in meinen Ohren wieder. Mir War, als- hätte man mkch in einer Leichen tamrner eingeschlossen. Während ich die Treppe, die zum Verdecl führt, hinausstieg, hörte ich die Stimme des Steriermannes, der mit jammervollem Gestammel mir zurief: «»Der — der Wind -- hat ——- her — umge —— worfen!« Der Unterbefehlkhaber, der offenbar mehr von seinerWillensschwäche als von körperlichen Leiden beherrscht wurde, sagte matt: ,,Versucht -—— Steuer fest binden —- und dann —- wie Gott ——!« Da der Steuermann nicht im Stande war, das auszuführen, bemiilite ich mich, und es gelang mi: auch im Ver ein mit dem Steward, der trocken be merkte: »Wir müssen ein«-i treiben lassen, viel leicht, das-, une- der Wind wieder in·H ossene Meer hinangsiihrt.« Er betrach tete aufmerksam den schen dunklen Himmel und meinte: »Wenn wir nur nicht am Ende mehr Wind bekommen, als nan lieb wäre!« Leider hatte er richtig gesehen, nach Thiitternacht erhob sich e.n gehöriger Wind, der uns mit rasender Eile bar warte trieb. Es mochte gegen Z Uhr sein, als wir, ticsch in weiter Ferne, ein Licht anstau chen sahen, dem trir uns mit fürcht-cr licher Schnelligkeit näherten. »Ein Schiffl« rief der Stelvard, ,,acrade dar uns, um Gottes willen, das Steuer ios!« Wir stürzten Beide nach dein Hinterdec! und schnitten die Stricke durch, mit denen wir erst den Griff des Ruder-S befestigt hatten. Kaum war derselbe stei, als er mit solcher Wucht l)erumsck,nellte, dasz der Steward zu Boden geworfen wurde, ich aber gegen einige Kisten flog, daß mir alle Rippen trachten. Ein Krachen nnd Prasseln von herstendem Holz, Schreien, Fluchen, Schimpfen, das alles tönte in meinen Ohren, ohne daß ich eine richtige Empfindung dessen hatte, was eigentlich um mich her vor ging. Oder besser gesagt, eine gewisse Gleichgiltigleit hatte sich meiner be mächtigt, die mich sur alles gefühllos machte. Apathisch saß ich aus einer der Kisten und starrte dein Licht des anderen Schifer nach, das-, vielleicht durch den Zusainineiistoß mit uan schwer beschädigt, in die Nacht hinaus Endlich fiel niir’s aus« daß der Cteward noch immer keine Anstalten machte, sich aufzuraffen; ich ries, um sonst, endlich ging ich aus ihn zu und schüttelte ihn ani Arm, tniete neben ihm nieder und sah —«- dass er todt war. Als ihn dass Ruder zu Boden schleuderte, war er mit der linken Schläfe aus einen herumstehenden Nagel gestürzt s Wieder Einer! sagte ich mir, und plötzlich packte mich eine gräszliche Neu gierde, zu wissen, wie viel Todte wohl schon auf diesem Schiff seien. Viel-» leicht war ich der einzige noch Lebende-J der jetzt mit all den Leichen in’g weite» Meer hinaussezieltr. Und da kam plötz lich eine Erinnerung aus meiner Kin derzeit über mich; deutlich, als hätte ich das alte Märchei:buch in Händen« fah ich das schaurig-bunte Bild, wel-« chez dem Haufs’schen Gespensterschiff als Illustration beigegeben war, und ich fragte mich. ob all diese Leichen in der nächsten Mitternacht wohl wieder lebendig werben würden. Plötzlich erriß der Schleier, der mein freies enten eingesponnen hatte und ich sagte mir: Wenn das so wei tes «.t)t, wenn nicht bald Hilfe kommt. werde ich wahnsinnig. Der Stimmf sinn, die Neugierde, welche mich vorhin beherrscht hatten, waren Vorboten der geistigen Umnachtisisg gewesen. Jch mußte etwas thum, um auf andere Gedanken ·zu kommen. So sah ich denn, wo zu helfen und zu lindern wet. Der Steuermann nnd drei Maiw sen waren todt, den Anderen schiene ein wenig besser zu geizen Eben wollte ich in ie Kajiiten hine untersteigen, als ich Mr. Dodley be merltc, der vorsichtig, sich häufig um sehend, die Treppe herausschlich. Jch drückte mich in den Schatten, um ihn nicht zu erschrecken. Er ging, zwar schwankend, geradeswegs auf die Stelle zu, von welcher aus er auf die Möven geschossen, that, als ob er eine Flinte anlege, und nickie dann befriedigt, wäh rend er sagte: »Eine, zwei!« Im näch sten Moment hatte er sich, ehe ich es verhindern konnte, in’s Meer gefiurzt., Einige Augenblicke sah ich ihn noch mit vden Wellen kämpfen, dann Verfchwand er mir aus den Augen. Blitzartig zog’s durch mein Hirn Vielleicht ende ich ebenso! Sollte ich hinnntergehenZ Der niedere, schmale Saal schien mir plötzlich wie ein Sarg, in den ich mich freiwillig legen sollte zu cll den anderen Leichen. Mit gewal tiger Anstrengung kämpfte ich meine Feigheit nieder, nahm eine brennende Laterne und stieg hinab. Mein erster Blick fiel auf die Leiche des Kapitiins Er war, wohl im Todeskampf, bis an ders- Tisch gerollt, sein verzerrtes, mir zugekehrtes Ange sicht schien mich höhnisch fragen zu wol len-: »Glaudft du’s jetzt?« Das gabmir einen gewissen trotzi gen Muth, mit dem ich mich wafsnete, um zu sehen, was die Anderen mach ten. Major Lambd lag noch immer röehelnd, aber doch leichter atljimend und mit weniger verzerrtem Gesicht, vor der Thür, die zu Miß Potters Kabine fiilthe. Dort war jedenfalls auch seine Frau, und er hatte fich« Wache haltend, da hingefchleppt, als könne er den Tod hindern, zu den bei den Frauen einzudringen Jch flöfzte ihm Branntwein ein und öffnete dann die Thür, die zu den dei den Damen führte. Die Majorin lag mit dem Obertörper auf dem Bett ihrer Schwester, die mich mit klaren, cr schrockenen Augen ansah und mühsam fragte: »Was ist denn ——— geschehen? Mabel schläft so -—« fest, und —- ich kann mich kaum rühren?« Durste ich ihr die Wahrheit sagen? Die Nacht nahm ein Ende, ich war endlich in irgend einer Ecke zusammen gcfunien und erwachte erst, als die Sonne schon hoch am Himmel stand. Der Wind hatte sich gelegt, die See war ein Krhftallspiegel Gott allein konnte wissen, wo mir trieben. Der Unterbefehlshaber und drei Matrosen waren wieder auf den Beinen. Wir machten uns an das traurige Geschäft, die Leichen in’5 Meer zu Dei-senken. Das Schiff hatte durch den nächtlichen ZusannnenfiosjI so gelitten, daß es eigentlich nur noch ein Elcrack zu nen nen war. Obgleich der Anker aufgewunden war, bewegten wir tan doch nicht von der Stelle. Gegen Abend rief endlich einer der Matrosem »Gott sei Dank, da find sie!« »Wo? wo.’—« schrieen die Anderen fröhlich und hoffnungsvoll. Ja, da waren sie, Mutter Carrys Ftijchlein, gerade Vor unserem Schiffs schnabel flatterten sie, nnd der. Unter lefel)15"l)-.iber nickte mir fröhlich zu: »Na, nun lfätten trir das Schlimmste über standen, da sind die Seelen der Armen. die tvir gestern da unten gebettet haben; jetzt dauert’s keine Stunde mehr, so kommen wir los.« Ilergerlich fragte ich ihn, welchen Grund er denn für tiefe Meinung l)c.b"e; da sah er mich mitleidig an und meinte: »Weif3 wohl, Herr, das-, Ihr an all’ so was nicht glaubt, aber wahr ist’s, d’ruin doch.« ,,Werden nur Seelente in Sturm ntöven Verwandelt?« fragte ich. »Gewiß, Herr, das sind lauter er trunlene oder in’s Meer gefenkte Matrofen, die so eine Art Fegefeuer durchmachen. Dem Matrosen sind sie gut gesinnt und zeigen’5 ihm oft cn, tvenn er sich aufUJ Schlimmste gefaßt machen soll. aus alter Kamerad sclsaft.« Jch that, als-s ob er mich überzeugt habe, nnd begab mich dann in den Speisesaal hinunter, wo Der Mafor und seine Schweige-tin schon wieder her uingingen. Auch die Majorin hatte sich ziemlich erholt. Jn dieser Nacht schlief icb rubia und fest. Am Morgen trieb unser Schiff mit frischem Wind. Es l)ielt sich merkwür dig gut, nnd noch ehe Der Abend ein brach, sianalisirte die Wache Land. Gliicklicherweise war der Unterbeschls habet mit dem titikischen Wasser, das wir durchsullrcn vertraut und bugsirte unser Schiff gliicllich nach einer der .Heiliaeiigeist-Jnscli: anf Valsama, wo lvir uns von den ciusaestixndenen Stra pazen ariindlicli erbolten und dann auf einem Dampser oic FIeiinsahrt wieder in voller Gesundbeii antratcn. -.-. « »...... —. . Mißaliiettes Kompliment. »O mein Fräulein, Sie sind so schön — so schön —— -- wie die untergehende Sonne!« —s— Jm Theater. Au »Das Stück ist miserabel nnd Du applaudirst so lebhaft?« —-—- B.: »Ich denke mir da bei, ich hätte den — Antor zwischen meinen Händen« sk- Auls der guten alten Zeiten. — General (inspiznend): »Wie kann et sich unterstehen, aus Posten zu schnap sen.« — Soldat: »Gehns, Excellenz, Herr General, sang net so neidig, neh mens liaba aa a Pri5!« —- Ain Stammtisch. Sonntag-Zis ger:« »Meine Herren, gestern war ich aus der Jagd nnd half einen Hasen anaeschossen. —-— Förster: »Ja, es ist wahrt Den Hasen anschießen, derselbe davonlausen, aus einen Baum klettern Und Miau schreien, war eins.